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VerfGBbg, Beschluss vom 12. Mai 2023 - VfGBbg 9/21 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1
- VwGO, § 152a; VwGO, § 60
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde gegen Anhörungsrüge ausnahmsweise zulässig
- Recht auf effektiven Rechtschutz
- Anspruch auf rechtliches Gehör
- Fehlender Beruhenszusammenhang
- Fristberechnung bei der Anhörungsrüge
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Anhörungsrüge
- Sorgfaltspflichten bei Übersendung eines Schriftsatzes per Computerfax
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 12. Mai 2023 - VfGBbg 9/21 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 9/21




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 9/21

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

K.,

Beschwerdeführerin,

wegen
Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2020 ‌‑ OVG 5 M 13/20 ‑,‌ vom 18. Januar 2021 ‌‑ OVG 5 M 13/20 ‑,‌ und vom 18. Januar 2021 ‌‑ OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 12. Mai 2023

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Dr. Strauß, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Müller, Richter und Sokoll

beschlossen: 

Die Verfassungsbeschwerde wird teilweise verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.


 

Gründe:

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich im Wesentlichen gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens.

I.

Die Beschwerdeführerin studierte in der Zeit vom 1. April 2006 bis zum 31. März 2017 die Fächer Philosophie und Soziologie im Magisterstudiengang an der Universität Potsdam.

Beide Magisterfächer wurden im Zuge des sog. „Bologna-Prozesses“ durch die damalige Präsidentin der Universität mit Ablauf des Sommersemesters 2007 aufgehoben. Für die aufgehobenen Studiengänge wurde eine allgemeine Übergangsfrist zur Beendigung des Studiums bis zum Ablauf des vierten Semesters über der Regelstudienzeit bezogen auf die letzte Immatrikulationskohorte eingeräumt. Das Magisterstudium der Philosophie wäre ‑ jedenfalls ausweislich der in der Amtlichen Bekanntmachung Nr. 8/2007 der Universität Potsdam vom 25. Oktober 2007 (S. 438 f.) veröffentlichten Fristen ‑ bis zum 31. März 2013 abzuschließen gewesen.

Nachdem die Beschwerdeführerin ihr Studium bis zu diesem Zeitpunkt nicht beendet hatte, wurde ihr eine individuelle Verlängerung ihres Prüfungsanspruchs nach § 4 Abs. 2 und Abs. 3 der Ordnung für die Einstellung und Aufhebung von Studiengängen an der Universität Potsdam vom 28. September 2011 (vgl. Amtliche Bekanntmachung der Universität Potsdam Nr. 20/2011, S. 855, im Folgenden: Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011) um insgesamt weitere acht Semester bis zum 31. März 2017 gewährt. Auch bis zum Ablauf dieser Frist legte die Beschwerdeführerin weder eine Magisterarbeit vor noch eine Abschlussprüfung ab.

Noch am 30. März 2017 hatte die Beschwerdeführerin die Zulassung zur Magisterprüfung im Prüfungszeitraum vom 1. Oktober 2017 bis zum 31. Oktober 2017 beantragt und die Universität unter dem 31. März 2017 einen entsprechenden „Zulassungsbescheid“ ausgestellt. Auch ihre Magisterarbeit hatte die Beschwerdeführerin am 31. März 2017 noch angemeldet. Die Themenvergabe war am selben Tag erfolgt. Als Abgabetermin wurde in dem entsprechenden Formular der 31. März 2017 genannt.

Mit Bescheid vom 20. April 2017 teilte die Universität der Beschwerdeführerin mit, dass sie die Frist für die Abgabe ihrer Magisterarbeit am 31. März 2017 schuldhaft versäumt habe, weshalb die Magisterarbeit mit „nicht ausreichend“ bewertet werde. Das Magisterstudium gelte damit als endgültig nicht bestanden. Eine Wiederholung sei ausgeschlossen, weil der Magisterstudiengang zum 31. März 2013 eingestellt worden sei und eine weitere Verlängerung der Prüfungsmöglichkeit nicht erfolgen könne. Unter dem 22. Mai 2017 legte die Beschwerdeführerin hiergegen Widerspruch ein, der bis zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht beschieden wurde.

Mit Bescheid vom 21. April 2017 exmatrikulierte die Universität Potsdam die Beschwerdeführerin mit Wirkung zum 31. März 2017 wegen des Verlusts des Prüfungsanspruchs in dem von ihr gewählten Studiengang.

Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch der Beschwerdeführerin, mit dem sie eine Verlängerung ihres Prüfungsanspruchs um zwei weitere Semester aufgrund einer Tätigkeit für den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) begehrte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2017 zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin sei zu exmatrikulieren, weil sie ihren Prüfungsanspruch wegen der Aufhebung des Studiengangs verloren habe. Die im Sinne des Vertrauensschutzes geschaffenen Übergangsregelungen, die eine allgemeine Verlängerung der Prüfungsmöglichkeit bis zum 31. März 2013 und weitere, individuell zu gewährende Verlängerungsmöglichkeiten von insgesamt acht Semestern vorsähen, habe die Beschwerdeführerin erschöpft. Eine Verlängerung des Prüfungsanspruchs der Beschwerdeführerin um zwei weitere Semester nach Art. 3 Abs. 4 Grundordnung der Universität Potsdam komme nicht in Betracht, da die von ihr ausgeübte Tätigkeit für den AStA lediglich die inhaltliche Vorbereitung und Durchführung eines Workshops für Tontechnik umfasst habe und keine Amtsausübung im Sinne dieser Regelung darstelle.

In erster Linie hiergegen wendete sich die Beschwerdeführerin mit ihrer am 25. Juli 2017 bei dem Verwaltungsgericht Potsdam erhobenen Klage (VG 13 K 4223/17), die sie unter die Bedingung stellte, dass ihr für das Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt werde.

Parallel dazu beantragte die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgericht Potsdam (VG 13 L 283/19) die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein von ihr beabsichtigtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), in dem sie zuletzt ankündigte, die Verpflichtung der Universität Potsdam zu beantragen, das am 30. März 2017 eröffnete Verfahren der Magisterabschlussprüfung gemäß § 22 der Ordnung für die Magisterprüfung der Universität vom 11. November 1999 (Magisterprüfungsordnung, MPO) vorläufig fortzusetzen, ihr sechs Monate abzüglich eines Tags Bearbeitungszeit für die Anfertigung der Magisterarbeit einzuräumen sowie ihr einen weiteren Monat Bearbeitungszeit entsprechend § 22 Abs. 6 MPO zu gewähren, diese vorläufig zu bewerten und im Falle des Bestehens die nach der vorgenannten Prüfungsordnung notwendigen Abschlussprüfungen anzubieten und zu bewerten. Hilfsweise kündigte die Beschwerdeführerin an, sie werde beantragen, die Universität Potsdam zu verpflichten, sie vorläufig zur Magisterabschlussprüfung zuzulassen und das Prüfungsverfahren nach § 22 MPO durchzuführen. Weiterhin hilfsweise werde sie die Feststellung beantragen, dass der Bescheid der Universität Potsdam vom 20. April 2017 nichtig sei.

Zur Begründung ihres einstweiligen Rechtsschutzantrags führte die Beschwerdeführerin u. a. aus, dass ein einmal begründeter Prüfungsanspruch ungeachtet der Exmatrikulation bestehen bleibe. Auch § 2 Abs. 2 Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 schließe eine externe Prüfung nach der Exmatrikulation nicht ausdrücklich aus. Die Bewertung der Magisterarbeit als „nicht ausreichend“ sei rechtswidrig. Gemäß der Magisterprüfungsordnung betrage die Bearbeitungszeit für das Thema der Magisterarbeit sechs Monate. Daher habe ihre Frist zur Bearbeitung nicht bereits am 31. März 2017, sondern erst am 31. Oktober 2017 enden dürfen. Da ihr stattdessen nur eine Bearbeitung von zwölf Stunden zur Verfügung gestanden habe, verstoße die Bewertung ihrer Magisterarbeit gegen das prüfungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz) und sei willkürlich. Dem Bescheid der Universität vom 20. April 2017 fehle außerdem die nach § 39 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) erforderliche Begründung, da er hinsichtlich der Behauptung, die Verlängerungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft, eine Bezugnahme auf den Einzelfall vermissen lasse. Normen, auf denen die Entscheidung beruhe, würden ebenfalls nicht genannt. Zudem sei fraglich, ob es sich bei der Mitteilung überhaupt um einen Verwaltungsakt handele. Es liege ein Verstoß gegen die Formenklarheit vor. Mit Blick auf die Unvereinbarkeit mit den Vorgaben der Magisterprüfungsordnung und dem Verstoß gegen die Chancengleichheit leide der Bescheid zudem an einem schwerwiegenden Fehler im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG und sei nichtig.

Mit Beschluss vom 23. März 2020 (VG 13 L 283/19) lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das von ihr beabsichtigte Eilverfahren mit der Begründung ab, die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 166 VwGO i. V. m. § 114, § 121 Zivilprozessordnung (ZPO). Die mit dem Antrag der Beschwerdeführerin begehrte Vorwegnahme der Hauptsache könne nur ausnahmsweise erfolgen, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Hauptsacheverfahren nicht erreichbar sei, die Beschwerdeführerin ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung in schlechthin unzumutbarer Weise belastet würde und nach dem von ihr glaubhaft gemachten Sachverhalt im Hauptsachverfahren voraussichtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen würde. Jedenfalls an Letzterem fehle es. Die Diplom- und Magisterstudiengänge seien von der damaligen Präsidentin der Universität Potsdam am 28. Juni 2007 aufgehoben worden. In den aufgehobenen Studiengängen sei den Studierenden eine allgemeine Übergangsfrist eingeräumt worden, die in den von der Beschwerdeführerin belegten Fächern zum 31. März 2013 geendet habe. Neben der allgemeinen Übergangsfrist habe nach § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 eine individuelle Verlängerungsmöglichkeit von bis zu acht Semestern bestanden, die der Beschwerdeführerin gewährt worden sei. Eine weitere Verlängerungsmöglichkeit sehe die Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 nicht vor, so dass die Beschwerdeführerin im Verfahren der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht obsiegen werde.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein. Zur Begründung ihrer Beschwerde führte sie im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit ihrer Argumentation auseinandergesetzt, dass ihr nach § 22 MPO sechs Monate Bearbeitungszeit für ihre Magisterarbeit zustünden und die in § 2 Abs. 2 Einstellungs- und Aufhebungsordnung vorgesehene Exmatrikulation nichts an einem einmal begründeten Prüfungsanspruch zu ändern vermöge. Der Prüfungsanspruch erlösche erst, wenn auch die Prüfungsordnung aufgehoben werde oder diese selbst eine entsprechende Frist für eine letztmalige Prüfung vorsehe. Hierfür sei aber der Fakultätsrat zuständig. Der Prüfungsausschuss habe zudem ihrem Antrag auf Anmeldung und Durchführung der Abschlussprüfungen bereits stattgegeben. Ihr stünde aus Treu und Glauben ein Recht darauf zu, die Prüfungen durchzuführen. Sie habe außerdem einen allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch, da sie von den Mitarbeitern des Studierendensekretariats falsch informiert und beraten worden sei. Weder im Aufhebungsbeschluss der Präsidentin noch in der Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 sei festgelegt, was unter dem Begriff der letzten Prüfungsmöglichkeit zu verstehen sei. So sei unklar, ob damit eine Frist zur Anmeldung der Prüfung oder zur Durchführung der Prüfung gemeint sei. Die Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 weise zudem inhaltliche Mängel auf, weshalb sie nicht rechtsgültig sei. § 4 Abs. 1 Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 sei unklar formuliert.

Auf Antrag der Beschwerdeführerin berichtigte das Verwaltungsgericht den Beschluss vom 23. März 2020 mit Beschluss vom 27. April 2020, indem es das Datum des Widerspruchs der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 20. April 2017 korrigierte, das im Beschluss vom 23. März 2020 unzutreffend angegeben worden war.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2020 (OVG 5 M 13/20) wies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. März 2020 ‑ berichtigt durch Beschluss vom 27. April 2020 ‑ zurück.

Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, weil die Beschwerdeführerin in dem von ihr beabsichtigten Eilverfahren nicht mit der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit obsiegen werde. Die Beschwerde verkenne, dass mit der von der Präsidentin beschlossenen Aufhebung des Studiengangs nicht nur der in Rede stehende Studiengang aufgehoben, sondern zugleich als Zeitpunkt der letzten Prüfungsmöglichkeit der 31. März 2013 festgesetzt worden sei (vgl. Amtliche Bekanntmachungen der Universität Potsdam Nr. 8/2007 vom 25. Oktober 2007, S. 438). Das diesbezügliche Entscheidungsrecht der Präsidentin folge unmittelbar aus der Befugnis zur Aufhebung von Studiengängen nach § 65 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 Gesetz über die Hochschulen des Landes Brandenburg vom 6. Juli 2004 (BbgHG 2004). In den vom Fachbereichsrat erlassenen Prüfungsordnungen werde demgegenüber nur die Art und Weise der Durchführung von Prüfungen in bestehenden Studiengängen geregelt. Die gegenteilige Sichtweise der Beschwerdeführerin berge die Gefahr in sich, dass die Aufhebungsentscheidung der Präsidentin dadurch unterlaufen werden könnte, dass der jeweilige Fachbereichsrat der Universität einen Prüfungsanspruch zeitlich uneingeschränkt ausdehne. Auch die im Zusammenhang mit der Aufhebung des Studiengangs erlassene Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 sehe Übergangsfristen vor, bis zu denen Prüfungen in einem aufgehobenen Studiengang durchgeführt werden könnten. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ordnung bestünden nicht. Es sei auch nicht unklar, was unter dem Begriff der letzten Prüfungsmöglichkeit zu verstehen sei. Nach § 4 Abs. 1 Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 würden Prüfungen nur bis zum Ablauf der in § 1 Abs. 2 genannten Frist durchgeführt. Studierende, die nach Ablauf der Frist ihr Studium nicht abgeschlossen hätten, verlören nach § 2 Abs. 2 Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 ihren Prüfungsanspruch, sofern nicht eine Verlängerung nach § 4 Abs. 2 oder Abs. 3 gewährt werde. Diese zeitliche Beschränkung für das Ablegen von Prüfungen sei verhältnismäßig und wahre den Vertrauensschutz. Die Studierenden hätten schon seit der im Jahr 2007 getroffenen Entscheidung der Präsidentin nicht mehr damit rechnen können, dass die Universität Magisterprüfungen zeitlich unbegrenzt zur Verfügung stellen werde. Zudem hätten ihnen mit der allgemeinen Übergangsfrist von vier Semestern zuzüglich den in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 vorgesehenen Verlängerungsmöglichkeiten von bis zu acht Semestern insgesamt zwölf Semester zur Verfügung gestanden, um ihr Studium abzuschließen. Erwiesen sich die Aufhebung des Studiengangs und die dazugehörige Festsetzung einer letzten Prüfungsmöglichkeit als rechtmäßig, so habe die Beschwerdeführerin den Prüfungsanspruch spätestens zum 31. März 2017 endgültig verloren. Ihr Ansinnen, ihr stünde wegen des konkreten Prüfungsablaufs Vertrauensschutz sowie ein Folgenbeseitigungsanspruch zu, gehe deshalb ins Leere.

Unter dem 13. Dezember 2020 stellte die Beschwerdeführerin bezogen auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020 einen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 118, § 119 VwGO, mit dem sie zum einen die Abänderung der Gründe des Beschlusses dahingehend begehrte, den Begriff „Masterstudiengänge“ auf Seite 2 und Seite 3 des Beschlusses in „Magisterstudiengänge“ zu ändern und zum anderen darauf verwies, dass die auf Seite 6 des Beschlusses angegebenen Verlängerungsmöglichkeiten von maximal acht Semestern um zwei weitere Semester wegen Mitarbeit in der studentischen Selbstvertretung zu ergänzen seien, so dass sie ihren Prüfungsanspruch ‑ anders als im Beschluss angegeben ‑ nicht am 31. März 2017, sondern erst am 31. März 2018 endgültig verloren habe.

Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2020 ergänzte die Beschwerdeführerin diesen Berichtigungsantrag dahingehend, dass der Zeitpunkt der letzten Prüfungsmöglichkeit auf Seite 4 des Beschlusses nicht, wie vom Gericht unter Bezugnahme auf die amtliche Bekanntmachung vom 25. Oktober 2007 angenommen, der 31. März 2013, sondern der 31. März 2012 gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Genehmigungsschreiben des Ministeriums vom 8. Oktober 2007, das als letzte Prüfungsmöglichkeit auf den 31. März 2012 verweise.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2020, der am 29. Dezember 2020 in der Zeit von 00.01 Uhr bis 00.03 Uhr beim Oberverwaltungsgericht einging, erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020. Die Anhörungsrüge sei fristgemäß, da sie den Beschluss vom 9. Dezember 2020 am 11. Dezember 2020 erhalten habe. Das Gericht habe ihr Vorbringen zur weiteren Verlängerungsmöglichkeit von zwei Semestern wegen der Ausübung eines Amts nicht beachtet. Es habe sich außerdem nicht damit auseinandergesetzt, dass ihr nur 13 Stunden Bearbeitungszeit für die Abgabe der Magisterarbeit zur Verfügung gestanden hätten, so dass die Prüfung nicht als endgültig nicht bestanden habe bewertet werden dürfen. Hätte nach dem 31. März 2017 tatsächlich keine Prüfungsmöglichkeit mehr bestanden, hätte die Universität die Magisterarbeit zudem weder anmelden noch bewerten dürfen. Auch habe das Gericht sich nicht dazu verhalten, dass die Regelung der letzten Prüfungsmöglichkeit in der Einstellungs- und Aufhebungsordnung 2011 unklar sei. Schließlich habe es ihr Vorbringen unberücksichtigt gelassen, dass sich eine Exmatrikulation nicht auf das Prüfungsrechtsverhältnis auswirke und ihr ein Folgenbeseitigungsanspruch zustehe.

Mit weiterem Schriftsatz vom 11. Januar 2021 führte die Beschwerdeführerin zur Einhaltung der Frist für die Erhebung der Anhörungsrüge weiter aus und beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ihrem Schriftsatz fügte die Beschwerdeführerin eine eidesstattliche Versicherung bei, wonach sie erst am 27. Dezember 2020 von allen Tatsachen positive Kenntnis erhalten habe, die den Rügevortrag schlüssig machten. Erst an diesem Tag habe sie den Beschluss vom 9. Dezember 2020 eingehend hinsichtlich aller relevanten Tatsachen gelesen. Erst am 27. Dezember 2020 sei ihr auch aufgefallen, dass in dem Schreiben des Ministeriums vom 8. Oktober 2007 der 31. März 2012 und nicht der 31. März 2013 als letzter Prüfungstermin genannt sei. Hilfsweise sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Es habe nicht an ihrem Verschulden gelegen, dass das Telefax beim Oberverwaltungsgericht erst am 29. Dezember 2020 eingegangen sei. Sie versichere an Eides statt, dass sie den fünfseitigen Rügeschriftsatz bereits um 23.55 Uhr an das Gericht versendet habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2018, 1398 Rn. 21) sei pro Seite ein Zeitbedarf von 30 Sekunden einzukalkulieren. In der Sache ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Anhörungsrüge dahingehend, dass das Gericht als Zeitpunkt für die letzte Prüfungsmöglichkeit nicht auf den 31. März 2013 habe abstellen dürfen. Vor dem Hintergrund des Schreibens des Ministeriums vom 8. Oktober 2007 und des dort genannten Fristablaufs am 31. März 2012 sei die anderslautende amtliche Bekanntmachung der Universität falsch. Dies habe das Gericht von Amts wegen berücksichtigen müssen.

Mit Beschluss vom 18. Januar 2021 (OVG 5 M 13/20) lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf Tatbestandsberichtigung ab. Der Antrag sei unzulässig, da der Beschluss des Senats vom 9. Dezember 2020 keine tragenden tatsächlichen Feststellungen im Sinne des § 119 VwGO enthalte, sondern sich auf eine rechtliche Bewertung des zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringens der Beschwerdeführerin beschränke. Die in § 122 Abs. 1 VwGO angeordnete entsprechende Anwendung des § 119 VwGO für das Beschlussverfahren setze berichtigungsfähige tatsächliche Feststellungen voraus. Die Beschwerdeführerin begehre aber keine Änderung tatsächlicher Feststellungen, sondern rüge eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch den Senat im Hinblick auf die ihr für den erfolgreichen Abschluss ihres Studiums zur Verfügung stehenden Semester sowie den Zeitpunkt der letzten Prüfungsmöglichkeit.

Mit weiterem Beschluss vom 18. Januar 2021 (OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20) verwarf das Oberverwaltungsgericht die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin. Die Anhörungsrüge sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO erhoben worden sei. Der am 10. Dezember 2020 zur Post gegebene Beschluss des Senats vom 9. Dezember 2020 gelte nach § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, hier am 13. Dezember 2020. Die Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge habe daher am Montag, den 28. Dezember 2020 um 24.00 Uhr geendet. Die von der Beschwerdeführerin per Computerfax übermittelte Anhörungsrüge sei ausweislich der Fax-Kennung des störungsfrei arbeitenden Faxgeräts des Gerichts erst am 29. Dezember 2020 und damit nach Fristablauf eingegangen. Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden, da die Beschwerdeführerin nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sei. Es fehle bereits an einer glaubhaften Darlegung, dass sie rechtzeitig mit dem Übermittlungsvorgang begonnen habe. Ihre Behauptung, den fünfseitigen Schriftsatz um 23.55 Uhr an das Gericht versendet zu haben, stehe im Widerspruch zu dem aus der eingegangenen Anhörungsrügeschrift ersichtlichen Übermittlungsstatus ihres Sendegeräts, der eine Auslösung des Sendevorgangs für die ersten vier Seiten um 23.59 Uhr des letzten Tags der Frist und für die fünfte Seite um 00.01 Uhr des Folgetags aufweise. Hiervon ausgehend habe die Beschwerdeführerin bei der von ihr selbst angenommenen Übertragungsdauer nicht mehr damit rechnen können, dass es unter normalen Umständen zu einer rechtzeitigen Übermittlung der Anhörungsrügeschrift kommen würde.

II.

Mit ihrer per Telefax am 16. Februar 2021 um 00.04 Uhr eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020 (OVG 5 M 13/20) und vom 18. Januar 2021 (OVG 5 M 13/20 und OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20). Sie rügt eine Verletzung der ihr von der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) gewährten Rechte auf effektiven Rechtsschutz (Art. 10 LV i. V. m. dem Rechtsstaatsgebot), ein faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV), Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV) und Rechtsschutzgleichheit (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV).

Mit Schriftsätzen vom 14. Februar, vom 22. März und vom 8. April 2021 führt sie zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde wie folgt aus:

Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig.

Der Grundsatz der Subsidiarität stehe der Zulässigkeit nicht entgegen, auch wenn das Oberverwaltungsgericht die von ihr erhobene Anhörungsrüge mit Beschluss vom 18. Januar 2021 (OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20) als verfristet zurückgewiesen habe. Das Oberverwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge erst ab Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs laufe, die nicht zwingend mit der Bekanntgabe der Entscheidung einhergehe. So habe sie erst am 27. Dezember 2020 positive Kenntnis aller Tatsachen gehabt, die die Gehörsrüge rechtfertigten. Erst an diesem Tag habe sie die Entscheidung des Gerichts vom 9. Dezember 2020 eingehend gelesen und sei ihr aufgefallen, dass der in den amtlichen Bekanntmachungen angegebene Termin für die letzte Prüfungsmöglichkeit nicht mit dem im Schreiben des Ministeriums vom 8. Oktober 2007 genannten Termin übereingestimmt habe. Dies habe sie im Anhörungsrügeverfahren mit eidesstattlicher Versicherung vom 11. Januar 2021 auch glaubhaft gemacht. Hilfsweise habe sie zudem einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, mit dem sie geltend gemacht habe, den fünfseitigen Anhörungsrügeschriftsatz als zwei Faxe hintereinander bereits um 23.55 Uhr versandt zu haben.

Die Verfassungsbeschwerde sei auch fristgemäß erhoben. Zwar sei ihr der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020 bereits am 11. Dezember 2020 zugegangen. Allerdings gelte er nach § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO erst am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, so dass als Fristbeginn frühestens auf den 13. Dezember 2020 abzustellen sei. Im Übrigen sei die Frist des § 47 Abs. 1 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) durch die Erhebung der Anhörungsrüge neu ausgelöst worden.

Am 1. März 2021 hat die Beschwerdeführerin im Verfassungsbeschwerdeverfahren Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Sie treffe kein Verschulden daran, dass ihre Verfassungsbeschwerde erst am 16. Februar 2021 eingegangen sei. Die Übertragungszeit habe nicht dem gewöhnlichen Ablauf der Übertragung durch Computerfax entsprochen. Sie habe das elfseitige Fax bereits am 15. Februar 2021 um 23.50 Uhr versendet, der Übertragungsvorgang habe ausweislich des Protokolls allerdings erst um 23.53 Uhr begonnen. Die Übermittlung habe laut Faxprotokoll über 13 Minuten gebraucht, womit sie nicht habe rechnen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2004, 2525, 2526 und NJW 2005, 678, 679) sei mit einem Zeitbedarf von 30 Sekunden pro Seite und ggf. einem weiteren Sicherheitszuschlag von 30 Sekunden zu kalkulieren.

Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet.

Das Oberverwaltungsgericht habe das Fachrecht in den angegriffenen Beschlüssen in einer mit den Anforderungen effektiven Rechtsschutzes nicht mehr zu vereinbarenden Weise und in grober Verkennung der ihr zustehenden Justizgrundrechte ausgelegt. So habe es gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, weil es das Beschwerdeverfahren nicht an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen habe. Im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. März 2020 sei ein falscher Widerspruch angegeben. Nach Berichtigung des Tatbestands auf ihren Antrag nach § 119 VwGO durch das Verwaltungsgericht hätte das Oberverwaltungsgericht nicht einfach über die Beschwerde entscheiden dürfen, sondern hätte das Verfahren zunächst an das Verwaltungsgericht zur Begründung der Nichtabhilfe zurückverweisen müssen. Die Verfahrensführung des Gerichts müsse es ermöglichen, Stellung zu beziehen. Für sie sei nicht ersichtlich gewesen, auf welchen Gründen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht habe, so dass sie im Beschwerdeverfahren nicht angemessen habe argumentieren können.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Januar 2021 (OVG 5 M 13/20), mit dem ihr Antrag nach § 119 VwGO verworfen worden sei, verstoße gegen das Willkürverbot. Die Entscheidung sei schlechterdings unhaltbar. Es stehe objektiv fest, dass es neben der Verlängerung der Prüfungsmöglichkeit um acht Semester die Möglichkeit einer Verlängerung um zwei weitere Semester gegeben habe. Bei den insgesamt zur Verfügung stehenden Semestern handele es sich deshalb um eine Tatbestandsfrage und nicht um eine Frage der rechtlichen Würdigung.

Der die Anhörungsrüge zurückweisende Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Januar 2021 (OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20) verstoße gegen das Willkürverbot und verletze ihr Recht auf ein faires Verfahren. Die Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO beginne nach dem Gesetz erst mit der positiven Kenntnis der Entscheidung und aller relevanten Tatsachen und nicht bereits mit der Bekanntgabe der Entscheidung. Ihre eidesstattliche Versicherung, wonach sie den Knopf des Faxes bereits um 23.55 Uhr gedrückt habe, auch wenn der Sendevorgang erst später begonnen haben mag, hätte der Senat bei seiner Entscheidung ebenso berücksichtigen müssen wie ihren Wiedereinsetzungsantrag. Etwaige Widersprüche, die sich aus den Unterlagen und ihrer eidesstattlichen Versicherung ergäben, hätte er ‑ ggf. durch Nachfrage ‑ aufklären müssen. Dann hätte sie die Möglichkeit gehabt, klarzustellen, dass aus ihrem Computerfax nicht ersichtlich sei, wann sich ein Fax in der „Warteschlange“ befinde. Indem das Oberverwaltungsgericht die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen habe, habe es zudem ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt, da ihr Vorbringen in der Anhörungsrüge nicht inhaltlich geprüft worden sei und sich das Gericht mit dem materiellen Vorbringen ihrer Rüge nicht auseinandergesetzt habe.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Sie ist nur teilweise zulässig.

a. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2020 (OVG 5 M 13/20) ist unzulässig.

Es kann offenbleiben, ob die am 16. Februar 2023 eingegangene Beschwerde die Frist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg wahrt, was nur dann der Fall wäre, wenn für deren Beginn auf den Zugang des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Januar 2021 im Anhörungsrügeverfahren (OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20) abzustellen wäre.

Die Verfassungsbeschwerde genügt jedenfalls nicht den Anforderungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg. Danach hat ein Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde den Rechtsweg zu erschöpfen und darüber hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten zu ergreifen, um eine etwaige Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr im Zusammenhang stehenden Verfahren zu verhindern oder zu beheben (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 19. März 2021 ‌‑ VfGBbg 11/21 -,‌ Rn. 18, vom 18. September 2021 ‌‑ VfGBbg 42/21 -,‌ Rn. 22, und vom 18. Februar 2022 ‌‑ VfGBbg 54/21 -‌, Rn. 22, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Dazu gehört es auch, Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe in gehöriger Weise einzulegen, mithin die dafür bestehenden gesetzlichen Fristen zu wahren, prozessualen Rüge- und Darlegungslasten zu genügen und den sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des jeweiligen Verfahrensrechts Rechnung zu tragen (vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 2015 ‌‑ VfGBbg 44/15 ‑,‌ und ‌‑ VfGBbg 45/15 ‑, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Dem ist die Beschwerdeführerin nicht gerecht geworden. Ist Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ‑ wie vorliegend ‑ auch die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV, gehört die Anhörungsrüge zum Rechtsweg im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 17. Juni 2022 ‌‑ VfGBbg 63/20 ‑,‌ Rn. 15 ff., vom 30. November 2018 ‌‑ VfGBbg 23/17 -,‌ und vom 24. März 2017 ‌‑ VfGBbg 27/16 ‑,‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Die Beschwerdeführerin hat die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2020 nicht fristgerecht erhoben.

Nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO ist die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntnis ist glaubhaft zu machen. Die „Kenntnis von der Verletzung rechtlichen Gehörs“ im Sinne dieser Vorschrift meint dabei die Kenntnis aller Umstände, aus denen sich die Berechtigung zur Erhebung der Anhörungsrüge ergibt, nicht deren rechtliche Bewertung als Gehörsverstoß. Sie kann bei Entscheidungen, die im schriftlichen Verfahren ergehen, frühestens mit dem Zugang der beanstandeten Entscheidung erlangt werden, weil erst die gerichtliche Entscheidung den (vermeintlichen) Verstoß dokumentiert. Der Zeitpunkt der Kenntnis des Gehörsverstoßes muss aber nicht mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe zusammenfallen. Die Zeitpunkte fallen beispielsweise auseinander, wenn die Lektüre der Entscheidung erst an einem späteren Tag erfolgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2013 ‌‑ 4 B 4/13 ‑,‌ Rn. 4, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Februar 2019 ‌‑ 12 LA 214/18 ‑,‌ Rn. 3, juris).

Wird die Anhörungsrüge innerhalb von zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Entscheidung erhoben, kann danach ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie fristgemäß eingegangen ist. Liegt die Bekanntgabe der Entscheidung bei Eingang der Anhörungsrüge dagegen bereits länger als zwei Wochen zurück, muss der Betroffene vortragen und glaubhaft machen (§ 152a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), wann er von den Tatsachen Kenntnis genommen hat, aus denen er den Gehörsverstoß ableitet. Gelingt ihm das nicht und bleibt der Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnis unklar, geht dies zu seinen Lasten. Er muss sich dann so behandeln lassen, als habe er die Frist versäumt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2013 ‌‑ 4 B 4/13 ‑,‌ Rn. 3, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Februar 2019 ‌‑ 12 LA 214/18 ‑,‌ Rn. 2, juris). Gleiches gilt, wenn sich der Betroffene bewusst der Kenntnis bestimmter Tatsachen verschließt. Übergeht er vorsätzlich eine gleichsam auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit, die jeder andere in seiner Lage wahrgenommen hätte, so ist sein Berufen auf Unkenntnis rechtsmissbräuchlich und verstößt gegen Treu und Glauben. In diesem Fall wird verfassungsrechtlich unbedenklich davon ausgegangen, dass das bewusste Sichverschließen vor der erforderlichen Kenntnis den Beginn der Frist für die Einlegung der Anhörungsrüge markiert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 ‌‑ 5 C 26.12 ‑,‌ Rn. 2, juris; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 152a Rn. 15; Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, 43. EL August 2022, § 152a Rn. 22; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 152a Rn. 33; zu § 321a ZPO: BVerfG, Beschlüsse vom 14. April 2010 ‌‑ 1 BvR 299/10 ‑,‌ Rn. 6, und vom 16. August 2017 ‌‑ 2 BvR 238/17 ‑,‌ Rn. 3, www.bverfg.de).

Gemessen daran war die von der Beschwerdeführerin erhobene Anhörungsrüge verfristet.

Die Beschwerdeführerin selbst hat angegeben, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020 am 11. Dezember 2020 erhalten zu haben. Stellt man auf diesen Zeitpunkt für den Fristbeginn ab, so endete die Zwei-Wochen-Frist angesichts der Weihnachtsfeiertage mit Ablauf des 28. Dezember 2020 (§ 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Anhörungsrüge ist aber erst am 29. Dezember 2020 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen.

Dass die Beschwerdeführerin tatsächlich erst nach dem 11. Dezember 2020 von den die vermeintliche Gehörsverletzung begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat, hat sie nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Soweit sie sich darauf beruft, die Entscheidung erst am 27. Dezember 2020 „eingehend“ gelesen zu haben, kommt es darauf nicht an. Entscheidend für den Beginn der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nach dem oben genannten Maßstab nicht, wann der Betroffene die die vermeintliche Gehörsverletzung dokumentierende Entscheidung des Gerichts rechtlich „durchdringt“, sondern wann er die relevanten Passagen erstmals zur Kenntnis nimmt. Dass sie den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020 aber erstmals am 27. Dezember 2020 zur Kenntnis genommen hätte, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Entsprechender Vortrag wäre im Übrigen zum einen unbeachtlich, da sich der Empfänger einer gerichtlichen Entscheidung, zumal in einem von ihm selbst eingeleiteten Verfahren, deren Kenntnisnahme nicht ohne weiteres über 16 Tage verschließen darf. Zum anderen wäre er auch unglaubhaft, da die Beschwerdeführerin bezüglich des Beschlusses vom 9. Dezember 2020 bereits unter dem 13. Dezember 2020 einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt hat, so dass sie spätestens an diesem Tag von den Entscheidungsgründen des Beschlusses Kenntnis genommen haben muss. Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen auf das Schreiben des Ministeriums vom 8. Oktober 2007 verweist, war ihr auch dieses bereits seit Längerem bekannt. Denn das Schreiben ist nach ihren eigenen Angaben bereits mit Schriftsätzen vom 24. August 2017 (Bl. 285 d. A.) bzw. vom 19. April 2020 (Bl. 334 d. A.) zum Gegenstand des Hauptsacheverfahrens vor dem Verwaltungsgericht gemacht worden. Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge mit Ablauf des 28. Dezember 2020 endete.

Der Beschwerdeführerin war auf ihren entsprechenden Antrag vom 11. Januar 2021 auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren. Vor dem Hintergrund der zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags vorgebrachten Umstände war sie nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge einzuhalten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein „Verschulden“ im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO vor, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zuzumuten war (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2016 ‌‑ 2 B 18/15 ‑,‌ Rn. 11, juris, m. w. N.). Angesichts des Verfassungsbezugs zwischen den Wiedereinsetzungsvorschriften einerseits und dem Anspruch auf rechtliches Gehör sowie dem Recht auf effektiven Rechtsschutz andererseits dürfen die Anforderungen an die individuellen Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden. Fahrlässig handelt aber, wer mit der Übermittlung eines Schriftsatzes nicht so rechtzeitig beginnt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit dem Abschluss der Übermittlung noch am Tag des Fristablaufs (d. h. vor 24.00 Uhr) zu rechnen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. August 1996 ‌‑ 1 BvR 121/95 ‑,‌ Rn. 13, juris). Im Grundsatz darf eine Frist vom Rechtsschutzsuchenden voll ausgenutzt werden. Bei einem Zuwarten bis zuletzt ist allerdings besondere Vorsicht geboten. Scheitert etwa eine Übermittlung eines Schriftsatzes per Fax wenige Minuten vor Mitternacht daran, dass das Empfangsgerät des Gerichts durch eine andere Sendung belegt war, stellt dies ein gewöhnliches und vorhersehbares Ereignis dar, auf das sich der Nutzer einstellen muss, indem er einen zeitlichen „Sicherheitszuschlag“ einkalkuliert. Verzichtet er darauf oder bemisst den Sicherheitszuschlag zu kurz, ist eine Wiedereinsetzung nicht gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. November 1999 ‌‑ 2 BvR 565/98 ‑, Rn. 4, und vom 21. Juni 2001 ‌‑ 1 BvR 436/01 ‑,‌ Rn. 11, www.bverfg.de; BVerwG, Beschlüsse vom 1. September 2014 ‌‑ 2 B 93/13 ‑,‌ Rn. 13, und vom 29. Juni 2016 ‌‑ 2 B 18/15 ‑,‌ Rn. 13, juris; konkret für einen Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten: BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 ‌‑ 1 BvR 1656/09 ‑,‌ Rn. 36 ff., www.bverfg.de; BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2015 ‌‑ 9 BN 2/14 ‑,‌ Rn. 2, juris).

Gemessen daran hat die Beschwerdeführerin die ihr obliegenden Sorgfaltsanforderungen vorliegend auch dann nicht beachtet, wenn man entsprechend ihrer eidesstattlichen Versicherung davon ausgeht, dass sie den Versandvorgang tatsächlich um 23.55 Uhr gestartet hat. Die Beschwerdeführerin geht bereits im Ausgangspunkt unzutreffend davon aus, dass unabhängig vom Einzelfall als Übertragungszeit für ein Fax stets nur 30 Sekunden pro Seite einzukalkulieren seien. Entsprechendes ergibt sich entgegen ihrer Annahme auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Richtig ist, dass der Verwender eines Faxgeräts nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf vertrauen darf, dass die Übertragungsdauer entsprechend seiner ‑ glaubhaft zu machenden ‑ Erfahrungswerte erfolgt, wobei wegen schwankender Übertragungsgeschwindigkeiten bei der Faxübermittlung eine gewisse Zeitreserve einzukalkulieren sein kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. September 2018 ‌‑ IX ZB 67/17 ‑,‌ Rn. 20 f., und vom 17. Mai 2004 ‌‑ II ZB 22/03 ‑,‌ Rn. 6, juris). In der von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Entscheidung vom 25. November 2004 hat der Bundesgerichtshof es unter Anwendung dieses Maßstabs für ausreichend erachtet, wenn der Prozessbevollmächtigte von einer Übertragungszeit von 30 Sekunden pro Seite ausgeht. Im dortigen Fall hatte der betroffene Rechtsanwalt allerdings durch Vorlage von Statusberichten glaubhaft gemacht, dass andere, von demselben Gerät versandte Schriftstücke in der Vergangenheit nur eine Übertragungszeit von 14 bis 15 Sekunden pro Seite benötigt hatten. Eine dahingehende Aussage, dass bei einer Faxübertragung generell lediglich eine Zeit von 30 Sekunden pro Seite einzukalkulieren sei, hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung ausdrücklich nicht getroffen (vgl. Urteil vom 25. November 2004 ‌‑ VII ZR 320/03 ‑,‌ Rn. 19 ff., juris). Dementsprechend kann die Beschwerdeführerin aus dem Urteil für sich nicht ohne weiteres etwas herleiten, zumal sie ihre Schriftsätze nicht mit einem Faxgerät, sondern per Computerfax verschickt. Da die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Fristversäumnis nicht auf Verschulden beruht, bei dem säumigen Beteiligten liegt (vgl. Bier/Steinbeiß‑Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, 43. EL August 2022, § 60 Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2011 ‌‑ 6 A 2127/10 ‑,‌ Rn. 12, juris), hätte es mindestens weiterer Angaben der Beschwerdeführerin dazu bedurft, wie lange die Übertragung eines Computerfaxes bei dem von ihr verwendeten Dienstleister (A.) regelmäßig dauert. Hierzu verhält sich weder der Wiedereinsetzungsantrag noch die diesbezügliche eidesstattliche Versicherung der Beschwerdeführerin, so dass ihr Wiedereinsetzung schon deshalb nicht gewährt werden konnte. Zudem ergibt sich aus den im Verfassungsbeschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen, dass die Übertragungsgeschwindigkeit bei dem von der Beschwerdeführerin verwendeten Anbieter durchaus schwankt und teilweise bei einer Minute pro Seite statt den von der Beschwerdeführerin angesetzten 30 Sekunden liegt (vgl. Bl. 45 d. A.). Das zu versendende Dokument wird vor Beginn des Übertragungsvorgangs außerdem konvertiert und kann zusätzlich noch in eine Art „Warteschleife“ geraten, was ‑ offenbar regelmäßig ‑ zu einer Verzögerung des Beginns der Übertragung um einige Minuten führt, ohne dass die Beschwerdeführerin hierauf Einfluss nehmen kann (vgl. Bl. 44 d. A.). Jedenfalls diese Zeitspanne musste die Beschwerdeführerin deshalb zusätzlich als „Sicherheitszuschlag“ einkalkulieren, so dass sie den Sendevorgang bei Anwendung der ihr obliegenden Sorgfalt nicht erst um 23.55 Uhr hätte starten dürfen.

Die unterbliebene fristgemäße Erhebung der statthaften Anhörungsrüge hat zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde nicht nur in Bezug auf eine etwaige Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern ‑ nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde ‑ insgesamt unzulässig ist, soweit sie sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2020 richtet (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 21. März 2014 ‌‑ VfGBbg 43/13 ‑,‌ vom 22. März 2019 ‌‑ VfGBbg 1/18 ‑,‌ und vom 21. Februar 2020 ‌‑ VfGBbg 72/18 ‑,‌ Rn. 16 ff., ‌https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

b. Auch die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Januar 2021 (OVG 5 M 13/20) ist unzulässig.

aa. Der Beschwerdeführerin fehlt insoweit bereits das Rechtsschutzinteresse. Sie ist durch die Ablehnung ihres Antrags, den Tatbestand des Beschlusses vom 9. Dezember 2020 zu berichtigen, nicht beschwert. Auch eine Berichtigung des Tatbestands, sofern sie denn überhaupt möglich wäre, würde den Tenor der Entscheidung im Beschwerdeverfahren nicht ändern. Zudem ist der Instanzenzug mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgeschlossen. Insofern ist nicht ersichtlich, wie sich die Tatbestandsberichtigung zugunsten der Beschwerdeführerin noch auswirken könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1970 ‌‑ 2 BvR 377/69 ‑,‌ Rn. 7, juris; SächsVerfGH, Beschluss vom 14. Mai 1998 ‌‑ Vf. 25-IV-97 ‑,‌ Rn. 33, juris).

bb. Zudem hat die Beschwerdeführerin nicht den Begründungsanforderungen der § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg entsprechend dargetan, dass der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2021 (OVG 5 M 13/20) sie in den geltend gemachten Rechten verletzen könnte. Die Beschwerde setzt sich mit der Begründung des angegriffenen Beschlusses, in der das Oberverwaltungsgericht auf die fehlende Anwendbarkeit des § 119 VwGO abstellt, nicht ansatzweise auseinander.

c. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2021 (OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20) im Anhörungsrügeverfahren richtet, ist sie zulässig.

aa. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Verletzung von Landesgrundrechten im Rahmen eines bundesrechtlich (durch die Verwaltungsgerichtsordnung) geregelten Verfahrens gerügt wird. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen liegen vor, da die Gewährleistungsgehalte der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Prozessgrundrechte der Landesverfassung inhaltsgleich mit denjenigen der entsprechenden Grundrechte des Grundgesetzes sind (vgl. aus jüngerer Zeit: Beschluss vom 19. Februar 2021 ‌‑ VfGBbg 9/20 ‑,‌ Rn. 23, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

bb. Die Beschwerdeführerin hat auch ein schutzwürdiges Interesse an einer eigenständigen verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Entscheidung über die Anhörungsrüge. Zwar entfaltet die Zurückweisung der Anhörungsrüge regelmäßig keine eigenständige Beschwer, da durch sie lediglich eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung rechtlichen Gehörs fortbesteht. Da die Anhörungsrüge der Sicherung der Ansprüche der Prozessbeteiligten auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör dient, kann ihre Verwerfung allerdings dann eine selbstständige verfassungsrechtliche Beschwer bewirken, wenn die verfassungsrechtliche Rüge sich nicht auf die inhaltliche Überprüfung des Gehörsverstoßes richtet, der bereits Gegenstand der Anhörungsrüge gewesen ist, sondern den Zugang zum Anhörungsrügeverfahren selbst betrifft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 ‌‑ 1 BvR 2327/07 ‑,‌ Rn. 17, www.bverfg.de, m. w. N.). So liegt es hier, da die Beschwerdeführerin rügt, das Oberverwaltungsgericht habe ihr den Zugang zum Anhörungsrügeverfahren in verfassungswidriger Weise verkürzt, indem es zu Unrecht von einer Verfristung der Anhörungsrüge ausgegangen sei.

2. Soweit sie zulässig ist, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Der die Anhörungsrüge als unzulässig verwerfende Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Januar 2021 (OVG 5 RM 4/20 / OVG 5 M 13/20) verstößt zwar gegen das Recht der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz und ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (dazu a.). Die Verfassungsbeschwerde hat aber gleichwohl keinen Erfolg, da die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht auf dem Verfassungsverstoß beruht (dazu b.).

a. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs steht in einem funktionalen Zusammenhang mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes, aufgrund derer die Gerichte durch ihre Auslegung und Anwendung des Prozessrechts den Beteiligten den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren dürfen. Während die Rechtsschutzgarantie den Zugang zum Verfahren sichert, zielt Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV auf einen angemessenen Ablauf des Verfahrens: Wer bei Gericht formell ankommt, soll auch substantiell ankommen, also wirklich gehört werden. Wenn ein Gericht im Verfahren einen Gehörsverstoß begeht, vereitelt es die Möglichkeit, eine Rechtsverletzung vor Gericht effektiv geltend zu machen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. Oktober 2007 ‌‑ 1 BvR 782/07 ‑,‌ Rn. 13, www.bverfg.de, und vom 4. April 2007 ‑ 1 BvR 66/07 ‑,‌ Rn. 9, juris).

Die nähere Ausgestaltung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bleibt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen. Dabei können die einfachrechtlichen Gewährleistungen des rechtlichen Gehörs in den Verfahrensordnungen über das spezifisch verfassungsrechtlich gewährleistete Maß an rechtlichem Gehör hinausreichen. Insoweit stellt eine Verletzung einfachrechtlicher Bestimmungen nicht zwangsläufig zugleich einen Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Jedoch gebietet Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV, dass sowohl die normative Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall ein Ausmaß an rechtlichem Gehör eröffnen, das sachangemessen ist, um dem Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden, und das den Beteiligten die Möglichkeit gibt, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. § 152a VwGO soll die Einhaltung dieser spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gewährleisten, indem die Norm die fachgerichtliche Kontrolle einer behaupteten Gehörsverletzung im Wege der Anhörungsrüge ermöglicht, wenn kein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung gegeben ist. Die Verletzung dieser Verfahrensbestimmung stellt deshalb zugleich einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV dar, wenn das Gericht bei ihrer Auslegung oder Anwendung die Bedeutung oder Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör verkannt hat (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. Oktober 2007 ‌‑ 1 BvR 782/07 ‑,‌ Rn. 13, www.bverfg.de, und vom 4. April 2007 ‌‑ 1 BvR 66/07 ‑,‌ Rn. 10, juris).

Dies zugrunde gelegt, verletzt der die Anhörungsrüge als unzulässig verwerfende Beschluss des Oberverwaltungsgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz und ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, für den Beginn der Zwei-Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO könne auf die Bekanntgabefiktion des § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO zurückgegriffen werden, findet im geltenden Recht keine Stütze und verkürzt in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise den Weg zu einer materiellen Prüfung der Anhörungsrüge.

Die Fiktion des § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO, wonach formlos mitgeteilte Entscheidungen am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelten, ist für den Beginn der Zwei-Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO nicht anwendbar. Diese Fiktion bezieht sich ihrem Wortlaut nach ausschließlich auf die Bekanntgabe der Entscheidung, die nur für den Beginn der Jahresfrist des § 152a Abs. 2 Satz 2 VwGO maßgebend ist. Die Zwei-Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO knüpft hingegen an die tatsächliche subjektive Kenntnis des Betroffenen von der Verletzung rechtlichen Gehörs an. Dieser Zeitpunkt der Kenntnis kann zwar, muss aber nicht mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung zusammenfallen. Er kann deshalb nicht durch eine Bekanntgabefiktion ersetzt werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Februar 2019 ‌‑ 12 LA 214/18 ‑,‌ Rn. 5, juris; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 152a Rn. 15; Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Auflage 2020, § 152a Rn. 7; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 152a Rn. 32; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Auflage 2014, § 152a Rn. 8; für § 78a ArbGG: BVerfG, Beschluss vom 4. April 2007 ‌‑ 1 BvR 66/07 ‑,‌ Rn. 8 ff., juris; für § 133a Abs. 2 FGO: BFH, Beschluss vom 15. Dezember 2014 ‌‑ X S 20/14 ‑,‌ Rn. 7, juris; abweichend: BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2013 ‌‑ 4 B 4/13 ‑,‌ Rn. 6, juris; offen gelassen: BVerwG, Beschluss vom 14. März 2007 ‌‑ 2 B 55/06 ‑,‌ Rn. 1 f., juris).

Es kann dahinstehen, ob diese Auslegung des § 152a VwGO dem Verfassungsgericht bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgegeben ist. Sie entspricht jedenfalls dem Wortlaut und der Systematik der Fristenregelung, die in unterschiedlichen Regelungszusammenhängen einerseits an die Kenntnis und andererseits an die Bekanntgabe anknüpft, und wird zudem durch die Gesetzgebungsmaterialien untermauert. § 152a VwGO wurde durch das Anhörungsrügegesetz vom 9. Dezember 2004 eingeführt. Die Vorschrift des § 152a VwGO entspricht wörtlich den zugleich geschaffenen oder geänderten Fristenregelungen der Anhörungsrüge in zahlreichen anderen Verfahrensordnungen und lehnt sich nach der Gesetzesbegründung an den entsprechenden § 321a Abs. 2 ZPO an (vgl. BT‑Drs. 15/3706, S. 22). Auf welchen Zeitpunkt es für den Fristbeginn ankommen soll, war im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Der Bundesrat und ihm folgend die Fraktion der CDU/CSU hatten angeregt, auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe abzustellen, weil sie befürchteten, der Fristbeginn könne sich unter Umständen sehr weit hinausschieben, wenn man auf den in der Sphäre der Partei liegenden Umstand der Kenntnis abstellte (vgl. BT-Drs. 15/3966, S. 6 f.). Dieser Vorschlag setzte sich jedoch nicht durch (vgl. BT-Drs. 15/4061, S. 25). Mit der Anknüpfung an die Kenntnis des Betroffenen von der Verletzung des rechtlichen Gehörs sollte sich die Vorschrift vielmehr an die entsprechenden Regelungen zu den Rechtsbehelfen der Wiedereinsetzung und der Wiederaufnahme anlehnen. Daneben wollte der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit in Satz 2 eine Ausschlussfrist von einem Jahr seit Bekanntgabe der Entscheidung vorsehen. Satz 3 der Regelung sieht in diesem Zusammenhang für den Fall der formlosen Mitteilung eine Fiktion der Bekanntgabe vor, damit bisher nicht zuzustellende Entscheidungen nicht allein wegen der möglichen Gehörsrüge zustellungspflichtig werden (vgl. BT-Drs. 15/3706, S. 16).

Auch wenn danach der Zeitpunkt der subjektiven Kenntnis von der Gehörsverletzung und der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung nicht gleichgesetzt werden können, so werden sie allerdings im Regelfall identisch sein (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 4. Juni 2009 ‑ 5 B 319/08 ‑,‌ Rn. 4, juris; VGH München, Beschluss vom 18. September 2915 ‌‑ 10 ZB 15.1827 ‑;‌ Rn. 6, juris‌ für § 321a ZPO: BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 ‌‑ 2 ZB 6/09 ‑,‌ Rn. 5, juris; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 152a Rn. 15). Es ist deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn ein Gericht für den Beginn der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe zurückgreift, wenn ein abweichender Zeitpunkt der Kenntnisnahme nicht ersichtlich ist. Der Annahme einer unwiderlegbaren Vermutung, wie sie §152a Abs. 2 Satz 3 VwGO enthält, steht das aber nicht gleich. Der Unterschied wird deutlich, wenn der Betroffene ‑ wie hier die Beschwerdeführerin ‑ im Einzelfall geltend macht, erst nach der Bekanntgabe der Entscheidung Kenntnis von den relevanten Tatsachen genommen zu haben: Während eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen wegen der Unwiderlegbarkeit der Bekanntgabefiktion des § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO in deren Anwendungsbereich entbehrlich ist, gilt dies für die Bestimmung des Fristbeginns nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht. Das Oberverwaltungsgericht hätte deshalb in dem angegriffenen Beschluss prüfen müssen, ob die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen eine spätere Kenntnisnahme im Sinne des § 152a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO hinreichend glaubhaft gemacht hat. Daran fehlt es.

b. Die Verfassungsbeschwerde kann aber dennoch keinen Erfolg haben, weil die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, die Anhörungsrüge als unzulässig zu verwerfen, aus den unter 1. a. genannten Gründen im Ergebnis offensichtlich nicht zu beanstanden ist, so dass sie nicht auf dem geltend gemachten Verfassungsverstoß beruht (vgl. zum Beruhenszusammenhang bei einem Verstoß gegen das Recht auf effektiven Rechtsschutz: Beschluss vom 20. Juli 2018 ‌‑ VfGBbg 172/17 ‑; bei einem Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs: Beschluss vom 22. März 2019 ‌‑ VfGBbg 38/18 ‑,‌ https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; auf Bundesebene: BVerfG, Beschluss vom 4. April 2007 ‌‑ 1 BvR 66/07 ‑,‌ Rn. 19, juris).

c. Dahinstehen kann, ob das Oberverwaltungsgericht mit der von ihm vorgenommenen Auslegung und Anwendung des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO zugleich gegen das in Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV verankerte Willkürverbot und das Gebot fairen Verfahrens nach Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV verstoßen hat. Jedenfalls fehlt es auch insoweit an dem erforderlichen Beruhenszusammenhang, da wegen der Verfristung der Anhörungsrüge mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Entscheidung ohne den Verfassungsverstoß anders ausgegangen wäre (vgl. zum Beruhenszusammenhang bei einem Verstoß gegen das gerichtliche Willkürverbot: Beschlüsse vom 12. April 2019 ‌‑ VfGBbg 25/18 ‑,‌ und vom 22. Januar 2021 ‌‑ VfGBbg 62/18 ‑, Rn. 20; bei einer Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren: Beschluss vom 21. Februar 2021 ‌‑ VfGBbg 57/21 ‑,‌ Rn. 54, und vom 17. September 2021 ‌‑ VfGBbg 43/20 ‑,‌ Rn. 25, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Dr. Strauß

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Müller

Richter

Sokoll