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VerfGBbg, Beschluss vom 19. März 2021 - VfGBbg 11/21 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 8 Abs. 1 Satz 1; LV, Art. 12 Abs. 2; LV, Art. 52 Abs. 1 Satz 2; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 Alt. 1
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 1; VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2, VerfGGBbg, § 46
- BGB, § 227 Abs. 1
- SGG, § 202 Satz 1
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- einstweilige Anordnung abgelehnt
- Antragsänderung unzulässig
- Mündliche Verhandlung
- Subsidiarität
- Zwischenentscheidung
- unzureichende Begründung
- Terminsverlegungsantrag
- Begründung
- Corona
- Coronavirus
- COVID-19
- Pandemie
- Gerichtlicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum
- Hygienekonzept
- Schutzmaßnahmen
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. März 2021 - VfGBbg 11/21 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 11/21




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 11/21
VfGBbg 11/21 (PKH)
VfGBbg 4/21 EA
VfGBbg 4/21 EA (PKH)

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

E.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte:               Rechtsanwältin
                                                                B.,

 

wegen

Ladungen zu den mündlichen Verhandlungen am 24. März 2021, Sozialgericht Potsdam ‌‑ S 35 AS 661/13 ‑‌ und ‌‑ S 35 AS 3079/14; Umladungen zu den mündlichen Verhandlungen am 7. April 2021, Sozialgericht Potsdam ‌‑ S 35 AS 661/13 ‑‌ und ‌‑ S 35 AS 3079/14

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 19. März 2021

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

A.

Der Beschwerdeführer begehrt mit der Verfassungsbeschwerde und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufhebung von Terminen zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Potsdam.

I.

Bei dem Sozialgericht Potsdam sind zahlreiche Verfahren des Beschwerdeführers anhängig. Anfang Februar 2021 verhandelte das Sozialgericht mündlich, nachdem es auf das Infektionsgeschehen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und das Erkrankungsrisiko an der Atemwegserkrankung COVID-19 gestützte Terminsverlegungsanträge des Beschwerdeführers und des (dortigen) Beklagten zurückgewiesen hatte. Zur Begründung hatte das Sozialgericht unter anderem ausgeführt, dass es umfangreiche Maßnahmen zum Schutz der Beteiligten getroffen habe. Es verwies auf sein „Hinweisschreiben zum Infektionsschutz“, in dem es darauf aufmerksam machte, dass in dem Sitzungssaal die Richtertische und die Tische der Beteiligten mit Abtrennungen aus Glas oder Plexiglas ausgestattet seien, der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden könne, für ausreichende Belüftung gesorgt sei und Desinfektionstücher bereit lägen. Es führte weiter aus, dass der Sitzungssaal während der Verhandlung regelmäßig durch eine große Fensterfront belüftet werde. Es sei auf Wunsch der Beteiligten auch während der Verhandlung deren direkte Platzierung am weit geöffneten Fenster oder der weit geöffneten Tür möglich. Sollte es erforderlich sein, die Masken abzusetzen, werde die Verhandlung unterbrochen, damit die Maske außerhalb des Gebäudes abgesetzt werden könne. Der Eigenschutz des Beschwerdeführers sei durch das Tragen einer Maske mit hoher Schutzwirkung gewährleistet und ihm angesichts der Schutz- und Hygienemaßnahmen des Gerichts eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zumutbar.

Mit Ladungen vom 18. Februar 2021 beraumte das Sozialgericht in den Verfahren S 35 AS 661/13 und S 35 AS 3079/14 jeweils einen Termin zur mündlichen Verhandlung für den 24. März 2021 an.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 22. Februar 2021 Terminsverlegung, bis er gegen COVID-19 geimpft sei und das Infektionsgeschehen der Pandemie eine Teilnahme aller Verfahrensbeteiligten und Zeugen erlaube. Zur Begründung führte er aus, dass die Größe des Sitzungssaals angesichts der zu erwartenden Personenzahl nicht den Hygieneanforderungen von 10 m² Mindestfläche pro Person genüge. Die Termine seien aufzuheben, da der Beschwerdeführer an allergischem Asthma und einer schweren neurologischen Erkrankung leide. Aus der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung ergebe sich, dass er wegen der Vorerkrankungen „zur besonders gefährdeten Gruppe“ gehöre. Ferner sei zu dem Februartermin kein Beklagtenvertreter erschienen. Die Durchführung eines Verhandlungstermins ohne Parteien verstoße gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und den „Prozessgewährungsanspruch[s]“.

II.

Mit der bereits am 3. März 2021 eingegangenen Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Beschwerdeführer ursprünglich die Aufhebung der Termine am 24. März 2021 sowie einstweilig die vorläufige Untersagung künftiger mündlicher Verhandlungen in ihn betreffenden Verfahren vor dem Sozialgericht, bis offiziell das Abklingen des COVID-19-Infektionsgeschehen in Potsdam und Brandenburg festgestellt sei, beantragt und zu den Gründen ausgeführt:

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebiete die Anrufung des Verfassungsgerichts bereits vor der Entscheidung des Sozialgerichts über die Terminsverlegungsanträge. Aufgrund der Ablehnung der Terminsverlegungsanträge zum Februartermin sei eine erneute Ablehnung zu erwarten. Der Rechtsweg sei erschöpft, da die Terminierung der mündlichen Verhandlung gemäß § 172 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetzbuch (SGG) nicht angegriffen werden könne.

Der Durchführung der Termine stünden sein Grundrecht der Menschenwürde aus Art. 7 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), das Recht auf „Unversehrtheit des Lebens“, Art. 8 Abs. 1 Satz 1 LV, das „Verbot der Behindertendiskriminierung“, Art. 12 Abs. 2 LV, das „Verbot der medizinischen Versuche aus Art. 8“ LV, das Recht auf ein faires Verfahren, Art. 52 Abs. 4 Alt. 1 LV, der Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV, und das Recht auf den gesetzlichen Richter, Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV, entgegen.

Das Grundrecht auf Leben und Gesundheit des Beschwerdeführers könne in der herrschenden Pandemie nicht gewährleistet werden. Er sei anerkannt schwer- und gehbehindert sowie mit schweren, COVID-relevanten Vorerkrankungen belastet. Er zähle zu der Gruppe von „Personen, bei denen ein sehr hohes oder hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht“ im Sinne der Coronavirus-Impfverordnung. Im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bestehe für ihn ein sehr hohes oder hohes Risiko eines schweren oder tödlichen Krankheitsverlaufes. Jede Zusammenkunft mit einem fremden Haushalt berge diese tödliche Gefahr in sich. Die einzige Möglichkeit, eine Infektion zu verhindern, bestünde darin, sich mit Menschen aus einem fremden Haushalt nicht zu treffen. Der Sitzungssaal des Sozialgerichts stelle bereits für nicht-vorerkrankte Menschen ein Infektionsrisiko dar, da sich in dem ca. 20-25 m² großen Raum maximal zwei Personen aufhalten dürften. Es sei bei den anberaumten Terminen mit der Anwesenheit von drei Richtern, zwei Parteien, Anwälten, Zeugen und der Öffentlichkeit zu rechnen. Eine mündliche Verhandlung unter diesen sehr risikobehafteten infektiologischen Bedingungen komme einem medizinischen Versuch gleich und stelle zudem eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung dar.

Das Recht auf ein faires Verfahren und der Anspruch auf rechtliches Gehör könne während der herrschenden Corona-Pandemie nicht gewährleistet werden, da der Beklagte wegen der Infektionslage seine Teilnahme an den Verhandlungsterminen abgesagt, das Sozialgericht von ihm benannte Zeugen nicht geladen habe und die Prozessführung des Sozialgerichts und der Vorsitzenden Richterin der befassten Kammer ein verfassungsgemäßes Urteil ausschließe. Der Beschwerdeführer habe gegen den Beklagten einen „Datenauskunftsanspruch“, den dieser in der mündlichen Verhandlung erfüllen müsse. Die Verfassungswidrigkeit künftiger mündlicher Verhandlungen stehe fest, da die Gerichtsöffentlichkeit im Sinne des § 169 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) „verboten“ sei, indem auf der Homepage des Sozialgerichts darauf hingewiesen werde, dass das Aufsuchen des Gerichts für Zuschauer auf unabdingbare Fälle einzuschränken sei. Ihm werde ferner der gesetzliche Richter entzogen. Die mit den terminierten Verfahren befasste Kammer sei rechtswidrig besetzt, da die Vize-Präsidentin des Sozialgerichts die Überprüfung einer Besetzungsrüge des Beschwerdeführers im Jahr 2020 „verboten“ habe und die Kammer dieses Verbot beachte. Sein Grundrecht auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren sei ferner durch den „Entzug“ seiner Prozessbevollmächtigten verletzt. Der Präsident des Sozialgerichts habe seine Prozessbevollmächtigte im Juli 2020 bei der Rechtsanwaltskammer München „angezeigt“, um diese an der Vertretung des Beschwerdeführers zu hindern.

III.

Nachdem das Sozialgericht mit Umladungen vom 10. März 2021 aus „gerichtsorganisatorischen Gründen“ die Termine auf den 7. April 2021 verlegt hatte, hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. März 2021 beim Sozialgericht unter anderem die Aufhebung der Termine am 7. April 2021 beantragt und mit den im Verfassungsbeschwerdeverfahren vorgetragenen Ausführungen begründet.

Im verfassungsgerichtlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. März 2021 unter Wiederholung seines ursprünglichen Beschwerdevorbringens seine „identisch gebliebenen Anträge“ dahingehend „korrigiert“, dass sich sein Begehren auf die neu bestimmten Termine am 7. April 2021 bezieht.

Das Sozialgericht Potsdam hat mit Beschlüssen vom 15. März 2021 die Terminsverlegungsanträge vom 10. März 2021 abgelehnt. Vor dem Hintergrund der getroffenen Schutzmaßnahmen sei dem Beschwerdeführer das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung auch unter Berücksichtigung der von ihm vorgetragenen gesundheitlichen Einschränkungen und angesichts der gegenwärtigen Lage der Corona-Pandemie zumutbar.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) als unzulässig zu verwerfen.

1. Die Antragsänderung mit dem Ziel, nunmehr die Ladungen zu den mündlichen Verhandlungen am 7. April 2021 anstelle der Ladungen auf den 24. März 2021 zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde zu machen, ist unzulässig.

a. Das mit Schriftsatz vom 10. März 2021 erklärte Begehren des Beschwerdeführers seine „identisch gebliebenen Anträge“ dahingehend zu „korrigier[t]en“, dass sich sein Terminsaufhebungsbegehren nach der Umladung auf den neu bestimmten Termin am 7. April 2021 bezieht, ist als Antragsänderung auszulegen. Die Auslegung des Begehrens richtet sich mangels ausdrücklicher Regelung im Verfassungsgerichtsgesetz nach den gemäß § 13 Abs. 1 VerfGGBbg entsprechend heranzuziehenden Bestimmungen und Grundsätzen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (vgl. Urteil vom 14. Februar 2002 ‌‑ VfGBbg 17/01 ‑, und vom 23. Oktober 2020, Rn. 242‌‑ VfGBbg 55/19 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Wird - wie vorliegend - der Streitgegenstand verändert bzw. teilweise ersetzt, nicht aber ausdrücklich zurückgenommen, handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO (vgl. VGH München, Beschluss vom 11. Februar 1999 ‌‑ 4 C 99.227 ‑‌, BeckRS 1999, 20990, NVwZ-RR 1991, 277; VG München, Urteil vom 8. Oktober 2019 ‌‑ M 11 K 19.2578 ‑‌, Rn. 27, juris; Wolff, in: BeckOK VwGO, Stand: 1. April 2020, § 91 Rn. 3).

b. Die Antragsänderung ist unzulässig. Eine Antragsänderung ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn das Gericht sie für sachdienlich hält. Das ist der Fall, wenn der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt, durch die Zulassung ein neuer Prozess vermieden wird und auch für den geänderten Streitgegenstand die Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2020 ‌‑ 2 BvR 859/15 ‑‌, Rn. 87 m. w. N., www.bverfg.de; vgl. zum Organstreitverfahren: Urteil vom 23. Oktober 2020 ‌‑ VfGBbg 55/19 ‑‌, Rn. 242, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Daran fehlt es hier. Die Sachurteilsvoraussetzungen für die geänderte Verfassungsbeschwerde sind nicht gegeben.

(1) Der Beschwerdeführer hat dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht genügt. Nach diesem aus § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg abgeleiteten Grundsatz hat ein Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde über die formale Erschöpfung des Rechtswegs hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten zu ergreifen, um eine etwaige Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden Verfahren zu verhindern oder zu beheben (st. Rspr., Beschluss vom 11. Dezember 2020 ‌‑ VfGBbg 84/20 ‑‌, Rn. 10, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Zwar hat der Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antragsänderung von der Möglichkeit, die Verlegung des Termins zu beantragen, Gebrauch gemacht. Über die Terminsverlegungsanträge vom 22. Februar 2021 bzw. vom 10. März 2021 war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht entschieden. Das Abwarten dieser Entscheidung war dem Beschwerdeführer auch in Anbetracht der geltend gemachten Grundrechtsverletzungen zumutbar.

(2) Aber auch aus der Tatsache, dass das Sozialgericht die Verlegungsanträge vom 10. März 2021 inzwischen abgelehnt hat, ergibt sich nichts anderes. Ebenso wie die Rechtswegerschöpfung müssen die Voraussetzungen für die Erfüllung des Grundsatzes der Subsidiarität bereits bei Erhebung bzw. Änderung der Verfassungsbeschwerde vorliegen. Aus dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg sowie dessen Sinn und Zweck folgt, dass die Verfassungsbeschwerde einen dem fachgerichtlichen Instanzenzug nachrangigen außerordentlichen Rechtsbehelf im Sinne einer ultima ratio darstellt. Dies bedeutet, dass der fachgerichtliche Rechtsweg im Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde durchlaufen sein muss, um zu vermeiden, dass ein auf eine Grundrechtsverletzung gestützter Rechtsstreit überhaupt an das Verfassungsgericht gelangt, wenn ein Fachgericht damit noch befasst werden kann. Die nach dem Normzweck des § 45 Abs. 2 VerfGGBbg auch zu verhindernde Belastung des Verfassungsgerichts mit Verfahren, in denen Rechtsschutz vorrangig vor den Fachgerichten zu suchen ist, tritt bereits ein, wenn die Verfassungsbeschwerde beim Verfassungsgericht anhängig gemacht wird (Beschluss vom 21. Januar 2010 ‌‑ VfGBbg 49/09 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Diesem Entlastungszweck würde die Möglichkeit einer nachträglichen Erfüllung der Subsidiaritätsanforderungen zuwiderlaufen.

(3) Einer Verfassungsbeschwerde, die gegen die die Terminsverlegungen ablehnenden Entscheidungen gerichtet wäre, bliebe der Erfolg aber auch aus anderen Gründen versagt.

aa. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren, Art. 52 Abs. 4 Alt. 1 LV, des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV, und des Rechts auf den gesetzlichen Richter, Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV, rügt, sind auch insoweit die Subsidiaritätsanforderungen nicht erfüllt.

Eine Verfassungsbeschwerde gegen Zwischenentscheidungen, zu denen auch Terminsladungen und die Ablehnung von Terminverlegungsanträgen zählen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. November 2020 ‌‑ 2 BvQ 87/20 ‑‌, Rn. 42, und vom 19. Mai 2020 ‌‑ 2 BvR 483/20 ‑‌, Rn. 3, m. w. N., www.bverfg.de), ist grundsätzlich ausgeschlossen, weil Verfassungsverstöße mit der Anfechtung der Endentscheidung gerügt werden können. Selbständig anfechtbar ist die abschließende Entscheidung in einem selbständigen Zwischenverfahren nur dann, wenn diese zu einem bleibenden rechtlichen Nachteil für den Betroffenen führt, der später nicht oder jedenfalls nicht vollständig behoben werden kann (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 10. Mai 2019 ‌‑ VfGBbg 7/18 ‑‌, und vom 21. September 2018 ‌‑ VfGBbg 90/17 ‑‌, m. w. N., ‌https://verfassungsgericht.‌brandenburg.‌de).

Die Rügen der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Rechts auf den gesetzlichen Richter sind vor einer Anrufung des Verfassungsgerichts bei den Fachgerichten anzubringen und durchzusetzen.

Der Beschwerdeführer könnte eine Ablehnung seiner Terminsverlegungsanträge mit der Anfechtung der Endentscheidung vor dem Landessozialgericht rügen. Ob das Sozialgericht mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers den Grundsatz des fairen Verfahrens und des gesetzlichen Richters missachtet und ihn in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, unterliegt bei anfechtbaren Endentscheidungen des Sozialgerichts der vollen Nachprüfung durch das Landessozialgericht. Sollte dieses zu dem Ergebnis kommen, die Ablehnung des Antrags auf Verlegung des Termins verletze den Beschwerdeführer in seinen Prozessgrundrechten, wäre dem in der zweiten Instanz abzuhelfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Mai 2016 ‌‑ 1 BvR 1094/16 ‑‌, Rn. 2, www.bverfg.de). Das gleiche gilt für die weiteren geltend gemachten Verstöße gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter und das faire Verfahren.

bb. Der Rüge des Beschwerdeführers, ihm drohe bei der Durchführung der Verhandlungstermine eine gegen Art. 8 Abs. 1 Satz 1 LV verstoßende Gesundheitsgefahr durch die Infektion mit dem Corona-Virus, stünde zwar der Grundsatz der Subsidiarität nicht entgegen, weil die behaupteten Gesundheitsgefahren im Wege des nachgelagerten fachgerichtlichen Rechtsschutzes nicht mehr behoben werden könnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 2020 ‌‑ 2 BvR 483/20 ‑‌, www.bverfg.de). Jedoch genügt die Beschwerdeschrift insoweit nicht den Begründungserfordernissen der § 20 Abs. 1, § 46 VerfGGBbg. Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, die schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Es bedarf einer umfassenden einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufarbeitung der Rechtslage. Ausgehend vom Entscheidungsinhalt muss der Beschwerdeführer aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus seiner Sicht im Einzelnen liegt (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 22. Januar 2021 ‌‑ VfGBbg 11/20 ‑‌, Rn. 15; und vom 17. Januar 2020 ‌‑ VfGBbg 82/19 ‑‌, m. w. N, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Der Beschwerdeführer beschränkt sich im Wesentlichen darauf vorzubringen, dass ihn allein jegliche Kontaktvermeidung vor der für ihn besonders riskanten Infektionsgefahr schütze und der Durchführung der Termine entgegenstehe. Dies genügt den an die Verfassungsbeschwerde zu stellenden Begründungsanforderungen nicht. Es fehlt insgesamt an einer Auseinandersetzung mit der Rechtslage zu dem gemäß § 202 Satz 1 SGG anwendbaren § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) und der bzgl. der Corona-Pandemie ergangenen Rechtsprechung. Entsprechende Darlegungen des Beschwerdeführers waren angesichts der Ausführungen des Sozialgerichts in den die Terminsverlegung ablehnenden Entscheidungen zu erwarten. Eine schwere Vorerkrankung eines Prozessbeteiligten gebietet nicht per se die Terminsaufhebung oder ‑verlegung, sondern stellt einen angemessen zu berücksichtigenden Abwägungsgesichtspunkt im Rahmen der den Fachgerichten vorbehaltenen Anwendung und Auslegung des „erheblichen Grunds“ im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO dar (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Mai 2020 ‌‑ L 6 VU 3716/19 ZVW ‑‌, Rn. 27, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 12. Februar 2021 ‌‑ 1 W 2/21 ‑‌, Rn. 12, juris; zum Strafverfahren: OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. November 2020 ‌‑ 4 Ws 265/20 ‑‌, Rn. 7, juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 14. April 2020 ‌‑ 2 Ws 54 - 55/20 ‑‌, Rn. 20, juris; VG Würzburg, Beschluss vom 4. Februar 2021 ‌‑ W 6 K 19.32074 ‑‌, Rn. 9 ff., juris; Jaspersen, in: BeckOK ZPO, Stand 1. Dezember 2020, § 227 Rn. 8a). Dabei ist zu berücksichtigen, dass einem Gericht, das Maßnahmen ergreift, um einer zu befürchtenden Schädigung entgegenzuwirken, bei der Erfüllung seiner Schutzpflichten aus Art. 8 Abs. 1 LV ein erheblicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. November 2020 ‌‑ 2 BvQ 87/20 ‑‌, Rn. 52, und vom 19. Mai 2020 ‌‑ 2 BvR 483/20 ‑‌, Rn. 8, www.bverfg.de).

Dass das Sozialgericht mit einer Durchführung der Termine am 7. April 2021 diesen Gestaltungsspielraum überschreiten würde, legt der Beschwerdeführer nicht hinreichend dar.

Die Beschwerdeschrift und der Schriftsatz zur Änderung der Verfassungsbeschwerde befassen sich weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht mit den vom Sozialgericht in den Beschlüssen vom 29. Januar 2021, 3. Februar 2021, 15. März 2021 und dem Hinweisschreiben zum Infektionsschutz geschilderten Schutzvorkehrungen (Raum- und Hygienekonzept, Glasscheiben, Abstand, Belüftung) sowie den darin aufgezeigten das Infektionsrisiko reduzierenden weiteren Maßnahmen (Unterbrechungen, Platzierung am Fenster, medizinische Masken).

cc. Auch im Hinblick auf die Menschenwürde aus Art. 7 LV und das Diskriminierungsverbot aus Art. 12 Abs. 2 LV legt der Beschwerdeführer eine Grundrechtsverletzung nicht hinreichend dar.

2. Offen bleiben kann, ob nach der unzulässigen Antragsänderung die ursprüngliche Verfassungsbeschwerde gegen die ursprünglichen Ladungen zu den Terminen am 24. März 2021 hilfsweise aufrechterhalten und noch rechtshängig ist. Diese wäre aus den vorgenannten Gründen ebenfalls als unzulässig zu verwerfen.

C.

Mit der Verwerfung der Verfassungsbeschwerde erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

D.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nicht in Betracht, da die Verfassungsbeschwerde aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (§ 48 VerfGGBbg i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

E.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Müller

Richter

Sokoll

Dr. Strauß