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VerfGBbg, Urteil vom 14. Februar 2002 - VfGBbg 17/01 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97 Abs. 3 Satz 2; LV, Art. 97 Abs. 3 Satz 3
- VerfGGBbg, § 13 Abs. 1
- HStrG 2000, Art. 20; HStrG 2000, Art. 6; HStrG 2000, Art. 6 Nr. 1;
  HStrG 2000, Art. 6 Nr. 6; HStrG 2000, Art. 20 Nr. 1b; HStrG 2000, Art. 20 Nr. 1c
- VwGO; § 91
- BSHG, § 100 Abs. 1 Nr. 1; BSHG, § 100 Abs. 1 Nr. 5; BSHG, § 72 Abs. 1;
  BSHG, § 68 Abs. 1; BSHG, § 68
- AG-BSHG, § 2 Abs. 2; AG-BSHG, § 4 Abs. 2; AG-BSHG, § 4 Abs. 3 Satz 1;
  AG-BSHG, § 4 Abs. 4 Satz 4; AG-BSHG, § 4 Abs. 4 Satz 5;
  AG-BSHG, § 4 Abs. 4 Satz 6; AG-BSHG, § 4 Abs. 3 Satz 2;
  AG-BSHG, § 4 Abs. 3 Satz 3
Schlagworte: - kommunale Selbstverwaltung
- Konnexitätsprinzip
- Finanzhoheit
- Sozialhilferecht
- Antragsänderung
- Beteiligtenfähigkeit
- Beschwerdebefugnis
- Rechtswegerschöpfung
- Beschwerdefrist
- Tenor
amtlicher Leitsatz: 1. Eine Verpflichtung zur Erfüllung neuer Aufgaben im Sinne von Art. 97 Abs. 3 der Landesverfassung liegt auch dann vor, wenn eine Aufgabenübertragung auf die Kommunen unter Ergänzung um weitere Aufgaben und unter auf die Aufgabenwahrnehmung Einfluß nehmender Veränderung des Erstattungssystems erneuert wird.

2. "Entsprechender finanzieller Ausgleich" im Sinne von Art. 97 Abs. 3 Satz 3 der Landesverfassung bedeutet eine vollständige und finanzkraftunabhängige Erstattung der mit der Wahrnehmung der übertragenen Aufgabe verbundenen notwendigen Kosten.

3. a) Der Gesetzgeber ist im Rahmen der Kostenausgleichsregelung nicht daran gehindert, ein Kostenerstattungskonzept zu verfolgen, welches Anreize für eine sparsame Aufgabenwahrnehmung gibt und dadurch eine kostensenkende Wirkung entfaltet. Die Ausgleichsregelung muß jedoch jeder einzelnen betroffenen Kommune die realistische Möglichkeit eröffnen, durch zumutbare eigene Anstrengungen zu einem vollständigen Kostenausgleich zu kommen.

b) Voraussetzung für eine Regelung gemäß a) ist eine fundierte und plausible gesetzgeberische Prognose zu den mit der Aufgabenwahrnehmung verbundenen Kosten einerseits und ihrer Beeinflußbarkeit durch die Kommunen andererseits unter vertiefter Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten und Besonderheiten vor Ort.

4. Fallzahlobergrenzen für die Kostenerstattung, wie sie durch die Haushaltsstrukturgesetze 2000 und 2002 für die Eingliederungshilfe für Behinderte festgelegt worden sind, sind in dieser Form mit dem strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 der Landesverfassung nicht vereinbar.

5. Die Regelung des Kostenausgleichs muß den Kommunen hinreichende Planungs- und Finanzierungssicherheit eröffnen und darf die Frage der vollständigen Kostendeckung nicht letztlich der Exekutive überlassen. Erfolgt die Aufgabenübertragung durch Gesetz, muß auch die Kostenerstattungsregelung mindestens in den Grundzügen durch Gesetz getroffen werden.
Fundstellen: - LVerfGE 13, 97
- LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 13, 3
- NJ 2002, 253 (nur LS)
- DÖV 2002, 522
- LKV 2002, 323
- Mitt. StGB 2002, 96
- NVwZ 2003, 201 (nur LS)
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Urteil vom 14. Februar 2002 - VfGBbg 17/01 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 17/01



IM NAMEN DES VOLKES
U R T E I L

In den Verfahren über die kommunalen Verfassungsbeschwerde

1. Landkreis Potsdam-Mittelmark,
vertreten durch den Landrat,
Niemöllerstraße 1, 14806 Belzig,

2. Landkreis Oder-Spree,
vertreten durch den Landrat,
Rudolf-Breitscheid-Straße 7, 15848 Beeskow,

Beschwerdeführer zu 1. und 2.,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte L., H., M.,

betreffend § 4 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (AG-BSHG) in der Fassung des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000 - HStrG 2000) vom 28. Juni 2000 (GVBl. I S. 90) sowie Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichtes im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2002 - HStrG 2002) vom 18. Dezember 2001 (GVBl. I S. 316)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder, Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2002

für R e c h t erkannt:

1. § 4 Abs. 2 AG-BSHG ist mit Art. 97 Abs. 3 der Landesverfassung unvereinbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, mit Wirkung spätestens für das Haushaltsjahr 2003 eine anderweitige Regelung zu treffen. Bis dahin bleibt die Vorschrift in Geltung.

2. § 4 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AG-BSHG sowie Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 HStrG 2002 sind mit Art. 97 Abs. 3 der Landesverfassung unvereinbar und nichtig.

3. Den Beschwerdeführern sind ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

G r ü n d e :

A.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Bestimmungen des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes und der Haushaltsstrukturgesetze 2000 und 2002. Die Beschwerdeführer, zwei Landkreise, machen geltend, daß durch die angegriffenen Vorschriften Sozialhilfeaufgaben auf sie übertragen würden, ohne daß in Art. 97 Abs. 3 LV gerecht werdender Weise Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen seien.

I.

Nach §§ 100 Abs. 1, 96 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i.V.m. § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (AG-BSHG) ist das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die in § 100 Abs. 1 BSHG genannten Aufgaben sachlich zuständig, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger sachlich zuständig ist. Örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 96 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 1 Abs. 1 AG-BSHG die kreisfreien Städte und die Landkreise, die die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsangelegenheiten durchführen. Durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Funktionalreform im Land Brandenburg (2. BrbFRG) vom 13. Juli 1994 (GVBl. I S. 382) wurde eine Regelzuständigkeit der örtlichen Träger der Sozialhilfe eingeführt (§ 2 Abs. 1 AG-BSHG). Die Aufgaben nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG - Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für Behinderte in stationären und teilstationären Einrichtungen – wurden den örtlichen Trägern der Sozialhilfe als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen (§ 2 Abs. 2 AG-BSHG in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 2.BrbFRG). Die sachliche Zuständigkeit für Hilfe nach § 72 BSHG, wenn die Hilfe dazu bestimmt ist, Nichtseßhafte seßhaft zu machen, verblieb beim überörtlichen Träger der Sozialhilfe (§ 2 a Nr. 1 AG-BSHG in der Fassung des Art. 1 Nr. 3 2.BrbFRG a.F.). Bezüglich der Kostenerstattung enthielt § 4 Abs. 2 AG-BSHG in der Fassung des Art. 1 Nr. 6 2.BrbFRG folgende Regelung:

„Zum Ausgleich der Kosten, die den örtlichen Trägern durch die Übertragung nach § 2 Abs. 2 entstehen, erstattet das Land den Landkreisen und kreisfreien Städten auf der Grundlage der Kostensatzvereinbarungen nach § 93 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes für stationäre Einrichtungen die angemessenen und notwendigen Kosten einschließlich der Personal- und Sachkosten.
...“

Durch Art. 6 Nr. 1 Haushaltsstrukturgesetz 2000 (HStrG 2000) wurde § 2 Abs. 2 AG-BSHG dahin ergänzt, daß die örtlichen Träger der Sozialhilfe auch die Aufgabe nach §§ 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG – Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 72 BSHG – als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahrnehmen. Die Kostenerstattungsregelung des § 4 Abs. 2 AG-BSGH erhielt durch Art. 6 Nr. 6 HStrG 2000 nunmehr folgende Fassung:

„Zum Ausgleich der Kosten, die den örtlichen Trägern durch die Übertragung der sachlichen Zuständigkeit nach § 2 entstehen, erstattet das Land nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 insgesamt 93 vom Hundert der Nettoausgaben der örtlichen Träger der Sozialhilfe für die Eingliederungshilfe für Behinderte, die Hilfe zur Pflege und die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten mit Ausnahme der Ausgaben für Leistungen, die nicht als Einzelfallhilfe gewährt werden.“

§ 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 AG-BSGH wurde durch Art. 6 Nr. 6 HStrG 2000 wie folgt gefaßt:

„Für die Aufgaben nach § 100 Nr. 1 des Bundessozialhilfegesetzes wird die Erstattung der Kosten für die einzelnen Hilfen insgesamt begrenzt auf die Kosten, die durch die Inanspruchnahme der Anzahl der Plätze entstehen, die sich aus den Planungen nach dem Landespflegegesetz ergeben. Bei der Hilfe zur Pflege in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung erstattet das Land die den Hilfebedürftigen gewährte Hilfe, soweit die Anzahl der von den Hilfebedürftigen in Anspruch genommenen Plätze 25 vom Hundert der sich nach Satz 1 ergebenden Planzahlen nicht übersteigt. ...“

Nach Art. 20 HStrG 2000 galten für Art. 6 HStrG 2000 und damit für § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSHG bestimmte Übergangsregelungen, die durch Art. 6 HStrG 2002 wie folgt gefaßt wurden:

„1. Für die Fallzahlobergrenzen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 gilt Folgendes:

a) ...

b) Die Obergrenze für die Eingliederungshilfe für Behinderte in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung beträgt landesweit

  • im Jahre 2000 7 550 Fälle
  • im Jahre 2001 7 200 Fälle
  • im Jahre 2002 7 140 Fälle
  • im Jahre 2003 7 050 Fälle
  • im Jahre 2004 6 900 Fälle
  • im Jahre 2005 6 650 Fälle

c) Die Fallzahlobergrenze für die Eingliederungshilfe für Behinderte in einer teilstationären Einrichtung beträgt landesweit

  • im Jahr 2000 4 400 Fälle
  • im Jahr 2001 4 600 Fälle und
  • ab dem Jahr 2002 4 800 Fälle.“

Das am 30. Juni 2000 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg verkündete Haushaltsstrukturgesetz 2000 ist in seinen hier interessierenden Teilen am 1. Juli 2000, Art. 6 Haushaltsstrukturgesetz 2002 am 22. Dezember 2001 in Kraft getreten.

Zu weit über 90 % fallen die Ausgaben, die durch die genannten Regelungen erstattet werden, im Bereich der Eingliederungshilfe für Behinderte (etwa für geistig Behinderte, für chronisch psychisch Kranke und für mehrfach geschädigte Abhängigkeitskranke) an. Innerhalb dieses Aufgabenkreises entstehen die Kosten überwiegend durch Behindertenheime und Werkstätten für Behinderte. Die Hilfe zur Pflege wird überwiegend aus Mitteln der Pflegeversicherung finanziert, so daß hier nur ergänzende Leistungen nach dem BSHG anfallen und verhältnismäßig geringe Kosten entstehen. Noch geringer sind die Beträge, die als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 72 BSHG aufzuwenden sind.

II.

Die Beschwerdeführer haben am 2. Juli 2001, einem Montag, kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügen die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts aus Art. 97 LV, insbesondere in seiner Ausgestaltung durch Art. 97 Abs. 3 LV. Der Beschwerdeführer zu 1) wendet sich gegen die Änderung der Kostendeckungsregelung in § 4 Abs. 2 und 3 AG-BSHG; der Beschwerdeführer zu 2) wendet sich ausschließlich gegen § 4 Abs. 3 AG-BSHG.

Im Sinne eines strikten Konnexitätsprinzips seien prinzipiell alle Kosten zu erstatten, die die Aufgabenübertragung verursache. Dabei sei auch die Kostenerstattung für die bereits seit 1995 bzw. 1996 von den Beschwerdeführern wahrgenommenen Aufgaben der Eingliederungshilfe für Behinderte und die Hilfe zur Pflege am Maßstab des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV zu messen, obwohl dieser zunächst nur an „neue Aufgaben“ anknüpfe. Es habe verhindert werden sollen, daß der Gesetzgeber die Kostentragungspflicht der Kommunen in der Weise erhöhe, daß er die Anforderungen steigen lasse, ohne einen Kostenausgleich zu schaffen. Im vorliegenden Fall komme hinzu, daß der Gesetzgeber die (um weitere Aufgaben ergänzte) Aufgabenübertragungsnorm des § 2 Abs. 2 AG-BSHG durch das Haushaltsstrukturgesetz 2000 - und somit nach Inkrafttreten der Verfassungsänderung - erneut in seinen Willen aufgenommen habe. Es sei hier von „Mehrbelastungen“ im Sinne des Art. 97 Abs. 3 LV auszugehen. Dabei sei entscheidend, ob die individuelle Kommune eine Mehrbelastung erfahre. Der Beschwerdeführer zu 1) habe im 2. Halbjahr 2000 rund 14,3 Millionen DM für alle ambulanten und stationären Eingliederungshilfen, Hilfen zur Pflege und Hilfen zur Überwindung besonderer Schwierigkeiten aufgewendet. Hiervon seien ungefähr 13,7 Millionen DM auf stationäre, annähernd 560.000 DM auf ambulante Hilfen entfallen. Für das Jahr 2001 gehe der Beschwerdeführer zu 1) von cirka 1,8 Millionen DM für ambulante und von cirka 31,8 Millionen DM für stationäre Maßnahmen aus. Die aufgrund der Neuregelung erfolgende anteilige Erstattung der ambulanten Aufwendungen sei deutlich geringer als der von den Beschwerdeführern erstmalig aus eigenen Mitteln zu bestreitende Anteil der stationären Kosten. § 4 Abs. 2 AG-BSHG führe deshalb „unterm Strich“ zu erheblichen und nicht vermeidbaren Belastungen. Die Erstattung von 93 % für „fiktive“ stationäre Maßnahmen würde nur dann nicht gegen Art. 97 Abs. 3 LV verstoßen, wenn die höheren Gesamtkosten auf fehlende Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Beschwerdeführers zu 1) zurückzuführen seien. Dies sei indes nicht der Fall; die Höhe seiner Nettoausgaben für die stationären Aufgaben sei im Landesvergleich durchschnittlich. Eine weitere Senkung der Ausgaben für stationäre Hilfen auf 93 % sei nicht möglich, weil es sich hierbei überwiegend um sog. Altfälle handele. Als früher zuständiger überörtlicher Sozialhilfeträger habe das Land wegen der unzureichenden ambulanten Hilfestrukturen in großem Umfang stationäre Hilfen angeordnet. Erst nach Übertragung der Zuständigkeit auf die örtlichen Sozialhilfeträger sei es zu einem Aufbau ambulanter Hilfestrukturen gekommen und die Zahl der stationär betreuten Fälle gesunken. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer zu 1) nach den gesetzlichen Bestimmungen und neuerer Verwaltungspraxis auch die Kosten für Hilfeempfänger in anderen Bundesländern oder Landkreisen übernehmen müsse, deren Aufenthalt vor der Erstaufnahme, also unter Umständen vor vielen Jahren, innerhalb seines Gebiets gelegen habe. Andere Landkreise, insbesondere solche mit großen, traditionell überörtlich ausgerichteten Behindertenheimen hätten hingegen die Kosten für stationäre Maßnahmen auf unter 93 % der Gesamtkosten senken können, weil die Zahl der Altfälle, die sie abrechnungstechnisch hätten abgeben können, höher sei als die Zahl der Fälle, deren Kosten sie ihrerseits anderen Sozialhilfeträgern zu erstatten hätten. Die Betreuung der Behinderten habe sich dadurch aber tatsächlich gar nicht geändert; sie seien weiterhin in den bisherigen Heimen stationär untergebracht. Dies sei vom Beschwerdeführer zu 1) schon wegen der häufig großen räumlichen Entfernung zu den Behinderten auch nicht zu beeinflussen. Die Differenzen zwischen den örtlichen Sozialhilfeträgern seien nicht auf die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Gesetzesvollzugs, sondern auf kommunalspezifische und historische Besonderheiten zurückzuführen.

Die Beschwerdeführer haben zunächst Art. 20 HStrG 2000 (Fallzahlobergrenzen) in der ursprünglichen Fassung angegriffen. Nachdem der Gesetzgeber durch Art. 6 HStrG 2002 den genannten Artikel im Dezember 2001 neu gefaßt hat, haben sie ihre Verfassungsbeschwerde im Januar 2002 auf die geänderte Fassung erstreckt.

Die Fallzahldeckelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSHG verstoße ebenso wie die für die Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2005 geltende Fallzahlenregelung des Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung des HStrG 2002 gegen Art. 97 Abs. 3 LV. Die fiktiven Obergrenzen seien nicht nachvollziehbar. Sie beruhten nicht auf realistischen und zuverlässigen Kostenansätzen. Entgegen der Prognose des Gesetzgebers sei davon auszugehen, daß die absolute Zahl derjenigen, die stationäre Hilfen benötigten, steigen und das Verhältnis zu ambulanten Strukturen sich nur geringfügig ändern werde.

Auch die ab dem 1. Januar 2006 geltende Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSHG werde vermutlich nicht zu einem Ausgleich im Sinne des Art. 97 Abs. 3 LV führen. Mit der Begrenzung der Erstattung auf diejenigen Kosten, die auf die Inanspruchnahme der sich aus den Planungen nach dem Landespflegegesetz ergebenden Anzahl der Plätze entfallen, habe der Gesetzgeber seinen Einschätzungs- und Ermessensspielraum überschritten. Konkrete Angaben über die Höhe der nicht ausgeglichenen Mehrbelastungen ab 2006 seien allerdings derzeit nicht möglich, da ein gemäß § 3 Abs. 1 Landespflegegesetz (PflegeG) aufgestellter Landespflegeplan noch nicht vorliege. Es liege im Ermessen des Landes, in welchen Zeiträumen ein Landespflegeplan aufgestellt werde. Die örtlichen Träger der Sozialhilfe hätten kein Instrument, eine ordnungsgemäße Abrechnungsgrundlage i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSHG einzufordern.

Der Beschwerdeführer zu 2) bekommt für eine größere Zahl insbesondere von stationären Altfällen eine Kostenerstattung von Dritten. Er wendet sich deshalb allein gegen den Fallzahldeckel des § 4 Abs. 3 AG-BSHG und die Übergangsregelung des Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung des HStrG 2002. Er macht geltend, daß er durch die Fallzahldeckelung beträchtliche Verluste erleide.

Der Beschwerdeführer zu 2) wendet sich weiter auch gegen die ab dem 1. Januar 2006 geltende Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG, die den Kostenerstattungsanspruch in bezug auf die Hilfe zur Pflege in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung dahingehend begrenzt, daß die Erstattung nur gewährt wird, soweit die Anzahl der in Anspruch genommenen Plätze 25 % der Platzzahlen nach dem Landespflegegesetz nicht übersteigt. Auf der Grundlage des aktuellen Landespflegeplanes führe dies nicht zum Ausgleich der Mehrbelastungen. Nachdem im Landespflegeplan A 799 Plätze für den Beschwerdeführer zu 2) vorgesehen seien, würden ihm bei Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG lediglich für 200 Plätze die Kosten erstattet, obwohl 218 Personen am 30. April 2001 Hilfe zur Pflege in Anspruch genommen hätten. Bei jährlichen Fallkosten in Höhe von 11.765,00 DM entstünden dadurch Mehrbelastungen in Höhe von 211.770,00 DM. Die Quote von 25 % knüpfe ebenfalls an den Maßstab des Landespflegeplanes an und stelle sich als unzulässige Vereinfachung und Typisierung dar. Der Gesetzgeber sei gehalten gewesen, die Einkommens-, Alters- und Einrichtungsstrukturen in den Landkreisen sowie die Anzahl der Altfälle durch Festlegung von Kreisquoten zu berücksichtigen. Die Verordnungsermächtigung des § 4 Abs. 3 Satz 3 AG-BSHG eröffne keine ausreichende Abhilfe, weil auch sie bei einer Landesquote ansetze.

Die Beschwerdeführer beantragen,

festzustellen, daß § 4 Abs. 2, § 4 Abs. 3 AG-BSHG in der Fassung des Art. 6 Nr. 1, Nr. 6 HStrG 2000 sowie Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung des Art. 6 HStrG 2002 mit Art. 97 LV unvereinbar und nichtig sind.

III.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und der Landkreistag Brandenburg haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

1. Nach Ansicht der Landesregierung genügt die für die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG geltende Kostenregelung des § 4 Abs. 2 AG-BSHG den Anforderungen des Konnexitätsprinzips des Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV, das wegen der gleichzeitigen Erweiterung der Zuständigkeit der örtlichen Träger der Sozialhilfe insoweit in der Tat gelte. Die verfassungsrechtliche Kostendeckungs- und Ausgleichsverpflichtung bestehe nach Maßgabe einer vom Gesetzgeber anzustellenden Prognose der durch die Aufgabenübertragung entstehenden notwendigen Kosten. Dieser Prognose seien nur die bei sparsamer und wirtschaftlicher Aufgabenerfüllung notwendig anfallenden Kosten zugrunde zu legen. Dem Gesetzgeber sei es nicht versagt, auch Pauschalierungen vorzunehmen, mehrere übertragene Aufgaben zusammenzufassen oder Synergieeffekte zu berücksichtigen. Es sei nicht erforderlich, vollständige Kostendeckung bei jedem einzelnen Selbstverwaltungsträger anhand konkreter Einzelfallberechnungen sicherzustellen. Erwiesen sich die prognostizierten Annahmen für den Mehrbelastungssausgleich als unrichtig, treffe den Gesetzgeber bei allen ins Gewicht fallenden Änderungen des Aufgabenzuschnitts und der Kostendeckungsmöglichkeiten sowie bei neuen Erkenntnissen über die Höhe der durch die Aufgabenübertragung bewirkten Belastungen eine Anpassungspflicht. Die Begrenzung der Kostenerstattung auf 93 % der gesamten Nettoausgaben, d.h. für die (teil-)stationäre und ambulante Hilfe, stelle eine verfassungsrechtlich zulässige Pauschalierung des Gesetzgebers dar. Sie beruhe auf dem sich aus der letzten vorliegenden amtlichen Sozialhilfestatistik ergebenden Verhältnis von stationären und ambulanten Hilfen und übertrage das für die neuen Länder durchschnittlich festgestellte Verhältnis von 93 % zu 7 % auf Brandenburg. Überdies führe die Neukonzeption der Kostenerstattung zu einem gleichfalls 93%igen Kostenausgleich für die den örtlichen Trägern originär obliegenden ambulanten Hilfen. Die Zusammenfassung ambulanter und stationärer Hilfen in der Hand desselben Trägers in Verbindung mit der Kostenerstattung lasse den Anreiz, allein aus Kostengründen ambulante durch stationäre Hilfe zu ersetzen und damit die Hilfe auf einen anderen (Kosten-)träger zu verlagern, entfallen. Im Bereich der Hilfen nach § 72 BSHG sei eine Kompensation der durch die Aufgabenübertragung verursachten Mehrkosten durch die Neuregelung der Kostenerstattung mehr als erreicht.

Für die Kostenregelungen bezüglich der Eingliederungshilfe für Behinderte und der Hilfe zur Pflege nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG sei Prüfungsmaßstab Art. 97 Abs. 3 Satz 1 LV alter Fassung. Da diese Aufgabe den örtlichen Trägern bereits im Jahre 1994 zugewiesen worden sei, handele es sich nicht um eine neue Aufgabe im Sinne von Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV. Schon dem Wortlaut nach setze Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV voraus, daß es sich um Aufgaben handeln müsse, die erstmals nach Inkrafttreten des verfassungsändernden Gesetzes, d.h. nach dem 13. April 1999, übertragen worden seien. Überdies habe der verfassungsändernde Gesetzgeber in Art. 3 Abs. 2 des Änderungsgesetzes ausdrücklich festgelegt, daß Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 nur für Aufgaben gelte, zu deren Erfüllung die Gemeinden und Gemeindeverbände nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verpflichtet werden. Diese Regelung knüpfe im Anschluß an entsprechende Beschlüsse des Haupt- und Innenausschusses an die Entschließung des Landtages vom 18. März 1999 an, mit der Erläuterungen als Auslegungshilfe zu Art. 97 Abs. 3 n.F. LV festgelegt worden seien. Nach Ziffer 2 dieser Entschließung würden den Gemeinden nur solche Mehrbelastungen erstattet, die aufgrund einer Aufgabenübertragung oder Standarderhöhung nach Inkrafttreten der Änderung des Art. 97 Abs. 3 LV entstünden. Neue Aufgaben lägen danach nicht vor, wenn lediglich eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werde. Die auf „neue Aufgaben“ beschränkte Geltung des Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV werde durch den Gang des Gesetzgebungsverfahrens bestätigt. In der Neukonzeption der Kostenerstattung liege auch keine Standarderhöhung, die einer neuen Aufgabe gleichstehe. Der der verfassungsrechtlichen Prüfung unterliegenden Kostenregelung zugleich den Tatbestand der den Prüfungsmaßstab bildenden Norm zu entnehmen, laufe auf einen Zirkelschluß hinaus. Auch eine Rechtsfortbildung im Wege der Analogie verbiete sich, da sie den unmißverständlich geäußerten Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers ignorieren, ja ihm geradezu widersprechen würde.

Art. 97 Abs. 3 Satz 1 LV a.F. schreibe keine vollständige Kostendeckung vor, sondern lasse – auch für die sog. Zweckkosten – eine anteilige Kostendeckung genügen. Die Höhe der durch die Aufgabenwahrnehmung entstehenden Kosten sei trotz weitgehender bundesrechtlicher Vorgaben und der Zuweisung als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung durch die verbleibenden Entscheidungsspielräume beeinflußbar. Das hierdurch eröffnete Kostenbegrenzungs- und -senkungspotential könne bei der Bemessung des Umfangs der Kostendeckung von Verfassungs wegen Berücksichtigung finden. Auf plausiblen Annahmen beruhten auch die Fallobergrenzen des Art. 20 HStrG 2000. Sie gingen von den durchschnittlichen Fallzahlen in der ersten Hälfte des Jahres 1999 aus. Der Anteil der stationären Plätze in der Eingliederungshilfe für Behinderte gemessen an der Gesamtbevölkerung liege in Brandenburg mit 0,288 % sowohl über dem Bundesdurchschnitt (0,216 %) als auch über dem Durchschnitt der neuen Bundesländer. Es erscheine daher sachgerecht, diesen Anteil unter gleichzeitigem Ausbau ambulanter Hilfestrukturen auf einen Anteil von 0,257 % zurückzuführen. Für den Bereich der teilstationären Eingliederungshilfe für Behinderte sei ein Ausgangswert von 0,27 % der Bevölkerung als bedarfsgerecht anzusehen. Nach § 4 Abs. 3 AG-BSHG könne durch Rechtsverordnung ggf. von den Platzzahlen abgewichen werden. Den örtlichen Trägern sei zudem nach § 16a Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2000 und 2001 zur Stärkung der sozialen Dienste ein Betrag von 20 Mio. DM, erhöht um einen Betrag von 10 Mio. DM außerhalb der Verbundmasse, zur Verfügung gestellt worden, durch den der Aufbau ambulanter Hilfestrukturen beschleunigt aktiviert werden könne. Sofern es bei einzelnen Trägern zu besonderen Mehrbelastungen komme, könne dem bei Festsetzung der Anteile der einzelnen örtlichen Träger an der Kostenerstattung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 AG-BSHG entsprochen werden. Schließlich könne dem Gesetzgeber eine Anpassungspflicht der Berechnungskriterien erwachsen, um einer ggf. verfassungsrechtlich bedenklichen Belastung des einzelnen örtlichen Trägers zu begegnen.

2. Nach Auffassung des Landkreistages Brandenburg ist Prüfungsmaßstab allein das strikte Konnexitätsprinzip nach Art. 97 Abs. 3 LV in der 1999 geänderten Fassung, da nach dem Schutzzweck der Norm eine neue Aufgabe vorliege. Würde das strikte Konnexitätsprinzip in Fällen, in denen eine ehemals für die Landkreise günstigere Regelung zu deren Nachteil verändert werde, nicht gelten, könne der Gesetzgeber das geltende Verfassungsrecht unterlaufen. Aus dem Entschließungsantrag des Hauptausschusses des Landtages vom 15. März 1999 werde deutlich, daß das Kriterium der „neuen Aufgabe“ lediglich verhindern solle, daß für alle vor der Verfassungsänderung übertragenen Aufgaben automatisch der volle Kostenausgleich nach Art. 97 Abs. 3 n.F. LV Platz greife. Wenn aber nicht lediglich eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werde, sondern die Kommunen durch das Land neu oder zusätzlich in die Pflicht genommen werden, seien die Kosten zu erstatten.

Durch das AG-BSHG in der Fassung des Haushaltsstrukturgesetzes 2000 hätten die Landkreise per Saldo höhere finanzielle Belastungen, für die die erstmals auch für kommunale Ausgaben für ambulante Leistungen mit 93% der Zweckausgaben gewährte Kostenerstattung keine ausreichende Kompensation darstelle. Ausweislich der amtlichen Begründung sei der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen, daß die Veränderung der Kostenerstattungsregelungen zu einer Belastung der Landkreise führe. Steuerungsmöglichkeiten zur Kostensenkung seien tatsächlich nicht vorhanden. So treffe der Landkreis etwa im Bereich der teilstationären Betreuung in Werkstätten für behinderte Menschen nicht die Letztentscheidung über die ambulante oder teilstationäre Betreuung, sondern sei an die Empfehlung eines aus Vertretern der Arbeitsverwaltung, der Rentenversicherung, der Werkstätten und des betroffenen Landkreises zusammengesetzten Gremiums gebunden. Für den Bereich der Pflege werde allein durch die Pflegekassen auf der Grundlage der Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherungen entschieden, ob stationäre oder ambulante Betreuung zu gewähren sei. Auch dort, wo – wie bei den Angeboten der stationären Eingliederungshilfe – die Entscheidung den Landkreisen obliege, werde der Ermessensspielraum durch die Ausgestaltung des Leistungsanspruchs nach dem Bundessozialhilfegesetz, die hierzu ergangene Rechtsprechung und durch die Gutachten zu Art und Grad der Behinderung eingeschränkt. Die hohen Fallzahlen im stationären und teilstationären Bereich seien auch nicht auf fehlende ambulante Angebote zurückzuführen. Die Fallzahlen stationärer Betreuung entsprächen den vom Land selbst festgestellten Bedarfen und in Regionalkonferenzen vorgegebenen Planungen. Zum jetzigen Zeitpunkt den Anteil an stationärer Betreuung zurückzuführen, obwohl genau dieser Umfang laut Landesplanung dem Bedarf entsprochen habe und mittlerweile eine entsprechende Platzzahl vorgehalten werde, sei auch einer wirtschaftlich und sparsam arbeitenden Kommune nicht möglich. Das Land selbst plane, bewillige und fördere nach wie vor neue Einrichtungen. Das Landesjugendamt bewillige über den Weg der Betriebserlaubniserteilung nach § 45 Sozialgesetzbuch VIII regelmäßig neue Plätze der stationären Eingliederungshilfe für behinderte Kinder und Jugendliche. Einem Abbau von Fällen stationärer Betreuung stehe auch entgegen, daß das Landesamt für Soziales und Versorgung Kostensätze vereinbare, die auf der Annahme einer 98%igen Auslastung der jeweiligen Einrichtung basierten, so daß den Einrichtungsbetreibern ein Freihalten von Plätzen wirtschaftlich verwehrt sei. Zudem sei die Zahl der Fälle, die über der erstattungsfähigen Quote lägen, von den einzelnen Landkreisen nicht steuerbar. Der Ausgleich von 93 % für die Ausgaben im ambulanten Bereich sei kein geeigneter Anreiz, da die Höhe der Kosten für ambulante Leistungen nicht zwingend in einem Zusammenhang mit der Fallzahl stehe. Die vom Landesgesetzgeber zugrunde gelegten Fallzahlen seien letztlich von der Annahme geprägt, daß sich ein Abbau um 350 Fälle im Zuge der Abgabe an den zuständigen Träger der Sozialhilfe im Jahr 2000 ergebe. Tatsächlich habe die Landesregierung im Rahmen ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Juli 2001 eingeräumt, daß bisher per Saldo nur 106 Fälle hätten abgegeben werden können.

Soweit das Land im Bereich der Kostenerstattung für Aufgaben nach § 72 BSHG sogar von einer Überkompensation ausgehe, sei dies anhand der vom Land zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht überprüfbar. Aus den für die Kostenerstattung im Haushaltsplan 2000/2001 (Band VIII, Einzelplan 07, Kapitel 07070, Titel 64370234, S. 96, 97) veranschlagten Zahlen folge, daß nach der Einschätzung des Landes eine massive Kostenverlagerung auf die Landkreise stattfinde. Ausweislich der Mitteilung der Grundlagen der Kostenerstattung für das Jahr 2000 durch das Landesamt für Soziales und Versorgung würden 136 Fälle der stationären Eingliederungshilfe und 220 Fälle der teilstationären Eingliederungshilfe nicht erstattet, d.h. bei durchschnittlichen Kosten je Fall von 40.000 DM bzw. 30.000 DM insgesamt 12.040.000 DM. Da die erstmalig erfolgende Erstattung für ambulante Eingliederungshilfe nur 8.902.689 DM betragen werde, ergebe sich bereits für das Jahr 2000 ein Fehlbetrag von 3.137.311 DM zulasten der Landkreise.

B.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde hat Erfolg.

I.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Soweit die Beschwerdeführer ihre Beschwerde gegen Art. 20 HStrG 2000 auf dessen Neufassung durch Art. 6 HStrG 2002 erstrecken, läßt das Gericht die darin liegende Antragsänderung zu, weil sie sachgerecht und zweckmäßig ist. Die Zulässigkeit einer Antragsänderung ist im Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) nicht ausdrücklich geregelt. Gemäß § 13 Abs. 1 VerfGGBbg sind deshalb die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechend heranzuziehen. Allerdings ist der die Zulässigkeit einer Klageänderung regelnde § 91 VwGO nicht unbesehen auf das verfassungsgerichtliche Verfahren zu übertragen. Das Verfassungsgericht kann die Änderung zulassen, wenn es sie für zweckmäßig hält und legitime Interessen anderer nicht beeinträchtigt werden (vgl. BVerfGE 13, 54, 94). So liegt es hier. Mit Zulassung der Antragsänderung können die verfassungsrechtlichen Fragen, die sich durch die Neuordnung des AG-BSHG stellen, einer umfassenden Klärung zugeführt werden. Entgegenstehende Interessen sind weder vorgetragen noch anderweitig erkennbar.

2. Die beschwerdeführenden Landkreise sind als „Gemeindeverbände“ gemäß § 51 Abs. 1 VerfGGBbg im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren beteiligtenfähig (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 19. Mai 1994 – VfGBbg 9/93 -, LVerfGE 2, 93 und vom 15. Oktober 1998 – VfGBbg 38/97 -, LVerfGE 9, 121).

3. Die Beschwerdeführer sind durch die Änderungen der Kostendeckungsregelung in § 4 Abs. 2 und 3 AG-BSHG sowie Art. 20 Nr. 1 b) und c) 2000 in der Fassung von Art. 6 HStrG 2002 selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Als örtliche Träger der Sozialhilfe gemäß § 96 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 1 Abs. 1 AG-BSHG fallen sie in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 und 3 AG-BSHG und sind in dieser Weise selbst Adressaten der in Frage stehenden Regelungen. Die Neuregelung des § 4 Abs. 2 AG-BSHG sowie die für die Zeit bis zum 31. Dezember 2005 geltende Übergangsregelung in Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 HStrG 2002 begrenzt die Kostenerstattungsansprüche der Beschwerdeführer und betrifft sie damit gegenwärtig und unmittelbar. Das hat letztlich auch für die erst ab dem 1. Januar 2006 anwendbare Regelung des § 4 Abs. 3 AG-BSHG i.d.F. des HStrG 2000 zu gelten. Zwar ist eine konkrete Bezifferung der Mehrbelastungen für die Zeit ab 2006 noch nicht möglich, weil ein gemäß § 3 Abs. 1 Landespflegegesetz (PflegeG) aufgestellter Landespflegeplan noch nicht vorliegt und deshalb die Anknüpfungs-Fallzahl noch nicht feststeht. Auch in dieser Hinsicht zeitigt das Gesetz für die betroffenen Landkreise aber schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt Wirkungen. Sie müssen sich auf die gegebenenfalls zu erwartenden finanziellen Folgen schon jetzt einstellen. Derartige Vorwirkungen begründen eine aktuelle („gegenwärtige“) und eine nicht nur faktische, sondern rechtliche („unmittelbare“) Betroffenheit (vgl. BVerfGE 77, 308, 326; 45, 104, 118; 38, 326, 335; vgl. ferner Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2000 – VfGBbg - 53/98, 3/99 -, LVerfGE Suppl.Bbg. zu Bd.11, 3, 21 f. = DVBl 2000, 981 = LKV 2000, 195 = NJ 2000, 195).

4. Soweit nach Art. 100 LV die kommunale Verfassungsbeschwerde nur mit der Behauptung erhoben werden kann, daß ein Gesetz des Landes das Recht auf Selbstverwaltung nach der Landesverfassung verletze, ist das sich daraus ergebende Zulässigkeitserfordernis erfüllt. Das Landesverfassungsgericht hat bereits in seiner sog. Falkensee-Entscheidung (Urteil vom 18.12.1997 – VfGBbg 47/96 -, LVerfGE 7, 144, 155 = LKV 1998, 195 = DÖV 1998, 336) ausgeführt:

„Gemeindliche Selbstverwaltung bedeutet eigenverantwortliche Wahrnehmung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (...). Der Gewährleistung einer eigenverantwortlichen – auch angemessene Handlungs- und Gestaltungsspielräume gewährenden – Wahrnehmung dieser Angelegenheiten dient die gemeindliche Finanzhoheit (vgl. etwa BVerfGE 71, 25, 36; 26, 228, 244). In diesem Sinne umfaßt die kommunale Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung (so ausdrücklich Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG). Art. 97 Abs. 3 Satz 1 LV, demzufolge das Land Festlegungen über die Deckung der Kosten zu treffen hat, wenn es die Kommunen verpflichtet, Angelegenheiten des Landes wahrzunehmen, ist in diesem Zusammenhang zu sehen: Die Bestimmung konkretisiert die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung von der Finanzierungsseite her (vgl. BVerfGE 71, 25, 38); sie will dazu beitragen, daß der finanzielle Spielraum der Gemeinden für Selbstverwaltungsangelegenheiten durch die Verpflichtung zur Wahrnehmung von Angelegenheiten des Landes nicht verloren geht. Von daher kann eine mögliche Verletzung der landesverfassungsrechtlichen Verpflichtung zu einer gleichzeitigen Kostendeckungsregelung, wie sie Art. 97 Abs. 3 Satz 1 LV vorgibt, eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie bedeuten.“

Diese Ausführungen gelten nach der Neufassung des Art. 97 Abs. 3 LV durch Gesetz vom 7. April 1999 (GVBl. I S. 98) unverändert.

Es erscheint auch nicht von vornherein ausgeschlossen, daß eine Verletzung der in diesem Sinne verstandenen Selbstverwaltungsgarantie vorliegt. Zwar könnte in bezug auf § 4 Abs. 2 AG-BSHG fraglich sein, ob die Änderung der Kostendeckungsregelung zu einer für die Landkreise ungünstigeren Rechtslage führt, wenn man mit der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs zum HStrG 2000 davon ausginge, daß eine 93%ige Kostenerstattung durch das Land den örtlichen Trägern der Sozialhilfe einen Vorteil bringe, „weil sie den durch Obergrenzen gedeckelten stationären Bereich besser beeinflussen“ könnten und „weil sie künftig eine Kostenerstattung für den Bereich erhalten, den sie bisher allein finanzieren mußten“ (vgl. LTDrs 3/810, S. 63). Ungeachtet dessen gibt hier jedoch den Ausschlag, daß die geänderten Kostenerstattungsregelungen, wovon letztlich auch der Gesetzgeber ausgegangen ist, jedenfalls eine Verminderung des Kostenerstattungsvolumens im Verhältnis zu der früheren Rechtslage zur Folge haben. Ausweislich der amtlichen Begründung führen die neuen Kostenerstattungsvorschriften zu einer Absenkung des Kostenerstattungsvolumens von den im Haushaltsplan vorgesehenen 441.913 TDM auf 435.552 TDM für das Jahr 2000 und von 435.949 TDM auf 430.852 TDM für das Jahr 2001 (vgl. LTDrs 3/810, S. 63 f.). Auch bei der Vorausschätzung innerhalb der Finanzplanung für die Jahre 2002 bis 2005 ergeben sich jeweils niedrigere Kostenerstattungsbeträge (vgl. LTDrs 3/810, S. 64). Für die verfahrensgegenständlichen Kostendeckungsregelungen in § 4 Abs. 2 und 3 AG-BSHG sowie Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 HStrG 2002 macht der Beschwerdeführer zu 1) auch individuell eine Verringerung der ihm zufließenden Kostenerstattung geltend; der Beschwerdeführer zu 2) wendet sich allein gegen § 4 Abs. 3 AG-BSHG und die Übergangsregelung in Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 HStrG 2002 , und macht hierzu geltend, daß sich diesbezüglich für ihn eine Unterdeckung ergebe.

5. Das Erfordernis der Rechtswegerschöpfung gilt in dieser Form nicht für die Kommunalverfassungsbeschwerde. Da Kommunen keine Möglichkeit haben, fachgerichtliche Entscheidungen mit der Behauptung anzugreifen, das zugrundeliegende Gesetz verletze ihr Recht auf Selbstverwaltung, können sie im allgemeinen nicht darauf verwiesen werden, vor Erhebung der Kommunalverfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen etwaige Einzelakte in Anspruch zu nehmen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20.1.2000 – VfGBbg 53/98, 3/99 -, a.a.O. S. 29). Soweit eine unmittelbar gegen gesetzliche Vorschriften gerichtete kommunale Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität unzulässig sein kann, wenn der Beschwerdeführer in zumutbarer Weise einen wirkungsvollen Rechtsschutz zunächst durch Anrufung der Fachgerichte erlangen kann (vgl. etwa BVerfGE 75, 246, 263, m.w.N.), steht dies hier der Zulässigkeit der Kommunalverfassungsbeschwerde ebenfalls nicht entgegen. Angesichts des eindeutigen Inhalts der angefochtenen Kostenerstattungsregelungen der § 4 Abs. 2 und 3 AG-BSHG i.d.F. des HStrG 2000 und der Übergangsregelung des Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung des HStrG 2002 verspräche der Weg vor die Fachgerichte mit dem Ziel der Erlangung einer höheren Kostenerstattung von vornherein keinen Erfolg.

6. Die Jahresfrist des § 51 Abs. 2 VerfGGBbg ist gewahrt. Das HStrG 2000 ist gemäß Art. 22 Satz 3 in seinem hier interessierenden Teil am Tage nach der Verkündung, mithin am 1. Juli 2000 in Kraft getreten. Die nach § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB zu bestimmende Frist endete, da der 30. Juni 2001 ein Samstag war, am darauffolgenden Montag. Die am Montag, dem 2. Juli 2001, eingegangene kommunale Verfassungsbeschwerde ist damit fristgemäß erhoben worden (§ 13 Abs. 1 VerfGGBbg i.V.m. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO). Die Jahresfrist ist auch für das HStrG 2002 gewahrt.

II.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist begründet.
1. Maßstab der verfassungsgerichtlichen Überprüfung ist, und zwar für sämtliche angefochtenen Vorschriften, Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV in der Fassung vom 7. April 1999 (GVBl. I, S. 98). Werden danach die Gemeinden und Gemeindeverbände in der Zeit nach dem Inkrafttreten der Verfassungsänderung vom 7. April 1999 (siehe Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg und des Verfassungsgerichtsgesetzes Brandenburg vom 7. April 1999) durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zur Erfüllung neuer öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.

a) Bei den verfahrensgegenständlichen Aufgaben nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 und 5 BSHG handelt es sich um neue öffentliche Aufgaben im Sinne des Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV.

aa) Hinsichtlich der durch § 2 Abs. 2 AG-BSHG in der Fassung des Haushaltstrukturgesetzes 2000 erstmals der Zuständigkeit der örtlichen Träger der Sozialhilfe für den Teilbereich der Nichtseßhaftenhilfe zugewiesenen Aufgabe nach § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG, wenn die Hilfe dazu bestimmt ist, Nichtseßhafte seßhaft zu machen, steht die Anwendbarkeit des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV auch nach Ansicht der Landesregierung außer Frage. Es handelt sich um eine Aufgabe, für die nach § 2 a Abs. 2 Nr. 1 AG-BSHG in der Fassung des 2. BrgFRG bisher das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig war.

bb) Art. 97 Abs. 3 n.F. LV greift auch in bezug auf die Hilfen nach § 72 BSHG Platz, die nicht dazu bestimmt sind, Nichtseßhafte seßhaft zu machen und für die – was in der Stellungnahme der Landesregierung offenbar übersehen wird -bereits vor dem Erlaß des Art. 6 Nr. 1 HStrG 2000 nach dem mangels anderweitiger Regelung im Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes insoweit zur Anwendung kommenden Grundsatz des § 2 Abs. 1 AG-BSHG der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig war. Ist eine zuvor – wie hier gemäß § 1 Abs. 1, 2. Halbsatz AG-BSHG - als (pflichtige) Selbstverwaltungsangelegenheit wahrgenommene Aufgabe fortan als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahrzunehmen (gemäß § 2 Abs. 2 AG-BSHG in der Fassung des Art. 6 Nr. 1 HStrG 2000), handelt es sich bei einer am Sinn und Zweck orientierten Auslegung um die Verpflichtung zur Erfüllung einer neuen öffentlichen Aufgabe i.S.d. Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV. Durch das staatliche Weisungsrecht erweitert sich die zuvor nur das „Ob“ der Aufgabenerfüllung erfassende Inanspruchnahme der Kommunen auf das „Wie“ der Aufgabenerfüllung und unterwirft die Verwendung der kommunalen Mittel damit einer zusätzlichen Bindung (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996 – VfGBbg 5/95 -,LVerfGE 5, 79).

cc) Entgegen der Auffassung der Landesregierung ist Art. 97 Abs. 3 LV in der durch das Gesetz vom 7. April 1999 geänderten Fassung Prüfungsmaßstab auch für die Kostenregelungen bezüglich der den örtlichen Trägern der Sozialhilfe übertragenen Aufgaben nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG (Eingliederungshilfe für Behinderte und Hilfe zur Pflege). Auch insoweit folgt aus Art. 97 Abs. 3 n.F. LV, daß „ein entsprechender finanzieller Ausgleich“ zu schaffen ist.

(1) Zwar haben im Land Brandenburg die örtlichen Träger der Sozialhilfe die hier in Frage stehenden Aufgaben bereits seit Inkrafttreten des 2. BrbFRG wahrgenommen. Den Beschwerdeführern und dem Landkreistag kann auch nicht darin gefolgt werden, daß Art. 97 Abs. 3 n.F. LV im Falle von bereits vor der Verfassungsänderung übertragenen Aufgaben auf auch nur die Kostenerstattung betreffende Regelungen ohne weiteres anwendbar sei. Einer dahingehenden Auslegung steht bereits der Wortlaut des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV entgegen. Danach sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen, wenn die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz zur Erfüllung neuer öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden. Die Verfassung unterscheidet mithin sprachlich zwischen der Aufgabenübertragung, d.h. der Begründung sachlicher Zuständigkeiten, und der Regelung über die Deckung der sich aus der Wahrnehmung der neuen Zuständigkeit ergebenden Kosten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann auch der Entstehungsgeschichte des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV nicht klar genug entnommen werden, daß bei bereits früher übertragenen Aufgaben auch nur die Kostenerstattung betreffende Regelungen an der Neufassung der Verfassungsbestimmung zu messen seien. Der anläßlich der Änderung des Art. 97 Abs. 3 LV ergangene Beschluß des Landtages vom 18. März 1999 (LTDrs 2/6179-B) gibt dafür nicht genügend her. Diesem Beschluß zufolge soll die Ausgleichzahlung nach Maßgabe des neugefaßten Art. 97 Abs. 3 LV auch dann erfolgen, wenn die Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmte Aufgaben schon wahrnehmen, aber die Standards der Aufgabenerfüllung erhöht werden. Mit „Standarderhöhung“ sollten indes offenbar Fälle einer anspruchsvolleren und dadurch Mehraufwand bedingenden gesetzgeberischen Beschreibung der nämlichen Aufgabe erfaßt werden. Wäre auch schon eine bloße Änderung der Kostenerstattungsregelung gemeint gewesen, hätte es - auch angesichts der sonstigen Ausführlichkeit der „Erläuterungen“ zu Art. 97 Abs. 3 in dem Beschluß des Landtages vom 18. März 1999 nahegelegen, dies klar zum Ausdruck zu bringen. Der Landtagsbeschluß liefert hiernach keinen hinreichenden Anhalt dafür, daß Mehrbelastungen der Kommunen durch Änderung der Kostenerstattungssystematik als Fallgruppe miteinbezogen sein sollten.

Auf der anderen Seite trifft aber auch die von der Landesregierung vertretene Gegenauffassung nicht zu, daß die Entstehungsgeschichte der Neufassung des Art. 97 Abs. 3 LV ergebe, daß an eine - Mehrbelastungen der Kommunen auslösende - gesetzliche Neukonzeption der Kostenregelung der geänderte verfassungsrechtliche Maßstab nicht anzulegen sei. Freilich geht die letztlich beschlossene Fassung des Art. 97 Abs. 3 LV, die für das Konnexitätsprinzip auf „neue“ öffentliche Aufgaben abstellt, auf einen Änderungsvorschlag der Fraktion der SPD zurück, zu dessen Begründung ausgeführt wurde, daß die Regelung nur für zukünftige Aufgabenübertragungen gelten solle; um dies sicherzustellen, spreche Satz 2 von „neuen öffentlichen Aufgaben“, zu denen die Gemeinden verpflichtet „werden“ (vgl. Anlage zum Ausschußprotokoll 2/1202 zur Sitzung des Innenausschusses vom 4. März 1999). Entgegen der weitergehenden Interpretation der Landesregierung ist diese Änderung jedoch nur als Reaktion auf die von dem Sachverständigen Prof. Dr. H. geäußerte Auffassung zu verstehen, daß nach der zunächst vorgesehenen Fassung „jede Kostentragungspflicht auf frühere Übertragungen von Aufgaben“ zurückwirke, da es „nicht auf den Übertragungsakt, sondern auf den Ausführungsakt“ ankomme (Ausschußprotokoll 2/1052, S. 29). Durch die Formulierung „neue öffentliche Aufgaben“ in Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV, ferner durch die „Inkrafttretensregelung“ in Art. 3 Abs. 2 des verfassungsändernden Gesetzes, wonach die Neuregelung nur für Aufgaben gilt, „zu deren Erfüllung die Gemeinden und Gemeindeverbände nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verpflichtet werden“, sowie auch durch den als „Auslegungshilfe“ gedachten Beschluß des Landtages vom 18. März 1999 (LTDrs 2/6179-B) sollte demgegenüber sichergestellt werden, daß kein Anspruch „auf Rückerstattung von Kosten für bereits übertragene Aufgaben“ bestehe (so etwa die Abg. Frau Dettmann [SPD] in der Sitzung des Ausschusses für Inneres vom 4. März 1999, Ausschußprotokoll 2/1202, S. 8, vgl. auch Begründung des Änderungsvorschlages der SPD-Fraktion: nur für „zukünftige Entscheidungen“ des Gesetzgebers, a.a.O., S.2). Die vorliegend zu entscheidende Frage, ob eine zu Mehrbelastungen der Kommunen führende Änderung von Kostenerstattungsregelungen bei bereits wahrgenommenen Aufgaben von Art. 97 Abs. 3 n.F. LV erfaßt wird, ist anderer Art und im Gesetzgebungsverfahren nicht thematisiert worden. Für diese Frage bleibt die Entstehungsgeschichte der Neufassung des Art. 97 Abs. 3 LV insgesamt unergiebig.

(2) Art. 97 Abs. 3 LV kommt in der durch das Gesetz vom 7. April 1999 geänderten Fassung aber deshalb als Prüfungsmaßstab auch für die Kostenerstattungsregelungen bezüglich der den örtlichen Trägern der Sozialhilfe übertragenen Aufgabe nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG (Eingliederungshilfe für Behinderte und Hilfe zur Pflege) zur Anwendung, weil durch das Haushaltsstrukturgesetz 2000 selbst eine neuerliche Übertragung bereits früher von den Landkreisen und kreisfreien Städten wahrgenommenen Aufgaben erfolgt ist. Der Gesetzgeber hat die (um eine weitere Aufgabe ergänzte) Aufgabenübertragungsnorm des § 2 Abs. 2 AG-BSHG durch das Haushaltsstrukturgesetz 2000 - und somit nach Inkrafttreten der Verfassungsänderung – insgesamt erneut in seinen Willen aufgenommen. Das erkennende Gericht hat bereits in seinem Urteil vom 18. Dezember 1997 (VfGBbg 47/96, a.a.O.) ausgeführt, daß eine erneute, die bisherige Aufgabenübertragung ablösende Aufgabenübertragung auch dann anzunehmen sei, wenn eine neue Rechtsgrundlage für eine schon vorher – im damaligen Fall: vor Inkrafttreten der Verfassung - wahrgenommene Aufgabe geschaffen wird (LVerfGE 7, 144, 158). Dem Inkrafttreten der Verfassung ist eine Änderung der maßgeblichen Verfassungsbestimmung gleichzustellen. Ein wesentlicher Unterschied zu der dem erwähnten Urteil zugrundeliegenden Konstellation ist auch nicht darin zu sehen, daß hier § 2 Abs. 2 AG-BSHG als Rechtsgrundlage für die Aufgabenübertragung nicht vollständig ersetzt, sondern lediglich in bezug auf eine einzelne Aufgabe (nach § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG) ergänzt worden ist. Der konkrete Bestätigungswille des Gesetzgebers ergibt sich sowohl aus dem engen sachlichen Zusammenhang zwischen den bereits übertragenen Aufgaben nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG und der hinzugekommenen Aufgabe nach § 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG als auch aus der durchgreifenden, auf das Verhalten bei der Wahrnehmung der Aufgabe Einfluß nehmenden Änderung der gesamten Kostenerstattungssystematik bezüglich der Aufgaben nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 BSHG. Die in Frage stehenden Regelungen bedeuten nicht allein eine neue Art und Weise der Kostenerstattung, sondern betreffen die Aufgabenerfüllung selbst, die anders und kostensparender abgewickelt werden soll. Die Landesregierung räumt ihrerseits ein, durch die Änderung des AG-BSHG sei die Stärkung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ „beabsichtigt“ (vgl. Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Domres, LTDrs 3/3053).

Die hier vorgenommene Einordnung als neuerliche Aufgabenübertragung entspricht auch dem Normzweck des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV. Insoweit hat das Verfassungsgericht bereits in der Falkensee-Entscheidung zu Art. 97 Abs. 3 a.F. LV ausgeführt (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1997 – VfGBbg 47/96 -, LVerfGE 7, 144, 158 f.):

„Kostendeckung ist kein sich mit der Übertragung der Aufgabe erledigendes einmaliges Ereignis, sondern ein fortlaufender Prozeß. Nach dem Sinn und Zweck des Art. 97 Abs. 3 Satz 1 LV greift es zu kurz, die Pflicht zu Festlegungen über die Kostendeckung ausschließlich an den Übertragungsakt zu knüpfen. Dabei bliebe außer acht, daß die übertragene Aufgabe sich mit dem Übertragungsakt keineswegs erledigt, sondern fortlaufende Kosten nach sich zu ziehen pflegt. Der Schwerpunkt der Kostenbelastung liegt in der fortlaufenden Bewältigung der Aufgabe (...). Dem Schutzzweck des Art. 97 Abs. 3 Satz 1 entsprechend müssen für diese fortlaufend anfallenden Kosten Festlegungen über die Deckung bestehen“.

Mit dieser funktionalen Betrachtungsweise wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Gesetzgeber eine bestehende – den Anforderungen des strikten Konnexitätsprinzips genügende - Kostenerstattungsregelung unter Ausnutzung der zum Zeitpunkt der erstmaligen Übertragung der Aufgabe bestehenden Verfassungsrechtslage (hier: relatives Konnexitätsprinzip) zu Lasten der Kommunen verändern dürfte. Dem strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV ist nach seinem Sinn und Zweck auch ein Verschlechterungsverbot im Vergleich zum status quo und bezogen auf die einzelne Aufgabe zu entnehmen. Da Art. 97 Abs. 3 n.F. LV für das (strikte) Konnexitätsprinzip (nur) auf „neue“ öffentliche Aufgaben abstellt, braucht der Gesetzgeber zwar nicht von Verfassungs wegen tätig zu werden, um die Kostenerstattungsregelungen für bereits früher übertragene Aufgaben dem strikten Konnexitätsprinzip anzupassen. Entschließt er sich jedoch zu einer Änderung der Kostenregelung – um so mehr, wenn er dabei auf eine veränderte Aufgabenwahrnehmung abzielt -, darf er nicht hinter das bereits erreichte Niveau der Kostenerstattung zurückfallen.

2.a) Nach Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV ist ein „entsprechender finanzieller Ausgleich“ zu schaffen, wenn die wahrzunehmenden neuen öffentlichen Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Gemeindeverbände führen. Die Verfassungsbestimmung gebietet damit grundsätzlich eine vollständige und finanzkraftunabhängige Erstattung der den Kommunen durch die Aufgabenübertragung entstehenden Mehrbelastungen durch das Land. Soweit das erkennende Gericht in dem Urteil vom 18. Dezember 1997 – VfGBbg 47/96 – ausgeführt hat, daß Art. 97 Abs. 3 Satz 1 LV „keine vollständige Erstattung der bei den Kommunen für die Durchführung übertragener Aufgaben anfallenden Kosten durch das Land“ vorschreibe (LVerfGE 7, 144, Leitsatz 5), galt dies für die frühere Fassung der Verfassungsbestimmung („Das Land kann die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz verpflichten, Angelegenheiten des Landes wahrzunehmen, wenn gleichzeitig Festlegungen über die Deckung der Kosten getroffen werden.“). Mit der Neufassung des Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV hat sich der Verfassungsgeber hingegen – wie die Verfassungen der Länder Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein - für das sog. strikte Konnexitätsprinzip entschieden. In der Formulierung, daß ein „entsprechender“ finanzieller Ausgleich zu schaffen ist, kommt zum Ausdruck, daß ein bloß „angemessener“ Ausgleich im Sinne eines sog. relativen Konnexitätsprinzips nicht ausreicht (vgl. BadWürttStGH, LVerfGE 9, 3, 15, zu Art. 71 Abs. 3 Satz 3 BadWürttVerf.; Huber/Storr, Der kommunale Finanzausgleich als Verfassungsproblem, 1999, S. 70). Das gilt nach ihrem Sinn und Zweck auch für die Neufassung des Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV. Die Regelung trägt als Ausdruck des Verursacherprinzips dem Gedanken Rechnung, daß das Land für einen Ausgleich derjenigen Mehrlasten Sorge zu tragen hat, die den Gemeinden und Gemeindeverbänden in der Folge einer Aufgabenübertragung erwachsen (BadWürttStGH, a.a.O., S. 13). Es soll verhindert werden, daß infolge der Übertragung von Pflichtaufgaben der Spielraum für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben unangemessen verengt und damit die Eigenverantwortlichkeit von der finanziellen Seite her ausgehöhlt wird. Eine finanzielle Belastung durch die Wahrnehmung von übertragenen Aufgaben soll vermieden werden (vgl. SächsVerfGH, LKV 2001, 223, zu Art. 85 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 SächsVerf.).

b) Hinsichtlich der Ausgestaltung der durch das strikte Konnexitätsprinzip geforderten Kostenerstattung im Einzelnen hat sich das erkennende Gericht bisher nicht festgelegt. In dem Urteil vom 20. September 2001 (VfGBbg 57/00) hat es lediglich obiter ausgeführt, daß der Ausgleich, etwa bei – typisierend betrachtet – kommunalpolitischem Interesse der Kommunen an der Übernahme der Aufgabe unter dem Gesichtspunkt der Bürgerbetreuung „vor Ort“ – möglicherweise nicht notwendig bei 100 % zu liegen braucht und bis zu einem gewissen Grade auch die gleichzeitige Rückführung anderweitiger Aufgaben oder Standards oder die Eröffnung neuer Einnahmen (Gebühren) zu einem „entsprechenden finanziellen Ausgleich“ i. S. von Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV beitragen können mag. In der Tat besagt der Grundsatz, daß das strikte Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 LV die Schaffung eines vollständigen und finanzkraftunabhängigen Mehrbelastungsausgleichs verlangt, noch nichts darüber, auf welche Weise die erforderliche Ausgleichsregelung herbeizuführen sei (vgl. SächsVerfGH, a.a.O., zu Art. 85 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 SächsVerf.). Wie auch in der – sich von der „Erstattung“ abgrenzenden – Wortwahl „Ausgleich“ in Art. 97 Abs. 3 LV zum Ausdruck kommt, ist der Gesetzgeber deshalb nicht daran gehindert, statt einer auf den Pfennig genauen Abrechnung eine Kostenerstattungsregelung in typisierender und pauschalierender Form zu treffen, indem etwa statt einer zeitraubenden und unsicheren Ermittlung der konkreten Ausgabensituation ein Rückgriff auf generelle Erfahrungswerte erfolgt. Innerhalb seines Gestaltungsspielraums darf der Gesetzgeber auch ein Erstattungskonzept verfolgen, das über besondere Anreize für wirtschaftlichen und sparsamen Gesetzesvollzug eine kostensenkende Wirkung entfaltet. Ein derartiges Erstattungssystem darf sich allerdings nicht in der bloßen Festschreibung einer Eigenbeteiligung oder absoluter Obergrenzen erschöpfen. Auch soweit das erkennende Gericht in dem Urteil vom 18. Dezember 1997 (LVerfGE 7, 144, 162) davon ausgegangen ist, daß eine Heranziehung der Kommunen zu den Verwaltungskosten nicht verwehrt sei, weil sich die Kommunen auch bei der Wahrnehmung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises im Rahmen ihrer Organisationshoheit bewegten und die Höhe der Verwaltungskosten von etwaigen Fehlentscheidungen einerseits und dem verwaltungsorganisatorischen Geschick und der Tüchtigkeit der jeweiligen kommunalen Verantwortungsträger andererseits mit beeinflußt würden, können diese auf Art. 97 Abs. 3 a.F. bezogenen Erwägungen auf das strikte Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV nicht ohne weiteres übertragen werden. Eine pauschalierende und Kostensenkungspotentiale bei der Wahrnehmung der Aufgaben berücksichtigende Regelung ist vielmehr nach der nunmehr geltenden Verfassungsrechtslage nur insoweit zulässig, als jede einzelne betroffene Kommune die realistische und nicht nur theoretische Möglichkeit hat, durch zumutbare eigene Anstrengungen zu einem vollständigen Mehrbelastungsausgleich zu kommen.

Jedenfalls muß aber einer Pauschalierung eine vom Gesetzgeber vorzunehmende fundierte Prognose über die durch die Aufgabenübertragung bei den Kommunen verursachten notwendigen Kosten und ggf. ihre Beeinflußbarkeit durch die Kommunen zugrunde liegen (vgl. SächsVerfGH, a.a.O.). Art. 97 Abs. 3 n.F. LV verlangt vom Gesetzgeber, im Gesetzgebungsverfahren eine eigene Prognoseentscheidung zu treffen bzw. – bei Rückgriff auf anderweitige Erkenntnisse – eine eigenständige Überprüfung ihrer Übertragbarkeit unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse vorzunehmen und verpflichtet ihn diesbezüglich zu prozeduraler Sorgfalt. Diese Prognoseentscheidung unterliegt der verfassungsgerichtlichen Kontrolle, welche ihrerseits von der Art und ggf. den Besonderheiten der in Betracht zu ziehenden Umstände, den Möglichkeiten und Schwierigkeiten ihrer Prognostizierung und der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter abhängt (vgl. BVerfG, Beschluß vom 19. September 1996, NJW 1997, 247; zusammenfassend Urteil vom 1. März 1979, BVerfGE 50, 290, 332 f = NJW 1979, 699 = DVBl. 1979, 399 = DÖV 1979, 251). Daß sich eine fehlerfrei erstellte Prognose später nicht bewahrheitet, führt für sich genommen und unbeschadet der Frage der gesetzgeberischen Reaktionen für diesen Fall (vgl. dazu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18. Juni 1998 – VfGBbg 27/97 -, LVerfGE 8, 97, 174) noch nicht zur Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Kostendeckungsregelung. Erforderlich ist aber eine gründliche gesetzgeberische Befassung mit den tatsächlichen Grundlagen der Prognoseentscheidung unter Ausschöpfung der zugänglichen Erkenntnisquellen bei Berücksichtigung der Verhältnisse vor Ort. Dies setzt voraus, daß der Gesetzgeber die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen situationsgerecht ausgeschöpft und die voraussichtlichen Auswirkungen der Regelung so zuverlässig wie angesichts der Komplexität des jeweils zu regelnden Sachverhalts nur möglich abgeschätzt hat. Hierbei muß er realistisch einschätzen, ob und inwieweit die Gemeinden und Gemeindeverbände rechtlich und wirtschaftlich imstande sind, die bei der Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben entstehenden Kosten durch eigenverantwortliches Handeln zu beeinflussen (vgl. BadWürttStGH, a.a.O., S. 15; zur Rolle des Parlaments im Prozeß der Gesetzesfolgenabschätzung vgl. Grimm/Brocker, ZG 1999, 58 m.w.N.). Gestaltungsspielräume und Kostensenkungspotentiale bei den kommunalen Selbstverwaltungsträgern dürfen nicht abstrakt und gleichsam „ins Blaue hinein“ vorausgesetzt werden, sondern müssen im Einklang mit den tatsächlichen Gegebenheiten stehen. Besonderheiten ist angemessen Rechung zu tragen.

3. Ausgehend von diesen Maßstäben ist die angegriffene Kostenerstattungsregelung des § 4 Abs. 2 AG-BSHG mit dem strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV nicht vereinbar. Dabei kann offen bleiben, ob sich das Verfassungsgericht bei der Überprüfung der Prognose des Gesetzgebers im Bereich des Art. 97 Abs. 3 LV auf eine Vertretbarkeits- oder Evidenzkontrolle beschränkt oder eine intensivierte inhaltliche Kontrolle stattfindet. Die Prognoseentscheidung hält schon einer bloßen Vertretbarkeitskontrolle nicht stand.

a) Nach § 4 Abs. 2 AG-BSGH in der Fassung des Art. 6 Nr. 6 HStrG 2000 hat das Land den örtlichen Trägern zum Ausgleich der Kosten, die durch die Übertragung der sachlichen Zuständigkeit nach § 2 entstehen, insgesamt 93 vom Hundert der Nettoausgaben der örtlichen Träger der Sozialhilfe für die Eingliederungshilfe für Behinderte, die Hilfe zur Pflege und die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten mit Ausnahme der Ausgaben für Leistungen, die nicht als Einzelfallhilfe gewährt werden, zu erstatten. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LTDrs 3/810, S. 63) zielt die Neuregelung darauf ab, die Selbstverwaltung der Kommunen und die Einflußnahme auf die Finanzen innerhalb der Sozialhilfe zu stärken. Durch die Steuerung des Zuganges zu stationären Hilfen in Verbindung mit dem Aufbau ambulanter Strukturen sei es den örtlichen Trägern der Sozialhilfe möglich, wirksam zur Kostenbegrenzung beizutragen. Während die Einführung neuer (ambulanter) Strukturen bisher eine Änderung der Kostenzuständigkeit (zulasten der örtlichen Träger) mit sich gebracht habe, bleibe es nach der neuen Regelung bei einer 93%igen Kostenerstattung durch das Land. Dadurch sei der Wechsel von stationär nach ambulant künftig mit finanziellen Vorteilen statt mit Nachteilen verbunden.

b) Diese Erwägungen des Gesetzgebers sind im Ansatz nicht zu beanstanden. Bei der Bemessung der Kostenerstattung nach einem bestimmten Prozentsatz der gesamten Nettoausgaben für die (teil-)stationäre und ambulante Hilfe kann es sich, sofern ein den tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten gerecht werdender Prozentsatz gewählt ist, um eine auch mit dem strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV vereinbare Pauschalierung handeln. Ein solches Erstattungskonzept ist ggf. – unter der genannten Voraussetzung - geeignet, auf einen wirtschaftlichen und sparsamen Gesetzesvollzug hinzuwirken und durch Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Kommunen eine kostensenkende Wirkung zu entfalten. Durch die Zusammenfassung ambulanter und stationärer Hilfen in der Hand desselben Trägers in Verbindung mit der einheitlichen Kostenerstattung entfällt der Anreiz, allein aus Kostengründen ambulante durch stationäre Hilfe zu ersetzen, um auf diese Weise die Hilfe auf einen anderen Kostenträger zu verlagern. Diesem Anreiz entgegenzuwirken ist um so mehr gerechtfertigt, als der Sozialhilfeträger zu der - sehr kostenintensiven - stationären Unterbringung nur verpflichtet ist, wenn die Heimbetreuung erforderlich ist. Hierbei sind nicht nur die Hilfeempfänger und die Art ihrer Hilfebedürftigkeit in den Blick zu nehmen, sondern auch die konkreten örtlichen Verhältnisse. Die tatsächliche Möglichkeit einer ausreichenden ambulanten Versorgung oder von häuslicher Pflege hat damit unmittelbar Auswirkungen auf die Frage eines subjektiv-öffentlichen Rechtes auf stationäre Eingliederungshilfe und läßt diesen Anspruch ggf. entfallen. Hinzu kommt, daß den Kommunen durch die 93%-Regelung ein von mittelbaren finanziellen Vorgaben freier und flexibel einsetzbarer Betrag an die Hand gegeben wird, was ihrer Organisationshoheit letztlich förderlich sein kann (vgl. hierzu bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18.12.1997 – VfGBbg 47/96 -, LVerfGE 7, 144, 161) und ggf. der kommunalen Selbstverwaltung zugute kommt. Je genauer die Zweckbestimmung der zugewiesenen Mittel ist und je näher die Zuweisung am Erstattungsprinzip liegt, desto mehr werden die Möglichkeiten der Kommunen beschränkt, in dem durch Gesetz und Weisungen gezogenen Rahmen Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung eigenverantwortlich zu bestimmen (vgl. NdsStGH, DÖV 1995, 994, 996, DVBl. 1998, 185, 187, sowie NVwZ-RR 2001, 553, 554; BayVerfGH, NVwZ-RR 1998, 601, 606.

Auch daß das vom Gesetzgeber gewählte Konzept die Kostenerstattung für die übertragenen Aufgaben im Bereich der stationären Maßnahmen mit der Kostenerstattung für ambulante Maßnahmen und damit für eigene Aufgaben der Kommunen verbindet, ist im Ansatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den Ausführungen des erkennenden Gerichts in der Falkensee-Entscheidung ist zwar bei der Mittelzuweisung ein „gesonderter Ansatz für die übertragenen Aufgaben“ erforderlich, damit ausreichend kontrollierbar ist, wie weit die Gemeinden im Rahmen der Kostendeckung herangezogen werden (vgl. LVerfGE 7, 144, 158 f.). Da § 4 Abs. 2 AG-BSGH eine selbständige Regelung für den Ausgleich der Kosten, die den örtlichen Trägern der Sozialhilfe durch die Übertragung der sachlichen Zuständigkeit nach § 2 AG-BSHG entstehen, enthält, ist hier aber jedenfalls insoweit dem Gebot der Transparenz (vgl. hierzu: NdsStGH, NVwZ-RR 2001, 553, 554) Genüge getan. Fraglich ist allein, ob der Gesetzgeber für die Kosten, die den Kommunen bei der Wahrnehmung übertragener Aufgaben entstehen, einen ausreichenden, den Anforderungen des strikten Konnexitätsprinzips genügenden „entsprechenden finanziellen Ausgleich“ geschaffen hat. Hierzu gilt:

Daß nach der Planung des Gesetzgebers - wie sich aus den für die Kostenerstattung im Haushaltsplan 2000/2001 (Band VIII, Einzelplan 07, Kapitel 07070, Titel 64370234, S. 96, 97) veranschlagten Zahlen ergibt – per Saldo eine Kostenverlagerung auf die Landkreise erfolgt und § 4 Abs. 2 AG-BSHG die dem einzelnen Träger tatsächlich entstehenden Kosten u.U. nicht vollständig ausgleicht, stellt für sich genommen insofern noch keinen Verstoß gegen das strikte Konnexitätsprinzip dar, als die höheren Kosten auf fehlende Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Aufgabenwahrnehmung zurückzuführen sind und der Gesetzgeber die Kosteneinsparungspotentiale der Kommunen an sich zutreffend oder doch hinreichend plausibel eingeschätzt hat. Von daher ist das Vorbringen des Beschwerdeführers zu 1), er müsse aufgrund der Neuregelung im Jahr 2000 etwa 500.000 DM selbst tragen, für sich allein nicht entscheidend, weil eine solche Mehrbelastung ihren Grund auch in mangelnder Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Art der Aufgabenwahrnehmung finden kann.

Der als solcher verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Anreiz zur Kostensenkung wird auch nicht – wie der Landkreistag meint - dadurch entscheidend in Frage gestellt, daß die Höhe der ebenfalls zu 93 % ausgeglichenen Kosten für ambulante Leistungen nicht zwingend in einem Zusammenhang mit der jeweiligen Fallzahl steht. § 4 Abs. 2 AG-BSHG stellt – anders als § 4 Abs. 3 AG-BSHG - nicht auf Fallzahlen, sondern auf die Nettoausgaben ab. Gewisse Unschärfen liegen im Wesen pauschalierender Regelungen und sind hinzunehmen.

c) Unbeschadet dessen hat nach Lage des Falles § 4 Abs.2 AG-BSHG vor der Landesverfassung keinen Bestand. Es fehlt an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden situationsgerechten Prognose zu den Auswirkungen der Regelung auf die Haushalte der Landkreise und kreisfreien Städte. Außer Betracht zu bleiben hat hierbei, daß der Gesetzgeber – wie sich aus der amtlichen Begründung für das Haushaltsstrukturgesetz 2002 ergibt (vgl. LTDrs 3/3230, S. 13 ff.)- inzwischen offenbar selbst davon ausgeht, daß die dem Haushaltsstrukturgesetz 2000 zugrundeliegenden Annahmen zur Fallzahlen- und Kostenentwicklung teilweise unzutreffend gewesen sind. Denn daß sich eine zunächst fehlerfrei erstellte Prognose später nicht bewahrheitet, führt – wie dargelegt - für sich allein noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Kostendeckungsregelung. Maßgeblich für die verfassungsrechtliche Überprüfung ist grundsätzlich die - auf den Zeitpunkt der Aufgabenübertragung abstellende – Prognose zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsakts (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 23. November 2000, LKV 2001, 223, 225; ablehnend: Meyer, LKV 2001, 297, 298). Vorliegend aber war die Aufgaben- und Kostenanalyse bereits zum Zeitpunkt der Prognose des Gesetzgebers unvollständig. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LTDrs 3/810, S. 68) wird zu der Festlegung einer 93%igen Kostenerstattung in § 4 Abs. 2 AG-BSHG lediglich ausgeführt, daß der Erstattungssatz auf das Verhältnis der Nettoausgaben der genannten Hilfearten im ambulanten Bereich einerseits und im stationären Bereich andererseits zurückgreife. Nach der Sozialhilfestatistik von 1998 (letzte vorliegende amtliche Statistik) betrage das Verhältnis zwischen den o.a. Hilfen innerhalb und außerhalb (teil-)stationärer Einrichtungen bundesweit und in den alten Bundesländern durchschnittlich 92 % zu 8 %. In den neuen Bundesländern betrage es durchschnittlich 93 % zu 7 % und in Brandenburg 95 % zu 5 %. Es werde unter diesen Umständen beim Erstattungssatz auf den Durchschnitt aller neuen Bundesländer abgehoben, weil davon auszugehen sei, daß die örtlichen Träger in Brandenburg in der Lage seien, künftig den Anteil der Hilfen außerhalb (teil-)stationärer Einrichtungen zu verstärken.

Diese Begründung läßt eine vertiefte Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Verhältnissen im Land Brandenburg vermissen. Es fehlt bereits an einer näheren Auseinandersetzung mit den Gründen dafür, daß der Anteil der stationären Hilfeleistung im Land Brandenburg höher ist als anderswo und mit der sich daran anschließenden Frage, ob und inwieweit sich dieser Zustand verantwortlicherweise beeinflussen läßt und ggf. ob und in welchen Zeiträumen dies möglich ist. Eine Analyse der Auswirkungen der demografischen Entwicklung im allgemeinen und im Land Brandenburg im besonderen auf den zu erwartenden Bedarf an stationären Hilfen nach dem BSHG ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen, obwohl die sich abzeichnenden Veränderungen der Altersstruktur der Bevölkerung mit ihren tiefgreifenden Folgen auch im Bereich des Gesundheitssystems auf der Hand liegen. Sie hätten den Gesetzgeber zu einer über die aktuellen Durchschnittswerte hinausreichenden sorgfältigen Ermittlung und Abwägung veranlassen müssen. Sachverständigengutachten zum tatsächlichen Bedarf an stationären Hilfen und zu den – vor allem im Hinblick auf die Altersstruktur, aber auch auf Wanderungsbewegungen – in den nächsten Jahren zu erwartenden Veränderungen sind im Gesetzgebungsverfahren ausweislich der Materialien nicht eingeholt worden.

Der Gesetzgeber ist im übrigen selbst davon ausgegangen, daß die Gründe für die Zunahme der Fallzahlen bei der Eingliederungshilfe für Behinderte „zu einem erheblichen Teil in dem noch nicht vollzogenen Aufbau von ambulanten und teilstationären Strukturen im Land“ liegen (vgl. LTDrs 3/810, S. 55). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme, daß das durch die Neufassung der Kostenregelung angestrebte veränderte prozentuale Verhältnis zwischen den Nettoausgaben im ambulanten und stationären Bereich trotz der anstehenden strukturellen Veränderungen ohne längere Anpassungszeit – gewissermaßen „von jetzt auf gleich“ - erreicht werden könne, nicht plausibel. Soweit der Gesetzgeber das sich aus der letzten amtlichen Sozialhilfestatistik für die neuen Länder durchschnittlich ergebende Verhältnis von 93 % (stationäre Hilfen) zu 7 % (ambulante Hilfen) auf das Land Brandenburg übertragen hat, wo bisher ein Verhältnis von 95 % zu 5 % besteht, fehlt es an Überlegungen, ob aufgrund der demografischen Entwicklungen nicht auch in den anderen Bundesländern ein wachsender Bedarf für stationäre Hilfeleistungen zu erwarten steht. Weiter ist nicht ersichtlich, daß möglichen - teilweise sich durchaus aufdrängenden – Besonderheiten im Land Brandenburg nachgegangen und Rechnung getragen worden ist. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (vgl. LTDrs 3/810, S. 59 f.) wird darauf hingewiesen, daß sich auf dem Gebiet des jetzigen Landes Brandenburg überproportional viele Einrichtungen der Behindertenhilfe befinden, in denen Hilfeempfänger aus anderen neuen Bundesländern – und wohl auch aus Berlin - Aufnahme gefunden haben. Zwar heißt es in der Gesetzesbegründung weiter, daß dieser aufgrund der Entwicklung in der DDR (Lokalisierung von Großeinrichtungen) erhöhte Anteil von behinderten Menschen aus anderen Teilen der DDR „mittel- bis langfristig“ zurückgehen werde. Auch werde aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts „kurzfristig“ ein Rückgang der Zahl der Fälle „erwartet“, bei denen die örtlichen Träger des Landes Brandenburg für die Gewährung der Eingliederungshilfe für Behinderte zuständig seien. In den Ist-Fallzahlen der Jahre 1997 bis 1999 und in der Ausgangslage für das Jahr 2000 seien mindestens 350 Fälle enthalten, für die nach Anwendung des o.a. Urteils ein örtlicher Träger außerhalb Brandenburgs zuständig wäre. Auch insoweit wird jedoch nicht berücksichtigt, daß entsprechende Anpassungen von den Kommunen nicht ohne Übergangsphase umgesetzt werden können.

Weiter ist im Gesetzgebungsverfahren namentlich von Seiten der kommunalen Spitzenverbände darauf hingewiesen worden, daß der mit 95 % sehr hohe Anteil stationärer Plätze in Brandenburg nicht zuletzt in der eigenen Verantwortung des Landes entstanden und vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen im Jahr 1999 als bedarfsgerecht anerkannt worden sei (vgl. die Stellungnahme von Frau Dr. Vorholz für den Landkreistag Brandenburg in der öffentlichen Anhörung zu Art. 6 HStrG 2000 vor dem Ausschuß für Haushalt und Finanzen am 5. Juni 2000, Ausschußprotokoll 3/128, S. 4). Zwar stand die zuvor erfolgte Schaffung stationärer Plätze einem Umsteuern des Gesetzgebers in die jetzt eingeschlagene Richtung nicht entgegen; das Land kann seinen politischen Gestaltungsspielraum nicht gleichsam verwirken. Es liegt jedoch auf der Hand, daß sich ein Abbau einmal belegter Plätze nicht von „jetzt auf gleich“ vollziehen läßt und erst allmählich über eine geänderte Aufnahmepraxis erreichbar ist. Auch dies ist, soweit aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich, nicht hinreichend bedacht worden. Ob und in welchem Umfang die jetzigen Bewohner der stationären Einrichtungen auf Dauer dort leben müssen oder wie viele von ihnen in ambulanter Weise betreut werden können, ist im Gesetzgebungsverfahren unerörtert geblieben. Daß sich der Gesetzgeber mit den im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Einwänden gegen eine kurzfristige Realisierbarkeit der angesteuerten Verlagerung in den ambulanten Bereich (vgl. die Stellungnahmen bei der Anhörung zu Art. 6 HStrG 2000 am 5. Juni 2000, Ausschußprotokoll 3/128) auseinandergesetzt und sie ggf. zum Anlaß einer erneuten Überprüfung seiner Prognose genommen hätte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr scheint er davon ausgegangen zu sein, daß eine „Aufrüstung“ im ambulanten Bereich gewissermaßen von selbst zu einem entsprechenden Fallzahlenrückgang im stationären Bereich führe.

Auch von den rechtlichen Rahmenbedingungen her ist eine Absenkung des Anteils stationärer Hilfen von derzeit 95 % auf 93 % nur schrittweise und nicht „ab sofort“ möglich. Ein Ermessensspielraum der örtlichen Träger der Sozialhilfe besteht nur in engen Grenzen. Bei den Leistungsansprüchen nach dem Bundessozialhilfegesetz handelt es sich überwiegend um Rechtsansprüche (vgl. allgemein § 4 Abs. 1 Satz 1 BSHG sowie im vorliegenden Zusammenhang § 39 Abs. 1 Satz 1 für die Eingliederungshilfe, § 68 Abs. 1 BSHG für die Hilfe zur Pflege und § 72 Abs. 1 Satz 1 BSHG für die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten), die vor den Verwaltungsgerichten durchgesetzt werden können. Inhaltlich werden die Entscheidungen der Träger der Sozialhilfe maßgeblich durch – dem Einfluß der örtlichen Träger der Sozialhilfe naturgemäß entzogene - ärztliche Gutachten zu Art und Grad der Behinderung determiniert. Der Entscheidung im Rahmen der Hilfe zur Pflege ist nach § 68 a BSHG die Entscheidung der Pflegekasse über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch zugrunde zu legen, soweit sie auf Tatsachen beruht, die bei beiden Entscheidungen zu berücksichtigen sind.

Die vom Gesetzgeber letztlich allein mit dem prozentualen Verhältnis zwischen den Kosten für stationäre und ambulante Hilfen in anderen Bundesländern begründete pauschalierende Kostenermittlung verzichtet mithin auf eine fundierte und situationsbezogene Bedarfsanalyse und berücksichtigt deshalb nicht ausreichend die tatsächlichen Auswirkungen, welche sich aus der Aufgabenerfüllung für die Haushalte der Landkreise und kreisfreien Städte ergeben. Damit erweisen sich die von dem Gesetzgeber angestellten Erwägungen als unvollständig und hat der Gesetzgeber den ihm ansonsten zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten. § 4 Abs. 2 AG-BSHG hält infolgedessen der Überprüfung am Maßstab des Art. 97 Abs. 3 LV nicht stand.

4. Mit Art. 97 Abs. 3 n.F. LV unvereinbar sind auch die Übergangsregelungen nach Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 HStrG 2002, wonach für die Platzzahlen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSHG ab dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2005 bestimmte Fallobergrenzen für die Eingliederungshilfe für Behinderte gelten. Auch insoweit fehlt es an einer fehlerfreien, auf gesicherter Basis erstellten Prognose über die Auswirkungen auf die Haushalte der Landkreise und kreisfreien Städte und die Beeinflußbarkeit der entsprechenden Kosten durch diese Träger vor dem Hintergrund des Konnexitätsprinzips (s. o. zu 3 c]). Dies gilt ebenso wie für die im Haushaltsstrukturgesetz 2000 ausgeworfenen auch für die durch das Haushaltsstrukturgesetz 2002 geänderten Zahlen. Zum einen hat sich der Gesetzgeber mit der tatsächlichen Entwicklung seither nicht vertieft auseinandergesetzt. Offensichtlich hat das verstärkte Angebot im ambulanten Bereich bisher nicht zu einer Verminderung der stationären Fallzahlen geführt. Zum anderen ist die Annahme des Gesetzgebers des HStrG 2002, bis zum Jahre 2005 sei gegenüber der zunächst geschaffenen Regelung ein noch verstärkter Abbau der stationären Plätze möglich, im Gesetzgebungsverfahren kaum begründet worden. Vielmehr heißt es in der amtlichen Begründung lediglich kursorisch, daß davon ausgegangen werde, daß durch ein verstärktes Angebot im ambulanten Bereich, insbesondere bei der Eingliederungshilfe für Behinderte, ein Abbau von stationären Fallzahlen „möglich sein“ „müßte“ (LTDrs 3/3230, S. 12). Die auf im Ganzen nicht nachvollziehbaren Angaben beruhende und deshalb verfassungsgerichtlich nicht überprüfbare Fallzahldeckelung ist mit der – nicht nur theoretischen – Gefahr verbunden, daß sie für die betreffenden Träger nicht genügend Raum läßt, um durch zumutbare eigene Anstrengungen einen vollständigen Mehrbelastungsausgleich zu erwirtschaften. Schon hiernach kommt es deshalb nicht darauf an, ob und wieweit die zunächst vorgelegten Schätzungen der Beschwerdeführer zugetroffen haben, wonach sich die aufgrund des Fallzahldeckels des Art. 20 Nr. 1b) HStrG 2000 a.F. bei der stationären Eingliederungshilfe für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2005 entstehenden nicht ausgeglichenen Belastungen bei dem Beschwerdeführer zu 1) auf rund 15,5 Millionen und bei dem Beschwerdeführer zu 2) auf rund 18,5 Millionen DM belaufen hätten, und wie sich die Änderung der Fallzahlobergrenzen durch das HStrG 2002 auf diese Berechnungen auswirkt.

Auch unabhängig davon ist die Festlegung von Fallzahlobergrenzen für die Kostenerstattung - anders als eine pauschalierende Regelung, wie sie § 4 Abs. 2 AG-BSHG zugrunde liegt – am Maßstab des strikten Konnexitätsprinzips schon im Grundsatz problematisch. Danach ist für übertragene Aufgaben nicht nur ein angemessener, sondern ein entsprechender Ausgleich vorzusehen. Die Verfassung verlangt damit eine Regelung, die auf einen vollständigen und nicht auf einen möglicherweise vollständigen Ausgleich abzielt (s.o. zu 2 a]; vgl. auch Schumacher, LKV 2000, 98, 102 und SächsVerfG, a.a.O., zum insoweit gleichlautenden Art. 85 Abs. 2 SächsVerf). Hiervon ausgehend ist – gemessen am strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 LV – eine Regelung mit festen Oberzahlen jedenfalls in der hier vorgenommenen Ausgestaltung verfehlt. Sie ist mit der Gefahr verbunden, daß die betroffenen Träger wegen einer übersteigenden Zahl von Hilfesuchenden mit Rechtsanspruch auf Hilfeleistung selbst bei kostenbewußter Handhabung Kosten teilweise nicht erstattet bekommen, sondern aus eigenen Mitteln bestreiten müssen. Ein bloßer Fallzahldeckel ist keine Pauschalierung. Weder vereinfacht eine solche Regelung den Verfahrensablauf noch stellt sie sich als die Eigenverantwortung der örtlichen Träger der Sozialhilfe bei der Kostenbegrenzung stärkender Anreiz dar. Eine sparsame und wirtschaftliche Aufgabenwahrnehmung kann bei dem in Art. 20 Nr. 1 b) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 des HStrG 2002 geregelten Fallzahldeckel nicht dazu führen, daß den örtlichen Trägern ggf. höhere Beträge erstattet werden als sie tatsächlich haben, so daß ihnen für diesen Fall nicht etwa ein von mittelbaren finanziellen Vorgaben freier und flexibel einsetzbarer Betrag verbleibt. Soweit die tatsächlichen Aufwendungen hinter den Fallzahlobergrenzen zurückbleiben, ergibt sich hieraus für den örtlichen Träger kein Vorteil. Bei über die Fallobergrenzen hinausgehenden Fällen hingegen fällt ein finanzieller Ausgleich vollständig aus. Eine solche einseitige Benachteiligung der kommunalen Selbstverwaltungsträger kann vor dem strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 LV keinen Bestand haben. Bezeichnenderweise spricht im übrigen ausweislich der Gesetzesbegründung zum HStrG 2002 auch die Landesregierung von der „Gefahr“, daß bei einem Überschreiten der Fallzahlobergrenzen die „Angemessenheit“ der Kostenerstattung nicht mehr gewahrt sei und für diesen Fall dem Konnexitätsprinzip nicht mehr entspreche (vgl. Drucksache 3/3230 S. 13).

An der hier vorgenommenen Beurteilung vermag auch die Möglichkeit einer Neubestimmung der Fallzahlobergrenzen gem. Art. 20 Nr. 3 HStrG 2000 in der Fassung des HStrG 2002 schon deshalb nichts zu ändern, weil diese Möglichkeit nur bei einem „erheblichen“ Abweichen der tatsächlichen Fallzahlen von Fallzahlobergrenzen besteht.

Ob etwas anderes für den Fall zu gelten hätte, daß die Fallobergrenzen so hoch angesetzt werden, daß eine Überschreitung nach menschlichem Ermessen („mit Sicherheit“) ausscheidet, kann offenbleiben, weil ein solcher Fall offensichtlich nicht in Frage steht. Nach der Regelung in Art. 20 Nr. 3 HStrG 2000 in der Fassung des HStrG 2002 geht der Gesetzgeber selbst davon aus, daß eine Überschreitung der Fallobergrenzen durchaus denkbar ist.

Eine andere Beurteilung einer mit landesweiten Fallobergrenzen arbeitenden Regelung könnte allerdings – vorausgesetzt, die Fallobergrenzen beruhen auf einer realistischen und überprüfbaren Prognose – Platz greifen, wenn der Gesetzgeber für den Fall, daß der örtliche Träger eine Überschreitung der aus der landesweiten Obergrenze auf ihn entfallenden Fallzahl auch bei kostenbewußter Wahrnehmung der Aufgaben nicht vermeiden kann, z.B. eine Härte- oder Ausgleichsregelung trifft, die dem betreffenden Träger bei Darlegung dessen unter zumutbaren Bedingungen zu einer vollen Kostenerstattung verhilft. Eine solche Regelung wäre, wenn die landesweite Obergrenze realitätsgerecht ist, aus dem an anderer Stelle erreichbaren Unterschreiten der Fallzahl finanzierbar. Ohne eine Regelung dieser Art – die das Verfassungsgericht aber nicht von sich aus treffen kann und deren nähere Ausgestaltung Sache des Gesetzgebers wäre – erweist sich die Übergangsregelung in Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung von Art. 6 HStrG 2002 als mit Art. 97 Abs. 3 LV unvereinbar und nichtig.

Die Möglichkeit der Anhebung oder Absenkung der auf die einzelnen örtlichen Träger entfallenden Anteile an der landesweiten Obergrenze nach § 4 Abs. 4 Sätze 4 bis 6 AG-BSHG stellt keine ausreichende Härte- oder Ausgleichsregelung in dem hier erörterten Sinne dar. Sie reicht schon deshalb nicht aus, weil es sich um eine Ermessensentscheidung letztlich der Exekutive handelt und der einzelne örtliche Träger eine solche Entscheidung nicht erzwingen kann. Darüber hinaus eröffnet eine Veränderung der Anteile nach dieser Regelung keine Abhilfemöglichkeit für den Fall, daß sich die landesweite Fallobergrenze als solche als nicht erreichbar erweist und deshalb auch bei einer Veränderung der Anteile der örtlichen Träger untereinander ein – gemeinsam zu tragendes – Defizit verbleibt.

5. a) Die ab 2006 anzuwendende Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSGH, wonach für die Aufgaben nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 des Bundessozialhilfegesetzes die Erstattung der Kosten für die einzelnen Hilfen insgesamt auf die Kosten begrenzt wird, die durch die Inanspruchnahme der Anzahl der Plätze entstehen, die sich aus den Planungen nach dem Landespflegegesetz ergeben, ist ebenfalls mit dem strikten Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV nicht vereinbar.

Die Regelung des Kostenausgleichs muß gewährleisten, daß für die Kommunen Berechnungssicherheit besteht, die eine hinreichende Planungs- und Finanzierungssicherheit eröffnet (vgl. SachsAnhVerfG, NVwZ-RR 1999, 96, 98). Dabei darf der die Aufgabenübertragung regelnde Gesetzgeber entsprechend der Schutzfunktion des Art. 97 Abs. 3 LV die Frage der Kostendeckung nicht letztlich der Exekutive überlassen (vgl. NWVerfGH, NVwZ 1997, 793, 796). Dies gilt für das Land Brandenburg unbeschadet dessen, daß zufolge Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV eine Aufgabenübertragung auch (nur) aufgrund eines Gesetzes möglich ist. Trifft der Gesetzgeber selbst eine Regelung, die dem Anwendungsbereich des Art. 97 Abs. 3 LV unterfällt, so sind auf gleicher Stufe, d.h. durch Gesetz, Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Eine Begrenzung der Kostenerstattung durch Festlegung von Platzzahlobergrenzen in einem – vom Sozialministerium im Einvernehmen mit den Landkreisen und kreisfreien Städten aufgestellten, inhaltlich in § 3 PflegeG nicht näher determinierten - Landespflegeplan ist deshalb schon aus formalen Gründen nicht zulässig. Letztlich überläßt der die Aufgabenübertragung regelnde Landesgesetzgeber damit die Frage der Kostendeckung der Exekutive. Dies wird der Schutzfunktion des Art. 97 Abs. 3 LV nicht gerecht. Da § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSGH selbst keine inhaltlichen Vorgaben für die Anzahl der sich aus den Planungen nach dem Landespflegegesetz ergebenden Plätze enthält, besteht für die Kommunen keine hinreichende Berechnungs-, Planungs- und Finanzierungssicherheit (vgl. SachsAnhVerfG, NVwZ-RR 1999, 96, 98).

b) Gleiches gilt für die ebenfalls ab 2006 geltende Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSGH, wonach das Land bei der Hilfe zur Pflege in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung die den Hilfebedürftigen gewährte Hilfe erstattet, soweit die Anzahl der von den Hilfebedürftigen in Anspruch genommenen Plätze 25 vom Hundert der sich nach Satz 1 ergebenden Planzahlen nicht übersteigt. Auch diesbezüglich ist eine Begrenzung der Kostenerstattung durch Festlegungen in einem von der Exekutive im Einvernehmen mit den kommunalen Selbstverwaltungsträgern aufgestellten und inhaltlich gesetzlich nicht determinierten Landespflegeplan mit der Schutzfunktion des Art. 97 Abs. 3 LV nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus stellt sich die Quote von 25 % als zu undifferenziert und damit als unzulässige Vereinfachung dar. Ausweislich des Gesetzentwurfs der Landesregierung (vgl. LTDrs 3/810, S. 68) wird diese Begrenzung mit der Inanspruchnahme von Sozialhilfe durch Bewohner von Altenpflegeheimen begründet, deren Anteil sich im ersten Halbjahr 1999 auf 20,8 % der Gesamtbelegung dieser Heime belaufen habe. Es ist nicht erkennbar, welche realistischen Kostensteuerungsimpulse von der Festsetzung einer derartigen - letztlich von der allgemeinen Entwicklung bei der Belegung von Heimplätzen abhängigen und daher von den örtlichen Trägern der Sozialhilfe allenfalls am Rande zu beeinflussenden – Quote ausgehen sollen. Die in § 4 Abs. 3 Satz 3, Abs. 5 vorgesehene Möglichkeit der Anpassung des Vom-Hundert-Satzes durch Rechtsverordnung, wenn sich das tatsächliche Verhältnis der Anzahl der in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung lebenden Sozialhilfeempfänger des Landes zur Gesamtanzahl der in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung lebenden Pflegebedürftigen im Land ändert, reicht als gesetzgeberische Vorkehrung nicht aus, da es sich um eine Kann-Vorschrift handelt und die Entscheidung über die Anpassung letztlich in die Hand der Exekutive gelegt wird.

III.

Abweichend von § 29 Abs. 2 Satz 3 Hs. 1 VerfGGBbg bestimmt das Gericht auf der Grundlage von § 29 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 VerfGGBbg, daß § 4 Abs. 2 AG-BSHG – unbeschadet der auch insoweit festgestellten Unvereinbarkeit mit der Landesverfassung – für die Haushaltsjahre 2000, 2001 und 2002 in Geltung bleibt. Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und der verläßlichen Haushaltswirtschaft stehen auch vorliegendenfalls einem Eingriff in das Haushaltsgefüge und Haushaltsrecht für die bereits abgelaufenen Haushaltsjahre entgegen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 1997 – VfGBbg 47/96 -, LVerfGE 7, 144, 163). Außerdem wird auf diese Weise vermieden, daß mit der Regelung des § 4 Abs. 2 AG-BSHG – anders als bei den Bestimmungen der Art. 20 Nr. 1 b) und c) HStrG 2000 in der Fassung des HStrG 2002 sowie § 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 AG-BSHG, die lediglich anspruchsbegrenzende Wirkung haben – zugleich die Rechtsgrundlage für den Ausgleich derjenigen Kosten wegfiele, die den örtlichen Trägern durch die Übertragung der sachlichen Zuständigkeit nach § 2 AG-BSHG entstehen. Der Gesetzgeber ist jedoch von Verfassungs wegen gehalten, spätestens für das Haushaltsjahr 2003 eine anderweitige Regelung der Kostenerstattung zu schaffen, die – u.U. auch zu § 4 Abs. 2 AG-BSHG durch eine Auffangregelung für den Fall, daß sich für einzelne Leistungsträger ein Ausgleichsdefizit ergibt - den Anforderungen des Art. 97 Abs. 3 n.F. LV gerecht wird.

IV.

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 2VerfGGBbg.

Dr. MackeDr. Dombert
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
Prof. Dr. Schröder Weisberg-Schwarz
Prof. Dr. Will