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VerfGBbg, Beschluss vom 22. September 2023 - VfGBbg 79/20 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Begründungsanforderungen
- rechtliches Gehör
- Ablehnung Beweisantrag
- Ersatzzustellung
- Gemeinschaftsunterkunft
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 22. September 2023 - VfGBbg 79/20 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 79/20




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 79/20

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

C.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:              Rechtsanwalt
                                                                 G.,

 

wegen

Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Oktober 2019 ‌‑ VG 6 K 602/19.A -‌; Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Juli 2020 ‌- OVG 12 N 229.19

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 22. September 2023

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 Gründe:

A.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen auf-enthaltsrechtliche Verwaltungsgerichtsentscheidungen im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Beweisantrags.

I.

Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Er stellte am 8. Mai 2018 in Deutschland einen Asylantrag.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lehnte den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 10. April 2019 als unzulässig ab. Laut Zustellungsurkunde der Deutschen Post AG wurde der Bescheid am 17. April 2019 einem zum Empfang ermächtigten Vertreter des Leiters der Gemeinschaftseinrichtung übergeben, weil die Postbedienstete den Beschwerdeführer in der Gemeinschaftseinrichtung nicht erreicht habe. Der Beschwerdeführer trägt demgegenüber vor, ihm sei der Bescheid erst am 7. Mai 2019 von einem Mitarbeiter der Gemeinschaftsunterkunft ausgehändigt worden.

Der Beschwerdeführer erhob am 13. Mai 2019 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) Klage (VG 6 K 602/19.A). In der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2019 beantragte sein Prozessbevollmächtigter eine Zeugenvernehmung zum Beweis der Tatsache, dass der oder die in der Postzustellungsurkunde bezeichnete Postbedienstete, der bzw. die am 17. April 2019 in der Gemeinschaftsunterkunft die Post zugestellt habe, die gesamte Post sofort nach Betreten der Gemeinschaftsunterkunft dem Wachpersonal übergeben, sich also nicht erkundigt habe, wo in der Gemeinschaftsunterkunft der Beschwerdeführer persönlich anzutreffen wäre, und sich deshalb nicht zu dessen Zimmer und auch nicht in Gemeinschaftsräume der Gemeinschaftsunterkunft begeben habe. Als Zeugen benannte er eine Sozialarbeiterin der Gemeinschaftsunterkunft, in der der Beschwerdeführer wohnte, sowie die am 17. April 2019 tätige Postbedienstete, deren Namen und ladungsfähige Anschrift durch das Gericht zu ermitteln seien.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Beweisantrag ab und wies die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2019 wegen Unzulässigkeit ab, weil sie nicht fristgemäß erhoben worden sei. Die Klagefrist betrage gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 Asylgesetz (AsylG) i. V. m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG und § 71a Abs. 4 AsylG eine Woche nach Zustellung der Entscheidung. Die Zustellung sei ausweislich der Postzustellungsurkunde am 17. April 2019 bewirkt worden, so dass die Klagefrist gemäß § 187 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 57 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) am 18. April 2019 begonnen und gemäß § 188 Abs. 2 BGB, § 222 Abs. 1 ZPO und § 57 Abs. 1 VwGO mit Ablauf des 24. April 2019, und somit vor Klageerhebung, geendet habe. Dass die Voraussetzungen einer Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorgelegen hätten, ergebe sich aus der Postzustellungsurkunde, die gemäß § 418 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründe. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben in der Postzustellungsurkunde unrichtig seien, lägen nicht vor; erst recht werde der erforderliche volle Beweis des Gegenteils nicht geführt. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag sei abzulehnen gewesen, weil der Beschwerdeführer keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte dafür angegeben habe, dass der oder die Postbedienstete sich nicht erkundigt habe, wo der Beschwerdeführer in der Gemeinschaftsunterkunft persönlich angetroffen werden könnte. Eine bloße Behauptung ins Blaue hinein stelle jedoch keinen Beweisantritt für einen Zeugenbeweis dar und gebe auch unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes keine Veranlassung zu etwaigen weiteren Ermittlungen. Hinsichtlich des Antrags auf Vernehmung der Sozialarbeiterin komme hinzu, dass es an Angaben dazu fehle, welche einzelnen Wahrnehmungen die angebotene Zeugin in Bezug auf die Beweistatsache selbst gemacht haben solle. Insbesondere sei der Beweisantrag aber in entsprechender Anwendung des § 244 Abs. 3 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) abzulehnen gewesen, weil die in den Raum gestellten Tatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien. Dies gelte zunächst für die Behauptung, dass sich der bzw. die Postbedienstete nicht zum Zimmer des Beschwerdeführers begeben habe. Für die Feststellung, dass er als diejenige Person, der zugestellt werden soll, nicht in der Gemeinschaftseinrichtung angetroffen worden sei, sei es nicht erforderlich, dass der jeweilige Postbedienstete in Gemeinschaftseinrichtungen das Zimmer des Empfängers aufsuche. Ohne Bedeutung für die Entscheidung sei auch, ob es zutreffe, dass der oder die Postbedienstete sich nicht in Gemeinschaftsräume der Unterkunft begeben habe.

Die von dem Beschwerdeführer gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 30. Juli 2020 ab. Die Ablehnung des Beweisantrags hinsichtlich der Tatsachenbehauptung, der oder die Postbedienstete habe sich nicht erkundigt, wo der Beschwerdeführer in der Gemeinschaftsunterkunft persönlich angetroffen werden könne, finde im Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Nach den unwidersprochenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts begründe die Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft erstrecke sich auf Zustellungsart, -zeit und -ort. Nach § 418 Abs. 2 ZPO sei zwar der Gegenbeweis zulässig, dass das in der Urkunde bezeugte mit dem tatsächlichen Geschehen nicht übereinstimme. Ein bloßes Bestreiten der Richtigkeit der in der Zustellungsurkunde beurkundeten Tatsachen - etwa unter Benennung des Zustellungsbediensteten - genüge hierfür aber nicht. Vielmehr bedürfe es zur Widerlegung dieser Tatsachen eines substantiierten Beweisangebots; aus den in das Wissen eines Zeugen gestellten Tatsachen müsse sich jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der urkundlich bezeugten Tatsachen ergeben. Mit Blick auf die beantragte Vernehmung der benannten Sozialarbeiterin habe das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise darauf verwiesen, dass es an Angaben dazu fehle, welche einzelnen Wahrnehmungen die Zeugin in Bezug auf die Beweistatsache selbst gemacht habe. An der erforderlichen Substantiierung fehle es auch, soweit sich der Beweisantrag auf eine Vernehmung des Postzustellers beziehe.

II.

Der Beschwerdeführer hat am 8. Oktober 2020 Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) und den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg erhoben. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) sei verletzt. Die Ablehnung des Beweisantrags mit Bezug auf das Verhalten des Zustellers finde im Prozessrecht keine Stütze.

Der Beschwerdeführer dürfe auch Vermutungen zur Grundlage seiner Beweisbehauptung machen. Ein Beweisantrag sei erst unzulässig, wenn er sich auf erkennbar aus der Luft gegriffene, ohne jede tatsächliche Grundlage aufgestellte Behauptungen stütze. Dies sei hier nicht der Fall. Nach den telefonischen Angaben der Sozialarbeiterin gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers werde die gesamte Post einschließlich der förmlich zuzustellenden Sendungen immer gleich dem Wachpersonal übergeben und nie etwas unternommen, um den Empfänger persönlich anzutreffen. Die bereits schriftsätzlich geäußerte Vermutung, der streitgegenständliche Bescheid vom 10. April 2019 sei genau so auch am 17. April 2019 in der Gemeinschaftsunterkunft abgeliefert worden, sei somit hinreichend untermauert worden und habe nicht mehr als eine ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung abgetan werden dürfen. Es sei eher unwahrscheinlich, dass die Zusteller von Tag zu Tag unterschiedlich vorgingen. Vielmehr sei die Zustellung in einer bestimmten Gemeinschaftsunterkunft ein routinemäßiger Vorgang, der sich, da den Bewohnern ständig Schriftstücke des Bundesamtes und der Ausländerbehörde zuzusenden seien, an jedem Zustelltag und nach der Lebenserfahrung immer gleichförmig abspiele. Damit spiele es auch keine Rolle, dass die Sozialarbeiterin zur Postzustellung am 17. April 2019 aus eigener, gerade auf diesen Tag bezogenen Wahrnehmung keine Angaben habe machen können. Die von ihr beobachtete übliche Zustellungspraxis sei eine Indiztatsache, die geeignet gewesen sei, die Richtigkeit der eigentlichen Beweisbehauptung zu bestätigen. Es habe zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestanden, dass ihre Zeugenaussage vor Gericht die Unrichtigkeit der Angaben in der Postzustellungsurkunde ergeben würde, und zwar gerade auch im Zusammenspiel mit der Aussage des ebenfalls als Zeugen zu vernehmenden Postbediensteten.

Trotzdem hätten sowohl das Verwaltungs- als auch das Oberverwaltungsgericht die Beobachtungen der Sozialarbeiterin nicht als tatsächliche Grundlage für die Vermutung, dass der Zusteller am 17. April 2019 ebenso wie auch sonst die Post in der Gemeinschaftsunterkunft abgeliefert habe, gelten lassen wollen. Offenbar hätten sie sich von der Überlegung leiten lassen, dass nach den Gesetzen der Logik ein abweichender Geschehensablauf an einem einzelnen Tag nicht ausgeschlossen sei. Damit aber hätten sie im Ergebnis bereits im Vorfeld der beantragten Beweiserhebung eine vollständige Beweisführung verlangt und so in unvertretbarer Weise die Anforderungen an den zur Untermauerung der Vermutung notwendigen Tatsachenvortrag überspannt. Der Beschwerdeführer sei nur gehalten gewesen, Anhaltspunkte dafür darzulegen, dass seine Vermutung zutreffen könnte. Der Beschwerdeführer habe beweisfällig bleiben müssen. Ihm und dem Verfahrensbevollmächtigten hätten keine erfolgversprechenden Ermittlungsmöglichkeiten mehr außerhalb der beantragten gerichtlichen Beweisaufnahme zu Gebote gestanden. Es sei nicht zu erwarten gewesen, dass sich ein Mitarbeiter oder Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft finden würde, der die Postzustellung am 17. April 2019 beobachtet habe und sich dann auch noch an seine Wahrnehmungen gerade an diesem Tag habe erinnern können. Die beste Erkenntnisquelle sei der Zusteller selbst, zu dem aber der Verfahrensbevollmächtigte aus den im Schriftsatz vom 5. Juli 2019 dargelegten Gründen keinen Kontakt habe aufnehmen können.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden steht zwar nicht entgegen, dass der Ausgangsbescheid von einer Bundesbehörde stammt, da der Beschwerdeführer eine Verletzung von Prozessgrundrechten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend macht (vgl. z. B. Beschlüsse vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 84/19 -, und vom 17. Juli 2015 - VfGBbg 53/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Weiterhin ist unproblematisch, dass die Verletzung von Landesgrundrechten im Rahmen eines bundesrechtlich - durch das Asylgesetz, das Aufenthaltsgesetz, die Verwaltungsgerichtsordnung und die Zivilprozessordnung - geregelten Verfahrens gerügt wird. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen liegen vor (vgl. dazu Beschlüsse vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -; vgl. in jüngerer Zeit z. B. Beschlüsse vom 19. Februar 2021 ‌‑ VfGBbg 9/20 ‑,‌ Rn. 23, vom 24. Januar 2014 - VfGBbg 13/13 -, und vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV geltend, die dem entsprechenden Recht des Grundgesetzes inhaltsgleich ist. Die geltend gemachte Beschwer beruht auf Entscheidungen von Gerichten des Landes Brandenburg. Ein Bundesgericht war nicht befasst.

Die Verfassungsbeschwerde genügt aber nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung.

Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche schlüssig die mögliche Verletzung der geltend gemachten Grundrechte des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die wesentlichen rechtlichen Erwägungen nachvollziehbar dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die Entscheidung kollidiert. Es bedarf einer umfassenden einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufarbeitung der Rechtslage. Demnach muss der Beschwerdeführer ausgehend vom Entscheidungsinhalt aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus seiner Sicht im Einzelnen liegt (st. Rspr., vgl. z. B. Beschlüsse vom 18. November 2022 - VfGBbg 51/21 -, Rn. 18, vom 21. Januar 2022 ‌‑ VfGBbg 57/21 ‑,‌ Rn. 35, und vom 19. Februar 2021 ‑ VfGBbg 28/20 -, Rn. 9, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, m. w. N.).

Gemessen hieran erfüllt der Beschwerdeführer die Begründungsanforderungen nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg bereits nicht, weil er den verfassungsrechtlichen Gewährleistungsumfang von Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV nicht aufzeigt und sich auch nicht mit der diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Rechtsprechung auseinandersetzt; die Frage, ob das Urteil des Verwaltungsgerichts auf dem geltend gemachten Verstoß gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV beruht, thematisiert die Beschwerdeschrift ebenfalls nicht.

Darüber hinaus legt der Beschwerdeführer die durch die Ablehnung seines Beweisantrags behauptete Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör nach Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV nicht hinreichend dar.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts gewährt Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den für diese erheblichen Sach- und Rechtsfragen zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und rechtzeitiges, möglicherweise erhebliches Vorbringen bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. Beschluss vom 16. März 2018 ‌‑ VfGBbg 56/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.). Hierzu gehört auch, erhebliche Beweisanträge im Rahmen des jeweils geltenden Prozessrechts zu berücksichtigen (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das ihm unterbreitete Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Betracht zieht. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jeglichem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen, sondern kann sich auf die Bescheidung der ihm wesentlich erscheinenden Punkte beschränken. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur verletzt, wenn die Nichtberücksichtigung von Vortrag oder von Beweisanträgen keine Stütze mehr im Prozessrecht findet (vgl. Beschluss vom 16. März 2018 - VfGBbg 56/16 - m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 22. November 2004 - 1 BvR 1935/03 -, juris, Rn. 11 m. w. N.). Hierzu müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (Beschluss vom 20. Mai 2021 ‌‑ VfGBbg 72/19 ‑‌, Rn. 36, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sein tatsächliches Vorbringen durch die Ablehnung des Beweisantrags bzw. die Nichtzulassung der Berufung übergangen haben sollen.

Das Verwaltungsgericht ist, bestätigt durch das Oberverwaltungsgericht, davon ausgegangen, dass die Postzustellungsurkunde gemäß § 418 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründet, der sich auf die Zustellungsart, -zeit und -ort erstreckt. Zwar sei nach § 418 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig, dass das in der Urkunde bezeugte - hier die Unmöglichkeit einer persönlichen Übergabe des Bescheids - mit dem tatsächlichen Geschehen nicht übereinstimme. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts fehlten jedoch substantiierte Angaben dazu, welche einzelnen Wahrnehmungen die als Zeugin benannte Sozialarbeiterin in Bezug auf die Beweistatsache selbst gemacht habe.

Die Beschwerdeschrift lässt eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des Verwaltungsgerichts und den Erwägungen des Ober-verwaltungsgerichts im streitgegenständlichen Beschluss vermissen. Beide Gerichte haben sich in den (Entscheidungs-)Gründen mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu der vorgetragenen Beweisbehauptung auseinandergesetzt, sind jedoch im Ergebnis - unter Bezugnahme auf obergerichtliche Rechtsprechung und Kommentierung - zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser Beweisantritt nicht substantiiert sei. Insoweit legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern seine zentralen Argumente nicht aufgegriffen und sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und nicht in die Erwägungen einbezogen worden sei. Eine Auseinandersetzung seitens des Beschwerdeführers mit der diesbezüglichen einfachrechtlichen Rechtslage unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung fehlt. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 13. Januar 2006 - 9 ZB 05.30734 -, juris Rn. 6 a.), wonach ein vorsorglicher Beweisantrag, einen unbekannten Zusteller dazu zu vernehmen, wie dieser eine persönliche Zustellung versucht haben will, einen unerheblichen Ausforschungsantrag, aber keinen Beweisantritt für einen Zeugenbeweis (§ 373 ZPO) darstelle. Hierauf geht der Beschwerdeführer nicht ein. Nicht anders liegt es in Bezug auf die beantragte Vernehmung der Sozialarbeiterin. Dass diese zur Beweistatsache selbst keine Angaben hätte machen können, räumt der Beschwerdeführer selbst ein. Soweit er auf die Indizwirkung der in das Wissen der Zeugin gestellten Umstände abstellt, ist nicht erkennbar, dass dies zum vollen Gegenbeweis im Sinne von § 418 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO geeignet wäre (vgl. zum Gegenbeweis: Schreiber, in: Münchner Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 418 ZPO, Rn. 9).

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

 

 

 

 

Möller

Dresen

Heinrich-Reichow

Kirbach

Müller

Richter

Sokoll

Dr. Strauß