VerfGBbg, Beschluss vom 16. März 2018 - VfGBbg 56/16 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 7 Abs. 1; LV, Art. 10; LV, Art. 12 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 - VerfGGBbg, § 45 Abs. 2; VerfGGBbg, § 47 Abs. 1 Satz 1 - StPO, § 33a (i. V. m. § 15 StrRehaG) |
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Schlagworte: | - Verfassungsbeschwerde unbegründet - Auslegung des Rechtsschutzbegehrens - Anhörungsrüge - Fristvorwirkung eines fachgerichtlichen Rechtsbehelfs - Prüfungsmaßstab - Wiedereinsetzung wegen Verzögerung im Postlauf - rechtliches Gehör - wesentlicher Kern des Tatsachenvortrags |
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nichtamtlicher Leitsatz: | 1. Für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zum Verfassungsgericht des Landes Brandenburg kommt eine „Vorwirkung“ der Frist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg auf einen nach dem Fachprozessrecht unbefristet zulässigen Rechtsbehelf (hier: Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO i. V. m. § 15 StrRehaG) nicht in Betracht. 2. Die Unzulässigkeit eines zur ordnungsgemäßen Rechtswegerschöpfung zu stellenden fachgerichtlichen Rechtsbehelfs kann - jedenfalls sofern sie sich nicht gleichsam aufdrängt und somit offensichtlich ist - dem Beschwerdeführer nicht als Grund für die Unzulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde entgegengehalten werden, wenn das angerufene Fachgericht über den Rechtsbehelf in der Sache entschieden hat. 3. Ein Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör nach Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV ist nicht gegeben, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen deshalb nicht eingeht, weil dieser nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich war. |
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Fundstellen: | NJW, September 2018, Heft 38, S. 2786 f | |
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 16. März 2018 - VfGBbg 56/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 56/16

IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
B.,
Beschwerdeführer,
wegen | Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 11. Mai 2010 (36 BRH 147/07) und Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 und vom 16. August 2016 (2 Ws (Reha) 60/10) |
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 16. März 2018
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche und Schmidt
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung einer Rehabilitierung wegen der Unterbringung in einem Jugendwerkhof in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.
I.
1. Für den am 29. November 1967 geborenen Beschwerdeführer ordnete der Jugendhilfeausschuss des Rates des Kreises Lübben mit Beschluss vom 28. März 1984 die Heimerziehung an. Als Anlass nennt der Beschluss „erhebliche Schulbummeleien, zumeist ungelenkte und niveaulose Freizeitgestaltung sowie ernstes Fehlverhalten im Haushalt der Mutter“. Eine Beratung des Jugendhilfeausschusses sei notwendig geworden, „nachdem eine zweijährige Betreuung durch Schule und Referat keine positiven Veränderungen bewirkte“.
Der Beschwerdeführer war daraufhin vom 28. August 1984 bis zum 28. November 1985 im Jugendwerkhof „W. Sch.“ in R. untergebracht.
2. Mit Schreiben vom 14. November 2007 beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht Cottbus seine Rehabilitierung bezüglich der angeordneten Heimerziehung. In der Begründung des Antrags führte er aus: Bereits als Kind habe er die Entwicklung einer Zweiklassengesellschaft in der DDR ebenso erkannt wie den negativen Einfluss der SED auf individuelle Entwicklungen von Persönlichkeiten und ihre freiheitliche Meinung. Er habe einen Lebensweg mit vorgegebenen Bildungsinhalten geprägt durch politische Richtlinien der SED nicht gehen wollen, weil er nicht vereinbar mit seinem Wissen über Demokratie und Mitbestimmung gewesen wäre. Er habe sich daher den vorgeschriebenen Veranstaltungen der FDJ entzogen und als Vierzehnjähriger einen unabhängigen Jugendclub gegründet, dem sich 40 Jugendliche seiner Schule angeschlossen hätten. Er sei zum Vorsitzenden dieses Clubs gewählt worden. Des Weiteren hätten er und seine Mitschüler in einer Abstimmung für den Wechsel der Klassenlehrerin votiert. Die Schuldirektorin habe in dieser Situation nur den Ausweg gesehen, ihn aus dem Weg zu schaffen. Da er als Vorsitzender des unabhängigen Jugendclubs als Rädelsführer auszumachen gewesen sei, habe sie ihn von schulischen Veranstaltungen ausgeschlossen. Weder habe er an Wandertagen teilnehmen dürfen noch sei ihm die Reise in das Lager für Arbeit und Erholung oder das für Zivilverteidigung gestattet worden. Die Direktorin und die Klassenleiterin hätten schließlich manipulierte Unterlagen an den Jugendhilfeausschuss übergeben. Die Entscheidung des Ausschusses beruhe daher auf verfälschten Schulunterlagen. Auch sei seine Mutter zum Einverständnis mit der Heimeinweisung genötigt worden. Ihm sei das verfassungsmäßige Recht auf Bildung verweigert worden, da ihm trotz seines erkennbaren Wunsches der Zugang zur zehnklassigen Schulbildung versagt worden sei.
Der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Cottbus, dass Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung nicht vorlägen und auch eine Unverhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahme nicht in Betracht komme, entgegnete der Beschwerdeführer unter dem 28. Oktober 2008 mit ausführlicher Darstellung der Geschehnisse sowie deren Wertung aus seiner Sicht, mit der er seine Schilderung in der Begründung seines Rehabilitierungsantrags wiederholte und vertiefte.
Das Landgericht Cottbus wies den Rehabilitierungsantrag mit Beschluss vom 11. Mai 2010 (36 BRH 147/07) als unbegründet zurück. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen sei nicht davon auszugehen, dass die Anordnung des Jugendhilfeausschusses vom 28. März 1984 der politischen Verfolgung des Beschwerdeführers oder sonst sachfremden Zwecken gedient habe. Aus den aufgefundenen Unterlagen und der beigezogenen Akte des Referates Jugendhilfe - Jugendhilfekommission des Rates des Kreises Lübben ergebe sich vielmehr, dass Anlass für die Heimerziehung erhebliche Schulbummeleien und ernstzunehmendes Fehlverhalten im familiären Bereich durch den Beschwerdeführer gewesen seien. Es sei nicht erkennbar, dass durch die Direktorin oder die Klassenlehrerin Unterlagen manipuliert worden seien. Denn auch andere Unterlagen belegten eine gleichgültige, oberflächliche Lern- und Arbeitseinstellung des Beschwerdeführers. Aufgrund der Vielzahl der übereinstimmenden Einschätzungen des Beschwerdeführers könne eine Manipulation der vorliegenden Unterlagen nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden. Aus den beigezogenen Unterlagen ergebe sich ferner, dass Probleme im häuslichen Bereich vorgelegen hätten. Für eine Nötigung der Mutter gebe die Aktenlage nichts her.
Der Beschwerdeführer legte mit Schreiben vom 11. Juni 2010 Beschwerde gegen diesen Beschluss ein. Er rügte im Rahmen der ausführlichen Begründung eine einseitige Prüfung der Unterlagen durch das Landgericht, die unterlassene Anhörung von Zeugen und den sachlich falschen Inhalt der Begründung des Beschlusses. Viele seiner Argumente seien vom Landgericht nicht aufgenommen worden. Das Landgericht sei weder auf den Vorwurf eingegangen, ihm sei das verfassungsmäßige Recht auf Bildung versagt worden, noch sei der Beschluss des Jugendhilfeausschusses rechtlich überprüft worden. Ebenso wenig sei geprüft worden, ob die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zur zugrundeliegenden Tat gestanden hätten, und ob es alternative Möglichkeiten gegeben hätte. Dem Landgericht seien die dramatischen Sanktionen entgangen, die gegen ihn gerichtet gewesen seien. Er habe dem Landgericht angeboten, weiteren Beweisantritt beizubringen. Es hätte die Möglichkeit gehabt, in einer mündlichen Verhandlung den weiteren Beweisantritt einzufordern, um zu einer ausgewogenen Prüfung und Beschlussfindung zu gelangen. Hiervon sei kein Gebrauch gemacht worden.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 3. August 2010 (2 Ws (Reha) 60/10) aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet würden, als unbegründet.
3. Mit Schreiben vom 23. Februar 2016 erhob der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht Anhörungsrüge. Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2014 - 2 BvR 2063/11 - gehe hervor, dass die Rehabilitierungsgerichte alle Erkenntnisse zu prüfen hätten. Zudem seien die sich aus den Entscheidungen der Jugendhilfeausschüsse ergebenden Menschenrechtseinschränkungen einzubeziehen, wie z. B. die Vorenthaltung von Bildung. Daraus ergebe sich in seinem Fall eine ganz andere Aussicht auf Rehabilitierung. Effektiver Rechtsschutz sei nicht gewährleistet gewesen, denn sein Vorbringen im Rehabilitierungsverfahren sei nicht gehört und nicht geprüft worden. Es sei nicht allen Hinweisen nachgegangen worden, Zeugen seien nicht befragt und Alternativen nicht geprüft worden, was rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletze. Er sehe zudem den Gleichheitssatz verletzt, weil über gleichlautende Sachverhalte unterschiedlich geurteilt werde. Er habe weder gemeingefährliches Verhalten gezeigt, noch erhebliche Straftaten begangen, so dass seine Einweisung in ein Spezialkinderheim unverhältnismäßig gewesen sein müsse. Allein die dort erfolgte „Bildungsvorenthaltung“, die auch gegen Vorschriften der DDR verstoßen habe, könne nur unverhältnismäßig und zweckfremd gewesen sein, weil sie das Kindeswohl verletzt habe. Ihm werde aber die Rehabilitierung versagt. Er sehe nicht ein, dass Opfer, deren Fälle mit seinem Schicksal vergleichbar seien, heute nach geänderter Rechtsprechung und intensiverer Prüfung durch die Gerichte rehabilitiert würden und Anspruch auf Opferentschädigung erwirkten, während er selbst leer ausgehen solle.
Mit Beschluss vom 16. August 2016 (2 Ws (Reha) 60/10) verwarf das Oberlandesgericht den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs als unbegründet. Ein Gehörsverstoß sei nicht festzustellen. Das Landgericht habe sich in dem vom Oberlandesgericht bestätigten Beschluss umfassend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Auch habe es dargelegt, aus welchen Gründen es davon abgesehen habe, den Beweisangeboten des Beschwerdeführers nachzugehen. Im Übrigen rechtfertige ein Wandel in der Rechtsprechung keine Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung. Der Beschluss wurde am 22. August 2016 an den Beschwerdeführer versandt und ging ihm nach seinen Angaben am 24. August 2016 zu.
II.
Mit der am 26. Oktober 2016 erhobenen Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, das Oberlandesgericht habe mit dem Beschluss vom 16. August 2016 gegen die Gebote rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens gemäß Art. 52 Abs. 3 und 4 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) verstoßen. In der Folge verletze dies seine Grundrechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 10 LV) und auf Gleichheit (Art. 12 Abs. 1 LV) sowie der Menschenwürde (Art. 7 Abs. 1 LV).
Das Landgericht habe sich bei seiner Prüfung auf den Inhalt der Jugendhilfeakte beschränkt. Die von ihm benannten Zeugen, um die Willkür der Jugendhilfeentscheidung und den Einfluss der Schuldirektorin hierauf sowie die Verweigerung der Schulbildung belegen zu können, seien nicht befragt worden. Die Folgen der Heimzeit in Gestalt der „Bildungsvorenthaltung“ habe das Landgericht vollständig ausgeklammert und nicht geprüft. Das Oberlandesgericht sei dieser Auffassung gefolgt, obwohl er in der Beschwerde nochmals auf den Aspekt der vorenthaltenen Bildung hingewiesen und die Anhörung der Zeugen angemahnt habe. Ihm habe in den Folgejahren für eine Anhörungsrüge ein Beweis für das Recht zur zehnklassigen Oberschulbildung in der DDR gefehlt. Nachdem es ihm gelungen sei, ein entsprechendes Gesetzeswerk der DDR ausfindig zu machen, könne er nun beweisen, dass die Versagung der Zeugenanhörung dazu geführt habe, dass das Kindeswohl nicht berücksichtigt worden sei. Die Schuldirektorin und der Jugendhilfeausschuss hätten ganz bewusst gegen das Kindeswohl gehandelt. Das Motiv hierfür habe er mit seinen Zeugen beweisen wollen. Jedoch sei kein Zeuge angehört worden. Die Willkür der damaligen Entscheidung wäre einfach zu ermitteln gewesen, wenn die Gerichte ihrer Prüfungs-, Sorgfalts- und Anhörungspflicht hinreichend nachgekommen wären. Das Bundesverfassungsgericht habe klargestellt, dass alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen geprüft werden müssten und der Prüfgegenstand nicht auf die Jugendhilfeakten beschränkt werden dürfe. Es fehle jede Begründung, warum eine Zeugenbefragung zur Frage der Beachtung des Kindeswohls nicht hätte zur Aufklärung dienen können. Da das Oberlandesgericht das Rehabilitierungsgesetz seinerzeit falsch ausgelegt und die Rehabilitierungsentscheidung ohne Berücksichtigung des Kindeswohls getroffen habe, würde er aufgrund des Ausschlusses von Wiederholungsanträgen nunmehr leer ausgehen, während anderen Opfern in Zukunft Rehabilitierung und Opferentschädigung zugesprochen würden, obwohl sie der gleichen Opfergruppe zugehörten. Dies verstoße gegen das Gleichheitsgebot. Auch sehe er sich in seiner freien Entfaltung der Persönlichkeit verletzt. Er habe ein faires Verfahren erhalten wollen. Weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht hätten aber zur Kindeswohlgefährdung durch Bildungsvorenthaltung die angebotenen Zeugen angehört oder diesen Aspekt überhaupt in den Entscheidungen gewürdigt.
Auf Hinweis des Gerichts hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. November 2016 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und zur Begründung ausgeführt, dass er die Verfassungsbeschwerde am 19. Oktober 2016 per Einwurfeinschreiben verschickt habe, der verspätete Eingang daher auf eine verzögerte Bearbeitung im Rahmen der Zustellung zurückzuführen sei. Er legte den Einlieferungsbeleg vom 19. Oktober 2016 in Ablichtung vor.
III.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde. Die Verfahrensakte wurde beigezogen.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist nur zum Teil zulässig.
I.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist dahingehend zu verstehen, dass sich seine Verfassungsbeschwerde nicht allein gegen den ausdrücklich benannten Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. August 2016 über die Verwerfung des Antrags auf Nachholung des rechtlichen Gehörs, sondern auch gegen die zuvor ergangenen Beschlüsse des Landgerichts Cottbus vom 11. Mai 2010 über die Zurückweisung des Rehabilitierungsantrags sowie des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 über die Verwerfung der Beschwerde richtet.
1. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist der Sinn eines Rechtsschutzbegehrens im Wege sachgerechter Auslegung unter Heranziehung der Begründung des Antrags zu ermitteln und der Verfahrensgegenstand entsprechend zu deuten (vgl. BVerfGE 118, 1, 14; Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 4. Aufl. 2015, Rn. 92a).
2. Vorliegend folgt aus dem Gesamtzusammenhang des Beschwerdevorbringens das Rechtsschutzziel des Beschwerdeführers, die zu seinen Lasten ergangenen Rehabilitierungsentscheidungen in der Sache anzugreifen. Dies wird in der Beschwerdeschrift vor allem aus der Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2014 - 2 BvR 2063/11 - und dem wiederholten Vorwurf deutlich, die von ihm benannten Zeugen seien in beiden Instanzen des Rehabilitierungsverfahrens nicht gehört und andere Unterlagen nicht ermittelt worden. Gestützt wird diese Auslegung durch die mit der Beschwerdeschrift weiter vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Schreiben im Rügeverfahren nach § 33a StPO vom 23. Februar 2016 und vom 27. April 2016.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist bezüglich des Beschlusses des Landgerichts vom 11. Mai 2010 unzulässig, da durch die nachfolgende Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010, das die erstinstanzliche Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollständig zu überprüfen hatte (vgl. Beschluss vom 24. Januar 2014 - VfGBbg 2/13 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de), prozessuale Überholung eingetreten ist (vgl. hierzu Beschlüsse vom 14. Oktober 2016 - VfGBbg 82/15 -; vom 16. Dezember 2016 - VfGBbg 30/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
III.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 16. August 2016 richtet, ist sie wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses ebenfalls unzulässig.
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass Anhörungsrügen zurückweisende gerichtliche Entscheidungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht selbständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, weil sie keine eigenständige Beschwer schaffen. Sie lassen allenfalls mit der Ausgangsentscheidung bereits eingetretene Verletzungen des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer - zusätzlichen - verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeentscheidung besteht nicht (vgl. Beschlüsse vom 9. September 2016 - VfGBbg 24/16 -; vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 63/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, jeweils m. w. Nachw.).
2. Dass vorliegend ein Ausnahmefall einer eigenständigen, in der Zurückweisung der Anhörungsrüge liegenden verfassungsrechtlich erheblichen Beschwer gegeben wäre (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 119, 292, 295; BVerfG, NJW 2008, 2635; BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 2014 - 2 BvR 683/12 -, juris Rn. 23), legt der Beschwerdeführer nicht in der nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) gebotenen Weise dar.
a. Eine solche Beschwer wird erwogen, wenn die verfassungsrechtliche Rüge sich nicht auf die inhaltliche Überprüfung des Gehörsverstoßes richtet, der bereits Gegenstand der Anhörungsrüge selbst gewesen ist, sondern den Zugang zum Anhörungsrügeverfahren betrifft (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2241, 2242; NJW 2007, 2242, 2244; NJW 2008, 2167, 2168).
b. Ein solcher oder damit vergleichbarer Sachverhalt ist nach der Beschwerdebegründung nicht ersichtlich. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf ein faires Verfahren oder des Gleichheitssatzes geltend macht, betreffen seine Einwendungen ersichtlich das 2010 abgeschlossene Ausgangsverfahren und dessen Ergebnis der Versagung einer strafrechtlichen Rehabilitierung. Konkret das Verfahren nach der Antragstellung vom 23. Februar 2016 und den darauf beruhenden Beschluss betreffende, eigenständige Grundrechtsverletzungen lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen (vgl. zu den Darlegungsanforderungen: Beschlüsse vom 25. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -, vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 95/15 -; vom 14. Oktober 2016 - VfGBbg 84/15 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
IV.
Bezüglich des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 ist die Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen zulässig.
1. Ihrer Zulässigkeit steht nicht der Grundsatz der Rechtswegerschöpfung (§ 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg) entgegen, wonach eine Verfassungsbeschwerde erst erhoben werden kann, wenn der gegen die behauptete Verletzung des Grundrechts zulässige Rechtsweg ordnungsgemäß erschöpft ist.
a. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass die Anhörungsrüge zum Rechtsweg im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg gehört, wenn - wie hier - Gegenstand der Verfassungsbeschwerde (auch) die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV ist (vgl. zuletzt Beschluss vom 24. März 2017 - VfGBbg 27/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.). Dem entsprechend hat der Beschwerdeführer vom Rechtsbehelf des Antrags auf Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a Strafprozessordnung (StPO) i. V. m. § 15 Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) Gebrauch gemacht (vgl. zur Anwendbarkeit: BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2016 - 2 BvR 1267/15 -, juris Rn. 19).
b. Dieser Antrag erfolgte auch rechtzeitig. Dem steht eine „Vorwirkung“ der Verfassungsbeschwerdefrist nicht entgegen. Denn § 47 Abs. 1 VerfGGBbg entfaltet keinen solchen Effekt auf den fachgerichtlichen Rechtsbehelf, so dass der Antrag nach § 33a StPO, für den eine Frist nicht normiert ist, nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem Beschluss vom 3. August 2010 zu erheben war.
aa. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Problematik bei nach dem Fachprozessrecht unbefristet zulässigen Rechtsbehelfen (neben § 33a StPO ist dies auch bei § 80 Abs. 7 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - der Fall) ist uneinheitlich.
Während eine solche Vorwirkung einerseits ausdrücklich offengelassen wird (BVerfGE 19, 198, 200; BVerfGK 3, 314, 316; 13, 390, 396; Beschlüsse vom 2. Juni 1987 - 2 BvR 1389/86 -, juris Rn. 31, und vom 9. September 1997 - 2 BvQ 23/97 -, juris Rn. 2), wird andererseits etwa davon ausgegangen, dass die vor Erhebung einer Kommunalverfassungsbeschwerde erforderliche Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs, für den eine Antragsfrist nicht vorgesehen ist, innerhalb der Jahresfrist des § 93 Abs. 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) eingeleitet werden muss (BVerfGE 76, 107, 115). Zum Teil werden - ohne auf die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde einzugehen - die nach § 93a Abs. 2 BVerfGG für die Annahme der Beschwerde maßgeblichen materiell-rechtlichen Erfolgsaussichten erörtert, obwohl der Beschwerdeführer gegen eine der angegriffenen Entscheidungen einen Antrag nach § 33a StPO nicht innerhalb der für die nachfolgende Verfassungsbeschwerde geltenden Monatsfrist gestellt hatte (BVerfGE 108, 129, 136 ff). Wiederum andere Entscheidungen gehen davon aus, dass bei fachgerichtlich unbefristeten Rechtsbehelfen die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG nur dann offengehalten werde, wenn der nicht befristete Rechtsbehelf innerhalb der für das Verfassungsbeschwerdeverfahren geltenden Einlegungsfrist erhoben werde (vgl. zu § 33a StPO: BVerfGK 3, 159, 163; Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 2 BvR 1569/12 -, juris Rn. 11; zu § 80 Abs. 7 VwGO: NVwZ 1995, Beilage 1, 2; InfAuslR 1995, 55; NVwZ 1998, Beilage 8, 81; Beschluss vom 17. September 1998 - 2 BvR 1278/98 -, juris Rn. 2; zur Gegenvorstellung: NJW 1995, 3248; Beschluss vom 25. Oktober 2000 - 2 BvR 1804/00 -, juris Rn. 2; s. auch: Beschluss vom 25. November 2009 - 1 BvR 2464/09 -, juris Rn. 2; NJW 2014, 2635, 2636).
Mehrfach ist die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht problematisiert worden, obwohl der fachgerichtliche Rechtsbehelf nach Ablauf eines Monats eingelegt wurde. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützten Verfassungsbeschwerden, wegen eines (noch) nicht eingelegten Antrags nach § 33a StPO „derzeit unzulässig“ seien (vgl. BVerfGK 4, 112, 113; NStZ-RR 2000, 110; NJW 2003, 1513; NStZ-RR 2003, 338; Beschlüsse vom 8. März 1994 - 2 BvR 477/94 -, juris Rn. 1, und vom 8. April 2004 - 2 BvR 578/04 -, juris Rn. 6; s. auch: NVwZ 2003, 859, 860; NVwZ 2002, 848, zu § 80 Abs. 7 VwGO):
bb. In der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte hat sich bislang - soweit ersichtlich - allein der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg mit dem Thema einer Vorwirkung der Verfassungsbeschwerdefrist befasst und sich bezogen auf § 33a StPO gegen die Annahme einer solchen ausgesprochen (Urteil vom 13. April 2016 - 1 VB 83/15 -, juris Rn. 28 ff).
cc. Im Schrifttum werden gegensätzliche Standpunkte vertreten.
Zum Teil findet die eine Fristvorwirkung bejahende Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Zustimmung. Sie sei durch das mit § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG verfolgte Ziel gerechtfertigt, im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens das Verfahren der Verfassungsbeschwerde nicht endlos hinauszuzögern. Auch lasse eine Vorwirkung die für das fachgerichtliche Verfahren geltende Rechtslage unberührt (vgl. Hömig, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Bethge, BVerfGG, Stand: September 2017, § 93 Rn. 37; Peters, in: Barczak, BVerfGG, 2018, § 93 Rn. 55; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 604; von Häfen/Kessen, in: Becker/Lange, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Band 3, 2014, S. 93, 107 f; Heusch/Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 93 Rn. 34; Klein/Sennekamp, NJW 2007, 945, 954; Roeser/Hänlein, NVwZ 1995, 1082, 1084; Thiemann, DVBl 2012, 1420, 1423; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 176).
Demgegenüber wird vielfach eine Vorwirkung der Verfassungsbeschwerdefrist auf unbefristete fachgerichtliche Rechtsbehelfe abgelehnt. Die gegenteilige Rechtsprechung sei dogmatisch zweifelhaft. Es widerspreche der Entscheidung des Gesetzgebers, Rechtsunsicherheiten, die mit dem Verzicht auf eine Fristsetzung einhergingen, in Kauf zu nehmen. Auch müsse sich ein Beschwerdeführer auf die im geschriebenen Prozessrecht für das fachgerichtliche Verfahren vorgesehene Fristlosigkeit eines Rechtsbehelfs verlassen können; anderes sei mit den Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht zu vereinbaren (vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 93 Rn. 20 f; Henke, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 90 Rn. 186; Hammer, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, § 93 Rn. 31; Grünewald, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, Stand: Dezember 2017, § 93 Rn. 17; Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, Rn. 212a, 292a; Buermeyer, in: Rensen/Brink, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Band 1, 2009, S. 35, 44; Hartmann, in: Pieroth/Silberkuhl, Die Verfassungsbeschwerde, 2008, Rn. 214; Pestalozza, Die echte Verfassungsbeschwerde, 2006, S. 29; Kleine-Cosack, Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde, 3. Aufl. 2013, Rn. 602; Jahn, in: Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge, Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen, 2. Aufl. 2017, Rn. 201; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 80 Rn. 580; Valerius, in: Münchener Kommentar StPO, 2014, § 33a Rn. 16; Pollähne, in: Gercke/Julius/Temming, StPO, 5. Aufl. 2012, § 33a Rn. 3; Pohlreich, StV 2011, 574, 575; Bachmann, ZIS 2012, 545, 547; Eschelbach/Geipel/Weiler, StV 2010, 325, 330; offen: Lübbe-Wolff, EuGRZ 2004, 669, 673; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 201).
dd. Für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zum Verfassungsgericht des Landes Brandenburg kommt eine Vorwirkung der Frist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg nicht in Betracht.
Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts darf die Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht erst nach Erschöpfung des bundesrechtlich abschließend geregelten Rechtsweges zugelassen werden, denn die Aufhebung von Entscheidungen der Fachgerichte des Landes durch das Landesverfassungsgericht berührt die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung von Rechts- und Bestandskraft gerichtlicher Entscheidungen gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. In diesem Grenzbereich von Bundes- und Landeskompetenz bleibt nur insoweit Raum für den Landesgesetzgeber, als eine Regelung zur Erreichung des Zwecks der Landesverfassungsbeschwerde unerlässlich ist; die Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts kann insoweit nicht weiter reichen. Erst nach Erschöpfung des Rechtswegs steht fest, dass es unerlässlich ist, die fachgerichtliche Entscheidung zum Schutz der Grundrechte aufzuheben. Bis dahin kann eine Grundrechtsverletzung noch im bundesrechtlich geregelten fachgerichtlichen Rechtsweg behoben werden (vgl. BVerfGE 96, 345, 371 f). Hinsichtlich der Frage einer Fristvorwirkung sind derartige für die Unerlässlichkeit zur Erreichung des Zwecks der Landesverfassungsbeschwerde sprechenden Gesichtspunkte nicht erkennbar. Insbesondere taugt hierfür nicht allein der Umstand, dass die unbefristete Möglichkeit zur Erhebung eines fachgerichtlichen Rechtsbehelfs die Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde auf unbestimmte Zeit verlängern könnte. Diese damit verbundene, bundesrechtlich induzierte Rechtsunsicherheit nimmt das Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg mit dem Erfordernis der Erschöpfung des Rechtsweges nach § 45 Abs. 2 VerfGGBbg und den daran anknüpfenden Anforderungen an das ordnungsgemäße Betreiben der Rechtsmittel- und -behelfsverfahren in Kauf (vgl. hierzu Beschlüsse vom 21. September 2000 - VfGBbg 36/00 -; vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 22/15 -; vom 15. Juni 2015 - VfGBbg 21/05 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Namentlich im Fall des § 33a StPO beruht es auf der bewussten Entscheidung des Bundesgesetzgebers, den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs auch im Ergebnis der Überarbeitung durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) - im Gegensatz zu den zeitgleich eingeführten Anhörungsrügen in § 356a StPO, § 321a ZPO, § 78a ArbGG, § 152a VwGO, § 178a SGG und § 133a FGO - weiterhin nicht fristgebunden auszugestalten (vgl. BT-Ds. 15/3706 S. 17).
Zudem kann auch ein unbefristeter Antrag nicht nach freiem Belieben hinausgezögert oder verspätet gestellt werden. Die Geltendmachung prozessualer Rechte unterliegt dem Gebot von Treu und Glauben, so dass die verzögerte Einlegung des fachgerichtlichen Rechtsbehelfs missbräuchlich und verwirkt und damit unzulässig sein kann. Insoweit obliegt den Fachgerichten und dem Verfassungsgericht die Prüfung, ob im jeweiligen Einzelfall ein nach längerer Zeit eingereichter Rechtsbehelf als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist.
Mit der Annahme einer Fristvorwirkung würde dem Beschwerdeführer außerdem mehr abverlangt, als durch die maßgeblichen Fachprozessordnungen vorgesehen ist (vgl. Buermeyer, in: Rensen/Brink, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 35, 44). Ihr steht daher auch der Grundsatz der Rechtsmittelklarheit entgegen, welcher wesentlicher Bestandteil des Grundsatzes der Rechtssicherheit ist. Das rechtsstaatliche Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns führt zu dem Gebot, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeichnen (vgl. BVerfGE 49, 148, 164; E 87, 48, 65). Die rechtliche Ausgestaltung des Rechtsmittels soll dem Bürger insbesondere die Prüfung ermöglichen, ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist (vgl. BVerfGE 107, 395, 416). Das ist nur dann gewährleistet, wenn allein die durch den Gesetzgeber geschaffenen, einheitlich (und nicht nur für den Fall der anschließenden Einlegung einer Verfassungsbeschwerde) geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen maßgeblich sind (vgl. VerfGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. April 2016 - 1 VB 83/15 -, juris Rn. 31).
2. Ob angesichts des zeitlichen Abstands von gut fünfeinhalb Jahren zwischen der Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 und dem Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs vom 23. Februar 2016 eine Verwirkung dieses Rechtsbehelfs in Betracht kommt, bedarf vorliegend keiner abschließenden Beurteilung durch das Verfassungsgericht, nachdem das Oberlandesgericht den Antrag des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen hat.
a. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Frage einer Fristwahrung des nach § 45 Abs. 2 VerfGGBbg wahrzunehmenden Rechtsbehelfs und damit zusammenhängend der ordnungsgemäßen Rechtswegerschöpfung die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde betrifft, deren Voraussetzungen das Verfassungsgericht in eigener Zuständigkeit zu prüfen und über die es allein zu entscheiden hat (vgl. Beschlüsse vom 16. August 2013 - VfGBbg 24/13 -; vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 15/17 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, NJW 2014, 991, 992; BVerfGK 11, 203, 205 f). Hat ein Fachgericht aber in der Sache entschieden, kann die Unzulässigkeit des fachgerichtlichen Rechtsbehelfs - jedenfalls sofern sie sich nicht gleichsam aufdrängt und somit offensichtlich ist - dem Beschwerdeführer nicht als Grund für die Unzulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde entgegengehalten werden. Denn in diesem Fall hat der Rechtsbehelf das mit dem Gebot der Rechtswegerschöpfung verfolgte Ziel, dem Verfassungsgericht durch die umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte ein in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial zu verschaffen und ihm die Fall- und Rechtsanschauung der Gerichte zu vermitteln, in der Regel erreicht (vgl. BVerfGE 107, 27, 44; BVerfGK 13, 409, 415; BVerfG, Beschlüsse vom 28. November 2013 - 2 BvR 2784/12 -, juris Rn. 19; vom 20. April 2017 - 2 BvR 1900/14 -, juris Rn. 37 f und - 2 BvR 1754/14 -, juris Rn. 40 f).
b. Vorliegend hat sich das Oberlandesgericht im Beschluss vom 16. August 2016 mit der Zulässigkeit der Gehörsrüge - insbesondere mit der Frage einer etwaigen Verwirkung des Antragsrechts - nicht befasst. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Nachholung des rechtlichen Gehörs hat das Oberlandesgericht vielmehr veranlasst, sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit dem gerügten Gehörsverstoß auseinanderzusetzen, und damit das mit dem Gebot der Rechtswegerschöpfung verfolgte Ziel erreicht. Auch kann vorliegend nicht von einer offensichtlichen Verwirkung des Antragsrechts ausgegangen werden. Dagegen sprechen bereits die nicht kodifizierten und nicht unerhebliche Bewertungsspielräume belassenden Voraussetzungen der Verwirkung prozessualer Rechte (vgl. BVerfGE 32, 305, 308; BVerfGK 4, 287, 293; 13, 382, 388; BVerfG, NJW 2003, 1514, 1515; BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2012 - 1 BvR 2862/11, 1 BvR 2046/12 ‑, juris Rn. 3).
3. Eine Versäumung der Verfassungsbeschwerdefrist kann dem Beschwerdeführer nicht entgegengehalten werden. Zwar ging die Verfassungsbeschwerde am 26. Oktober 2016 mit Briefpost beim Verfassungsgericht ein und damit nach Ablauf von zwei Monaten nach Zugang des Beschlusses vom 16. August 2016 beim Beschwerdeführer am 24. August 2016. Dem Beschwerdeführer ist jedoch auf seinen Antrag vom 15. November 2016 nach Maßgabe des § 47 Abs. 2 VerfGGBbg Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren.
a. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig, insbesondere im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses eingelegt worden. Unter Wegfall des Hindernisses ist der Zeitpunkt zu verstehen, in dem der Beschwerdeführer von der Fristversäumung Kenntnis erhalten hat oder bei ordnungsgemäßer Verfolgung der Rechtssache hätte haben können. Liegen also Umstände vor, die zu Zweifeln führen, ob die Beschwerdefrist eingehalten worden ist, oder hätten auf Grund solcher Umstände Zweifel kommen müssen, so beginnt die Wiedereinsetzungsfrist spätestens in dem Zeitpunkt, in dem durch Nachfragen Gewissheit über die Rechtzeitigkeit einer Verfassungsbeschwerde hätte erlangt werden können (vgl. BVerfG, NJW 1992, 38). Vorliegend ist der Wegfall des Hindernisses mit der Zustellung der Eingangsverfügung des Verfassungsgerichts anzusetzen, aus der der verspätete Eingang der Verfassungsbeschwerde für den Beschwerdeführer zu erkennen war. Die Verfügung wurde ihm am 4. November 2016 zugestellt. Der am 18. November 2016 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag war somit fristgemäß.
b. Der Antrag ist auch begründet. Der Beschwerdeführer war ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde gehindert. Ohne Verschulden handelt der Absender, wenn Schriftstücke ordnungsgemäß zu einem Zeitpunkt abgesandt werden, in dem bei der üblichen normalen Beförderungsdauer mit einem rechtzeitigen Eingang gerechnet werden konnte (vgl. BVerfGE 53, 25, 28 f; E 62, 334, 336 f; BVerfG, NVwZ 2013, 1207, 1208; Kopp/Schenke, VwGO, § 60 Rn. 17). Die Verzögerungen bei der Briefbeförderung oder -zustellung durch die Deutsche Post AG dürfen dem Beschwerdeführer nicht als Verschulden zugerechnet werden (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1516). Weder an der Ordnungsmäßigkeit noch an der Rechtzeitigkeit der Versendung der Verfassungsbeschwerdeschrift bestehen hier Zweifel. Unter Zugrundelegung des in Ablichtung eingereichten Einlieferungsbelegs und der damit übereinstimmenden Frankierung auf dem Briefumschlag ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinen Schriftsatz am 19. Oktober 2016 abgesandt hatte. Der Beschwerdeführer durfte angesichts der Informationen der Deutsche Post AG, dass Einschreiben in der Regel am Tag nach der Einlieferung zugestellt werden (www.deutschepost.de/de/e/einschreiben/haeufige-fragen.html), auch davon ausgehen, dass bei einer Aufgabe der Verfassungsbeschwerde zur Post am 19. Oktober 2016 ein Zugang bei Gericht rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdefrist erfolgen wird.
4. Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch bezogen auf die Rügen einer Verletzung der Grundrechte auf faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 LV), auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 10 LV), auf Gleichheit (Art. 12 Abs. 1 LV) sowie der Menschenwürde (Art. 7 Abs. 1 LV) unzulässig, da sie insoweit den gesetzlichen Anforderungen an ihre Begründung nicht genügt.
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg ist eine Begründung notwendig, die schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss somit umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer substantiellen argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 21. November 2014 - VfGBbg 15/14 -; vom 25. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -; vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 95/15 -; vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 2/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Bezogen auf die genannten Grundrechtsnormen lässt es der Beschwerdeführer an einer schlüssigen Darlegung der behaupteten Grundrechtsverletzung fehlen.
a. Das Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art. 52 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 LV garantiert dem Einzelnen, nicht bloßes Objekt des Verfahrens zu sein. Ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis eines Verfahrens Einfluss zu nehmen. Es gewährleistet den Parteien eines Prozesses, dass der Richter das Verfahren so gestaltet, wie es die Parteien von ihm erwarten dürfen: Er darf sich nicht widersprüchlich verhalten, darf aus eigenen, ihm zuzurechnenden Fehlern, Unklarheiten oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten und ist allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet. Mit dem Recht auf ein faires Verfahren nicht vereinbar ist es, durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Schranken den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen (vgl. Beschlüsse vom 15. Januar 2009 - VfGBbg 52/07 -; vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 35/10 -; vom 18. März 2011 - VfGBbg 3/11 -; vom 16. Dezember 2011 - VfGBbg 16/11 -; vom 19. Juni 2015 - VfGBbg 24/15 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Anhaltspunkte hierfür trägt der Beschwerdeführer nicht schlüssig vor. Insbesondere genügt hierfür eine - unterstellte - Verkennung der Amtsermittlungspflichten durch das Gericht allein noch nicht. Weder ein widersprüchliches Verhalten noch ein zu Verfahrensnachteilen des Beschwerdeführers führendes Versäumnis des Oberlandesgerichts ist vorliegend erkennbar.
b. Mit der Beschwerdebegründung ist auch keine Verletzung des Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV durch den Beschluss vom 3. August 2010 aufgezeigt.
aa. Dies gilt zunächst für das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass Rehabilitierungsanträge - wie in seinem Fall - in der Vergangenheit durch das Oberlandesgericht abgelehnt worden seien, gleichgelagerte Fälle aber in Zukunft (nach den jüngeren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Reichweite der Amtsermittlungspflicht) erfolgreich sein würden.
Dem Gleichheitssatz des Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV, der in Bezug auf gerichtliche Verfahren im Verhältnis zur Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 LV spezielleren und damit vorrangigen Norm (vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2017 - VfGBbg 16/17 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.), ist als einer Grundforderung des Rechtsstaates das Gebot der Gleichheit in der Rechtsanwendung zu entnehmen. Das bestehende Recht ist ausnahmslos ohne Ansehen der Person zu verwirklichen; jeder wird in gleicher Weise durch die Normierungen des Rechts berechtigt und verpflichtet. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass sich die Rechtsprechung eines Gerichts ändert, und diese Änderung sich nachteilig für das Rechtsschutzanliegen eines Klägers auswirkt. Aus dem Recht auf Rechtsanwendungsgleichheit kann kein Anspruch auf Fortführung einer als nicht mehr richtig erkannten Rechtsprechung abgeleitet werden. Eine solche Änderung der Rechtsprechung ist willkürfrei, wenn sie hinreichend und auf den konkreten Fall bezogen begründet ist (vgl. BVerfGK 4, 12, 15; 16, 207, 229; s. auch BVerfGE 19, 38, 47; E 71, 354, 362; E 84, 212, 227; BVerfG, NJW 1990, 3140). Abgesehen davon, dass schon eine entsprechende Änderung in der Rechtsprechung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts nicht konkret feststeht, könnte ein solche, selbst wenn sie im Sinne des Beschwerdeführers vorläge, keinen Gleichheitsverstoß begründen, da das Oberlandesgericht an einer Änderung seiner Rechtsprechung aus Anlass der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen nicht gehindert wäre.
bb. Ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV kann auch dann nicht bejaht werden, wenn man das Vorbringen des Beschwerdeführers im Sinn einer Rüge dahingehend versteht, das Oberlandesgericht habe das (Prozess-)Recht im Beschluss vom 3. August 2010 fehlerhaft angewendet.
Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Dies gilt auch für die hierzu erforderliche Aufklärung des Sachverhalts (vgl. BVerfGK 13, 472, 476). Bei der Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen ist es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichts, diese allgemein auf ihre materielle und verfahrensrechtliche Richtigkeit zu überprüfen und sich damit an die Stelle der Fachgerichte zu setzen. Das Verfassungsgericht prüft nur, ob die fachgerichtliche Entscheidung als willkürlich zu charakterisieren ist, oder Fehler erkennbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruhen. Eine gerichtliche Entscheidung stellt nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts einen Verstoß gegen das Willkürverbot dar. Dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht. Sie muss Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Beurteilungsspielraum außer Acht lässt und ganz und gar unverständlich erscheint (vgl. Beschluss vom 15. Juni 2017 - VfGBbg 50/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.). Diese Grenzen sind hier nicht überschritten.
Insbesondere stellt sich die Handhabung des Verfahrens durch das Oberlandesgericht (bzw. angesichts der Bezugnahme im Beschluss vom 3. August 2010 durch das Landgericht Cottbus) hinsichtlich der amtswegigen Aufklärung des Sachverhalts nicht als schlechthin unvertretbar dar. Ungeachtet der Frage eines Verstoßes gegen die Anforderungen des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz erscheint der Beschluss des Oberlandesgerichts nicht als eine krasse Missdeutung des Gehalts des § 10 Abs. 1 StrRehaG oder als ein ohne nachvollziehbare Begründung gebliebener Widerspruch zu einer durch Rechtsprechung und Schrifttum geklärten Rechtslage. Zwar hatte sich das Bundesverfassungsgericht bereits zuvor mehrfach zu den Anforderungen an die Amtsermittlung im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren geäußert (vgl. BVerfG, NStZ 1995, 449, 450 f; BVerfGE 101, 275, 294 f; BVerfGK 4, 119, 129 f). Jedoch hat das Oberlandesgericht keinen dem entgegenstehenden Rechtssatz aufgestellt. Es hat vielmehr unter Heranziehung prozessualer Bestimmungen (insbesondere zur Unerheblichkeit eines Zeugenbeweisantritts) keine weiteren Aufklärungsmaßnahmen für geboten erachtet, weil aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür folgen würden, dass sich der für die zu prüfende behördliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht (vollständig) aus den beigezogenen Unterlagen ergibt. Das ist jedenfalls nicht grob unvertretbar, zumal auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die Mitwirkungspflicht des Betroffenen und dessen Darlegungen abhebt, ohne insoweit allerdings die Grenzen der „nicht allzu hohen Anforderungen“ zu konkretisieren (vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerfG, Beschluss vom 2. März 2000 - 2 BvR 910/96 -, juris Rn. 34).
c. Eine Verletzung des Menschenwürde im Sinn des Art. 7 Abs. 1 LV zeigt die Beschwerdeschrift - bezogen auf den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 - gleichfalls nicht auf. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer durch die gerichtliche Entscheidung in seiner Subjektqualität, also seinem Status als Rechtssubjekt, grundsätzlich in Frage gestellt wird, indem sie die Achtung des Wertes vermissen lässt, der jedem Menschen um seiner selbst willen, kraft seines Personseins, zukommt (vgl. zu diesem Maßstab BVerfGE 115, 118, 153 m. w. Nachw.).
d. Eine Verletzung des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 10 LV) lässt die Beschwerdebegründung ebenso wenig erkennen. Wenn sich Rechtsfolgen, wie sie der Beschwerdeführer in Anspruch nimmt, schon aus den hier spezielleren Grundrechtstatbeständen nicht herleiten lassen, gilt dies erst recht mit Blick auf das allgemeinere Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, das als Auffangtatbestand subsidiär ist (vgl. Iwers, in: Lieber/Iwers/Ernst, LV, 2012, Art. 10 Anm. 2.2).
C.
Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zwar zulässig, aber unbegründet. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen landesverfassungsrechtlich verbürgten Rechten auf effektiven Rechtsschutz (I.) und auf rechtliches Gehör (II.).
I.
1. Der Beschwerdeführer hat zwar einen Verstoß gegen die Garantie des effektiven Rechtsschutzes nicht ausdrücklich gerügt. Das hindert jedoch nicht daran, im Rahmen seiner zulässigen Verfassungsbeschwerde die Prüfung hierauf zu erstrecken. Für eine Benennung des als verletzt gerügten Grundrechts im Sinn des § 46 VerfGGBbg kommt es maßgeblich darauf an, welche grundrechtliche Gewährleistung im Rahmen des Verfassungsbeschwerdevortrages der Sache nach als verletzt gerügt wird (vgl. Beschlüsse vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 41/15 -; vom 15. Juni 2017 - VfGBbg 50/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.; BVerfGE 47, 182, 186 f; BVerfG, EuGRZ 2015, 326, 328). Der Beschwerdeführer hat im Schreiben vom 18. Oktober 2016 mehrfach eine Verletzung der Prüfungs- und Ermittlungspflichten der mit der Rehabilitierung befassten Gerichte geltend macht und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2014 - 2 BvR 2063/11 - eingefordert, dass sämtliche zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen durch die Gerichte auszuschöpfen seien und die Prüfung nicht nur auf die Akten der DDR-Behörden beschränkt werden dürfe. Da diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gerade in einem Verfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz eine ungenügende Amtsermittlung unter Rückgriff auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz beanstandet hat, ist mit hinreichender Klarheit zu erkennen, dass der Beschwerdeführer hier gleichfalls einen Verstoß gegen das in der brandenburgischen Landesverfassung inhaltsgleich verbürgte Gebot effektiven Rechtsschutzes geltend macht.
2. In dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 liegt kein Verstoß gegen die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes.
a. Das Rechtsstaatsgebot der Landesverfassung (Art. 2 Abs. 1, Art. 5 LV) gewährleistet in Verbindung mit Art. 10 LV effektiven Rechtsschutz im Sinn eines Anspruchs der Bürger auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle in allen gesetzlich vorgesehenen Verfahrensarten. Die Gerichte dürfen insbesondere die von der Rechtsordnung eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen“ lassen (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 35/10 -; vom 21. Oktober 2011 - VfGBbg 35/11 -; vom 16. Dezember 2016 - VfGBbg 33/16 -; vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 2/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Sie haben bei der Auslegung und Anwendung des Prozessrechts das Ziel der Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes zu verfolgen (vgl. BVerfGE 77, 275, 284). Die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinn einer lückenlosen tatsächlich wirksamen Kontrolle begründet die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Akte der öffentlichen Gewalt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend nachzuprüfen (vgl. Urteil vom 24. Januar 2014 - VfGBbg 2/13 -; Beschluss vom 20. Februar 2015 - VfGBbg 59/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Das schließt eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen und Wertungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, im Grundsatz aus (vgl. BVerfGE 103, 142, 156; E 129, 1, 20). Das Grundrecht ist demnach unter anderem dann verletzt, wenn die Gerichte die prozessrechtlichen Möglichkeiten zur Sachverhaltsfeststellung so eng auslegen, dass ihnen eine sachliche Prüfung derjenigen Fragen, die ihnen vorgelegt worden sind, nicht möglich ist und das vom Gesetzgeber verfolgte Verfahrensziel deshalb nicht erreicht werden kann (zum Bundesrecht: BVerfG, NStZ 1995, 449, 450 f; BVerfGE 101, 275, 294 f; BVerfGK 4, 119, 129; BVerfG, EuGRZ 2014, 691, 697; Beschlüsse vom 9. Dezember 2014 ‑ 2 BvR 429/11 ‑, juris Rn. 14 ff und vom 18. Dezember 2014 - 2 BvR 2063/11 -, juris Rn. 13 ff).
§ 10 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG verpflichtet die Gerichte zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen. Dies erschien dem Gesetzgeber nicht nur wegen der Nähe zum Strafverfahren notwendig, sondern auch im Hinblick auf die besondere Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber den Antragstellern und wegen der Schwierigkeit erforderlich, die häufig in ferner Vergangenheit liegenden Sachverhalte zu ermitteln. Das Gericht muss deshalb die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen selbst prüfen. Es muss Hinweisen auf eine mögliche politische Verfolgung oder sonstige sachfremde Gründe unter Ausnutzung aller ihm im Freibeweisverfahren zur Verfügung stehenden Mittel nachgehen. Da es hierzu von Amts wegen verpflichtet ist, sind an die Darlegung durch den Antragsteller keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Das Gericht hat von sich aus - im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens - die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendigen Maßnahmen zu treffen. Es hat - unterstützt von der Staatsanwaltschaft und durch die in § 10 Abs. 2 StrRehaG normierte Mitwirkungspflicht des Antragstellers - sämtliche Erkenntnisquellen zu verwenden, die erfahrungsgemäß dazu führen können, die Angaben eines Betroffenen zu bestätigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 2 BvR 429/11 -, juris Rn. 15).
Hält sich ein Rehabilitierungsgericht an die Tatsachenfeststellungen der Gerichte oder Behörden der ehemaligen DDR für gebunden, so verweigert es dem Betroffenen die von Rechtsstaats wegen geforderte Überprüfung erheblicher Tatsachen und verfehlt damit schlechterdings das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, zur Rehabilitierung politisch (Straf-)Verfolgter die fortdauernde Wirksamkeit von Urteilen dieser Gerichte oder Entscheidungen dieser Behörden zu durchbrechen. Ein solchermaßen ineffektives Rehabilitierungsverfahren steht in Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - 2 BvR 2063/11 -, juris Rn. 15).
Erst wenn das Gericht alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft hat, entscheidet es in freier Beweiswürdigung. § 10 Abs. 2 StrRehaG fordert insoweit nicht den vollen Beweis, sondern lässt die Glaubhaftmachung genügen. Damit wird für das Rehabilitierungsverfahren ausdrücklich klargestellt, dass der Richter sich für seine Überzeugungsbildung mit einem geringeren Maß an Wahrscheinlichkeit begnügen kann. Es genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen geht allerdings zu Lasten des Antragstellers. Die Rehabilitierungsgerichte sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, im Zweifel für den Antragsteller zu entscheiden. Der Grundsatz in dubio pro reo gilt nicht (vgl. BVerfG, EuGRZ 2014, 691, 697).
b. Nach diesen Maßstäben ist nicht festzustellen, dass das Oberlandesgericht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens und der daraufhin ergangenen Entscheidung die sich aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ergebenden Anforderungen verkannt hat.
Insbesondere liegt dem Beschluss des Oberlandesgerichts, der im Wesentlichen auf den des Landgerichts Bezug nimmt, nicht die Annahme zugrunde, an die Feststellungen des Jugendhilfeausschusses des Rates des Kreises Lübben gebunden und deshalb an einer eigenständigen Überprüfung des Sachverhalts gehindert zu sein.
Vielmehr hat das Landgericht mit der Beiziehung der den Beschwerdeführer betreffenden Akte des Referats Jugendhilfe des Rates des Kreises Lübben, die den Beschluss über die Anordnung der Heimerziehung umfasste, den Sachverhalt erforscht und ist seiner Amtsermittlungspflicht nachgekommen. Die vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Landgerichts lassen auch erkennen, dass geprüft worden ist, ob der Jugendhilfeausschuss von unzutreffenden Tatsachen für die Entscheidung über die Heimerziehung des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Tragfähige Anhaltspunkte hierfür - insbesondere eine Manipulation der in der Jugendhilfeakte festgehaltenen Informationen - hat es verneint. Es hat damit zugleich verdeutlicht, dass es sich nicht an die im Beschluss der Behörde getroffenen Feststellungen gebunden gesehen hat.
Es unterliegt im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Prüfung auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass die mit dem Rehabilitierungsbegehren des Beschwerdeführers befassten Gerichte im Rahmen des ihnen eröffneten pflichtgemäßen Ermessens in dessen Darstellung der zurückliegenden Geschehnisse keinen Ansatz für eine darüber hinausgehende Sachverhaltsaufklärung gesehen haben. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Anordnung der Heimerziehung und die Unterbringung in einem Jugendwerkhof habe der politischen Verfolgung seiner Person gedient. Denn auch eine Amtsermittlungspflicht erfordert mit Blick auf die Anforderungen effektiven Rechtsschutzes keine ziellose Aufklärung ins Blaue hinein. Vielmehr setzt sie eine Veranlassung durch die vom Rehabilitierungsantragsteller aufgrund seiner Mitwirkungspflicht nach § 10 Abs. 2 StrRehaG geforderten Darlegungen voraus. Ausgehend vom Zweck des Rehabilitierungsverfahrens sind hieran zwar keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; notwendig ist indes wenigstens der Vortrag eines Sachverhalts, der bezogen auf eine rehabilitierungsfähige Maßnahme auf das Vorliegen eines Rehabilitierungstatbestandes zumindest hindeutet und einen Bedarf für nähere Erforschung und Verifizierung erkennen lässt (vgl. Bruns/Schröder/Tappert, VIZ 1993, 177, 181; s. auch die Formulierung in BVerfGE 101, 275, 295: „… der Vortrag politischer Verfolgung Anlass zur Prüfung gegeben …“ und BVerfG, EuGRZ 2014, 691, 697: „Eine Gesamtschau des Vorbringens … lässt es aber nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen, dass … die Heimeinweisung mit dem Ziel erfolgt ist, …“). Eine in diesem Sinn verfassungsrelevant unzureichende Sachverhaltsaufklärung liegt dem Beschluss des Oberlandesgerichts nicht zugrunde.
aa. Ein Rehabilitierungsanspruch ist nach den maßgeblichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StrRehaG gegeben, wenn die Anordnung der Heimerziehung der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat oder wenn die Einweisungsentscheidung aus sonstigen Gründen mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlich rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil die angeordnete Unterbringung in einem groben Missverhältnis zu ihrem Anlass stand.
Ausweislich des Beschlusses des Jugendhilfeausschusses vom 28. März 1984 beruhte die Anordnung der Heimerziehung zusammengefasst auf erheblichen Erziehungsdefiziten des Beschwerdeführers, die sich maßgeblich in einer Schulverweigerung manifestierten, und die durch das Elternhaus trotz Betreuung durch die Jugendhilfeorgane nicht mehr bewältigt werden konnten. Die Argumentation des Jugendhilfeausschusses orientiert sich damit erkennbar an den seinerzeit geltenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Heimerziehung in § 50 Familiengesetzbuch vom 20. Dezember 1965 (GBl. DDR I S. 19) i. V. m. § 23 Abs. 1 Buchst. f), § 26 Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Organe der Jugendhilfe (Jugendhilfeverordnung) vom 3. März 1966 (GBl. DDR II S. 215). Nach § 50 Satz 1 FGB hatte das Organ der Jugendhilfe nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen Maßnahmen zu treffen, wenn die Erziehung und Entwicklung oder die Gesundheit des Kindes gefährdet und auch bei gesellschaftlicher Unterstützung der Eltern nicht gesichert sind. Einen Rehabilitierungstatbestand lässt dies nicht erkennen.
bb. Soweit der Beschwerdeführer ein grobes Missverhältnis der Heimunterbringung zu ihrem Anlass geltend macht und wiederholt auf die „Vorenthaltung von Bildung“ abstellt, ist ein Ermittlungsdefizit des Oberlandesgerichts nicht erkennbar. Denn der unterbliebene Abschluss der Schulbildung bis zur 10. Klasse und die „Berufsausbildung“ als Teilfacharbeiter sind unstreitige Tatsachen; insoweit war nichts zu „ermitteln“. Dass das Gericht diese Umstände für nicht ausreichend erachtet hat, ein grobes Missverhältnis zu begründen, betrifft nicht mehr die Anwendung des Verfahrensrechts, sondern die materiell-rechtliche Bewertung der Sachlage durch das Oberlandesgericht (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG). Hierfür lassen sich dem Gebot effektiven Rechtsschutzes keine Vorgaben entnehmen.
cc. Nach der - hier verfassungsgerichtlich nicht zu prüfenden und daher zugrunde zu legenden - Rechtsprechung der Rehabilitierungsgerichte diente die Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche nur dann im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG der politischen Verfolgung, wenn sie nach der ihr erkennbar innewohnenden Zweckbestimmung zumindest auch darauf abzielte, eine politische intendierte Benachteiligung herbeizuführen. Erfasst werden Maßnahmen, die ihrem inhaltlichen Charakter nach erkennbar darauf gerichtet waren, den Betroffenen wegen seiner - tatsächlich oder vermeintlich gegebenen - politischen Überzeugung, religiösen Grundentscheidung oder eines anderen für ihn unverfügbaren persönlichen Merkmals zu diskriminieren (vgl. BGHSt 60, 218, 223 ff; s. auch Schröder, in: Bruns/Schröder/Tappert, StrRehaG, 1993, § 1 Rn. 81). Maßgeblich ist dabei die Intention der staatlichen Stellen, nicht die des Betroffenen (vgl. BVerfG, NStZ 1995, 234, 235). Daher kann es die Annahme einer politischen Verfolgung im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG tragen, wenn die Anordnung der Heimerziehung zur Bekämpfung einer missliebigen (vermeintlichen) politischen Gesinnung oder aufgrund politisch-ideologischer Abweichung etwa infolge einer (politischen) Meinungsäußerung erfolgte (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 13. November 2012 - 2 Ws (Reh) 205/12 -, juris Rn. 8; Thüringer OLG, Beschlüsse vom 21. Juli 2008 - 1 Ws Reha 10/08 -, juris Rn. 15; vom 31. Juli 2014 - 1 Ws Reha 21/14 -, juris Rn. 2; OLG Dresden, Beschluss vom 2. April 2012 - 1 Reha Ws 184/10 -, juris Rn. 10 f). Notwendig wären demnach Ansatzpunkte für eine in der Entscheidung erkennbare politisch-ideologische Zwecksetzung des mit dem Rehabilitierungsantrag zur Überprüfung gestellten Beschlusses vom 28. März 1984 gewesen, die durch weitere Ermittlungsaktivitäten des Land- oder des Oberlandesgerichtes näher hätten ergründet und bestätigt werden können. Die Rehabilitierungsgerichte haben dies im Ergebnis ohne Verfassungsverstoß verneint.
Wie sich gerade auch der fachgerichtlichen Begründung der eine Rehabilitierung versagenden Entscheidung, „eine Manipulation der … Unterlagen“ könne „nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden“, entnehmen lässt, sind die Gerichte davon ausgegangen, dass die beigezogene Jugendamtsakte die Grundlagen der getroffenen „Maßnahme zur Sicherung der Erziehung“ zutreffend wiedergibt und es keinen verborgenen „wahren“ Grund für die Anordnung der Heimerziehung - wie ihn der Beschwerdeführer angebracht hat - gegeben hat. Anknüpfungspunkte für Nachforschungen, die die These des Beschwerdeführers hätten untermauern und bestätigen können, dass die involvierten staatlichen Behörden von seiner im Rehabilitierungsverfahren dargestellten abweichenden politischen Haltung Kenntnis oder ihm eine solche angesichts seines Verhaltens in schulischen Dingen oder im Zusammenhang mit dem „Jugendclub“ zumindest zugeschrieben hatten und dies der „eigentliche“ Anlass war, die Heimunterbringungsmaßnahme zu ergreifen, sind nicht ersichtlich. Vor allem sprechen die vom Beschwerdeführer im Rehabilitierungsverfahren eingereichten Unterlagen nicht dafür. Weder die vorliegenden schulischen Dokumente - namentlich die von der Direktorin und der Klassenlehrerin unterzeichnete Beurteilung vom 27. März 1984 - noch der Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 28. März 1984 oder das Schreiben des Referats Jugendhilfe vom 9. August 1984 deuten eine „politische Unzuverlässigkeit“ des Beschwerdeführers auch nur an. In dieser Hinsicht gänzlich unergiebig sind die mit dem Rehabilitierungsantrag vorgelegten Stellungnahmen des Beschwerdeführers, die dieser offensichtlich in Reaktion auf den Heimeinweisungsbeschluss verfasst hatte. Auch das mit dem Rehabilitierungsantrag dem Landgericht vorgelegte und vom Beschwerdeführer wiederholt in den Fokus gerückte „Kampfprogramm der Schulparteiorganisation des IV. GS ‚W. Pieck‘ Lübben“ gibt für die Frage der Beurteilung einer politischen Zielsetzung bei der Anordnung der Heimerziehung nichts her. Es lässt schon keinen Bezug zum Fall des Beschwerdeführers erkennen. Sein Hinweis im Rehabilitierungsantrag, aus dem Schreiben gehe hervor, dass „meiner Klasse 9a besonderes Augenmerk gewidmet“ worden sei, ist nicht tragfähig. Denn das fragliche Schreiben ist nicht datiert und lässt somit nicht erkennen, dass gerade der Jahrgang des Beschwerdeführers gemeint war. Dies dürfte angesichts der Präambel-Bezugnahme auf den „IX. Parteitag der SED“ und die „11. Tagung des ZK der SED“ auch kaum der Fall gewesen sein. Der Parteitag fand im Mai 1976 statt, während die genannte Tagung im Dezember 1979 durchgeführt wurde. Im Zeitpunkt der Heimeinweisung des Beschwerdeführers 1984 hatte bereits im April 1981 der X. Parteitag der SED stattgefunden. Angesichts der Praxis, die Materialien der ZK-Sitzungen von den Parteileitungen und allen Mitgliedern für die konkrete Parteiarbeit die aktuelle Linie der Partei auszuwerten (vgl. Zimmermann, DDR-Handbuch, 3. Aufl. 1985, S. 1542), erscheint eine Bezugnahme auf einen bereits „überholten“ Parteitag unplausibel.
Da der Beschwerdeführer im Rehabilitierungsverfahren im Oktober 2008 selbst eine Auskunft der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR vom 21. November 2007 vorgelegt hatte, wonach keine ihn betreffenden Funde zu verzeichnen waren, ist nicht erkennbar, dass das Absehen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts davon, die Bundesbeauftragte erneut um Auskunft zu ersuchen, mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der ausreichenden Sachverhaltsermittlung unvereinbar gewesen ist. Eine konkrete Aussicht auf nunmehr bei der Behörde auffindbare Unterlagen über den Beschwerdeführer musste von den ermittelnden Gerichten nicht angenommen werden.
Soweit der Beschwerdeführer wiederholt rügt, weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht hätten die von ihm zahlreich benannten Zeugen vernommen, führt dies im vorliegenden Zusammenhang nicht zum Erfolg. Es ist davon auszugehen, dass die mit dem Rehabilitierungsantrag befassten Gerichte ihre Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts auch insoweit nicht in verfassungswidriger Weise vernachlässigt haben, weil nicht ansatzweise ersichtlich ist, aus welchen Gründen Angaben zur „wahren“ Zielsetzung des Referats Jugendhilfe bei der Anordnung der Heimerziehung zu erwarten gewesen sein sollten.
dd. Bezüglich des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rehabilitierungsgrundes des sonstigen sachfremden Zweckes, es sei allein darum gegangen, ihn aus der Schule zu drängen, sind ebenfalls keine hinreichenden Ansatzpunkte für weitergehende Amtsermittlungen ersichtlich. Sachfremd ist der Zweck, der deutlich von den Zwecken abweicht, die von einer freiheitlich rechtsstaatlichen Ordnung als zur Rechtfertigung einer Unterbringung anerkannt sind (vgl. KG, Beschluss vom 30. September 2011 - 2 Ws 641/10 REHA -, juris Rn. 41), wenn die Einweisung mithin nicht gedeckt ist durch den üblichen und rechtsstaatskonformen Zweck der Unterbringung eines Kindes in einem Heim (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 2 Ws (Reh) 22/14 -, juris Rn. 12). Die erheblichen Fehlzeiten und auch die unzureichende Mitwirkung des Beschwerdeführers in der Schule, die ihm durch den Beschluss vom 28. März 1984 attestiert wurden, stellt er nicht in Abrede. Er setzt sie lediglich in einen anderen Kontext.
Den im Beschluss des Landgerichts ausführlich zitierten Vermerken über die Treffen der Vertreter der Jugendhilfe mit ihm und seiner Mutter setzt der Beschwerdeführer im Beschwerdevorbringen beim Oberlandesgericht lediglich die Behauptung entgegen, diese seien, da sie von ihnen seinerzeit nicht gegengezeichnet worden seien, dem Verdacht der Manipulation ausgesetzt. Eine konkrete abweichende Schilderung der damaligen familiären Verhältnisse durch den Beschwerdeführer oder insbesondere seine Mutter, eines ihm wohl recht einfach zugänglichen Beweismittels, bleibt er schuldig. Vielmehr beschränkt er sich auf die summarische Aussage, dass es ein Fehlverhalten im familiären Bereich nicht gegeben habe.
II.
Der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 lässt auch keinen Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör nach Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV erkennen.
1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ist der in Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV enthaltene Anspruch auf rechtliches Gehör eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das Gebiet des gerichtlichen Verfahrens. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2017 - VfGBbg 39/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfGE 84, 188, 190; E 89, 28, 35). Die Verfassungsbestimmung soll sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV gewährt den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den für diese erheblichen Sach- und Rechtsfragen zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und rechtzeitiges, möglicherweise erhebliches Vorbringen bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht dieser Pflicht nachkommt, und es von Verfassungs wegen nicht jedes vorgebrachte Argument ausdrücklich bescheiden muss, bedarf es besonderer Umstände für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV (vgl. Beschlüsse vom 15. September 1994 - VfGBbg 10/93 -, LVerfGE 2, 179, 182; vom 16. Juni 2005 - VfGBbg 2/05 -, LVerfGE 16, 157, 162; vom 10. Mai 2007 - VfGBbg 8/07 -, LVerfGE 18, 150, 157; vom 9. September 2016 - VfGBbg 9/16 -, www.verfassungsgericht. brandenburg.de, ). Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV gebietet in Verbindung mit den Grundsätzen der dem jeweiligen Verfahren zugrundeliegenden Prozessordnungen zudem die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (vgl. Beschluss vom 21. September 2000 - VfGBbg 38/00 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 133, 139; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, www.verfassungs-gericht.brandenburg.de; BVerfGE 50, 32, 35; E 60, 247, 249; BVerfGK 13, 218, 225). Die Norm gewährt allerdings keinen Schutz dagegen, dass das Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts - etwa wegen sachlicher Unerheblichkeit - ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt; der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur verletzt, wenn die Nichtberücksichtigung von Vortrag oder von Beweisanträgen im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. Beschlüsse vom 21. September 2000 - VfGBbg 38/00 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 133, 139; vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, www.verfassungsgericht.bran-denburg.de; BVerfGE 50, 32, 36; E 60, 250, 252; E 65, 305, 307; E 69, 141, 143 f; E 105, 279, 311; BVerfGK 12, 346, 351; 13, 218, 226). Auch ergibt sich aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Das Grundrecht schützt die Verfahrensbeteiligten nicht davor, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt und zu einer abweichenden (womöglich auch unzutreffenden) Rechtsauffassung gelangt (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 2/16 -; vom 17. November 2017 - VfGBbg 22/17 -; vom 19. Januar 2018 - VfGBbg 81/17 -, www.verfassungsgericht. brandenburg.de, m. w. Nachw.).
2. Eine mit diesen Grundsätzen unvereinbare Handhabung durch das Oberlandesgericht liegt nicht vor.
Das Oberlandesgericht hat sich in seinem Tenorbeschluss der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch das Landgericht Cottbus angeschlossen, da das Beschwerdevorbringen diese Erwägungen nicht in Frage gestellt habe.
Das Landgericht Cottbus wiederum hat zentrale Argumente des Beschwerdeführers aufgegriffen, diese beschieden und damit zu erkennen gegeben, dass es das Vorbringen insoweit zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat. So ist es davon ausgegangen, dass keine politische Verfolgung mit der Anordnung der Heimerziehung erfolgt sei, da die im Beschluss des Jugendhilfeausschusses angegebenen Gründe der Schulbummelei und des Fehlverhaltens im familiären Bereich aus den Akten bestätigt würden. Insbesondere habe der Beschwerdeführer das wiederholte Versäumen von Schulstunden selbst eingeräumt. Die Vernehmung der beiden vom Beschwerdeführer benannten Zeugen zur Frage, wie bei anderen Schülern auf Fehlstunden reagiert worden sei, lehnte das Landgericht wegen Unerheblichkeit ab, ohne dass hierin eine unvertretbare gerichtliche Wertung liegen würde. Weder sei für eine Manipulation von Unterlagen durch die Schulleiterin aus den Akten etwas ersichtlich noch gehe aus diesen hervor, dass sich ein Mitglied des Klassenaktivs geweigert habe, eine geänderte Version der Beurteilung zu unterschreiben (so dass sich damit nach der Argumentation des Landgerichts ersichtlich eine Vernehmung zweier weiterer namentlich benannter Zeugen erübrigte), denn auch andere Unterlagen belegten die gleichgültige und oberflächliche Lern- und Arbeitseinstellung des Beschwerdeführers.
Die Probleme im häuslichen Bereich seien u. a. durch einen Vermerk über eine Vorsprache der Mutter des Beschwerdeführers beim Referat Jugendhilfe vom November 1983 belegt (was wiederum dahin zu verstehen ist, dass nach Ansicht des Landgerichts eine Vernehmung der Mutter und des Bruders des Beschwerdeführers nicht erforderlich war). Auf den Einwand des Beschwerdeführers, ihm sei durch die Anordnung der Heimerziehung der Erwerb von Bildung und der Abschluss seiner Schulausbildung vorenthalten worden, geht das Landgericht mit dem Hinweis ein, dass in der Zeit der Heimunterbringung eine Ausbildung zum Teilfacharbeiter für industrielle Möbelfertigung ermöglicht worden sei.
Auch der Umstand, dass der im Rehabilitierungsverfahren vom Beschwerdeführer schon im Antrag vom 14. November 2007 angesprochene und später wiederholte Vortrag, er sei Initiator und Leiter eines unabhängigen „Jugendclubs“ gewesen und deshalb in das Visier staatlicher Stellen geraten, jenseits einer Wiedergabe in Ziffer II. der Beschlussgründe durch das Landgericht nicht ausdrücklich aufgegriffen und bewertet wurde, begründet keinen Gehörsverstoß. Besondere Umstände, die im vorliegenden Verfahren die grundsätzliche Annahme, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben, in Frage stellten, sind diesbezüglich nicht ersichtlich. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies grundsätzlich auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2000 - VfGBbg 39/99 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 45, 52 f; zum Bundesrecht: BVerfGE 86, 133, 146; BVerfGK 1, 259, 263). Ungeachtet der Frage, ob das hier in Rede stehende Vorbringen zum wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags des Beschwerdeführers zu zählen ist, ist die unterbliebene ausdrückliche Behandlung durch das Landgericht jedenfalls nicht als relevante Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör einzuordnen. Denn aus den maßgeblichen rechtlichen Erwägungen des Landgerichts wird ersichtlich, dass der fragliche Umstand für die Bewertung der Maßnahme der Anordnung der Heimerziehung unerheblich war, da das Landgericht davon ausgegangen ist, dass die beigezogene Jugendhilfeakte frei von Manipulationen war und somit die Gründe für den Beschluss vom 28. März 1984 zutreffend wiedergegeben hat. Welche Rolle dem Beschwerdeführer bei der Bildung des „freien Jugendclubs“ zugekommen war, hatte somit - aus Sicht des Landgerichts - keinen Einfluss auf die Entscheidung des Jugendhilfeausschusses. Auch diesbezüglich ist es nicht Bestandteil der Prüfung der gerichtlichen Entscheidung unter dem Aspekt der Wahrung rechtlichen Gehörs, ob es sich dabei um eine zutreffende rechtliche Wertung handelt.
D.
Die Entscheidung ist mit 5 : 3 Stimmen ergangen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dresen |
Dr. Fuchsloch | Dr. Lammer |
Nitsche | Schmidt |
Sondervotum
VfGBbg 56/16
I.
Das Verfassungsgericht ist der Auffassung, für die Bescheidung der vom Beschwerdeführer beantragten Rehabilitierung komme es nicht darauf an, ob die Gründung des unabhängigen Jugendclubs und das damit zusammenhängende Geschehen zum wesentlichen Kern des Tatsachenvortrages des Beschwerdeführers gehört. Nach den „rechtlichen Erwägungen" des Landgerichtes sei dies unerheblich für die Entscheidung der damaligen staatlichen Organe der DDR gewesen. Dem können wir nicht zustimmen.
II.
1. Artikel 52 Abs. 3 Alt. 2 der Landesverfassung (LV) garantiert, dass alle Menschen vor Gericht Anspruch auf rechtliches Gehör haben. Die Norm gewährleistet nicht nur ein inneres, stilles richterliches Bedenken, sondern garantiert auch eine Begründung des Gerichtes, die es ermöglicht, die Entscheidung nachzuvollziehen. Das Gericht ist dabei nicht gehalten, jedes Vorbringen in den Gründen zu bescheiden, es hat bei der Abfassung der Entscheidungsgründe eine gewisse Freiheit. Mit jedem Vorbringen sich in den Entscheidungsgründen zu befassen, ist das Gericht nicht verpflichtet. Deshalb müssen, soll das Verfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 53 Abs. 3 LV feststellen, im Einzelfall besondere Umstände ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder dort bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist. Auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrages und der Rechtsausführungen einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von entscheidender Bedeutung ist, muss es aber eingehen. Geschieht dies nicht, so verletzt das Gericht die Garantie rechtlichen Gehörs. Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag nicht oder doch nicht hinreichend beachtet wurde (BVerfGE 47, 182; 86, 133; Beschluss vom 25. Juni 1992 - 1 BvR 600/92 -; zuletzt Beschlüsse vom 27. Februar 2018 - 2 BvR 2821/14 -, vom 14. September 2016 - 1 BvR 1304/13 -; vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 - und vom 29. Oktober 2015 - 2 BvR 1493/11 -). Dagegen bietet Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz und in gleicher Weise Art. 52 Abs. 3 LV Schutz.
2. Nach diesem Maßstab hätte sich das Landgericht bei seiner Entscheidung mit dem Vortrag des Beschwerdeführers, seine Aktivitäten um die Bildung eines unabhängigen Jugendclubs in L. hätten zu seiner zwangsweisen 16-monatigen Unterbringung in dem Jugendwerkhof R. in M. vom August 1984 bis zum November 1985 beigetragen, ausdrücklich auseinandersetzen müssen.
a. aa. Das Geschehen gehört zum wesentlichen Teil des Tatsachenvortrags des Beschwerdeführers.
Schon in seinem Rehabilitierungsantrag vom 19. November 2007 nehmen die Begebenheiten breiten Raum ein. In der schlagwortartigen Umschreibung, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer seinerzeit in den Jugendwerkhof eingewiesen worden sei, führt er „ungelenkte, niveaulose Freizeitgestaltung" an, neben der Schulbummelei und den häuslichen Schwierigkeiten. In der sich anschließenden ausführlichen Darstellung des Sachverhaltes schildert er sehr ausführlich, er habe einen unabhängigen Jugendclub gegründet und verknüpft dies mit seinem schulischen Verhalten. Bestimmte Erziehungsmaßnahmen seien nur aus diesem Zusammenhang zu verstehen. Er beschreibt Einzelheiten und untermauert diese mit einer ganzen Reihe von Lichtbildern, die verdeutlichen sollen, dass die von ihm für eine größere Zahl von Jugendlichen organisierte Freizeitgestaltung bei der Heimweisung durch die Organe der Jugendhilfe eine nicht unerhebliche Rolle gespielt habe. Später, unter dem 28. Oktober 2008, ergänzt er seinen Rehabilitierungsantrag. Er sei frei gewählter Kopf des unabhängigen Jugendclubs gewesen. Sein Ziel sei es gewesen, die Jugendlichen von der Straße zu holen. Der Club habe sich großer Beliebtheit auch bei ca. einhundert Nichtmitgliedern erfreut, er, der Beschwerdeführer, sei dadurch in der ganzen Stadt bekannt gewesen. Da zahlreiche Mitschüler der Schule dem Club angehörten, sei es auf den Club zurückgeführt worden, wenn es zu „klassenweiser Schulbummelei“ gekommen sei. Seine Rolle als frei gewählter Vorsitzender des Clubs sei auch der Schulleitung bekannt gewesen, man habe ihn für alles verantwortlich gemacht, mit dem die Schulleitung nicht fertig geworden sei. Die Direktorin habe ihn als Rädelsführer aus dem Weg schaffen wollen. In seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts geht der Beschwerdeführer nochmals auf das Geschehen um den unabhängigen Jugendclub ein und führt erneut aus, dass gegen ihn auch deshalb vorgegangen worden sei, weil der Schulleitung bekannt gewesen sei, dass er den Jugendclub organisiere. In diesem Zusammenhang legt er eine eigene Stellungnahme aus damaliger Zeit vor, aus der hervorgeht, dass er im Vorfeld der Einweisung in den Jugendwerkhof auch auf seine Freizeitgestaltung eingegangen ist.
bb. Dieser Teil des Tatsachenvortrags ist vom Gericht nicht beschieden worden.
Das Landgericht gibt im Tatbestand als Vortrag des Beschwerdeführers in zwei Sätzen knapp die Gründung des unabhängigen Jugendclubs durch den Beschwerdeführer wieder. In den Entscheidungsgründen verliert das Gericht dieses Geschehen aber aus den Augen; es wird vom Gericht vollständig übergangen. Das Gericht referiert in dem Beschluss in indirekter Rede beinahe ausschließlich die Jugendhilfeakte des Rates des Kreises Lübben. Auf das gesamte Freizeitverhalten des Beschwerdeführers geht das Gericht gar nicht ein.
b. Der Vortrag war auch nicht nach dem der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsstandpunkt des Gerichtes unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert (vgl. BVerfGE 86, 133, 146; 47, 182, 187).
aa. Prozessrechtlich tragfähige Gründe, das Geschehen um den vom Beschwerdeführer vorgetragenen „freien Jugendclub“ außer Acht zu lassen, sind nicht ersichtlich. Eine Begrenzung der vom Gericht bei der Rehabilitierungsentscheidung zu prüfenden Tatsachen auf die in der DDR angelegten Akten der Jugendhilfeorgane, die im Zusammenhang mit der Freiheitsentziehung angelegt worden sind, sieht das Gesetz offensichtlich nicht vor.
bb. Der materiell-rechtliche Ansatz des Gerichtes ist ebenfalls nicht geeignet, den Vortrag als unerheblich anzusehen. Tatbestandliches Geschehen, das zu einer Rehabilitierung führt, ist auch eine Anordnung der Heimerziehung, die wesentlich dadurch motiviert war, den Betroffenen wegen seiner inneren Einstellung zu disziplinieren, auch wenn gleichzeitig schwerwiegende Erziehungsdefizite des Betroffenen vorgelegen haben (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 2. April 2012 - 1 Reha Ws 184/10 -; OLG Naumburg, Beschluss vom 13. November 2012 - 2 Ws (Reh) 205/12 -); eine Heimerziehung in einem Jugendwerkhof der DDR wird zudem schon dann als Freiheitsentziehung im Sinne des § 2 StrRehaG angesehen, wenn die Maßnahme im Hinblick auf das vorhergehende Verhalten des damaligen Jugendlichen unverhältnismäßig war.
c. aa. Die Mehrheit des Gerichts geht davon aus, das Landgericht habe den Vortrag zu dem Jugendclub für unbeachtlich halten dürfen, weil dieser in der beigezogenen Jugendhilfeakte, die frei von Manipulationen gewesen sei, keine Erwähnung gefunden habe. Damit könnten mögliche Vorgänge um einen unabhängigen Jugendclub bei der Anordnung der Maßnahme der Heimerziehung keine maßgebliche Bedeutung gehabt haben. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Gründe für die Anordnung der Heimerziehung „somit“ in der Jugendhilfeakte zutreffend und vollständig wiedergegeben seien. Diese Argumentation der Mehrheit des Gerichts kann jedoch schon deshalb nicht überzeugen, weil den Ausführungen des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts keinesfalls entnommen werden kann, dass dieses selbst dieser Auffassung war und die seinerzeit angelegten Verwaltungsvorgänge inhaltlich für abschließend und vollständig gehalten hat. Das Landgericht verhält sich vielmehr schlicht nicht zu dem Vortrag des Beschwerdeführers und schweigt damit vollständig zu erheblichen tatsächlichen Umständen, die nicht nur aus der Sicht des Beschwerdeführers für die Anordnung der Heimerziehung maßgeblich gewesen sein können.
bb. Die Mehrheit des Gerichts meint weiter, die Frage, ob es sich um wesentlichen Vortrag handelt, offen lassen zu können. Dies verkürzt das von der Verfassung geschützte Gehörsrecht unzulässig und setzt die Mehrheit zudem in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 47, 182; zuletzt Beschlüsse vom 27. Februar 2018 - 2 BvR 2821/14 - und vom 14. September 2016 - 1 BvR 1304/13 -), ohne dies freilich näher zu begründen. Rechtliches Gehör garantiert aber, wie dargestellt, dass der wesentliche Kern des Tatsachenvortrags vom Gericht, wenn auch knapp, beschieden wird. Die Antwort auf die Frage, ob der in den angegriffenen Entscheidungen nicht beschiedene Vortrag des Beschwerdeführers wesentlich war oder nicht, darf deshalb nicht offen bleiben.
cc. Wenn eingewandt wird, Hinweise auf eine politische Unzuverlässigkeit wären erfahrungsgemäß in der Jugendhilfeakte dokumentiert worden, verfängt dies nicht. Denn dies betrifft die Begründetheit des Rehabilitierungsantrags. Ob das damalige Geschehen zu einer Rehabilitierung hätte führen müssen, ist eine Frage der Begründetheit im Einzelfall, die das Verfassungsgericht bei der Entscheidung, ob rechtliches Gehör verletzt ist, generell nicht in den Blick zu nehmen hat, und verkürzt überdies, gegen den Gesetzwortlaut und die obergerichtliche Rechtsprechung, den gesetzlichen Rehabilitierungstatbestand allein auf eine politische Verfolgung. Das Gericht ist aber nicht dazu berufen, wesentliche Umstände, die bei der Rehabilitierungsentscheidung nicht beschieden worden sind, aber hätten beschieden werden müssen, selbst zu würdigen. Dies würde den Schutz des formellen Grundrechtes auf rechtliches Gehörs unzulässig verkürzen.
3. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Landgericht zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, wenn es den Vortrag des Beschwerdeführers bei seiner Entscheidungsfindung hinreichend beachtet hätte.
III.
Nach all dem bleibt es bei unserer Auffassung, dass rechtliches Gehör es gebietet, dass wesentlicher Tatsachenvortrag vom Gericht beschieden werden muss. Die Entscheidungen des Landgerichts Cottbus vom 11. Mai 2010 (36 BRH 147/07) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. August 2010 (2 Ws (Reha) 60/10) verstoßen deshalb gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör nach Art. 51 Abs. 3 Alt. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg.
Möller | Dielitz | Dr. Lammer Verfassungsrichter Dr. Lammer ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben |
Möller | ||