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VerfGBbg, Beschluss vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 84/19 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 6; LV, Art. 8; LV, Art. 26 Abs. 1 Satz 2; LV, Art. 52 Abs. 1 Satz 2; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2
- AsylG, § 78 Abs. 3 Nr. 3; AsylG, § 78 Abs. 4 Satz 4
- VwGO, § 122 Abs. 2 Satz 1; VwGO, § 138
Schlagworte: - Asyl
- Pakistan
- Behinderung
- Trisomie 21
- Gesetzlicher Richter
- Besetzungsrüge
- Verhinderung
- Geschäftsverteilungsplan
- Zuständigkeit
- Befangenheitsantrag
- Rechtliches Gehör
- Überraschungsentscheidung
- Subsidiarität
- Rechtsweggarantie
- Überspannung
- Überspannte Anforderungen an Darlegungen
- Nichtzulassungsbeschwerde
- Antrag auf Zulassung der Berufung
- gemeinsames Obergericht
- Bundesbehörde
- Brandenburger Fall
- Selbstentscheidung überholt
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 84/19 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 84/19




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 84/19

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

1.         A.,

Beschwerdeführer,

2.         A.,

Beschwerdeführerin,

3.         A.,
gesetzlich vertreten durch die Eltern
A. und A.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:              Rechtsanwalt
                                                                 F.,

beteiligt:

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg,
vertreten durch den Präsidenten,
Hardenbergstraße 31,
10623 Berlin,

wegen       Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. August 2019 - OVG 6 N 45.19

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 23. Oktober 2020

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Dr. Lammer, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerden werden teilweise verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

 

Gründe:

 

A.

Die Beschwerdeführer und die Beschwerdeführerin (im Folgenden: die Beschwerdeführer) wenden sich mit ihren Verfassungs­beschwerden gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg im Rahmen ihres Asylverfahrens, mit dem ihr Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein u. a. ihre Flüchtlingseigenschaft verneinendes Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam abgelehnt wurde.

I.

Sie sind pakistanische Staatsangehörige. Bei dem Beschwerdeführer zu 3. ist Trisomie 21 diagnostiziert; er leidet an mehreren chronischen Krankheiten bzw. Beeinträchtigungen. Im Asylverfahren beriefen sie sich auf eine politische Verfolgung des Beschwerdeführers zu 1.

1. Gegen die Ablehnung der Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft, des Asylrechts und des subsidiären Schutzstatus durch Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge aus dem Jahr 2016 klagten die Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Potsdam. Sie trugen u. a. vor, eine Mindestbehandlung der Trisomie 21 des Beschwerdeführers zu 3. sei in Pakistan nicht möglich.

Sie beantragten unter dem 3. August 2017, vertreten durch ihren nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten, Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren. Diesen Antrag lehnte die Einzelrichterin der 11. Kammer des Verwaltungsgericht Potsdam, Richterin am Verwaltungsgericht (Ri’inVG) A., am 4. Oktober 2017 ab, da die Rechts­verfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Auf Nachfrage des Verfahrensbevollmächtigten unmittelbar vor der Eröffnung der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2017 verlas diese Richterin den ergangenen Beschluss. Der Verfahrensbevollmächtigte beanstandete eine unzureichende Begründung und stellte einen weiteren Prozesskostenhilfeantrag, der wiederum abgelehnt wurde.

Die Beschwerdeführer lehnten daraufhin die Richterin als befangen ab und kündigten eine Begründung des Antrags an. Die Richterin eröffnete sodann, nachdem sie sich kurz zur Beratung zurückgezogen hatte, um 15:50 Uhr die mündliche Verhandlung und verwarf den Befangenheitsantrag als unzulässig, da er nur auf die Verhinderung des Termins gerichtet sei.

Die Beschwerdeführer lehnten die Richterin erneut als befangen ab. Nach weiterer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung wurde die Richterbank mit dem Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht (VRiVG) B. als Vorsitzenden, Ri’inVG C. und VRiVG D. besetzt. Laut dem Sitzungsprotokoll gab der Vorsitzende eine mündliche Erläuterung der Zusammensetzung der Richterbank. In der schriftlichen Begründung ihres Befangenheitsantrags erklärten die Beschwerdeführer, Ri’inVG A. offenbare eine tief verwurzelte Missachtung von Verfahrensgrundrechten von Klägern und Klägerinnen im Asylprozess, da sie Prozesskostenhilfebeschlüsse grundsätzlich nicht näher begründe. Der Eindruck der Voreingenommenheit werde dadurch gestärkt, dass sie den wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung ergangenen Beschluss dem Verfahrensbevollmächtigten nicht vorab per Fax übersendet und die mündliche Verhandlung trotz des zuvor gestellten Ablehnungs­gesuchs eröffnet habe, ohne die angekündigte Begründung für die Ablehnung zu kennen.

Die Beschwerdeführer lehnten in der Beratungspause der Kammer VRiVG B. als befangen ab. Dass dieser derselben Kammer wie Ri’inVG A. angehöre sowie gleichermaßen für gravierende Verfahrensverletzungen bekannt sei, begründe eine Besorgnis der Voreingenommenheit.

Dienstliche Erklärungen der abgelehnten Richter wurden nicht eingeholt.

Die Kammer verwarf den Befangenheitsantrag gegen VRiVG B. unter dessen Mitwirkung und wies den Befangenheitsantrag gegen Ri’inVG A. zurück. Beide Beschlüsse begründete der Vorsitzende mündlich.

Am Schluss der nun von ihr fortgeführten mündlichen Verhandlung verkündete Ri’inVG A. ein klageabweisendes Urteil. Ein Abschiebungsverbot bestehe nicht, u. a. sei eine konkret drohende Verschlechterung des Gesundheitszustands der Beschwerdeführer nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin zu 2. habe in der Anhörung selbst vorgetragen, dass eine Behandlung des Beschwerdeführers zu 3. wegen Trisomie 21 aufgrund der häufigen Erkrankungen des Kindes in Pakistan schwer möglich gewesen sei. Diese Aussage schließe ein, dass jedenfalls eine entsprechen­de Behandlung stattgefunden habe.

Nach Akteneinsicht durch den Verfahrensbevollmächtigten fertigte Ri’inVG A. einen Aktenvermerk bezüglich der von ihr im Gericht nach Stellung des zweiten Befangenheitsantrags angetroffenen Richter an. Aus ihrer eigenen Kammer sei von den Vertretern VRiVG B., aus der 10. Kammer nur Ri’inVG C. und aus der 9. Kammer nur VRiVG D. anzutreffen gewesen.

2. Gegen das Urteil beantragten die Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Zur Begründung führten sie u. a. an:

a. Das Gericht sei bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen Ri’inVG A. vorschriftswidrig besetzt gewesen. Nach dem geltenden Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts Potsdam seien VRiVG B. als Mitglied der 11. Kammer und Ri’inVG E. und Ri’inVG C. als Mitglieder der 10. Kammer zur Vertretung berufen gewesen, da der an sich nach der Vertretungsreihenfolge im Oktober 2017 zunächst zuständige RiVG F. (11. Kammer) nach Auskunft des Präsidenten des Verwaltungsgerichts nicht im Dienst gewesen sei. Vor dem tatsächlich herangezogenen VRiVG D. seien im Falle einer Verhinderung von Ri’inVG E. als Mitglied der 10. Kammer zunächst Ri’inVG G., bei ihrer Verhinderung VRiVG H. (beide 10. Kammer), sodann RiVG I. (9. Kammer, heranzuziehen statt der verhinderten Ri’inVG J.) zuständig gewesen.


 

Es sei willkürlich und ermögliche Manipulationen, einen Fall der Verhinderung anzunehmen, wenn Richterinnen oder Richter gerade am Gerichtssitz nicht anwesend seien, etwa weil sie zuhause arbeiteten.

Es finde sich in der Gerichtsakte kein Hinweis auf die Anwendung des Geschäftsverteilungsplans oder darauf, welche Richterinnen und Richter am Gerichtssitz anwesend gewesen seien und welche die zusammentretende Kammer als verhindert angesehen habe.

b. Das Gericht sei auch bei der kurz zuvor ergangenen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen VRiVG B. vorschriftswidrig besetzt gewesen.

c. Ferner habe mit Ri’inVG A. eine Richterin mitgewirkt, die von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen gewesen sei. Sie habe entgegen § 47 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO die mündliche Verhandlung eröffnet, obwohl ein Befangenheitsantrag gegen sie vorgelegen habe. Die Richterin habe gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren verstoßen, indem sie das Befangenheitsgesuch vor Kenntnis der angekündigten Begründung als unzulässig verworfen und dadurch die Begründung verhindert habe. Hätte sie das Befangenheitsgesuch vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung verworfen, hätten die Beschwerdeführer es sofort erneut stellen und sogleich begründen können. Durch die vorherige Eröffnung der mündlichen Verhandlung habe die Richterin hingegen bewirkt, dass das weitere Befangenheitsgesuch so behandelt werden konnte, als wäre es im Sinne von § 47 Abs. 2 ZPO während der Verhandlung gestellt worden.

d. Die Entscheidung über das erste Ablehnungsgesuch ohne Kenntnis der angekündigten Begründung verletze zudem das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer. Die Begründung des Beschlusses, der Befangenheitsantrag sei nur auf die Verhinderung des Termins gerichtet, sei unzulässig gewesen.

e. Weiterhin habe mit Ri’inVG A. eine Richterin mitgewirkt, die von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen gewesen sei, da das zweite Befangenheitsgesuch in willkürlicher Weise abgelehnt worden sei.

(1) Die Kammer habe keine dienstliche Stellungnahme der abgelehnten Richterin eingeholt und den Beschwerdeführern dazu auch kein rechtliches Gehör gewährt. Die Stellungnahme sei angesichts der Begründung des Ablehnungsgesuchs, bei der Richterin sei eine Missachtung von Verfahrensrechten tief verwurzelt, zwingend erforderlich gewesen.

(2) Der Beschluss sei ohne Begründung ergangen, wodurch jede Kontrollmöglichkeit durch eine andere Instanz oder das Verfassungsgericht fehle. Die von dem Vorsitzenden im Anschluss an den Beschluss mitgeteilte Begründung könne die im verkündeten Beschluss selbst enthaltene Begründung nicht ersetzen. Die Begründung sei zudem ins Protokoll aufzunehmen. Im Berufungszulassungsverfahren sei davon auszugehen, dass das Ablehnungsgesuch zu Unrecht zurückgewiesen worden sei.

f. Weiterhin beruhe die Entscheidung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführer. Die Urteilsbegründung stelle darauf ab, eine Behandlung des Beschwerdeführers zu 3. wegen seiner Trisomie 21 in Pakistan sei möglich. Sie setze sich damit über den ausführlichen, auf medizinischen Sachverstand gestützten Vortrag der Beschwerdeführer hinweg, der Beschwerdeführer zu 3. sei während seines Aufenthalts in Pakistan nicht seinem Zustand entsprechend behandelt worden, eine darauf beruhende Traumatisierung liege nahe und sein Zustand habe sich in Deutschland erheblich verbessert. Zudem habe es eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen, indem es hierzu allein auf eine Äußerung der Beschwerdeführerin zu 2. abgestellt habe, eine Behandlung des Beschwerdeführers zu 3. in Pakistan sei schwer gewesen, ohne zuvor auf die der Äußerung beizumessende Bedeutung hinzuweisen.

3. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg lehnte mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 16. August 2019 die Zulassung der Berufung ab.

a. Die Besetzungsrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 Asylgesetz - AsylG i. V. m. § 138 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) sei nicht hinreichend im Sinne von § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt. Es genüge nicht, ledig­lich den Verdacht der nicht ordnungsgemäßen Besetzung zu äußern oder diese nur zu bestreiten. Die Beteiligten hätten greifbare Anhaltspunkte für den Verfahrensfehler vorzutragen, die sie durch Einsicht der Geschäftsverteilung und Einholung von Auskünften des Gerichts erlangen könnten. Angesichts dessen, dass der Vorsitzende die Zusammensetzung der Richterbank erläutert habe, genüge die Behauptung nicht, vor dem VRiVG D. seien andere, im Einzelnen benannte Richterinnen und Richter zuständig gewesen.

b. Die Rüge des Verfahrensfehlers gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 2 VwGO bleibe ohne Erfolg. Dieser Zulassungsgrund betreffe nur die Mitwirkung eines gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 41 ZPO ausgeschlossenen oder eines gemäß § 45 ZPO erfolgreich abgelehnten Richters. Ob ein Ablehnungsgesuch in der Vorinstanz zu Unrecht abgelehnt worden sei, unterliege gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 512 ZPO nicht der Überprüfung des Berufungsgerichts. Ausnahmsweise finde eine Überprüfung jedoch statt, wenn die Entscheidung über die Ablehnung gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) verstoße. Dies sei nicht bei jeder fehlerhaften Rechtsanwendung, sondern erst bei objektiver Willkür der Fall.

(1) Die Beschwerdeführer zeigten nicht auf, dass die Einzelrichterin durch ihre eigene Entscheidung über den ersten Ablehnungsantrag willkürlich gehandelt habe. Einen missbräuchlichen und damit unzulässigen Ablehnungsantrag könne ein abgelehnter Richter selbst bescheiden. Ein sachlicher Grund dafür, dass der Befangenheitsantrag erst kurz vor der auf 15:50 Uhr anberaumten mündlichen Verhandlung gestellt worden sei, sei nicht aufgezeigt oder sonst ersichtlich.

Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin sähen, dass ihnen die Einzelrichterin keine Gelegenheit gegeben habe, ihr Ablehnungsgesuch zu begründen, zeigten sie nicht auf, was sie entscheidungserheblich vorgetragen hätten, wenn sie hierzu Gelegenheit gehabt hätten.

(2) Auch die Ablehnung des zweiten Befangenheitsgesuchs durch die Kammer rechtfertige die Zulassung der Berufung nicht. Dass keine dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin eingeholt worden sei, verletze weder das rechtliche Gehör noch begründe es eine Besorgnis der Befangenheit. Eine dienstliche Äußerung sei verzichtbar, wenn der Sachverhalt geklärt sei. Davon sei auszugehen, zumal die Kammer den Befangenheitsantrag verworfen habe. Es habe den Beschwerdeführern oblegen, sich mit der vom Vorsitzenden Richter gegebenen mündlichen Begründung auseinanderzusetzen und darzulegen, warum eine weitere Sachaufklärung unverzichtbar gewesen sei. Der Vortrag, bei der Einzelrichterin liege „eine tief verwurzelte Missachtung von Verfahrensrechten“ vor, genüge nicht. Die Ablehnung des Befangenheitsantrags müsse als unanfechtbarer Beschluss gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht begründet werden.

c. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege nach dem Vorbringen im Zulassungs­antrag nicht vor. Die Annahme der Behandelbarkeit der Trisomie 21 des Beschwerdeführers zu 3. sei keine unzulässige Überraschungsentscheidung. Aus dem Gebot des rechtlichen Gehörs folge grundsätzlich keine Pflicht, auf die Rechtsansicht des Gerichts hinzuweisen oder bereits in der mündlichen Verhandlung das voraussichtliche Ergebnis der Sachverhaltswürdigung bekanntzugeben. Eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten haben äußern können, in einer Weise würdige, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entspräche oder die er für unrichtig halte. Art. 103 Abs. 1 GG begründe keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, auf Unstimmigkeiten und Widersprüche hinzuweisen und eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Der Umstand, dass in der angegriffenen Entscheidung die vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen betreffend den Beschwerdeführer zu 3. keine Erwähnung fänden, sondern auf der Grundlage des Vortrags der Beschwerdeführerin zu 2. in der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von einer Behandelbarkeit des Kindes in Pakistan ausgegangen werde, rechtfertige nicht die Annahme einer Überraschungsentscheidung.

4. Die Beschwerdeführer erhoben am 6. September 2019 Anhörungsrüge gegen den ihnen am 28. August 2019 zugegangenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts.

Das Gericht habe eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen, indem es die lückenlosen Darlegungen der Beschwerdeführer in ihrer Besetzungsrüge als unzureichend angesehen habe. Die Ausführungen des „VRiVG A.“ hätten sich auf die namentliche Vorstellung der Richter beschränkt.

Abwegig sei die Annahme des Gerichts, einen sachlichen Grund, den Befangenheitsantrag kurz vor der mündlichen Verhandlung zu stellen, hätten die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt. In der Antragsschrift hätten sie dargelegt, dass das Anlass gebende Ereignis unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung stattgefunden habe.

5. Das Oberverwaltungsgericht wies die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 1. Oktober 2019, den Beschwerdeführern zugegangen am 9. Oktober 2019, zurück. Sie hätten Gehörsverstöße nicht aufgezeigt, sondern sich allein gegen eine ihrer Meinung nach unzulässige Rechtsanwendung gewendet. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Richterbank gehe der Einwand ins Leere, dass sich die Ausführungen „des VRiVG A. (…) auf die namentliche Vorstellung der Richter“ beschränkt hätten, da die Sitzung zu diesem Zeitpunkt von VRiVG B. geleitet worden sei. Weiterhin hätten die Beschwerdeführer keinen sachlichen Grund für die Stellung des Befangenheitsantrags unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung dargelegt, den das Oberverwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen habe.

II.

Mit den am 29. Oktober 2019 erhobenen Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführer Verletzungen ihrer Grundrechte auf den gesetzlichen Richter (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Verfassung des Landes Brandenburg - LV), rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV), ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht (Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV), die Rechtsweggarantie (Art. 6 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 52 Abs. 4 LV), sowie mittelbar ihrer Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit (Art. 8 Abs. 1 LV) und auf besondere Fürsorge für Familien mit behinderten Angehörigen (Art. 26 Abs. 1 Satz 2 LV).

1. Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter habe das Oberverwaltungsgericht durch grobe Verkennung von Bedeutung und Tragweite der Justizgrundrechte bei der Bewertung der mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vorgetragenen Gründe verletzt. Das Grundrecht erfordere, dass die im Einzelfall zuständigen Spruchkörper und Richter im Voraus so eindeutig wie möglich festgelegt seien, damit der Verdacht der Manipulation von vornherein ausgeschlossen werde. Das Oberverwaltungsgericht habe sich einer Prüfung der Besetzungsrüge grundsätzlich entzogen und damit einen effektiven Grundrechtsschutz verhindert.

Die Handhabung von Zuständigkeitsnormen sei willkürlich erfolgt. Die Beschwerdeführer hätten trotz vielfältiger Bemühungen die Gründe für die Kammerbesetzung nicht erfahren. Einer willkürlichen Abweichung von der Geschäftsverteilung sei Tür und Tor geöffnet, wenn eine Aufklärung nicht einmal im Nachhinein möglich sei. Nach Kenntnisnahme des Aktenvermerks der Ri’inVG A. über die angetroffenen Richterinnen und Richter führten die Beschwerdeführer ergänzend aus, der Vermerk verstärke die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des organisatorischen Vorgehens. Er enthalte keine Angaben über die Anwesenheit weiterer Mitglieder der 10. Kammer. Es sei zudem unklar, ob die nicht am Arbeitsplatz anwesenden vorrangigen Vertreter kontaktiert worden seien.

2. Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter habe das Oberverwaltungsgericht auch dadurch verletzt, dass es die Mitwirkung der Ri’inVG A. und VRiVG B. an den jeweils gegen sie selbst gerichteten Ablehnungsgesuchen nicht als Zulassungsgrund angesehen habe. Die Voraussetzungen für eine Selbstentscheidung bei gänzlich untauglichen oder rechtsmiss­bräuchlichen Ablehnungsgesuchen hätten hier nicht vorgelegen. Die Entscheidungen seien daher willkürlich.

a. Die Gründe der ersten Ablehnung von Ri’inVG A. seien nicht völlig ungeeignet gewesen, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen, da sie darauf beruht habe, dass die Richterin den ablehnenden Prozesskostenhilfe-Beschluss nicht näher begründet und darüber hinaus geäußert habe, dass sie dies in vergleichbaren Verfahren grundsätzlich auf diese Weise handhabe.

b. Auch die gegen VRiVG B. vorgebrachten Gründe der dienstlichen Positionierung zur abgelehnten Richterin und sein - auch im Verfahren der Beschwerdeführer zutage getretenes - restriktives Verhalten, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hätten eine inhaltliche Befassung erforderlich gemacht.

3. Das Oberverwaltungsgericht habe das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht verletzt, indem es den Zulassungsgrund der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch eine Überraschungsentscheidung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Behandlungsmöglichkeit von Trisomie 21 in Pakistan verneint habe. Die Fürsorgepflicht des Verwaltungsgerichts habe einen Hinweis erfordert, dass es auf Grundlage einer Äußerung der Beschwerdeführerin zu 2. eine Behandlung des Beschwerdeführers zu 3. in Pakistan für möglich halte, ohne ein Sachverständigengutachten einzuholen.

4. Ferner sei das Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 LV i. V. m. der Rechtsweggarantie des Art. 6 Abs. 1 LV verletzt. Das Oberverwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Zulassung der Berufung überspannt, indem es die Ausführungen der Beschwerdeführer zur fehlerhaften Besetzung der Kammer als bloßen „Verdacht der nicht ordnungsgemäßen Besetzung“ angesehen und für eine inhaltliche Überprüfung nicht als ausreichend angesehen habe. Der Vortrag der Beschwerdeführer habe dem entsprochen, was in ihrer Möglichkeit gestanden habe, um die Rechtmäßigkeit der Besetzung der Richterbank zu überprüfen. Bereits in der mündlichen Verhandlung weitere Sachaufklärung zu betreiben, ohne dass dafür nach dem Vortrag des Vorsitzenden Richters Ansatzpunkte vorgelegen hätten, sei als bloße Förmelei aus der ex post-Perspektive anzusehen, die an den Realitäten der mündlichen Verhandlung vorbeigehe und den Beschwerdeführern nicht zumutbar sei.

5. Mittelbar habe das Oberverwaltungsgericht gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Beschwerdeführer (Art. 8 Abs. 1 LV) und den Anspruch auf besondere Fürsorge für Familien mit behinderten Angehörigen verstoßen, indem es bei der ihm obliegenden Überprüfung eine Gehörsverletzung durch das Übergehen der ärztlichen Stellungnahmen betreffend den Beschwerdeführer zu 3. verneint habe.

6. Mit weiterem, am 9. Dezember 2019 eingegangenem Schriftsatz tragen die Beschwerdeführer vor, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei auch dadurch verletzt, dass das Oberverwaltungsgericht den vorgetragenen Sachverhalt aus dem Kontext gerissen habe. Die Beschwerdeführer hätten ohne Widerspruch zum Sitzungsprotokoll berichtet, dass sich die mündliche Erläuterung der Zusammensetzung der Richterbank in der namentlichen Vorstellung der anwesenden Richterinnen und Richter erschöpft habe. Daraus habe das Oberverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung den Schluss gezogen, die Hintergründe der personellen Besetzung seien in angemessener Tiefe erläutert worden, sodass der Vortrag der Beschwerdeführer im Zulassungsantrag mangels Auseinandersetzung damit nicht hinreichend gewesen sei. Das Oberverwaltungsgericht habe seine rechtliche Wertung auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt, der dem Vortrag der Beschwerdeführer widerspreche. Auf die Klarstellung in der Gehörsrüge versuche das Gericht, diese dahingehend umzudeuten, dass nur abweichende rechtliche Erwägungen angebracht worden seien. Indem es zudem den offensichtlichen Fehler bei der Benennung der Person der Vorsitzenden in der Gehörsrüge zum Anlass genommen habe, die Gehörsrüge „ins Leere“ gehen zu lassen, habe es die unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur nächsten Instanz entgegen Art. 6 Abs. 1 LV nochmals vertieft und gegen das Gebot des fairen Verfahrens aus Art. 52 Abs. 4 LV verstoßen.

Das Oberverwaltungsgericht habe sich nicht mit dem Vortrag der Beschwerdeführer auseinandergesetzt, dass eine Versorgung in Pakistan nicht den ärztlich als lebenswichtig attestierten Behandlungsvoraussetzungen entspreche und weder die Beschwerdeführerin noch das Verwaltungsgericht ausreichenden Sachverstand gehabt hätten, den insoweit entscheidungserheblichen Sachverhalt zu würdigen. Diese Gehörsverletzung begründe gleichermaßen eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 8 Abs. 1 und Art. 26 Abs. 1 Satz 2 LV. Aus Art. 26 Abs. 1 Satz 2 LV folge auch eine prozedurale Funktion, die das Rechtsmittelgericht dazu verpflichte, besonderes Augenmerk auf die erstinstanzliche Erforschung von Beeinträchtigungen des familiären Zusammenlebens mit behinderten Angehörigen zu richten.

III.

Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Verfahrensakten sind beizogen worden.

B.

Die Verfassungsbeschwerden haben keinen Erfolg. Sie sind teilweise zulässig, im Umfang ihrer Zulässigkeit aber unbegründet.

1. a. Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen einen Akt der öffentlichen Gewalt des Landes Brandenburg (§ 45 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg, vgl. Art. 6 Abs. 2 LV). Entscheidungen der gemeinsamen Fachobergerichte der Länder Brandenburg und Berlin werden der öffentlichen Gewalt des Landes Brandenburg in den sogenannten „Brandenburger Fällen“ zugerechnet. Dies sind Fälle, in denen das Ausgangsgericht ein Brandenburger Gericht war (vgl. Beschluss vom 18. November 2011 ‌‑ VfGBbg 33/11 ‑,‌ https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, m. w. N.). Vorliegend war das Verwaltungsgericht Potsdam zuerst mit dem Fall befasst.

b. Die Verfassungsbeschwerden wurden fristgerecht erhoben, wobei es nicht darauf ankommt, ob sich die zweimonatige Beschwerdefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg nach dem Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses über die Anhörungsrüge (am 9. Oktober 2019) oder demjenigen der Zustellung des angegriffenen Beschlusses über den Berufungszulassungsantrag (am 28. August 2019) richtet. Soweit die Beschwerdefrist am Tag vor Eingang der Verfassungsbeschwerden beim Verfassungsgericht am 29. Oktober 2019 abgelaufen sein sollte, war den Beschwerdeführern jedenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 47 Abs. 2 VerfGGBbg zu gewähren. Sie haben glaubhaft gemacht, dass die Übersendung per Telefax am Abend des 28. Oktober 2019 wegen einer - beim Verfassungsgericht nachvollzogenen - Funktions­störung des Empfängergeräts nicht möglich war.

c. Die Beschwerdeführer haben ferner den Rechtsweg erschöpft (§ 45 Abs. 2 VerfGGBbg). Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ist nicht statthaft (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

d. Die für die Beschwerdebefugnis erforderliche Möglichkeit der Verletzung der gerügten Grundrechte besteht bei allen Beschwerdeführern. Sie waren Beteiligte des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten, d. h. hinsichtlich der Verfahrensgrundrechte berechtigt, und sind außerdem Träger der Grundrechte aus Art. 8 Abs. 1 LV und Art. 26 Abs. 1 Satz 2 LV.

e. Eine Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erscheint jedoch insoweit nicht möglich, als die Selbstentscheidung der Ri’inVG A. über das erste gegen ihre Person gerichtete Ablehnungsgesuch nicht als Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 1 oder Nr. 2 VwGO angesehen wurde. Die Beschwerdeführer haben nicht dargelegt, inwieweit sich die Selbstentscheidung über das erste Ablehnungsgesuch angesichts der nachfolgenden Entscheidung der Kammer über das zweite Ablehnungsgesuch noch ausgewirkt haben soll.

Eine die Ablehnung beantragende Partei kann nur so lange befürchten, voreingenommenen Richtern gegenüberzustehen, bis diese Frage von dem zuständigen Gericht ohne Beteiligung der möglicherweise befangenen Richter geklärt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 2013 ‌‑ 1 BvR 2853/11 ‑,‌ Rn. 40, www.bverfg.de).

Vorliegend wurden beide Ablehnungsgesuche von den Beschwerdeführern mit derselben Begründung versehen. Entsprechend bezieht sich die zweite Ablehnungsentscheidung auf den gleichen Sachverhalt. Diese ist durch die Kammer ohne Mitwirkung der abgelehnten Einzelrichterin getroffen geworden. Die abgelehnte Richterin hatte dabei keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung. Dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn die Kammer auch schon das erste Ablehnungsgesuch behandelt hätte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

f. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter durch das Oberverwaltungsgericht rügen, da es die Mitwirkung des VRiVG B. an dem gegen ihn selbst gerichteten Ablehnungsgesuch nicht als Zulassungsgrund für die Berufung angesehen habe, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil sie den Grundsatz der Subsidiarität nicht wahrt.

Dieser Grundsatz gebietet, dass ein Beschwerdeführer alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreift, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnäheren Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (st. Rspr., jüngst Beschluss vom 19. Juni 2020 ‌‑ VfGBbg 12/19 ‑,‌ Rn. 7, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Diese Anforderung haben die Beschwerdeführer nicht erfüllt. In ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, in dem gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG sämtliche Zulassungsgründe darzulegen sind, haben sie die Mitwirkung des VRiVG B. an der Entscheidung über das gegen ihn selbst gerichtete Ablehnungsgesuch nicht beanstandet. Nicht vorhandenen Zulassungsvortrag konnte das Oberverwaltungsgericht nicht (fälschlich) bescheiden.

g. Keine zulässige Beschwerde begründet weiterhin der Vortrag, der Anspruch auf rechtliches Gehör sei dadurch verletzt, dass das Oberverwaltungsgericht den Vortrag der Beschwerdeführer hinsichtlich der Erläuterung der Zusammensetzung der Kammer aus dem Kontext gerissen und seine Entscheidung auf einen unzutreffenden, dem Vortrag der Beschwerdeführer widersprechenden Sachverhalt gestützt habe. Das Vorbringen im Rahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens stimmt nicht mit dem Vortrag im Rahmen des Fachverfahrens überein. In ihrem Zulassungsantrag haben die Beschwerdeführer sich nämlich zu der in der Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts Potsdam protokollierten „Erläuterung der Zusammensetzung“ durch VRiVG B. gar nicht geäußert. Dass sich diese Erläuterung nur auf die namentliche Vorstellung beschränkte, führten die Beschwerdeführer erst in der Gehörsrüge an. Wie der angegriffene Nichtzulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts den Vortrag der Beschwerdeführer fehlinterpretiert haben könnte, ist daher nicht aufgezeigt.

Darauf, dass das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Gehörsrüge eine Namensverwechslung bei der Bezeichnung der Richter („VRiVG A.“ statt richtig: VRiVG B.) nicht zu ihren Gunsten ausgelegt hat, kommt es im Ergebnis nicht an.  

h. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden steht nicht entgegen, dass der Ausgangsbescheid von einer Bundesbehörde stammt, da die Beschwerdeführer eine Verletzung von Prozessgrundrechten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend machen (vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 2015 ‌‑ VfGBbg 53/15 ‑‌ [unzulässig], https://verfassungsgericht.brandenburg.de, und vom 9. Dezember 2004 ‌‑ VfGBbg 40/04 ‑,‌ LVerfGE 15, 146 [zulässig]). Weiterhin ist unproblematisch, dass die Verletzung von Landesgrundrechten im Rahmen eines bundesrechtlich (durch AsylG und VwGO) geregelten Verfahrens gerügt wird. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen (st. Rspr seit dem Beschluss vom 16. April 1998 ‌‑ VfGBbg 1/98 ‌‑ LVerfGE 8, 82, 84 f; jünger z. B. Beschluss vom 24. Januar 2014 ‌‑ VfGBbg 13/13 ‑, ‌https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; grundlegend BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997 ‌‑ 2 BvN 1/95 ‑, BVerfGE 96, 345-375, insbes. Rn. 61, 71 ff, www.bverfg.de)‌ liegen vor. Es geht den Beschwerdeführern um die Verteidigung von Prozessgrundrechten aus Art. 52 Abs. 1 Satz 2, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV und Art. 6 Abs. 1 LV, die den entsprechenden Rechten des Grundgesetzes inhaltsgleich sind. Die geltend gemachte Beschwer beruht auf der Entscheidung eines Gerichts des Landes Brandenburg. Ein Bundesgericht war nicht befasst. Der fachgerichtliche Rechtsweg ist erschöpft und der Grundsatz der Subsidiarität insoweit eingehalten (s. aber soeben Rn. 57). Zum Anderen entspricht auch der Schutzbereich des materiellen Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 LV demjenigen von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

In Bezug auf Art. 26 Abs. 1 Satz 2 LV kann offen bleiben, ob die landesverfassungsrechtliche Gewährleistung des besonderen Schutzes von Familien mit behinderten Angehörigen überhaupt Einfluss auf die prozessuale Gestaltung bundesrechtlich geregelter Gerichtsverfahren haben kann. Die Beschwerdeführer haben diesbezüglich den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde in materieller Hinsicht nicht erfüllt. Vor den Fachgerichten haben sie sich nicht auf veränderte Anforderungen an die Verfahrensgrundrechte wegen der materiellen Gewährleistungen von Art. 26 LV berufen (vgl. Beschluss vom 24. März 2017 ‌‑ VfGBbg 68/15 ‑,‌ https://verfassungs­gericht.‌brandenburg.de).

Im Übrigen bestünden auch erhebliche Zweifel an der Begründetheit der entsprechenden Rüge. Der Grundrechtsschutz aus Art. 26 Abs. 1 LV beeinflusst zwar auch die Gestaltung und Anwendung des Verfahrensrechts. Die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens muss geeignet sein, der Durchsetzung der materiellen Grundrechts­positionen wirkungsvoll zu dienen (zu Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LV Beschluss vom 30. November 2018 ‌‑ VfGBbg 19/18 ‑,‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Hier sind jedoch durch die Beschwerdeführer keine besonderen Verfahrenspositionen vorgetragen worden, die das Oberverwaltungsgericht im Zulassungsverfahren missachtet haben könnte. Der Vortrag der Beschwerdeführer erschöpft sich darin, dass eine Gehörsverletzung jedenfalls auch eine Verletzung ihrer Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und besondere Fürsorge für Familien mit behinderten Angehörigen darstellen müsse.

2. Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit sie zulässig sind, nicht begründet.

a. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg verletzt die Beschwerdeführer weder in ihrem Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 LV in Verbindung mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 6 Abs. 1 LV noch in ihrem Grundrecht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV. Das Gericht hat ihnen den Zugang zu einer vom Gesetzgeber eröffneten Instanz nicht durch überspannte Darlegungsanforderungen im Antrag auf Zulassung der Berufung über Gebühr erschwert.

Die Garantie effektiven Rechtsschutzes gewährleistet nicht nur den Zugang zu den Gerichten sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter aufgrund einer grundsätzlich umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung des Streitgegenstands. Sie beeinflusst vielmehr auch die Auslegung und Anwendung derjenigen gesetzlichen Bestimmungen, die für die Eröffnung des Rechtszugs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Sie begründet dabei zwar keinen Anspruch auf die Eröffnung eines Instanzenzugs; die Entscheidung über den Umfang des Rechtsmittelzugs bleibt vielmehr dem Gesetzgeber überlassen (Beschluss vom 30. November 2018 ‌‑ VfGBbg 46/17 ‑,‌ https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, zur Garantie effektiven Rechtsschutzes im Rahmen eines Zivilrechtsstreits aus Art. 10 Abs. 1 LV i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip; BVerfG, Beschluss vom 3. März 2014 ‌‑ 1 BvR 2534/10 ‑,‌ Rn. 19, www.bverfg.de, m. w. N.). Hat sich der Gesetzgeber jedoch für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, darf ein Gericht dieses Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen“ lassen. Bei der Auslegung und Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften darf insbesondere der Zugang zur nächsten Instanz nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die unerfüllbar oder unzumutbar sind oder den Zugang in einer Weise erschweren, die aus Sachgründen nicht zu rechtfertigen ist (Beschluss vom 30. November 2018 ‌‑ VfGBbg 46/17 ‑,‌ https://verfassungs­gericht.‌branden­burg.de; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 ‌‑ 2 BvR 656/99 ‑,‌ BVerfGE 112, 185, 207 f, jeweils m. w. N.). Durch Überspannung der an die Zulassung der Berufung zu stellenden Anforderungen im Rahmen einer Besetzungsrüge kann zugleich das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt werden, wenn das Oberverwaltungsgericht die Bedeutung dieses Grundrechts grundlegend verkennt (vgl. Beschluss vom 24. März 2017 ‌‑ VfGBbg 68/15 ‑,‌ https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

§ 78 Abs. 3 AsylG eröffnet den Zugang zu einer Rechtsmittelinstanz, wenn die Berufung zugelassen wird. Eine zulässige Besetzungsrüge setzt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 1 VwGO voraus, dass die Zulassungsgründe im Antrag dargelegt werden, § 78 Abs. 4 AsylG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind an Schlüssigkeit und Substantiierung der Begründung einer Besetzungsrüge strenge Anforderungen zu stellen. Eine solche Rüge sei nur dann zulässig vorgebracht, wenn die Betroffenen die den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vortrügen, die dem Berufungsgericht eine (abschließende) Beurteilung ermögliche. Dies erfordere eine Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der Geschäftsverteilung sowie gegebenenfalls die Einholung von Auskünften des Gerichts und notfalls eigene Ermittlungen, um sich über das Vorgehen des Gerichts hinreichende Gewissheit zu verschaffen. Mutmaßungen über die Gründe für die Mitwirkung der an dem angegriffenen Urteil beteiligten Richter ersetzten die erforderlichen Darlegungen nicht (BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2013 ‌‑ BVerwG 4 B 25.12, www.bverwg.de, m. w. N.).

Die Ausführungen der Beschwerdeführer zu der ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Kammerbesetzung bei der Entscheidung über das zweite Ablehnungsgesuch gegen Ri’inVG A. sind zwar detailliert und nachvollziehbar und beruhen nicht lediglich auf einem Verdacht, sondern auch auf einer dafür eingeholten Auskunft des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Potsdam zur Zuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan. Das Oberverwaltungsgericht beanstandet jedoch, dass sich die Beschwerdeführer im Zulassungsantrag nicht ausreichend damit auseinandergesetzt haben, dass in der mündlichen Verhandlung „eine mündliche Erläuterung der Zusammensetzung der Richterbank“ erfolgt ist. Diese Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts stellt keine überzogene Anforderung dar. Vielmehr hätte eine Auseinandersetzung mit der mündlichen Erörterung im Antrag auf Zulassung der Berufung nahe gelegen. Das gilt unabhängig davon, ob der Vorsitzende tatsächlich eine Erläuterung der Besetzung vorgenommen hat. Das OVG durfte allein aufgrund der Formulierung im Protokoll entsprechenden Vortrag erwarten. Die Beschwerdeführer konnten sich nicht darauf zurückziehen, dass sich (schriftliche) Hinweise zur Begründung der Zusammensetzung der Kammer nicht in der Akte befunden hätten. Erst in der Gehörsrüge brachten sie vor, die „Erläuterung“ habe sich lediglich auf die namentliche Vorstellung der entscheidenden Richterin und Richter beschränkt. Dies kann nicht als fristgerechte Vervollständigung des Zulassungsantrags betrachtet werden. Auch für eine Überraschungsentscheidung über die Darlegungsanforderungen liegen keine Anhaltspunkte vor. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht - wie es auch im Beschluss über die Anhörungsrüge ausgeführt hat - lediglich andere rechtliche Maßstäbe an die Darlegungslast angelegt, als die Beschwerdeführer für richtig halten.

Da das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den Vortrag der Besetzungsrüge in verfassungsmäßiger Weise als unzureichend angesehen hat, war es nicht gehalten, sich in der Sache mit der gerügten Besetzung der Kammer auseinanderzusetzen. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass das Oberverwaltungsgericht unzutreffend davon ausgegangen ist, das Verwaltungsgericht habe den zweiten Ablehnungsantrag gegen Ri’inVG A. [als unzulässig] verworfen, nicht aber - wie zutreffend - [als unbegründet] abgelehnt.

b. Das Oberverwaltungsgericht hat weder das Grundrecht auf rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV) noch auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht (Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV) verletzt, indem es eine Gehörsverletzung durch das Verwaltungsgericht verneinte. Nach Ansicht der Beschwerdeführer hatte eine solche darin gelegen, dass das Verwaltungsgericht ohne vorherigen Hinweis und ohne hinreichende eigene Sachkunde, entgegen vorgelegter ärztlicher Stellungnahmen und auf Grundlage einer Äußerung der Beschwerdeführerin zu 2. im Anhörungsverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Behandlung des Beschwerdeführers zu 3. in Pakistan für möglich gehalten habe. Die ausführlichen Erläuterungen des Oberverwaltungsgerichts im Nichtzulassungsbeschluss zu den - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen einer Überraschungsentscheidung sind in verfassungsrechtlicher Hinsicht zutreffend und bedürfen keiner Ergänzung. Daraus folgt zugleich, dass auch keine mittelbare Verletzung von Art. 8 Abs. 1 LV durch eine Verkürzung von verfahrensrechtlichen Positionen stattgefunden hat.

C.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dr. Becker

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Dr. Lammer

Sokoll

Dr. Strauß