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VerfGBbg, Beschluss vom 18. November 2011 - VfGBbg 33/11 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 45
- FachogStV
Schlagworte: - Zuständigkeit
- Brandenburger Fall
- gemeinsames Fachobergericht
- Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. November 2011 - VfGBbg 33/11 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 33/11




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 

   H.,

 

 Beschwerdeführer,

 

 

gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Mai 2010 – L 29 AL 425/06 -

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

am 18. November 2011

 

b e s c h l o s s e n :

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

G r ü n d e :

A.

Der Beschwerdeführer hatte die Bundesagentur für Arbeit vor dem Sozialgericht Berlin wegen Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 21. März 2001 bis zum 21. Dezember 2004 in Anspruch genommen. Die gegen die Abweisung der Klage gerichtete Berufung wies das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 6. Mai 2010 zurück. Dieses greift der Beschwerdeführer mit seiner am 26. Juli 2011 eingegangenen Verfassungsbeschwerde an, nachdem seine Nichtzulassungsbeschwerde und eine nachfolgende Anhörungsrüge durch das Bundessozialgericht verworfen worden sind.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichts des Landes Bran­denburg unzulässig.

Gemäß § 45 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGG­Bbg) ist die Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgericht des Landes Brandenburg nur eröffnet, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, durch die öffentliche Gewalt des Landes Brandenburg in seinen Grundrechten verletzt zu sein. Entscheidungen der gemeinsamen Fachobergerichte der Länder Brandenburg und Berlin werden der öffentlichen Gewalt des Landes Brandenburg aber nur in den sogenannten "Brandenburger Fällen", also in solchen, in denen das Ausgangsgericht ein Brandenburger Gericht war, zugerechnet (vgl. Beschlüsse vom 18. März 2010 – VfGBbg 6/10 – www.verfas­sungs­gericht.­brandenburg.de - und vom 10. Mai 2007 - VfGBbg 8/07 -, LKV 2008, 271).

Der Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26. April 2004 (FachogSTV, GVBl. Bbg I S. 281 ff.; GVBl. Berlin 2004, 380 ff.), auf dessen Grundlage das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg errichtet worden ist, trifft keine Festlegung, welchem Hoheitsträger die Rechtsprechung der gemeinsamen Fachobergerichte zuzurechnen ist. Nach allgemeinen Grundsätzen erfolgt diese Zuordnung nach dem handelnden Organ. Bei länderübergreifenden gemeinsamen Institutionen oder Gerichten kann entweder ein Land die Aufgaben für alle wahrnehmen, es kann ein sich auf ein und denselben Bestand von sächlichen und persönlichen Mitteln bezogenes Nebeneinander mehrerer Landeseinrichtungen bestehen (Mehrländereinrichtung), oder es wird eine echte Gemeinschaftseinrichtung geschaffen, deren nach außen wirkende Hoheitsakte nicht die eines Landes sind, sondern unmittelbar der Einrichtung zugerechnet werden. Aus der Entstehungsgeschichte des Staatsvertrags über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg ist der Wille der Vertragspartner ableitbar, dass Berlin und Brandenburg bei der Errichtung der gemeinsamen Fachobergerichte ein enges Zusammenwirken in einer Mischung aus Mehrländereinrichtung und echter Gemeinschaftseinrichtung anstrebten. Trotz der organisatorischen Zugehörigkeit zu beiden Ländern ging man jedoch davon aus, dass diese Gerichte bei ihrer Rechtsprechungstätigkeit die damit verbunden öffentliche Gewalt jeweils unabhängig nur für eines der Länder ausüben (vgl. dazu im Einzelnen: Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, LVerfGE 17, 62 ff.). Dies kommt auch in einzelnen Regelungen des Vertrages zum Ausdruck, etwa soweit Art. 13 FachogStV die Möglichkeit eröffnet, die von der Verwaltungsgerichtsordnung zugelassenen landesrechtlichen Regelungen unabhängig voneinander zu treffen.

Die in Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und Art. 6 FachogStV getroffenen Regelungen, wonach die Richter der gemeinsamen Fachobergerichte im Dienste beider Länder stehen, ihren Eid auf beide Landesverfassungen zu leisten haben und die gemeinsamen Fachobergerichte ein Siegel mit dem Berliner und dem Brandenburger Landeswappen führen, stehen dem nicht entgegen. Diese verdeutlichen zwar die erklärte Absicht der Länder, durch die gemeinsamen Fachobergerichte Rechtsprechungstätigkeit für beide Länder auszuüben (BVerfGK 8, 395, 401; Begründung zu Art. 2 und 6 des FachogStV, LT-Drucksache 3/7444). Sie begründen aber keine gesamthänderische Trägerschaft beider Länder für die gemeinsamen Fachobergerichte dergestalt, dass sie einer konkreten Zurechenbarkeit der staatlichen Aufgabenwahrnehmung zu einem der beiden Ländern entgegenstünde.

 

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Postier Dr. Becker
   
Dielitz Dr. Fuchsloch
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel Schmidt