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VerfGBbg, Beschluss vom 30. November 2018 - VfGBbg 46/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 6 Abs. 1; LV, Art. 41; LV, Art. 52 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 2 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2
- VerfGGBbg, § 21 Satz 1
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
- ZPO, § 286; ZPO § 522 Abs. 2; ZPO, § 543 Abs. 2; ZPO, § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
- BbgSchlG, § 3 Abs. 2
- BbgNRG § 40
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Zwangsversteigerungsverfahren
- unzureichende Begründung
- Zurückweisung der Berufung durch Beschluss
- Beweiswürdigung
- Schlichtungsverfahren
- Nachbarrecht
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 30. November 2018 - VfGBbg 46/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 46/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

1.      S.,

2.      S.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte               Rechtsanwältin
D.,

wegen            Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 16. Juni 2017, 1 S 2/17;
Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 18. April 2017, 1 S 2/17

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 30. November 2018

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen eine Entscheidung des Landgerichts Potsdam in einem Nachbarrechtstreit.

I.

Die Beschwerdeführer stritten mit ihren Grundstücksnachbarn (im Folgenden: Beklagter) über den Umfang einer an der Grundstücksgrenze befindlichen Hecke. Dazu führten die Beschwerdeführer mit dem Beklagten im Herbst 2014 ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle im Bezirk der Gemeinde M. durch. Da es dort zu keiner Einigung zwischen den Beteiligten kam, erhoben die Beschwerdeführer am 29. Dezember 2014 Klage vor dem Amtsgericht Potsdam mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, sämtliche Bäume, bis auf eine Kiefer, die in einem Abstand von weniger als vier Metern an der Grundstücksgrenze zu den Beschwerdeführern stehen und höher als 2 Meter sind, regelmäßig auf eine Höhe von 2 Metern in der Zeit von Oktober bis Februar zurückzuschneiden.

Das Amtsgericht Potsdam wies die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2016 ab. Die Klage sei teilweise unzulässig. Wegen der im Hauptantrag genannten Bäume, die keine Hainbuchen darstellten, fehle es an dem obligatorischen Schlichtungsverfahren. Dies sei auch nachträglich nicht heilbar. Im Schlichtungsverfahren sei es allein um die Hainbuchen gegangen. Aus der Beweisaufnahme ergebe sich nicht, dass andere Bäume in das Schlichtungsverfahren einbezogen worden seien. Entscheidend sei das Schlichtungsprotokoll. Im Übrigen sei der Anspruch auf Zurückschneiden der Bäume ausgeschlossen, da er nicht bis zum Ablauf des zweiten auf das Anpflanzen folgenden Kalenderjahres geltend gemacht worden sei. Das Datum der Anpflanzung stehe fest.

Mit Beschluss vom 18. April 2017 wies das Landgericht Potsdam die Berufung zurück. Das Rechtsmittel habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Klageverfahren ersetze kein Güte- oder Schlichtungsverfahren, das Amtsgericht habe auch nicht als Gütestelle fungiert. Aus den der Schlichtungsstelle zugeleiteten Unterlagen könne nicht geschlossen werden, dass weitere Bäume und Sträucher Gegenstand des Schlichtungsverfahrens gewesen seien. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei im Übrigen nicht zu beanstanden. Schließlich sei auch das Zurückschneiden von § 40 Nachbarrechtsgesetz Brandenburg (BbgNRG) erfasst.

Eine Anhörungsrüge wies das Landgericht mit Beschluss vom 16. Juni 2017 zurück. Rechtliches Gehör sei nicht verletzt. Das Verfahren vor dem Amtsgericht ersetze das Schlichtungsverfahren nicht. Mit den sonstigen Einwänden der Beschwerdeführer habe sich das Gericht auseinandergesetzt. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei nicht zu beanstanden. Eine Revision habe nicht zugelassen werden können, weil es sich bei den anzuwendenden Vorschriften nicht um revisibles Recht handele. Die Frage, ob auch das Zurückschneiden von § 40 BbgNRG erfasst werde, sei obergerichtlich geklärt.

Der Beschluss wurde den Beschwerdeführern am 21. Juni 2017 zugestellt.

II.

Die Beschwerdeführer haben am 21. August 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügen einen Verstoß gegen Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 6 Abs. 1 Landesverfassung - LV) und den gesetzlichen Richter (Art. 52 Abs. 1 LV), rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV), das Willkürverbot (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV) und das Prinzip der Gewaltenteilung (Art. 2 Abs. 5 LV). Das Landgericht habe nicht durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheiden dürfen, sondern hätte mündlich verhandeln müssen. Rechtliches Gehör sei durch die fehlerhafte Beweiswürdigung des Amtsgerichts verletzt. Es sei nicht erkennbar, dass das Amtsgericht alle relevanten Umstände, insbesondere die vorgelegten Lichtbilder, in die Beweiswürdigung habe einfließen lassen. Effektiver Rechtsschutz sei dadurch verletzt, dass das Landgericht § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO fehlerhaft angewendet habe. Das Gewaltenteilungsprinzip sei verletzt, weil das Landgericht sich bei der Auslegung von § 3 Brandenburgisches Schlichtungsgesetz über den Wortlaut der Norm hinweggesetzt habe. Auch die Güteverhandlung vor dem Amtsgericht sei eine Schlichtungsverhandlung, das Amtsgericht insoweit eine Gütestelle nach § 3 Abs. 2 BbgSchlG i. V. m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Durch die in seiner Entscheidung zutage getretene Rechtsauffassung habe das Landgericht auch das Willkürverbot verletzt.

B.

Die fristgemäß erhobene Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

I.

1. Soweit sich Verfassungsbeschwerde gegen den die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschluss des Landgerichts vom 16. Juni 2017 wendet, ist sie wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass Anhörungsrügen zurückweisende gerichtliche Entscheidungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht selbständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, weil sie keine eigenständige Beschwer schaffen. Sie lassen allenfalls mit der Ausgangsentscheidung bereits eingetretene Verletzungen des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer
 - zusätzlichen - verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeentscheidung besteht nicht (vgl. zuletzt Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 32/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.).

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch mit Blick auf die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 4, Art. 5 LV unzulässig. Das darin verankerte Prinzip der Gewaltenteilung enthält keine konkret einklagbaren subjektiven Rechte (vgl. Beschluss vom 18. November 2011 - VfGBbg 40/11 -, Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 9/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

3. Im Übrigen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Beschwerdebegründung. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg ist eine Begründung notwendig, die schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss somit umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen neben einem substantiierten Vortrag des entscheidungserheblichen Sachverhalts die wesentlichen rechtlichen Erwägungen auch unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (vgl. Beschlüsse vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 95/15 - und vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 9/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, jeweils m. w. Nachw.). Dies leistet die Beschwerdeschrift nicht.

a. Ausgehend von diesem Maßstab, was die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landgerichts Potsdam angeht, genügen die Darlegungen der Beschwerdeführer zu einer Verletzung der Gewährleistung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV durch vom 18. April 2017 den Anforderungen an die Begründung nicht.

Das Begründungserfordernis umfasst im Rahmen der bereits dargestellten argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung eine umfassende einfachrechtliche und verfassungsrechtliche Aufarbeitung der Rechtslage (vgl. Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 32/16 -, https://verfassungsgericht.branden-burg.de, m. w. Nachw.). Dies unterlassen die Beschwerdeführer vorliegend. Denn soweit sie geltend machen, das Landgericht habe ihren Anspruch auf den gesetzlichen Richter aus Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV verletzt, weil es objektiv willkürlich trotz Vorliegens der Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 ZPO die Revision nicht zugelassen habe, lassen sie unbeachtet, dass dem Landgericht nach der gewählten Verfahrensweise gemäß § 522 Abs. 2 ZPO eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) von vornherein verschlossen war. Die eine Revisionszulassung rechtfertigenden Gründe nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bzw. Erfordernis einer Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - sind in ihrem Gehalt deckungsgleich mit den negativ formulierten Anforderungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO, die dem Berufungsgericht die Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss eröffnen (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 522 Rn. 38 f; Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 522 Rn. 22). Aus diesem Grund kann ein Berufungsgericht nicht zugleich sowohl die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als auch die Revisionszulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bejahen. Als Rechtsmittel im Sinne des § 522 Abs. 3 ZPO kommt folglich grundsätzlich nur die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO in Betracht (vgl. BVerfG, WM 2015, 1052, 1053; Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 522 Rn. 39; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 522 Rn. 24; Heßler, in: Zöller, ZPO, § 522 Rn. 44) Dabei ist allerdings die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu beachten. Hiermit setzen sich die Beschwerdeführer nicht auseinander.

Wenn die Beschwerdeführer vorliegend geltend machen, dem Ausgangsrechtsstreit sei grundsätzliche Bedeutung zugekommen und es hätte zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der Entscheidung des Revisionsgerichts bedurft, so wäre es im Hinblick darauf erforderlich gewesen, bereits auf den Hinweisbeschluss vom 3. März 2017 gegenüber dem Landgericht vorzutragen, dass nach Ansicht der Beschwerdeführer die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 ZPO für eine Entscheidung durch Beschluss nicht vorliegen. Dies hätte ihr die Chance eröffnen können, eine Entscheidung des Landgerichts durch Urteil herbeizuführen. Damit wäre zugleich die Revisionszulassung durch das Berufungsgericht möglich gewesen.

Dass die Beschwerdeführer von dieser Möglichkeit des Vortrags Gebrauch gemacht hat, ist weder der Beschwerdebegründung zu entnehmen, noch haben die Beschwerdeführer dies in Ihrer Stellungnahme zum Hinweisbeschluss zu erkennen gegeben, da sie bezüglich des Schlichtungsverfahrens lediglich die Zulassung der Revision beantragt und im Hinblick auf die sich aus dem BbgNRG ergebenden Rechtsfrage die Zulassung der Revision in das Ermessen der Kammer gestellt haben. Ob es sich in beiden Fällen überhaupt um eine revisible Rechtsfrage gehandelt hat, das Landgericht also möglicherweise nicht von einem Fall des § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgehen konnte, wird von den Beschwerdeführern ebenfalls nicht erörtert, obwohl das Landgericht im Anhörungsrügebeschluss vom 16. Juni 2017 ausführlich auf die Statthaftigkeit der Revision eingegangen ist und diese damit verneint hat, dass die Revision nur auf eine Verletzung von Bundesrecht oder einer Vorschrift beruhen könne, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt. Dies sei weder in Bezug auf § 3 Nr. 2 BbgSchlG noch hinsichtlich § 40 BbgNRG der Fall.

Liegen die Voraussetzungen der Zulassung der Revision dem Grunde nach nicht vor, so kann eine entsprechende Vorgehensweise des Landgerichts auch keinen Verstoß gegen das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter darstellen. Dass das Landgericht die fehlende Reversibilität zu Unrecht angenommen hat, wird von den Beschwerdeführern mit der Beschwerdeschrift nicht geltend gemacht. Auch dass das Landgericht davon ausgegangen ist, die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Rechtsfrage sei bereits obergerichtlich geklärt, wird von diesen nicht hinreichend in Frage gestellt.

b. Auch einen Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz haben die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt.

Die aus dem Rechtsstaatsprinzip i. V. m. Art. 10 Abs. 1 LV abzuleitende Garantie effektiven Rechtsschutzes gewährleistet nicht nur den Zugang zu den Gerichten sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter aufgrund einer grundsätzlich umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung des Streitgegenstandes. Sie beeinflusst vielmehr auch die Auslegung und Anwendung derjenigen gesetzlichen Bestimmungen, die für die Eröffnung des Rechtszuges und die Beschreitung eines Instanzenzuges von Bedeutung sind. Sie begründet dabei zwar keinen Anspruch auf die Eröffnung eines Instanzenzuges; die Entscheidung über den Umfang des Rechtsmittelzuges bleibt vielmehr dem Gesetzgeber überlassen (BVerfG, Beschluss vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, juris Rn. 19, m. w. Nachw.). Hat sich der Gesetzgeber jedoch für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, darf ein Gericht dieses Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen“ lassen. Bei der Auslegung und Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften darf insbesondere der Zugang zu der nächsten Instanz nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die unerfüllbar oder unzumutbar sind oder den Zugang in einer Weise erschweren, die aus Sachgründen nicht zu rechtfertigen ist (Beschlüsse vom 19. November 2010 - VfGBbg 26/10 -; vom 21. Oktober 1999 - VfGBbg 26/99 -, LVerfGE 10, 257, NVwZ 2000, 60, 61 und vom 17. September 1998 - VfGBbg 17/98 -, LVerfGE 9, 88, 93; BVerfGE 112, 185, 207 f, m. w. Nachw.).

Auslegung und Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO haben im Zivilprozess Einfluss auf die Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Berufung, wenn der einstimmige Beschluss über die Zurückweisung der Berufung den Instanzenzug abschließt (vgl. zu § 522 ZPO a.F.: BVerfG, Beschluss vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, juris Rn. 22). Das ist hier der Fall, weil der Zurückweisungsbeschluss nicht anfechtbar war und damit den Weg zur Revision versperrt hat. Nach der - gemäß § 38a Abs. 1 EGZPO vorliegend maßgeblichen - Neufassung des § 522 Abs. 3 ZPO ist ein Zurückweisungsbeschluss in gleicher Weise anfechtbar wie ein die Berufung zurückweisendes Urteil, in dem die Revision nicht zugelassen wurde. Statthaftes Rechtsmittel gegen den hier am 6. Juli 2015 ergangenen Zurückweisungsbeschluss ist danach die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO, die hier jedoch nicht eröffnet war, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,00 € nicht überstieg (s. § 26 Nr. 8 EGZPO). Hingegen hätte eine Entscheidung in Form eines Urteils die Zulassung der Revision durch das Oberlandesgericht ermöglicht. Dafür ist nach dem Beschwerdevorbringen nichts ersichtlich. Die Beschwerdeführerin machen insoweit lediglich geltend, das Landgericht habe die durch § 522 Abs. 2 ZPO eingeräumte Befugnis zur Entscheidung durch Beschluss fehlerhaft angewendet und insbesondere zu Unrecht angenommen, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.

Aus den Ausführungen der Beschwerdeführer ergibt sich jedoch nicht, dass das Landgericht die maßgeblichen Bestimmungen des § 522 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO in objektiv willkürlicher Weise rechtsfehlerhaft angewendet hat und stattdessen den Weg über § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hätte wählen müssen. Es kann dabei offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine unter Verstoß gegen das Willkürverbot erfolgende Auslegung und Anwendung einer Norm des Zivilprozessrechts zugleich eine Verletzung der Garantie effektiven Rechtsschutzes beinhaltet (vgl. hierzu Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 103 Rn. 50 (Willkürprüfung); allgemein zur willkürfreien Auslegung des Verfahrensrechts BVerfGE 42, 64, 73 f; E 52, 131, 157 ff; vgl. BVerfG, ZIP 1984, 1278, 1279; BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 1987 - 1 BvR 903/85 -, juris Rn. 31). Eine gerichtliche Entscheidung verstößt nicht bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts - für die hier schon nichts spricht -, sondern erst dann gegen das Willkürverbot, wenn der Inhalt einer Norm krass missdeutet wird, sodass sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht.

Daran gemessen können die Beschwerdeführer nicht darlegen, dass die Annahme unvertretbar war, die Berufung sei offensichtlich aussichtslos. Insoweit machen die Beschwerdeführer geltend, dass Landgericht habe in unvertretbarer Weise angenommen, es sei vom Amtsgericht keine Güteverhandlung im Sinne des Nachbarrechtsgesetzes durchgeführt worden, weil diese dem Klageverfahren zwingend vorausgehen müsse. Die Beschwerdeführer stellen der Auffassung des Landgerichts, wonach die Güteverhandlung vor dem Amtsgericht keine Verhandlung vor einer Gütestelle im Sinne von § 3 Nr. 2 BbgSchlG i. V. m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO darstelle, lediglich die eigene gegenteilige und im Ergebnis einfachrechtlich unzutreffende Rechtsbehauptung gegenüber. Wegen der vom Gesetzgeber bezweckten Entlastung der Gerichte spricht alles dafür, dass im vorgerichtlichen Schlichtungsverfahren, also vor Anrufung des Gerichts alle relevanten Streitpunkte angesprochen werden müssen; im Falle der Beschwerdeführer also auch die Beeinträchtigungen durch die Eiben, Rotbuchen und die Kornelkirsche. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts geklärt, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, eine Nachholung des Streitschlichtungsverfahrens im laufenden Prozess für ausgeschlossen zu halten. Die verfassungsrechtlichen Rechte der Beschwerdeführer sind dadurch gewahrt, dass sie nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ihr Begehren - ggf. unter veränderten rechtlichen Voraussetzungen - mit einer neuen Klage weiterverfolgen können (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2007 - VfGBbg 56/06 -, https://verfassungsgericht. brandenburg.de mit Hinweis auf die vom Landgericht zutreffend herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs).

Auch das Vorbringen, dem Beschluss sei nicht zu entnehmen, auf welche der Tatbestandsalternativen des § 522 Abs. 2 ZPO das Landgericht seine Entscheidung stütze, vermag einen Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nicht zu begründen. Die Beschwerdeführer gehen nicht darauf ein, welche der über § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hinausgehenden Tatbestandsalternativen das Landgericht verkannt haben soll.

c. Nach dem Beschwerdevorbringen ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs ebenfalls nicht erkennbar. Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV gewährt den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den für diese erheblichen Sach- und Rechtsfragen zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und rechtzeitiges, möglicherweise erhebliches Vorbringen bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Hingegen ergibt sich aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Das Grundrecht schützt die Verfahrensbeteiligten nicht davor, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt und zu einer abweichenden (womöglich auch unzutreffenden) Rechtsauffassung gelangt. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht dieser Pflicht nachkommt, und es von Verfassungs wegen nicht jedes vorgebrachte Argument ausdrücklich bescheiden muss, bedarf es besonderer Umstände für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 9. September 2016 - VfGBbg 9/16 -, vom 14. Oktober 2016 - VfGBbg 4/16 -, vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 2/16 -, vom 15. Juni 2017 - VfGBbg 61/16 - und vom 17. November 2017 - VfGBbg 22/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, jeweils m. w. Nachw.).

Das Vorbringen der Beschwerdeführer gibt keinen Anhalt dafür, dass das Landgericht wesentliches Vorbringen unberücksichtigt gelassen hat. Dass es ausgehend von dem Rechtsstandpunkt des Gerichts auf verschiedene von ihnen geltend gemachte Umstände nicht ankam, führt nicht zu einem Gehörsverstoß. In Bezug auf die Auslegung von § 3 Nr. 2 BbgSchlG schützt  das Grundrecht auf rechtliches Gehör insbesondere nicht davor, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt und zu einer abweichenden (womöglich auch unzutreffenden) Rechtsauffassung gelangt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 2/16 - und vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 7/17 -, https.//verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.).

Dass das Amtsgericht nicht im Einzelnen dargelegt hat, wie es die einzelnen Elemente der Beweisaufnahme gegeneinander abgewogen und für entscheidend gehalten hat, vermag einen Verstoß gegen rechtliches Gehör nicht zu begründen. Das Amtsgericht hat sich in der Beweisaufnahme ausführlich mit den von den Beschwerdeführern für streitentscheidend gehaltenen Lichtbildern auseinandergesetzt und die Zeugen insbesondere dazu befragt, zu welchem Zeitpunkt diese Fotos angefertigt worden sind. Das Gericht ist zwar grundsätzlich gehalten, die von den Parteien in den Rechtsstreit eingebrachten Beweismittel in die Beweiswürdigung einzubeziehen. Jedoch folgt allein daraus, dass die Lichtbilder als solche keinen Eingang in die Urteilsgründe gefunden haben, noch keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Die Beschwerdeführer haben auch in Bezug auf die Aussage einer zwar vernommenen  aber in der Urteilsbegründung nicht genannten Zeugin nicht dargelegt, zu welchen darüber hinausgehenden Umständen diese Zeugin eine von der bisherigen Prozesslage abweichende Aussage hätte treffen können und was die Beschwerdeführer bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätten, um eine günstigere Entscheidung zu erreichen und wie dies die Entscheidung des Amts- und Landgerichts beeinflusst hätte.

d. Aus den unter b. genannten Gründen ist schließlich auch ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Gleichheit vor Gericht in seiner Ausprägung als Willkürverbot nicht hinreichend dargetan. Auch im Hinblick auf die vom Landgericht für zutreffend erachtete Beweiswürdigung durch das Amtsgericht ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot durch die Beschwerdeschrift nicht aufgezeigt. Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht entzogen; nur bei einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts durch diese können die Verfassungsgerichte auf Verfassungsbeschwerde hin eingreifen (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 18, 85, 92 f.; 34, 384, 397). Auch die Beweiswürdigung kann im Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde nicht schlechthin auf ihre Richtigkeit, sondern nur daraufhin überprüft werden, ob sie spezifisches Verfassungsrecht verletzt, ob also die Beweise willkürlich oder sonst unter Verletzung von Verfassungsrecht gewürdigt worden sind (vgl. BVerfGK, Beschluss vom 23. Januar 2017 - 2 BvR 2584/12 -, juris Rn. 27). Willkürlich ist ein Richterspruch nach der ständigen Rechtsprechung Verfassungsgerichts dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 89, 1, 13). Die richterliche Überzeugung muss daher auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Das Verfassungsgericht überprüft die Beweiswürdigung des Tatrichters - entsprechend des revisionsgerichtlichen Maßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2017 - V ZR 11/17 -, juris Rn. 8 m. w. N.) - nur darauf, ob das Gericht sich gem. § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt weder die Zulassung eines Rechtsmittels noch die Annahme eines Verstoßes gegen das Willkürverbot.

Daran gemessen ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht die Aussage des Zeugen W. im Sinne der Beschwerdeführer hätte würdigen müssen. Auch hinsichtlich der Aussage der als Zeugin vernommenen Ehefrau des Beklagten ist eine willkürliche Beweiswürdigung durch die Beschwerdeschrift nicht dargelegt. Das Landgericht hatte ausdrücklich darauf abgestellt, dass der genaue Standort der streitgegenständlichen Hainbuchen nicht entscheidungserheblich gewesen sei. Auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift, wonach der Standort den Zeugenaussagen nicht entnommen werden könne, kommt es daher nicht an.

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt