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VerfGBbg, Urteil vom 20. Mai 2022 - VfGBbg 94/20 -

 

Verfahrensart: abstrakte Normenkontrolle
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - GG, Art. 9; GG, Art. 21
- LV, Art. 11 Abs. 1; LV, Art. 11 Abs. 3; LV, Art. 13 Abs. 1; LV, Art. 19 Abs. 1; LV, Art. 19 Abs. 2; LV, Art. 19 Abs. 3; LV, Art. 20 Abs. 1; LV, Art. 20 Abs. 3 Satz 2; LV, Art. 113 Nr. 2
- VerfGGBbg, § 12 Nr. 2; VerfGGBbg, § 32 Abs. 7 Satz 2; VerfGGBbg, § 39 Nr. 1
- BbgVerfSchG, § 3 Abs. 1; BbgVerfSchG, § 4; BbgVerfSchG, § 5 Abs. 1 Satz 1
Schlagworte: - abstrakte Normenkontrolle unbegründet
- Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz
- Verdachtsberichterstattung zulässig
- Politische Parteien
- Betätigungsfreiheit
- Chancengleichheit
- Parteienprivileg
- streitbare und wehrhafte Demokratie
- freiheitliche demokratische Grundordnung
- Diskursmotor
- praktische Konkordanz
- hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte
- Bestimmtheitsgebot, unbestimmte Rechtsbegriffe, fachgerichtliche Nachprüfung
- Vereinigungsfreiheit
- Schutz religiöser und weltanschaulicher Vereinigungen
- Meinungsfreiheit, Pressefreiheit
- Grundrecht auf Datenschutz und informelle Selbstbestimmung
- Auslagenerstattung
nichtamtlicher Leitsatz: 1. § 5 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (BbgVerfSchG), wonach die Verfassungsschutzbehörde die Öffentlichkeit durch zusammenfassende Berichte und andere Maßnahmen über Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG - auch bezüglich politischer Parteien - aufklärt, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, steht im Einklang mit der Landesverfassung.

2. Die Ermächtigung zu einer Unterrichtung der Öffentlichkeit bereits im Vorfeld sicher festgestellter verfassungsfeindlicher Bestrebungen bezüglich politischer Parteien kommt einem Eingriff in deren Betätigungsfreiheit und Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV gleich.

3. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist insoweit als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht durch das „Parteienprivileg“ gemäß Art. 21 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 GG ausgeschlossen und findet seine Rechtfertigung in kollidierendem Verfassungsrecht. Die Betätigungsfreiheit und Chancengleichheit politischer Parteien finden ihre verfassungsmäßige Grenze in der Pflicht des Staates, für den Schutz und den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu sorgen, d. h. in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine „streitbare und wehrhafte Demokratie“.

4. Die Fachgerichte sind gehalten, das Vorliegen der Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG stets im Lichte der Tatsache zu prüfen, dass die Rolle der Parteien mit ihren spezifischen Rechten als notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch Art. 21 des Grundgesetzes auf Verfassungsebene abgesichert ist und dies durch eine restriktive Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG sicherzustellen.
Fundstellen: - DÖV 2022, 780
- NVwZ 4/2023, 256 ff.
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Urteil vom 20. Mai 2022 - VfGBbg 94/20 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 94/20




IM NAMEN DES VOLKES

U r t e i l

VfGBbg 94/20

In dem abstrakten Normenkontrollverfahren

der Mitglieder des Landtags Brandenburg

Sabine Barthel, Dr. Hans-Christoph Berndt, Birgit Bessin, Peter Drenske, Lena Kotré, Andreas Galau, Lars Günther, Michael Hanko, Dennis Hohloch, Rolf‑Peter Hooge, Lars Hünich, Steffen John, Andreas Kalbitz, Steffen Kubitzki, Daniel Freiherr von Lützow, Wilko Möller, Daniel Münschke, Kath‌‌leen Muxel, Volker Nothing, Lars Schieske, Marianne Spring-Räumschüssel, Felix Teichner, Franz Josef Wiese,

Alter Markt 1, 14467 Potsdam,

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigter               Prof. Dr. E.,

 

beteiligt:

  1. Landtag Brandenburg,
    vertreten durch die Präsidentin,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,
  2. Landesregierung Brandenburg
    - Staatskanzlei -,
    Heinrich-Mann-Allee 107,
    14473 Potsdam,

 

Verfahrensbevollmächtigte zu 2.:      Rechtsanwälte R.,

 

wegen

§ 5 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

auf die mündliche Verhandlung

vom 18. März 2022

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

für Recht erkannt: 

 

§ 5 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg vom 5. April 1993 (GVBl. I/93, [Nr. 4], S. 78), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Juni 2021 (GVBl. I/21, [Nr. 20]), ist mit der Verfassung des Landes Brandenburg vereinbar.

 

Auslagen der Antragsteller werden nicht erstattet.

 

Gründe:

A.

Die ursprünglich 23 Antragsteller sind bzw. waren Mitglieder des 88 Abgeordnete umfassenden Landtags Brandenburg und wenden sich im Wege der abstrakten Normenkontrolle gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG), soweit die Vorschrift aufgrund der Klausel „soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen“ als Rechtsgrundlage für eine sogenannte „Verdachtsberichterstattung“ über politische Parteien im Sinne des Art. 21 Grundgesetz (GG) angesehen wird.

I.

In der bis zum 20. Juni 2019 gültigen Fassung bestimmte § 5 BbgVerfSchG:

§ 5 Unterrichtung der Öffentlichkeit

Die Verfassungsschutzbehörde informiert die Öffentlichkeit in zusammenfassenden Berichten über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1. Sie unterrichtet jährlich die Öffentlichkeit über die Summe ihrer Haushaltsmittel und über die Gesamtzahl ihrer Bediensteten.

Auf Bundesebene lautete § 16 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) in der bis zum 20. November 2015 gültigen Fassung:

§ 16 Berichtspflicht des Bundesamts für Verfassungsschutz

(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet das Bundesministerium des Innern über seine Tätigkeit.

(2) Die Unterrichtung nach Absatz 1 dient auch der Aufklärung der Öffentlichkeit durch das Bundesministerium des Innern über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Absatz 1, die mindestens einmal jährlich in einem zusammenfassenden Bericht erfolgt. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der Betroffenen überwiegen. In dem Bericht sind die Zuschüsse des Bundeshaushalts an das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst sowie die jeweilige Gesamtzahl ihrer Bediensteten anzugeben.

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 26. Juni 2013 ‑ 6 C 4/12 -, juris) entschieden hatte, dass auf der Grundlage von § 16 BVerfSchG (in der bis zum 20. November 2015 gültigen Fassung) Vereinigungen, bei denen zwar tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorlagen, solche Bestrebungen aber noch nicht sicher festgestellt werden konnten (sog. Verdachtsfälle), zwar beobachtet werden und Informationen über sie gesammelt, diese aber nicht in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen werden durften, änderte der Bundesgesetzgeber § 16 BVerfSchG durch das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes vom 17. November 2015 (BGBl. I S. 1938). In der seit 21. November 2015 gültigen Fassung regelt § 16 BVerfSchG nunmehr:

§ 16 Verfassungsschutz durch Aufklärung der Öffentlichkeit

(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz informiert die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Absatz 1, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, sowie über präventiven Wirtschaftsschutz.

(2) Das Bundesministerium des Innern informiert die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Absatz 1, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, mindestens einmal jährlich in einem zusammenfassenden Bericht insbesondere zu aktuellen Entwicklungen. In dem Bericht sind die Zuschüsse des Bundeshaushalts an das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst sowie die jeweilige Gesamtzahl ihrer Bediensteten anzugeben.

(3) Bei der Information nach den Absätzen 1 und 2 dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen.

In der diesbezüglichen Gesetzesbegründung hieß es (vgl. BT-Drs. 18/4654, S. 32):

Die Öffentlichkeitsunterrichtung muss sachgerecht auch bereits Verdachtsfälle einschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26. Juni 2013, 6 C 4.12) bietet der geltende § 16 dafür keine Grundlage. Deshalb wird die Verdachtsfallberichterstattung nunmehr ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut aufgenommen („tatsächliche Anhaltspunkte“). Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01), sofern die tatsächlichen Anhaltspunkte hinreichend gewichtig sind.

Im Land Brandenburg wurde § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes vom 19. Juni 2019 (GVBl. I/19, [Nr. 29]) neu gefasst und lautet seit dem Inkrafttreten am 21. Juni 2019 nunmehr:

§ 5 Unterrichtung der Öffentlichkeit

Die Verfassungsschutzbehörde klärt die Öffentlichkeit durch zusammenfassende Berichte und andere Maßnahmen über Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Absatz 1 auf, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen.

§ 3 Abs. 1 BbgVerfSchG bestimmt:

§ 3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde

(1) Zur Erfüllung ihres Auftrags sammelt die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen, über

1.   Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben,

2.   sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht,

3.   Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

4.   Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind,

und wertet sie aus. Voraussetzung für ihr Tätigwerden ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte.

§ 4 Abs. 1 Nr. 3 BbgVerfSchG definiert als

Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.

Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes zählen gemäß § 4 Abs. 2 BbgVerfSchG:

      1.  die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte,

2.   das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,

3.   die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,

4.   das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,

5.   die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,

6.   die Unabhängigkeit der Gerichte und

7.   der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

In der Landtags-Drucksache 6/10948, Begründung S. 8, wird zur Begründung der Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes ausgeführt:

Absatz 1 konkretisiert die bislang geltende Regelung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit. Mit dieser Regelung hat die Verfassungsschutzbehörde die Befugnis, die Öffentlichkeit über sog. Verdachtsfälle zu informieren, bei denen also hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Absatz 1 vorliegen, ohne dass feste Gewissheit bestehen muss. Es sind jedoch Sachumstände vonnöten, die zumindest in ihrer Gesamtschau bei vernünftiger Betrachtung die hinreichende Wahrscheinlichkeit verfassungsfeindlicher Bestrebungen oder für eine Spionagetätigkeit begründen, hingegen genügen nicht hypothetische Möglichkeiten oder Spekulationen. Die Einräumung der Befugnis zur Information über Verdachtsfälle ist mit Blick auf extremistische Personenzusammenschlüsse, die nach außen hin einen harmlosen Eindruck vermitteln wollen und zu diesem Zweck im hohen Maße konspirativ vorgehen, von besonderer Bedeutung. Dabei muss aus Verhältnismäßigkeitsgründen bei der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht oder auch bei jeder anderen Information der Öffentlichkeit der Umstand, dass es sich um einen Verdachtsfall handelt, deutlich gemacht werden.

Mit dem am 8. Dezember 2020 eingeleiteten Normenkontrollverfahren beantragen die Antragsteller,

§ 5 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg vom 5. April 1993 (GVBl. I/93, [Nr. 4], S. 78), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Juni 2021 (GVBl. I/21, [Nr. 20]), für verfassungswidrig und nichtig zu erklären, insoweit die Norm aufgrund der Klausel „soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen“ als Rechtsgrundlage für eine sogenannte „Verdachtsberichterstattung“ auch über politische Parteien im Sinne des Artikel 21 des Grundgesetzes angesehen wird.

Die Antragsteller tragen vor, der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG nehme die politischen Parteien nicht ausdrücklich von der Verdachtsberichterstattung aus. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum entsprechenden § 16 BVerfSchG gehe ohne Problematisierung davon aus, dass eine Verdachtsberichterstattung aufgrund der Formulierung „soweit hinreichend gewichtige Anhaltspunkte hierfür vorliegen“ über politische Parteien und ihre Teilorganisationen möglich sei. Diese Auslegung sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen Art. 21 GG, der Bestandteil der Landesverfassung sei, und Art. 20 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg (LV).

Es werde in der rechtswissenschaftlichen Literatur vertreten, dass Maßnahmen, die gegenüber politischen Parteien ergriffen werden könnten, abschließend in Art. 21 Abs. 2 bis 4 GG geregelt seien. Art. 21 Abs. 2 und Abs. 3 GG sperrten die Möglichkeit für die Exekutive, andere Maßnahmen gegenüber einer politischen Partei zu ergreifen, als einen Verbotsantrag zu stellen. Allein das Bundesverfassungsgericht habe die Kompetenz, eine politische Partei zu verbieten. Maßnahmen gegenüber politischen Parteien seien auf das Parteiverbot und hierfür erforderliche vorgelagerte Maßnahmen beschränkt. Das Verbotsmonopol des Bundesverfassungsgerichts wirke schon im Vorfeld. Die Exekutive dürfe nicht über die Verfassungswidrigkeit einer Konkurrenzpartei befinden. Ein „kaltes Parteienverbot“ durch Maßnahmen der Exekutive müsse ausgeschlossen sein. Der Schutzgehalt des Parteienprivilegs gehe über den der Pressefreiheit hinaus, um den es im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2005 (1 BvR 1072/01) gegangen sei. Es werde in der rechtswissenschaftlichen Literatur auch vertreten, dass über politische Parteien nur dann im Verfassungsschutzbericht berichtet werden dürfe, wenn dies auf ein Parteiverbotsverfahren hinauslaufen könne und solle. Die Veröffentlichung dürfe möglicherweise auch nur in zeitlichem Zusammenhang zur Stellung des Verbotsantrags erfolgen. Gegenüber dem Parteiverbot durch das Bundesverfassungsgericht dürfe der Verfassungsschutzbericht nicht das viel schwächer regulierte „zweitbeste Mittel“ in Regierungshand sein.

Grundsätzlich dürfe die freie Betätigung und die Chancengleichheit einer nicht verbotenen Partei nicht durch regierungsseitige Aktivitäten eingeschränkt werden. Durch die Verdachtsberichterstattung werde die politische Meinungsbildung beeinflusst. Da die Regierung den politischen Gegner auf vorgeblich rechtsstaatlicher Grundlage unmittelbar bewerten und verfolgen könne, sei eine besonders strenge Rechtsgrundlage erforderlich. Aus Art. 9 Abs. 2 GG könne man ersehen, dass der Kampf gegen politische Gegner nicht in den allgemein-legalen Bereich vorverlagert werden könne. Dieser richte sich nur gegen Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderliefen. Dies bedeute auch, dass Spezialregelungen wie Art. 21 Abs. 2 bis 4 GG in Wahrheit nicht durch den Hinweis auf das Prinzip der streitbaren Demokratie unterlaufen werden könnten. Das Prinzip der streitbaren Demokratie sei selbst keine Eingriffsermächtigungsgrundlage. Amtsträger könnten sich nicht auf ihre Meinungsfreiheit und eine Pflicht aus dem Prinzip der streitbaren Demokratie berufen. Weder Regierungs- noch Oppositionsparteien dürften den politischen Gegner mit staatlichen Machtmitteln ausschalten. Der Staat müsse neutral sein.

Die selbständige Kategorie der „verfassungsfeindlichen“ Partei gebe es nicht. Die Verdachtsberichterstattung im Verfassungsschutzbericht sei für die betroffene Partei und ihre Mitglieder grundrechtsrelevant. Sie sollten diskreditiert werden. Es seien nachteilige Folgen zu befürchten, so zum Beispiel bei der Vergabe von Veranstaltungsräumen. Potentielle Wähler könnten sich abwenden. Für hoheitliche Warnungen der Öffentlichkeit gelte auch für den Bereich des Verfassungsschutzes, dass sie sich im Rahmen der Kompetenzordnung halten müssten, sie inhaltlich zutreffend sein oder jedenfalls auf zutreffender und hinreichend breiter Tatsachenbasis erstellt worden sein müssten und sie nicht diffamierend oder verfälschend sein dürften. Vielmehr müssten sie sachlich, neutral und bei Wertungen tatsachengestützt und namentlich willkürfrei bei der Auswahl Betroffener sein. Die Opposition müsse die Regierung, die Legislative die Exekutive kontrollieren, nicht umgekehrt. Eine derartig nachteilig wirkende Maßnahme wie die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht könne nicht nur auf einen bloßen Verdacht gestützt werden. Es sei nicht zulässig, dass die Regierungsparteien mittels der Verdachtsberichterstattung im Verfassungsschutzbericht in den politischen Wettbewerb mit der konkurrierenden Hauptoppositionspartei eingreifen könnten. Ermächtigungsgrundlagen für die Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes müssten speziell und ausdrücklich auf politische Parteien bezogen werden. Es sei ein allgemeingültiger Grundsatz des Sicherheitsrechts, dass bei einem bloßen Gefahrenverdacht die Eingriffsmöglichkeiten sehr eingeschränkt seien und sich streng am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientieren müssten.

Auch sei zu berücksichtigen, dass der landesverfassungsrechtliche Schutzbereich der Parteienfreiheit über jenen des Grundgesetzes hinausgehe, da die Landesverfassung in Art. 21 Abs. 2 auch das „personelle Substrat“ einer Partei unter besonderen Schutz stelle, welches durch die Verdachtsberichterstattung in besonderem Maße nachteilig betroffen sei.

Art. 11 Abs. 3 LV beschränke die Kompetenz des Landesgesetzgebers auf solche verfassungsschutzrechtlichen Befugnisse, die das Bundesrecht von den Verfassungsschutzbehörden der Länder fordere. Zudem verbiete Art. 11 Abs. 3 Satz 2 LV jegliche polizeilichen Kompetenzen für die Verfassungsschutzbehörden, zu denen die Verdachtsberichterstattung als Teil der Gefahrenabwehr zu zählen sei.

Das Grundsatzprogramm der AfD bekenne sich zu einem von Korruption und Ämterpatronage befreiten freiheitlichen Rechtsstaat des Grundgesetzes, in dem die direkte Demokratie eine sehr viel größere Rolle spielen solle als in der jetzigen Staatspraxis. Es fordere die Freiheit der Menschen, den nicht-obrigkeitlichen Rechtsstaat sowie die unmittelbare Demokratie als wichtige Ergänzung und wichtiges Korrektiv der indirekten Demokratie.

Da der Inhalt des Grundsatzprogramms nicht dazu tauge, den neuen politischen Wettbewerber mit dem Vehikel des Verfassungsschutzes zu bekämpfen, würden Äußerungen von Parteimitgliedern gezielt zu Lasten der AfD missinterpretiert. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinen Verbotsurteilen gegen die Sozialistische Reichspartei und die Kommunistische Partei Deutschlands Grundsätze für die freiheitliche demokratische Grundordnung aufgestellt, an die sich die Regierung nicht halte. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen sei ebenso erlaubt, wie die Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Die bloße Kritik an Verfassungswerten reiche als Anlass nicht aus, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung zu bejahen oder allein deshalb die negative Sanktion einer Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht zu ergreifen. Es komme auf die Verfassungsfeindlichkeit der angestrebten Ziele an. Bei der AfD würden politische Meinungsäußerungen, die dem konservativen Mainstream entsprächen, mit dem Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gleichgesetzt. Kritik an der Regierung werde mit Kritik an der Demokratie mit der Begründung gleichgesetzt, dass die Regierung gewählt sei.

Wenn davon die Rede sei, dass das „System“ abgeschafft werden solle, sei damit nicht die freiheitliche demokratische Grundordnung gemeint, sondern die verfassungswidrigen Systeme von Ämterpatronage und Vetternwirtschaft sowie sonstige Formen der Selbstbedienung und Korruption durch die etablierten Regierungsparteien. Legitime bürgerliche Kritik an der Regierungspolitik der unkontrollierten illegalen Massenzuwanderung werde mit rassistisch motivierter Ablehnung der betroffenen Menschen gleichgesetzt. Jeder Staat und jedes Staatsvolk als Souverän hätten das Recht zu bestimmen, wer in seinem angestammten Territorium leben dürfe und wer nicht. Die Versagung dieses Rechts könne daher kein fremdenfeindlicher oder rassistischer Angriff sein. Art. 16a GG sehe die Gewährleistung des Vollzugs von Ausreisepflichten vor. Es könne auch keine Regierung die Mitglieder eines Staatsvolks zwingen, eine massenhaft von außen mit Flüchtlingen nach Deutschland kommende Religion ebenso zu respektieren wie die eigene Religion oder das eigene Weltbild. Die Religionsfreiheit schütze gerade auch die Freiheit, eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung abzulehnen. Islamkritik werde vom Verfassungsschutz mit der Verletzung der Menschenwürde gleichgesetzt. Es werde auch mit verschiedenem Maß gemessen. Der Linksextremismus werde nicht hinreichend bekämpft.

IV.

Der Landtag Brandenburg und die Regierung des Landes Brandenburg haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Die Landesregierung trägt vor, § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG sei verfassungsgemäß. Die Vorschrift verstoße weder gegen Art. 20 Abs. 1 und 3 LV noch gegen Art. 21 Abs. 1 GG.

Politische Parteien würden vom Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG erfasst. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG seien nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Nr. 3 BbgVerfSchG solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet sei, die in § 4 Abs. 2 BbgVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Auch politische Parteien seien in diesem Sinne Personenzusammenschlüsse. Es sei sinnwidrig anzunehmen, der Gesetzgeber habe gerade die politischen Parteien vom Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ausnehmen wollen. Das Gesetz müsse nicht ausdrücklich auf Parteien Bezug nehmen. Vergleichbar habe das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 17. September 2013 (2 BvR 2436/10 -, BVerfGE 134, 141-202) für das Bundesverfassungsschutzgesetz bestätigt, dass eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage vorliege, die grundsätzlich auch die Beobachtung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz ermögliche, ohne dass deren Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ausdrücklich in Bezug genommen würden. Allerdings müssten für die tatsächliche Beobachtung die gesetzlich geregelten - und bei Abgeordneten streng zu handhabenden - Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit erfüllt sein.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sei die Unterrichtung der Öffentlichkeit über sogenannte Verdachtsfälle zulässig, sofern tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen in ihrer Gesamtheit ein hinreichendes Gewicht hätten, um die Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht angesichts der Nachteile für die Betroffenen zu rechtfertigen. Eine Unterrichtung der Öffentlichkeit sei auch zulässig, wenn der Verdachtsfall eine politische Partei betreffe. Die Unterrichtung über hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen einer Partei sei gerade nicht die Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit. Der Staat müsse sich als wehrhafte Demokratie gegen verfassungsfeindliche Parteien wehren können. Die Verfassung habe dem Staat die Aufgabe übertragen, ihre zentralen Grundwerte durch repressive Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten. Als Instrument dieses Schutzes setzten das Grundgesetz in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10b) GG und die Verfassung des Landes Brandenburg in Art. 11 Abs. 3 Satz 1 LV die Existenz von Verfassungsschutzbehörden explizit voraus. Es gebe keinen vernünftigen Grund, gerade die politischen Parteien als die wesentlichen Akteure in der parlamentarischen Demokratie und bei der politischen Willensbildung des Volkes von der verfassungsschutzbehördlichen Beobachtung und Berichterstattung auszunehmen, da gerade von ihnen besondere Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehen könnten. Das lehre die deutsche Geschichte. Auch Art. 9 Abs. 2, Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 und Abs. 3 GG verankerten das Prinzip der „streitbaren“ oder „wehrhaften Demokratie“ im Grundgesetz und sollten gewährleisten, dass Verfassungsfeinde nicht unter Berufung auf die Freiheiten des Grundgesetzes und unter deren Schutz die Verfassungsordnung oder den Bestand des Staates gefährden, beeinträchtigen oder zerstören könnten.

Dass ausschließlich das Bundesverfassungsgericht eine politische Partei verbieten könne und im Vorfeld die Exekutive keine rechtlichen Sanktionen androhen oder verhängen dürfe, bedeute nicht, dass die Beobachtung und Berichterstattung über verfassungsfeindliche Parteien verboten sei. Die Zulässigkeit der Aufklärung verfassungsfeindlicher Ziele einer politischen Partei werde durch die Verfassung vorausgesetzt. Die politische Auseinandersetzung mit verfassungsfeindlichen Parteien müssten nicht nur die anderen Parteien führen. Auch der Staat dürfe dies im Rahmen der Willkürgrenzen und gerichtlich kontrollierbar tun. Vor der Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht dürfe die Überzeugung gewonnen und vertreten werden, dass eine Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolge. Dies gelte auch für den Verdachtsfall, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlägen. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG müssen diese zudem hinreichend gewichtig sein.

Der für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung geltende Neutralitätsmaßstab lasse sich nicht auf die gesetzlich vorgesehene Aufklärung der Öffentlichkeit über gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen übertragen. Er betreffe Regierungsmitglieder oder Amtsinhaber, die selbst im politischen Wettbewerb stünden und durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme staatlicher Mittel nicht besser gestellt werden und den politischen Wettbewerb nicht verzerren können sollten. Das Bundesverfassungsgericht habe offengelassen, ob dies auch dann gelte, wenn die Beachtung der Grundregeln des demokratischen Zusammenlebens eingefordert werde. Demgegenüber seien negative Werturteile in den Verfassungsschutzberichten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung grundsätzlich zulässig, solange sie nicht auf sachfremden Erwägungen beruhten, bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich seien und damit den Anspruch der betroffenen Partei auf gleiche Wettbewerbschancen willkürlich beeinträchtigten.

Verfassungsschutzrechtliche Bewertungen dienten gerade der Befriedigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Es bestehe die verfassungsrechtliche Pflicht zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Verfassungsschutz könne nicht dem Neutralitätsgebot unterliegen. Dass die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden politische Wirkung haben könne, liege in der Wesensnatur ihrer Aufgabenstellung, als Instrument der wehrhaften Demokratie Informationen über die aktuelle Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte und Gruppen im Vorfeld einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu gewinnen und zu sammeln, um damit die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken. Mit der Bekanntgabe der Einstufung einer politischen Partei als Verdachtsfall greife der Verfassungsschutz nicht unzulässig in den politischen Wettbewerb ein, sondern nehme seine ihm nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG obliegende Aufgabe wahr, die Öffentlichkeit zutreffend und sachlich über festgestellte Verdachtsfälle zu unterrichten.

Der Gefahrenbegriff des Polizeirechts könne auf den Verfassungsschutz nicht angewandt werden. Aus der historischen Erfahrung heraus, dass radikale Bestrebungen umso schwieriger zu bekämpfen seien, je mehr sie an Boden gewönnen, und ein Parteiverbot möglicherweise nicht mehr durchgesetzt werden könne, wenn eine verfassungsfeindliche Partei erst eine starke Stellung erlangt habe, rechtfertige sich die Verdachtsberichterstattung als Präventivmaßnahme. Allerdings müsse deutlich gemacht werden, dass es sich lediglich um einen Verdachtsfall handele.

Es gebe auch keinen zeitlichen Zusammenhang der Verdachtsberichterstattung zu einem unmittelbar anzustrebenden Verbotsverfahren. Der Verfassungsschutz sei an den gesetzlichen Auftrag aus § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG gebunden, während die Landesregierung keinen Verbotsantrag für eine bundesweit organisierte Partei stellen könne. Die Stellung von Verbotsanträgen sei zudem eine Frage der politischen Opportunität. Ein Verdacht heiße noch nicht, dass ausreichend gerichtsfeste Beweise für ein Verbotsverfahren vorlägen.

Die Verdachtsberichterstattung sei auch nicht zum Schutz der Mitglieder der politischen Partei unzulässig. Das Mitglied einer Partei, über die als Verdachtsfall berichtet werde, dürfe nicht sanktioniert werden. Für Soldaten und Beamte gelte der Grundsatz der Verfassungstreue. Dies sei individuell zu prüfen. Allein die Parteimitgliedschaft reiche nicht, die Verfassungstreue zu verneinen.

B.

Der Normenkontrollantrag auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist gemäß Art. 113 Nr. 2 LV, § 12 Nr. 2, § 39 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zulässig.

Die Antragsteller sind antragsbefugt. Sie erfüllen das gemäß § 39 VerfGGBbg erforderliche Quorum von einem Fünftel der Mitglieder des Landtags, dem insgesamt 88 Mitglieder angehören, und halten eine Landesregelung wegen Verstoßes gegen die Landesverfassung für nichtig, vgl. § 39 Nr. 1 VerfGGBbg.

Der Normenkontrollantrag ist unbegründet.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG, wonach die Verfassungsschutzbehörde die Öffentlichkeit durch zusammenfassende Berichte und andere Maßnahmen über Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG ‑ auch bezüglich politischer Parteien ‑ aufklärt, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, steht im Einklang mit der Landesverfassung.

I. Die angegriffene Vorschrift ist formell verfassungsgemäß.

Insbesondere war das Land Brandenburg für den Erlass der ergänzten Neufassung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes vom 19. Juni 2019 (GVBl. I/19, [Nr. 29]) zuständig.

Zwar existiert mit Art. 73 Abs. 1 Nr. 10b) GG eine ausschließliche Kompetenz des Bundesgesetzgebers für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Diese erfasst jedoch nicht die Aufgaben des Verfassungsschutzes auf Landesebene. Angelegenheiten des Landesverfassungsschutzes bleiben nach Art. 70 Abs. 1 GG Sache des jeweiligen Landesgesetzgebers (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‌‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 62, juris; SächsVerfGH, Urteil vom 21. Juli 2005 - Vf. 67 -II-04 -, Rn. 93, juris; BayVerfGH, Beschluss vom 11. November 1997 - Vf. 22- VII- 94 -, Rn. 216, juris; Ernst, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, 2012, Art. 11 LV, Anm. 5.2, S. 137). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass von der Unterrichtung der Öffentlichkeit durch den Verfassungsschutz im Sinne von § 5 BbgVerfSchG auch Parteien betroffen sein können. Nach Art. 21 Abs. 5 GG besitzt der Bund zwar die ausschließliche Kompetenz zur Regelung des Parteienrechts. Gleichwohl besitzen die Länder die Kompetenz zum Erlass von Regelungen mit Parteienbezug, soweit diese einen hinreichenden Sachbezug zu einer Landeskompetenz aufweisen. Dies trifft auch auf verfassungsschutzrechtliche Bestimmungen zur spezifischen Öffentlichkeitsarbeit zu, die sich auf eine Landeskompetenz zur Regelung des Landesverfassungsschutzrechts stützen.

Eine Regelung des Inhalts von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG wird nicht bereits durch Art. 11 Abs. 3 Satz 1 LV ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist Art. 11 Abs. 3 Satz 1 LV über die in Art. 11 Abs. 3 Sätze 2 und 3 LV gesondert angesprochenen, von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG nicht berührten Fallgruppen hinaus nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte kein materiell-rechtliches „Teilverbot für Verfassungsschutztätigkeiten“ zu entnehmen.

II. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG steht auch in materieller Hinsicht mit der Landesverfassung in Einklang. Die Vorschrift verletzt insbesondere nicht die Rechte von Parteien.

Die angegriffene Regelung ist hinreichend bestimmt und erfasst auch Parteien (1.). Soweit sie eine Ermächtigungsgrundlage für die Verdachtsberichterstattung mit Bezug zu Parteien darstellt, sind die Rechte aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV betroffen (2.). Die Regelung kommt einem Eingriff in die Betätigungsfreiheit und Chancengleichheit politischer Parteien gleich (3.), der jedoch gerechtfertigt ist (4.).

1. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist hinreichend klar und bestimmt. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 2 Abs. 2 LV abzuleitende Bestimmtheitsgebot verpflichtet den Gesetzgeber, Gesetze so zu formulieren, dass sowohl der potentiell Betroffene als auch der Rechtsanwender Inhalt und Grenzen der Ermächtigung erkennen können. Das Gesetz selbst muss die Eingriffsvoraussetzungen bestimmen und darf dies nicht den mit dem Gesetzesvollzug betrauten Behörden überlassen. Je intensiver der mögliche Grundrechtseingriff ist, zu dem die Norm ermächtigt, desto höhere Anforderungen sind an den Gesetzgeber gestellt, Art und Umfang des Eingriffs an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen (vgl. Urteil vom 30. Juni 1999 ‌‑ VfGBbg 3/98 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Da der Gesetzgeber die Verfassungsschutzbehörde durch § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG zu einer Unterrichtung der Öffentlichkeit bereits im Vorfeld sicher festgestellter verfassungsfeindlicher Bestrebungen ermächtigt, kommt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit vorliegend besonders hohe Bedeutung zu. Um hinreichende Normenklarheit zu gewährleisten, sind daher die Eingriffsvoraussetzungen möglichst präzise zu beschreiben. Da der Gesetzgeber der Exekutive nicht für alle denkbaren Fallgestaltungen vorab genau festgelegte Direktiven an die Hand geben kann, darf er, um der Vielzahl denkbarer Konstellationen Rechnung zu tragen und der Exekutive Spielraum für ein dem Einzelfall angepasstes Vorgehen zu belassen, insbesondere bei der Formulierung der Eingriffsermächtigung auf der Tatbestandsseite bis zu einer gewissen Grenze auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen (vgl. Urteil vom 30. Juni 1999 ‑ VfGBbg 3/98 -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Die damit gegebenenfalls einhergehende Notwendigkeit, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 ‑ 1 BvR 1550/03 -, BVerfGE 118, 168-211, Rn. 100 m. w. N., juris). Das gilt umso mehr, wenn und soweit der Gesetzgeber unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, die durch die Rechtsprechung konturiert worden sind.

Gemessen an diesen Voraussetzungen bestehen gegen die hinreichende Bestimmtheit von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Vorschrift nennt „Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Absatz 1“ desselben Gesetzes als Gegenstand der Verdachtsberichterstattung, soweit „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen“. Aus den Legaldefinitionen der § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 3 BbgVerfSchG ergeben sich die möglichen Akteure solcher Bestrebungen: Personen, die „in einem oder für einen Personenzusammenschluss“ mit verfassungsfeindlicher Zielrichtung tätig sind. Insbesondere eine Partei stellt sich unproblematisch als ein solcher „Personenzusammenschluss“ dar, ihre Mitglieder als Personen, die für oder in diesem Zusammenschluss tätig sind (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21. Juli 2010 ‑ 6 C 22/09 -, Rn. 19 f., juris), auch wenn Parteien und ihre Mitglieder im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt werden. Anlass für Zweifel oder Missverständnisse bieten diese Formulierungen nicht, so dass in dieser Hinsicht den Anforderungen an die Bestimmtheit Genüge getan wurde. Anders als die Antragsteller meinen, würde eine ausdrückliche Erwähnung der Partei als Normunterworfene ihren Rechtsstatus nicht erweitern. Den spezifischen Rechten von Parteien ist vielmehr im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung Rechnung zu tragen.

Soweit die Antragsteller den Begriff der „verfassungsfeindlichen Partei“ problematisieren, ist anzumerken, dass dieser in der angegriffenen Norm nicht verwendet wird. Ausschließlich in Absatz 2 des § 5 BbgVerfSchG findet sich der Begriff der „verfassungsfeindlichen Bestrebungen und Tätigkeiten“. Es handelt sich hierbei aber nicht um die Einführung einer speziellen Kategorie von „verfassungsfeindlicher Partei“, sondern um eine zusammenfassende Bezeichnung von solchen Bestrebungen, die in § 4 BbgVerfSchG hinreichend definiert sind.

2. Die gesetzlich begründete Befugnis zu einer Unterrichtung der Öffentlichkeit bereits im Vorfeld sicher festgestellter verfassungsfeindlicher Bestrebungen betrifft bezüglich politischer Parteien den Schutzbereich aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV.

Art. 21 GG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ungeschriebener Bestandteil der jeweiligen Landesverfassung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 1984 ‑ 2 BvH 3/83 ‑, BVerfGE 66, 107-116, Rn. 23 m. w. N., juris). Dem folgt das Landesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2006 ‌‑ VfGBbg 20/06 ‑, Urteil vom 23. Oktober 2020 ‑ VfGBbg 9/19 -, Rn. 75, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Art. 21 GG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ungeschriebener Bestandteil der jeweiligen Landesverfassung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 1984 ‑ 2 BvH 3/83 ‑, BVerfGE 66, 107-116, Rn. 23 m. w. N., juris). Dem folgt das Landesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2006 ‌‑ VfGBbg 20/06 ‑, Urteil vom 23. Oktober 2020 ‑ VfGBbg 9/19 -, Rn. 75, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG wirken Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Nach Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV ist die Freiheit der Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung zu gewährleisten.

Mit Art. 21 GG wird den politischen Parteien erstmals in der deutschen Geschichte ein eigener verfassungsrechtlicher Status zuerkannt. Im Unterschied zur Weimarer Reichsverfassung, die sich einer verfassungsrechtlichen Qualifizierung der politischen Parteien enthielt, weist das Grundgesetz ihnen eine besondere ‑ im Vergleich zu anderen Vereinigungen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 GG hervorgehobene ‑ Stellung zu. Sie werden durch Art. 21 GG in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben und als notwendige „Faktoren des Verfassungslebens" anerkannt (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 ‑ 2 BvB 1/13 -, BVerfGE 144, 20-369, Rn. 512 m. w. N., juris).

Sowohl Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG als auch Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV gewähren den politischen Parteien ‑ insoweit inhaltsgleich ‑ als Ausdruck dieser hervorgehobenen Stellung im Verfassungsgefüge neben dem Recht auf Gründung und Betätigung insbesondere das Recht auf eine gleichberechtigte, chancengleiche Teilhabe am politischen Wettbewerb (vgl. z. B. BVerfG, Urteil vom 9. Juni 2020 ‑ 2 BvE 1/19 -, BVerfGE 154, 320-353, Rn. 43 und 46, www.bverfg.de; Beschluss vom 17. September 2021 - VfGBbg 22/21 -, Rn. 73, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition sind Teilelemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1952 ‌‑ 1 BvB 1/51 -, BVerfGE 2, 1-79, Rn. 38, juris).

Die Ausprägung des Rechts auf freie Mitwirkung bei der politischen Willensbildung folgt aus der spezifischen Vermittlungsfunktion zwischen Staat und Gesellschaft, welche Parteien in einer repräsentativen Demokratie einnehmen. Parteien stellen politische Handlungseinheiten dar, derer die Demokratie bedarf, um die Wähler zu politisch aktionsfähigen Gruppen zusammenzuschließen und ihnen so einen wirksamen Einfluss auf das staatliche Geschehen zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2018 ‑ 2 BvE 1/16 -, BVerfGE 148, 11-39, Rn. 41 m. w. N., www.bverfg.de). Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb führt daher zu einem grundsätzlichen Differenzierungsverbot und zieht dem Ermessen des Gesetzgebers besonders enge Grenzen. Der Staat darf die vorgefundene Wettbewerbslage nicht verfälschen. Der im Mehrparteiensystem angelegte politische Wettbewerb soll Unterschiede hervorbringen - je nach Zuspruch der Bürger. Diesen darf die öffentliche Gewalt nicht ignorieren oder konterkarieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2015 ‌‑ 2 BvE 4/12 ‑,‌ BVerfGE 140, 1-42, Rn. 63, und Urteil vom 26. Oktober 2004 ‌‑ 2 BvE 1/02 ‑,‌ BVerfGE 111, 382-412, Rn. 61, www.bverfg.de, jeweils m. w. N.; Beschluss vom 18. September 2015 ‌‑ VfGBbg 18/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Es ist verfassungsrechtlich insoweit gefordert, dass die Rechtsordnung jeder Partei und jedem Wahlbewerber grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlverfahren und Wahlkampf und damit eine gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2009 ‌‑ 2 BvC 2/06 ‑,‌ BVerfGE 124, 1-25, Rn. 84, www.bverfg.de; Urteil vom 23. Oktober 2020 ‌‑ VfGBbg 9/19 -, Rn. 176, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Hierbei ist das Recht auf Chancengleichheit in einem strikten und formalen Sinn zu verstehen (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 ‑ VfGBbg 9/19 -, Rn. 175, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, Urteil vom 9. Juni 2020 ‌‑ 2 BvE 1/19 -, BVerfGE 154, 320-353, Rn. 46, www.bverfg.de).

Aus diesem Grund sind politische Parteien gemäß Art. 21 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 GG gegenüber anderen Vereinigungen gleich in zweifacher Hinsicht dahingehend privilegiert, dass nur das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei feststellen kann und das Bundesverfassungsgericht eine politische Partei nur wegen ihrer festgestellten Verfassungswidrigkeit verbieten kann, sog. „Parteienprivileg“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 21. März 1961 ‑ 2 BvR 27/60 -, BVerfGE 12, 296-308, Rn. 24, juris). Das Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG schließt administrative Entscheidungen gegen den Bestand einer Partei aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1975 ‌‑ 2 BvE 1/75 -, BVerfGE 40, 287-294, Rn. 16, juris). Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann niemand die Verfassungswidrigkeit einer Partei rechtlich geltend machen, das heißt, gegen die Partei, ihre Funktionäre, Mitglieder und Anhänger dürfen wegen ihrer mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitenden parteioffiziellen Tätigkeiten keine rechtlichen Sanktionen angedroht oder verhängt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1975 ‑ 2 BvE 1/75 -, BVerfGE 40, 287-294, Rn. 16, juris). Politische Parteien sind, solange das Bundesverfassungsgericht nicht ihre Verfassungswidrigkeit festgestellt hat, in der Wahrnehmung ihrer Rechte frei und dürfen darin nicht durch administratives Einschreiten unter Berufung auf die Behauptung ihrer Verfassungswidrigkeit gehindert werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 ‑ 2 BvE 11/12 -, BVerfGE 133, 100-111, Rn. 19, www.bverfg.de).

3. Die auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG erfolgende Nennung einer Partei als sogenannter Verdachtsfall in zusammenfassenden Berichten der Verfassungsschutzbehörde zur Aufklärung der Öffentlichkeit kommt einem Eingriff in ihr Recht auf gleichberechtigte, chancengleiche Teilhabe am politischen Wettbewerb gleich.

Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht in seiner älteren Rechtsprechung noch entschieden, dass nicht bereits jedes staatliche Informationshandeln und nicht jede Teilhabe des Staates am Prozess öffentlicher Meinungsbildung als ein Grundrechtseingriff zu werten sei, sondern derartige Werturteile als faktische Nachteile hinzunehmen seien (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1975 ‑ 2 BvE 1/75 -, BVerfGE 40, 287-294, insbesondere Rn. 19 und Rn. 20, juris). Nunmehr geht das Bundesverfassungsgericht aber davon aus, dass die Zuschreibung als verfassungsfeindlicher Bestrebungen verdächtig insbesondere in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder Landes zumindest mittelbar als eine belastende negative Sanktion mit Eingriffscharakter zu bewerten sei, weil sie über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger hinausgehe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 52 ff., juris, in Bezug auf die Nennung eines Verlags einer Wochenzeitung in einem Verfassungsschutzbericht).

Dieser Einschätzung schließt sich das Verfassungsgericht an. Die Darstellung als Verdachtsfall gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG beeinflusst den Ruf einer politischen Partei in der Öffentlichkeit erheblich. Als verfassungsschutzrechtlicher Verdachtsfall nimmt die Partei eine veränderte Stellung in der medialen Berichterstattung und politischen Auseinandersetzung ein. Ihre Chancen, um Mitglieder und Wähler zu werben, sind unter Umständen gemindert. Diese Beeinflussung des politischen Wettbewerbs entspricht mittelbar sogar der Zielsetzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG, da die Verdachtsberichterstattung gerade darauf gerichtet ist, die Wahlberechtigten zu einer besonders kritischen Reflexion ihrer Wahlentscheidung zu veranlassen. Diese Form der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Verfassungsschutzbehörde vermag grundsätzlich eine abschreckende Wirkung zu entfalten und dadurch potentielle Wähler, aber auch an einer Mitarbeit Interessierte zu beeinflussen. Zwar wird eine politische Partei durch ihre Nennung als Verdachtsfall nicht daran gehindert, weiterhin am politischen Entscheidungsprozess und an Wahlen teilzunehmen. Die Bewertung als Verdachtsfall kann aber Bürger dazu veranlassen, sich von dem Angebot einer politischen Partei abzuwenden. Insofern liegt es nicht anders, als wenn ein Presseerzeugnis im Verfassungsschutzbericht genannt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 50 und 53, www.bverfg.de). § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG nimmt politische Parteien, die als Teil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung den beschriebenen hohen Schutzstatus genießen, nicht von seinem Anwendungsbereich aus. Damit erzeugt die angegriffene Norm eine jedenfalls eingriffsgleiche beeinträchtigende Wirkung auf den Schutzbereich der Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV.

4. Diese Regelung ist jedoch gerechtfertigt.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG, der die Aufklärung der Öffentlichkeit durch zusammenfassende Berichte und andere Maßnahmen auch über politische Parteien vorsieht, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen ‌oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG vorliegen, ist als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht durch das „Parteienprivileg“ gemäß Art. 21 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 GG ausgeschlossen (a.) und findet seine Rechtfertigung in kollidierendem Verfassungsrecht (b.); hierbei ist die Verhältnismäßigkeit gewahrt (c.).

a. Auch wenn Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV nicht unter einem Gesetzesvorbehalt stehen, ist die Parteienfreiheit nicht uneingeschränkt gewährleistet. Wie bei vorbehaltlos garantierten Grundrechten gilt auch für die Parteienfreiheit, dass verfassungsimmanente Schranken bestehen. Die Grenzen des gewährten Rechts werden mithin von der Verfassung selbst bestimmt. Zu den verfassungsimmanenten Schranken zählen sowohl Grundrechte als auch „mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte“ (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1970 ‌‑ 1 BvR 83/69 -, BVerfGE 28, 243-264, Rn. 58, juris). Hierzu gehört auch der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, was in den Absätzen 2, 3 und 4 des Art. 21 GG zum Ausdruck kommt.

Entgegen der Meinung der Antragsteller schließt das sogenannte „Parteienprivileg“ des Art. 21 Abs. 2 und Abs. 4 GG nicht sämtliche anderen Regelungen mit Bezug zu Parteien aus.

Um das Parteienprivileg vollständig zu erfassen, müssen die entsprechenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen in Abgrenzung zur Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 2 GG - auf landesrechtlicher Ebene: Art. 20 Abs. 2 LV - betrachtet werden. Gemäß Art. 9 Abs. 2 GG sind Vereinigungen automatisch verboten, wenn ihre Zwecke oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Ähnlich sieht Art. 20 Abs. 2 LV für Vereinigungen vor, dass diese, soweit sie nach ihrem Zweck oder ihrer Tätigkeit gegen die Verfassung, die Strafgesetze oder die Völkerverständigung verstoßen, aufgrund eines Gesetzes Beschränkungen unterworfen oder verboten werden sollen.

Auch Parteien sind Vereinigungen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 GG und Art. 20 Abs. 2  LV. Sie würden der entsprechenden Verbotsnorm und damit dem direkten Zugriff der Exekutive unterliegen, wenn Art. 21 GG nicht eine Spezialregelung enthielte, die die Anwendung des Art. 9 Abs. 2 GG auf politische Parteien ausschließt (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1952 ‑ 1 BvB 1/51 -, BVerfGE 2, 1-79, Rn. 39, juris).

Dass ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungswidrigkeit einer Partei nach Art. 21 Abs. 2 GG entscheiden darf (Art. 21 Abs. 4 GG), bedeutet nicht, dass der Landesgesetzgeber keine Normen erlassen dürfte, die die Arbeit der Landesverfassungsschutzbehörden im Zusammenhang mit der Beobachtung von möglicherweise verfassungsfeindlichen Parteien normieren. Der Verfassungsschutz arbeitet im Vorfeld von Verbotsverfahren i. S. d. Art. 21 Abs. 2 und Abs. 4 GG und berührt dabei notwendig auch den Rechtsstatus der betroffenen Parteien. Hierfür sind entsprechende Ermächtigungsnormen zwingend erforderlich, deren Erlass dem Landesgesetzgeber obliegt.

Das „Parteienprivileg“ in Art. 21 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 GG schützt somit die politischen Parteien vor einem Verbot durch die Exekutive mit den hiermit verbundenen drastischen Folgen, schließt aber nicht sämtliche anderen Maßnahmen aus, die sich auf die mögliche „Verfassungsfeindlichkeit“ einer politischen Partei beziehen und deren Auswirkungen deutlich hinter denen eines Parteiverbots zurückbleiben.

b. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG findet seine Rechtfertigung in kollidierendem Verfassungsrecht. Er konkretisiert in nicht zu beanstandender Weise die verfassungsimmanente Schranke der Parteienfreiheit.

Die Betätigungsfreiheit und Chancengleichheit politischer Parteien sind einerseits selbst Ausfluss des Demokratieprinzips und notwendige Voraussetzung für die politische Willensbildung; sie finden andererseits ihre verfassungsmäßige Grenze in der Pflicht des Staates, für den Schutz dieser Prinzipien und den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu sorgen, mithin in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine „streitbare und wehrhafte Demokratie“. Hierdurch soll unter Berücksichtigung der bitteren Erfahrung mit dem Schicksal der Weimarer Demokratie gewährleistet werden, dass Verfassungsfeinde nicht unter Berufung auf die Freiheiten, die das Grundgesetz gewährt, die Verfassungsordnung oder den Bestand des Staates gefährden, beeinträchtigen oder zerstören (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 ‑ 2 BvB 1/13 -, BVerfGE 144, 20-367, Rn. 418 m. w. N., www.bverfg.de). Das Grundgesetz verhält sich daher nicht wertneutral, sondern entscheidet sich für zentrale Grundwerte, nimmt sie in Schutz und gibt dem Staat auf, sie zu sichern und zu gewährleisten. Es trifft Vorkehrungen gegen ihre Bedrohung und institutionalisiert besondere Verfahren zur Abwehr von Angriffen auf die verfassungsmäßige Ordnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, BVerfGE 39, 334-391, Rn. 43, juris).

Das Grundgesetz vertraut insoweit nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres von selbst behaupten, sondern überträgt dem Staat die Aufgabe, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. März 1983 ‌‑ 1 BvR 1078/80 -, BVerfGE 63, 266-312, Rn. 91 ff., juris; BayVGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 ‌‑ 10 B 15.1609 -, Rn. 22, juris). 

Auch das Land Brandenburg ist als Teil der Bundesrepublik Deutschland - vgl. Art. 1 Abs. 1 LV ‑ der streitbaren und wehrhaften Demokratie verpflichtet. Dies kommt in mehreren Vorschriften der Landesverfassung zum Ausdruck, z. B. in Art. 20 Abs. 2 LV, in Art. 11 Abs. 3 LV (Einrichtung eines Landesverfassungsschutzes) oder in Art. 31 Abs. 3 LV (Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung) und in Art. 7a LV (Eintreten gegen rassistisches und fremdenfeindliches Gedankengut).

Gleichwohl ist das Prinzip der „streitbaren bzw. wehrhaften Demokratie“ nicht als pauschale Eingriffsermächtigung zu verstehen, sondern mit den kollidierenden Verfassungsgütern in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

Soweit staatliche Stellen auf die politische Auseinandersetzung einwirken, müssen sie ihrerseits ebenfalls Grenzen beachten, die ihnen von Verfassungs wegen gesetzt sind und deren Einhaltung gerichtlicher Überprüfung unterliegt. Jenseits der Frage nach einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage ist es staatlichen Stellen aufgrund der Parteienfreiheit verwehrt, eine nicht verbotene politische Partei in der Öffentlichkeit nachhaltig verfassungswidriger Zielsetzung und Betätigung zu verdächtigen, wenn ein solches Vorgehen bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 ‌‑ 2 BvE 11/12 -, BVerfGE 133, 100-111, Rn. 22 m. w. N., juris).

Eingriffe in die Parteienfreiheit durch staatliches Informationshandeln sind also weder grundsätzlich durch das Parteienprivileg ausgeschlossen noch unproblematisch erlaubt. Die Verfassungsmäßigkeit einer solchen Maßnahme ist unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 58, juris). Der Schutzauftrag für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist im Sinne der praktischen Konkordanz mit den Freiheitsrechten, die Ausdruck dieser Grundordnung sind, in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen.

c. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist verhältnismäßig. Er dient einem legitimen Zweck (aa.) und erweist sich als geeignet (bb.), erforderlich (cc.) sowie verhältnismäßig im engeren Sinne (dd.).

aa. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG dient der Unterrichtung der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen gegen die sowohl im Grundgesetz als auch in der Verfassung des Landes Brandenburg garantierte freiheitliche demokratische Grundordnung, die ein Gemeinschaftswert von Verfassungsrang ist und deren Schutz ein legitimes Ziel für den Landesgesetzgeber darstellt.

Die freiheitliche demokratische Grundordnung wurde vom Bundesverfassungsgericht schon in seiner frühen Rechtsprechung als die obersten Grundwerte des freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaats beschrieben, die das Grundgesetz als fundamental ansieht. Dazu gehören die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien sowie das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1952 ‑ 1 BvB 1/51 -, BVerfGE 2, 1-79, Rn. 37 f., juris). Im Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetz werden die Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 4 Abs. 2 BbgVerfSchG auf Landesebene benannt.

Gemäß § 1 Abs. 1 BbgVerfSchG dient der Verfassungsschutz dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und weiterer Schutzgüter der Verfassung. Zur Erfüllung dieses Auftrags sammelt der Verfassungsschutz nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BbgVerfSchG unter anderem Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.

Die damit verknüpfte Unterrichtung der Öffentlichkeit insbesondere auch über politische Parteien nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist ebenfalls Bestandteil der Aufgabenübertragung zur Aufrechterhaltung einer streitbaren und wehrhaften Demokratie und dient damit der Erreichung eines legitimen Zwecks.

bb. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist geeignet zur Erreichung dieses Zwecks. Durch die Aufklärung der Öffentlichkeit bereits im Vorfeld eines bestätigten Verdachts soll der politische Diskurs mündiger Bürger ermöglicht und angeregt und eine kritische Reflexion gefördert werden. Für einen umfassenden Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung soll durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit bereits in einem relativ frühen Stadium eine Wahrnehmungserhöhung und Fokussierung insbesondere auch gegenüber politischen Parteien stattfinden, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen bestehen. Sollte sich der Verdacht bestätigen ‑ und die betreffende Partei bereits eine Mehrheit im Landtag errungen haben ‑, käme ein Eingreifen des Verfassungsschutzes möglicherweise zu spät. Durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit bereits über Verdachtsfälle erhöht sich die Wirkmacht des Verfassungsschutzes als „Frühwarnsystem der Demokratie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2013 ‑ 6 C 4/12 -, Rn. 25, juris). Um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verteidigen, bedarf es der Förderung einer kritischen öffentlichen Auseinandersetzung im Sinne eines „Diskursmotors“, um zu verhindern, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen überhaupt erst Mehrheiten erlangen, um ihre Ziele weiterzuverfolgen. Außerdem eröffnet das „Frühwarnsystem“ des Verfassungsschutzes den Betroffenen die Möglichkeit, im gesellschaftlichen Diskurs Stellung zu beziehen. Die Verdachtsberichterstattung ist daher geeignet, die Bevölkerung auf Strukturen aufmerksam zu machen, die gerade der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zuwiderlaufen können.

Zu Unrecht gehen die Antragsteller in diesem Zusammenhang davon aus, Maßnahmen gegen politische Parteien seien nur im Rahmen eines Verbotsverfahrens zulässig. Vielmehr soll der Verfassungsschutz gerade auch Informationen über die aktuelle Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien im Vorfeld einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Verfassungsordnung gewinnen und sammeln, um die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise, namentlich mit politischen Mitteln entgegenzuwirken. Die sachliche Berechtigung, bereits präventiv vor der möglichen Verfassungsfeindlichkeit einer Partei zu warnen, ist unabhängig davon gegeben, ob im weiteren Verlauf ein Verbotsantrag gestellt wird. Das Parteienverbot muss ultima ratio im Kampf gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen sein. Letztlich ist es Ausdruck des Erforderlichkeitsprinzips, dass dem Verfassungsschutz mildere Mittel wie zum Beispiel die gesetzlich geregelte Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung gestellt werden. Dementsprechend dringen auch die Überlegungen der Antragsteller in Bezug auf einen notwendigen engen zeitlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Stellung eines Verbotsantrags nicht durch. Die Verdachtsberichterstattung ist unabhängig von einem möglichen Parteienverbot zu beurteilen und unterliegt deshalb einer selbständigen Geeignetheitsprüfung.

cc. Die Aufklärung der Öffentlichkeit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG ist erforderlich, um die freiheitliche demokratische Grundordnung effektiv zu schützen.

Von einer Erforderlichkeit ist auszugehen, wenn dem Gesetzgeber kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung steht.

Eine Berichterstattung erst bei festgestellten Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG wäre von geringerer Eingriffstiefe in die Parteienfreiheit und damit ein milderes Mittel im Sinne der Erforderlichkeit. Jedoch kann eine ‑ unter Umständen erheblich ‑ spätere Berichterstattung nicht als gleich wirksam angesehen werden. Je mehr Zeit vergeht, desto größer wird die Gefahr, dass eine Information der Öffentlichkeit keine Wirkung mehr zeitigt und der politische Diskurs bzw. eine kritische Reflexion des mündigen Bürgers nicht mehr angeregt und gefördert werden kann. Eine Information der Öffentlichkeit über Verdachtsfälle ist erforderlich, um zu verhindern, dass Mehrheiten in den Parlamenten entstehen, die, sollte sich der Verdacht als zutreffend erweisen, die Macht hätten, Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu beseitigen, und um eine Wahrnehmungserhöhung und Fokussierung auf Parteien zu ermöglichen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen bestehen.

Allerdings verlangt das Erforderlichkeitsprinzip, dass die Maßnahme möglichst schonend angewendet wird. Dazu gehört die verfassungsrechtlich zu fordernde Sicherstellung, dass bei einer Unterrichtung der Öffentlichkeit über einen Verdachtsfall nicht der Eindruck erweckt wird, es stehe bereits fest, dass die betroffene Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt. Es muss im jeweiligen Bericht unzweifelhaft erkennbar sein, dass nur ein Verdacht vorliegt. Die Verdachtsberichterstattung ist deutlich von der Berichterstattung über bereits festgestellte Bestrebungen zu trennen. Hierauf hat der Landesgesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung hingewiesen (vgl. LT-Drs. 6/10948, Begründung S. 8).

dd. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist im Verhältnis zum Recht der politischen Parteien auf chancengleiche Teilhabe am politischen Wettbewerb auch angemessen, mithin verhältnismäßig im engeren Sinne.

Die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer belastenden Maßnahme werden im Einzelnen durch den Rang des zu schützenden Rechtsguts und die Intensität seiner Gefährdung beeinflusst, aber auch durch die Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts des nachteilig Betroffenen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 66, juris).

Hierbei darf die Intensität und Schwere des Eingriffs nicht außer Verhältnis zu den hohen Schutzgütern stehen, die gleichermaßen ‑ sowohl die Parteienfreiheit einerseits als auch die Aufrechterhaltung einer wehrhaften Demokratie andererseits ‑ zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählen. Sie sind im Rahmen einer besonderen Verhältnismäßigkeit im Sinne einer praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass beiden Verfassungsgütern möglichst weite Geltung verschafft wird.

Das Verfassungsgericht verkennt hierbei nicht, dass die explizite Nennung einer politischen Partei als sogenannter Verdachtsfall im Verfassungsschutzbericht eine einschneidende Maßnahme darstellt, die vielfältige negative Auswirkungen zeitigen kann und somit die Parteienfreiheit sowohl hinsichtlich der Intensität als auch bezüglich der Anzahl möglicher Belastungen beeinträchtigt.

Gleichwohl müssen sich politische Parteien entsprechend ihrer Aufgabe, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG), der öffentlichen Auseinandersetzung stellen. Teil der öffentlichen Auseinandersetzung können auch Äußerungen zur Einschätzung einer politischen Partei als verfassungsfeindlich sein, sofern sie sich im Rahmen von Recht und Gesetz halten. Diesen kann und muss die betroffene Partei mit den Mitteln des Meinungskampfes begegnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 ‑ 2 BvE 11/12 -, BVerfGE 133, 100-111, Rn. 21, juris).

Die Annahme der Antragsteller, der Staat müsse stets „neutral sein“, greift in diesem Zusammenhang zu kurz. Zwar ist zutreffend, dass Amtsträger nicht in Ausübung ihrer Funktion durch besondere Maßnahmen auf die Willensbildung des Volkes insbesondere bei Wahlen einwirken dürfen. Hierbei ist indes zu beachten, dass für den Verfassungsschutz das Neutralitätsgebot des Staates nicht die gleichen Wirkungen entfaltet, wie für Regierungsangehörige. Die Öffentlichkeitsarbeit zum Beispiel von Ministerien soll nicht durch den Einsatz öffentlicher Mittel den Mehrheitsparteien zu Hilfe kommen oder die Oppositionsparteien bekämpfen, so dass eine Wettbewerbsverzerrung entsteht. Die Staatsorgane haben als solche allen zu dienen und sich im Wahlkampf neutral zu verhalten, um nicht durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen und hierdurch die Innehabung von Macht zu perpetuieren.

Der Verfassungsschutz ist jedoch kein politischer Wettbewerber. Auch wenn der Verfassungsschutz in Brandenburg nicht als eigenständige Behörde, sondern als Abteilung des Innenministeriums organisiert ist, verfolgt seine Öffentlichkeitsarbeit einen anderen Zweck als z. B. die Äußerung eines Ministers oder Regierungssprechers auf einer Pressekonferenz. Die Information der Öffentlichkeit durch den Verfassungsschutz ist gerade Teil seiner spezifischen Aufgabenerfüllung und dient wie dargestellt dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und damit allen Beteiligten gleichermaßen. Die Parteienfreiheit selbst ist als Bestandteil dieser Ordnung auf eine effektive Verteidigung der fundamentalen demokratischen Prinzipien angewiesen. Erst die Gewährleistung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als Gesamtsystem und Rahmen staatlicher Verfasstheit sichert auch die dauerhafte Gewährleistung des Rechts der Parteien auf chancengleiche Teilnahme am politischen Wettbewerb. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG richtet sich nicht gezielt gegen Parteien, sondern dient im Gegenteil unter anderem auch dem Schutz der Parteienrechte.

Vor dem Hintergrund dieser spezifischen Betrachtung steht die Verdachtsberichterstattung nicht in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis zum Neutralitätsgebot. Die § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 3 und § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG differenzieren nicht zwischen bestimmten Personenzusammenschlüssen. Sie beziehen sich nicht auf konkrete politische Ziele, sondern definieren die Möglichkeit staatlichen Handelns im Angesicht befürchteter Verfassungsfeindlichkeit. Auch werden keine erkennbaren Organisationsformen in den Blick genommen, zum Beispiel eine bestimmte Partei. Anknüpfungspunkt sind lediglich die in § 4 Abs. 1 BbgVerfSchG aufgezählten Bestrebungen, die den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder des Landes oder die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährden können. Eine Ungleichbehandlung von konkreten Parteien ist der Regelungssystematik nicht immanent. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Verdachtsberichterstattung kann mithin nicht das Neutralitätsgebot verletzen.

Die Bewahrung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stellt allerdings ein äußerst hohes Gut dar, das grundsätzlich auch eingriffsintensive Maßnahmen rechtfertigen kann. Jedoch darf der Schutz der Verfassung die freiheitliche demokratische Grundordnung selbst nicht beeinträchtigen oder gar aushöhlen, sondern muss ihr dienen.

Insofern kommt der Beachtung des Übermaßverbots besonders große Bedeutung zu. Schließlich besteht bei der Aufklärung über Verdachtsfälle die Möglichkeit, dass sich der Verdacht im Nachhinein als unberechtigt erweist und damit eine nicht erforderliche, demokratisch sogar kontraproduktive Stigmatisierung und Verzerrung des politischen Wettbewerbs entstanden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2013 ‌‑ 6 C 4/12 -, Rn. 25, juris, zur früheren Fassung von § 16 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG).

Um den Anforderungen an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu genügen, muss der Gesetzgeber daher die Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde so bestimmen, dass Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Parteien auf das zur Verteidigung der freiheitlichen Demokratie zwingend Gebotene beschränkt bleiben. Staatliche Maßnahmen unterliegen umso strengeren Anforderungen, je stärker sie in die Parteienfreiheit eingreifen.

Dem gesetzgeberischen Ermessen sind folglich enge Grenzen gezogen, wenn die Chancen der Parteien betroffen sind (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 ‌‑ VfGBbg 9/19 -, Rn. 187, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 19. September 2017 ‑ 2 BvC 46/14 -, BVerfGE 146, 327-375, Rn. 60, www.bverfg.de):

Für eine Nennung im Verfassungsschutzbericht müssen daher zwingend konkrete Umstände den Verdacht eines verfassungsfeindlichen Verhaltens rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1970 ‌‑ 2 BvF 1/69 -, BVerfGE 30, 1-47, Rn. 75, juris; Beschlüsse vom 24. Mai 2005 ‌‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 67 und 68, und vom 20. Februar 2013 ‌‑ 2 BvE 11/12 ‑, BVerfGE 133, 100-111, Rn. 24, www.bverfg.de).

Außerdem muss die Maßnahme durch die Schwere des Verdachts, die Dichte und Qualität der tatsächlichen Anhaltspunkte und/oder die Intensität der Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, wenn die tatsächlichen Anhaltspunkte hinreichend gewichtig sind, um die nachteiligen Auswirkungen der Veröffentlichung auf die Betroffenen und ihr Wirken aufzuwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 67 und 68, www.bverfg.de).

§ 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG trägt diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung, indem er unter Anknüpfung an die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien „tatsächliche Anhaltspunkte“, die ihrerseits „hinreichend gewichtig“ sein müssen, als Voraussetzung der Verdachtsberichterstattung normiert. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen, die vollumfänglich gerichtlicher Prüfung unterliegen, ist der Verfassungsschutzbehörde bezüglich der Unterrichtung der Öffentlichkeit kein Ermessen, d. h. kein eigener Entscheidungsspielraum, eröffnet.

Durch die Verwendung der Worte „tatsächliche Anhaltspunkte“ ist zum einen klargestellt, dass noch keine Gewissheit über Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, gegeben sein muss. Zum anderen wird mit dem Tatbestandsmerkmal der „tatsächlichen Anhaltspunkte“ verdeutlicht, dass bloße Vermutungen oder ein bloßer Verdacht nicht ausreichen (vgl. BayVGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 ‑ 10 B 15.1609 -, Rn. 26, juris). Es sind vielmehr Sachumstände vonnöten, die zumindest in ihrer Gesamtschau bei vernünftiger Betrachtung die hinreichende Wahrscheinlichkeit verfassungsfeindlicher Bestrebungen begründen (vgl. LT-Drs. 6/10948, Begründung S. 8). Die dem Verdacht zugrunde liegenden Tatsachen müssen erwiesen sein.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller sind bei derartigen hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkten Maßnahmen nicht in entsprechender Anwendung der Grundsätze aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht auf sogenannte Gefahrerforschungseingriffe zu beschränken. Der Verfassungsschutz kommt keinen polizeilichen Gefahrenabwehraufgaben nach. Eine Betrachtung der Rechtsgrundlagen seines Handelns bestimmt sich nicht nach den Vorgaben des Polizeirechts, sondern ist allein am Verfassungsrecht auszurichten. Insoweit geht der Verweis der Antragsteller auf das in Art. 11 Abs. 3 LV enthaltene Trennungsgebot fehl.

Soweit die Antragsteller ausführlich vortragen, dass die von ihnen und ihrer Partei vertretenen Auffassungen ‑ z. B. zur „illegalen Massenzuwanderung“, zur Religionsfreiheit in Bezug auf den Islam, zu „Ämterpatronage“, „Vetternwirtschaft“ und Korruption und zum aus ihrer Sicht nicht ausreichend bekämpften Linksextremismus ‑ nicht geeignet seien, die Schwelle zum Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu überschreiten, verkennen sie, dass mit einem Normenkontrollantrag nicht die rechtliche Qualität konkreter Handlungen, sondern die Rechtmäßigkeit einer gesetzlichen Regel zur Überprüfung gestellt wird.

Das weitere Tatbestandsmerkmal „hinreichend gewichtig“ folgt in wortgleicher Umsetzung den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 67 und 68, www.bverfg.de). Sofern die Antragsteller meinen, die in diesem Beschluss zum Ausdruck kommenden Erwägungen seien auf die Verdachtserwähnung einer Partei im Verfassungsschutzbericht nicht anwendbar, verkennen sie, dass es nicht nur um Qualität und Reichweite verschiedener Schutzbereiche geht ‑ einerseits der Pressefreiheit, andererseits der Parteienfreiheit ‑, sondern auch um die verallgemeinerbare Gefahrenlage für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Selbst wenn man davon ausgehen wollte ‑ wie es die Antragsteller tun ‑, dass Parteien von der Verfassung stärker geschützt werden als Presseerzeugnisse, bliebe in die Abwägung andererseits einzustellen, dass sich das Gefahrenpotenzial für die in § 3 und § 4 BbgVerfSchG genannten Schutzziele bei verfassungsfeindlichen Bestrebungen in oder für eine Partei viel schneller verdichtet als bei den spezifischen Handlungsformen eines Presseorgans. Bei Veröffentlichungen z. B. in einem Druckerzeugnis ist die Frage, inwieweit geäußerte Meinungen zu geplanten Handlungen führen oder sogar mit diesen gleichzusetzen sind, erheblich schwieriger zu beantworten als im Fall einer Partei, die gerade die verfassungsmäßig vorgesehene Institution zur Erlangung von politischer Macht und zur Durchsetzung konkreter politischer Ziele ist. Der Schwere und Intensität des Eingriffs in die Parteienfreiheit steht also auch ein intensiver Schutzzusammenhang gegenüber.

Entsprechend ist das Merkmal „hinreichend gewichtig“ auch in Bezug auf Parteien geeignet, die Verhältnismäßigkeit der Verdachtsberichterstattung sicherzustellen. In einer verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung im Lichte der Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV bezieht sich das Merkmal („hierfür“) sowohl auf die tatsächlichen Anhaltspunkte, die hinreichend gewichtig sein müssen, um überhaupt von einem „Verdacht“ im Sinne der Norm sprechen zu können, als auch auf das hinreichende Gewicht der Anhaltspunkte im Verhältnis zur Eingriffstiefe gegenüber der betroffenen Partei. Nur ein hinreichend gewichtig begründeter Verdacht kann die nachteiligen Auswirkungen auf die betroffene Partei aufwiegen. Der Gesetzgeber hat damit die gesetzliche Ermächtigung zur Verdachtsberichterstattung nur unter strengen Voraussetzungen erteilt, deren Vorliegen in jedem Einzelfall fachgerichtlicher Kontrolle unterliegt. Insofern ist von Gesetzes wegen sichergestellt, dass nur solche Sachverhalte Eingang in die öffentliche Berichterstattung finden dürfen, die im Hinblick auf das damit verfolgte Schutzziel von hinreichendem Gewicht sind.

Ein Rechtsschutzdefizit politischer Parteien besteht nicht. Werden die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG bei der Anwendung durch die Exekutive überschritten, können Parteien auf dem nach Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten dem Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit begegnen. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes. Darüber hinaus entstehende faktische Nachteile sind hinzunehmen.

Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns in Bezug auf die konkrete Anwendung und Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte“ unter Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung des Art. 21 GG auf die Verfassungsschutzgesetze bleibt insoweit den zuständigen Verwaltungsgerichten vorbehalten (vgl. z. B. Beschluss vom 20. Mai 2021 ‌‑ VfGBbg 5/21 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; vgl. OVG Bln-Bbg, Beschlüsse vom 19. Juni 2020 ‑ OVG 1 S 55/20 -, Rn. 13 ff. und ‑ OVG 1 S 56/20 -, Rn. 13 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Februar 2021 ‌‑ 20 K 5100/19 -, Rn. 44 ff., juris; VG Berlin, Beschluss vom 22. Februar 2021 ‌‑ 1 L 127/21 -, Rn. 17 ff., juris; VG München, Urteil vom 17. Oktober 2014 ‌‑ M 22 K 13.2076 -, Rn. 21 und 23, juris). Denn wenn der (Landes-)Gesetzgeber ‌‑ wie vorliegend mit § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ‑ die Aufklärung über Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, gegenüber der Öffentlichkeit besonders geregelt hat, muss sich das Informationshandeln des Staats selbstverständlich an den Anforderungen der hierfür geschaffenen Befugnisnorm messen lassen (vgl. z. B. BayVGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 ‌‑ 10 B 15.1609 -, Rn. 23, juris; VG Köln, Beschluss vom 26. Februar 2019 ‌‑ 13 L 202/19 -, Rn. 83, juris; VG Berlin, Beschluss vom 22. Februar 2021 ‌‑ 1 L 127/21 -, Rn. 19, juris). Bei den Tatbestandsvoraussetzungen des Vorliegens hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BbgVerfSchG handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die in vollem Umfang einer gerichtlichen Nachprüfung unterliegen. Eine fachgerichtliche Kontrolle ist daher sowohl bezüglich der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen als auch im Hinblick auf die Richtigkeit der hieraus gezogenen Schlussfolgerung vorzunehmen (vgl. insoweit inhaltsgleich für das BVerfSchG: Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 4, Rn. 135).

In zeitlicher Hinsicht ist dabei zu berücksichtigen, ob im jeweils maßgeblichen Berichtszeitraum ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen erkennbar waren und demzufolge eine Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht des jeweiligen Jahres gerechtfertigt war (vgl. z. B. VG München, Urteil vom 17. Dezember 2020 ‑ M 30 K 18.5358 -, Rn. 89, juris). Zwar soll die Beobachtung auch Entwicklungstendenzen ermitteln, weil politische Überzeugungen und Verhaltensweisen nicht statisch sind oder einem linearen Entwicklungsprozess unterliegen. Entsprechend können im Interesse einer Gesamtschau auch längere Zeiträume in die Betrachtung einbezogen werden; allerdings müssen die jeweils letzten Anhaltspunkte hinreichend aktuell sein (vgl. z. B. OVG Bln-Bbg, Urteil vom 23. November 2011 ‑ 1 B 111.10 -, Rn. 46, juris). Einer starren zeitlichen Grenze bedarf es vor diesem Hintergrund nicht.

Die Fachgerichte sind gehalten, dem besonderen verfassungsrechtlichen Status der Parteien und ihrer besonderen Funktion bei der Repräsentation des Wählerwillens Rechnung zu tragen. Das Vorliegen der Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist stets im Lichte der Tatsache zu prüfen, dass die Rolle der Parteien mit ihren spezifischen Rechten als notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch Art. 21 des Grundgesetzes auf Verfassungsebene abgesichert ist. In besonderer Weise haben die Fachgerichte sicherzustellen, dass - vor allem vor dem Hintergrund der in Brandenburg bestehenden institutionellen Nähe von Verfassungsschutzbehörde und Innenministerium - keine politische Instrumentalisierung der Verdachtsberichterstattung erfolgt. Dies ist durch eine restriktive Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG zu gewährleisten.

III. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG erweist sich des Weiteren als materiell verfassungsgemäß, soweit eine Verdachtsberichterstattung den Schutzbereich von Vereinigungen aus Art. 20 LV berührt, die keine politischen Parteien sind.

Art. 20 Abs. 1 LV gewährleistet - als kollektive Vereinigungsfreiheit - die Gründung, Mitgliedschaft und Betätigung von Vereinigungen und ihrer Mitglieder (vgl. Beschluss vom 3. Juni 2020 ‑ VfGBbg 9/20 EA -, Rn. 52, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Erfasst werden hierbei Bürgerbewegungen, Verbände, Vereine, Gesellschaften und - als Auffangtatbestand - „andere Vereinigungen“ (vgl. Iwers, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, 2012, Art. 20 LV, Anm. 2.1, S. 183).

Die Nennung als Verdachtsfall im Verfassungsschutzbericht ist in ihren Auswirkungen auch für eine Vereinigung, die keine politische Partei ist, einem Eingriff gleichzusetzen. Auch in dieser Konstellation zielt die Unterrichtung der Öffentlichkeit auf die Förderung einer kritischen öffentlichen Auseinandersetzung im Sinne eines „Diskursmotors“. Zwar wäre die Vereinigung durch ihre Erwähnung im Verfassungsschutzbericht als Verdachtsfall nicht daran gehindert, weiterhin tätig zu sein. Ihre Entfaltungsmöglichkeiten könnten jedoch ebenfalls in vielfältiger Hinsicht nachteilig beeinflusst werden. Potenziell Interessierte könnten davon abgehalten werden, mit der Vereinigung in Kontakt zu treten oder Veranstaltungen aufzusuchen. Vereinen könnte die Aberkennung der Gemeinnützigkeit aufgrund der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht drohen (vgl. § 51 Abs. 3 Abgabenordnung - AO) und Spendensammlungen könnten erschwert sein. Räumlichkeiten oder Dienstleistungen könnten Vereinigungen nicht oder nur erschwert zur Verfügung gestellt werden.

Gleichwohl ist auch die Vereinigungsfreiheit aus Art. 20 LV nicht schrankenlos gewährleistet. Die Eingriffswirkung von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG findet ihre Rechtfertigung wie gezeigt in kollidierendem Verfassungsrecht, nämlich im staatlichen Auftrag zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die vorangegangenen Ausführungen zur verfassungsmäßigen Rechtfertigung in Bezug auf die Parteienfreiheit gelten erst recht für die Vereinigungsfreiheit.

IV. Auch im Spannungsverhältnis zwischen Verdachtsberichterstattung und dem Schutz religiöser und weltanschaulicher Vereinigungen aus Art. 13 LV erweist sich die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG als angemessen.

Der Schutzbereich der Gewissens-, Glaubens- und Bekenntnisfreiheit von Art. 13 Abs. 1 LV ist in Anlehnung an Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zu bestimmen, dessen Formulierungen er aufnimmt. Das in Art. 4 GG niedergelegte Grundrecht auf Religionsfreiheit schützt neben der individuellen Freiheit auch die kollektive Dimension. Verschiedene Strömungen einer Religion haben dabei das Recht, sich unabhängig voneinander zu organisieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 ‑ 2 BvR 890/06 -, BVerfGE 123, 148-185, Rn. 170, juris). Diesen den Religionsgemeinschaften zukommenden Grundrechtsschutz hat die Verfassung des Landes Brandenburg erkennbar übernommen (vgl. z. B. Urteil vom ‌ 24. April 2012 ‑ VfGBbg 47/11 -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Gemäß Art. 5 Abs. 3 LV sind vom Schutzbereich des Art. 13 LV auch inländische juristische Personen erfasst, soweit ihr Zweck auf die Pflege und Förderung der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ausgerichtet ist (vgl. zum Bundesrecht nach Art. 19 Abs. 3 GG: BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 ‌‑ 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279-312, Rn. 50, juris).

Da auch weltanschauliche Vereinigungen als Verdachtsfall in einem Verfassungsschutzbericht erwähnt werden können, stellt § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG auch in dieser Beziehung eine rechtfertigungsbedürftige Maßnahme mit eingriffsgleichem Charakter dar.

Die Gewissens-, Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 13 LV steht - wie die Vereinigungsfreiheit - unter keinem Gesetzesvorbehalt, so dass sich die Schranken wiederum aus dem Verfassungsrecht selbst ergeben, vorliegend aus den Anforderungen zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Auch mit Blick auf die Religionsfreiheit gelten die oben angestellten Erwägungen, so dass sich § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG auch hier als verhältnismäßig erweist.

V. Gleiches gilt in Bezug auf die die Meinungsfreiheit aus Art. 19 Abs. 1 LV (1.) sowie die Pressefreiheit im Sinne von Art. 19 Abs. 2 Satz 1 LV i. V. m. Art. 5 Abs. 3 LV (2.). § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG kommt zwar einem Eingriff in die Meinungs- und Pressefreiheit gleich (3.), der jedoch gerechtfertigt ist (4.).

1. Art. 19 Abs. 1 LV gewährleistet - insoweit inhaltsgleich zu Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Meinungen sind durch die subjektive Beziehung des Einzelnen zum Inhalt seiner Aussage geprägt (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Januar 1958 ‑ 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198-230, juris). Kennzeichnend ist grundsätzlich das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens und des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1982 ‑ 1 BvR 1376/79 -, BVerfGE 61, 1-13, Rn. 15, juris). Meinungsäußerungen genießen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankommt, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1972 ‑ 2 BvR 41/71 -, BVerfGE 33, 1-18, Rn. 34 f., juris). Die Bürger sind dabei rechtlich auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrundeliegenden Wertsetzungen persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. September 2008 ‑ 1 BvR 1565/05 -, Rn. 11, juris).

2. Der Schutzbereich des Grundrechts der Pressefreiheit erstreckt sich auf eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse als ein Wesenselement des freiheitlichen Staates, die für eine Demokratie als unentbehrlich anzusehen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 ‑ 1 BvR 586/62 -, BVerfGE 20, 162-230, Rn. 36, juris). Es ist Aufgabe der Presse, umfassende Information zu ermöglichen, die Vielfalt der bestehenden Meinungen wiederzugeben und selbst Meinungen zu bilden und zu vertreten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. November 1979 ‑ 1 BvR 81/76 -, BVerfGE 52, 283-303, Rn.  39, juris), was eine Unabhängigkeit vom Staat voraussetzt. Dabei wird die Gestaltungsfreiheit sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht gewährleistet und umfasst sowohl die Bestimmung, welche Themen behandelt und welche Beiträge in eine Ausgabe aufgenommen werden sollen, als auch die Entscheidung über die äußere Darbietung der Beiträge sowie ihre Platzierung innerhalb der Ausgabe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 2020 ‌‑ 1 BvR 704/18 -, Rn. 15 m. w. N., juris).

3. Sowohl in Bezug auf die Meinungsäußerungen einzelner Personen als auch in Bezug auf Presseerzeugnisse im Ganzen ermöglicht die angegriffene Norm die Verdachtsberichterstattung im Verfassungsschutzbericht, so dass auch in diesem Verhältnis eine eingriffsgleiche Maßnahme in den relevanten Schutzbereich vorliegt. Wie bereits dargelegt, geht die Verdachtsberichterstattung in ihrer Wirkung über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen hinaus (vgl. in Bezug auf Presseerzeugnisse: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‌‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 52 ff., juris).

4. Die eingriffsgleiche Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG ist auch im Hinblick auf die Meinungs- sowie die Pressefreiheit gerechtfertigt.

Meinungs- und Pressefreiheit genießen keinen vorbehaltlosen Schutz, sondern finden gemäß Art. 19 Abs. 3 Satz 1 LV ihre Schranken in gesetzlichen Einschränkungen zum Schutze der Kinder und Jugendlichen sowie der Ehre und anderer wichtiger Rechtsgüter.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG stellt eine solche gesetzliche Einschränkung zum Schutz anderer wichtiger Rechtsgüter im Sinne von Art. 19 Abs. 3 Satz 1 LV dar. Die in der Norm enthaltene Ermächtigung zur Aufklärung der Öffentlichkeit in Verfassungsschutzberichten auch über Verdachtsfälle dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Daher wendet sich die Vorschrift weder gegen eine bestimmte Meinung noch gegen den Prozess der freien Meinungsbildung als solchen. Vielmehr zielt sie - als allgemeines Gesetz - auf die Wahrung eines in der Verfassung verankerten Rechtsguts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‌‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 60, juris, zum damaligen § 15 Abs. 2 Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen).

§ 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG greift in seinem Wortlaut gerade die Anforderungen auf, die das Bundesverfassungsgericht im „Junge-Freiheit“- Beschluss für eine Verdachtsberichterstattung gegenüber Presseerzeugnissen aufgestellt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63-88, Rn. 66 ff., juris). Da die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer belastenden Maßnahme durch den Rang des zu schützenden Rechtsguts und die Intensität seiner Gefährdung, aber auch durch die Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts bestimmt werden, ist eine Verdachtsberichterstattung nur bei Vorliegen hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte zulässig. Die Überprüfung der Feststellungen dieser zuvor genannten unbestimmten Rechtsbegriffe obliegt auch hier den Fachgerichten. Nichts anderes ergibt sich in Bezug auf die Meinungsfreiheit des Einzelnen.

VI. Auch soweit aufgrund einer Verdachtsberichterstattung das Grundrecht auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung aus Art. 11 Abs. 1 LV berührt sein kann, erweist sich § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG als verfassungsgemäß.

Das Grundrecht auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung aus Art. 11 Abs. 1 LV entspricht inhaltsgleich dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches das Bundesverfassungsgericht aus dem in Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet hat (vgl. Beschluss vom 21. April 2005 ‑ VfGBbg 56/04 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). In seinem Anwendungsbereich ist Art. 11 LV die speziellere Regelung gegenüber Art. 10 Abs. 1 LV, der auf Landesebene das allgemeine Persönlichkeitsrecht verbürgt (vgl. Iwers, in: Lieber/Iwers/Ernst, Kommentar zur Landesverfassung, 2012, Art. 10 Nr. 3, S. 129).

Nach Art. 11 Abs. 1 LV hat jeder das Recht, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen. Weiterhin gewährt dieser Artikel Betroffenen ein Recht auf Auskunft über die Speicherung von persönlichen Daten und auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen, soweit Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Daten dürfen nur mit freiwilliger und ausdrücklicher Zustimmung des Berechtigten erhoben, gespeichert, verarbeitet, weitergegeben oder sonst verwendet werden. Das Grundrecht umfasst somit die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen jemand seinen persönlichen Lebenssachverhalt offenbart und wie mit seinen personenbezogenen Daten verfahren wird (vgl. Beschlüsse vom 20. Juni 2014 ‑ VfGBbg 60/13 -, vom 15. April 2010 ‌‑  VfGBbg 37/09 -, vom 21. April 2005 ‑ VfGBbg 56/04 -, vom 25. September 2002 ‌‑  VfGBbg 79/02 -, vom 15. November 2001 ‑ VfGBbg 49/01 sowie Urteil vom 30. Juni 1999 ‑ VfGBbg 3/98 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Entsprechend dem Wesen der Grundrechte als Freiheitsrechte des Bürgers gegenüber dem Staat erfasst die Bestimmung die staatliche Erhebung, Verarbeitung oder Weitergabe von personenbezogenen Daten und schützt demgemäß vor der Inanspruchnahme persönlicher Daten durch staatliche Stellen (vgl. Beschluss vom 25. September 2002 ‌‑ VfGBbg 79/02 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Soweit auch personenbezogene Daten über Verdachtsfälle in Verfassungsschutzberichten genannt werden, ist deren verfassungsmäßige Rechtfertigung nicht allein an § 5 Abs. 1 Satz BbgVerfSchG zu messen. Vielmehr erfährt sie ihre konkrete Ausgestaltung in den - hier nicht verfahrensgegenständlichen, aber im hiesigen Zusammenhang gleichwohl mit zu betrachtenden - Sätzen 2 und 3 des § 5 Abs. 1 BbgVerfSchG. Die Vorschriften enthalten konkrete Anforderungen, um den Schrankenvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 LV zu erfüllen, wonach Einschränkungen nur im überwiegenden Allgemeininteresse durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes im Rahmen der darin festgelegten Zwecke zulässig ist. Dementsprechend bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 2 BbgVerfSchG, dass die Aufklärung der Öffentlichkeit durch zusammenfassende Berichte auch personenbezogene Daten umfasst, wenn dies für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen zwingend erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der betroffenen Personen überwiegen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BbgVerfSchG dürfen darüber hinaus personenbezogene Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes veröffentlicht werden, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen dieser Personen nicht beeinträchtigt werden. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns in Bezug auf die konkrete Anwendung und Auslegung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe unter Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung des Grundrechts auf Datenschutz bleibt den zuständigen Verwaltungsgerichten vorbehalten. Weitere abwägungsrelevante Gesichtspunkte, die gegen die Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Norm sprächen, ergeben sich vor diesem Hintergrund nicht.

D.

Die Erstattung der notwendigen Auslagen der Antragsteller war nicht anzuordnen.

Für eine Auslagenerstattung im abstrakten Normenkontrollverfahren sind im Sinne des § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg angesichts der Kostenfreiheit des Verfahrens (§ 32 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg) und des fehlenden Anwaltszwangs nur ausnahmsweise in Betracht kommende und vom Obsiegen oder Unterliegen unabhängige besondere Billigkeitsgründe erforderlich (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 23. Oktober 2020 ‌- VfGBbg 9/19 -, Rn. 191, m. w. N., und vom 16. November 2000 ‌‑ VfGBbg 31/00 -, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Besondere Billigkeitsgründe liegen insbesondere vor, wenn das Verfahren zur Klärung einer grundsätzlichen, über den konkreten Anlass hinausgehenden verfassungsrechtlichen Frage beigetragen hat (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, Rn. 191, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1997 ‌‑ 2 BvH 1/95 -, m. w. N., BVerfGE 96, 66, 67, www.bverfg.de).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Andere besondere Gründe, die eine Auslagenerstattung ausnahmsweise geboten erscheinen lassen, liegen nicht vor.

E.

Das Urteil ist mit sieben zu eins Stimmen ergangen. Es ist unanfechtbar.

 

Möller

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Müller

Richter

Sokoll

Dr. Strauß