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VerfGBbg, Beschluss vom 21. April 2005 - VfGBbg 56/04 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 11 Abs. 1; LV, Art. 11 Abs. 2
- StPO, § 172
- StGB, § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
- BbgPG, § 5 Abs. 2 Nr. 3
Schlagworte: - Strafprozeßrecht
- Datenschutz
- Recht auf informationelle Selbstbestimmung
- Bundesrecht
- Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts
Fundstellen: - LKV 2005, 401
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. April 2005 - VfGBbg 56/04 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 56/04



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

Prof. Dr. S.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Dr. S.,

gegen den Beschluß des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. August 2004

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder

am 21. April 2005

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, mit der ein Antrag gemäß § 172 Abs. 2 Strafprozeßordnung – StPO – (Klageerzwingungsverfahren) als unbegründet verworfen wurde.

I.

Der Beschwerdeführer - von Ende 1999 bis Ende Juli 2002 Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg - betreibt ein Klageerzwingungsverfahren wegen des Straftatbestandes der Verletzung von Privatgeheimnissen. Beschuldigte im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren waren T. (damaliger Pressesprecher der Landesregierung) und Sp. (damaliger Chef der Staatskanzlei des Landes Brandenburg). Der Beschwerdeführer erhebt den Vorwurf, gegen ihn eingeleitete Gehaltspfändungen seien vom Regierungssprecher bestätigt worden. Dem Staatskanzleichef wirft der Beschwerdeführer vor, am Rande einer Pressekonferenz unbefugt Details zu diesen Gehaltspfändungen gegenüber Pressevertretern preisgegeben zu haben.

Dem Beschwerdeführer wurde im Mai 2002 vom damaligen Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg mitgeteilt, daß mehrere Gläubiger Beschlüsse über die Pfändung und Überweisung seiner Dienstbezüge erwirkt hätten. Der Beschwerdeführer setzte sich daraufhin mit seinen Gläubigern in Verbindung und vereinbarte eine befristete Aussetzung des Pfändungsvollzugs zunächst bis zum 19. Juli 2002 und sodann bis zum 2. August 2002. Hierüber unterrichtete er den damaligen Ministerpräsidenten sowie – nach dessen Rücktritt - dessen Amtsnachfolger.

In der Ausgabe vom 21./22. Juli 2002 berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ über Immobiliengeschäfte und damit verbundene angebliche finanzielle Schwierigkeiten des Beschwerdeführers („Immobilienaffäre“). Hierzu nahm der Regierungssprecher T. am Montag, dem 22. Juli 2002, in einem Telefonat mit einem Journalisten der Zeitung „Der Tagesspiegel“ Stellung. Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 erklärte der Beschwerdeführer für den 24. Juli 2002 seinen Rücktritt vom Amt. Aus diesem Anlaß fand am 23. Juli 2002 in Potsdam eine Pressekonferenz statt. Im Anschluß daran äußerte sich der Staatskanzleichef Sp. in einem Gespräch mit Journalisten zu den Umständen der Amtsaufgabe des Beschwerdeführers.

Am 31. Juli 2002 stellte der Beschwerdeführer gegen den Regierungssprecher T. und den Staatskanzleichef Sp. bei der Staatsanwaltschaft Potsdam Strafantrag wegen des Verdachts der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch – StGB). Er begründete dies damit, daß beide als Amtsträger die Öffentlichkeit unbefugt über Privatgeheimnisse informiert hätten. Diese Tatsachen seien seit Mai 2002 geheim gewesen; der Vorgang sei lediglich der Landesregierung Brandenburg bekannt gewesen und in der Personalakte des Beschwerdeführers festgehalten worden.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Potsdam ergaben folgenden Ablauf der Geschehnisse: In der am Sonntag, dem 21. Juli 2002, erschienenen Ausgabe Nr. 30/2002 des Magazins „Der Spiegel“ wurde über Immobiliengeschäfte des Beschwerdeführers berichtet. Am Abend desselben Tages erfuhr der Beschwerdeführer vom Innenminister und Stellvertretenden Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, daß Journalisten bei Mandatsträgern der CDU nach Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen gefragt hätten. Der Beschwerdeführer äußerte noch am 21. Juli 2002 gegenüber der Tageszeitung „Potsdamer Neueste Nachrichten“, daß er sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten befinde. Der Redaktionsleiter Potsdam der Tageszeitung „Tagesspiegel“ erklärte gegenüber der Ermittlungsbehörde, der Beschwerdeführer sei am Montag, dem 22. Juli 2002, um eine Stellungnahme „zu den gerichtlichen Pfändungsbeschlüssen von Gläubigern gegen ihn“ gebeten worden; er habe gesagt „er gebe zu den Beschlüssen keinen Kommentar ab“. Nach den Bekundungen eines beim „Spiegel“ angestellten und als Zeugen vernommenen Redakteurs habe man bereits am Nachmittag dieses Tages aus mehreren Quellen über konkrete Informationen darüber verfügt, daß gegen den Beschwerdeführer Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erwirkt worden seien; die Höhe der zugrunde liegenden Forderungen sei nicht bekannt gewesen. Am frühen Abend des 22. Juli 2002 rief dieser Redakteur beim Regierungssprecher T. an und konfrontierte ihn mit den Erkenntnissen, wobei – nach der Zeugenaussage - nicht nach dem „Ob“ der Pfändungen gefragt, sondern lediglich um eine Stellungnahme hierzu gebeten worden sei. Gleichfalls am 22. Juli 2002 erschien die Vorabendausgabe des „Tagesspiegels“, in welcher berichtet wurde, daß „am Montag“ bekannt geworden sei, „daß Gläubiger bei Gericht mindestens zwei Pfändungsbeschlüsse erwirkt haben...Dem Vernehmen nach handelt es sich um einen größeren und einen kleineren Pfändungsbetrag“. Gegen 20.00 Uhr am 22. Juli 2002 erschienen Internetveröffentlichungen auf den Homepages „www.spiegel-online.de“ und „www.tagesspiegel.de“. Dort wurde berichtet, daß bei der Zentralen Bezügestelle des Landes Brandenburg ein Antrag auf Gehaltspfändung gegen den Justizminister eingegangen sei und Regierungssprecher T. den Vorgang bestätigt habe („... Einzelheiten kenne er jedoch nicht. Grund für den Pfändungsantrag, so T., seien finanzielle Verbindlichkeiten des Ministers“). In der am Morgen des 23. Juli 2002 erschienenen Potsdamer Ausgabe der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ wurde über Spekulationen berichtet, daß beim Beschwerdeführer bald „ein Gerichtsvollzieher auftauche und pfände“. Nach Angaben in der Potsdamer Ausgabe der Tageszeitung „Bild“ verfüge man über Informationen, daß „ein Gericht schon eine Pfändung des Ministergehalts verfügte“. Am Nachmittag des 23. Juli 2002 fand die Pressekonferenz statt, auf welcher der Beschwerdeführer seinen Rücktritt für den Folgetag (24. Juli 2002) ankündigte. Nach der Pressekonferenz machte Staatskanzleichef Sp. in einem Gespräch mit mehreren Pressevertretern – darunter einer Journalistin der „Berliner Zeitung“ und einem Journalisten der „Märkischen Oderzeitung“ - unter anderem folgende Angaben: „Stand Datum gestern sind sie...“ (die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse) „...nicht erledigt. Sie liegen unwiderrufen vor. Ein Gläubiger ist damit einverstanden, daß sie bis August aufgeschoben werden, aber sie liegen vor.“ Die im Ermittlungsverfahren als Zeugen vernommenen Journalisten gaben an, zu diesem Zeitpunkt bereits aufgrund anderweitiger Recherchen gesicherte Informationen über die Höhe der den Pfändungsbeschlüssen zugrunde liegenden Forderungen gehabt zu haben; der Staatskanzleichef habe im Gespräch nach der Pressekonferenz hierzu keine Angaben gemacht. Zu den Quellen ihrer Information über die Forderungshöhe befragt, beriefen sich die Zeugen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Pressevertreter (§ 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO). In der Ausgabe der „Berliner Zeitung“ vom 24. Juli 2002 erschien ein Artikel zum Rücktritt des Beschwerdeführers, in dem es wörtlich heißt: „Der Chef der Potsdamer Staatskanzlei, ..., sagte am Dienstag, daß bereits seit Mai Pfändungsbeschlüsse für S...s Gehaltskonto vorliegen. Dabei soll es sich um einen Betrag von 350.000,00 Euro handeln.“

Mit Bescheid vom 5. Februar 2004 stellte die Staatsanwaltschaft Potsdam das Ermittlungsverfahren gegen beide Beschuldigte mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Der Beschwerdeführer legte hiergegen am 23. Februar 2004 Beschwerde ein, welche der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg am 25. Mai 2004 zurückwies. Mit dem hier angegriffenen Beschluß vom 30. August 2004 verwarf das Oberlandesgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet. Gegen beide Beschuldigte bestehe kein hinreichender Verdacht der Verletzung von Privatgeheimnissen. Dabei könne offen bleiben, ob die Beschuldigten mit ihren Äußerungen gegenüber der Presse überhaupt Geheimnisse im strafrechtlich relevanten Sinne offenbart haben. Ebenso bedürfe es keiner abschließenden Klärung, ob die Beschuldigten die weitergegebenen Informationen als Amtsträger erlangt hätten. Denn jedenfalls hätten die Beschuldigten nicht unbefugt im Sinne des Straftatbestandes nach § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB gehandelt. Die beanstandete Weitergabe personenbezogener Informationen sei nämlich durch § 5 Abs. 1 Pressegesetz des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Landespressegesetz: BbgPG) gedeckt gewesen. Hiernach seien die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Die Voraussetzungen für die Ausnahmevorschrift nach

§ 5 Abs. 2 Nr. 3, 2. Alt. BbgPG, wonach Auskünfte verweigert werden könnten, wenn und insoweit ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde, lägen nicht vor. Beim Beschwerdeführer handele es sich um eine im öffentlichen Leben stehende Person. Eine fallbezogene Abwägung zwischen dem Informationsanspruch der Presse und dem Geheimnisschutzanspruch des Beschwerdeführers ergebe, daß das Informationsbegehren der Öffentlichkeit vorrangig sei, selbst wenn die Beschuldigten ein Privatgeheimnis offenbart haben sollten. Es bestehe ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an den bereits aufgrund der Zeitungsmeldungen vom 22. Juli 2002 bekannt gewordenen Vorgängen. Zudem hätten die veröffentlichten Tatsachen Zweifel an der politischen Integrität und Unabhängigkeit des Beschwerdeführers aufkommen lassen können. Die Stellungnahmen der Beschuldigten gegenüber der Presse hätten schließlich lediglich Randbereiche des die Öffentlichkeit interessierenden Geschehens betroffen und vor diesem Hintergrund nahezu keine weiterführenden medienwirksamen Inhalte gehabt. Die den Rücktritt auslösenden Tatsachen seien mindestens seit dem 22. Juli 2002 derart konkret der Öffentlichkeit zugänglich gewesen, daß eine Auskunftsverweigerung der Beschuldigten unter Hinweis auf ihr Schweigegebot wie ein „Eingeständnis der Richtigkeit der in das Wissen der Landesregierung gestellten Tatsachen gewirkt hätte“. Der Beschluß des Oberlandesgerichts ist dem Beschwerdeführer am 9. September 2004 zugegangen.

II.

Mit der am 9. November 2004 erhobenen Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner in Art. 5, 6, 7 und 11 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) gewährleisteten Rechte. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus:

Das Oberlandesgericht habe die Reichweite des von Verfassungs wegen garantierten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung verkannt. Das „allgemeine Persönlichkeitsrecht nach

Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 LV“ umfasse (auch) die Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zählten zu den geschützten persönlichen Daten. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei zwar nicht schrankenlos gewährleistet. So müßten bei Fragen von allgemeinem Interesse oder bei einem Landesminister als „Person des öffentlichen Rechts“ Einschränkungen hingenommen werden. Allerdings „stehe und falle“ das Informationsinteresse der Allgemeinheit im vorliegenden Fall ausschließlich mit dem vom Beschwerdeführer wahrgenommenen Amt, so daß der „presserechtliche Status“ des Beschwerdeführers mit dessen Amtsrücktritt erloschen gewesen sei. Weil die offenbarten Umstände ausschließlich die private Vermögenssphäre des Beschwerdeführers – ohne einen Bezug zu seinem Amt als Minister – beträfen, könne ein das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschränkendes Allgemeininteresse hieran nicht (mehr) geltend gemacht werden. Die Abwägung des Oberlandesgerichts zwischen den betroffenen Grundrechtspositionen erweise sich nach all dem als verfassungswidrig.

III.

Das Verfassungsgericht hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Potsdam beigezogen. Der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts und die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Der Beschwerdeführer ist unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung des Art. 11 Abs. 1 LV (Datenschutz) beschwerdebefugt. Auch wenn es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Strafverfolgung eines anderen durch den Staat gibt (BVerfG, Beschluß vom 8. Mai 1979 – 2 BvR 782/78 -, BVerfGE 51, 176, 187), ist die Rechtsanwendung des Oberlandesgerichts an diesem speziellen landesverfassungsrechtlichen Grundrecht zu messen. Das im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1, 41 ff. [Volkszählungsurteil]) in die Landesverfassung aufgenommene Recht auf Datenschutz (vgl. Breidenbach/Kneifel-Haverkamp, in: Simon/Franke/Sachs, Handbuch der Verfassung des Landes Brandenburg, § 21 Rn. 2) schützt nicht nur im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung vor Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Weiterleitung persönlicher Daten, sondern vor jeglichem Zugriff auf persönliche Daten (ausführlich: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 25. September 2002 - VfGBbg 79/02 -, LVerfGE 13, 177 = LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 13, 168).

2. Der Rechtsweg ist erschöpft (§ 45 Abs. 2 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -). Die ablehnende Entscheidung des Oberlandesgerichts im Klageerzwingungsverfahren ist unanfechtbar (vgl. § 174 StPO); eine Beschwerde ist nach § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht statthaft. Ebenso ist eine Gegenvorstellung ausgeschlossen (vgl. KK-Schmid, StPO-Kommentar, 5. Aufl., 2003, § 174 Rn. 5).

3. Die zweimonatige Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde (§ 47 Abs. 1 VerfGGBbg) ist gewahrt. Der Beschluß des Oberlandesgerichts ist der Prozeßbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 9. September 2004 zugegangen. Die am 9. November 2004 eingegangene Verfassungsbeschwerde ist mithin rechtzeitig erhoben.

4. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, daß die Verletzung eines Landesgrundrechtes im Rahmen eines durch die Strafprozeßordnung und somit bundesrechtlich geregelten Verfahrens gerügt wird. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in st. Rspr. seit Beschluß vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, LVerfGE 8, 82, 84 f. unter Bezugnahme auf BVerfGE 96, 345, 371 ff.) sind gegeben: Ein Bundesgericht war nicht befaßt. Eine Rechtsschutzalternative zu der Verfassungsbeschwerde steht - wie ausgeführt - nicht zur Verfügung. Das als verletzt in Betracht kommende landesverfassungsrechtlich verbürgte Recht auf Datenschutz (Art. 11 Abs. 1 LV) stimmt inhaltlich mit dem vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) hergeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 -, a.a.O.) überein. Das Landesverfassungsgericht prüft nicht die Anwendung und Auslegung des Straftatbestandes nach § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB. Gegenstand der Überprüfung ist allein die Interpretation und Anwendung einer landesrechtlichen Bestimmung (§ 5 Abs. 2 Nr. 3, 2. Alt. BbgPG).

5. Soweit in der Verfassungsbeschwerde auch Bezug auf Art. 5 LV (gemeint sind wohl die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Unantastbarkeit eines Grundrechts in seinem Wesensgehalt: Art. 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LV), Art. 6 LV (Rechtsschutzgarantie) sowie Art. 7 Abs. 1 LV (Schutz der Menschenwürde) genommen wird, geht das erkennende Gericht davon aus, daß es sich um keine eigenständigen – neben oder unabhängig von Art. 11 Abs. 1 LV erhobenen - Rügen handelt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Wesensgehaltsgarantie der Grundrechte sind allgemeine verfassungsrechtliche Prinzipien und keine selbständig rügefähigen Grundrechte. Zum im Antrag explizit genannten Art. 6 LV werden in der Beschwerdebegründung keine eigenen, über die behauptete Verletzung von Art. 11 Abs. 1 LV hinausgehenden, Argumente angeführt. Sollte eine Beanstandung der Rechtsweggarantie (Art. 6 Abs. 1 LV) gemeint sein, ist eine solche von vornherein ausgeschlossen. Der Zugang zum Gericht war gegeben, was auch der Beschwerdeführer nicht in Abrede stellt. Das Oberlandesgericht hat die Anforderungen an den Klageerzwingungsantrag und an die Darlegung der hierfür erforderlichen Tatsachen und Beweismittel nicht überspannt. Es hat den Antrag vielmehr als unbegründet verworfen, weil nach dem Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen und der von ihm vertretenen Rechtsauffassung eine Verurteilung der Beschuldigten nicht hinreichend wahrscheinlich war. Damit war ein umfassender gerichtlicher Schutz gegen die staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen gewährt. Art. 7 Abs. 1 LV (Schutz der Menschenwürde) wird vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit Art. 11 Abs. 1 LV genannt. Diese Rüge orientiert sich offensichtlich an der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (Garantie der Menschenwürde) zu einem eigenen Regeln folgenden, insoweit ungeschriebenen Grundrecht „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ verbunden und verdichtet worden ist, dessen besondere Ausprägung wiederum das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt (vgl. hierzu Kunig in: von Münch/Kunig, GGK I, 5. Aufl. 2000, Art. 2 Rn. 1, 30 ff.).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Weder verletzt das Entscheidungsergebnis den Beschwerdeführer in seinem informationellen Selbstbestimmungsrecht (hierzu unter 1.) noch beruht die gerichtliche Entscheidung auf einer prinzipiell unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Reichweite dieses Grundrechts (hierzu unter 2.). Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichtes, die Entscheidungen der Fachgerichte nach Art eines Rechtsmittelgerichtes zu überprüfen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 17. September 1998 - VfGBbg 18/98-, LVerfGE 9, 95). Prüfungsmaßstab des Verfassungsgerichtes ist allein die Landesverfassung.

1. Durch die unterbliebene strafrechtliche Verfolgung des Regierungssprechers und des Staatskanzleichefs ist der Beschwerdeführer selbst dann nicht in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 11 Abs. 1 LV verletzt, wenn dem Verhalten der im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren Beschuldigten eine strafrechtliche Relevanz zukäme. Aus dem landesverfassungsrechtlich verbürgten Recht auf informationelle Selbstbestimmung läßt sich kein Anspruch auf Strafverfolgung eines anderen durch die Brandenburger Strafverfolgungsbehörden herleiten (zur Ablehnung einer Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die unterlassene Strafverfolgung eines Dritten vgl. auch BVerfG, Beschluß vom 14. Dezember 2001 – 2 BvR 152/01 -, NJW 2002, 2164; grundsätzlich BVerfG, Beschluß vom 8. Mai 1979 – 2 BvR 782/78 -, a.a.O.).

2. Die im Zusammenhang mit der Ablehnung eines hinreichenden Tatverdachts vom Oberlandesgericht getroffenen - entscheidungserheblichen – rechtlichen Wertungen sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

a. Die Ausgestaltung des Verfahrens zur Entscheidung über einen Antrag nach § 172 Abs. 2 StPO ist in erster Linie Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Die im Klageerzwingungsverfahren erst- und letztinstanzlich entscheidenden Oberlandesgerichte bestimmen ihr Verfahren dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (Meyer-Goßner, StPO-Kommentar, 47. Aufl. 2004, § 173 Rn. 1). Innerhalb dieses Rahmens ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn das Oberlandesgericht den Prüfungsmaßstab einer hinreichenden Verurteilungswahrscheinlichkeit angewandt hat. Nach § 174 Abs. 1 StPO kann das Gericht den Antrag als unbegründet verwerfen, wenn sich kein genügender Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage ergibt. Genügender Anlaß in diesem Sinne setzt nach allgemeiner Auffassung hinreichenden Tatverdacht im Sinne der §§ 170 Abs. 1, 203 StPO und damit die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Beschuldigten voraus (BVerfG, Beschluß vom 28. März 2002 – 2 BvR 2104/01 -, NJW 2002, 2859; OLG Rostock, Beschluß vom 29. März 1996 – I Ws 242/95 -, NStZ-RR 1996, 272; Meyer-Goßner, a.a.O., § 170 Rn. 1). Der unbestimmte Rechtsbegriff des „hinreichenden Tatverdachts“ eröffnet schon wegen des ihm innewohnenden prognostischen Elements einen Beurteilungsspielraum, der allerdings verfassungsrechtliche Vorgaben nicht verletzen darf. Eine solche Verletzung hat z.B. das Bundesverfassungsgericht (Beschluß vom 14. Dezember 2001 – 2 BvR 152/01 -, NJW 2002, 2164) im Zusammenhang mit einem Klageerzwingungsantrag bei der Annahme einer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschränkenden mutmaßlichen Einwilligung des Grundrechtsträgers angenommen, wenn diese Annahme in ihrer Begründung nicht nachvollziehbar ist.

b. Das Oberlandesgericht hat bei seiner Entscheidung die Reichweite von Art. 11 Abs. 1 LV nicht verkannt.

aa. Nach Art. 11 Abs. 1 LV hat jeder das Recht, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen, auf Auskunft über die Speicherung seiner persönlichen Daten und auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen, soweit sie ihn betreffen und Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Personenbezogene Daten dürfen nur mit freiwilliger und ausdrücklicher Zustimmung des Berechtigten erhoben, gespeichert, verarbeitet, weitergegeben oder sonst verwendet werden. Dementsprechend umfaßt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung die aus dem Gedanken der Autonomie folgende Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen er einen persönlichen Lebenssachverhalt offenbart und wie mit seinen personenbezogenen Daten verfahren wird (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 30. Juni 1999 – VfGBbg 3/98 -, LVerfGE 10, 157, 161 f.).

Zu den geschützten persönlichen Lebenssachverhalten und Daten gehören auch die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Einzelnen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 14. Oktober 1987 – 1 BvR 1244/87 -, BVerfGE 77, 121, 125). Die Tatsache einer Pfändung der Dienstbezüge rechnet somit zum Bereich der durch das informationelle Selbstbestimmungsrecht geschützten Daten, weil daraus gegebenenfalls Rückschlüsse auf die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Zahlungsfähigkeit oder -bereitschaft des Betroffenen gezogen werden können. Informationen über Pfändungsmaßnahmen greifen – ebenso wie eine gerichtliche Feststellung, daß diese Informationen befugt erteilt worden sind - in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein.

bb. Der Eingriff ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 11 Abs. 1 LV ist nicht schrankenlos gewährleistet. Nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 LV sind Einschränkungen aber nur im überwiegenden Allgemeininteresse durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes im Rahmen der darin festgelegten Zwecke zulässig. Die gesetzliche Grundlage muß nach allgemeinen Grundsätzen dem rechtstaatlichen Gebot der Normklarheit und -bestimmtheit entsprechen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren sowie hinreichende organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen enthalten, die der Gefahr einer Verletzung des Grundrechts entgegenwirken (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 30. Juni 1999 – VfGBbg 3/98 -, LVerfGE 10, 157; zur Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen bei einem überwiegenden Allgemeininteresse auf grundgesetzlicher Ebene vgl. z.B. BVerfG, Beschluß vom 14. Dezember 2001, a.a.O. und Beschluß vom 7. März 1995 – 1 BvR 1564/92 -, BVerfGE 92, 191 m.w.N.).

Gerichtliche Entscheidungen, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigen, verletzen Art. 11 Abs. 1 LV folglich nur dann, wenn sie sich nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen können, die ihrerseits den Schrankenfestlegungen der Verfassung entspricht, oder wenn eine diesen Anforderungen genügende Regelung nicht in verfassungsgemäßer Weise - nämlich unter Beachtung des eingeschränkten Grundrechts - ausgelegt und angewandt worden ist (st. Rspr. des BVerfG zu Art. 2 Abs. 1 GG, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198, 206; Urteil vom 8. April 1997 – 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 306; ebenso für das informationelle Selbstbestimmungsrecht nach Art. 1 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz: Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 4. November 1998 – B 5/98 -, NJW 1999, 2264). Diese Anforderungen sind hier gewahrt.

(1) Der Informationsanspruch der Presse gegenüber Behörden nach § 5 BbgPG, auf den das Oberlandesgericht seine Entscheidung stützt, ist eine das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschränkende einfach-gesetzliche Bestimmung i.S.v. § 11 Abs. 2 LV. Die Vorschrift genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Gebot der Normenklarheit und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Der Auskunftsverweigerungsgrund nach § 5 Abs. 2 Nr. 3, 2. Alt. BbgPG trägt der wertsetzenden Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinreichend Rechnung.

(2) Die Auslegung und Anwendung des § 5 BbgPG durch das Oberlandesgericht sind nicht zu beanstanden. Insbesondere die Annahme, daß dem Informationsanspruch der Presse gegenüber den Behörden kein Auskunftsverweigerungsrecht nach

§ 5 Abs. 2 Nr. 3, 2. Alt. BbgPG entgegenstand (mit der Folge, daß die Auskunftserteilung nicht im strafrechtlichen Sinne unbefugt war), hält – unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhalts - einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung stand.

(a) Maßgeblich für den Auskunftsverweigerungsgrund nach § 5 Abs. 2 Nr. 3, 2. Alt. BbgPG ist, ob bei einer Auskunftserteilung ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Je sensibler der Bereich ist, über den informiert wird, je intensiver und weitgehender die begehrte Auskunft reicht, um so größeres Gewicht kommt der Schutzwürdigkeit privater Interessen am Unterbleiben der Auskunft zu. Diese Schutzwürdigkeit ist auch daran zu messen, welche Funktion derjenige, über den die Presse Auskunft begehrt, im öffentlichen Leben wahrnimmt. Soweit wahre Tatsachenbehauptungen eine Frage von allgemeinem Interesse oder das Auftreten eines Politikers bzw. einer anderen Person des öffentlichen Lebens betreffen, sind die Privatinteressen regelmäßig weniger schutzwürdig (ebenso – im Sinne eines den Privatschutz überwiegenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit bei Politikern - BVerfG, Beschluß vom 26. Juni 1990 – 1 BvR 1165/89 -, BVerfGE 82, 272, 280 ff.; weitere umfassende Rechtsprechungsnachweise [bezogen auf die Abwägung der grundrechtlich geschützten Güter Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz] bei Clemens in: Umbach/Clemens, GG Mitarbeiterkommentar, Band I, 2002, Art. 5 Rn. 200). Andererseits sind Amtsträger auch „als solche“ Träger des – nicht schrankenlos gewährleisteten – Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt (ebenso mit ausführlicher Begründung BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2004 – 3 C 41/03 – NJW 2004, 2462). Es kommt deshalb nicht ausschließlich darauf an, ob dem Schutzbereich von Art. 11 Abs. 1 LV unterfallende Äußerungen über einen Amtsträger oder ihn betreffende Umstände während seiner Amtszeit oder (kurz) nach der Amtsaufgabe getroffen worden sind, wenngleich die Amtsträgereigenschaft ein Gesichtspunkt dafür sein kann, daß das Privatinteresse am Unterbleiben der Information nicht schutzwürdig ist. Im übrigen folgt aus § 5 Abs. 2 Nr. 3, 2. Alt. BbgPG nicht, daß sich der presserechtliche Informationsanspruch nur bei einem „zeitgeschichtlichen Interesse“ durchsetzen kann. Weder „steht und fällt“ der Informationsanspruch der Presse mit der Amtsinhaberschaft eines Politikers, noch wirkt er – selbst wenn amtsbezogene Versäumnisse betroffen sind – „automatisch“ nach der Amtsaufgabe nach. Geboten ist vielmehr eine Berücksichtigung aller Einzelfallumstände.

(b) Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses des § 5 Abs. 2 Nr. 3, 2. Alt. BbgPG ist das private Interesse des Beschwerdeführers an der Geheimhaltung der mitgeteilten Tatsachen nicht schutzwürdig.

Das Oberlandesgericht hat zutreffend berücksichtigt, daß es um Informationen über einen Landesminister geht. Ein Landesminister unterliegt schon aufgrund seines Status und seiner Bedeutung der allgemeinen öffentliche Aufmerksamkeit. Die Bestätigung der Dienstbezügepfändungen durch den Regierungssprecher und die Mitteilung des Staatskanzleichefs, daß mit einem Gläubiger ein Vollstreckungsaufschub vereinbart wurde und daß die Angelegenheit zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Beschwerdeführers nicht erledigt war, sind Tatsachen, die bei einem Landesminister von allgemeinem Interesse sind. Als in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit mußte der Beschwerdeführer hinnehmen, daß die Presse über diese Aspekte informiert wird, auch wenn diese seine Amtsführung nicht betreffen, sondern dem privaten Bereich zuzuordnen sind. Daß die finanziellen Verhältnisse eines Ministers eine Berichterstattung rechtfertigen können, stellt schließlich auch der Beschwerdeführer selbst nicht in Abrede.

Das Auskunftsbegehren der Presse war nicht schon deshalb zurückzuweisen, weil an der Offenbarung der weitergegebenen Informationen wegen des Rücktritts des Beschwerdeführers vom Ministeramt kein „aktuelles“ legitimes öffentliches Interesse mehr bestand. Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bekanntwerden der Pfändungsmaßnahmen am 22. Juli 2002 und der Rücktrittspressekonferenz am 23. Juli 2002 rechtfertigt ein Interesse der Öffentlichkeit darüber informiert zu werden, welche Umstände zur Amtsaufgabe geführt haben und ob es einen Bezug zu den vorher veröffentlichten Tatsachen gibt, mithin ob die Pfändungsmaßnahmen erledigt sind oder nicht. Im übrigen war zum Zeitpunkt der Bestätigung der eingeleiteten Dienstbezügepfändung durch den Regierungssprecher T. (am 22. Juli 2002) sowie der Angaben zu diesem Vorgang durch den Staatskanzleichef Sp. (am 23. Juli 2002) der Beschwerdeführer noch Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg. Der Rücktritt wurde – nach der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers – auf der Pressekonferenz am 23. Juli 2002 für den 24. Juli 2002 angekündigt. Zum Zeitpunkt des Telefonats des Regierungssprechers T. mit der Presse war von einem Rücktritt noch keine Rede; als der Staatskanzleichef Sp. mit Journalisten sprach, war er angekündigt. Frühestens am 24. Juli 2002 war also „aus dem Minister, der sich einer öffentlichen Diskussion zu stellen hatte und zu stellen hat, der Privatmann geworden“.

Entgegenstehendes folgt auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 24. Juni 2004 (sog. „Caroline-Urteil“ vom 24. Juni 2004 – 59320/00 - NJW 2004, 2647). In dieser Entscheidung wird hervorgehoben, daß bei Personen des öffentlichen Lebens, insbesondere bei Politikern, die Öffentlichkeit unter besonderen Umständen ein Recht auf Informationen über Aspekte ihres Privatlebens hat, welches bei der Abwägung zwischen dem Schutz des Privatlebens und der Freiheit der Meinungsäußerung überwiegen kann. Im konkret entschiedenen Fall handelte es sich um Umstände, die keine ein öffentliches Amt ausübende Person und ausschließlich Einzelheiten ihres Privatlebens betrafen, so daß nach Auffassung des Gerichtshofs der Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit weniger weit auszulegen ist. Letztlich hatte der EGMR aber ein ganz anderes Sachgeschehen zu beurteilen. Streitgegenstand des dortigen Verfahrens war die Untersagung schwerer Beeinträchtigungen des Privatlebens einer Prominenten durch die Veröffentlichung von Fotografien, die bei rein privaten Tätigkeiten durch sog. Paparazzi aufgenommen worden waren. Hier ist zwar auch die Privatsphäre des Beschwerdeführers betroffen. Diese ist aber nach dem staatsanwaltlichen Ermittlungsergebnis nicht vom Regierungssprecher oder vom Staatskanzleichef „ins Gerede gebracht“ worden, sondern beide haben sich hierzu im Kontext bereits öffentlich gewordener Umstände geäußert.

Zu Recht hat das Oberlandesgericht des weiteren keine Verletzung eines schutzwürdigen Privatinteresses angenommen, weil die Gehaltspfändungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Äußerungen gegenüber der Presse bereits weitgehend einem nicht mehr kontrollierbaren Teil der Öffentlichkeit bekannt gewesen waren. In tatsächlicher Hinsicht entspricht dies dem Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen. In rechtlicher Hinsicht berücksichtigt es die Freiheit der Presse, Tatsachen zu eruieren und verifizieren sowie informierte Stellen und Personen hiermit zu konfrontieren bzw. diese um Abgabe einer Stellungnahme zu ersuchen. Dabei ist zu respektieren, daß die Presse regelmäßig auch auf einen bloßen, und sei es noch so schwachen Verdacht hin recherchiert; es ist geradezu Zweck einer Recherche, einem Verdacht, Gerüchten oder auch aus anderen Quellen mitgeteilten Tatsachen nachzugehen (BVerfG, Beschluß vom 28. August 2000 – 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, 503).

Auch die Argumentation des Oberlandesgerichts, daß die abgegebenen Stellungnahmen lediglich Randbereiche des die Öffentlichkeit interessierenden Geschehens betrafen und nahezu keine weiterführenden medienwirksamen Inhalte hatten, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Damit hat das Gericht nicht, wie der Beschwerdeführer meint, den Grundsatz aufgestellt: „Je mehr schon bekannt ist, um so weniger muß von Amtspersonen an Geheimnissen zurückgehalten werden“. Es hat lediglich fallbezogen gewürdigt, daß die Presse Informationen über eingeleitete Gehaltspfändungen sowie die Höhe der dieser zugrunde liegenden Forderungen bereits besaß. Einen neuen Informationsgehalt hatte allenfalls die Mitteilung des Staatskanzleichefs, daß ein Gläubiger mit dem Aufschub der Vollstreckung einverstanden sei. Dieser Aspekt der Pfändungsmaßnahme war letztlich in seiner das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betreffenden Relevanz marginal. Ob dies auch bei einer erstmaligen Information über die Existenz von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen oder bei der Preisgabe der Höhe der Gläubigerforderungen so gesehen werden kann, mußte das Oberlandesgericht nicht entscheiden. Denn diese Tatsachen sind nach dem Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht vom Regierungssprecher oder Staatskanzleichef bekannt gemacht worden. Der Ermittlungsbehörde ist diesbezüglich auch kein Aufklärungsdefizit vorzuwerfen, welches das Oberlandesgericht hätte beanstanden müssen.
 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
   
Havemann Dr. Jegutidse
   
Dr. Knippel Prof. Dr. Schröder