VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2021 - VfGBbg 5/21 -
Verfahrensart: |
Organstreit Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - GG, Art. 21 - LV, Art. 20 Abs. 3 Satz 2; LV, Art. 89 Satz 2 - VerfGGBbg, § 12 Nr. 1; VerfGGBbg, § 35; VerfGGBbg, § 36 Abs. 1; VerfGGBbg, § 36 Abs. 3 - BbgVerfSchG, § 2 Abs. 1 Satz 1; BbgVerfSchG, § 5 Abs. 1 Satz 1 |
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Schlagworte: | - Organstreit verworfen - politische Partei - Verfassungsschutzbericht - Verdachtsfall - Minister des Innern - Vorwort - Pressemitteilung - Pressekonferenz - Homepage - Ministerpräsident - Landesregierung - Verfassungsrechtsverhältnis - Verfassungsrechtsverhältnis verneint - Verfassungsschutzgesetz - Verfassungsschutzbehörde - Verwaltungsrechtsverhältnis |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2021 - VfGBbg 5/21 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 5/21
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
VfGBbg 5/21
In dem Organstreitverfahren
Alternative für Deutschland,
Landesverband Brandenburg,
vertreten durch die stellvertretende Landesvorsitzende Birgit Bessin und
den stellvertretenden Landesvorsitzenden Daniel Freiherr von Lützow,
Brandenburger Straße 28,
14542 Werder/Havel,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Prof. Dr. E.,
gegen
1. Minister des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg,
Henning-von-Tresckow-Straße 9-13,
14467 Potsdam,
2. Ministerpräsident des Landes Brandenburg,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,
3. Regierung des Landes Brandenburg,
- Staatskanzlei -,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,
Antragsgegner,
vertreten durch das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
R.
beteiligt:
Landtag Brandenburg,
vertreten durch die Präsidentin,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,
Erwähnung im Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2019, in der Pressemitteilung zum Verfassungsschutzbericht 2019, in der Pressemitteilung 029/2020, in weiteren Äußerungen des Ministers des Innern und für Kommunales und auf der Homepage des Ministeriums des Innern und für Kommunales
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 20. Mai 2021
durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß
beschlossen:
Der Antrag wird verworfen.
Der Antrag auf Anordnung der Erstattung notwendiger Auslagen der Antragstellerin wird abgelehnt.
Gründe:
A.
I.
Die Antragstellerin ist eine im Land Brandenburg aktive politische Partei, die in Fraktionsstärke im Landtag Brandenburg vertreten ist. Sie, ihre aufgelöste Teilorganisation „Der Flügel“ und ihre Jugendorganisation „Junge Alternative für Deutschland (JA)“ wurden beziehungsweise werden im Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2019, im Vorwort des Antragsgegners zu 1. zum Verfassungsschutzbericht 2019, in der Pressefassung des Verfassungsschutzberichts 2019, bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2019 in der Pressekonferenz am 7. September 2020, in Unterlagen zu dieser Pressekonferenz, in Pressemitteilungen und in Beiträgen auf der Homepage des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg als rechtsextremistische „Verdachtsfälle“ bezeichnet und dargestellt.
II.
Mit ihrer am 26. Januar 2021 eingegangenen Antragsschrift beantragt die Antragstellerin im Organstreitverfahren,
1. festzustellen, dass der Antragsgegner zu 1. das verfassungsmäßige Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG sowie das Recht der Antragstellerin auf freie Betätigung als politische Partei im Umfang des Art. 21 Absätze 1 bis 4 GG dadurch verletzt, dass er die Antragstellerin im „Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019“ sowie in der Pressemitteilung hierzu und in der Pressemitteilung 029/2020 in der im Schriftsatz näher dargelegten Weise in die Nähe des Rechtsextremismus und der Verfassungsfeindlichkeit rückt, in Zusammenhang bringt mit den extremistischen Verbrechen von Halle, Hanau und Kassel sowie „Flügel“ und „JA“ als „AfD-Verdachtsfälle“ bezeichnet und diese Behauptungen weiterhin verbreitet und auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht;
2. festzustellen, dass der Antragsgegner zu 2. und die Antragsgegnerin zu 3. für diese Verletzungen des verfassungsmäßigen Rechts der Antragstellerin aus Art. 21 GG mitverantwortlich sind,
3. die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen anzuordnen.
Die Antragstellerin trägt vor, der Antragsgegner zu 1. habe auf der Pressekonferenz vom 7. September 2020 und mit Pressemitteilung 054/20 vom 7. September 2020 auf seinem offiziellen Briefbogen den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 vorgestellt. Die Pressemitteilung befinde sich bis heute auf der Homepage des Innenministeriums. Ausführlich habe sich der Antragsgegner zu 1. auch am 15. Juni 2020 in der Pressemitteilung 029/2020 zur Einstufung der Antragstellerin als Beobachtungsobjekt geäußert. Die Antragstellerin zitiert hierzu die Pressemitteilungen 029/2020 und 054/20 sowie die sie und ihre Teilorganisationen betreffenden Passagen der Pressefassung des Verfassungsschutzberichts 2019 im Wortlaut.
Gegen diese Äußerungen sei das Organstreitverfahren zulässig. Streitigkeiten dieser Art könnten nicht nur vor das Verwaltungsgericht, sondern direkt vor das Verfassungsgericht gebracht werden, wenn die streitenden Parteien Verfassungsorgane oder sonst unmittelbar am Verfassungsleben beteiligte Rechtsträger seien und sich der Rechtsstreit in seinem Kern um das Verfassungsrecht ranke. Antragsteller und Antragsgegner des Verfahrens müssten in einem materiellen verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zueinander stehen, aus dem sich Rechte und Pflichten ergäben, die zwischen ihnen streitig seien. Organstreitfähig seien nur Rechtspositionen, die sich aus der Verfassung selbst ergäben, ohne jedoch Grundrechte zu sein. Politische Parteien könnten ihr verfassungsrechtliches Statusrecht aus Art. 21 Grundgesetz (GG) im Wege des Organstreits geltend machen. Versuche einer verwaltungsrechtlichen Ausformung durch das Verfassungsschutzgesetz könnten daran nichts ändern. Dies ergäbe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 19. Juni 2012 - 2 BvE 4/11 -, wonach sich Unterrichtungsrechte des Bundestags gegenüber der Bundesregierung unabhängig von Unterrichtungsrechten aus einem Gesetz unmittelbar aus der Verfassung ergäben. Ein weiterer Beleg sei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u. a. -, bei dem es um den Abgeordnetenstatus gehe.
Die Nennung im Verfassungsschutzbericht sei im Kern eine regierungsseitige Warnung durch herabsetzende Äußerungen zu einer Oppositionspartei, die in deren verfassungsunmittelbaren Status als politische Partei nach Art. 21 GG eingreife. Zudem gebe es für die Verdachtsberichterstattung über Parteien keine spezielle Rechtsgrundlage.
Laut Kommentarmeinung (Klein, in: Maunz/Dürig, 92. EL August 2020, GG, Art. 21 Rn. 576) sei das Vorgehen der Verfassungsschutzbehörden gerechtfertigt, wenn es hinreichende Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Parteien tatsächlich die in Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG genannten Ziele verfolgten. Daraus folge, dass sachlich gehaltene Meinungsäußerungen von staatlicher Seite und begründete Hinweise hinzunehmen seien. Liege ein nicht mehr tolerierbarer Eingriff vor, könne sich die betroffene Partei im Wege des verfassungsgerichtlichen Organstreits dagegen zur Wehr setzen.
Äußerungen von Regierungsmitgliedern unter Inanspruchnahme der Amtsautorität oder der mit dem Amt verbundenen Ressourcen könnten die Grenzen zulässiger Teilnahme am politischen Meinungskampf überschreiten.
Nach § 1 Satz 4 Geschäftsordnung der Landesregierung Brandenburg (GO) seien Maßnahmen von allgemeiner politischer Bedeutung, die die Richtlinienkompetenz berührten, mit dem Ministerpräsidenten vorher abzustimmen. Eine derart gravierende Entscheidung wie die öffentliche Kampfansage an die Hauptoppositionspartei des Landes, noch dazu aufgrund fadenscheiniger Argumente, sei in diesem Bereich einzuordnen. § 3 Abs. 1 GO statuiere eine korrespondierende Unterrichtungspflicht und § 3 Abs. 5 GO ein Recht des Ministerpräsidenten auf die von ihm gewünschten weiteren Auskünfte. Überdies koordiniere nach § 4 Abs. 4 GO der in der Staatskanzlei angesiedelte Regierungssprecher die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung. Auch die Landesregierung insgesamt trage direkte Mitverantwortung für die hier angegriffene Maßnahme. Nach § 12 GO müssten alle Angelegenheiten von grundsätzlicher politischer Bedeutung ihr zur Beratung und Beschlussfassung unterbreitet werden. Wenn das in dieser Angelegenheit von höchstem staatspolitischen Rang nicht geschehen sein sollte, entlaste dies die Landesregierung nicht von ihrer Mitverantwortung. Sie habe die Frage der Erstveröffentlichung bereits im Vorfeld an sich ziehen müssen und hätte seither mehr als genügend Zeit gehabt, sich der Problematik der fortdauernden Veröffentlichung auf der Website des Innenministeriums und in jedem neu ausgereichten gedruckten Verfassungsschutzbericht anzunehmen.
Die Antragsfrist sei auch bezüglich der Pressemitteilung vom Juni 2020 eingehalten. Die Folge von veröffentlichten Äußerungen sei insgesamt als einheitlicher Vorgang anzusehen, es handele sich um Teile eines noch nicht abgeschlossenen Gesamtvorgangs.
Der Antrag sei auch begründet. Die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht als Verdachtsfall und die entsprechende Berichterstattung des Antragsgegners zu 1. verletzten das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb und auf freie Betätigung als politische Partei. Der Antragsgegner zu 1. sei zur Neutralität verpflichtet. Es liege ein Eingriff in Art. 21 GG vor, der den Ruf der Antragstellerin beeinträchtigte und sie sanktioniere. Der Eingriff könne nachteilige Folgewirkungen haben, zur Diskriminierung der Antragstellerin und Distanzierung von ihr führen.
Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 26. Juni 2013 - 6 C 4/12 - entschieden, dass auf der Grundlage des damaligen § 16 Bundesverfassungsschutzgesetz eine Vereinigung nicht in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen werden dürfe, bei der nur der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehe. Als Reaktion auf dieses Urteil sei die Norm mit Gesetz vom 17. November 2015 (BGBl. I S. 1938) neu gefasst worden. Auch im Land Brandenburg sei § 5 Abs. 1 Satz 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG) durch Gesetz vom 19. Juni 2019 (GVBl. I Nr. 29) durch die Aufnahme der Wendung „soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen“ entsprechend angepasst worden.
Aus Art. 21 GG, der Bestandteil der Verfassung des Landes Brandenburg sei, und Art. 20 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) ergebe sich das Recht der Antragstellerin auf chancengleiche Teilnahme am politischen Wettbewerb. In dieses Recht dürfe nicht durch eine Regierung eingegriffen werden, die durch Parteien getragen werde, die selbst im politischen Wettbewerb mit der Antragstellerin als kritischer Oppositionspartei stünden. Daher könne § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG nicht auf politische Parteien angewendet werden. Es werde in der Literatur vertreten, dass nur das Bundesverfassungsgericht auf der Grundlage von Art. 21 Abs. 2 und Abs. 3 GG in Art. 21 GG eingreifen könne. Die Regierung habe aus gutem Grund nur ein Antragsrecht. Bis dahin sei die Partei geschützt. Sie genieße eine erhöhte Schutz- und Bestandsgarantie und dürfe in ihrer politischen Tätigkeit nicht behindert werden. Ein „kaltes Parteiverbot“ durch die Exekutive müsse ausgeschlossen werden. Die Kategorie der „verfassungsfeindlichen Partei“ gäbe es neben der „verfassungswidrigen“ im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG nicht. Die Veröffentlichung durch die Verfassungsschutzbehörde müsse auf ein Parteiverbotsverfahren abzielen und in zeitlichem Zusammenhang zur Stellung eines Antrags nach Art. 21 Abs. 2 oder 3 GG stehen.
Jedenfalls könne die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht bei einer politischen Partei nicht nur auf einen bloßen Verdacht gestützt werden. In Wirklichkeit gehe es darum, dass die Regierung mit der Einordnung und Verlautbarung als „Verdachtsfall“ in die Chancengleichheit einer regierungskritischen Oppositionspartei im politischen Wettbewerb eingreifen wolle. Es bedürfe einer speziellen Befugnisnorm für Maßnahmen der Verdachtsberichterstattung der Verfassungsschutzbehörden gegenüber politischen Parteien. Die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht stelle eine Warnung und „Feinderklärung“ dar. Sie sei aufgrund eines bloßen Verdachts nicht gerechtfertigt. Die politische Auseinandersetzung mit der Partei dürfe nicht unter Inanspruchnahme hoheitlicher Mittel wie der Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht und der Vermutung amtlicher Authentizität erfolgen. Der Staat habe die Pflicht zur Neutralität. Art. 21 Abs. 1 GG schütze auch die Funktionsträger, Mitglieder und Anhänger einer Partei. Der Verfassungsgrundsatz der streitbaren, wehrhaften Demokratie sei keine selbständige Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe gegenüber einer Partei. Im Übrigen verträten weder die Antragstellerin oder ihr Programm noch einzelne ihrer Mitglieder verfassungsfeindliche Positionen.
Die Entscheidung der Verfassungsschutzbehörde müsse begründet werden. Die zugrunde gelegten Tatsachen müssten stimmen. Es sei nicht genau subsumiert worden. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip müsse gewahrt sein. Der Antragsgegner zu 1. habe sich nicht mit dem Grundsatzprogramm der Antragstellerin befasst. Die Pressemitteilung des Verfassungsschutzberichts führe lediglich eine einzelne Tatsachenbehauptung auf. Die JA habe die in Bezug genommene Forderung im Frühjahr 2019 aus ihrem Deutschlandprogramm entfernt. In der Pressemitteilung vom Juni 2020 fänden sich fünf Tatsachenbehauptungen, die zum Teil älter als zwei Jahre seien.
III.
Die Antragstellerin hat persönliche Erklärungen von drei Mitgliedern vorgelegt, in denen diese darlegen, wie Äußerungen von ihnen zu verstehen seien.
IV.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Sie tragen vor, der Antrag sei unzulässig. Hierzu führen sie unter anderem aus, dass der Antragsgegner zu 1. weder als Verfassungsorgan noch in Person als Verfassungsschutzbehörde tätig geworden sei. Der Verfassungsschutz sei in Brandenburg eine besondere Abteilung des Ministeriums des Innern. Die Weisungsbefugnis des Antragsgegners zu 1. als Leiter der Behörde begründe keine verfassungsrechtliche Streitigkeit. Der Antragsgegner zu 1. habe hier zur Unterstützung des zuständigen Abteilungsleiters Verfassungsschutz und nicht als Mitglied der Landesregierung gehandelt.
Die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht betreffe auch kein verfassungsrechtliches Rechtsverhältnis. Antragstellerin und Antragsgegner müssten für einen Organstreit zueinander in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis stehen, aus dem sich die in Streit stehenden Rechte und Pflichten ergäben. Die Verfassungsschutzbehörde sei jedoch Verwaltungsorgan im funktionellen Sinne. Der Antragstellerin stehe verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz offen, den sie auch parallel zum Organstreit beim Verwaltungsgericht Potsdam beantragt habe. Daneben bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für ein inhaltlich gleichgerichtetes Organstreitverfahren. Der Schwerpunkt des Streits um die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht liege im Bereich des einfachen Gesetzesrechts, nämlich der Befugnis zur Unterrichtung der Öffentlichkeit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG. Dass bei dessen Auslegung und Anwendung verfassungsrechtliche Positionen, nämlich Art. 21 Abs. 1 GG bei Parteien, Art. 56 Abs. 1 LV bei Abgeordneten beziehungsweise Grundrechte bei sonstigen Betroffenen zu berücksichtigen seien, ändere nichts daran, dass es sich um ein einfachrechtlich geprägtes Rechtsverhältnis handele.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Neutralitätsgebot der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung greife nicht, wenn die Öffentlichkeitsarbeit ‑ wie hier - gesetzlich geregelt sei. Aus den Verfassungsschutzgesetzen ergebe sich gerade in den einschlägigen Fällen eine Pflicht zur Unterrichtung der Öffentlichkeit. Verfassungsschutzbehörden könnten dann nicht neutral sein.
Die Antragsgegner zu 2. und 3. hätten die beanstandeten Verlautbarungen weder getroffen noch rechtlich zu verantworten. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Richtlinienkompetenz des Antragsgegners zu 2. lägen nicht vor. Die Richtlinienkompetenz sei zudem nicht drittschützend. Der Antragsgegner zu 2. sei nicht Garant aller Pflichten der Landesregierung und der Ministerien. Die Richtlinienkompetenz beinhalte nicht die Kompetenz, über den Vollzug der Pflichten aus dem Verfassungsschutzgesetz zu entscheiden. Eine Richtlinie, die die Kompetenzen überschreite, dürfe von den Ministern nicht umgesetzt werden. Aufgrund der gesetzlichen Zuständigkeitszuweisung an das Ministerium des Innern könne der Antragsgegner zu 2. die Angelegenheit auch nicht an sich ziehen. Auch die Antragsgegnerin zu 3. habe keine Zuständigkeit nach dem Verfassungsschutzgesetz. Sie treffe keine Handlungspflicht. Im Gegenteil dürfe auch die Antragsgegnerin zu 3. nicht in die gesetzlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes eingreifen. Sie könne nicht durch Kabinettsbeschluss über Angelegenheiten des Verfassungsschutzes entscheiden.
V.
Der Landtag Brandenburg hat von dem Verfahren Kenntnis erhalten.
B.
Das Landesverfassungsgericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung, da das Gericht sie einstimmig für nicht erforderlich gehalten hat, § 22 Abs. 1 VerfGGBbg.
C.
Der Antrag im Organstreitverfahren (Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -) ist gemäß § 21 Satz 1 VerfGGBbg als unzulässig zu verwerfen.
Soweit sich die Antragstellerin gegen den Antragsgegner zu 1. und ihre Erwähnung in der Pressemitteilung 029/2020 wendet, ist der Antrag bereits verfristet (hierzu unter 3.). Im Übrigen liegt dem gegen den Antragsgegner zu 1. gerichteten Antrag kein spezifisches Verfassungsrechtsverhältnis zugrunde (hierzu unter 5.).
Soweit der Antrag gegen die Antragsgegner zu 2. und zu 3. gerichtet ist, fehlt es an der Bezeichnung konkreter Maßnahmen oder Unterlassungen im Sinne von § 36 Abs. 1 VerfGGBbg (hierzu unter 4.).
1. Die Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts für Organstreitverfahren folgt aus Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1 VerfGGBbg.
2. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind beteiligtenfähig.
Nach § 35 VerfGGBbg können Antragsteller und Antragsgegner nur die in § 12 Nr. 1 VerfGGBbg genannten Beteiligten sein.
a. Die Antragstellerin als im Land Brandenburg aktive Partei ist im Organstreitverfahren beteiligtenfähig.
Politische Parteien sind als andere Beteiligte im Sinne des Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1, § 35 VerfGGBbg im Organstreit beteiligtenfähig, da sie durch die Verfassung mit eigenen Rechten, insbesondere der Freiheit ihrer Mitwirkung an der demokratischen Willensbildung gemäß Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV, ausgestattet sind (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, Rn. 64ff., m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
b. Die von der Antragstellerin benannten Antragsgegner sind ebenfalls formal fähig, Beteiligte eines Organstreits zu sein.
Hinsichtlich des Antragsgegners zu 1. ergibt sich dies aus Art. 89 Satz 2 LV, wonach jeder Minister den ihm anvertrauten Geschäftsbereich innerhalb der Richtlinien der Regierungspolitik des Ministerpräsidenten selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag leitet.
Der Ministerpräsident (Antragsgegner zu 2.) und die Landesregierung (Antragsgegnerin zu 3.) sind in der Verfassung mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet (vgl. Art. 84, 89 Satz 1 LV für den Ministerpräsidenten, Art. 93, 94 S. 1 und 2 LV für die Landesregierung).
3. Soweit sich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 1. richtet und sich die Antragstellerin gegen in der Pressemitteilung 029/2020 vom 15. Juni 2020 enthaltene Äußerungen des Antragsgegners zu 1. zur Einstufung der Antragstellerin als Beobachtungsobjekt wendet, ist die Antragsfrist nicht gewahrt.
Nach § 36 Abs. 3 VerfGGBbg muss der Antrag im Organstreitverfahren binnen sechs Monaten, nachdem der Antragstellerin die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung bekannt geworden ist, gestellt werden. Fristauslösendes Ereignis ist mit Blick auf die Pressemitteilung 029/2020 der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15. Juni 2020. Die Antragsschrift der Antragstellerin ging am 26. Januar 2021 und damit deutlich mehr als sechs Monate nach diesem Zeitpunkt beim Landesverfassungsgericht ein.
Soweit die Antragstellerin die in ihrem Antrag genannten Verlautbarungen - die Pressemitteilung 029/2020, den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 und die Pressemitteilung hierzu (054/2020) - als einheitliche Maßnahme ansieht, folgt das Verfassungsgericht dem nicht. Ein hier bestehender thematischer Zusammenhang führt weder zu einer Vorgreiflichkeit der Pressemitteilung 029/2020 im Hinblick auf die mehrere Monate später erfolgte Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2019 noch zu einer sonstigen „Verklammerung“ zu einer Maßnahme im Sinne von § 36 VerfGGBbg.
4. Hinsichtlich des Antragsgegners zu 2. und der Antragsgegnerin zu 3. ist der Antrag schon deshalb unzulässig, weil die Antragstellerin keine im Organstreit rügefähige Maßnahme oder Unterlassung benennt. Gemäß § 36 Abs. 1 VerfGGBbg ist ein Antrag im Organstreitverfahren nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.
Dies setzt voraus, dass der jeweilige Antragsteller die Maßnahmen oder Unterlassungen des jeweiligen Antragsgegners, durch die er in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet sein will, konkret bezeichnet (vgl. Beschluss vom 21. September 2019 ‑ VfGBbg 58/18 -, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Die Bezeichnung der rechtserheblichen Maßnahmen oder Unterlassungen gehört zur Substantiierung der behaupteten Rechtsverletzungen (vgl. Beschluss vom 21. September 2019 ‑ VfGBbg 58/18 ‑, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichts, innerhalb von Handlungskomplexen oder Geschehensabläufen nach konkreten Maßnahmen oder Unterlassungen zu suchen, die verfassungsrechtliche Grenzen überschreiten könnten. Der Organstreit dient nicht dazu, die Verfassungsmäßigkeit des Handelns der Landesregierung oder eines sonstigen Antragsgegners allgemein, objektiv oder abstrakt zu überprüfen (vgl. Beschluss vom 21. September 2019 - VfGBbg 58/18 -, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
Weder im Antrag noch in der Begründungsschrift werden konkrete rechtserhebliche Maßnahmen oder Unterlassungen des Antragsgegners zu 2. oder der Antragsgegnerin zu 3. genannt. Der förmliche Antrag bezeichnet den Antragsgegner zu 2. und die Antragsgegnerin zu 3. lediglich als „mitverantwortlich“ für die geltend gemachten Rechtsverletzungen.
Zur Substantiierung genügt es mit Blick auf die Antragsgegner zu 2. und 3. nicht, dass die Antragstellerin pauschal in dem Sinne vorträgt, dass zu vermuten sei, dass Maßnahmen entweder stattgefunden haben müssten oder sie pflichtwidrig unterlassen worden seien, weil nach ihrer Auslegung der Geschäftsordnung der Landesregierung Brandenburg über die Maßnahmen des Antragstellers zu 1. mit dem Antragsgegner zu 2. und der Antragsgegnerin zu 3. hätte gesprochen werden müssen.
Die Antragstellerin wird aus der Geschäftsordnung der Landesregierung nicht selbst unmittelbar berechtigt oder verpflichtet. Es kann daher offenbleiben, ob hier Informationspflichten der Antragsgegner untereinander bestanden haben und die Regelungen der Geschäftsordnung der Landesregierung eingehalten wurden.
Soweit der Vortrag der Antragstellerin dahingehend zu verstehen sein sollte, dass sich die Antragsgegnerin zu 3. habe einschalten und Maßnahmen des Antragsgegners zu 1. habe verhindern müssen, ist dieser Vortrag unbeachtlich, da die Antragstellerin einen entsprechenden förmlichen, gegen eine Unterlassung der Antragsgegnerin zu 3. gerichteten Antrag im Organstreitverfahren nicht formuliert hat.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin zu 3. die Kompetenz und die Verpflichtung haben könnte, in gesetzliche Aufgabenbereiche, Zuständigkeiten und Befugnisse des Antragsgegners zu 1. einzugreifen, da dieser als Minister seinen Geschäftsbereich selbständig und in eigener Verantwortung leitet, Art. 89 Satz 2 LV, § 8 GO.
5. Soweit sich ihr Antrag gegen den Antragsgegner zu 1. richtet und der Antrag nicht bereits verfristet ist, fehlt es an der Antragsbefugnis der Antragstellerin.
Diese setzt voraus, dass die Antragstellerin schlüssig die Möglichkeit darlegt, dass sie und der Antragsgegner zu 1. in einem spezifisch verfassungsrechtlichen Rechtverhältnis zueinander stehen und die Antragstellerin durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners zu 1. in ihren ihr durch die Verfassung übertragenen Rechten bzw. Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet wird, wie aus § 36 Abs. 1 VerfGGBbg folgt.
Daran fehlt es hier. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass sie und der Antragsgegner zu 1. um Rechtspositionen aus einem zwischen ihnen bestehenden Verfassungsrechtsverhältnis streiten.
a) Das Verfassungsgericht entscheidet im Organstreitverfahren gemäß Art. 113 Nr. 1 LV über die Auslegung der Verfassung des Landes Brandenburg aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch diese Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Regierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind. In seiner Entscheidungsformel stellt das Verfassungsgericht fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine zu bezeichnende Bestimmung der Verfassung verstößt (§ 38 Abs. 1 VerfGGBbg). Beim Organstreit müssen Verfassungsorgane um Verfassungsrecht streiten, d. h. um Rechtspositionen, die ihnen gerade und unmittelbar durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Regierung verliehen worden sind, vgl. Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1 VerfGGBbg. Der Organstreit dient maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen (vgl. Urteil vom 22. Juli 2016 - VfGBbg 70/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 - 2 BvE 6/08, 2 BvR 2436/10 -, Rn. 160, www.bverfg.de). Es geht darum, ob das Handeln oder Unterlassen von Verfassungsorganen verfassungsrechtliche Rechtspositionen anderer Verfassungsorgane verletzt oder unmittelbar gefährdet (§ 36 Abs. 1 VerfGGBbg), mit anderen Worten, ob die Verfassungsorgane nach den „Spielregeln“ der Verfassung am Verfassungsleben teilnehmen. Dem kontradiktorischen Streit im Organstreitverfahren muss ein spezifisches Verfassungsrechtsverhältnis zugrunde liegen, die Antragsteller im Organstreitverfahren müssen gerade die Verletzung eines solchen Verfassungsrechtsverhältnisses geltend machen (vgl. Urteil vom 22. Juli 2016 ‑ VfGBbg 70/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
b) Dabei können Vorschriften des einfachen Rechts in mehr als nur deklaratorischer Weise in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis eine Rolle spielen. Das allein schließt den verfassungsrechtlichen Charakter nicht aus. Maßgeblich ist, wo der Schwerpunkt der konkreten Streitigkeit liegt. Wurzelt der Streit in einem verfassungsrechtlich geprägten Rechtsverhältnis, ist das Rechtsverhältnis verfassungsrechtlicher Art (vgl. Urteil vom 22. Juli 2016 - VfGBbg 70/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
In dem von der Antragstellerin hierzu angeführten Urteil vom 19. Juni 2012 ‑ 2 BvE 4/11 - stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass sich Unterrichtungsrechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung unabhängig von Unterrichtungsrechten aus einem Gesetz bereits unmittelbar aus der Verfassung, nämlich aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG, ergeben, und das Organstreitverfahren zulässig ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2012 - 2 BvE 4/11 -, Rn. 106 ff., www.bverfg.de), eine Verletzung einfachen Rechts im Organstreit indes nicht geltend gemacht werden kann, soweit dieses nicht unmittelbar aus der Verfassung selbst folgende Rechte und Pflichten widerspiegelt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2012 - 2 BvE 4/11 -, Rn. 80, www.bverfg.de). In dem ebenfalls durch die Antragstellerin angesprochenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u. a. - ging es im Wesentlichen um die Frage, ob durch eine Änderung des Abgeordnetengesetzes der Status des Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 48 Abs. 2 GG verletzt wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u. a. -, Rn. 1, www.bverfg.de). In beiden Fällen ging es somit um Rechte und Pflichten zwischen Verfassungsorganen unmittelbar aus einem Verfassungsrechtsverhältnis.
c. Das im Streit stehende Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu 1. ist aber dem verwaltungsrechtlichen Rechtskreis zuzuordnen. Es wird nicht durch die Verfassung oder die Geschäftsordnungen des Landtags oder der Landesregierung geregelt. Insbesondere wird der Umfang der gegenseitigen Rechte und Pflichten nicht unmittelbar und maßgeblich durch Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV bzw. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG bestimmt. Grundlegend maßgeblich für diese sind im konkreten Fall vielmehr die einfach-gesetzlichen Regelungen des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes, die den Antragsgegner zu 1. nicht als Verfassungsorgan, sondern als Amtsträger und Leiter der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG im Land Brandenburg zuständigen Verfassungsschutzbehörde aufgrund der Gesetzesbindung der Verwaltung (Art. 2 Abs. 5 Satz 2, 2. Fall LV und § 6 Abs. 1 BbgVerfSchG) zur Durchführung dieses Gesetzes verpflichten, das er selbständig und in eigener Verantwortung (Art. 89 Satz 2 LV) auslegt, anwendet und vollzieht. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG klärt die Verfassungsschutzbehörde die Öffentlichkeit durch zusammenfassende Berichte und andere Maßnahmen über Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Absatz 1 BbgVerfSchG auf, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen.
Dabei erschöpft sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsgegner zu 1. und der Antragstellerin bei Anwendung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes nicht in § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG und der Frage der Befugnis zur Veröffentlichung als Verdachtsfall im Verfassungsschutzbericht, im Vorwort zum Verfassungsschutzbericht, in der Pressefassung des Verfassungsschutzberichts, in begleitenden Presserklärungen, Erklärungen auf Pressekonferenzen, anderweitigen Stellungnahmen und in Veröffentlichungen auf der Homepage des Ministeriums. Denn das Gesetz gibt bei Vorliegen eines Verdachtsfalls weitere weitgehende Kompetenzen und Eingriffsermächtigungen. Dieses Gesetz, seine Zuständigkeiten, Aufgaben, Befugnisse und Eingriffsermächtigungsgrundlagen bestimmen die Rechtmäßigkeit des Handelns oder Unterlassens des Antragsgegners zu 1. als Leiter einer Verwaltungsbehörde im Rechtsverhältnis zur Antragstellerin. Dass in diesem verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnis auch die Ausstrahlungswirkung des Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV und des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zu beachten und inzident zu prüfen ist, ob das Gesetz Rechte politischer Parteien verfassungsmäßig einzuschränken vermag, macht das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis nicht zu einem verfassungsrechtlichen.
d. Da der Antragsgegner zu 1. als gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfSchG im Land Brandenburg zuständige Verfassungsschutzbehörde tätig wird und das Brandenburgische Verfassungsschutzgesetz vollzieht, liegt auch eine andere Sach- und Rechtslage vor als bei Äußerungen von Politikern als Regierungsmitglieder oder von Verfassungsorganen im politischen Raum, die sich gerade nicht auf gesetzliche Aufgaben- und Befugnisnormen stützen lassen. Der Organstreit erweist sich in den Fällen als zulässig, bei denen durch die Inanspruchnahme der Amtsautorität oder der mit dem Amt verbundenen Ressourcen die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb beeinflusst werden kann und die Grenzen zulässiger Teilnahme am politischen Meinungskampf überschritten werden können, ohne dass die Amtsträger zu den Äußerungen aufgrund gesetzlicher Aufgaben und gesetzlicher Grundlagen befugt oder verpflichtet sein könnten (vgl. zu Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit von Amtsträgern: BVerfG, Urteile vom 16. Dezember 2014 ‑ 2 BvE 2/14 ‑, 10. Juni 2014 ‑ 2 BvE 4/13 - , 9. Juni 2020 - 2 BvE 1/19 -, www.bverfg.de, und 2. März 1977 ‑ 2 BvE 1/76 -, juris, und Beschlüsse vom 7. November 2015 - 2 BvQ 39/15 - und 25. März 1981 - 2 BvE 1/79 -, juris; NdsStGH, Urteil vom 24. November 2020
‑ 6/19 -, juris; ThürVerfGH, Urteil vom 8. Juni 2016 - 25/15 -, juris).
Dem gegenüber handeln Regierung und Minister bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtspflichten und bei der Ausführung von Gesetzen nicht als Verfassungsorgane oder als Teile eines solchen, sondern als Verwaltungsbehörden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1991 - 2 BvE 3/91 -, BVerfGE 84, 290, 298, juris; BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986 ‑ 2 BvE 5/83 -, BVerfGE 73, 1, 31, juris; BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1969 ‑ 2 BvQ 2/69 -, BVerfGE 27, 152,157, juris). Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich insoweit nicht aus der Verfassung oder aus der Geschäftsordnung der Regierung, sondern aus den im Gesetz enthaltenen Bestimmungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986 - 2 BvE 5/83 -, BVerfGE 73, 1, 31, juris; BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1969 - 2 BvQ 2/69 -, BVerfGE 27, 152, 157, juris). Streitigkeiten über den Inhalt, die Auslegung und die Reichweite einfachgesetzlicher Ermächtigungsgrundlagen und die Rechtmäßigkeit ihrer Anwendung können nicht im Organstreit ausgetragen werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u. a. -, Rn. 194, www.bverfg.de; BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986 - 2 BvE 5/83 -, BVerfGE 73, 1, 31, juris). Vielmehr steht insoweit der Weg zu den Fachgerichten offen (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u. a. -, Rn. 194, www.bverfg.de).
Die Fachgerichte, hier die Verwaltungsgerichte, prüfen auch die Ausstrahlungswirkung des Art. 21 GG auf die Verfassungsschutzgesetze (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 19. Juni 2020 ‑ OVG 1 S 55/20 -, Rn. 13 ff. und ‑ OVG 1 S 56/20 - Rn. 13 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Februar 2021 ‑ 20 K 5100/19 -, Rn. 44 ff., juris; VG Berlin, Beschluss vom 22. Februar 2021 ‑ 1 L 127/21 -, Rn. 17 ff., juris; VG München, Urteil vom 17. Oktober 2014 ‑ M 22 K 13.2076 -, Rn. 21 und 23, juris). Hat der Gesetzgeber die Aufklärung über Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind, gegenüber der Öffentlichkeit besonders geregelt, muss sich das Informationshandeln des Staats an den Anforderungen der hierfür geschaffenen Befugnisnorm messen lassen (vgl. VGH München, Urteil vom 22. Oktober 2015 ‑ 10 B 15.1609 -, Rn. 23, juris; VG Köln, Beschluss vom 26. Februar 2019 ‑ 13 L 202/19 -, Rn. 83, juris; VG Berlin, Beschluss vom 22. Februar 2021 ‑ 1 L 127/21 -, Rn. 19, juris). Werden die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage überschritten, ergibt sich aus Art. 21 GG ein Abwehrrecht gegen die Maßnahmen. Dies gilt auch in dem Fall, dass gesetzliche Maßnahmen bewusst missbräuchlich eingesetzt werden sollten. Ein Anwendungsbereich für ein hinsichtlich des „überschießenden Teils“ dann wieder zulässig werdendes Organstreitverfahren erwächst hieraus nicht (a. A.: Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Okt. 2020, Art. 21 Rn. 576). Wird eine politische Partei in ihrem Recht auf Gleichbehandlung durch ein Verwaltungsorgan im funktionellen Sinne beeinträchtigt, ist letztlich nach Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs die Verfassungsbeschwerde gegeben (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VfGBbg 20/06 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
D.
Die Erstattung der notwendigen Auslagen der Antragstellerin war nicht anzuordnen.
Für eine Auslagenerstattung im Organstreitverfahren sind im Sinne des § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg angesichts der Kostenfreiheit des Verfahrens (§ 32 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg) und des fehlenden Anwaltszwangs nur ausnahmsweise in Betracht kommende und vom Obsiegen oder Unterliegen unabhängige besondere Billigkeitsgründe erforderlich (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, Rn. 191, m. w. N., und vom 16. November 2000 - VfGBbg 31/00 -, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Besondere Billigkeitsgründe liegen insbesondere vor, wenn das Verfahren zur Klärung einer grundsätzlichen, über den konkreten Anlass hinausgehenden verfassungsrechtlichen Frage beigetragen hat (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, Rn. 191, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1997 ‑ 2 BvH 1/95 -, m. w. N., BVerfGE 96, 66, 67, www.bverfg.de).
Das ist hier nicht der Fall. Andere besondere Gründe, die eine Auslagenerstattung ausnahmsweise geboten erscheinen lassen, liegen nicht vor.
E.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller |
Dresen |
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Dr. Finck |
Heinrich-Reichow |
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Müller |
Richter |
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Sokoll |
Dr. Strauß |