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VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2019 - VfGBbg 58/18 -

 

Verfahrensart: Organstreit
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 56 Abs. 3; LV, Art. 56 Abs. 3 Satz 4; LV, Art. 56 Abs. 4; LV, Art. 56 Abs. 4 Satz 1; LV, Art. 82; LV, Art. 113 Nr. 1
- VerfGGBbg, § 12 Nr. 1; VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 22 Abs. 1; VerfGGBbg, § 36 Abs.1; VerfGGBbg, § 36 Abs. 2; VerfGGBbg, § 36 Abs. 3
Schlagworte: - Organstreit unzulässig
- Akteneinsicht
- unverzüglich
- vollständig
- Abgeordneter
- Mitglied des Landtags
- Landesregierung
- Medikamentenskandal
- unzureichende Begründung
- Substantiierung
- Berücksichtigung der Rechtsprechung
- Konkretisierung
- Kompetenznorm
- Antragsfrist
- Ausschlussfrist
- wesentlicher Vortrag
- Anlagen
- Rechtsschutzinteresse
- Rechtsschutzbedürfnis
- Konfrontationsobliegenheit
- Vorprüfung
- Versagungsgründe
nichtamtlicher Leitsatz: 1. Vor der unverzüglichen und vollständigen Gewährung von Akteneinsicht an Abgeordnete des Landtags gemäß Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV ist die Landesregierung gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LV verpflichtet, entgegenstehende Belange zu prüfen und bei der Gewährung der Akteneinsicht zu berücksichtigen.
2. Zur Gewährung der Akteneinsicht ist nur die Landesregierung bestehend aus dem Ministerpräsidenten und den Landesministerien als Ganzes verpflichtet und berechtigt.
3. Das Rechtsschutzbedürfnis im Organstreitverfahren setzt voraus, dass der Antragsteller zuvor gegenüber der Landesregierung seiner Ansicht nach noch fehlende Akten bezeichnet und deren Vorlage verlangt hat (Konfrontationsobliegenheit).
4. Was die Begriffe „unverzüglich“ und „vollständig“ im Sinne des Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV bedeuten, lässt sich nicht abstrakt beantworten.
5. Im Organstreitverfahren muss die Begründung des Antrags insbesondere auch konkret darlegen, inwieweit die Vorlage von Akten unter Berücksichtigung der vorrangigen Prüfungspflicht der Landesregierung aus Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LV nicht unverzüglich und nicht vollständig gewesen sein soll.
6. Innerhalb der sechsmonatigen Antragsfrist gemäß § 36 Abs. 3 VerfGGBbg ist die Begründung des Antrags im Organstreitverfahren vollständig darzulegen (Ausschlussfrist).
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2019 - VfGBbg 58/18 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 58/18




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Organstreitverfahren

  1. Dr. Rainer van Raemdonck,
    Mitglied des Landtages,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,

    2. Birgit Bessin,
        Mitglied des Landtages,
        Alter Markt 1,
        14467 Potsdam,

 

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigte:               Rechtsanwältin P.,

 

gegen

Regierung des Landes Brandenburg,
vertreten durch den Minister der Justiz
und für Europa und Verbraucherschutz,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,

 

 

beteiligt:

Landtag Brandenburg,
vertreten durch die Präsidentin
des Landtages Brandenburg,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

 

wegen            Akteneinsicht

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 21. September 2019

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dresen, Dr. Finck, Heinrich-Reichow, Kirbach, Dr. Lammer, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

Der Antrag wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Die Antragsteller, Mitglieder des Landtages in der 6. Wahlperiode, begehren die Feststellung, dass ihr Recht auf unverzügliche und vollständige Aktenvorlage verletzt sei.

I.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2018 begehrten der Antragsteller zu 1. und mit Schreiben vom 26. Juli 2018 die Antragstellerin zu 2. die „sofortige Akteneinsicht in sämtliche Unterlagen zum aktuellen Medikamentenskandal“, insbesondere in Unterlagen der Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen, in sämtliche Unterlagen aus dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) zum Amtshilfeersuchen von der griechischen Regierung und in sämtliche Unterlagen aus dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (MASGF) zu diesem Fall.

Mit E-Mail vom 26. Juli 2018 begehrte der Antragsteller zu 1. Einsicht in Dienstanweisungen beziehungsweise Geschäftsordnungen, gegen die die beschuldigten Beschäftigten des LAVG und des Referates 42 des MASGF angeblich verstoßen haben sollten.

Nach einer ersten Nachricht des Chefs der Staatskanzlei vom 24. Juli 2018 teilte das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz (MdJEV) mit Schreiben vom 27. Juli 2018 mit, dass es der Antragsgegnerin zunächst nach Art. 56 Abs. 4 Landesverfassung (LV) obliege zu prüfen, ob und inwieweit der Einsichtsgewährung überwiegende öffentliche oder private Interessen an der Geheimhaltung der Akten entgegenstehen könnten. Das Verfahren richte sich nach § 19 Abs. 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Brandenburg (GGO) in Verbindung mit deren Anlage 7. Es werde um Verständnis gebeten, dass diese Prüfung noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde, wenngleich sie in Ansehung der Bedeutung des Sachverhalts mit besonderer Beschleunigung erfolge.

Mit Schreiben vom 1. August 2018 teilte das MASGF dem Antragsteller zu 1. auf die E-Mail vom 26. Juli 2018 mit, dass er Nachricht erhalte, sobald das für die Landesregierung vorgegebene Verfahren nach den Bestimmungen der Anlage 7 zu § 19 Abs. 1 GGO abgeschlossen sei. Die Einsicht in Dienstanweisungen beziehungsweise Geschäftsordnungen werde bei der Durchführung der Akteneinsicht berücksichtigt.

Entsprechend informierte der Chef der Staatskanzlei den Antragsteller mit Schreiben vom 2. August 2018, dass er von den jeweils zuständigen Ministerien unterrichtet werde, wenn die Überprüfung der Akten nach Art. 56 LV in Verbindung mit Anlage 7 zu § 19 GGO abgeschlossen sei.

Mit Schreiben vom 1. August 2018 rügten die Antragsteller, immer noch keinen Termin zur Akteneinsicht erhalten zu haben. Nach Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV hätten die Vorlage der Akten und die Einsichtnahme unverzüglich zu erfolgen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern. Die Antragsteller bäten um einen Termin zur Akteneinsicht am 2., spätestens aber am 3. August 2018.

Mit Schreiben des MdJEV vom 13. August 2018 wurde den Antragstellern Akteneinsicht in die Unterlagen seines Geschäftsbereichs mit Ausnahme der Akten des bei der Staatsanwaltschaft Potsdam geführten Ermittlungsverfahrens und eines Rechtshilfeersuchens gewährt. Die Antragsteller nahmen am 14. August 2018 Einsicht in diese Akten.

Das MASGF teilte den Antragstellern jeweils mit Schreiben vom 21. August 2018 mit, dass die Unterlagen einschließlich der erbetenen Dienstanweisungen und Geschäftsordnungen zur Gänze bereit lägen. Das umfasse neben Unterlagen zur Ausübung der Arzneimittelaufsicht und Verwaltungsvorgängen zum konkret betroffenen Unternehmen auch nicht von den Antragstellern genannte Akten zu einem weiteren Unternehmen. Nicht gewährt werden könne allerdings die Akteneinsicht in Kopien von Vorgängen und Akten der Staatsanwaltschaft Potsdam, die ein Ermittlungsverfahren oder einen Rechtshilfevorgang beträfen. 

Die Antragsteller nahmen am 22. und 23. August 2018 Einsicht in die zur Verfügung gestellten Akten des MASGF und seines Geschäftsbereichs.

Mit E-Mail vom 23. August 2018 an die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie rügte der Antragsteller zu 1. auch im Namen der Antragstellerin zu 2., dass die Protokolle aus der Referatsleiterrunde im MASGF, die immer dienstags stattfinde, gefehlt hätten. Die Protokolle seien, soweit sie sich mit dem Thema Medikamentenskandal beschäftigten, innerhalb von 24 Stunden vorzulegen.

Mit Schreiben vom 23. August 2018 teilte das MASGF mit, dass mit dieser E-Mail der Akteneinsichtsantrag erweitert worden sei und erneut ein Verfahren innerhalb der Landesregierung gemäß § 19 Abs. 1 GGO durchgeführt werden müsse. Eine Akteneinsicht sei daher nicht in dem gewünschten Zeitraum von 24 Stunden möglich.

In der 36. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie am 28. August 2018 räumte die Staatssekretärin des MASGF ein, dass die Aktenführung im Geschäftsbereich nicht der GGO entsprochen habe.

Das MASGF teilte den Antragstellern mit Schreiben vom 5. September 2018 mit, dass die Einsichtnahme in die Protokolle der wöchentlichen Besprechung des Abteilungsleiters mit den Referatsleitungen der Abteilung Gesundheit im Zeitraum Dezember 2016 bis einschließlich 17. Juli 2018, in denen das für Apotheken und Arzneimittel zuständige Referat 42 zu Fällen der Arzneimittelüberwachung berichtet habe, nunmehr möglich sei. Die übrigen Protokolle, die nicht zur Einsichtnahme bereit lägen, enthielten keine Informationen zu Fällen der Arzneimittelüberwachung. Informationen zu anderen Sachverhaltskomplexen beziehungsweise Berichte aus den nicht für Arzneimittelaufsicht zuständigen Referaten, die ausweislich der E-Mail vom 23. August 2018 nicht vom Akteneinsichtsbegehren umfasst seien, seien geschwärzt worden.

Mit weiterem Schreiben vom 5. September 2018 teilte das MASGF den Antragstellern mit, dass noch acht weitere Aktenordner des LAVG zur Akteneinsicht bereit stünden. Es handele sich dabei um Unterlagen zur betroffenen Firma aus dem Zeitraum vor 2015, insbesondere zur Herstellungs- und Großhandelserlaubnis, zur Beantragung einer Exporterlaubnis und zu Inspektionen des LAVG. Von Schwärzungen in den Akten sei abgesehen worden.

Der Antragsteller zu 1. nahm am 14. September 2018 Einsicht in diese weiteren Akten und die Protokolle.

II.

Die Antragsteller haben am 2. November 2018 ein Organstreitverfahren anhängig gemacht.

1. a) Sie tragen zunächst vor, obwohl sie mit Schreiben vom 21. und 26. Juli 2018 unverzügliche und vollständige Akteneinsicht verlangt hätten, seien die Akten immer noch nicht vollständig vorgelegt worden.

Bei der Akteneinsicht am 23. August 2018 hätten die Antragsteller festgestellt, dass die vorgelegten Akten nicht vollständig gewesen seien. Dies hätten sie mit der E-Mail vom 23. August 2018 gerügt. Die daraufhin mit Schreiben vom 5. September 2018 bewilligte Akteneinsicht sei immer noch nicht vollständig. Bei der Einsichtnahme am 14. September 2018 habe der Antragsteller zu 1. nämlich festgestellt, dass die Protokolle der Abteilungsleiterbesprechungen zwischen April und August 2017 gefehlt hätten. Dies habe er nicht gegenüber der Antragsgegnerin rügen müssen.

In der Sondersitzung des zuständigen Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie am 28. August 2018 sei die Unvollständigkeit der Akten zudem eingeräumt worden.

b) Die Antragsteller tragen in rechtlicher Hinsicht vor, dass ihr Recht auf unverzügliche und vollständige Vorlage der Akten aus Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV verletzt sei. Von einer unverzüglichen Akteneinsichtsgewährung ohne schuldhaftes Zögern, d. h. innerhalb von zwei Wochen, könne nicht mehr die Rede sein. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine verfassungsrechtliche Klärung liege vor, da die Antragsteller die Antragsgegnerin mehrmals erfolglos unter Fristsetzung zur Vorlage der vollständigen Akten aufgefordert hätten. Es sei nicht zutreffend, dass sie ihren Akteneinsichtsantrag mit weiteren Schreiben oder E-Mails erweitert hätten. Es gebe keinen Grund für die Verzögerungstaktik der Antragsgegnerin. Mangels durchgehender Nummerierung und ordnungsgemäßer Aktenführung könne nicht einmal eine Feststellung getroffen werden, welche Aktenteile noch fehlten. Die Antragsteller seien an der Ausübung ihrer Informations- und Kontrollrechte gehindert. Die die Akteneinsicht verzögernde Prüfung nach der GGO sei verfassungswidrig. Die GGO könne nicht Vorschriften der Landesverfassung unterlaufen. Die Antragsgegnerin habe durch geeignete organisatorische Maßnahmen die Unverzüglichkeit der Akteneinsicht zu gewährleisten. Es sei auch möglich gewesen, die Akten als Verschlusssache offenzulegen.

c) Mit am 3. April 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz machen die Antragsteller zudem geltend, dass die Akteneinsicht vor der ersten Sondersitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie am 25. Juli 2018 zumindest teilweise und vor der zweiten Sondersitzung am 16. August 2018 hätte vollständig gewährt werden müssen. Die Antragsteller hätten daher nicht die Situation in den genannten Sondersitzungen so schnell wie möglich aufklären können. Die Akten seien nicht ordentlich sortiert und zum großen Teil geschwärzt gewesen oder hätten gefehlt. Die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie habe auch alleine Akteneinsicht gewähren können, ohne nach der GGO eine Abstimmung in der Landesregierung herbeizuführen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 14. August 2019 tragen die Antragsteller vor, dass der verfassungsrechtliche Konflikt mehr als deutlich erkennbar gewesen sei, bevor das gerichtliche Verfahren eingeleitet worden sei. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der Antragssteller vom 1. August 2018 (Anlage K 4), der E-Mail vom 23. August 2018 (Anlage K 7) sowie dem Schriftsatz vom 23. August 2018 im einstweiligen Anordnungsverfahren (Anlage K 9, gemeint ist K 10) sowie weiterer Korrespondenz. Sämtliche den Medikamentenskandal betreffenden Akten seien angefordert und erkennbar fehlende Teile gerügt worden. Nach dem 14. September 2018 sei die Rüge der Unvollständigkeit weiterhin aufrechterhalten worden. So sei zu diesem Zeitpunkt auch das Widerspruchsverfahren im einstweiligen Anordnungsverfahren noch rechtshängig gewesen und danach auch das vorliegende Organstreitverfahren. Zwischenzeitlich habe die Staatssekretärin die Unvollständigkeit der Akten in der Ausschusssitzung am 28. August 2018 eingestanden. Eine „schlechte und nicht akzeptable Aktenführung“ mit der fehlenden Seitennummerierung, fehlenden Protokollen und E-Mail-Verkehr in bestimmten Zeitabschnitten bestätige nur die Unvollständigkeit der den Antragstellern vorgelegten Akten. Es habe beispielsweise in einem Band 1 die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem 21. Juni 2013 und dem 8. Dezember 2016 gefehlt. Es fehlten weiterhin Protokolle aus der Referatsleiterrunde im MASGF und weitere wesentliche Unterlagen. Der Vorwand der Antragsgegnerin, es sei zu spät gerügt worden, dass die Akten geschwärzt worden seien, greife nicht. Denn die Akten hätten ungeschwärzt vorgelegt werden müssen.

Die Antragsteller beantragen

festzustellen, dass die Antragsgegnerin durch die nicht unverzügliche und nicht vollständige Vorlage der durch die Antragsteller begehrten Akten zwecks Akteneinsicht gegen die Ausübung des freien Mandats der Abgeordneten im Sinne des Art. 56 Absatz 3 der Verfassung des Landes Brandenburg verstoßen hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

            den Antrag zurückzuweisen.

2. Der Antrag sei teils unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

a) Der Antrag sei teilweise unzulässig, da die Antragsteller die rechtserhebliche Maßnahme oder das Unterlassen sowie die angeblich fehlenden Unterlagen nicht genau bezeichnet hätten. Die Antragstellerin zu 2. könne die Unvollständigkeit der Akten schon deshalb nicht rügen, weil sie am 14. September 2018 nicht Einsicht genommen habe.

Dem Antragsteller zu 1. fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Er habe im Anschluss an die Akteneinsicht am 14. September 2018 rügen müssen, welche Unterlagen nach seiner Ansicht noch fehlten. Der Antragsteller zu 1. habe bei der Akteneinsicht am 14. September 2018 mündlich moniert, dass nicht durchgehend alle Protokolle zur Einsicht vorlägen. Unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 5. September 2018 sei ihm sogleich erläutert worden, dass die übrigen Protokolle keine vom Einsichtsverlangen umfassten Informationen enthielten. Der Antragsteller zu 1. habe daraufhin nicht mehr beanstandet, dass weitere Unterlagen fehlen würden.

b) Der Antrag sei jedenfalls unbegründet.

aa) Was „unverzügliche“ Akteneinsicht bedeute, könne nicht abgelöst vom Einzelfall beantwortet werden. Das Verfahren nach der GGO diene dazu, die Gewährung der Akteneinsicht durch die Landesregierung als Ganzes zu garantieren, wie es die Verfassung vorsehe, und nicht durch einzelne Mitglieder. Einzelne Mitglieder der Landesregierung hätten gemäß Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV nicht die Kompetenz, Informationsverlangen der Abgeordneten nach Art. 56 Abs. 3 LV zu bescheiden. Das Verfahren nach der GGO diene auch dazu, die Informationen vollständig zu ermitteln und auch im nachgeordneten Bereich abzufragen und die Versagungsgründe gemäß Art. 56 Abs. 4 LV zu prüfen. Es seien insgesamt 23 Aktenordner aus dem LAVG und zwei Aktenbände aus dem MASGF, die personenbezogene Daten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten, geprüft worden. Es habe eine aufwändige Prüfung sehr umfangreicher und besonders komplexer Akteninhalte hinsichtlich zwingend entgegenstehender Interessen im Sinne des Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LV stattfinden müssen. Eine zusätzliche zeitliche Verzögerung habe sich dadurch ergeben, dass das Akteneinsichtsbegehren auch Aktenbestandteile umfasst habe, die ein laufendes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren und ein Rechtshilfeverfahren betroffen hätten. Unter Beteiligung der diese Verfahren führenden Staatsanwaltschaften sei zunächst darüber zu befinden gewesen, ob die Sicherung der strafrechtlichen Ermittlungszwecke der Gewährung der Akteneinsicht nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LV entgegengestanden habe. Für die Entscheidung über die Vorlage der im MASGF beziehungsweise im LAVG geführten Akten seien die Bewertungen und Entscheidungen des MdJEV vorgreiflich gewesen. Angesichts der erforderlichen Entscheidungsprozesse und des Umfangs habe sich die Bearbeitungsdauer trotz prioritärer Bearbeitung nicht weiter reduzieren lassen und sei die Akteneinsicht unverzüglich erfolgt. Die leider übersehenen Akten des LAVG seien innerhalb von zehn Tagen geprüft worden.

bb) Die Akten seien auch vollständig vorgelegt worden. Soweit die Antragsteller lediglich ausdrücklich in der Beschwerdeschrift rügten, dass Protokolle von den Abteilungsleiterbesprechungen zwischen April und August 2017 fehlten, und hiermit gemäß der E-Mail der Antragsteller vom 23. August 2018 die Protokolle über die Besprechungen des Abteilungsleiters mit den Referatsleitungen der Abteilung Gesundheit im MASGF gemeint seien, müssten sich die Antragsteller entgegen halten lassen, dass die Protokolle von April bis Juli 2017 vom Akteneinsichtsbegehren nicht umfasst seien. Die Protokolle aus jenem Zeitraum enthielten keine Informationen des für Apotheken und Arzneimittel zuständigen Referats 42 zu Fällen der Arzneimittelüberwachung. Sämtliche Protokolle, die Informationen zu dieser Thematik beinhalteten, seien den Antragstellern zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt worden, nämlich die Protokolle der Referatsleiterbesprechungen vom 8., 15. und 22. August 2017 und vom 10. und 17. Juli 2018. Im Übrigen gebe es im MASGF über die Besprechungen der Abteilungsleiter mit der Hausleitung keine Protokolle. Es habe ein Konsens darüber bestanden, dass die Einsicht in handschriftliche Aufzeichnungen des Präsidenten des LAVG über Abteilungsleiterbesprechungen im LAVG, die nicht Bestandteil der angelegten Verwaltungsvorgänge gewesen seien und die in der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie am 25. Juli 2018 bekannt geworden seien, habe gesondert beantragt werden müssen, was andere Abgeordnete getan hätten, die Antragsteller indes nicht.

Allein aus einer zum Teil fehlenden Paginierung könne nicht auf die Unvollständigkeit der Akten geschlossen werden. Die Vorgänge seien so, wie sie gewesen seien, zur Einsichtnahme vorgelegt worden. Ausweislich des Protokolls der Sondersitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie am 28. Juli 2018 habe die Staatssekretärin des MASGF zwar eine „schlechte“ und „nicht akzeptable Aktenführung“ eingeräumt. Damit seien jedoch nicht zugleich die Unvollständigkeit der Akten oder ein Verstoß gegen Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV zugestanden.

c) Die Rüge, die Akten seien teilweise geschwärzt worden, sei erstmalig mit Schriftsatz vom 2. April 2019 und damit verspätet erhoben worden. Zudem seien Schwärzungen lediglich in den fünf zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellten Protokollen der wöchentlichen Besprechung des Abteilungsleiters mit den Referatsleitungen der Abteilung Gesundheit im MASGF vorgenommen worden. Die geschwärzten Textstellen hätten Informationen zu Sachverhaltskomplexen beziehungsweise Berichte aus den nicht für die Arzneimittelaufsicht zuständigen Referaten, auf die sich das Akteneinsichtsbegehren ausdrücklich nicht bezogen habe, betroffen.

III.

Der Landtag hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

B.

Der Antrag im Organstreitverfahren (Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -) ist gemäß § 21 Satz 1 VerfGGBbg als unzulässig zu verwerfen. Der Antrag genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung (§ 20 Abs. 1 Satz 2, § 36 Abs. 1 VerfGGBbg).

1. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg sind Anträge, die das Verfahren einleiten, zu begründen. Als allgemeine Verfahrensvorschrift beansprucht die Norm auch im Organstreitverfahren Geltung (vgl. Urteile vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 - und vom 22. Juli 2016 - VfGBbg 70/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; zum Bundesrecht: BVerfG, Urteil vom 17. Oktober 1968 - 2 BvE 2/67 -, BVerfGE 24, 252, 258). Der Antrag im Organstreitverfahren ist gemäß § 36 Abs. 1 VerfGGBbg nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist, und er die Bestimmung der Verfassung bezeichnet, gegen die durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners verstoßen wird, § 36 Abs. 2 VerfGGBbg. Über die bloße Bezeichnung der Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus ist auch im Organstreitverfahren eine nähere Substantiierung der Begründung der behaupteten Rechtsverletzung erforderlich (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Oktober 1968 - 2 BvE 2/67 -, BVerfGE 24, 252, 258). Gefordert ist dabei eine Begründung, welche die mögliche Verletzung der Rechte der Antragsteller aufzeigt und die dem Antragsgegner zugeordnete rechtserhebliche Maßnahme benennt. Mit der Begründung müssen neben einem substantiierten Vortrag des entscheidungserheblichen Sachverhalts die wesentlichen rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen (vgl. Urteile vom 22. Juli 2016 - VfGBbg 70/15 - und vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, Urteil vom 17. Oktober 1968 - 2 BvE 2/67 -, BVerfGE 24, 252, 258 f.). Dazu muss der Vortrag des Antragstellers die Verletzung der geltend gemachten verfassungsmäßigen Rechte schlüssig darlegen und als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 - 2 BvR 2436/10, 2 BvE 6/08 -, BVerfGE 134, 141, 195, Rn. 161, m. w. N.). Die Auseinandersetzung mit den von dem Organstreitverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen ist erforderlich (vgl. Urteile vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 - und vom 22. Juli 2016 - VfGBbg 70/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

2. Diesen Anforderungen an die Begründung wird die Antragsschrift nicht gerecht.

a) Die Antragsteller haben ihr Begehren schon nicht hinreichend konkret dargelegt.

Antrag und Begründung lassen es bereits an der Bezeichnung der konkreten Maßnahme oder Unterlassung fehlen, die das Recht der Antragsteller auf Akteneinsicht verletzen soll. Die Antragsteller machen nicht geltend, dass sich die Antragsgegnerin geweigert habe, Akten vorzulegen. Soweit ihnen auf Anforderung mehrfach Akten vorgelegt worden sind, wären diese Maßnahmen jeweils auf ihre Unverzüglichkeit und Vollständigkeit zu überprüfen.

Der Streitgegenstand des Organstreitverfahrens ist daher von den Antragstellern gemäß § 36 Abs. 1 VerfGGBbg durch die Bezeichnung der konkreten Maßnahmen oder Unterlassungen der Antragsgegnerin einzugrenzen (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2004 - VfGBbg 6/04 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; Urteil vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Denn der Organstreit dient nicht dazu, die Verfassungsmäßigkeit des Handelns der Landesregierung allgemein, objektiv oder abstrakt zu überprüfen (vgl. Urteil vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichts, innerhalb von Handlungskomplexen oder Geschehensabläufen danach zu suchen, wo und ab wann verfassungsrechtliche Grenzen überschritten worden sein könnten.

b) Zudem müsste die Antragsschrift zu jeder gerügten Maßnahme rechtliche Erwägungen enthalten, die die Verletzung der jeweils geltend gemachten organschaftlichen Kompetenznorm nachvollziehbar darlegen und sich mit den aufgeworfenen Rechtsfragen auseinandersetzen. Dies ist hier nicht hinreichend der Fall.

aa) Die Begründung des Antrags enthält zwar rechtliche Erwägungen zur GGO, - diese könne das verfassungsmäßige Recht der Beschwerdeführer nicht einschränken -, lässt aber außer Acht, dass die Antragsgegnerin gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LV verpflichtet ist, vorrangig vor der Gewährung der Akteneinsicht die der Akteneinsicht entgegenstehenden Belange zu prüfen und bei der Gewährung der Akteneinsicht zu berücksichtigen (vgl. Urteile vom 9. Dezember 2004 - VfGBbg 6/04 - und vom 7. März 1996 - VfGBbg 3/96 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; Beschluss vom 13. August 2018 - VfGBbg 3/18 EA -, https://verfassungsgericht.bran-denburg.de). Diese verfassungsrechtlich vorgegebene Pflicht zur Überprüfung des Inhalts der Akten und ihre Ausformung durch die GGO, die naturgemäß Auswirkungen auf den in Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV enthaltenen Begriff der Unverzüglichkeit hat, wird in der Begründung nicht thematisiert.

bb) Soweit in den Schriftsätzen vom 2. April 2019 und 14. August 2019 die Auffassung vertreten wird, die Ministerin habe alleine Akteneinsicht gewähren dürfen, setzen sich die Antragsteller nicht damit auseinander, dass zur Gewährung der Akteneinsicht gemäß Art. 56 Abs. 3 LV ausdrücklich nur die Landesregierung verpflichtet und berechtigt ist, nicht hingegen einzelne Mitglieder (vgl. Urteil vom 21. Juli 2017 - VfGBbg 21/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m.w.N.). Die Landesregierung besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Landesministerien (Art. 82 LV) und hat mit der GGO ein Verfahren der Abstimmung zwischen dem betreffenden aktenführenden Ressort und dem Justiz- sowie dem Innenministerium und bei Ablehnung auch der Staatskanzlei vorgesehen.

cc) Die Begründung des Antrags berücksichtigt auch nicht, dass es keinen unbedingten Anspruch gibt, vor einer bestimmten Ausschusssitzung Akteneinsicht zu erhalten (vgl. Beschluss vom 13. August 2018 - VfGBbg 3/18 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Denn es lässt sich nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts nicht mit einem absoluten Zeitraum beantworten, was der Begriff „unverzüglich“, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, im Sinne des Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV bedeutet (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1997 - VfGBbg 16/97 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Auch der Begriff der Vollständigkeit im Sinne des Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV ist ein wertender Begriff (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1997 - VfGBbg 16/97 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Vor diesem Hintergrund setzen sich die Antragsteller in ihrer Antragsbegründung nicht substantiiert damit auseinander, ob der Zeitraum der Prüfung im Verhältnis zu Umfang und Inhalt der Akten sowie zum Abstimmungsbedarf bei der Antragsgegnerin unangemessen gewesen sei. Aussagen hierzu wären ihnen aufgrund der stattgehabten Akteneinsicht möglich gewesen.

c) Auch sonst zeigt das Vorbringen der Antragsteller keine Verletzung des Rechts auf unverzügliche und vollständige Akteneinsicht aus Art. 56 Abs. 3 Satz 4 LV auf.

aa) Der Vortrag der Antragsteller trägt die Rüge der nicht unverzüglichen Gewährung der Akteneinsicht nicht.

aaa) Soweit die Antragsteller geltend machen, die Vorlage der Akten aufgrund des Schreibens des MASGF vom 21. August 2018 sei nicht unverzüglich gewesen, hätte die Begründung sich vor dem Hintergrund des schon aus dem genannten Schreiben ergebenden Umstands, dass die Prüfung durch das MdJEV als vorgreiflich angesehen und deshalb abgewartet worden sei, konkret damit auseinandersetzen müssen, warum die anschließende einwöchige Prüfung im MASGF nicht unverzüglich gewesen sein solle. Weder ist dem Vorbringen der Antragsteller zu entnehmen, dass die Prüfung des MdJEV etwa nicht vorgreiflich gewesen sein könnte - die dort vorgenommene Sperrung einzelner Aktenteile stellen die Antragsteller nicht in Frage - noch verhalten sie sich zu den zeitlichen Abläufen. Erst nach der Entscheidung des MdJEV über das Akteneinsichtsbegehren seinen Geschäftsbereich betreffend konnten die Akten des MASGF und des LAVG auf diejenigen Aktenbestandteile hin überprüft - und entsprechend aufbereitet - werden, die die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren betrafen und in die zur Sicherung der strafrechtlichen Ermittlungszwecke einschließlich des Rechtshilfeersuchens nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LV keine Akteneinsicht gewährt werden sollte. Eine inhaltliche Auseinandersetzung damit, warum die vom MASGF benötigte Zeit der Überprüfung angesichts des Umfangs der Akten und der hinsichtlich des Schutzes der Ermittlungszwecke erforderlichen Sorgfalt nicht unverzüglich gewesen sein solle, enthält die Begründung nicht.

bbb) Die Antragsteller legen in der Begründung auch nicht dar, dass und inwieweit die Vorlage der mit E-Mail vom 23. August 2018 nachgeforderten Protokolle der Besprechungen des Abteilungsleiters mit den Referatsleitungen in der Abteilung 42 Gesundheit im MASGF und der übersehenen weiteren Akten des LAVG jeweils mit Schreiben vom 5. September 2018 nicht unverzüglich gewesen sein solle. Ausgehend vom Zeitpunkt der Rüge und vom Auffinden der weiteren Akten sowie unter Berücksichtigung der erforderlichen Überprüfung gemäß Art. 56 Abs. 4 LV hätten die Antragsteller sich in der Begründung damit auseinandersetzen müssen.

bb) Der Vortrag der Antragsteller trägt die Rüge der nicht vollständigen Gewährung der Akteneinsicht nicht.

aaa) Soweit die Antragsteller mit Schriftsatz vom 2. April 2019 erstmalig rügen, dass die Akten zum großen Teil geschwärzt gewesen seien, liegt dieser Vortrag außerhalb der Antragsfrist. Gemäß § 36 Abs. 3 VerfGGBbg muss der Antrag im Organstreitverfahren binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden. Diese Frist ist eine gesetzliche Ausschlussfrist (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Oktober 1968 - 2 BvE 2/67 -, BVerfGE 24, 252, 257). Sie gilt auch für die wesentliche Begründung des Antrags (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Oktober 1968 - 2 BvE 2/67 -, BVerfGE 24, 252, 259). Eine nach Fristablauf eingehende Begründung kann daher nur Berücksichtigung finden, soweit sie sich als Ergänzung oder Vertiefung zu einem Vortrag darstellt, der seinerseits den Anforderungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg entspricht (st. Rspr., vgl. zuletzt Beschluss vom 10. Mai 2019 - VfGBbg 41/18 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Das ist hier nicht der Fall. Dass Akten zum großen Teil geschwärzt gewesen seien, ist nicht innerhalb der spätestens ab dem 14. September 2018, dem Tag der letztmaligen Akteneinsicht, laufenden Antragsfrist, d. h. bis zum 14. März 2019 im Organstreitverfahren gerügt worden.

bbb) Soweit aus der Anlage K 10 (Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller an das Verfassungsgericht vom 23. August 2018 im Verfahren VfGBbg 3/18 EA), einem nur von Seiten der Antragsgegnerin vorgelegten Schreiben der Antragsteller vom 24. August 2018 und der inhaltlichen Wiederholung des Schreibens vom 23. August 2018 im Verfahren VfGBbg 3/18 EA im Schriftsatz vom 2. April 2019 sowie im Schriftsatz vom 14. August 2019 hervorgeht, dass die Antragsteller nach der Akteneinsicht am 22. und 23. August 2018 rügten, Teile der Akten hätten gefehlt, insbesondere eine E-Mail-Korrespondenz zwischen dem 21. Juni 2013 und dem 8. Dezember 2016, genügt dies unabhängig von der Frage der Ausschlussfrist nicht dem Begründungserfordernis. Die Antragsteller führen in der Antragsschrift ausdrücklich aus, dass nach der Rüge mit E-Mail vom 23. August 2018 bei der Akteneinsicht am 14. September 2018 noch die Protokolle zwischen April und August 2017 gefehlt hätten. Mit der E-Mail vom 23. August 2018 war ausschließlich das Fehlen der Protokolle aus der Referatsleiterrunde im MASGF gerügt worden. Eine wörtliche Inbezugnahme von sonstigen fehlenden Aktenteilen oder fehlender E-Mail-Korrespondenz erfolgt in der Antragsschrift nicht, wäre aber nach der Anforderung an die schriftliche Begründung, nämlich den entscheidungserheblichen Sachverhalt substantiiert vorzutragen, als wesentlicher Vortrag erforderlich gewesen. Anlagen als Beweismittel, hier zudem ein nicht unmittelbar an die Antragsgegnerin gerichtetes Schreiben, unterstützen den Vortrag lediglich und sollen seinen Beweis ermöglichen, ersetzen ihn aber nicht, zumal Anlagen auch Inhalte enthalten können, auf die der Antragsteller gerade nicht abstellt.

Der Vortrag im Schriftsatz vom 2. April 2019, dass trotz der weiteren stattgehabten Akteneinsicht am 14. September 2018 immer noch andere Aktenteile als die Protokolle zwischen April und August 2017 fehlen sollen, ist als wesentlicher, aber erstmals mit Schriftsatz vom 2. April 2019 gehaltener Vortrag gemäß § 36 Abs. 3 VerfGGBbg verspätet und damit ausgeschlossen.

ccc) Soweit die Antragsteller vortragen, die Akten seien teilweise nicht durchgehend nummeriert und auch nicht ordentlich sortiert gewesen, ergibt sich daraus nicht deren Unvollständigkeit. Aus der Aussage der Staatssekretärin des MASGF in der Sondersitzung des zuständigen Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie am 28. August 2018 können die Antragsteller nichts herleiten. Diese hat entgegen der Behauptung der Antragsteller gerade nicht die Unvollständigkeit der Akten eingeräumt. Ausweislich des von den Antragstellern vorgelegten Auszugs aus dem Entwurf des Protokolls der 36. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie am 28. August 2018 hat sie lediglich erklärt, dass die Aktenführung nicht der GGO entsprochen habe und nicht akzeptabel gewesen sei. Mit der Äußerung, dass ein Ausdruck von E-Mails keine Akte sei, selbst wenn sie nummeriert seien, ist weder ein Fehlen von E-Mails noch eine fehlende Paginierung eingeräumt worden. Thema der Sitzung war allerdings, dass es im LAVG nur (handschriftliche) Mitschriften der Abteilungsleitungssitzungen gegeben habe und keine förmlichen Protokolle. Die Antragssteller haben jedoch nur das Fehlen der Protokolle aus der Referatsleiterrunde im MASGF gerügt.

ddd) Die Antragsteller legen in der Begründung nicht nachvollziehbar dar, warum die vom Antragsteller zu 1. am 14. September 2018 eingesehenen Protokolle aus der Referatsleiterrunde im MASGF nicht vollständig vorgelegt worden sein sollen, obwohl die Antragsteller selbst mit der E-Mail vom 23. August 2018 das Einsichtsverlangen ausschließlich auf diejenigen Protokolle beschränkt haben, die sich mit dem Thema „Medikamentenskandal“ beschäftigen.

d) Schließlich fehlt den Antragstellern im Hinblick auf die behauptete Unvollständigkeit der Akten das Rechtsschutzinteresse.

aa) Auch im Organstreitverfahren ist das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich Voraussetzung für die Sachentscheidung (vgl. Beschluss vom 20. Februar 2003 - VfGBbg 112/02 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 2 BvE 6/16 -, Juris, Rn. 17, m. w. N.). Ausfluss des Rechtsschutzbedürfnisses ist im Organstreitverfahren eine Konfrontationsobliegenheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 2 BvE 6/16 -, Juris, Rn. 19). Der Antragsgegner muss wissen, was von ihm verlangt wird, und die Möglichkeit haben, dem Verlangen nachzukommen, um eine verfassungsgerichtliche Auseinandersetzung gegebenenfalls zu vermeiden. Demzufolge hat der Antragsteller den Antragsgegner vor Anrufung des Gerichts damit zu konfrontieren, dass die Akten unvollständig seien, und die Vorlage der fehlenden Akten konkret zu verlangen. Diese dem Organstreitverfahren vorgelagerte Konfrontationsobliegenheit korrespondiert mit der Pflicht zur Festlegung auf konkrete Maßnahmen, deren Verfassungswidrigkeit vor dem Verfassungsgericht gerügt wird und die vom Verfassungsgericht noch zu überprüfen wären.

bb) Dem Vorbringen der Antragsteller ist nicht zu entnehmen, dass sie dieser Konfrontationsobliegenheit genügt haben. Die Antragsteller hätten innerhalb der sechsmonatigen Begründungsfrist gemäß § 36 Abs. 3 VerfGGBbg darlegen müssen, dass sie vor dem Antrag beim Verfassungsgericht zunächst gegenüber der Antragsgegnerin gerügt haben, dass und welche Akten ihrer Ansicht nach noch fehlen. Nach dem 14. September 2018 ist nach dem Vortrag der Antragsteller jedenfalls keine Rüge gegenüber der Antragsgegnerin mehr erfolgt. Alle zuvor erhobenen Rügen sind durch die letzte Akteneinsicht überholt.

cc) Hinzu kommt, dass für die Antragstellerin zu 2. ein Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb nicht zu erkennen ist, weil diese die ihr gebotene (weitere) Möglichkeit der Akteneinsicht nicht wahrgenommen hat.

C.

Das Landesverfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 VerfGGBbg.

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dresen Dr. Finck
   
Heinrich-Reichow Kirbach
   
Dr. Lammer Sokoll
   
Dr. Strauß