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VerfGBbg, Urteil vom 22. Juli 2016 - VfGBbg 70/15 -

 

Verfahrensart: Organstreit
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - GG, Art. 38 Abs. 1
- LV, Art. 55 Abs. 2; LV, Art. 56 Abs. 1; LV, Art. 56 Abs. 2; LV, Art. 67 Abs. 1; LV, Art. 68; LV, Art. 69 Abs. 1; LV, Art. 69 Abs. 4; LV, Art. 70 Abs. 2; LV, Art. 113 Nr. 1
- VerfGGBbg, § 20; VerfGGBbg, § 36
- FraktG, § 1 Abs. 1; FraktG, § 3; FraktG, § 18 Abs. 3; FraktG, § 19 Abs. 1
- GOLT, § 10 Abs. 1; GOLT, § 11 Abs. 1; GOLT, § 28; GOLT, § 40 Abs. 1; GOLT, § 56; GOLT, § 60 Abs. 2
Schlagworte: - Parlamentarische Gruppe
- Fraktion
- Rechtsstellung
- Geschäftsordnung
- Finanzielle Ausstattung
- Parlamentarische Mitwirkungsrechte
- Redezeit
nichtamtlicher Leitsatz: 1. Eine nach dem Fraktionsgesetz gebildete Parlamentarische Gruppe ist im Organstreit-verfahren beteiligtenfähig. Ihre Mitglieder können Gruppenrechte nicht im Wege der Prozessstandschaft geltend machen.
2. Dem Landtag steht bei der Ausgestaltung der Mitgliedschaftsrechte der Abgeordneten, Gruppen und Fraktionen im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie ein Beurteilungsspielraum zu, der verfassungsgerichtlicher Letztentscheidung entzogen ist.
3. Fraktionen und Parlamentarische Gruppen dienen der Funktionsfähigkeit des Landtages und unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch ihre unterschiedliche Größe. Knüpft die Landesverfassung an den Fraktionsstatus an, stehen die daraus erwachsenen Rechte einer Parlamentarischen Gruppe regelmäßig nicht zu.
4. Die finanzielle Förderung einer Parlamentarischen Gruppe muss sich an deren Aufgaben im Parlament ausrichten. Eine pauschale Reduzierung auf 20% der einer Fraktion zustehenden Mittel genügt diesen Anforderungen nicht.
5. Wirkt sich die Nutzung eines bedeutsamen parlamentarischen Instruments nicht auf die Arbeitsfähigkeit des Landtages aus (hier: Aktuelle Stunde), kann es einer Parlamentarischen Gruppe im Hinblick auf den von ihr verfolgten Zweck nicht vorenthalten werden. Anders kann es liegen, wenn damit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit verbunden sind (hier: Große Anfrage).
6. Eine Parlamentarische Gruppe muss hinsichtlich des Rederechts im Plenum nicht mit Fraktionen gleichbehandelt werden. Die Redezeit muss aber in jedem Fall so bemessen sein, dass die politische Position des Redners zum jeweiligen Beratungsgegenstand unter Auseinandersetzung mit den anderen politischen Positionen deutlich hervortreten kann. Ein pauschales Redezeitkontingent ist nur dann angemessen, wenn es durch Zuschläge berücksichtigt, dass Plenarsitzungen sich zum Teil über mehrere Kalendertage erstrecken.
7. Die Anerkennung der Opposition in der Landesverfassung begründet keine spezifischen Minderheitenrechte. Ein Verfassungsverstoß liegt erst dann vor, wenn die parla-mentarischen Betätigungsmöglichkeiten der die Opposition bildenden Fraktionen, Gruppen und einzelnen Abgeordneten insgesamt nicht ihrem Anteil am Parlament entsprechen.
Fundstellen: DÖV, Oktober 2016, Heft 20, S. 875 f.
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Urteil vom 22. Juli 2016 - VfGBbg 70/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 70/15




IM NAMEN DES VOLKES

U r t e i l

In dem Organstreitverfahren

1.      Iris Schülzke, MdL,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

2.      Péter Vida, MdL,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

3.      Christoph Schulze, MdL,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

4.      Parlamentarische Gruppe im Landtag Brandenburg
BVB / FREIE WÄHLER,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigte:                 zu 1-4:           Rechtsanwälte
A.,

 

 

                                                                  zu 1-4:           Prof. Dr. S.,

 

gegen

Landtag Brandenburg,
vertreten durch die Präsidentin,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

Antragsgegner,

Verfahrensbevollmächtigter:                    Prof. Dr. Sch.,

                                                                      

 

wegen § 1 Abs. 1 Satz 1, §§ 18 und 19 Fraktionsgesetz vom 29. März 1994, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. März 2015; § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 26 Abs. 1, 3, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 3, § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, § 56, § 60 Abs. 2, § 74 Abs. 2, 6 sowie Anlagen 1 und 3 der Geschäftsordnung des Landtags Brandenburg vom 24. März 2015; der Richtlinie über die Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtages Brandenburg, soweit sie der Antragstellerin zu 4. verwehrt, den Parlamentarischen Beratungsdienst mit Gutachten und Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen sowie anderen parlamentarischen Initiativen zu beauftragen; der Raumverteilung im Landtag Brandenburg, soweit sie die Antragstellerin zu 4. betrifft

           

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 22. Juli 2016

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

f ü r  R e c h t  e r k a n n t :

 

Der Beschluss des Antragsgegners über den Anspruch auf Haushaltsmittel für die parlamentarische Arbeit einer Gruppe durch den Beschluss des § 19 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 Fraktionsgesetz vom 24. März 2015 (GVBl. I Nr. 7) verletzt die Antragstellerin zu 4. in ihren Rechten aus Art. 56 Abs. 1 der Landesverfassung.

 

Der Beschluss des Antragsgegners über die Berechtigung zur Anmeldung von Aktuellen Stunden im Parlament in § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg in Verbindung mit Anlage 3 zur Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg vom 24. März 2015 (GVBl. I Nr. 8) verstößt gegen das Recht der Antragstellerin zu 4. aus Art. 56 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung.

 

Der Beschluss des Antragsgegners über die Redezeit im Parlament in § 28 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg in Verbindung mit

Anlage 1 zur Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg vom 24. März 2015 (GVBl. I Nr. 8) verstößt insoweit gegen das Recht der Antragstellerin zu 4. aus Art. 56 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung, als ihr bei über einen Kalendertag hinaus andauernden Plenarsitzungen kein Zuschlag zu ihrer Redezeit zugebilligt wird.

 

Im Übrigen wird der Antrag teils als unzulässig verworfen und teils zurückgewiesen.

 

 

Gründe:

 

A.

Die Antragsteller wenden sich gegen Beschlüsse, die die Ausgestaltung der Rechte einer parlamentarischen Gruppe betreffen.

 

I.

Der Antragsteller zu 3., der auf der Liste BVB/Freie Wähler zum 6. Landtag Brandenburg kandidiert hatte, errang bei der Wahl im September 2014 ein Direktmandat. Dies hatte zur Folge, dass auch die Antragsteller zu 1. und 2., die auf derselben Liste für den Landtag kandidiert hatten, in den Landtag einzogen, obwohl auf die Listenverbindung landesweit nur 2,7% der Zweitstimmen entfallen waren.

 

Der Antragsteller zu 2. brachte in der konstituierenden Sitzung des Landtages den Antrag ein, die Geschäftsordnung um eine Regelung für einen Gruppenstatus zu ergänzen. Dieser Status sollte gewährt werden, wenn sich mindestens drei Mitglieder des Landtages, die derselben Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung angehören oder von diesen als Wahlbewerber aufgestellt worden seien, zur gemeinsamen Arbeit zusammenschlössen (LT-Ds. 6/12). Der Landtag überwies den Antrag dem Hauptausschuss, der im Januar 2015 eine Sachverständigenanhörung zu Fragen des Gruppenstatus durchführte. Im Ergebnis der weiteren Beratungen des Hauptausschusses beschloss der Landtag am 19. März 2015 auf Antrag von vier Abgeordneten (LT-Ds. 6/871) verschiedene Änderungen des Fraktionsgesetzes. Außerdem beschloss der Antragsgegner eine neue Geschäftsordnung. Beides wurde am 24. März 2015 im Gesetz- und Verordnungsblatt Teil I verkündet.

 

Danach sieht das Fraktionsgesetz erstmals eine Mindestgröße von fünf Landtagsabgeordneten für die Bildung einer Fraktion vor, sofern nicht trotz Erreichens von mindestens 5% der gültigen Zweitstimmen nur vier Abgeordnete einer Liste in den Landtag einziehen. Weiter eröffnet es drei fraktionslosen Abgeordneten die Möglichkeit, sich zu einer Gruppe zusammenzuschließen, sofern sie derselben Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung angehören oder von diesen als Wahlbewerber aufgestellt worden waren; die Gruppe hat die Möglichkeit, sich durch ein Mitglied als Sprecher vertreten zu lassen. Weiter kann die Gruppe 20% des Grundbetrages sowie des mitgliedsbezogenen Betrages, der einer Fraktion zusteht, beanspruchen. Sofern die Gruppe Teil der Opposition ist, erhält sie zudem 20% des für eine Oppositionsfraktion vorgesehenen Zuschlags. Daraus ergeben sich für die Antragstellerin zu 4. ab April 2015 monatliche Zahlungsansprüche in Höhe von 9.605,20 € Grundbetrag zuzüglich 564 € je Gruppenmitglied und 2.410,40 € Oppositionszuschlag (ab Januar 2016: Grundbetrag 9.887,20 €, pro-Kopf-Betrag 578,40 €, Oppositionszuschlag 2.471,80 €).

 

Die monatlichen Leistungen für Fraktionen beliefen sich im Jahr 2015 auf 48.026 € Grundbetrag zuzüglich 2.820 € je Fraktionsmitglied und gegebenenfalls 12.052 € Oppositionszuschlag (ab Januar 2016: Grundbetrag 49.436 €, pro-Kopf-Betrag 2.892 €, Oppositionszuschlag 12.359 €). Änderungsanträge des Antragstellers zu 2. zu einer verbesserten finanziellen Ausstattung von Gruppen (LT-Ds. 6/883) lehnte der Antragsgegner ab.

 

Die hier umstrittenen Vorschriften des Fraktionsgesetzes haben folgenden Inhalt:

 

„Abschnitt 1

Status und Organisation

§ 1 Rechtsstellung

 

(1) Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens fünf Mitgliedern des Landtages, die derselben Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung angehören oder von derselben Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung als Wahlbewerber aufgestellt worden sind. Erhält eine Partei, politische Vereinigung oder Listenvereinigung bei der Landtagswahl mindestens fünf Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen, ohne die für fünf Mitglieder notwendige Zweitstimmenanzahl zu erreichen, kann eine solche Fraktion abweichend von Satz 1 auch aus vier Mitgliedern bestehen. Die Fraktionen wirken mit eigenen Rechten und Pflichten als selbständige und unabhängige Gliederungen an der Arbeit des Landtages mit und unterstützen die parlamentarische Willensbildung. Die Bildung einer Fraktion kann abweichend von Satz 1 oder nach Ablauf eines Monats seit der Konstituierung des Landtages erfolgen, wenn der Landtag zustimmt. Die Bildung einer Fraktion kann bereits vor der Konstituierung des Landtages stattfinden; in diesem Fall ist sie bis zur Konstituierung des Landtages schwebend unwirksam.

(2) - (5) (…)

 

(…)

 

Abschnitt 4

Gruppen

§ 18 Gruppen

 

(1) Mindestens drei Mitglieder des Landtages, die keiner Fraktion angehören, können sich zu Gruppen zusammenschließen, wenn sie die gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 erforderliche Mindestanzahl von Mitgliedern nicht erreichen, jedoch die sonstigen Voraussetzungen des § 1 Absatz 1 Satz 1 erfüllen oder entsprechend § 1 Absatz 1 Satz 4 als Gruppe anerkannt worden sind. Die Bildung und Auflösung einer Gruppe sind dem Präsidenten des Landtages schriftlich anzuzeigen; die Anzeige ist von allen Mitgliedern der Gruppe zu unterzeichnen. Der Beitritt eines Mitgliedes zu einer Gruppe ist dem Präsidenten des Landtages gemäß Absatz 3 Satz 1 oder 2 schriftlich anzuzeigen. Bei einem Austritt genügt die Anzeige des ausgetretenen Mitglieds.

 

(2) § 1 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.

 

(3) Rechtserhebliche Erklärungen der Gruppe werden durch alle Gruppenmitglieder gemeinsam abgegeben. Soll die Gruppe abweichend von Satz 1 durch eines ihrer Mitglieder (Sprecherin oder Sprecher) vertreten werden, setzt dies eine schriftliche Erklärung aller Mitglieder der Gruppe voraus, die ohne Einhaltung einer Frist von jedem Mitglied der Gruppe einzeln widerrufen werden kann. Erklärungen im Sinne des Satzes 2 sind an den Präsidenten des Landtages zu richten und werden von ihm unverzüglich auf der Internetseite des Landtages veröffentlicht.

 

§ 19 Geld- und Sachleistungen

 

(1) Gruppen im Sinne des § 18 Absatz 1 erhalten zur Unterstützung der Zusammenarbeit ihrer Mitglieder Leistungen in entsprechender Anwendung von § 3 Absatz 1 und 3 bis 8 mit folgenden Maßgaben:

 1. der Grundbetrag sowie der Betrag pro Mitglied gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 beträgt bei Gruppen 20 Prozent des einer Fraktion zustehenden entsprechenden Betrages;

 2. der Oppositionszuschlag gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 bemisst sich bei Gruppen im Verhältnis zu dem nach Nummer 1 ermäßigten Grundbetrag;

 3. die §§ 4, 6, 7 Absatz 1, 2 und 4 sowie die §§ 8 bis 12 gelten entsprechend;

 4. der gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 und Satz 3 maßgebliche Zeitpunkt ist der Eingang der Anzeige im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 2 beim Präsidenten des Landtages.

 

 

(2) Für die Auflösung einer Gruppe durch Anzeige gemäß § 18 Absatz 1 Satz 2 oder zum Ende der Wahlperiode gelten die §§ 14 bis 17 entsprechend mit der Maßgabe, dass die für eine Fraktion durch den Vorstand vorzunehmenden Handlungen in der gemäß § 18 Absatz 3 Satz 1 oder 2 festgelegten Weise erfolgen. Werden nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Auflösung der Gruppe Liquidatoren im Sinne des § 14 Absatz 2 Satz 3 benannt, so werden diese vom Präsidenten des Landtages bestellt.“

 

In der Geschäftsordnung hat der Landtag einer Gruppe das Recht eingeräumt, mindestens in einer der Zahl ihrer Mitglieder entsprechenden Anzahl von Ausschüssen vertreten zu sein, nicht aber im Präsidium. Die parlamentarische Redezeit ist für eine Gruppe von drei Mitgliedern auf 30 Minuten je Sitzungstag festgelegt worden, wobei ein einzelner Redebeitrag eine Dauer von fünf Minuten nicht überschreiten soll, während sich die Redezeit für Fraktionen nach dem jeweiligen Tagesordnungspunkt bestimmt und es im Zusammenhang mit Redezeitüberschreitungen seitens der Landesregierung zusätzliche Regelungen (mit zusätzlicher Redezeit) gibt. Fraktionslose Abgeordnete verfügen über eine sitzungstägliche Redezeit von acht Minuten. Große Anfragen bleiben einem Fünftel der Mitglieder des Landtags oder Fraktionen, Themenanmeldungen zur Aktuellen Stunde Fraktionen vorbehalten.

 

Änderungsanträge des Antragstellers zu 2. zu einer Vertretung der Gruppe im Präsidium, dem Recht, Große Anfragen zu stellen, einmal im Jahr eine Aktuelle Stunde zu beantragen und einer erweiterten Redezeit (LT-Ds. 6/882) fanden im Plenum des Antragsgegners keine Mehrheit. Auch die Zahl der Ausschüsse, in der die Abgeordneten der Gruppe Mitglied sein konnten, wurde nicht erhöht.

 

Die hier in Rede stehenden Vorschriften der Geschäftsordnung lauten:

 

„§ 10 Gremienbesetzung durch die Fraktionen und Gruppen

 

(1) Die Besetzung des Präsidiums und der Ausschüsse durch die Fraktionen und Gruppen erfolgt nach dem Verfahren Hare/Niemeyer (Proporzverfahren); jedoch hat jede Fraktion das Recht, mit mindestens einem Mitglied in jedem Ausschuss, und jede Gruppe das Recht, mindestens in der ihrer Mitgliederzahl entsprechenden Anzahl von Ausschüssen vertreten zu sein.

 

(2) (…)

 

§ 11 Wahl und Zusammensetzung des Präsidiums

 

(1) Der Landtag wählt in der konstituierenden Sitzung aus seiner Mitte in getrennten Wahlgängen die Präsidentin, den Vizepräsidenten und die weiteren Mitglieder des Präsidiums. Die Zahl der weiteren Mitglieder wird durch Beschluss des Landtages bestimmt. Jede Fraktion ist berechtigt, im Präsidium vertreten zu sein.

 

(…)

 

§ 15 Aufgaben des Präsidiums

 

(1) Das Präsidium hat die Aufgabe, die Präsidentin bei der Führung der Geschäfte zu unterstützen und die Verständigung zwischen den Fraktionen herbeizuführen. Es beschließt den Sitzungsplan, den Terminplan für das jeweilige Kalenderjahr sowie den Entwurf der Tagesordnung für die jeweilige Plenarsitzung.

 

(…)

 

§ 26 Reihenfolge der Redebeiträge

 

(1) Die Präsidentin legt die Reihenfolge der Redebeiträge fest. Dabei soll sie die Sorge für eine sachgemäße Erledigung und zweckmäßige Gestaltung der Beratung, die Rücksicht auf die verschiedenen Fraktionen, auf Rede und Gegenrede und auf die Stärke der Fraktionen leiten.

 

(2) (...)

 

(3) Nach der Rede des Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin soll der oder die Vorsitzende der zahlenmäßig stärksten Oppositionsfraktion das Wort erhalten. Hiernach erteilt die Präsidentin den Vorsitzenden der anderen Fraktionen das Wort. Hat eine Fraktion zwei Vorsitzende, hat nur einer oder eine von ihnen Rederecht.

 

(…)

 

§ 28 Rededauer

 

(1) Die Zeitdauer für die Aussprache über einen Beratungsgegenstand kann auf Beschluss des Präsidiums oder auf Vorschlag der Präsidentin durch den Landtag begrenzt werden. Dabei sind die empfohlenen Redezeiten in der Anlage 1 zugrunde zu legen. Fraktionslose Mitglieder des Landtages und Gruppen sind angemessen zu berücksichtigen, soweit diese den Wunsch, zu einem Beratungsgegenstand sprechen zu wollen, der Präsidentin rechtzeitig anzeigen. Überschreitet ein Mitglied der Landesregierung die empfohlene Redezeit, kann jede Fraktion die gleiche zusätzliche Redezeit beanspruchen.

 

(...)

 

§ 31 Rederecht der Mitglieder der Landesregierung

 

(1), (2) (…)

 

(3) Ergreift ein Mitglied der Landesregierung außerhalb der Tagesordnung das Wort, wird die Beratung über seine Erklärung eröffnet. In diesem Falle kann jede Fraktion die gleiche Redezeit wie die Landesregierung verlangen. Anträge zur Sache dürfen hierbei nicht gestellt werden.

 

(…)

 

§ 40 Einbringung von Beratungsmaterialien

 

(1) Gesetzentwürfe, Anträge und Entschließungsanträge können von Mitgliedern des Landtages, Fraktionen, Gruppen, der Präsidentin, dem Präsidium oder Ausschüssen eingebracht werden; Artikel 75 und 95 Satz 3 der Verfassung des Landes Brandenburg bleibt unberührt. Sie müssen mit einer den Inhalt kennzeichnenden Überschrift versehen sein. Sie sind zu unterschreiben oder mit einer Signatur zu versehen, die die Urheberschaft zweifelsfrei erkennen lässt. Zeichnungsberechtigt sind:

 1. für die Fraktion jeder oder jede Fraktionsvorsitzende, der Parlamentarische Geschäftsführer oder die Parlamentarische Geschäftsführerin sowie jeder oder jede stellvertretende Fraktionsvorsitzende,

 2. für die Gruppe alle Mitglieder gemeinsam, sofern nicht gemäß § 18 Absatz 3 Satz 2 des Fraktionsgesetzes ein Sprecher oder eine Sprecherin benannt wurde,

 3. für das Präsidium der amtierende Präsident oder die amtierende Präsidentin,

 

4.   4. für den Ausschuss der oder die amtierende Ausschussvorsitzende.

 

(…)

 

§ 56 Einbringung von Großen Anfragen

 

Große Anfragen an die Landesregierung sind der Präsidentin schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen. Das Nähere regelt Anlage 9 dieser Geschäftsordnung. Große Anfragen müssen von einer Fraktion oder mindestens einem Fünftel der Mitglieder des Landtages unterzeichnet sein.

 

(…)

 

§ 60 Fragestunde und Aktuelle Stunde

 

(1) (…)

 

(2) Eine Fraktion kann zu einer bestimmt bezeichneten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragen. Die Einzelheiten des Verfahrens der Aktuellen Stunde werden durch Anlage 3 dieser Geschäftsordnung geregelt.

 

(…)

 

 

 

§ 74 Besetzung der Ausschüsse

 

(1) (...)

 

(2) Die Ausschussmitglieder und stellvertretenden Ausschussmitglieder werden von den Fraktionen bestimmt. Die Fraktionen haben der Präsidentin jede Änderung in der Besetzung mitzuteilen.

 

(3) – (5) …

 

(6) Die Gruppen benennen ihre Ausschussmitglieder durch Erklärung gemäß § 18 Absatz 3 Satz 1 oder 2 des Fraktionsgesetzes gegenüber dem Präsidium. Das Präsidium weist die Mitglieder den von der Gruppe benannten Ausschüssen zu. Ist eine Zuweisung unter Wahrung der Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss nicht möglich, wird die Gruppe angehört, bevor das Präsidium eine andere Zuweisung vornimmt.

 

(7) …

 

(8) Ein fraktionsloses Mitglied des Landtages hat das Recht, in einem Ausschuss mit Stimmrecht mitzuarbeiten. Das Präsidium weist dem fraktionslosen Mitglied des Landtages unter Wahrung der Mehrheitsverhältnisse einen Ausschuss zu. Das fraktionslose Mitglied des Landtages ist vor der Entscheidung anzuhören.“

 

Anlage 1 zur Geschäftsordnung hat folgenden Inhalt:

 

„Festlegung der Rededauer während der Plenarsitzung des Landtages Brandenburg

 

Redezeit

SPD

CDU

DIE LINKE

AfD

BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

LReg

Gesamt

1

5

5

5

5

5

5

30

2

13

9

8

5

5

13

53

3

19

13

11

7

5

19

74

4

24

17

14

9

6

24

94

5

29

21

17

11

7

29

114

 

Weitere Vereinbarungen:

- Aktuelle Stunde: Redezeit 2; 5 Min. Bonus für Einbringende*)

- Gesetzentwürfe, Anträge und Große Anfragen: 5 Min. Bonus für Einbringende*)

- Regierungserklärungen: Debatte mit gleichen Zeiten für jede Fraktion

- Haushaltsgesetz: Debatte wird gesondert geregelt

- Berichte und Unterrichtungen der Landesregierung: Debatte auf Antrag

 

Als angemessene Rededauer stehen einer Gruppe von drei Mitgliedern des Landtages in der Regel 30 Minuten, einer Gruppe von vier Mitgliedern des Landtages in der Regel 35 Minuten und einem fraktionslosen Mitglied des Landtages in der Regel acht Minuten je Sitzung zur Verfügung. Die Redezeit kann die Gruppe oder das fraktionslose Mitglied des Landtages auf einzelne Beratungsgegenstände einschließlich der Aktuellen Stunde verteilen; ein Redebeitrag soll dabei nicht länger als fünf Minuten sein. Über Ausnahmen zur Rededauer und Aufteilung der Redebeiträge entscheidet die Präsidentin auf Ersuchen der Gruppe oder des fraktionslosen Mitgliedes des Landtages.

 

*) Bei mehreren Einbringenden Bonus für nur einen oder eine der Einbringenden“

 

Inzwischen hat das Präsidium des Landtages im Wege einer Experimentierklausel ein Redezeitmodell 1a eingeführt, das die Redezeit und den Einbringerbonus auf drei Minuten begrenzt und auch auf die Antragstellerin zu 4. erstreckt wird.

 

Anlage 3 zur Geschäftsordnung lautet (auszugsweise):

 

„Richtlinie für die Aktuelle Stunde

1. Eine Fraktion kann zu einer Frage der aktuellen Landespolitik eine Aussprache (Aktuelle Stunde) beantragen. Anlass zu einer Aktuellen Stunde sollen Vorgänge sein, die der beantragenden Fraktion seit der letzten Plenarsitzung, für die ihr das Antragsrecht nach Nummer 2 zustand, zur Kenntnis gelangt oder öffentlich geworden sind.

2. Das Antragsrecht wechselt unter den Fraktionen unter Berücksichtigung ihrer Stärke im Präsidium des Landtages. (…)

3. Anträge zur Sache sind in einer Aktuellen Stunde nicht zulässig. Dies gilt nicht für Entschließungsanträge zum gleichen Thema.

4. Die Redezeiten in einer Aktuellen Stunde richten sich in der Regel nach der Variante 2 der Anlage 1. (…)“

 

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtags, die durch eine vom früheren Landtagspräsidenten im Einvernehmen mit dem Landtagspräsidium erlassene, zuletzt 2012 geänderte Richtlinie festgelegt sind, erfüllen die Antragsteller nicht. Eine vom Antragsteller zu 2. diesbezüglich beantragte Ergänzung der Geschäftsordnung (LT-Ds. 6/882) lehnte der Antragsgegner ab. Die Präsidentin des Landtags wies der Antragstellerin zu 4. sechs Büroräume, jedoch keinen Besprechungsraum im Landtagsgebäude zu. Demgegenüber erhielten etwa die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 19 Räume und die Fraktion der SPD 49 Räume. Eine Beschwerde der Antragstellerin zu 4. wies die Präsidentin zurück.

 

II.

Die Antragsteller haben am 10. September 2015 Organklage erhoben. Sie beantragen festzustellen, dass

 

1. § 1 Abs. 1 Satz 1, §§ 18 und 19 Fraktionsgesetz vom 29. März 1994, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. März 2015,

 

2. § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 26 Abs. 1, 3, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 3, § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, § 56, § 60 Abs. 2, § 74 Abs. 2, 6 sowie Anlagen 1 und 3 der Geschäftsordnung des Landtags Brandenburg vom 24. März 2015,

 

3. die Richtlinie über die Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtages Brandenburg, soweit sie der Antragstellerin zu 4. verwehrt, den Parlamentarischen Beratungsdienst mit Gutachten und Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen sowie anderen parlamentarischen Initiativen zu beauftragen,

 

4. die bisherige Raumverteilung im Landtag Brandenburg, soweit sie die Antragstellerin zu 4. betrifft,

 

gegen Art. 55 Abs. 2, Art.  56 Abs. 1 und 2, Art. 67 Abs. 1 der Landesverfassung verstoßen und die Antragsteller in ihren daraus entspringenden individuellen und kollektiven Rechten als Abgeordnete verletzen.

 

1. Die Anträge seien zulässig.

 

a) Der Rechtsweg zum Verfassungsgericht sei eröffnet, und zwar auch in Bezug auf die gerügte Raumverteilung. Bei der Raumvergabe handele es sich nicht um eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit. Über den rein organisatorischen Akt hinaus seien grundsätzliche Fragen der Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin zu 4. und damit des Statusrechts der Antragsteller zu 1. bis 3. und ihres Zusammenschlusses berührt.

 

b) Die Antragsteller zu 1. bis 3. seien als Abgeordnete, die Antragstellerin zu 4. als Gruppe im Landtag nach dem Fraktionsgesetz und der Geschäftsordnung des Landtages mit eigenen Rechten ausgestattete Teile eines Verfassungsorgans und damit beteiligtenfähig.

 

c) Die Antragsteller seien antragsbefugt. Sie könnten nicht nur anerkannte Rechte verteidigen, sondern solche Rechte auch erstreiten. In Bezug auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Fraktionsgesetz (FraktG) folge die Antragsbefugnis daraus, dass durch die Erhöhung der Fraktionsmindeststärke der Abstand zur Stärke einer Gruppe willkürlich vergrößert und damit der Boden dafür bereitet werde, unter Anwendung des sogenannten Abstandsgebotes Teilhaberechte der Gruppe einschränken zu können.

 

d) Am 1. März 2016 haben die Antragsteller ergänzend geltend gemacht, der Landtag sei auch hinsichtlich der Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes und der Zuweisung von Räumen richtiger Antragsgegner. Verfahrensgegenstand in Bezug auf den Beratungsdienst sei das Unterlassen des Antragsgegners, eine rechtskonforme Geschäftsordnungsregelung für diesen zu schaffen. In welcher Weise der Parlamentarische Beratungsdienst in Anspruch genommen werden könne, betreffe die Ausübung des Mandats und gehöre daher zum materiellen Geschäftsordnungsrecht. Dieses sei allein vom Plenum, nicht aber in einer Richtlinie des Präsidenten zu regeln. Fehle demnach eine Regelungsbefugnis der Präsidentin, könne diese auch nicht richtige Antragsgegnerin sein. Selbst wenn insoweit eine stillschweigende Ermächtigung oder ein Parlamentsbrauch vorliege, könne die Richtlinie nicht stillschweigend auf die jeweils nächste Wahlperiode übertragen werden; sie unterliege der Diskontinuität. Weil es nunmehr eine Gruppe gebe, sei zudem ein neuer Beschluss nötig. Bei der Raumvergabe handele die Präsidentin nicht aus eigenem Recht, sondern als Vertreterin des Antragsgegners.

 

2. Die Anträge seien auch begründet.

 

Das in Art. 56 Abs. 1 Landesverfassung (LV) garantierte freie Mandat entspreche im Wesentlichen der grundgesetzlichen Verbürgung. Es schütze vor parlamentarischen und außerparlamentarischen Beschränkungen bei der Wahrnehmung der Aufgaben eines Abgeordneten und trage damit mittelbar zur Funktionsfähigkeit des Landtags bei. Bestandteil des freien Mandats sei das Recht, sich zusammenzuschließen. Die Geschäftsordnungsautonomie eröffne keine Befugnis, das Recht der einzelnen Abgeordneten in Frage zu stellen, an der Willensbildung und Entscheidungsfindung des Landtags mitzuwirken. Maßstab sei das Prinzip der Beteiligung aller Abgeordneten. So wie die Freiheit zur Fraktionsbildung bestehe, dürften auch andere Zusammenschlüsse zum Zwecke gemeinsamer Arbeit frei gebildet werden. Die Gruppe müsse diejenigen Befugnisse haben oder erhalten, die sie benötige, um ihre parlamentarischen Aufgaben wirksam wahrnehmen zu können.

 

Maßgeblich sei dabei der Grundsatz streng formaler Gleichbehandlung der gewählten Landtagsabgeordneten, der aus dem Grundsatz der gleichen Wahl abgeleitet werde und auch für das Verhältnis von Gruppen- und Fraktionsrechten bedeutsam sei. Jede Rechtsposition, die an ein über dem einzelnen Abgeordneten stehendes Rechtssubjekt anknüpfe, eröffne dem Mandatsträger den Zugriff auf diese zugewiesene Rechtsposition und die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten. Demnach könne die Ungleichbehandlung von Fraktionen und Gruppen nur durch verfassungsrechtlich zwingende Gründe gerechtfertigt werden. Ein zwingender Grund liege in der Sicherung der Arbeitsfähigkeit des Parlaments. Die Geschäftsordnung dürfe die parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten unter dem Aspekt an den Fraktionsstatus knüpfen, dass nicht schon eine verschwindend kleine Minderheit von Abgeordneten ein Verfahren in Gang setzen können solle, das von vornherein keine Aussicht auf Resonanz im Gesamtorgan habe. Dabei werde gewöhnlich zwischen der stabilen Organisation einer Fraktion und instabilen ad-hoc-Gruppierungen unterschieden. In diesem Lichte bildeten vermehrt auftretende parlamentarische Gruppen eher einen Stabilitätsfaktor im Parlament und stünden näher bei einer Fraktion.

 

Hinzu komme, dass die Arbeitsfähigkeit des Parlaments keinen Eingriff in den Kernbereich der parlamentarischen Rechte des einzelnen Abgeordneten rechtfertige. Diese Rechte seien mitgliedschaftlich strukturiert und würden durch die Geschäftsordnung des Landtags einander zugeordnet und ausgestaltet. Der Landtag dürfe zwar autonom entscheiden, müsse aber die Schranke beachten, die sich aus dem verfassungsrechtlichen Status der Abgeordneten ergebe. Insofern stehe die formale Gleichheit der Abgeordneten in einem Spannungsverhältnis zur Geschäftsordnungsautonomie des Landtags. Die Geschäftsordnung selbst begründe keine Rechte, sondern regele lediglich die Art und Weise ihrer Ausübung. Im Zuge der Ausgestaltung dieser Rechte sei auch deren Beschränkung möglich. Es sei jedoch ausgeschlossen, einem Abgeordneten Rechte zu entziehen. Die Geschäftsordnung sei ein Hilfsmittel zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Verfahrens im Parlament und diene damit letztlich der Sicherung von dessen Arbeitsfähigkeit. Eingriffe in Abgeordnetenrechte dürften daher allein zur Sicherung dieser Arbeitsfähigkeit erfolgen.

 

Die Geschäftsordnung müsse Mehrheits- und Minderheitsrechte ausbalancieren, wobei die starke Stellung des einzelnen Abgeordneten nach der Landesverfassung zu berücksichtigen sei. Insofern bilde der Gleichheitssatz die Grenze der Geschäftsordnungsautonomie aus Art. 68 LV. Das zwinge dazu, dass der Katalog der durch die Geschäftsordnung ausgeformten Rechte in sich schlüssig sein müsse. Das sei jedoch nicht der Fall. Art. 75 LV bestimme, dass Gesetzesinitiativen aus der Mitte des Landtags möglich seien. Dies werde durch die Geschäftsordnung dahingehend konkretisiert, dass auch ein einzelner Abgeordneter initiativ werden könne. Verfassungsrechtlich sei dies zwar nicht zwingend, entspreche jedoch von Anbeginn brandenburgischer Staatspraxis. Insofern stelle der Landtag bei diesem wichtigsten parlamentarischen Gestaltungsrecht seine Funktionsfähigkeit zurück.

 

Solle die Geschäftsordnung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags sichern, indem sie kleine Minderheiten von Abgeordneten davon abhalte, aussichtslose Verfahren einzuleiten, komme der Koordination und Abstimmung der Abgeordneten, die zur Verfolgung gemeinsamer politischer Zwecke in den Landtag eingezogen seien, durch über den Abgeordneten stehende Rechtssubjekte, die die Zusammenarbeit organisierten, erhöhte Bedeutung zu.

 

Der streng formale Gleichheitssatz führe zudem in Bezug auf den Landtag dazu, dass alle Parlamentsfunktionen von den Abgeordneten gleichberechtigt ausgeübt werden müssten. Alle Abgeordneten müssten an der Meinungs- und Willensbildung des Antragsgegners teilnehmen können. Der repräsentative verfassungsrechtliche Status des Abgeordneten aus Art. 56 Abs. 1 LV sei Grundlage für die repräsentative Stellung des Parlaments. Es sei Sache des Landtages, seine Arbeit in diesem Rahmen auf der Basis des Prinzips der Beteiligung aller zu organisieren, die gleiche Mitwirkungsbefugnisse haben müssten. Ein wie auch immer geartetes Abstandsgebot zwischen Gruppen und Fraktionen lasse sich aus der Verfassung nicht ableiten. Ein solches folge nicht schon daraus, dass lediglich Fraktionen, nicht aber Gruppen in der Landesverfassung erwähnt worden seien. Gruppenrechte seien im Unterausschuss des Verfassungsausschusses nicht thematisiert worden. Einerseits sei nämlich die Rechtsstellung fraktionsloser Abgeordneter nach der Brandenburgischen Landesverfassung besser, als sie sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Fall „Wüppesahl" für den Bundestag dargestellt habe. Andererseits habe die Mindestgröße einer Fraktion im ersten brandenburgischen Landtag drei Abgeordnete betragen.

 

Im Übrigen folge aus einer Vermehrung von Gruppenrechten keine Reduzierung der Fraktionsrechte. Eine Einschränkung der Rechte Dritter ergebe sich nur bei einer Kollision von Rechten, die hier aber in Bezug auf die Rechte der Abgeordneten ausscheide. Der Abstand zwischen konkurrierenden Rechtssubjekten dürfe nicht größer sein, als durch die Kollision von Rechten veranlasst, da letztlich auch die Fraktionen ihren Status aus Abgeordnetenrechten ableiteten. Demzufolge habe auch die Gruppe Anspruch auf eine angemessene Mittelausstattung, sofern den Fraktionen eine solche gewährt werde. Falls ein Abstandsgebot beachtlich sei, müsse die unterschiedliche Wahrnehmung der Rechte aus dem Mandat so gering wie möglich sein. Auch insoweit komme es letztlich maßgeblich auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Parlaments an.

 

Unterstützt werde dies durch Artikel 55 Abs. 2 LV, der das Oppositionsrecht als besondere Form der Chancengleichheit normiere. Zwar enthalte die Verfassung keinen ausdrücklichen Katalog von Oppositionsrechten, sondern richte sich an vorhandenen parlamentarischen Organisationsformen aus, doch müsse der Gruppe innerhalb der Opposition eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht werden. Dazu gehöre eine auskömmliche Finanzierung, die geeignet sei, die intellektuelle und personelle Unterstützung auszugleichen, die die Regierung tragenden Fraktionen aus der Regierung erführen. Die Opposition sei heterogen. Innerhalb der Opposition gebe es eine Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppierungen, deren Behandlung sich am Maßstab der Arbeitsfähigkeit des Parlaments ausrichten müsse. Im Übrigen seien Oppositionsrechte zugleich Rechte des gesamten Parlaments. Würden diese tangiert, werde die Parlamentsarbeit insgesamt tangiert. Insofern müsse die Antragstellerin zu 4. auch an der internen Organisation der Landtagsarbeit durch einen Sitz im Präsidium beteiligt werden. Die Antragstellerin zu 4. habe Anspruch auf proportionale Berücksichtigung, insbesondere bei ihrer Ausstattung. Diese Regelungen seien nicht ausschließlich auf Fraktionen anwendbar, die der Opposition angehörten, zumal die Opposition insgesamt ein zentrales Element der parlamentarischen Demokratie sei und die Chancengleichheit der Abgeordneten gewahrt werden müsse. Einschränkungen seien allenfalls aus Gründen der Funktionsfähigkeit geboten.

 

a) Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG enthaltenen Neuregelung der Fraktionsgröße verstoße gegen das allgemeine Willkürverbot und den Grundsatz der Normklarheit und verletze die Antragstellerin zu 4. in eigenen Rechten.

 

Die gesetzliche Neuregelung entbehre schon eines sachlichen Grundes. Ein sachlicher Anknüpfungspunkt für die Gewährung des Fraktionsstatus sei es, wenn derjenigen Mehrheit von Abgeordneten der Fraktionsstatus zuerkannt werde, die auf einer gemeinsamen Liste in den Landtag eingezogen sei. Allerdings habe das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit auf das Wahlrecht beschränkt und nicht auf die Regelungen zur Fraktionsbildung übertragen. Dies vernachlässige den besonderen Stellenwert des Wahlrechts, das in Brandenburg durch Art. 22 Abs. 3 Satz 3 LV hinsichtlich des Wahlsystems stärker verfassungsrechtlich vorgeprägt sei. Durch diese Einengung des gesetzgeberischen Spielraums ergäben sich zugleich intensivere Vorgaben für die interne Organisation des Landtags. Insofern strahle das Wahlrecht auf die Regelungen zur Fraktionsbildung aus und habe der Gruppe eigentlich der Fraktionsstatus zugebilligt werden müssen. Allerdings stehe dem Gesetzgeber grundsätzlich das Recht zu, aus sachlichem Grund eine Fraktionsmindestgröße zu definieren. Der Orientierung an der Mindestzahl der nach der Sperrklausel möglichen Zahl der Abgeordneten auf einer Wahlliste könne auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Eignung als sachlicher Grund nicht abgesprochen werden. Keinen sachlichen Grund gebe es aber, von diesem Kriterium dann abzuweichen, wenn das Wahlergebnis mehr als vier Kandidaten auf einer Liste den Einzug in den Landtag ermögliche. Insofern sei die gesetzliche Mindestzahl der Fraktionsmitglieder willkürlich und verstoße gegen den Grundsatz der Normklarheit. Tatsächlich sei die Mindestgröße nämlich nicht in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG, sondern in § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG geregelt. Diese als Ausnahmeregelung formulierte Vorschrift ergebe, dass tatsächlich eine Zahl von vier Abgeordneten als Mindestgröße angesehen werde, die die Arbeitsfähigkeit des Landtages noch sichere. Die Anhebung der Mindestzahl auf fünf Abgeordnete sei willkürlich, weil sie nicht aus Gründen der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags erforderlich sei.

 

Insbesondere sei auch die Differenzierung zwischen vier und fünf Abgeordneten für den Fall nicht nachvollziehbar, dass ein Direktmandat errungen worden sei und beim Verhältnisausgleich weitere drei Abgeordnete derselben Liste in das Parlament einzögen, mithin eine Gruppe von vier Abgeordneten entstehe. Dasselbe müsse aber auch gelten, wenn sich nachträglich vier Abgeordnete zusammenfänden oder zu einer Dreiergruppe ein weiterer Abgeordneter hinzutrete. Letztlich entfalte die Mindestgröße von fünf Abgeordneten nur während der Wahlperiode Wirkung, nicht aber zu deren Beginn. Sie diene letztlich nur der Umgehung des in Art. 67 Abs. 1 Satz 4 LV vorgesehenen Verfahrens, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gebe. Es habe lediglich ausgeschlossen werden sollen, dass die Antragstellerin zu 4. durch Aufnahme des weiteren fraktionslosen Abgeordneten zur Fraktion erstarke.

 

Die Rechtsverletzung ergebe sich daraus, dass mit Rücksicht auf das vom Landtag behauptete Abstandsgebot zwischen Fraktionen und Gruppen bei einem Verhältnis von 5:3 ein größerer Abstand gegeben sei als bei einem Verhältnis von 4:3. Im Übrigen schätze der Landtag die Grundaufgaben der Antragstellerin zu 4. falsch ein.

 

b) Weiter beeinträchtige die in § 19 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 FraktG enthaltene Beschränkung der Ausstattung der Gruppe auf die Kosten der Zusammenarbeit das freie Mandat der Antragsteller zu 1. bis 3. Tatsächlich nehme die vorgesehene Bemessung der Mittel die Kosten der wissenschaftlichen Unterstützung der Abgeordneten aus, die darüber hinaus auch keinen Zugang zum Parlamentarischen Beratungsdienst erhielten. Insofern werde unzulässig zwischen Abgeordneten differenziert, die Mitglieder einer Fraktion, und solchen, die Mitglieder einer Gruppe seien. Das gelte auch im Hinblick auf die besondere Verbürgung der Opposition durch Artikel 55 Abs. 2 LV, zu der auch die Antragstellerin zu 4. gehöre.

 

Der strikt formale Gleichheitssatz sei auf die kollektive Amtsausstattung anzuwenden. Es könne nicht übersehen werden, dass das Bundesverfassungsgericht eine Zuwendung von 50% des Grundbetrages gebilligt habe, vorliegend aber sehr viel weniger und sogar noch nicht einmal der volle Oppositionszuschlag gewährt werde. Ein Vergleich der geleisteten Beträge zeige den gravierenden Sprung insbesondere im Verhältnis zur kleinsten Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Grundsätzlich müssten die Zuwendungen am tatsächlichen oder jedenfalls zu erwartenden Bedarf orientiert werden. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen derart höheren Zuschussbedarf für die parlamentarische Arbeit habe als die Antragstellerin zu 4. Selbst wenn eine umfangreichere Ausschusstätigkeit berücksichtigt werde, zeige sich die Willkürlichkeit der Bemessung. Zudem verstoße § 19 FraktG auch deswegen gegen die Verfassung, weil die Zahlungen für die Gruppe erst zum 1. April 2015 aufgenommen worden seien. Die Antragstellerin zu 4. habe sich bereits unmittelbar nach der Landtagswahl zusammengeschlossen. Die Präsidentin habe ihre Anerkennung unter Verstoß gegen Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Abs. 1, 2 LV zunächst verweigert.

 

c) § 10 Abs. 1 Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg (GOLT) verstoße ebenfalls gegen Art. 56 Abs. 1, Art. 55 Abs. 2 LV. Die Regelung entspreche im Wesentlichen Art. 70 Abs. 2 Satz 3 LV, der fraktionslosen Abgeordneten die Mitwirkung in einem Ausschuss gestatte, und berücksichtige nicht die Bildung der Antragstellerin zu 4. Dies sei nicht durch die Sicherung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit oder das Gebot der Spiegelbildlichkeit gerechtfertigt. Ein Vergleich zur Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, die in allen 14 Ausschüssen vertreten sei, zeige die Schieflage. Im Übrigen erweise sich bei zehn Mitgliedern eines Ausschusses und einem Verhältnis zwischen Regierungsfraktionen und Opposition von 6:4, dass die Zubilligung weiterer Mandate im Ausschuss an die Antragstellerin zu 4. kein Problem der Spiegelbildlichkeit aufwerfe, zumal hier auch ergänzende Regelungen denkbar seien.

 

d) Der in § 11 Abs. 1 Satz 3 GOLT enthaltene Anspruch (nur) der Fraktionen, im Präsidium vertreten zu sein, entspreche zwar dem Wortlaut nach Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LV, doch habe der Verfassungsgeber die Existenz von Gruppen nicht im Blick gehabt. Die ausdrückliche Nennung der Fraktionen in Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LV sei nicht abschließend. Die Norm sei vielmehr unter Berücksichtigung von Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Abs. 1, 2 LV systematisch dahin auszulegen, dass auch Gruppen dort im Interesse der Funktionsfähigkeit des Gremiums Mitglied sein müssten. Dies sei geboten, um anderenfalls erhebliche Spannungen bei der Zusammenarbeit beispielsweise im Zusammenhang mit der Festlegung der Tagesordnung zu vermeiden. Mangels Präsenz eines Mitglieds der Antragstellerin zu 4. sei deren Beteiligung nicht in jedem Fall sichergestellt. Darin liege eine erhebliche Einschränkung, für die es keine Rechtfertigung gebe.

 

e) Die Bemessung der Redezeit, wie sie nach § 28 Abs. 1 GOLT in Verbindung mit der Anlage 1 zur Geschäftsordnung vorgesehen sei, verstoße in Bezug auf die Antragsteller gleichfalls gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete freie Mandat und die ihnen als Teil der Opposition gewährleistete Chancengleichheit. Während der Antragstellerin zu 4. ein Redezeitkontingent von 30 Minuten je Sitzungstag eingeräumt werde, werde die Redezeit der Fraktionen zu jedem Tagesordnungspunkt festgelegt. Die Gruppe könne dadurch nur zu wenigen Tagesordnungspunkten Redebeiträge leisten und sei gegebenenfalls sogar gezwungen, ihre Redebeiträge so abzukürzen, dass eine sinnvolle, der zu behandelnden Frage angemessene Argumentation nicht mehr möglich sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin zu 4. nicht in die verschiedenen Redezeitmodelle einbezogen worden sei. Zudem habe sie keinen Anteil an zwischen den Fraktionen vereinbarten Redezeitverlängerungen zu einzelnen Tagesordnungspunkten. Es sei unklar, warum sie nach einer Redezeitüberschreitung der Landesregierung nicht auch an dem in § 28 Abs. 1 Satz 4 GOLT vorgesehenen Redezeitzuschlag beteiligt werde. Die darin liegende verfassungswidrige Benachteiligung werde dadurch verstärkt, dass einzelne Sitzungstage auf zwei Kalendertage ausgedehnt würden, was den Abstand noch vergrößere, da dies praktisch zu einer Reduzierung der Redezeit der Antragstellerin zu 4. von 60 Minuten auf 30 Minuten führe.

 

f) Weiter verstoße auch die Vertretungsregel in § 18 Abs. 3 Sätze 1, 2 FraktG i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GOLT gegen das freie Mandat und das Recht der Opposition auf Chancengleichheit. Die Regelungen führten zur Handlungsunfähigkeit der Antragstellerin zu 4., wenn deren Sprecherin abwesend sei. Dies behindere die Antragstellerin zu 4. erheblich in ihrer Arbeit, da in einem solchen Fall auch nicht alle Gruppenmitglieder zeichnen könnten. Darin liege eine erhebliche Benachteiligung gegenüber Fraktionen. Auch dass es nur einen Gruppensprecher, nicht aber einen Vorsitzenden gebe, sei diskriminierend. Weiter sei unklar, warum es zwar stellvertretende Fraktionsvorsitzende gebe, nicht aber Vertreter der Gruppensprecherin.

 

g) Dass die Antragstellerin zu 4. nicht befugt sei, Große Anfragen im Landtag einzubringen, stehe mit Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LV nicht in Einklang. Danach hätten die Abgeordneten unter anderem das Recht, im Landtag Fragen zu stellen. Zwar nenne die Verfassung die Große Anfrage nicht ausdrücklich und verweise Art. 56 Abs. 2 Satz 3 LV zur näheren Ausgestaltung ausdrücklich auf die Geschäftsordnung. Soweit diese das Recht, Große Anfragen zu stellen, den Fraktionen oder einem Fünftel der Mitglieder des Landtages vorbehalte, beeinträchtige sie das freie Mandat der Antragsteller zu 1. bis 3. und deren Chancengleichheit als Teil der Opposition in unangemessener Weise. Die Große Anfrage sei ein besonders bedeutsames Instrument der Regierungskontrolle, das auch der Antragstellerin zu 4. zustehen müsse. Nur die Große Anfrage eröffne die Möglichkeit, diese unverzüglich im Landtag zu behandeln und in öffentlicher Debatte zu beraten. Art. 67 Abs. 1 LV begründe im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Gruppenrechten keine exklusiven Fraktionsbefugnisse für die Tätigkeit im Landtag.

 

h) Dass § 60 Abs. 2 GOLT in Verbindung mit Anlage 3 zur GO der Antragstellerin zu 4. nicht das Recht einräume, auch nur eine einzige Aktuelle Stunde im Jahr zu beantragen, beeinträchtige ebenfalls das freie Mandat und die Chancengleichheit. Es sei nicht erkennbar, warum der Antragstellerin zu 4. nicht das Recht zustehen solle, eine Debatte zu aktuellen politischen Fragen verlangen zu können. Art. 67 Abs. 1 LV gebe nichts für die Ansicht her, eine Aktuelle Stunde sei ein Fraktionsprivileg.

 

i) Soweit der Antragsgegner die Aufnahme einer Regelung zur Inanspruchnahme des Parlamentarischen Beratungsdienstes in § 10 Abs. 3 GOLT abgelehnt habe, verletze das das freie Mandat und das Recht auf Chancengleichheit der Antragsteller. Die Funktionsfähigkeit des Parlamentarischen Beratungsdienstes werde nicht durch gelegentliche Nachfragen gefährdet.

 

j) Schließlich verstoße auch die Raumverteilung im Landtag in Bezug auf die Antragstellerin zu  4. gegen die Verfassung. Die ihr zugewiesenen Räume seien für die Wahrnehmung der Aufgaben einer Gruppe ungeeignet. Die Räume reichten für mehrere Mitarbeiter nicht aus und seien für Besprechungen ungeeignet.

 

k) Selbst wenn aber einzelne gerügte Regelungen verfassungsgemäß seien, ergebe sich durch die Kumulation der Beeinträchtigungen eine Gesamtbelastung der Antragsteller, die weder mit dem freien Mandat, noch dem Recht der Opposition auf Chancengleichheit vereinbar sei. Insofern lasse sich die Rechtsprechung zum sogenannten additiven Grundrechtseingriff hier sinngemäß fruchtbar machen.

 

 

III.

Der Antragsgegner beantragt,

 

den Antrag zurückzuweisen.

 

1. Der Antrag sei bereits unzulässig.

 

a) Es bestünden bereits erhebliche Zweifel an der Beteiligtenfähigkeit der Antragstellerin zu 4., die in der Verfassung nicht erwähnt werde. Soweit ihr durch die Geschäftsordnung des Landtages Rechte eingeräumt würden, stelle sie gerade diese Rechte durch das vorliegende Verfahren in Frage.

 

b) In Bezug auf die angegriffenen Regelungen des Fraktionsgesetzes sei ein Organstreitverfahren unstatthaft. Darin liege eine Umgehung der Vorschriften über die abstrakte Normenkontrolle. Das dafür erforderliche Quorum erreichten die Antragsteller nämlich nicht. Könnten Gesetze, die auf einen Volksentscheid nach Art. 78 LV hin erlassen worden seien, nur mit der abstrakten Normenkontrolle angegriffen werden, könne für ein im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren erlassenes Gesetz nichts anderes gelten.

 

c) Der Antrag zu 3. („Parlamentarischer Beratungsdienst“) richte sich gegen den falschen Antragsgegner. Die Richtlinie über die Arbeitsweise des Parlamentarischen Beratungsdienstes sei 2007 vom Landtagspräsidenten in Ausübung der durch Art. 69 Abs. 4 LV garantierten Organisationsgewalt im Einvernehmen mit dem Präsidium erlassen und zuletzt 2012 geändert worden. Auch die Antragsfrist sei nicht gewahrt worden.

 

d) Bei der Raumvergabe (Antrag zu 4.) handele es sich nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit. Die Präsidentin werde hierbei als Verwaltungsbehörde tätig. Es gehe um eine rein unterstützende Hilfstätigkeit entsprechend der Bestimmungen des Fraktionsgesetzes. Im Übrigen sei der Antrag auch deshalb unzulässig, weil er gegen die Präsidentin des Landtags, nicht aber gegen den Landtag selbst zu richten gewesen sei.

 

e) Darüber hinaus fehle den Antragstellern für eine Reihe ihrer Anträge bereits die Antragsbefugnis. In Bezug auf § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG ergebe sich das daraus, dass die Antragsteller zu 1. bis 3. weder nach den bisherigen noch den neuen gesetzlichen Regelungen den Fraktionsstatus hätten erreichen können. Die weiter angegriffenen §§ 18,19 FraktG schafften überhaupt erst die Rechtsstellung der parlamentarischen Gruppe und bildeten die Rechtsgrundlage für Zahlungen an die Antragstellerin zu 4. Darin liege sogar eine Erweiterung deren Rechtskreises. So liege es auch in Bezug auf die angegriffenen Vorschriften der Geschäftsordnung, die den Rechtskreis der Antragsteller zu 1. bis 3. teils erweiterten, teils aber auch gegenüber der letzten Wahlperiode unverändert ließen.

 

2. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet.

 

a) Die Regelung der Fraktionsmindeststärke in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG nehme den Gesetzesvorbehalt aus Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV auf, der dem Gesetzgeber Gestaltungsspielraum einräume. Das freie Mandat umfasse das Kooperationsrecht mit anderen Abgeordneten, dem immanent sei, dass es mangels hinreichender Zahl kooperationswilliger Abgeordneter nicht zu einer Fraktionsbildung komme. Die gesetzlich vorgesehene Mindestfraktionsstärke orientiere sich dabei an der 5%-Klausel, wobei zu bedenken gewesen sei, dass Überhang- und Ausgleichsmandate das Parlament bis zu einer Größe von 110 Abgeordneten anwachsen lassen könnten. Ob die Fraktionsgröße vier oder fünf Abgeordnete betrage, sei Teil des Gestaltungsspielraumes des Antragsgegners. Mit Rücksicht auf die durch Art. 67 LV gewährte verfassungsrechtliche Stellung dürfe der Fraktionsstatus nicht leichtfertig vergeben werden. Vielmehr sei eine Mindeststärke erforderlich, die Ausdruck des dahinter stehenden politischen Gewichts sei und eine gewisse Kontinuität erwarten lasse. Das fördere wiederum die Funktionsfähigkeit und Effektivität des Parlamentsbetriebs, denen Verfassungsrang zukomme.

 

Ein Verstoß gegen Art. 56 LV liege nicht vor. Das freie Mandat beinhalte nicht, dass jeder Abgeordnete Mitglied einer Fraktion sei. Es müsse den Abgeordneten lediglich möglich sein, sich mit anderen zu einer Fraktion zusammenzuschließen. Das werde durch die Anhebung der Fraktionsmindestgröße nicht unmöglich gemacht. Zudem scheide ein verfassungswidriger Eingriff in die Kooperationskompetenz der Abgeordneten auch deshalb aus, weil zugleich erstmals Regelungen für den Zusammenschluss von Gruppen getroffen worden seien, um Kooperationen unterhalb der Ebene einer Fraktion zu ermöglichen. Art. 55 Abs. 2 LV sei durch die Erhöhung der Fraktionsmindeststärke nicht betroffen.

 

Im Übrigen verletze die Anhebung der Fraktionsmindestgröße die Antragsteller nicht in eigenen Rechten. Der Status der Antragstellerin zu 4. als Gruppe werde durch die Ausgestaltung des Fraktionsstatus nicht berührt. Zudem sei sie auch im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Abstandsgebot zwischen Fraktionen und Gruppen nicht betroffen.

 

b) Auch die finanzielle Ausstattung der Gruppe sei verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen Art. 56 LV liege nicht vor. Die finanzielle Ausstattung müsse den notwendigen Freiraum für eine gewissens- und überzeugungsgeleitete Mandatsausübung sichern. Soweit sich aus der Kooperationskompetenz der Landtagsabgeordneten ein erhöhter Bedarf ergebe, werde dieser bei lediglich drei Abgeordneten grundsätzlich durch die Leistungen nach dem Abgeordnetengesetz abgegolten. Die dennoch in § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG vorgesehene Zuwendung an die Antragstellerin zu 4. sei bereits ein finanzieller Bonus.

 

Die Antragstellerin zu 4. könne auch sonst nicht vergleichbare Leistungen wie Fraktionen verlangen. Diese seien einer juristischen Person angenähert und verfügten über eigene Organe. Demgegenüber sei eine Gruppe lediglich ein Forum für die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder ohne originäre verfassungsmäßige Rechte. Auch die zahlenmäßigen Unterschiede zu den Fraktionen müssten sich in der finanziellen Ausstattung widerspiegeln. Zudem bezwecke die Zuweisung letztlich die Förderung der Zusammenarbeit der in der Gruppe zusammengeschlossenen Abgeordneten, hier der Antragsteller zu 1. bis 3. Da innerhalb einer solchen Gruppe aber weitaus weniger Zusammenarbeitsbeziehungen und damit ein erheblich geringerer Koordinierungsaufwand gegeben sei als bei einer Fraktion, rechtfertige dies nicht zuletzt mit Blick auf Art. 67 LV, die Mittelzuweisungen im Verhältnis zu den Fraktionen deutlich abzusenken.

 

Art. 55 Abs. 2 Satz 2 LV werde dadurch ebenfalls nicht verletzt. Leistungen an Abgeordnete seien grundsätzlich gleich zu bemessen. Dies gelte wegen Art. 67 LV auch für Fraktionen. Es sei jedoch geboten, nach Mitgliederzahl zu differenzieren, denn Fraktionen seien vermittelt über Ihre Mitglieder auch Träger derivativer Rechte. Da eine Gruppe ausschließlich derivativ berechtigt sei, dürfe sich ihre finanzielle Ausstattung noch stärker an der jeweiligen Mitgliederzahl orientieren. Eine Ausnahme ergebe sich lediglich insofern aus Art. 55 Abs. 2 LV, als ein Malus im Verhältnis zu den Regierungsfraktionen auszugleichen gewesen sei. Wenn aber die Mittelzuweisung für eine Gruppe von den Mitgliederzahlen auszugehen habe, müsse dies folgerichtig auch für den Oppositionszuschlag gelten, der ebenfalls an der Förderung der Zusammenarbeit der Gruppenmitglieder in der Opposition auszurichten sei. Vorliegend seien die Mittel auch bedarfsgerecht. Es sei nicht zu erkennen, warum ein zusätzlicher Referent nicht genüge, um die parlamentarischen Arbeit koordinieren und unterstützen zu können. Immerhin seien die Mittel pro Kopf höher als bei einem Mitglied der SPD - Fraktion.

 

Dass die Zahlungen erst zum 1. April 2015 aufgenommen worden seien, sei nicht zu beanstanden. Eine rückwirkende Gewährung von Mitteln sei nicht geboten. Bis zum 1. April 2015 habe es noch keine Regeln für Gruppen und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Zahlungen gegeben.

 

c) In Bezug auf § 10 Abs. 1 GOLT sei ein Verstoß gegen Art. 56 LV nicht erkennbar. Die Verfassung gewähre kein Recht, in einem bestimmten oder gar in zwei Ausschüssen vertreten zu sein, wie sich aus Art. 70 Abs. 2 Satz 3 LV entnehmen lasse. Art. 70 Abs. 2 Satz 2 LV räume den Fraktionen das Recht ein, in jedem Ausschuss vertreten zu sein. Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass ein Recht anderer parlamentarischen Gruppierungen, in ähnlicher Weise Berücksichtigung zu finden, nicht bestehe. Eine weitergehende Regelung sei auch im Interesse der Funktionsfähigkeit des Landtags nicht geboten. Tatsächlich müsse die Spiegelbildlichkeit der Mehrheitsverhältnisse auch in den Ausschüssen gewahrt bleiben. Die Antragsteller zu 1. bis 3. hätten schon jetzt in den Ausschüssen ein wesentlich stärkeres Gewicht als nach ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Abgeordneten. Diese Verzerrung sei letztlich nur durch Art. 70 Abs. 2 Satz 3 LV zu rechtfertigen.

 

Art. 55 Abs. 2 LV sei nicht berührt. Abgesehen davon, dass das Oppositionsrecht sich nicht gegen das Erfordernis der Spiegelbildlichkeit durchsetze, enthalte Art. 70 Abs. 2 LV eine speziellere Regelung.

 

d) Die in § 11 Abs. 1 GOLT geregelte Zusammensetzung des Präsidiums verstoße schon deshalb nicht gegen Art. 56 LV, weil Art. 69 LV insoweit die speziellere Norm sei. Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LV lasse umgekehrt die Annahme zu, dass kleinere Gruppen unterhalb einer Fraktion nicht im Präsidium vertreten sein müssten. Die Mitgliedschaft im Präsidium sei gewissermaßen eine Prämie für das Erreichen der Fraktionsmindeststärke. Auch die Funktionsfähigkeit des Landtags spreche dafür, die Gruppe nicht bei der Besetzung des Präsidiums zu berücksichtigen. Eine exakte Spiegelbildlichkeit des Präsidiums könne nicht erreicht werden. Ansonsten sei zu fragen, was mit fraktionslosen Abgeordneten sei. Im Übrigen umfasse das freie Mandat der Abgeordneten schon nicht das Recht, Mitglied im Präsidium zu sein.

 

e) Auch die Regelung über die Redezeit in der Geschäftsordnung verletze die Antragsteller nicht in ihren verfassungsmäßigen Rechten.

 

In der Praxis verfahre der Antragsgegner überwiegend nach dem in Anlage 1 zur Geschäftsordnung enthaltenen Redezeitmodell 1, das jeder Fraktion eine Redezeit von fünf Minuten sowie der Landesregierung weitere fünf Minuten einräume. Die Ausdehnung des Sitzungstages vom Donnerstag auf den nachfolgenden Freitag diene bei einer sehr vollen Tagesordnung gewissermaßen als „Überlauf“.

 

Zutreffend sei, dass das freie Mandat das Rederecht umfasse, jedoch durch die Geschäftsordnung konkretisiert werde. Einschränkungen seien im Hinblick auf die Rechte der übrigen Abgeordneten und deren Gleichbehandlung, die Stellung der Fraktionen und die Funktionsfähigkeit des Landtags insgesamt möglich. Das Rederecht des Abgeordneten finde seine Grenze im Rederecht der anderen Abgeordneten. Die Gleichbehandlung der Abgeordneten werde zugunsten der Antragsteller und fraktionsloser Abgeordneter modifiziert, wenn man die Berechnung der Redezeit pro Kopf betrachte. Danach habe ein Mitglied der Gruppe pro Kopf eine höhere Redezeit als andere Parlamentarier. Im Übrigen könne nicht übersehen werden, dass der jeweilige Einbringer parlamentarischer Initiativen zusätzliche fünf Minuten Redezeit ohne Anrechnung erhalte. Mit Blick auf die durchschnittliche Sitzungsdauer, die ohne Pause bereits heute ca. 8 Stunden betrage, sei eine Grenze für die Funktionsfähigkeit des Parlaments erreicht. Art. 55 LV führe nicht weiter.

 

f) Auch die Regelungen über die Verfasstheit einer parlamentarischen Gruppe verletzten die Antragsteller nicht in ihren Rechten. Art. 56 LV gebe nicht das Recht, für Gruppen die gleiche organisatorische Ausgestaltung zu fordern, die im Rahmen von Art. 67 LV für Fraktionen vorgesehen sei. Art. 67 LV berücksichtige, dass Fraktionen eine erhebliche Stabilität aufwiesen und weitgehend juristischen Personen angenähert seien. Eine Gruppe sei hingegen nicht Inhaberin einer eigenen Rechtsposition, sondern allein derivativ aus der Kooperationskompetenz der Abgeordneten gebildet. Im Hinblick auf ihre sehr geringe Größe könne sie nicht über eine vergleichbare interne Organisation verfügen wie eine Fraktion. Bereits die Möglichkeit der Bestellung eines Sprechers sei ein erhebliches Zugeständnis. Die von der Antragstellerin zu 4. verlangten Änderungen würden ihre Mitglieder bei weitem besserstellen als Fraktionsmitglieder. Art. 55 Abs. 2 LV sei von vorneherein nicht berührt.

 

g) Art. 56 Abs. 2 LV sei auch nicht verletzt, soweit es der Antragstellerin zu 4. nicht ermöglicht werde, Große Anfragen zu stellen. Das verfassungsrechtlich verbürgte Fragerecht umfasse nicht die Große Anfrage, die allein in der Geschäftsordnung geregelt sei. Es gebe einen weiten Spielraum zur Ausgestaltung des Fragerechts durch die Geschäftsordnung. Die Abgeordneten hätten auch ohne Große Anfrage eine Vielzahl von Fragemöglichkeiten, um sich die aus ihrer Sicht erforderlichen Informationen zu verschaffen. Dass zu Kleinen Anfragen keine Aussprache geführt werde, verletze die Antragsteller nicht in ihren Abgeordnetenrechten. Aus Art. 75 LV i. V. m. § 40 GOLT folge nichts anderes. Die Geschäftsordnung müsse nicht in jeder Hinsicht über die Verfassung hinausgehen. Zudem bilde Art. 67 LV auch hier eine Grenze und müsse die Funktionsfähigkeit des Landtags berücksichtigt werden. Im Übrigen handele es sich bei dem Fragerecht nicht um ein generelles Oppositionsrecht.

 

h) Auch das Recht, eine Aktuelle Stunde zu beantragen, werde nicht durch Artikel 56 LV verbürgt. Die Geschäftsordnung dürfe auch hierfür entsprechende Regelungen vorsehen, wobei wiederum Art. 67 LV zu berücksichtigen sei. Bei der Aktuellen Stunde handele es sich um eine besondere Form der Aussprache mit Rede und Gegenrede in gestraffter Form. Das lege nahe, dass es sich um ein besonderes Recht der Fraktionen als zahlenmäßig bedeutende Gliederung des Landtags handele, die den Willen einer wesentlich größeren Anzahl von Abgeordneten vorformulierten.

 

i) Soweit sich die Antragsteller gegen die Richtlinie über die Arbeitsweise des Parlamentarischen Beratungsdienstes wendeten, könne sich ein Eingriff allenfalls aus der unterlassenen Änderung der Richtlinie ergeben. Dies setze jedoch eine Rechtspflicht zum Handeln voraus, an der es aber fehle. Aus Gründen der Gleichbehandlung könnten die Antragsteller eine Berücksichtigung nicht verlangen, denn die Antragsteller zu 1. bis 3. würden nicht anders behandelt als andere Abgeordnete des Landtags. Das Antragsquorum bildeten zehn Abgeordnete.

 

j) In Bezug auf die Raumvergabe sei schon unklar, welches verfassungsrechtliche Recht verletzt worden sein solle. Der Antragstellerin zu 4. stehe anteilig mehr Raum als Großfraktionen zur Verfügung.

 

IV.

Die Landesregierung Brandenburg hat gemäß § 37 Abs. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) Kenntnis von dem Organstreitverfahren erhalten, sich aber nicht geäußert.

 

B.

Der Antrag hat, soweit er zulässig ist, teilweise Erfolg.

 

I. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig. Der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 3. ist  insgesamt unzulässig, der Antrag der Antragstellerin zu 4. ist teilweise zulässig.

 

1. Der Antrag ist nach Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1, §§ 35 ff. VerfGGBbg mit Ausnahme des Antrags zur Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG statthaft.

 

Das Verfassungsgericht entscheidet nach Art. 113 Nr. 1 LV über die Auslegung der Verfassung des Landes Brandenburg aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Landesverfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Zweck des Organstreits ist die Entscheidung über behauptete Pflichtenverstöße von Verfassungsorganen. Er dient der Kompetenzabgrenzung von Verfassungsorganen oder ihren Teilen in einem Verfassungsrechtsverhältnis, nicht der allgemeinen Verfassungsaufsicht durch das Verfassungsgericht. Der Antragsteller bestimmt mit seinem Antrag und der hierin angeführten Maßnahme oder Unterlassung sowie mit der Benennung der als verletzt behaupteten Verfassungsnorm den Streitgegenstand des Organstreitverfahrens. Dabei ist das Verfassungsgericht für die Ermittlung des genauen Streitgegenstandes nicht allein auf den Wortlaut des Antrags beschränkt; vielmehr ist das prozessuale Begehren des Antragstellers insbesondere aus dem sich aus der Antragsbegründung ergebenden Verständnis des Antrags zu ermitteln. Es genügt, wenn sich aus der Antragsbegründung die als verletzt gerügte Verfassungsbestimmung (das verletzte Recht) ergibt (Urteil vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 -, www.verfassungs-gericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.). Davon ausgehend, ist der Antrag weitgehend statthaft.

 

a) Der Antrag ist insbesondere statthaft, soweit er sich gegen die Raumvergabe im Landtag richtet (Antrag zu 4.). Hierin liegt ein materiell dem Verfassungsrecht zuzuordnendes Rechtsverhältnis, obwohl die Vergabe der Räume im Landtagsgebäude einfachgesetzlich in § 3 Abs. 4 FraktG geregelt ist. Dass Vorschriften des einfachen Rechts in mehr als nur deklaratorischer Weise in einem Rechtsverhältnis eine Rolle spielen können, schließt dessen verfassungsrechtlichen Charakter nicht in jedem Fall aus (Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: 48. EL Februar 2016, § 63 Rn. 34). Maßgeblich ist vielmehr, wo der Schwerpunkt der jeweiligen Streitigkeit liegt. Vorliegend wurzelt der Streit letztlich im Abgeordnetenstatus und ist damit als verfassungsrechtlich einzuordnen. Die Raumvergabe im Landtag gehört zur Sachmittelausstattung der Antragstellerin zu 4. und kann ihre Grundlage jedenfalls im durch Art. 56 Abs. 1 LV gewährleisteten freien Mandat sowie gegebenenfalls ergänzend im Recht der Opposition auf Chancengleichheit finden (Art. 55 Abs. 2 Satz 2 LV). Diese den Antragstellern zustehenden verfassungsrechtlichen Positionen können durch evidente Fehler beeinträchtigt werden, die auf eine grundsätzliche Verkennung der verfassungsrechtlichen Lage schließen lassen (so zur vergleichbaren Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern Zapfe, in: Classen/Litten/Wal-lerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl., Art. 25 Rn. 5). Darauf zielt der Vortrag der Antragsteller, denen es vorliegend erkennbar nicht um die Auslegung und den Vollzug des § 3 Abs. 4 FraktG, sondern eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Klärung der ihnen im Zusammenhang mit der gemeinschaftlichen Ausübung ihrer Parlamentsarbeit zustehenden sächlichen Mittel geht.

 

b) Der Antrag ist auch nicht etwa deswegen im Organstreitverfahren unstatthaft, weil die Beschlüsse zur Änderung des Fraktionsgesetzes von vornherein nicht Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein könnten. Das Organstreitverfahren ist gegenüber dem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nicht nachrangig. Die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens hängt allein vom Vorliegen der sich aus Verfassung und Gesetz ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen ab. § 36 Abs. 1 VerfGGBbg verlangt, dass die Antragsteller geltend machen, durch eine Maßnahme des Antragsgegners in ihren durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein. Als Maßnahme in diesem Sinne kommt jedes Verhalten des Antragsgegners in Betracht, das geeignet ist, die Rechtsstellung der Antragsteller zu beeinträchtigen. Das kann gegebenenfalls auch der Erlass eines Gesetzes sein (vgl. BVerfGE 99, 332, 336 f; 102, 224, 231; 118, 277, 317 f). Aus Art. 78 LV ergibt sich insoweit nichts anderes.

 

c) Kann das Fraktionsgesetz demnach grundsätzlich Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein, ist der Antrag dennoch in Bezug auf die Fraktionsmindeststärke in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG unstatthaft. Es fehlt insoweit an einem im Organstreitverfahren rügefähigen Verfassungsrechtsverhältnis.

 

Ein Verfassungsrechtsverhältnis im Sinne von § 36 VerfGGBbg liegt vor, wenn auf beiden Seiten des Streits Verfassungsorgane oder Teile von Verfassungsorganen stehen und um verfassungsrechtliche Positionen streiten (vgl. BVerfGE 118, 277, 318; 138, 45, 62; allgemein dazu Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl., Rn. 989; Schorkopf, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG § 64 Rn. 7 f). Dabei handelt es sich um solche Rechte, die einem Antragsteller zur ausschließlich eigenen Wahrnehmung oder zur Mitwirkung übertragen sind oder deren Beachtung erforderlich ist, um die Wahrnehmung seiner Kompetenzen und die Gültigkeit seiner Akte zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 126, 55, 68). Da das Organstreitverfahren maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen, nicht aber der davon losgelösten Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines Organhandelns dient (vgl. BVerfGE 68, 1, 69 ff; 104, 151, 193 f; 118, 277, 319; 126, 55, 67 f), müssen die Antragsteller gerade die Verletzung eines solchen Verfassungsrechtsverhältnisses geltend machen. Daran fehlt es in Bezug auf § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG.

 

Zwar machen die Antragsteller nach dem Wortlaut ihres Antrags geltend, der Beschluss zur Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG verstoße gegen Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Abs. 1, 2 und Art. 67 Abs. 1 LV, doch lässt sich der Antragsschrift dazu keine nähere Begründung entnehmen. Vielmehr stützen die Antragsteller ihre Argumentation wesentlich darauf, der Beschluss des Landtages sei willkürlich und verstoße gegen das Gebot der Normklarheit (S. 42, 45 f der Antragsschrift). Das spricht dafür, dass Streitgegenstand in Bezug auf § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG abweichend von der Formulierung des Antrages gerade nicht der Verstoß gegen die genannten Abgeordneten-, Fraktions- und Oppositionsrechte, sondern ein solcher gegen das Willkürverbot und das Gebot der Normklarheit ist. Dabei handelt es sich jedoch nicht um spezifische, den Antragstellern zugeordnete Rechte (vgl. auch Urteil vom 17. September 2009 - VfGBbg 45/08 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Vielmehr geht es den Antragstellern insoweit um eine objektive Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit des Handelns des Antragsgegners.

 

Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass die Antragsteller für sich nicht das Recht behaupten, als Fraktion anerkannt zu werden, das ihnen weder nach der früheren noch nach der gegenwärtigen einfachgesetzlichen Rechtslage zusteht und das sie im parlamentarischen Raum zu keinem Zeitpunkt für sich beansprucht haben. Soweit die Antragsschrift abstrakte Erwägungen zu der Frage enthält, ob der Fraktionsstatus möglicherweise bereits bei drei Abgeordneten anzuerkennen sein könnte (S. 42 f), bleiben diese letztlich hypothetisch. Die Antragsteller heben vielmehr selbst hervor, dass dem Gesetzgeber das Recht zur Definition einer an der wahlrechtlichen Sperrklausel orientierten Fraktionsmindestgröße zusteht, das sie bei einer Größe von vier Abgeordneten nicht verletzt sehen (S. 47 oben). Zudem betonen sie im Zusammenhang mit der Ausschussbesetzung, dass es ihnen gerade nicht um die Anerkennung als Fraktion geht (S. 38).

 

Die Anhebung der Fraktionsmindestgröße von vier auf fünf Abgeordnete muss auch nicht deshalb Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein können, weil dadurch der zahlenmäßige Abstand zwischen einer Gruppe und einer Fraktion vergrößert und dies vom Antragsgegner zum Anlass genommen werden kann, den Umfang parlamentarischer Teilhaberechte der Antragstellerin zu 4. zu beschränken. Ob die parlamentarischen Teilhaberechte der Antragstellerin zu 4. der Landesverfassung entsprechen, ergibt sich rechtlich allein aus der Auslegung der von den Antragstellern als verletzt gerügten Rechte aus Art. 55 Abs. 2 und Art. 56 Abs. 1, 2 LV, nicht aber aus dem Beschluss über die Fraktionsmindestgröße in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG. Dass der Antragsgegner sich bei der Ausgestaltung der parlamentarischen Rechte der Antragstellerin zu 4. auf die Neuregelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG berufen hat, ist mithin nur ein Reflex der Neuregelung der Fraktionsmindeststärke. Ob die Argumentation des Antragsgegners tragfähig ist, wird bei der Beurteilung der Frage zu betrachten sein, ob die parlamentarischen Rechte der Antragstellerin zu 4. verfassungsgemäß ausgestaltet worden sind.

 

Ein Verfassungsrechtsverhältnis ist auch nicht etwa deshalb gegeben, weil die Antragsteller durch § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG in ihnen durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten unmittelbar gefährdet wären. Eine unmittelbare Gefährdung liegt vor, wenn ein Zustand gegeben ist, der in abschätzbarer Zeit und bei erwartbarem Kausalverlauf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung führen wird (Schorkopf, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG § 64 Rn. 4). Es ist jedoch auf der Grundlage des Vorbringens der Antragsteller vollkommen offen, ob sich im Verlauf der Legislaturperiode ein weiterer Abgeordneter der Antragstellerin zu 4. anschließen wird.

 

2. Die Antragsteller zu 1. bis 3. sind als Mitglieder des Landtags, die Antragstellerin zu 4. ist als Gruppe im Organstreitverfahren beteiligtenfähig. Es handelt sich bei ihnen um andere Beteiligte, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Art. 113 Nr. 1  LV, § 35 i. V. m. § 12 Nr. 1 VerfGGBbg). So können sich die Antragsteller zu 1. bis 3., aber – was im Einzelnen noch zu zeigen sein wird – auch die Antragstellerin zu 4. auf Art. 56 Abs. 1, 2 LV berufen und steht allen Antragstellern als Teilen der Opposition das Recht aus Art. 55 Abs. 2 LV zur Seite. Zudem werden der Antragstellerin zu 4. durch die Geschäftsordnung des Landtags verschiedene Befugnisse eingeräumt.

 

3. Unzulässig ist der Antrag, soweit die Antragsteller sich durch die Beschlüsse von § 18 Abs. 1, 2, § 19 Abs. 1 Nrn. 3, 4, Abs. 2 FraktG sowie § 15 Abs. 1, § 26 Abs. 1, 3, § 31 Abs. 3 und § 74 Abs. 2, 6 GOLT in ihren Rechten verletzt sehen. Ihr Vorbringen genügt ebenso wenig wie dasjenige zum als verletzt behaupteten Recht aus Art. 67 Abs. 1 LV der auch im Organstreitverfahren geltenden, aus § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg folgenden Begründungspflicht (dazu Urteil vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

Anträge, die das Verfahren einleiten, sind zu begründen. Gefordert ist eine Begründung, welche die mögliche Verletzung der Rechte der Antragsteller aufzeigt und die dem Antragsgegner zuzuordnenden, rechtserheblichen Maßnahmen benennt (vgl. BVerfGE 99, 19, 30 f). Mit der Begründung müssen daher neben einem substantiierten Vortrag des entscheidungserheblichen Sachverhalts die wesentlichen rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 24, 252, 258 f; 130, 1, 21; Lenz/Hansel, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl., § 23 Rn. 18 m. w. Nachw.). Stehen, wie im Regelfall des Organstreitverfahrens, Rechtsfragen im Vordergrund, ist eine Auseinandersetzung mit diesen erforderlich (Urteil vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.). Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung hinsichtlich der vorgenannten Angriffsgegenstände nicht.

 

a) Dem Vorbringen der Antragsteller, die selbst nicht geltend machen, sie seien von Verfassungs wegen als Fraktion anzuerkennen, ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass ihnen durch die Gewährleistung der Fraktionen in Art. 67 Abs. 1 LV eigene Rechte zustehen könnten. Die Antragsschrift enthält weder Ausführungen dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen sich (auch) die Antragsteller auf dieses Recht berufen können, noch gar, ob Art. 67 Abs. 1 LV durch die verschiedenen beanstandeten Maßnahmen verletzt worden ist.

 

b) Dasselbe gilt auch in Bezug  auf die beanstandeten Beschlüsse zu § 18 Abs. 1, 2 FraktG und § 19 Abs. 1 Nrn. 3, 4, Abs. 2 FraktG sowie § 15 Abs. 1, § 26 Abs. 1, 3, § 31 Abs. 3 und § 74 Abs. 2, 6 GOLT. Auch insoweit ist der Antragsschrift nicht zu entnehmen, warum die genannten Bestimmungen die den Antragstellern allerdings grundsätzlich zustehenden Rechte aus  Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Abs. 1, 2 LV verletzen könnten. Die beanstandeten Maßnahmen werden teils ausschließlich im Antrag, teils noch bei der Schilderung des Sachverhalts erwähnt, sodann aber nicht weiter erörtert. Eine inhaltliche Auseinandersetzung unterbleibt. Während § 31 Abs. 3 GOLT ohnehin nur im Antrag aufgeführt wird, fehlt zu § 18 Abs. 1, 2, § 19 Abs. 1 Nrn. 3, 4, Abs. 2 FraktG sowie § 15 Abs. 1, § 26 Abs. 1, 3 und § 74 Abs. 2, 6 GOLT jegliche inhaltliche Auseinandersetzung. Diese ist in Bezug auf § 26 Abs. 1, 3 und § 74 Abs. 2, 6 GOLT auch nicht aufgrund der im Zusammenhang mit der Besetzung der Ausschüsse sowie der Rededauer im Plenum geführten Angriffe gegen § 10 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 GOLT i. V. m. Anlage 1 zur GOLT entbehrlich. Die dazu vorgebrachten Argumente betreffen § 26 Abs. 1, 3 und § 74 Abs. 2, 6 GOLT nicht und lassen auch sonst keinen Schluss auf deren mögliche Verfassungswidrigkeit zu. In Bezug auf die Ausschussbesetzung (§ 10 Abs. 1 GOLT) geht es den Antragstellern um eine Erhöhung der Anzahl der von ihnen zu besetzenden Ausschüsse, nicht aber um das Verfahren der Benennung von Ausschussmitgliedern durch die Antragstellerin zu 4. Das zeigt sich auch daran, dass die Antragsteller im Zuge der Beratung der Geschäftsordnung weder im Hauptausschuss noch später im Plenum Änderungsanträge zu § 74 Abs. 2, 6 GOLT gestellt haben. Hinsichtlich des Rederechts verhalten sich die Antragsteller eingehend zur Frage der Rededauer, nicht aber zu der sich aus § 26 GOLT ergebenden Debattengestaltung.

 

4. Bezüglich der weiter behaupteten Verletzung ihrer Rechte aus Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Abs. 1, 2 LV durch die Beschlüsse zu § 18 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG sowie § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, §§ 56, 60 Abs. 2 GOLT nebst Anlagen 1 und 3 sowie durch die Richtlinie über die Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes und die Raumvergabe im Landtag ist die Antragstellerin zu 4. antragsbefugt, nicht aber die Antragsteller zu 1. bis 3.

 

Die Antragsbefugnis setzt nach § 36 Abs. 1 VerfGGBbg voraus, dass die Antragsteller eine mögliche Verletzung oder unmittelbare Gefährdung der ihnen oder dem Organ, dem sie angehören, durch die Landesverfassung übertragenen Rechte und Pflichten durch den Antragsgegner geltend machen. Das ist der Fall, wenn sie schlüssig darlegen, dass eine solche Beeinträchtigung möglich ist (vgl. BVerfGE 117, 359, 366; 138, 256, 259; Bethge, in: Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: 48. EL Februar 2016, § 64 Rn. 66; Schorkopf, in: Burkiczak/Dollin-ger/Schorkopf, BVerfGG § 64 Rn. 5; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl., Rn. 1040). Umgekehrt fehlt es an der Antragsbefugnis, wenn auf der Grundlage dieses Vorbringens von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsgegner Rechte des Antragstellers verletzt hat (vgl. BVerfGE 118, 277, 317; 137, 185, 224). Dies zugrunde gelegt, kommt eine Verletzung der Rechte der Antragsteller zu 1. bis 3. durch die Beschlüsse zu § 18 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG sowie §. 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, §§ 56, 60 Abs. 2 GOLT nebst Anlagen 1 und 3, aber auch durch die Regelung der Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes und die Raumvergabe im Landtag von vornherein nicht in Betracht, während die Antragstellerin zu 4. geltend machen kann, durch die genannten Maßnahmen in ihren Rechten beschwert zu sein.

 

a) Die Antragstellerin zu 4. kann geltend machen, durch die genannten Maßnahmen in ihren Rechten verletzt zu sein. § 18 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG sowie § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, § 56, § 60 Abs. 2 GOLT nebst Anlagen 1 und 3, aber auch die Richtlinie über die Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes und die Raumvergabe im Landtag konkretisieren den parlamentarischen Status der Antragstellerin zu 4., indem sie deren sachliche und finanzielle Ausstattung sowie deren Mitwirkungsbefugnisse im Einzelnen näher ausformen. Ausgehend von ihrem Vorbringen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Rechte der Antragstellerin zu 4. aus Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Abs. 1, 2 LV durch den Antragsgegner verletzt worden sind, indem er die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Gruppenstatus nur unzureichend beachtet hat. Das gilt insbesondere auch hinsichtlich des durch Art. 55 Abs. 2 LV gewährleisteten Rechts der Opposition auf Chancengleichheit und Schutz der parlamentarischen Minderheit. Da die Antragstellerin zu 4. als Teil der Opposition mit eigenen Rechten ausgestattet ist (vgl. Beschluss vom 20. Februar 2003 - VfGBbg 112/02 -, LVerfGE 14, 139, 141), deren Inhalt und Umfang im Einzelnen nicht näher durch die Verfassung vorgegeben, sondern durch Auslegung zu ermitteln sind, kann auf der Grundlage ihres Vorbringens nicht ausgeschlossen werden, dass sie durch die verschiedenen von ihr beanstandeten Maßnahmen, die sämtlich ihren Status, ihre Ausstattung und ihre parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten betreffen, auch in diesem Recht verletzt ist.

 

b) Die Antragsteller zu 1. bis 3. sind hingegen von vornherein nicht durch die Beschlüsse zu § 18 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG sowie § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, §§ 56, 60 Abs. 2 GOLT nebst Anlagen 1 und 3 sowie durch die Richtlinie über die Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes und die Raumvergabe im Landtag in eigenen Rechten betroffen. Die in Rede stehenden Maßnahmen des Antragsgegners betreffen sämtlich keine den Antragstellern zu 1. bis 3. in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete des Landtages zugeordneten Berechtigungen und Verpflichtungen, die diese im vorliegenden Verfahren auch nicht jeweils für sich selbst beanspruchen. Vielmehr gestalten die genannten Maßnahmen die kollektive Rechtsstellung der Antragstellerin zu 4. näher aus.

 

So geht es den Antragstellern zu 1. bis 3. in Bezug auf das Ausschussbesetzungsrecht in § 10 Abs. 1 GOLT denn auch nicht darum, höchstpersönlich weiteren Ausschüssen zugewiesen zu werden. Vielmehr richtet sich ihr Antrag darauf, die Antragstellerin zu 4. bei der Verteilung der Ausschusssitze insgesamt besser zu stellen. Insofern machen die Antragsteller zu 1. bis 3. ein fremdes Recht geltend, auch wenn sie selbst im Falle eines Obsiegens der Antragstellerin zu 4. mittelbar davon profitieren würden. Dieses Verhältnis zwischen den Antragstellern zu 1. bis 3. einerseits und dem Antragsteller zu 4. andererseits gilt auch für die weiteren vorstehend genannten Maßnahmen und wird besonders an dem angegriffenen Beschluss zur Redezeit im Plenum deutlich. § 28 Abs. 1 GOLT i. V. m. Anlage 1 enthält neben Regelungen zum Rederecht der Fraktionen solche – hier allein angefochten – zum Rederecht der Gruppe, aber auch der fraktionslosen Abgeordneten. Insofern beeinflusst die Rechtsstellung der Gruppe zwar die tatsächlichen Mitwirkungsmöglichkeiten der Antragsteller zu 1. bis 3., indem sich die Möglichkeit, sich im Plenum äußern zu können, letztlich für Mitglieder einer Fraktion oder Gruppe anders darstellt als für fraktionslose Abgeordnete. Es handelt sich insoweit aber nicht um eigene Rechte der Antragsteller zu 1. bis 3., sondern um solche der Antragstellerin zu 4, die allein Zuordnungssubjekt dieser Maßnahme ist. Dasselbe gilt für die Fragen der internen Organisation sowie der sachlichen und finanziellen Ausstattung der Gruppe, deren Mitgliedschaft im Präsidium des Landtags, das Fragerecht sowie das Recht zur Beantragung einer Aktuellen Stunde. Demzufolge kann auch nur die Antragstellerin zu 4. in Bezug auf § 18 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG sowie § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 28 Abs. 1, §. 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, § 56, § 60 Abs. 2 nebst Anlagen 1 und 3 GOLT sowie auf die Richtlinie über die Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes und die Raumvergabe im Landtag antragsbefugt sein.

 

Es kommt auch nicht in Betracht, dass die Antragsteller zu 1. bis 3. Rechte der Antragstellerin zu 4. im Wege der Prozessstandschaft geltend machen. Denn dies ist allein Sache der Gruppe selbst, ihrer Willensbildung und Entscheidung (vgl. zum Verhältnis Abgeordneter – Fraktion BVerfGE 70, 324, 354; Badura, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 38 Rn. 89).

 

5. Hinsichtlich der beanstandeten Richtlinie über die Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes sowie der Raumvergabe im Landtagsgebäude ist der Antrag der Antragstellerin zu 4. deshalb unzulässig, weil er gegen den falschen Antragsgegner gerichtet ist.

 

Das Verfassungsgericht darf gegenüber einem Antragsgegner nur dann zur Sache erkennen, wenn dieser passiv prozessführungsbefugt ist. Das setzt voraus, dass der Antragsgegner die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung verursacht hat und für sie die „rechtliche Verantwortung“ trägt (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 38/12 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.). Dabei ist es wiederum Sache der Antragsteller schlüssig darzulegen, dass der Antragsgegner die Verantwortung für die Maßnahme oder Unterlassung trägt (vgl. BVerfG DÖV 2016, 175, 176 f; BVerfGE 62, 1, 33). Das ist hinsichtlich der Anträge zu 3. und 4. nicht der Fall.

 

a) Der Antragsgegner ist bezüglich der Richtlinie über die Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes nicht passiv prozessführungsbefugt, denn er hat diese als Organ nicht zu verantworten. Der Wortlaut des Antrags unter Nummer 3., wonach die Antragsteller die Feststellung begehren, dass „die Richtlinie über die Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtages Brandenburg, soweit sie der Antragstellerin zu 4. verwehrt, den Parlamentarischen Beratungsdienst mit Gutachten und Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen sowie anderen parlamentarischen Initiativen zu beauftragen (…) gegen Art. 55 Abs. 2, Art. 56 Abs. 1 und 2, Art. 67 Abs. 1 LV verstoßen“, zeigt, dass sich die Antragstellerin zu 4. durch die Fassung der genannten Richtlinie in eigenen Rechten verletzt sieht und diese zum Gegenstand des Verfahrens machen will. Ein anderes Verständnis des Antrags ergibt sich nicht aus der dazu in der Antragsschrift gegebenen Begründung, die sich nicht näher mit formalen Fragen befasst, sondern die Auswirkungen der Richtlinie auf die parlamentarische Arbeit der Antragsteller in den Mittelpunkt ihrer Erwägungen stellt. Versteht man den Antrag demnach dahin, dass eine Rechtsverletzung durch die vom vormaligen Landtagspräsidenten erlassene Richtlinie gerügt werden sollte, so fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der Frage, warum der Antrag nicht gegen die Präsidentin, sondern gegen den Antragsgegner gerichtet worden ist. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als das Verfassungsgericht bereits in einem vom Antragsteller zu 3. angestrengten Verfahren entschieden hat, der Antragsgegner sei in Bezug auf die Richtlinie über die Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes nicht passiv prozessführungsbefugt, weil nicht der Landtag, sondern dessen Präsidentin die Richtlinie zu verantworten habe (Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 38/12 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

Dem kann die Antragstellerin zu 4. nicht mit der Erwägung die Grundlage entziehen, tatsächlich sei das Unterlassen des Landtages, eine rechtskonforme Geschäftsordnungsregelung für den Parlamentarischen Beratungsdienst zu schaffen, Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Abgesehen davon, dass diese erstmals am 1. März 2016 und damit außerhalb der mit Ablehnung des Änderungsantrages des Antragstellers zu 2. zur Nutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes (LT-Ds. 6/882) am 19. März 2015 beginnenden sechsmonatigen Antragsfrist (§ 36 Abs. 3
VerfGGBbg) geäußerte Ansicht in der Antragsschrift selbst keinen Niederschlag gefunden hatte und schon deshalb unberücksichtigt bleiben muss, fehlt es wiederum an einer Auseinandersetzung mit der bereits zur Frage der passiven Prozessführungsbefugnis des Antragsgegners in Bezug auf die Richtlinie über die Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtages Brandenburg ergangenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts.

 

Im Übrigen überzeugt es nicht, dass es sich bei den Regelungen zur Benutzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes um allein dem Antragsgegner vorbehaltenes materielles Geschäftsordnungsrecht handele. Gegenstand des Geschäftsordnungsrechts ist die innerparlamentarische Ablauforganisation, deren Zweck es ist, den geschaffenen Organen, Unterorganen und Gliederungen des Parlaments Aufgaben zuzuweisen, ihr wechselseitiges Zusammenspiel zu ordnen und die verfahrensmäßigen Voraussetzungen zu schaffen, dass in einem geordneten Verfahren der Wille des Parlaments ermittelt und geäußert werden kann (so zu Art. 40 GG: Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 209; Morlok, in: Dreier, Grundgesetz, Bd. 2, 3. Aufl., Art. 40 Rn. 6). Betrifft das Geschäftsordnungsrecht mithin den parlamentarischen Geschäftsgang und die innere Disziplin im Landtag (so Urteil vom 17. September 2009 - VfGBbg 45/08 -, www.verfassungs-gericht.brandenburg.de; Lieber, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, Art. 68 Anm. 2; Schmidt, Die Geschäftsordnungen der Verfassungsorgane als individuell-abstrakte Regelungen des Innenrechts, AöR 128, 608, 616; zum Deutschen Bundestag: BVerfGE 44, 308, 314 f), umfasst es nicht auch die Ausgestaltung der Arbeit der Landtagsverwaltung, deren Bestandteil der Parlamentarische Beratungsdienst in Brandenburg ist.

 

Es ist auch sonst nicht Aufgabe des Plenums zu regeln, wer den Parlamentarischen Beratungsdienst in Anspruch nehmen darf. Zum Selbstorganisationsrecht des Antragsgegners gehört neben der durch Art. 68 LV verfassungsrechtlich gesicherten Geschäftsordnungsautonomie auch das Recht, sich zur Erfüllung seiner Funktionen die erforderlichen organisatorischen Einrichtungen zu schaffen (Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 57, 96 ff). Teil dieser Organisationsautonomie ist das Recht, sich selbst zu verwalten, also eine parlamentseigene Verwaltung zur organisatorischen Unterstützung des Antragsgegners als Ganzem und seiner Organe einzurichten und vorzuhalten (Blum, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 21 Rn. 43; Schindler, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 29 Rn. 25). Leiter der Landtagsverwaltung ist die Landtagspräsidentin, wie sich aus der ihr in Art. 69 Abs. 4 Sätze 2, 5 LV eingeräumten Befugnis ergibt, die Beschäftigten des Antragsgegners zu ernennen und zu entlassen sowie über dessen Einnahmen und Ausgaben nach Maßgabe des Haushaltsplanes verfügen zu können. Dies wird in § 106 Satz 3 Landesbeamtengesetz nachgezeichnet, wonach die Präsidentin des Landtages oberste Dienstbehörde und Dienstvorgesetzte der Beamten des Landtages ist (vgl. zur Rechtslage im Bund: H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Loseblatt, Stand: 75. EL September 2015, Art. 40 Rn. 107). Aus der Stellung als Leiterin der Landtagsverwaltung ergibt sich die Befugnis der Landtagspräsidentin, die Organisation der Landtagsverwaltung zu strukturieren und deren konkrete Tätigkeit durch Richtlinien, Erlasse und Weisungen zu lenken (Brocker, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 34 Rn. 13, 21), die – anders als die Geschäftsordnung – auch nicht der Diskontinuität unterliegen, denn die Verwaltung ist nur eine Hilfseinrichtung des Antragsgegners. Daraus ergibt sich zugleich die Befugnis der Landtagspräsidentin zu regeln, wer den zur Landtagsverwaltung gehörenden Parlamentarischen Beratungsdienst in Anspruch nehmen darf.

 

b) Im Hinblick auf die beanstandete Raumvergabe (Antrag zu 4.) ist der Antragsgegner ebenso wenig passiv prozessführungsbefugt. Er hat die Vergabe der Räume im Landtag rechtlich nicht zu vertreten. Zuständig dafür ist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 FraktG die Präsidentin. Dabei handelt es sich um eine eigene, wiederum auf Art. 69 Abs. 4 Sätze 2, 5 LV zurückführbare Verwaltungsbefugnis der Präsidentin, die sie nicht in Vertretung des Antragsgegners, sondern in eigener Verantwortung wahrnimmt.

 

II. Die Organklage ist teilweise begründet.

 

Die Beschlüsse des Antragsgegners zu § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG („Finanzierung“) sowie § 28 Abs. 1 GOLT nebst Anlage 1 („Redezeit“) und § 60 Abs. 2 GOLT nebst Anlage 3 („Aktuelle Stunde“) verletzen die Antragstellerin zu 4. in dem aus dem Tenor hervorgehenden Umfang in ihren Rechten aus Art. 56 Abs. 1 und 2 LV.

 

Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

 

1. Art. 56 Abs. 1 LV bestimmt, dass die Abgeordneten als Vertreter des ganzen Volkes an Aufträge und Weisungen nicht gebunden sind und von niemandem gezwungen werden dürfen, gegen ihr Gewissen oder ihre Überzeugung zu handeln. Die Vorschrift, die ihrem Wortlaut nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) entspricht, gewährleistet das freie Mandat des Abgeordneten und schützt ihn vor Beschränkungen bei der Mandatswahrnehmung (Urteil vom 16. Oktober 2003 - VfGBbg 4/03 -, LVerfGE 14, 189, 194 m. w. Nachw.). Das freie Mandat soll sicherstellen, dass der Prozess parlamentarischer Willensbildung frei von staatlicher Beeinträchtigung, aber auch partikularen Verpflichtungen ist, um den Abgeordneten in die Lage zu versetzen, im Interesse des Gemeinwohls kraft eigener, durch die Wahl erworbener Legitimation Kompromisse mit anderen Positionen eingehen und Interessen zurückstellen zu können (Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 140; Badura, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 38 Rn. 54). Im Hinblick auf die durch Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LV vorgegebene Repräsentation des ganzen Volkes kann ein Mandat aber nur dann frei ausgeübt werden, wenn der Abgeordnete die gleichen Mitwirkungsbefugnisse hat wie alle anderen Mitglieder des Landtags, ihnen also formal gleichgestellt ist (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 80, 188, 218; Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 141, 169; Badura, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 38 Rn. 56).

 

a) Zu den aus dem freien Mandat folgenden ungeschriebenen Rechten gehört auch die Befugnis des Abgeordneten, sich mit anderen Abgeordneten zur gemeinsamen Arbeit zusammenzuschließen (Urteil vom 10. November 1994 - VfGBbg 4/94 -,
LVerfGE 2, 201, 211; Lieber, in Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, Art. 56 Rn. 2; zum Bundesrecht vgl. BVerfGE 84, 304, 322; 96, 264, 278; Achterberg/Schulte, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl., Art. 38 Rn. 70; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, S. 238, 416). Dieses als Assoziations- (so Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 151) oder auch Koalitionsrecht (so Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 175) bezeichnete Recht ermöglicht den Abgeordneten die Bildung von Fraktionen, bei denen es sich um Vereinigungen von Abgeordneten zur Unterstützung der Mandatsausübung ihrer einzelnen Mitglieder auf Gegenseitigkeit handelt (Kluth, in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 40 Rn. 78; Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 175). Zweck der Fraktionsbildung ist es demnach, im durch die Aufgaben und Funktionen des Landtags gezogenen Rahmen den äußeren Ablauf des parlamentarischen Geschehens im Interesse der Funktionsfähigkeit des Landtags verlässlich zu ordnen (Zapfe, in: Classen/Litten/Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl., Art. 25 Rn. 4). Die Fraktionen ermöglichen eine arbeitsteilige Bewältigung der vielfältigen Aufgaben des Landtags. Mit der Fraktionsbildung geht zudem eine integrierende Wirkung einher, indem die Vielzahl von Abgeordneten in eine nun überschaubar werdende Zahl politischer Alternativen eingebunden werden und auch die Koordinierung unterschiedlicher Fachpolitiken erleichtert wird. Weiter ermöglichen die Fraktionen ihren Mitgliedern die Mitarbeit an parlamentarischen Initiativen und Vorlagen, indem sie diese in den Fraktionssitzungen behandeln. Darüber hinaus bieten die Fraktionen ihren Mitgliedern weitere zur effizienten Mandatswahrnehmung unerlässliche Leistungen, wie etwa die Möglichkeit der Informationsbeschaffung und –aufbereitung und das Anknüpfen und Pflegen politischer Kontakte (Urteil vom 10. November 1994 - VfGBbg 4/94 -, LVerfGE 2, 201, 208; Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 179-182; Zapfe, in: Classen/Litten/Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl., Art. 25 Rn. 15; vgl. auch BVerfGE 102, 224, 242 f).

 

b) Der Verfassungsgeber hat die auf der Grundlage von Art. 56 Abs. 1 LV gebildeten Fraktionen anders als im Grundgesetz in Ansehung ihrer zentralen Stellung im Prozess der parlamentarischen politischen Willensbildung und ihrer Funktion als Garanten parlamentarischer Handlungsfähigkeit in Art. 67 LV nicht nur als bestehend vorausgesetzt, sondern als eigenständige Akteure verfassungsrechtlich konstituiert (Urteil vom 10. November 1994 - VfGBbg 4/94 -, LVerfGE 2, 201, 208 f; Hölscheidt, Parlamentsfraktionen, S. 196, 238 mit Fn. 9). Nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV wirken sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbstständige und unabhängige Gliederungen an der Arbeit des Landtages mit und unterstützen die parlamentarische Willensbildung.

 

Daraus ergeben sich für die Fraktionen verschiedene Gewährleistungen. Zum einen garantiert die Landesverfassung den Fraktionen durch die Hervorhebung von deren Selbstständigkeit und Unabhängigkeit Autonomie und damit die Befugnis zur eigenständigen Regelung ihrer inneren Angelegenheiten. Zum anderen geht Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV davon aus, dass die Fraktionen über das Recht der Selbstorganisation hinaus Träger eigener Rechte und Pflichten im parlamentarischen Prozess sind. Dies zugrunde gelegt, ordnet die Landesverfassung den Fraktionen verschiedene Rechte zu. Dazu gehören das Recht, im Präsidium (Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LV) und in jedem Ausschuss mit mindestens einem Sitz (Art. 70 Abs. 2 Satz 2 LV) vertreten zu sein. Diese Rechte sind ebenso wie diejenigen aus Art. 72 Abs. 2 Satz 1 LV (Vorsitz im Untersuchungsausschuss) und Art. 73 Satz 2 LV (Grundmandat in Enquete-Kommissionen) Ausdruck des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Fraktionen, die im parlamentarischen Verfahren unabhängig von der Zahl ihrer Mitglieder hinsichtlich ihrer Aufgaben, Befugnisse und Rechte grundsätzlich untereinander rechtlich gleichgestellt sind (Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 194). Dies ergibt sich neben den vorgenannten Sondervorschriften für Fraktionen letztlich wiederum aus Art. 56 Abs. 1 LV. Die Fraktionen bündeln die aus dem freien Mandat ihrer Mitglieder folgenden Rechte, zu denen auch das Recht der formalen Gleichstellung der Abgeordneten gehört, das nicht durch den Eintritt in eine Fraktion verloren gehen kann und sich im Recht der formalen Gleichstellung der Fraktionen fortsetzt (vgl. BVerfGE 70, 324, 363; 93, 195, 203 f; Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 194). Dabei gewährleistet der Grundsatz der Chancengleichheit einerseits den Schutz der Minderheit im durch die Fraktionen getragenen parlamentarischen Willensbildungsprozess, darf andererseits aber nicht dazu führen, das durch die Wahlentscheidung entstandene Stärkeverhältnis der Fraktionen zu negieren (Zapfe, in: Classen/Litten/ Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl., Art. 25
Rn. 18). Insofern wird die formale Gleichstellung der Fraktionen durch den insbesondere in Art. 70 Abs. 2 Satz 1 LV, aber auch in Art. 72 Abs. 2 Satz 1 LV und Art. 73 Satz 2 LV zum Ausdruck kommenden Proportionalitätsgrundsatz ergänzt, der auf den ebenfalls in Art. 56 Abs. 1 LV enthaltenen Gedanken der Repräsentation zurückgeführt werden kann (zum Bundesrecht Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 38 Rn.187; Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand:178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 195). Danach können die Rechte der Fraktionen über einen notwendigen Grundbestand hinaus unter Berücksichtigung ihrer Mitgliederzahl ausgestaltet werden. Dies gilt nicht nur für die Zuteilung von Ressourcen (Art. 67 Abs. 1 Satz 3 LV), sondern auch für die Mitwirkung im parlamentarischen Verfahren (vgl. BVerfGE 84, 304, 323).

 

c) Art. 56 Abs. 1 LV beinhaltet aber nicht nur die Befugnis, sich mit anderen Abgeordneten derselben politischen Richtung zur gemeinsamen Arbeit in einer Fraktion zusammenzuschließen. Werden etwa – wie hier – die parlamentsrechtlichen Anforderungen an die Mindestmitgliederzahl einer Fraktion nicht erfüllt, können sich die Abgeordneten in Ausübung ihres durch Art. 56 Abs. 1 LV garantierten freien Mandats auch in anderer Weise zusammenschließen, um sich die Vorteile gemeinsamer Arbeit zunutze zu machen (vgl. BVerfGE 84, 304, 322 f; Hölscheidt, Parlamentsfraktionen, S. 427; H. H. Klein, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 18
Rn. 10; Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 38 Rn.171). Dass Art. 67 Abs. 1 LV die Fraktionen als Vehikel kooperativer Aufgabenerfüllung verfassungsrechtlich konstituiert, steht der parlamentsrechtlichen Anerkennung des Zusammenschlusses als Gruppe nicht entgegen, denn die Norm schließt andere Formen parlamentarischer Zusammenarbeit nicht aus. Das folgt schon daraus, dass die Bildung einer Fraktion selbst nicht durch Art. 67 Abs. 1 LV, sondern durch Art. 56 Abs. 1 LV geschützt wird (Urteil vom 10. November 1994 - VfGBbg 4/94 -, LVerfGE 2, 201, 211), der in Bezug auf die konkrete Form der Kooperation offen ist.

 

Auch die Bildung einer Gruppe als eines auf Dauer angelegten Zusammenschlusses von Abgeordneten trägt letztlich im Interesse der Funktionsfähigkeit des Landtags zur Steuerung des parlamentarischen Geschehens bei, indem die Mitarbeit einer größeren Anzahl fraktionsloser Abgeordneter vermieden wird, die zu erheblichen Reibungsverlusten führen kann (Hölscheidt, Parlamentsfraktionen, S. 426 f). Der Zweck der Gruppenbildung unterscheidet sich dabei im Grundsatz nicht von den der Fraktionsbildung zugrunde liegenden Motiven. Auch die Gruppe dient der gemeinsamen Verfolgung politischer Ziele und soll ihren Mitgliedern eine arbeitsteilige Bewältigung der vielfältigen Aufgaben des Landtags ermöglichen, wenn dies auch im Vergleich zu einer Fraktion wegen ihrer geringeren Größe notwendig nicht in demselben Umfang der Fall sein kann (Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 199).

 

Dem folgend, hat der Antragsgegner die Bildung einer Gruppe letztlich mit Ausnahme der (geringeren) Mitgliederzahl in § 18 Abs. 1 Satz 1 FraktG an dieselben Kriterien geknüpft, die auch für die Bildung einer Fraktion ausschlaggebend sind. Im Unterschied zu den Fraktionen wird eine Gruppe jedoch nicht durch Art. 67 LV eigenständig verfassungsrechtlich anerkannt. Demzufolge kommt ihr auch nicht derselbe verfassungsrechtliche Status zu, der durch Art. 67 Abs. 1 LV und die daran anknüpfenden weiteren verfassungsrechtlichen Vorschriften den Fraktionen vermittelt wird (so zur ähnlichen Rechtslage in Niedersachsen Hagebölling, Niedersächsische Verfassung, 2. Aufl., Art. 19 Rn. 1). Anders als die als notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens anerkannten Fraktionen (vgl. BVerfGE 20, 56, 104; 43, 142, 147; 70, 324, 350), kommen Gruppen nur ausnahmsweise und vereinzelt vor. Der Antragsgegner ist bei der Ausgestaltung ihrer parlamentarischen Mitwirkungsbefugnisse nicht verpflichtet, einer Gruppe alle diejenigen Rechte zu gewähren, die einer Fraktion zustehen, hat aber gleichwohl dafür Sorge zu tragen, dass eine Gruppe den mit ihrer Gründung verfolgten Zwecken so weit wie möglich gerecht werden kann. Vor diesem Hintergrund kann es ein starres „Abstandsgebot“ zwischen Fraktionen einerseits und Gruppen andererseits nicht geben. Dabei spielt nicht zuletzt eine Rolle, dass die Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen ein Zusammenschluss von Abgeordneten als Fraktion anzuerkennen ist und damit verfassungsrechtlich privilegiert wird, Teil der hier in Form eines Gesetzes (Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV) zu betätigenden Autonomie des Antragsgegners ist, die dieser wiederum unter Beachtung von Art. 56 Abs. 1 LV, aber auch im Hinblick auf den Schutzzweck des Art. 67 Abs. 1 LV zu konkretisieren hat.

 

d) Die parlamentarischen Mitgliedschaftsrechte der Abgeordneten und Fraktionen unterliegen der näheren Ausgestaltung durch Gesetz bzw. Geschäftsordnung, Art. 56 Abs. 2 Satz 3, Art. 67 Abs. 1 Satz 5, Art. 68 LV. Diese Befugnis erstreckt sich notwendig auch auf die Ausgestaltung der Mitgliedschaftsrechte der Antragstellerin zu 4.

 

Gesetz und Geschäftsordnung ermöglichen es, die Mitgliedschaftsrechte zu konkretisieren und einander so zuzuordnen, dass sie unter Berücksichtigung des besonderen Interesses an der Handlungsfähigkeit des Parlaments und des Prinzips der Beteiligung aller Abgeordneten im parlamentarischen Alltag wirksam werden können. Die Freiheit des Abgeordneten findet dabei ihre Grenze in den Rechten der anderen Abgeordneten, dem Recht des Landtages, sich eine Geschäftsordnung zu geben (Art. 68 LV) und dem Interesse an der Funktionsfähigkeit des Landtages (vgl. Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 159-161). Diese Einschränkungen gelten entsprechend auch für die Rechte der Fraktionen im parlamentarischen Beratungsgang. Mithin finden die Rechte einer Fraktion ihre Grenze in den Rechten der anderen Fraktionen, aber wiederum auch in der Geschäftsordnungsbefugnis des Landtags und auch dem Interesse an dessen Funktionsfähigkeit. Darüber hinaus werden die Mitwirkungsbefugnisse einer Fraktion im parlamentarischen Verfahren auch durch die aus Art. 56 Abs. 1 LV folgende formelle Gleichstellung der Abgeordneten und deren sich aus Art. 56 Abs. 2 LV ergebenden besonderen Mitwirkungsrechten begrenzt (vgl. BVerfGE 80, 188, 220 f). Umgekehrt kann aber auch das Recht der Abgeordneten durch die aus Art. 67 Abs. 1 LV folgenden Rechte der Fraktionen mindestens insoweit eingeschränkt werden, als es sich wegen ihrer Einbindung in eine Fraktion in die gemeinschaftliche Rechtsausübung einfügen muss (vgl. Zapfe, in: Classen/Litten/Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl., Art. 25 Rn. 14).

 

Für diese Auslegung spricht die aus Art. 67 Abs. 1 LV folgende eigenständige verfassungsrechtliche Konstituierung der Fraktionen, die erkennen lässt, dass das in Art. 67 Abs. 1 LV zum Ausdruck kommende kooperative Prinzip der Fraktionen den sich aus Art. 56 LV ergebenden individuellen Abgeordnetenrechten grundsätzlich gleichrangig gegenübertritt. Auf der Normebene der Verfassung besteht keine Hierarchie zwischen den einzelnen Vorschriften, die einen Vorrang des einen gegenüber dem anderen Recht zu begründen geeignet sein könnte (vgl. BVerfG, Urteil vom 3.  Mai 2016 - 2 BvE 4/14 -, juris Rn. 111). Insoweit bedarf es innerhalb der vorbeschriebenen Grenzen keiner besonderen Rechtfertigung, wenn in Ausübung der durch Art. 68 LV begründeten „inneren Selbstregierung“  des Parlaments durch die Geschäftsordnung Rechte der Fraktionen begründet werden (Hölscheidt, Parlamentsfraktionen, S. 244; Brocker, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 180, 181). Soweit demgegenüber die Auffassung vertreten wird, die Begründung eigenständiger Fraktionsrechte durch die Geschäftsordnung, die nicht auch dem einzelnen Abgeordneten zustehen könnten, sei eine begründungspflichtige Einschränkung des Abgeordnetenstatus (Morlok, in: Dreier, GG, Bd.  II, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 184), ist diese zum insoweit abweichenden Bundesrecht vertretene Auffassung nicht auf die Verfassungsrechtslage in Brandenburg übertragbar. Denn die Landesverfassung konstituiert die Fraktionen verfassungsrechtlich als eigenständige Organteile des Landtags.

 

In dieser „parlamentsrechtlichen Gemengelage“ ermöglicht Art. 68 LV dem Antragsgegner mit der Befugnis zum Erlass einer Geschäftsordnung, sich ein spezifisches Instrumentarium zur Erfüllung seiner Aufgaben zu schaffen. Art. 68 LV ermächtigt den Antragsgegner, innerhalb des weiten, unmittelbar durch die Verfassung gezogenen Rahmens zu bestimmen, auf welche Weise seine Mitglieder und Untergliederungen an der parlamentarischen Willensbildung mitwirken und welche Mitwirkungsbefugnisse einer Fraktion, einer bestimmten Zahl von Abgeordneten oder einer Gruppe von Abgeordneten vorbehalten bleiben (vgl. BVerfGE 84, 304, 321). Dies wird durch die sich aus Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV ergebende Ermächtigung ergänzt, die Voraussetzungen der Fraktionsbildung festzulegen. Der Antragsgegner ist im Rahmen von Art. 68 LV, aber auch nach Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV zur autonomen Regelung befugt, einen Ausgleich zwischen den unter Umständen divergierenden Rechtspositionen herbeizuführen. Diese autonome Regelungsbefugnis unterliegt im Hinblick auf damit notwendig einhergehende Einschränkungen von verfassungsrechtlichen Mitwirkungsbefugnissen nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (H. H. Klein, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 18 Rn. 21). Vielmehr kommt dem Antragsgegner innerhalb des von der Verfassung gezogenen Rahmens ein Spielraum bei der Beurteilung zu, in welcher Weise er seine internen Strukturen und Abläufe organisieren will. In diesem Sinne ist der Antragsgegner weitgehend frei, seine Vorstellungen effektiver parlamentarischer Arbeit zu verfolgen (H. H. Klein, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 18 Rn. 21). Die Regelungsbefugnis findet ihre Grenze erst dann, wenn das Recht aller Abgeordneten bzw. das Recht aller Fraktionen, an Willensbildung und Entscheidungsfindung des Landtages mitzuwirken, in Frage gestellt wird (H. H. Klein, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 18 Rn. 21 unter Verweis auf BVerfGE 80, 188, 219; 84, 304, 321 f).

 

Diese Betrachtungsweise hat notwendig Auswirkungen auf die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Kann es mit Rücksicht auf den Bereich autonomer Selbstregierung nicht verfassungsgerichtlicher Letztentscheidung unterliegen, in welcher Weise der Antragsgegner seine internen Strukturen und Abläufe gestaltet, ist das Gericht auf die Prüfung beschränkt, ob die vom Antragsgegner gewählte Ausgestaltung dazu führen würde, dass einerseits dem einzelnen Abgeordneten, andererseits aber auch den Fraktionen bei der parlamentarischen Willensbildung und Entscheidungsfindung nicht einmal der unerlässliche Mindestbestand an Mitwirkungsrechten zustehen würde.

 

e) Aus dieser durch die Bipolarität von Abgeordnetenrechten einerseits und Fraktionsrechten andererseits geprägten Lage folgt für die Rechtsstellung der Antragstellerin zu 4., dass der Antragsgegner bei Ausübung seiner Ausgestaltungsbefugnis zunächst zu berücksichtigen hat, dass die Landesverfassung eine Reihe von Rechten an den Fraktionsstatus anknüpft. Im Hinblick auf die durch Art. 67 Abs. 1 LV bewirkte konstitutive Anerkennung der Fraktionen kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den weiteren in der Landesverfassung speziell den Fraktionen zugeordneten Rechten und Befugnissen nur um Hinweise zur Berücksichtigung aller im Landtag vertretenen politischen Formationen im Rahmen des Proportionalverfahrens handeln könnte (so aber Minderheitsvotum in BVerfGE 84, 304, 337, zu Art. 53a GG). Anderenfalls wäre die in Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV enthaltene Betonung eigener Rechte und Pflichten der Fraktionen unverständlich. Demzufolge können die davon umfassten Rechte und Befugnisse der Antragstellerin zu 4. nicht, auch nicht im Wege der Geschäftsordnung, zugewiesen werden. Auf der anderen Seite muss der Antragsgegner bei der Ausgestaltung der Rechte beachten, dass die Antragstellerin zu 4. als Zusammenschluss von Abgeordneten nicht weniger Rechte innehaben darf, als ein einzelner – fraktionsloser – Abgeordneter. Innerhalb des durch diese Grenzen gezogenen weiten Rahmens obliegt es dem Antragsgegner, Status und Rechte der Antragstellerin zu 4. gegenüber dem einzelnen Abgeordneten, aber auch im Verhältnis zu den Fraktionen im Interesse der Funktionsfähigkeit des Antragsgegners  auszugestalten. Dabei muss er berücksichtigen, dass es sich bei der Antragstellerin zu 4. zwar nicht um eine Fraktion, aber auch nicht lediglich um eine schlichte Ansammlung fraktionsloser Abgeordneter handelt. Da auch die Antragstellerin zu 4. dem Interesse an der Funktionsfähigkeit des Landtags zur Ordnung des äußeren Ablaufs des parlamentarischen Verfahrens dient und zur effektiveren Wahrnehmung des Abgeordnetenmandats beiträgt, darf der Antragsgegner die von ihm grundsätzlich anerkannte Antragstellerin zu 4. nicht lediglich mit denselben Rechten ausstatten, die einem fraktionslosen Abgeordneten zustehen. Vielmehr muss er, ohne zu einer möglichst weitgehenden Annäherung an den Rechtsstatus der Fraktionen gezwungen zu sein, bei der ihm obliegenden Beurteilung bedenken, dass die mit dem Zusammenschluss zu einer Gruppe verfolgten, der Erfüllung der Aufgaben des Antragsgegners förderlichen Zwecke durch die Ausgestaltung von Status und Verfahren entfaltet werden können.  

 

2. Ausgehend von diesen Maßstäben verletzen die Beschlüsse zur Finanzierung der Gruppentätigkeit in § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG,  der durch § 60 Abs. 2 GOLT i. V. m. Anlage 3 bewirkte Ausschluss von der Möglichkeit, selbst eine Aktuelle Stunde anmelden zu können sowie die Festlegung der Redezeit durch § 28 Abs. 1 GOLT i. V. m. Anlage 1 die Antragstellerin zu 4. in ihren Rechten aus Art. 56 Abs. 1, 2 LV. Die formalen Vorgaben bei der Einbringung von Beratungsmaterialien nach § 18 Abs. 3 FraktG i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GOLT, die Regelungen zur Mitgliedschaft im Parlamentspräsidium (§ 11 Abs. 1 GOLT) und zur Gremienbesetzung (§ 10 Abs. 1 GOLT) sowie der Ausschluss von der Stellung Großer Anfragen durch § 56 GOLT verletzen die Antragstellerin zu 4. hingegen nicht in ihren durch Art. 56 Abs. 1, 2 LV gewährten Rechten.

 

a) Die Regelungen zur Finanzierung der Gruppentätigkeit in § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG verletzen die Antragstellerin zu 4. in ihren Rechten aus Art. 56 Abs. 1 LV. Die Antragstellerin zu 4. hat von Verfassungs wegen aus Art. 56 Abs. 1 LV Anspruch auf eine ihren Aufgaben angemessene Ausstattung mit sachlichen und personellen Mitteln (vgl. BVerfGE 84, 304, 324, 333). Diesen Anspruch hat der Antragsgegner nicht hinreichend erfüllt.

 

aa) Der Anspruch der Antragstellerin zu 4. auf eine ihren Aufgaben angemessene Ausstattung mit sachlichen und personellen Mitteln ist weder aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen, noch ist er bereits durch andere Zuwendungen an die Antragsteller zu 1. bis 3. erfüllt.

 

aaa) Art. 67 Abs. 1 Satz 3 LV schließt die Gewährung von Mitteln an die Antragstellerin zu 4. nicht aus. Der darin ausdrücklich geregelte Anspruch der Fraktionen auf angemessene Ausstattung berechtigt nicht auch die Antragstellerin zu 4. Sie ist keine Fraktion. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass der Antragstellerin zu 4. keine sachliche und personelle Unterstützung gewährt werden darf. So wie Art. 67 Abs. 1 LV der Bildung einer Gruppe als anderer Form parlamentarischer Zusammenarbeit nicht entgegensteht, schließt er auch die Gewährung von auf anderer Grundlage beruhenden Zuschüssen an die Antragstellerin zu 4. nicht aus.

 

bbb) Der Anspruch der Antragstellerin zu 4. ist nicht schon durch Zuwendungen erfüllt, die die Antragsteller zu 1. bis 3. für die Beschäftigung von Mitarbeitern nach dem Abgeordnetengesetz erhalten können, wie der Antragsgegner aber zu Unrecht meint. Anspruchsberechtigt nach § 8 Nr. 1 Abgeordnetengesetz (AbgG) sind ausschließlich die Antragsteller zu 1. bis 3. persönlich, nicht aber die Antragstellerin zu 4., die nach § 18 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 3 FraktG eigenständig am Rechtsverkehr teilnehmen kann. Insofern können diese Mittel schon aus Rechtsgründen nicht zur Erfüllung von Leistungsansprüchen der Antragstellerin zu 4. dienen. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass die von § 8 Nr. 1 AbgG eingeräumte Möglichkeit, Aufwendungen für die Beschäftigung persönlicher Mitarbeiter erstattet zu erhalten, der individuellen Unterstützung der Abgeordneten bei der Mandatsausübung, nicht aber der gemeinsamen Mandatsverwirklichung in einer Gruppe dient.

 

bb) Der Zuschussanspruch der Antragstellerin zu 4. folgt aus Art. 56 Abs. 1 LV. Dieser berechtigt die Abgeordneten, sich zu Fraktionen, aber auch in anderer Weise zusammenzuschließen. Wenn der Antragsgegner im Hinblick auf die mit dem Zusammenschluss von Abgeordneten verbundene erhebliche Effektivierung der parlamentarischen Arbeit aus dem Haushalt Mittel für die Fraktionsarbeit zur Verfügung stellt, so folgt das der Verpflichtung aus Art. 67 Abs. 1 Satz 3 LV. Der ebenfalls in Art. 56 Abs. 1 LV verankerte Grundsatz formaler Gleichstellung der Abgeordneten verlangt, auch andere Formen von auf Dauer angelegten Kooperationen von Abgeordneten, wie es die Antragstellerin zu 4. ist, in vergleichbarer Form zu unterstützen (vgl.
BVerfGE 84, 304, 324, 333). Die Fraktionstätigkeit wird nach Art. 67 Abs. 1 Satz 3 LV, § 3 Abs. 1 Satz 1 FraktG nicht um ihrer selbst willen gefördert. Die Fraktionen sollen vielmehr in die Lage versetzt werden, ihre vielfältigen, zur Funktionsfähigkeit des Antragsgegners beitragenden Aufgaben erfüllen zu können. Maßstab für die Bemessung der den Fraktionen zugewiesenen Mittel sind mithin allein deren Aufgaben innerhalb des Antragsgegners. Art. 67 Abs. 1 Satz 3 LV rechtfertigt keine aufgabenunabhängige „Alimentation“ von Fraktionsapparaten. Insbesondere lässt der Umstand, dass die Fraktionen nach dem Fraktionsgesetz über eigene Organe verfügen und einer juristischen Person stark angenähert werden, keinen Rückschluss auf die Notwendigkeit einer bestimmten Mittelausstattung zu.

 

cc) Die finanzielle Förderung anderer institutionalisierter Abgeordnetenzusammenschlüsse wie der Antragstellerin zu 4. muss sich im Hinblick auf Art. 56 Abs. 1 LV ebenfalls grundsätzlich an diesen Aufgaben ausrichten. Dabei muss der Antragsgegner der Bemessung der Zuschüsse zugrunde legen, dass Fraktionen und Gruppen prinzipiell demselben Zweck dienen, nämlich der gemeinsamen Verfolgung politischer Ziele und der arbeitsteiligen Bewältigung der vielfältigen Aufgaben des Antragsgegners. Unterschiede ergeben sich allein daraus, dass den Fraktionen einzelne Rechte durch die Verfassung vorbehalten werden und Abgeordnetenzusammenschlüsse wegen ihrer geringen Größe nicht alle Aufgaben in demselben Umfang ausführen können, wie dies den Fraktionen möglich ist (weitergehend Morlok DVBl 1991, 998, 1000).

 

dd) Dies zugrunde gelegt, hat der Antragsgegner den Anspruch der Antragstellerin zu 4. auf Förderung ihrer parlamentarischen Tätigkeit durch § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG nicht hinreichend erfüllt. Die der Antragstellerin zu 4. zugebilligten Mittel sind unangemessen gering. Der Antragsgegner hat die Aufgaben der Antragstellerin zu 4. nur lückenhaft wahrgenommen und damit unzureichend berücksichtigt. Indem er die Höhe der Zuschüsse „an der Stärkung der Zusammenarbeit der Gruppenmitglieder“ (LT-Ds. 6/871, S. 3) ausgerichtet hat, verkennt er grundlegend die parlamentarischen Aufgaben der Antragstellerin zu 4. seiner Antragserwiderung ist dazu zu entnehmen, dass er unter der Stärkung der Zusammenarbeit allein die Koordinierung der Zusammenarbeit unter den Antragstellern zu 1. bis 3. versteht. Keine Bedeutung scheint der Antragsgegner jedoch etwa der sachkundigen, allgemeinen Vorbereitung parlamentarischer Initiativen, der fachlichen Unterstützung im Rahmen der Ausschussarbeit, der Informationsbeschaffung und -aufbereitung oder auch allgemein der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beizumessen, die aber im Zuge der Gruppenarbeit im Grundsatz keineswegs anders als bei einer Fraktion auftreten. Es ist bezeichnend, dass § 19 Abs. 1 Nr. 3 FraktG auch § 4 FraktG für entsprechend anwendbar erklärt, der in seinem Absatz 2 gerade die Öffentlichkeitsarbeit zu den Aufgaben der Fraktionen und damit auch der Gruppe rechnet.

 

Darüber hinaus hat der Antragsgegner die Bemessung der Ausstattung der Antragstellerin zu 4. mit sachlichen und personellen Mitteln auch sonst nicht in angemessener Weise an dem ausgerichtet, was die Fraktionen beanspruchen können. Der Antragsgegner hat sich bei der Bemessung der an die Fraktionen zu leistenden Zuwendungen in § 3 Abs. 1 Satz 2 FraktG entschieden, den für alle Fraktionen selben Grundbetrag durch einen mitgliederzahlbezogenen Zuschlag zu ergänzen. Darüber hinaus erhalten die nicht die Regierung tragenden Fraktionen wegen des sich aus Art. 55 Abs. 2 Satz 2 LV ergebenden Rechts der Opposition auf Chancengleichheit jeweils einen Oppositionszuschlag, durch den die Vorteile der die Regierung tragenden Mehrheit ausgeglichen werden sollen (vgl. BremStGH LVerfGE 15, 155, 177). Berücksichtigt man, dass der Aufgabenbestand der Antragstellerin zu 4. mit Blick auf den mit ihrer Bildung verfolgten Zweck sich eher gering von dem der Fraktionen unterscheidet, was sich noch am ehesten in der nur beschränkten Repräsentanz in den Ausschüssen des Antragsgegners und dem hiermit verbundenen geringeren Arbeitsumfang widerspiegelt, mögen gewisse Abschläge bei der Bemessung des Grundzuschusses im Vergleich zu den Fraktionen gerechtfertigt erscheinen, nicht aber dessen Reduzierung auf lediglich ein Fünftel. Umgekehrt kann bei der Bemessung des Grundzuschusses nicht übergangen werden, dass die Antragstellerin zu 4. einzelne Sachleistungen der Landtagsverwaltung anders als Fraktionen gegenwärtig nicht in Anspruch nehmen darf. Ob die Antragstellerin zu 4. einen Anspruch auf Inanspruchnahme der Leistungen des Parlamentarischen Beratungsdienstes haben könnte, muss an dieser Stelle offenbleiben. Es kann aber nicht übersehen werden, dass in der Möglichkeit, diese in besonderem Maße qualifizierte Beratungsleistung in Anspruch nehmen zu können, ein wesentlicher Vorteil liegt, auch wenn dies nicht als Leistung im Fraktionsgesetz ausgewiesen wird. Kann aber die Antragstellerin zu 4. diese besonders qualifizierte Unterstützungsleistung der Landtagsverwaltung nicht in Anspruch nehmen, wird sie in weiterem Umfang als die Fraktionen für die Erfüllung ihrer Aufgaben auf externe Beratungsleistungen angewiesen sein.

 

Soweit den Fraktionen weiter pro Mitglied ein bestimmter Betrag zur Verfügung gestellt wird, ist kein Grund ersichtlich, warum dieser Betrag für die Antragstellerin zu 4.  ebenfalls auf ein Fünftel abgesenkt wird. Der pro-Kopf-Betrag dient gerade der Berücksichtigung des Proporzes und stellt sicher, dass ein größerer Abgeordnetenzusammenschluss mehr Mittel erhält als ein kleinerer. Warum dann aber für die Antragstellerin zu 4. überhaupt eine Absenkung vorgesehen ist, erschließt sich nicht. Dasselbe gilt für den Oppositionszuschlag, gehört doch auch die Antragstellerin zu 4. zweifellos zur Opposition. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die einheitliche Absenkung aller Leistungen „konsistenter“ (LT-Ds. 6/871, S. 3) sein soll, zumal der Antragsgegner den maßgeblichen Aufgabenbestand der Antragstellerin zu 4. zu gering angesetzt hat.

 

Die unterschiedliche strukturelle Ausgestaltung von Fraktionen und Gruppen rechtfertigt die unterschiedliche Bemessung der finanziellen Zuschüsse entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht. Abgesehen von der einer solchen Argumentation immanenten Gefahr eines Zirkelschlusses, ist nicht nachvollziehbar, warum eine durch das Fraktionsgesetz stärker personalistisch strukturierte Gruppe nicht auch in der Lage sein könnte, aufgabenbezogen einen entsprechenden Apparat aufzubauen und zu unterhalten.

 

ee) Der Antragsgegner hat die Antragstellerin zu 4. hingegen nicht schon deshalb in ihren Rechten verletzt, weil er erst beginnend mit dem 1. April 2015 die Zahlung von Zuschüssen an sie vorgesehen hat. Die parlamentarischen Grundlagen für die Anerkennung der Antragstellerin zu 4. als einer Gruppe sind erst durch die – hier zum Teil angegriffenen – Beschlüsse des Landtags vom 19. März 2015 geschaffen worden.

 

b) Die Antragstellerin zu 4. ist in ihrem Recht aus Art. 56 Abs. 2 LV verletzt, indem ihr der Antragsgegner durch § 60 Abs. 2 GOLT i. V. m. Anlage 3 verwehrt, eine Aktuelle Stunde anzumelden.

 

Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LV räumt den Abgeordneten ausdrücklich das Recht ein, nach Maßgabe der Regelungen der Geschäftsordnung im Parlament das Wort zu ergreifen. Das Rederecht wird durch die Geschäftsordnung näher ausgeformt. Dazu gehört neben der gesondert zu betrachtenden Redezeitregelung und der nicht mit zulässigen Rügen angegriffenen Redeordnung auch die Einführung besonderer Debattenformate. Ein solches Debattenformat ist die in § 60 Abs. 2 GOLT vorgesehene Möglichkeit einer Aussprache zu einer bestimmt bezeichneten aktuellen Frage der Landespolitik, mit der nach der Übung des Landtages jede Plenarsitzung beginnt. Ermöglicht der Antragsgegner durch § 60 Abs. 2 GOLT eine besondere Form der Aussprache ohne Beschlussziel im Plenum (Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, Stand: Dezember 2014, § 106 Anm. I. d) aa); Zeh, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 32 Rn. 32), wird die Beteiligung an Aktuellen Stunden von dem in Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LV garantierten parlamentarischen Rederecht umfasst. Es handelt sich dabei nicht um einen speziellen Teil des in § 60 Abs. 1 GOLT teilweise näher ausgeformten Fragerechts (zum Bundesrecht Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, Stand: Dezember 2014, Vorbem. zu §§ 100-106, Anm. I).

 

Entscheidet sich der Antragsgegner, eine solche Form des offenen Meinungsaustauschs zwischen Parlament und Regierung zu einem aktuellen Thema (Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 35 Rn. 82) einzuführen, muss er auch festlegen, wer über den Gegenstand der Aussprache bestimmen darf. Aus Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LV selbst folgt nicht unmittelbar, wer in Ansehung der knappen für die Parlamentsarbeit zur Verfügung stehenden Zeit über das in öffentlicher Rede zu debattierende aktuelle Thema der Landespolitik entscheiden darf. Dies bedarf vielmehr einer Konkretisierung durch die Geschäftsordnung (Art. 56 Abs. 2 Satz 3 LV). Der dem Antragsgegner hierbei eröffnete Ausgestaltungsspielraum muss einerseits die eigenständige Rechtsstellung der Fraktionen aus Art. 67 Abs. 1 LV berücksichtigen, andererseits aber auch die aus Art. 56 Abs. 1 LV folgenden Rechte des einzelnen Abgeordneten und auch der Antragstellerin zu 4.

 

Dies zugrunde gelegt, überschreitet die Privilegierung der Fraktionen bei der Möglichkeit, ein Thema zur Aktuellen Stunde anzumelden, den dem Antragsgegner eröffneten Ausgestaltungsspielraum und verletzt die Antragstellerin zu 4. in ihrem Recht aus Art. 56 Abs. 2 LV. Der Antragsgegner hat die Möglichkeit, eine Aktuelle Stunde anmelden und damit den Gegenstand der Aussprache bestimmen zu können, auf Fraktionen beschränkt und der Antragstellerin zu 4. diese Möglichkeit nicht eingeräumt. Dabei knüpft er das Antragsrecht nach Nummer 2 der Anlage 3 zur Geschäftsordnung an den Fraktionenproporz im Präsidium an, in dem die Antragstellerin zu 4. nicht vertreten ist. Aus dem mit der Aktuellen Stunde ausdrücklich verfolgten Zweck, ein aktuelles Thema der Landespolitik öffentlich zu diskutieren, lässt sich ableiten, dass damit aus aktuellem Anlass für das Land relevante Debatten im Plenum geführt werden können sollen. Da sich die Frage der Relevanz je nach dem politischen Standpunkt unterschiedlich beantworten lässt, aber dennoch lediglich partikulare Interessen betreffende Debattenthemen vermieden werden sollen (dazu Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, Stand: Dezember 2014, § 106 Anm. I. d) dd)), erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass der Antragsgegner fraktionslosen Abgeordneten nicht die Möglichkeit eingeräumt hat, eine Aktuelle Stunde zu beantragen.

 

Demgegenüber können Fraktionen, die eine größere Anzahl von Abgeordneten repräsentieren, regelmäßig nicht zuletzt im Hinblick auf ihre integrierende Wirkung Themen in anderer Weise auf ihre landespolitische Relevanz prüfen und auch zuspitzen. Diese die Qualität der Debatte fördernde Fähigkeit der Fraktionen rechtfertigt es jedoch nicht, die Antragstellerin zu 4. von der Anmeldung einer Aktuellen Stunde völlig auszuschließen. Es ist bereits ausgeführt worden, dass sich der Zweck des Zusammenschlusses zu einer Gruppe nicht wesentlich von demjenigen unterscheidet, der zum Zusammenschluss einer Fraktion führt. Vielmehr unterscheidet sich die Gruppe letztlich allein durch den zufolge ihrer geringeren Mitgliederzahl faktisch reduzierten Umfang der mit ihrer Bildung verbundenen mandatsbezogenen Arbeitserleichterung von einer Fraktion. Ist der Antragsgegner aber verpflichtet, auf den mit der Gruppenbildung verfolgten Zweck bei der Ausgestaltung seiner Geschäftsordnung Rücksicht zu nehmen und dieses Ziel auch zu fördern, kommt ein Ausschluss der Antragstellerin zu 4. von dem Recht, eine Aktuelle Stunde zu beantragen, nicht in Betracht. Auch die Antragstellerin zu 4. bündelt – wenn auch in geringerem Umfang – eine Mehrzahl politischer Ansichten und führt sie zu einem Ausgleich. Auch ist sie in verschiedenen Landesteilen verankert und insofern im Unterschied zu einem fraktionslosen Abgeordneten besser in der Lage, politische Ansichten zu integrieren und die landespolitische Relevanz eines Themas einschätzen und „auf den Punkt“ bringen zu können.

 

Soweit der Antragsgegner demgegenüber in Art. 60 Abs. 2 GOLT ein auf Art. 67 Abs. 1 LV zurückführbares ausschließliches Fraktionsrecht sieht, überzeugt das nicht. So ist schon nicht nachvollziehbar, warum die Form der Aktuellen Stunde rechtfertigen soll, den Kreis der Antragsberechtigten auf die Fraktionen zu beschränken. Wenn es die Eigenart der Aktuellen Stunde ist, die wesentlichen zu einem Thema vertretenen Standpunkte in konzentrierter, straffer Form einander gegenüber zu stellen, der Antragsgegner zugleich aber hervorhebt, auch die Antragstellerin zu 4. könne sich an diesen Debatten beteiligen (S.40 oben der Antragserwiderung), mithin also ihren Standpunkt in ebendieser Weise zu Gehör bringen, dann ist nicht einsichtig, warum sie selbst niemals berechtigt sein soll, eine solche Debatte zu verlangen. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, aus welchem Grund die Aktuelle Stunde als besonderes Fraktionsrecht nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV anzusehen sein sollte, einmal abgesehen davon, dass sie umgekehrt eine besondere Form der durch Art. 56 Abs. 2 LV speziell geschützten parlamentarischen Rede ist. Im Übrigen scheint auch der Antragsgegner davon auszugehen, dass die Durchführung einer Aktuellen Stunde Ausfluss der Abgeordnetenrechte ist, geht er doch in der Antragserwiderung davon aus, dass eine bestimmte Zahl von Abgeordneten eine solche Debatte verlangen kann (S.   40 der Antragserwiderung). Dies ist indes ausweislich der geltenden Geschäftsordnung gerade nicht der Fall.

 

c) Das durch Art. 56 Abs. 2 LV geschützte Rederecht der Antragstellerin zu 4. wird durch die Festlegung der Redezeit in § 28 Abs. 1 GOLT i. V. m. Anlage 1 teilweise verletzt.

 

Art. 56 Abs. 2 LV räumt den Abgeordneten ausdrücklich das Recht ein, nach Maßgabe der Regelungen der Geschäftsordnung im Parlament das Wort zu ergreifen. Damit trägt die Landesverfassung einerseits dem Umstand Rechnung, dass das Rederecht zur Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben des Abgeordneten geradezu unverzichtbar und statusbestimmend ist (vgl. BVerfGE 60, 374, 380), andererseits aber unter „Knappheitsbedingungen“ (so BVerfG, Urteil vom 3. Mai 2016 - 2.  BvE 4/14 -, juris Rn. 104) betätigt werden muss. Bedarf die Art und Weise der Ausübung des Rederechts näherer Konkretisierung durch die Geschäftsordnung, muss diese sich wiederum vom Prinzip der gleichen Teilhabe aller Abgeordneten an der parlamentarischen Willensbildung leiten lassen (vgl. BVerfGE 96, 264, 284). In welcher Weise die Redezeiten durch die Geschäftsordnung kontingentiert werden, liegt dabei in der autonomen Entscheidung des Antragsgegners, der sich von verschiedenen Erwägungen leiten lassen kann. So können einerseits eher die Fraktionsparität betont und allen Fraktionen dieselbe Redezeit gewährt werden, andererseits aber auch stärker die Mehrheitsverhältnisse berücksichtigt werden und der Gedanke der Proportionalität in den Mittelpunkt gestellt werden (Schürmann, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 20 Rn. 38, 41). In jedem Fall muss aber bei der Ausgestaltung darauf geachtet werden, dass die parlamentarische Rede ihrem Zweck genügen kann, die politische Position des Redners zum jeweiligen Beratungsgegenstand unter Auseinandersetzung mit den anderen politischen Positionen deutlich hervortreten zu lassen. Das hat nicht zuletzt Bedeutung für die Länge der Rede (Schürmann, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 20 Rn. 42).

 

Der Antragsgegner konkretisiert das in § 28 Abs. 1 Satz 1 GOLT dahin, dass die Zeitdauer für eine Aussprache über einen Beratungsgegenstand durch Beschluss des Präsidiums oder des Plenums beschränkt werden kann, wobei der Beschränkung die in Anlage 1 der Geschäftsordnung empfohlenen Redezeiten zugrunde zu legen sind. Die Anlage 1 enthält fünf fraktionsbezogene Redezeitmodelle, die die Rededauer der einzelnen Fraktionen und der Landesregierung konkretisieren und neben einem paritätischen Modell (Modell 1: Redezeit jeweils 5 Minuten), das nach (zutreffender) Angabe des Antragsgegners in der parlamentarischen Praxis am häufigsten angewendet wird, verschiedene proportionale Modelle bei einer jeweils insgesamt längeren Gesamtrededauer festlegen. Zudem enthält der Einbringende einen Bonus von fünf Minuten.

 

Während auch die Antragstellerin zu 4. den „Einbringendenbonus“ erhält, wird sie in den Redezeitmodellen 1 bis 5 nicht berücksichtigt. Statt dessen wird ihr ein pauschales mitgliederbezogenes Redezeitkontingent von 30 Minuten je Sitzungstag eingeräumt, das sie auf die Beratungsgegenstände mit der Maßgabe verteilen kann, dass ein Redebeitrag nicht länger als fünf Minuten dauern soll, wobei Ausnahmen möglich sein sollen und nach unwidersprochen gebliebener Darstellung des Antragsgegners in gewissem Umfang (Übertragung nicht verbrauchter Redezeit auf den nächsten Sitzungstag) auch praktiziert werden.

 

Das pauschale, mitgliederbezogene Redezeitkontingent steht im Grundsatz mit der Landesverfassung im Einklang. Der Antragsgegner ist von Verfassungs wegen nicht gezwungen, die Antragstellerin zu 4. in die für die Fraktionen zur Anwendung kommenden Redezeitmodelle einzubeziehen. Da die Antragstellerin zu 4. keine Fraktion ist, muss sie bei der Bemessung der Rededauer nicht zwingend mit einer Fraktion gleichbehandelt werden (vgl. BVerfGE 96, 264, 287). Vielmehr steht es dem Antragsgegner frei, ein davon abweichendes Konzept zu verfolgen. Dieses Konzept muss jedoch geeignet sein, der Antragstellerin zu 4. eine auch im Verhältnis zu den Fraktionen und dem möglichen Nachteil für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments noch angemessene Darstellung ihrer politischen Positionen zu ermöglichen, zumal einer ihrer Abgeordneten nicht jeweils nur für sich alleine, sondern für (zwei) weitere Mitglieder des Parlaments spricht (dazu vgl. BVerfGE 80, 188, 228 f). Dem genügt die Regelung zur Redezeit der Antragstellerin zu 4. in Anlage 1 zu § 28 Abs. 1 GOLT zwar für die durchschnittliche Plenarsitzung. Anders liegt es hingegen, wenn die Sitzung nach § 23 Abs. 1 GOLT unterbrochen und am folgenden Tag fortgesetzt werden muss. Im Einzelnen:

 

Das der Antragstellerin zu 4. eingeräumte Redezeitkontingent ist für eine durchschnittliche Plenarsitzung nicht unangemessen. Nach den im Internet über die Seite des Landtags (www.landtag.brandenburg.de) abrufbaren Angaben dauert eine Plenarsitzung ohne Berücksichtigung der Fortsetzungstage, aber einschließlich der Pausen durchschnittlich länger als neun Stunden. Dabei werden neben der Aktuellen Stunde und der Fragestunde regelmäßig über zehn Beratungspunkte ganz überwiegend unter Anwendung des Redezeitmodells 1 debattiert. Ohne Berücksichtigung des an eigenen parlamentarischen Aktivitäten der verschiedenen Gruppierungen anknüpfenden fünfminütigen Bonus für Einbringende ergeben sich für die Fraktionen unter Berücksichtigung der Aktuellen Stunde, für die Redezeitmodell 2 (Redezeiten zwischen 5 und 13 Minuten) gilt, durchschnittliche Redezeiten zwischen 55 und 63 Minuten, denen die 30 Minuten der Antragstellerin zu 4. gegenüber stehen. Diese Differenz reduziert sich noch, wenn der Antragsgegner von der im Juni 2015 durch Beschluss seines Präsidiums eingeführten Experimentierklausel zur Anlage 1 der Geschäftsordnung Gebrauch macht, wodurch die Rededauer auf jeweils drei Minuten verkürzt wird (Modell 1a). Insofern kann die Antragstellerin zu 4. grundsätzlich ihre politischen Standpunkte angemessen äußern, ohne die Stellungnahmen in einer Weise kurz fassen zu müssen, dass eine sinnvolle Befassung mit dem Thema nicht mehr möglich wäre oder sie sich zu einer Vielzahl von Punkten gar nicht positionieren könnte. Tatsächlich kann die Antragstellerin zu 4. sich damit abhängig von der jeweiligen Redezeit zu sechs bis zehn Tagesordnungspunkten zu Wort melden. Die Statistik des Antragsgegners zum 30. Juni 2016 (abrufbar unter: http://www.landtag.brandenburg.de/media_fast/5701/Statistik-30.06.2016gesamt.pdf) zeigt denn auch, dass die Mitglieder der Antragstellerin zu 4. überdurchschnittlich häufig das Wort im Plenum ergriffen haben. Nimmt man hinzu, dass die Antragstellerin zu 4. nur halb so groß wie die kleinste Fraktion ist und gar nur über ein Zehntel der Sitze der größten Fraktion verfügt, steht die Regelung der Redezeit grundsätzlich mit Art. 56 Abs. 2 LV in Einklang. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Plenarsitzungen des Landtags eine gewisse Varianz in Bezug auf Länge und Debattenzahl aufweisen, denn diese wirkt sich in Ansehung des bereits ganz erheblichen Umfangs einer durchschnittlichen Plenarsitzung nicht wesentlich nachteilig auf die Antragstellerin zu 4. aus.

 

Anders liegt es hingegen, wenn sich eine Plenarsitzung über mehrere Kalendertage erstreckt. Das ist in der Vergangenheit neben den Haushaltsberatungen, für die die Redezeit jedoch gesondert verabredet wird, dann der Fall gewesen, wenn eine solche Vielzahl von Beratungspunkten zur Debatte anstanden, dass die Sitzung nicht in zumutbarer Weise an einem Tag durchgeführt werden konnte und deshalb unterbrochen und am Folgetag fortgesetzt werden musste. Bei diesem vom Antragsgegner als „Überlaufbecken“ bezeichneten Fortsetzungstag handelt es sich weder um einen seltenen Ausnahmefall, noch kann er vom Umfang der parlamentarischen Beratungen her vernachlässigt werden. Bei den derzeit (Stand: 22. Juli 2016) 23 Plenarsitzungen seit Anerkennung der Antragstellerin zu 4. im April 2015 kam es einschließlich der Haushaltsberatungen bereits acht Mal zur Anberaumung einer Fortsetzungssitzung am darauffolgenden Tag, mithin an etwa einem Drittel der Sitzungstage. Handelt es sich demnach nicht lediglich um eine Ausnahme, dauerten die im Einzelnen sehr unterschiedlich langen (zwischen 3 h 5 min und 9 h 35 min) Fortsetzungssitzungen durchschnittlich länger als fünf Stunden, und zwischen fünf und 13 weitere Punkte sollten dabei debattiert werden. Dies lässt die Tendenz erkennen, den Fortsetzungstag wie einen durchschnittlichen Plenartag für parlamentarische Verhandlungen zu nutzen. Demzufolge kann es also in einer Plenarwoche mitunter nicht nur zwei, sondern faktisch von Zeit zu Zeit drei Kalendertage geben, an denen eine Plenarsitzung stattfindet. Art. 56 Abs. 2 LV zwingt dazu, auf solche Entwicklungen bei der Bemessung der Redezeit der Antragstellerin zu 4. Bedacht zu nehmen. Dem genügt die bisherige Regelung der Redezeit der Antragstellerin zu 4. nicht.

 

Wenn der Antragsgegner, was – wie gezeigt – grundsätzlich zulässig ist, ein Redezeitmodell verwendet, das für die Antragstellerin zu 4. anders als für die Fraktionen eine auf die jeweilige Plenarsitzung bezogene feste, nicht an der Zahl der Tagesordnungspunkte anknüpfende Redezeit vorsieht, muss er schon unter dem Gesichtspunkt der Folgerichtigkeit bedenken, dass die Antragstellerin zu 4. in deutlich geringerem Umfang zu Gehör kommt, wenn sich ein Sitzungstag wegen der Vielzahl der Debattenpunkte auf mehrere Kalendertage erstreckt. Die für die Antragstellerin zu 4. vorgesehene Redezeit von 30 Minuten ist  für einen „üblichen“ Sitzungstag bemessen. Weist ein solcher Sitzungstag aber einen solchen Umfang auf, dass die Sitzung unterbrochen und am Folgetag fortgesetzt werden muss, gewährleistet die Verfassung einen Zuschlag zu der Redezeit der Antragstellerin zu 4., den sie frei einsetzen und insbesondere auch schon am ersten Tag der Fortsetzungssitzung verbrauchen darf. Dabei ist es Sache des Antragsgegners, wie er diesen Zuschlag mit Rücksicht auf die tatsächliche Entwicklung bei den Fortsetzungstagen im Einzelnen ausgestaltet. Er darf für den Fortsetzungstag generell die volle pauschale Redezeit gewähren oder den Zuschlag pauschalierend nach der Länge der Fortsetzungssitzung lediglich nach einem Bruchteil bemessen.

 

Soweit die Antragstellerin zu 4. weiter rügt, sie werde bei der Vereinbarung von Abweichungen von den geschilderten Redezeitmodellen nicht einbezogen, weist das Gericht ungeachtet der insoweit nicht erfüllten formellen Anforderungen aus § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg darauf hin, dass es einer von der Antragstellerin zu 4. zu beanspruchenden fairen und loyalen Handhabung der Geschäftsordnung entspricht, wenn auch für sie entsprechende Sonderregelungen gelten, die beispielsweise im Fortfall der fünfminütigen Höchstgrenze für einen Wortbeitrag oder einem besonderen Redezeitzuschlag liegen können.

 

Art. 56 LV zwingt allerdings nicht dazu, die Antragstellerin zu 4. in die Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 4 GOLT einzubeziehen, wonach die Fraktionen bei Redezeitüberschreitungen der Landesregierung entsprechende zusätzliche Redezeit beanspruchen können. Auch insoweit gilt, dass die Gruppe bei der Bemessung der Rededauer nicht in jeder Hinsicht mit einer Fraktion gleichbehandelt werden muss, einmal abgesehen davon, dass diesem Fall nach Durchsicht der Plenarprotokolle eine eher untergeordnete Bedeutung zukommt und er von den Fraktionen auch keinesfalls stets zur Ausweitung ihrer Redezeit genutzt wird.

 

d) Die Regelung zur Einbringung von Beratungsmaterialien in § 18 Abs. 3 FraktG i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GOLT verletzt die Antragstellerin zu 4. nicht in ihrem Recht aus  Art. 56 Abs. 1 LV.

 

Wenn § 18 Abs. 3 FraktG i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GOLT die Einbringung von Beratungsmaterialien an die Unterschriften entweder aller Gruppenmitglieder oder des jeweiligen Gruppensprechers knüpft, während bei Fraktionen nach § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 GOLT über § 2 FraktG hinausgehend auch ein Zeichnungsrecht der Parlamentarischen Geschäftsführer oder der stellvertretenden Vorsitzenden vorgesehen ist, überschreitet dies den Ausgestaltungsspielraum des Antragsgegners nicht. Insbesondere ist der Antragsgegner entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 4. nicht verpflichtet, die beiden stellvertretenden Gruppensprecher zu deren Vertretung zuzulassen.

 

Der aus Art. 56 Abs. 1 LV entnommene Grundsatz der formalen Gleichbehandlung zwingt mit Blick auf die den Fraktionen ermöglichte Vertretung schon deshalb nicht zu der von der Antragstellerin zu 4. erstrebten Lösung, weil ein Anspruch auf Gleichstellung von Gruppen und Fraktionen nicht besteht. Betrachtet man die Ebene der Abgeordneten, ergibt sich nichts anderes. Das Ansinnen der Antragstellerin zu 4. führt mit Blick auf deren geringe Mitgliederzahl dazu, dass im Ergebnis jedes Gruppenmitglied vertretungs- und zeichnungsberechtigt wäre. Damit würden die in der Antragstellerin zu 4. zusammengeschlossenen Abgeordneten gegenüber allen anderen bessergestellt, denen in ihren Fraktionen keine herausgehobenen Funktionen übertragen worden sind. Dafür bietet Art. 56 Abs. 1 LV keine Grundlage.

 

Auch sonst sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass die von der Antragstellerin zu 4. beanstandete Regelung deren durch Art. 56 Abs. 1 LV geschützte Mitwirkung an Willensbildung und Entscheidungsfindung des Antragsgegners in Frage zu stellen ist. Die angegriffene Regelung ist nicht sachwidrig. Indem sie es der Antragstellerin zu 4. ermöglicht, sich durch eines ihrer Mitglieder vertreten zu lassen, erleichtert sie deren parlamentarische Tätigkeit. Dass eine Vertretung des jeweiligen Gruppensprechers nicht vorgesehen ist, lässt die von der Antragstellerin zu 4. geltend gemachte „erhebliche Benachteiligung“ bei ihrer politischen Arbeit nicht erkennen. Die von der Antragstellerin zu 4. befürchtete wesentliche Erschwernis im Falle einer Abwesenheit ihrer Sprecherin erscheint in Anbetracht der technischen Möglichkeiten als wenig plausibel. Auch dass die Gruppe durch § 18 Abs. 3 FraktG anders als die Fraktionen eher personalistisch strukturiert wird, behindert die Antragstellerin zu 4. nicht in ihrer Arbeit, bleibt doch die Möglichkeit der Vertretung unbenommen. Im Übrigen erscheint es in Ansehung der vorstehenden Ausführungen auch nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner bei Einführung des Gruppenstatus im Fraktionsgesetz davon ausgegangen ist, dass eine Gruppe typischerweise nicht über eine derart verfestigte Struktur verfügt und verfügen kann, wie es bei den Fraktionen der Fall ist.

 

Soweit die Antragstellerin zu 4. schließlich weiter gerügt hat, sie werde durch die Verwendung der Bezeichnung „Sprecher“ anstelle von „Vorsitzender“ in § 18 Abs. 3 Satz 2 FraktG und § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GOLT diskriminiert, ist das weder erkennbar noch rechtlich erheblich.

 

e) Die Antragstellerin zu 4. wird durch die Regelung zur Gremienbesetzung durch die Fraktionen und Gruppen in § 10 Abs. 1 GOLT nicht in Art. 56 Abs. 1 LV verletzt; dieser tritt hinsichtlich der Besetzung von Parlamentsausschüssen hinter die speziellere Regelung des Art. 70 Abs. 2 LV zurück.  

 

§ 10 Abs. 1 GOLT sieht die Besetzung der Ausschüsse grundsätzlich nach dem Proporzverfahren vor. Das Proporzverfahren wird dabei insoweit modifiziert, als jeder Fraktion in jedem Ausschuss mindestens ein Grundmandat zusteht und die Antragstellerin zu 4. das Recht hat, mindestens in der ihrer Mitgliederzahl entsprechenden Anzahl von Ausschüssen vertreten zu sein. Letzteres ist für den – derzeit gegebenen – Fall bedeutsam, dass eine Gruppe im Proporzverfahren wegen ihrer geringen Größe bei der Ausschussbesetzung nicht berücksichtigt wird.

 

§ 10 Abs. 1 GOLT verletzt Art. 56 Abs. 1 LV schon deshalb nicht, weil sich aus dem dadurch gewährleisteten freien Mandat keine weitergehenden spezifischen Rechte der Antragstellerin zu 4. in Bezug auf die Mitwirkung in den Ausschüssen des Antragsgegners ableiten lassen. Anders als die sich aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ergebende gleiche Mitwirkungsbefugnis aller Abgeordneten auch in den Ausschüssen (vgl. BVerfGE 80, 188, 222 ff; 84, 304, 323), folgt dies landesverfassungsrechtlich nicht aus dem Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG nachgebildeten Art. 56 Abs. 1 LV. Vielmehr hat der Verfassungsgeber in Art. 70 LV abweichend vom grundgesetzlichen Konzept die Bildung, Besetzung und das Verfahren der Parlamentsausschüsse ausdrücklich und umfassend geregelt (dazu eingehend Urteil vom 19. Februar 2016 - VfGBbg 57/15 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Art. 70 Abs. 2 Satz 1 LV gibt für die Ausschussbesetzung grundsätzlich das Verhältniswahlverfahren vor, das die Spiegelbildlichkeit der Zusammensetzung der Ausschüsse sicherstellt (vgl. zu diesem Grundsatz BVerfG DÖV 2016, 175, 179 m. w. Nachw.). Dies ergänzt Art. 70 Abs. 2 Satz 2 LV um eine Grundmandatsklausel für Fraktionen. Darüber hinaus sichert Art. 70 Abs. 2 Satz 3 LV die über die Regelungen des Deutschen Bundestages hinausgehende vollberechtigte Mitwirkung einzelner (fraktionsloser) Abgeordneter in einem Ausschuss. In Ansehung dieser Regelungsdichte kommt ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des Art. 56 Abs. 1 LV für das Verfahren der Ausschussbesetzung nicht in Betracht. Vielmehr ist § 10 Abs. 1 GOLT materiell allein an Art. 70 Abs. 2 LV zu messen. Da die Antragstellerin zu 4. eine Verletzung des Art. 70 Abs. 2 LV vorliegend aber weder geltend gemacht, noch sich sonst näher mit dem Inhalt der Vorschrift in Bezug auf die von ihr beanstandete Ausschussbesetzung auseinandergesetzt hat – der Hinweis der Antragsteller auf die Rechtsstellung fraktionsloser Abgeordneter in Art. 70 Abs. 2 Satz 3 LV genügt dafür offensichtlich nicht (s. S. 38 der Antragsschrift) –, hat das Verfassungsgericht nicht zu prüfen, ob der beanstandete Beschluss zur Ausschussbesetzung damit in Einklang steht.

 

f) Die Antragstellerin zu 4. wird nicht dadurch in ihren Rechten aus Art. 56 Abs. 1 LV verletzt, dass sie wegen § 11 Abs. 1 Satz 3 GOLT nicht im Landtagspräsidium vertreten ist. Indem den Fraktionen, nicht aber auch der Antragstellerin zu 4., das Recht zugewiesen wird, im Präsidium vertreten zu sein, setzt § 11 Abs. 1 Satz 3 GOLT Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LV um, der ausdrücklich dieses Recht den Fraktionen zuweist. In Ansehung der durch Art. 67 Abs. 1 LV bewirkten besonderen verfassungsrechtlichen Rechtsstellung der Fraktionen kann diese spezielle Grundmandatsklausel nicht auf die Antragstellerin zu 4. erstreckt werden. Art. 56 Abs. 1 LV begründet insoweit nach den vorstehenden Ausführungen keine darüber hinausgehenden Rechte, zumal das freie Mandat kein Recht auf Mitgliedschaft im Parlamentspräsidium garantiert.

 

g) Der Antragsgegner hat seine weite Ausgestaltungsbefugnis schließlich auch nicht dadurch in verfassungswidriger Weise überschritten, dass er die Antragstellerin zu 4. von der Stellung Großer Anfragen nach § 56 GOLT ausgeschlossen hat.

 

Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LV berechtigt die Abgeordneten ausdrücklich dazu, im Landtag und seinen Ausschüssen Fragen zu stellen. Das nach der Landesverfassung garantierte Fragerecht, das der Information der Abgeordneten und der parlamentarischen Kontrolle der Regierung dient, steht dem einzelnen Abgeordneten zu. Aufgabe des Abgeordneten ist die eigenverantwortliche Mitwirkung an der Erfüllung der Aufgaben des Antragsgegners. Das setzt voraus, dass er über die hierfür erforderlichen Informationen verfügt, wobei er wegen der Komplexität der im Landtag zu behandelnden Themen und der von ihm mitzugestaltenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge in der Regel auf die Informationen angewiesen ist, die der Regierung insbesondere durch die Ministerialverwaltung zur Verfügung stehen (vgl. Beschluss vom 16. November 2000 - VfGBbg 31/00 -, LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 11, 183, 192; Kirschniok-Schmidt, Das Informationsrecht des Abgeordneten nach der brandenburgischen Landesverfassung, S. 130). Die Art und Weise der Ausübung dieser Kontrollbefugnis ist wiederum durch die Geschäftsordnung zu regeln (Art. 56 Abs. 2 Satz 3 LV). Der Antragsgegner hat den ihm dabei zustehenden großen Gestaltungsspielraum (zum Bundesrecht: Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, S. 48) dahin ausgeübt, dass er neben den jedem Abgeordneten offenstehenden Kleinen Anfragen (§ 58 GOLT) und mündlichen Fragen (§ 60 Abs. 1 GOLT) auch Große Anfragen vorsieht, die von Fraktionen oder einem Fünftel der Mitglieder des Landtages gestellt werden können (§ 56 GOLT). Dass der Antragsgegner sich entschieden hat, an der seit dem 1. Landtag Brandenburg bestehenden Regelung der Großen Anfrage festzuhalten und der Antragstellerin zu 4. nicht die Möglichkeit einzuräumen, Große Anfragen zu stellen, überschreitet seine Ausgestaltungsbefugnis nicht. Er hat damit weder das Informationsrecht des einzelnen Abgeordneten in mit dem vorbeschriebenen Zweck des Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LV unvereinbarer Weise beschränkt, noch die Rechtsstellung der Antragstellerin zu 4. aus Art. 56 Abs. 1 LV verkannt.

 

aa) Das Informationsrecht der Mitglieder der Antragstellerin zu 4. wird durch die Geschäftsordnung nicht beschnitten. Ihnen steht das Fragerecht in gleichem Umfang wie allen anderen Abgeordneten zu. Insofern ist es ihnen auch möglich, die für ihre parlamentarische Arbeit benötigten Informationen durch Kleine Anfragen oder mündliche Fragen in der Fragestunde zu erhalten. Davon machen die Antragsteller zu 1. bis 3. auch Gebrauch.

 

bb) § 56 GOLT überschreitet im Hinblick auf die Antragstellerin zu 4. nicht den dem Antragsgegner durch Art. 56 Abs. 2 Satz 3 LV eröffneten Gestaltungsspielraum.

 

Die Antragstellerin zu 4. wird in ihren Informations- und Kontrollmöglichkeiten nicht wesentlich schlechter gestellt als Fraktionen, wenn sie selbst keine Großen Anfragen stellen kann. Ihre Mitglieder, die Antragsteller zu 1. bis 3., können alle aus ihrer Sicht für die politische Arbeit erforderlichen Informationen im Wege der Kleinen Anfrage – gegebenenfalls verteilt auf mehrere Anfragen – erfragen. Große und Kleine Anfragen unterscheiden sich entgegen ihrer Bezeichnung nicht notwendig in ihrem Umfang (Roll, Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, vor §§ 100-105 Rn. 1; Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, Stand: Dezember 2014, § 100 Anm. 1. b). Wenn § 58 Abs. 2 GOLT bestimmt, dass sich die Kleine Anfrage nur auf einen bestimmten Sachverhalt beziehen darf, während die Geschäftsordnung für die Große Anfrage – insofern anders als im Deutschen Bundestag – keine weitere inhaltliche Umgrenzung vorsieht, zwingt das den Fragesteller nicht dazu, nur solche Anfragen als „Große“ zu stellen, die den Rahmen des § 58 Abs. 2 GOLT überschreiten. Umgekehrt zeigt der vollständige Verzicht auf sachliche Abgrenzungskriterien zur Kleinen Anfrage in § 56 GOLT, dass durchaus auch als Kleine Anfragen denkbare Fragestellungen zum Gegenstand einer Großen Anfrage gemacht werden können. Der maßgebliche Unterschied der beiden Anfrageformen liegt nämlich – abgesehen von den die Antwort betreffenden Fristen – darin, dass die Große Anfrage nach § 57 Abs. 1 Satz 5 GOLT grundsätzlich im Landtag behandelt wird, während über Kleine Anfragen nach § 58 Abs. 4 Satz 2 GOLT eine Beratung nicht stattfindet.

 

Beschränkt die Geschäftsordnung demnach nicht das verfassungsrechtlich gewährleistete eigentliche Fragerecht, verletzt § 56 GOLT die Antragstellerin zu 4. auch sonst nicht in ihren durch Art. 56 LV garantierten Rechten. Soweit der Antragsgegner der Antragstellerin zu 4. nicht die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Anliegen durch das Instrument der Großen Anfrage (weiteres) öffentliches Gehör in einer Landtagsdebatte zu verschaffen, hält sich dies innerhalb seiner Ausgestaltungsbefugnis. Ein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund für die Anknüpfung an eine Fraktion oder eine bestimmte Mitgliederzahl des Landtages kann in der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments liegen. Der Antragsgegner darf der Gefahr einer Behinderung der parlamentarischen Arbeit durch eine Vielzahl letztlich aussichtsloser Begehren dadurch entgegen wirken, dass er die Rechte von Abgeordneten im parlamentarischen Verfahren dergestalt konkretisiert, dass sie nur von den Fraktionen oder in anderer Form von einer Mehrzahl von Abgeordneten ausgeübt werden können (vgl. BVerfGE 96, 264, 278 f; Brocker, in Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand: 178. EL April 2016, Art. 40 Rn. 79). Er darf mithin einzelnen Abgeordneten oder kleinen Gruppen von Abgeordneten im Interesse seiner Arbeitsfähigkeit einzelne parlamentarische Rechte vorenthalten, wenn dadurch die Mandatsausübung nicht insgesamt in einer mit Art. 56 Abs. 1 LV unvereinbaren Weise erschwert wird.

 

Dem genügt § 56 GOLT. Der Antragsgegner durfte sich davon leiten lassen, dass die Erweiterung des Kreises der möglichen Anfragesteller die Dauer der Plenarsitzungen, die heute bereits einen ganz erheblichen zeitlichen Aufwand fordern, deutlich verlängern kann (vgl. hierzu Kassing, Das Recht der Abgeordnetengruppe, S. 45). Das dahinter stehende Interesse an der Erhaltung der Arbeitseffektivität des Antragsgegners entfällt auch nicht etwa deshalb, weil kleinen und kleinsten Minderheiten an anderer Stelle wesentliche parlamentarische Mitwirkungsrechte eingeräumt werden. Dass der Antragsgegner den Antragstellern entsprechend der seit der ersten Wahlperiode geübten brandenburgischen Parlamentstradition beispielsweise in § 40 GOLT umfassende Antragsrechte eingeräumt hat, die notwendigerweise ebenfalls Auswirkungen auf den parlamentarischen Betrieb haben, zwingt gerade nicht zu dem Schluss, der Antragstellerin zu 4. wären dann erst recht auch alle anderen parlamentarischen Rechte der Fraktionen einzuräumen. Vielmehr eröffnet die Geschäftsordnungsautonomie dem Antragsgegner die Möglichkeit zu differenzierter Entscheidung, die er in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise getroffen hat. Dass § 56 GOLT die parlamentarische Tätigkeit der Antragstellerin zu 4. verfassungsrechtlich unzumutbar erschwert, ist jedenfalls nicht erkennbar, zumal wiederum zu berücksichtigen ist, dass es keinen grundsätzlichen Anspruch der Antragstellerin zu 4. gibt, mit Fraktionen gleich behandelt zu werden. Im Übrigen ist das Instrument der Großen Anfrage seit der 1. Wahlperiode stets dadurch kontingentiert worden, dass davon nur eine Fraktion oder ein Fünftel der Mitglieder des Landtages Gebrauch machen konnten (§ 88 Vorläufige Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg vom 26. Oktober 1990 in der Fassung des Beschlusses vom 12. Juni 1991, zuletzt geändert durch Beschluss vom 2. September 1993).

 

3. Die Beschlüsse zu § 18 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Nrn. 1, 2 FraktG sowie § 10 Abs. 1, §. 11 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, § 56, § 60 Abs. 2 GOLT nebst Anlagen 1 und 3 verletzen die Antragstellerin zu 4. schließlich nicht in ihrem Recht aus Art. 55 Abs. 2 LV.

 

Art. 55 Abs. 2 LV erkennt die Opposition als wesentlichen Bestandteil der parlamentarischen Demokratie an und schreibt ihr in Satz 2 der Vorschrift das Recht auf Chancengleichheit zu. Art. 55 Abs. 2 LV enthält keine Definition des Begriffs der Opposition, sondern setzt diesen voraus. Dabei knüpft die Norm an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Bedeutung und Stellenwert der Opposition an, wonach die Bildung und Ausübung einer organisierten politischen Opposition konstitutiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist (vgl. BVerfGE 2, 1, 13; 5, 85, 199; 123, 267, 367).

 

Ungeachtet weiterer denkbarer Konstellationen (dazu etwa Hummrich, in: Brocker/Droege/Jutzi, Verfassung für Rheinland-Pfalz, Art. 85b Rn. 6), berechtigt die in Art. 55 Abs. 2 LV kodifizierte parlamentarische Einrichtungsgarantie (Lieber, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, Art. 55 Rn. 2.1; Schulze, in: Simon/Franke/Sachs, Handbuch der Verfassung des Landes Brandenburg, § 11 Rn.  10) in Anlehnung an die Regelung des Oppositionszuschlags in § 3 Abs. 1 Satz 2 FraktG diejenigen Fraktionen, Gruppen und Abgeordneten, die die Regierung nicht tragen (Hölscheidt, Parlamentsfraktionen, S. 55, 491 ff). Art. 55 Abs. 2 LV konstituiert die Opposition dabei nicht als eigenständigen Rechtsträger (zur vergleichbaren Rechtslage in Rheinland-Pfalz: Hummrich, in: Brocker/Droege/Jutzi, Verfassung für Rheinland-Pfalz, Art. 85b Rn. 6), sondern hebt ihre aus Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip folgende besondere Bedeutung explizit heraus (dazu neuestens BVerfG, Urteil vom 3. Mai 2016 – 2 BvE 4/14 -, juris Rn. 86 f). Eine konkrete Aufgabenzuweisung verbindet Art. 55 Abs. 2 LV mit der Anerkennung der parlamentarischen Opposition nicht. Kritik, Kontrolle und Alternativenbildung, die allgemein zu den wesentlichen Aufgaben der parlamentarischen Opposition gehören (Waack, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 22 Rn. 14 ff m. w. Nachw.), zielen auf einen inner- wie außerparlamentarischen offenen Wettbewerb der unterschiedlichen politischen Kräfte, dem die Gewährleistung einer realistischen Chance der parlamentarischen Minderheit, zur Mehrheit zu werden, immanent ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Mai 2016 - 2 BvE 4/14 -, juris Rn. 86). Um dies sicherzustellen, darf die Opposition nicht behindert werden und müssen ihr Mitwirkungsrechte offenstehen, die ihr eine wirksame Betätigung ermöglichen.

 

Art. 55 Abs. 2 LV konstituiert keine Minderheitenrechte, die einer Ausübung durch „die Opposition“ vorbehalten wären. Vielmehr verfolgt die Verfassung das Konzept, dem einzelnen Abgeordneten, den Fraktionen bzw. einer bestimmten Zahl von Abgeordneten Mitwirkungs- und Kontrollrechte zuzuweisen (Lieber, in: Lieber/Iwers/ Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, Art. 55 Rn. 2.3). Über die ausdrücklich in der Verfassung zugewiesenen Rechte hinaus enthält Art. 55 Abs. 2 Satz 2 LV einen Auftrag, der parlamentarischen Opposition ihrer Bedeutung angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten im parlamentarischen Verfahren zu eröffnen (vgl. Hummrich, in: Brocker/Droege/Jutzi, Verfassung für Rheinland-Pfalz, Art. 85b Rn.11). Insofern bedeutet Chancengleichheit das Recht, die parlamentarische politische Arbeit in dem Umfang und mit dem Gewicht vertreten und umsetzen zu können, wie es dem Anteil am Parlament entspricht. Die Vorschrift garantiert mithin eine rechtlich abgestufte Gleichheit bei der Zuteilung von Rechten innerhalb der parlamentarischen Arbeit (so zur Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern Wiegand-Hoffmeister, in: Classen/Litten/Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl., Art. 26 Rn. 6).

 

Konkrete Minderheitenrechte ergeben sich daraus unmittelbar nicht. Vielmehr obliegt die konkrete Ausgestaltung der parlamentarischen (Minderheiten-)Rechte dem Antragsgegner in Ausübung seiner in Art. 68 LV verbürgten Geschäftsordnungsautonomie bzw. der weiteren sich aus der Verfassung ergebenden Regelungsaufträge. Da „die Opposition“ als einheitliches Verfassungsorgan nicht existiert, muss er jeweils im Einzelfall abwägen, welche parlamentarischen Rechte von welchen parlamentarischen Akteuren in welcher Weise ausgeübt werden können sollen. Art. 55 Abs. 2 LV fordert dabei nicht, allen der Opposition zuzurechnenden Akteuren alle in Betracht kommenden parlamentarischen Rechte einzuräumen. Vielmehr ist Art. 55 Abs. 2 Satz 2 LV erst dann verletzt, wenn die parlamentarischen Betätigungsmöglichkeiten der die Opposition bildenden Fraktionen, Gruppen und einzelnen Abgeordneten insgesamt nicht ihrem Anteil am Parlament entsprechen.

 

a) Ausgehend von diesen Maßstäben, verletzen die angegriffenen Akte die Antragstellerin zu 4. nicht in ihrem Recht aus Art. 55 Abs. 2 LV. Da sich aus Art. 55 Abs. 2 LV keine konkreten Rechte einzelner zur parlamentarischen Minderheit gehörenden Gruppierungen ableiten lassen, die Norm vielmehr die Rechte aller Oppositionsmitglieder im Blick hat, ist die Antragstellerin zu 4. nicht in ihrer von der Verfassung geschützten Stellung verletzt. Ihrem Vorbringen ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass die Rechte der Opposition insgesamt – und damit auch ihre eigenen – unzureichend ausgeprägt sein könnten.

 

b) Ungeachtet dessen finden die in Rede stehenden Maßnahmen ihre Grundlage in speziellen Verbürgungen der Landesverfassung bzw. weisen keinen spezifischen Bezug zu Rechten der Opposition auf.

 

So gibt Art. 55 Abs. 2 LV in Bezug auf § 19 Abs. 1 FraktG nichts weiter her. Zwar ist der in § 3 Abs. 1 Satz 2 FraktG geregelte Oppositionszuschlag Ausdruck des aus Art. 55 Abs. 2 LV folgenden allgemeinen Grundsatzes der Chancengleichheit und des Schutzes der parlamentarischen Minderheit. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Frage, ob der Zuschlag als solcher verfassungswidrig ist, das heißt ob ein Ungleichgewicht zwischen den die Regierung tragenden Teilen des Parlaments einerseits und der Opposition andererseits durch Gewährung weiterer finanzieller Mittel ausgeglichen werden muss. Inmitten steht hier allein die nach Art. 56 Abs. 1 LV zu beantwortende Frage, ob und in welchem Umfang (auch) die Antragstellerin zu 4. einen Anspruch auf Geldleistungen hat, wenn andere organisierte Gruppen in der Opposition derartige Zuwendungen erhalten.

 

Nicht anders liegt es in Bezug auf die Aktuelle Stunde. Da § 60 Abs. 2 GOLT i. V. m. Anlage 3 allen Fraktionen die Möglichkeit eröffnet, eine Aktuelle Stunde zu beantragen, können grundsätzlich auch Teile der Opposition von diesem Instrument Gebrauch machen. Die Chancengleichheit der Opposition als solche steht demnach nicht in Rede. Vielmehr geht es wegen des besonderen Charakters der Aktuellen Stunde als Bestandteil des parlamentarischen Rederechts um die nach Art. 56 Abs.  2 LV zu beantwortende Frage, ob die durch die Geschäftsordnung vorgenommene Ausgestaltung dieses Instruments die Antragstellerin zu 4. in diesem Recht verletzt. Gleiches gilt für die Redezeit und die Große Anfrage. Bezogen auf die Parlamentsarbeit konkretisieren sich der parlamentarische Minderheitenschutz und die Chancengleichheit der Opposition darin, dass jeder Abgeordnete ohne Rücksicht auf Fraktions- oder Gruppenzugehörigkeit das Recht hat, im Parlament das Wort zu ergreifen und Fragen zu stellen (vgl. Beschluss vom 28. März 2001 - VfGBbg 46/00 -, LVerfGE 12, 92, 102 f). Insofern kommt es entscheidend darauf an, ob die durch die Geschäftsordnung vorgenommene Konkretisierung des Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LV dessen Anforderungen genügt. Art. 55 Abs. 2 LV tritt dahinter zurück.

 

Die organisationsrechtlichen Vorgaben in § 18 Abs. 3 FraktG i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GOLT lassen schließlich ebenfalls keinen Bezug zu Oppositionsrechten erkennen, während § 10 Abs. 1 GOLT und § 11 Abs. 1 GOLT ihren Geltungsgrund letztlich in den speziellen Regelungen der Art. 70 Abs. 2 LV und Art. 69 Abs. 1 LV finden. Der allgemeine Grundsatz der Chancengleichheit und des Schutzes der parlamentarischen Minderheit aus Art. 55 Abs. 2 LV findet keine Anwendung.

 

C.

Der Antragsgegner hat in dem sich aus der Entscheidungsformel ergebenden Umfang gegen die Landesverfassung  verstoßen. Das Verfassungsgericht ist wegen § 38 Abs. 1 VerfGGBbg auf diese Feststellung beschränkt. Eine Entscheidung über die Gültigkeit einer Norm ist ihm im Organstreitverfahren versagt (vgl. BVerfGE 85, 264, 326 f). Vielmehr obliegt es dem Antragsgegner, den festgestellten verfassungswidrigen Zustand umgehend zu beenden. In welcher Weise die verfassungswidrige Minderausstattung der Antragstellerin zu 4. behoben wird, liegt in der Verantwortung des Antragsgegners. Ebenso wie es ihm frei steht, sich bei der Bemessung weiterhin an den für Fraktionen geltenden Grundsätzen zu orientieren, kann er auch ein gänzlich abweichendes Modell verfolgen, sofern es nur unter Berücksichtigung des tatsächlichen Aufgabenumfangs der Antragstellerin zu 4. zu realitätsgerechten Ergebnissen gelangt.

 

Dabei wird er für die Bemessung der Zuschüsse für die politische Arbeit der Antragstellerin zu 4. zu beachten haben, dass eine jedenfalls auf den Juli 2016, also den Monat der verfassungsgerichtlichen Entscheidung, rückwirkende Neuregelung des Fraktionsgesetzes unverzüglich, spätestens aber bis zum 15. November 2016 geschaffen werden muss. Dabei ist zugleich dafür Sorge zu tragen, dass die Antragstellerin zu 4. die ihr zustehenden zusätzlichen Mittel auch tatsächlich verwenden kann.

 

Bis zur Neuregelung bleibt es einstweilen bei der bestehenden Rechtslage, jedoch mit der Maßgabe, dass beginnend mit dem 1. August 2016 sowohl die mitgliederbezogenen Bestandteile der Geldleistungen an die Gruppe (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 FraktG) als auch der Oppositionszuschlag (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 FraktG) in Höhe von 100 v. H. der einer Fraktion gleicher Größe zustehenden Beträge auszuzahlen sind. Diese Zahlungen sind auf die neu zu regelnden Ansprüche anzurechnen. Das Gericht  hat sich auf der Grundlage von § 33 VerfGGBbg (vgl. in diesem Zusammenhang
BVerfGE 85, 264, 326 f) für diese vorläufige Regelung entschieden, um bei Wahrung des Entscheidungsvorrechts des Antragsgegners den Anspruch der Antragstellerin zu 4. kurzfristig der späteren verfassungsmäßigen Neuregelung anzunähern.

 

D.

Das Urteil ist einstimmig ergangen.

Möller Dr. Becker
   
Dresen Dr. Fuchsloch
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel Schmidt