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VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2021 - VfGBbg 61/19 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 2 Abs. 1; LV, Art. 5; LV, Art. 10; LV, Art. 12 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBBg, § 45 Abs. 2 Satz 1; VerfGGBbg, § 46; VerfGBbg, § 48
- BGB, § 275 Abs. 2; BGB, § 242; BGB, § 313; BGB, § 362
- FamFG, § 95 Abs. 1; FamFG, § 95 Abs. 1 Nr. 3
- ZPO, § 114 Abs. 1 Satz 1; ZPO, § 767; ZPO, § 888
Schlagworte: - Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes
- Auskunftsverpflichtung
- Einwendung
- Einrede
- Erfüllungseinwand
- Rechtsmissbrauch
- Subsidiarität
- Vollstreckungsabwehrklage
- Vollstreckungsgegenklage
- Vollstreckungsverfahren
- Zwangsmittel
- Zwangsvollstreckung
amtlicher Leitsatz:
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2021 - VfGBbg 61/19 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 61/19




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 61/19

VfGBbg 61/19 PKH

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

H.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte:               h. rechtsanwälte
                                                                Rechtsanwalt
                                                                W.,

 

beteiligt:

1.      R.

Äußerungsberechtigter,

2.      Präsident
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts,
Gertrud-Piter-Platz 11,
14770 Brandenburg an der Havel,

 

wegen

Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. Mai 2019 ‌‑ 9 WF 98/19 ‑‌; Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 2. April 2019 ‌‑ 35 F 138/15

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 20. Mai 2021

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts und des Amtsgerichts Oranienburg, die die Anordnung von Zwangsmitteln wegen Nichterfüllung von Auskunfts- und Belegpflichten in einer Familiensache zum Gegenstand haben.

I.

Die Beschwerdeführerin und der Äußerungsberechtigte sind gemeinsam sorgeberechtigte Eltern eines Kindes, das seit der Trennung der Eltern bei der Beschwerdeführerin lebt. Umgang mit dem psychisch erkrankten Äußerungsberechtigten findet derzeit nicht statt. Mit Beschluss vom 15. März 2016 erlegte das Amtsgericht Oranienburg der Beschwerdeführerin auf, dem Äußerungsberechtigten alle sechs Monate, beginnend ab dem 10. Februar 2016, über die Entwicklung des Kinds in Kita und später Schule, seine Stärken und Schwächen sowie persönliche Interessen, Hobbys, sonstige wesentliche Belange des Kindes und dessen gesundheitliche Entwicklung („der Entwicklungsbericht“) Auskunft zu erteilen, sowie ein aktuelles Foto und Kopien vorhandener ärztlicher Untersuchungsergebnisse (im Folgenden auch „die Belege“) zur Verfügung zu stellen (der Entwicklungsbericht und die Belege zusammen: „die Auskunftsverpflichtung“).

Der Äußerungsberechtigte stellte am 30. Januar und 1. April 2018 Ordnungsgeldanträge wegen Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung. Er habe „bis zum heutigen Tage“ bzw. seit September 2017 keinerlei Informationen zu seinem Kind erhalten. Einen weiteren Ordnungsgeldantrag vom 16. April 2018 stützte der Äußerungsberechtigte darauf, dass die Beschwerdeführerin nicht an einer Hilfekonferenz teilgenommen habe. Mit Verfügung vom 2. Mai 2018 wies das Amtsgericht den Äußerungsberechtigten darauf hin, dass der letztgenannte Antrag dem Verfahren 35 F 138/15 nicht zugeordnet werden könne.

Mit Beschluss vom 10. August 2018 wies das Amtsgericht die Ordnungsgeldanträge „vom 30.1.18, 1.4.18/16.4.18“ mit der Begründung zurück, dass der Äußerungsberechtigte die erforderliche Mitwirkungshandlung unterlasse, indem er sich weigere, die Entwicklungsberichte und Belege entgegenzunehmen. Der Äußerungsberechtigte legte sofortige Beschwerde ein und bestritt, die Annahme von Einschreiben verweigert zu haben. Im Beschwerdeverfahren wies das Amtsgericht darauf hin, dass nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 15. März 2017 ‌‑ XII ZB 245/16) davon auszugehen sei, dass die Verpflichtung zur Auskunft über die persönlichen Verhältnisse eines Kinds nicht mehr durch die Anordnung von Ordnungsgeld zu vollstrecken sei, sondern durch die Verhängung von Zwangsmitteln. Der Äußerungsberechtigte möge daher überlegen, ob er die Beschwerde aufrechterhalten wolle. Die Beschwerdeführerin wandte mit Schriftsatz vom 31. Januar 2019 ein, sie habe wöchentlich seit Dezember 2016 Entwicklungsberichte per Einschreiben an den Äußerungsberechtigten gesendet, und nahm Bezug auf ein über 150 Seiten umfassendes Anlagenkonvolut von Entwicklungsberichten. Aus einem weiteren doppelseitig bedruckten 151-seitigen Anlagenkonvolut mit SMS-Korrespondenz ergebe sich, dass der Äußerungsberechtigte deren Entgegennahme verweigere. Den konkreten Inhalt der Entwicklungsberichte schilderte sie schriftsätzlich nicht.

Das Amtsgericht hob mit Beschluss vom 2. April 2019 unter Verweis auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vollstreckung von Auskunftspflichten über die persönlichen Verhältnisse eines Kinds den Beschluss vom 10. August 2018 auf und ordnete gegenüber der Beschwerdeführerin ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro, ersatzweise 20 Tage Zwangshaft, an. Die Vollstreckung richte sich nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), § 888 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Beschwerdeführerin habe nicht konkret die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung zu den Terminen am 10. Februar und 10. August 2018 darlegen können. Ihr Sachvortrag lasse dies nicht erkennen.

Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde zum Oberlandesgericht. Sie berief sich auf die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung. Die Beschwerdeführerin habe dem Äußerungsberechtigten am 23. Januar 2019 mit zwei Fotos, 1. November 2018, 8. Oktober 2018, 13. September 2018 mit Foto, 23. Juli 2018 mit Foto, 22. Mai 2018 mit Foto, 4. Mai 2018, 28. Februar 2018 mit Foto und am 19. Februar 2018 mit Foto Berichte übersandt. Die Berichte erfüllten die Vorgaben des Gerichts zur Auskunftsverpflichtung. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 2. April 2019 lasse nicht erkennen, dass sich das Amtsgericht mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Anlagen befasst habe.

Das Oberlandesgericht wies die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 13. Mai 2019 zurück.

Die Beschwerdeführerin habe nicht dargelegt, dass sie die Auskunftsverpflichtung tatsächlich erfüllt habe. Für den Erfüllungseinwand des § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) trage sie auch im Vollstreckungsverfahren die volle Darlegungs- und Beweislast. Sie hätte zumindest im Einzelnen schriftsätzlich dartun müssen, dass sie zu den bestimmten Zeitpunkten (10. Februar bzw. 10. August eines jeden Jahres) die entsprechenden Auskunftsverpflichtungen erfüllt hat. Dafür hätte sie jeweils im Einzelnen ihren Entwicklungsbericht vorlegen müssen, der die dargestellten persönlichen Verhältnisse des Kindes beauskunftet, ein Foto des Kindes sowie ärztliche Untersuchungsergebnisse übergeben müssen bzw. die Negativerklärung, dass letztere nicht vorhanden sind. Ein dahingehendes schriftsätzliches Vorbringen fehle aber. Möglicherweise seien die entsprechenden Auskünfte und Belege in den der Beschwerde beigefügten Anlagen enthalten. Es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts oder des Äußerungsberechtigten, sich aus einem rund 150 Seiten umfassenden Anlagenkonvolut diejenigen Unterlagen herauszusuchen, die zur Erfüllung der Auskunftsverpflichtung der Beschwerdeführerin dienen könnten. Es bestehe auch im Allgemeinen keine Verpflichtung, sich durch eine Vielzahl von Belegen durchzuarbeiten und die dort ersichtlichen, aber für den jeweiligen Antrag oder die jeweilige Verpflichtung nicht relevanten Unterlagen von den relevanten zu trennen und sodann herauszufinden, welche der Letztgenannten der Substantiierung eines Antrags oder der Erfüllung einer Auskunftsverpflichtung zuzuordnen sind. Dies gelte erst recht, weil nur wenige Schreiben bzw. Belege zum Nachweis einer Erfüllung ausgereicht hätten, die Beschwerdeführerin insoweit aber eine Vielzahl von Anlagen (auch älteren Datums) beigefügt habe. Schon von daher könne der Beschwerde kein Erfolg zukommen. Aufgrund dessen könne das Amtsgericht auch nicht der Beschwerdeführerin - wie diese am Ende ihrer Beschwerdeschrift vermittele - rechtliches Gehör versagt haben. Dies käme nur insoweit in Betracht, wie das Amtsgericht zu einer Unterlagensichtung einerseits überhaupt in der Lage und andererseits verpflichtet gewesen wäre, letzteres sei nicht der Fall.

Die Gehörsrüge der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 30. Juni 2019 zurück.

II.

Mit ihrer am 2. August 2019 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. Mai 2019 ‌‑ 9 WF 98/19 ‑‌ und den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 2. April 2019 ‌‑ 35 F 138/15. Sie rügt einen Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes, welchen sie auf „Art. 2 Abs. 1, Art. 5“ Verfassung des Landes Brandenburg (LV) „in Verbindung mit Art. 10 LV“ stützt, die Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Alt. 1 LV sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV, des allgemeinen Willkürverbots gemäß Art. 12 Abs. 1 LV und des Grundrechts auf Gleichheit vor Gericht in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV sei verletzt. Das Amtsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es an seiner Rechtsauffassung in der Hinweisverfügung vom 2. Mai 2018 nicht festhalte. Es habe damit gegen einen von ihm selbst geschaffenen Vertrauenstatbestand verstoßen. Das Oberlandesgericht habe diesen Verstoß aufrechterhalten und sich dazu - trotz Anhörungsrüge - nicht geäußert. Die Entscheidungen seien überraschend gewesen. Der Ordnungsgeldantrag vom 30. Januar 2018 hätte mangels Fälligkeit der Auskunftsverpflichtung als unbegründet zurückgewiesen werden müssen, der Antrag vom 16. April 2018 wegen einer Nichtteilnahme der Beschwerdeführerin an einer Hilfekonferenz, da er nichts mit der Auskunftsverpflichtung zu tun gehabt habe. Amts- und Oberlandesgericht hätten ein erhebliches Beweisangebot der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt, indem sie sich mit dem Anlagenkonvolut „Entwicklungsberichte“ nicht befasst hätten. Die Nichtberücksichtigung des Anlagenkonvoluts und des Vortrags, die geforderten Auskünfte seien in konkret genannten Schreiben erteilt worden, finde im Prozessrecht keine Stütze. Vielmehr habe der Äußerungsberechtigte auf qualifizierten Vortrag der Beschwerdeführerin nicht erwidert und ihn damit nach § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden. Gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs verstoße auch, dass sich die Gerichte über den Einwand des Rechtsmissbrauchs hinweggesetzt und das Oberlandesgericht eine Verpflichtung zur Erteilung von Negativauskünften ohne entsprechende Titulierung angenommen hätte. Es sei zudem ein Hinweis erforderlich gewesen, dass es nach Auffassung der Gerichte auf die von der Beschwerdeführerin ersichtlich als erheblich angesehene Frage des Zugangs der Entwicklungsberichte nicht ankomme.

Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus „Art. 2, Art. 5, Art. 10 LV“ sei unvereinbar, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts eine Befassung mit dem zentralen Vortrag (Anlagenkonvolut „Entwicklungsberichte“) nicht erkennen lasse.

Das Grundrecht auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 S. 1 LV sei verletzt, da das Oberlandesgericht die Beschwerdeführerin auf die fehlende Bereitschaft, sich mit dem 150 Seiten umfassenden Anlagenkonvolut auseinanderzusetzen, hätte hinweisen müssen.

Durch die Stattgabe der Ordnungsgeldanträge vom 30. Januar 2018 und vom 16. April 2018 sei auch gegen das Verbot objektiver Willkür aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV verstoßen worden. Die Gerichte verträten die nicht haltbare Ansicht, dass die nach den Stichtagen erfolgten Auskünfte der Beschwerdeführerin nicht erheblich seien.

III.

Der Äußerungsberechtigte hat zur Verfassungsbeschwerde Stellung genommen, der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hat hiervon abgesehen. Die Verfahrensakte ist beigezogen worden.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Sie ist unzulässig.

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 2. April 2019 richtet, ist sie wegen prozessualer Überholung unzulässig. Diese tritt ein durch die vollständige Überprüfung einer Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch die mit der Überprüfung befasste Instanz (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 10. Mai 2019 ‌‑ VfGBbg 41/18 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Der Beschluss vom 2. April 2019 ist durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 13. Mai 2019 im Beschwerdeverfahren inhaltlich bestätigt worden. Von ihm geht keine Wirkung mehr aus, die die Beschwerdeführer möglicher­weise in Grundrechten verletzen könnte.

2. Die gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 13. Mai 2019 gerichtete Verfassungsbeschwerde genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung, soweit die Beschwerdeführerin Grundrechtsverletzungen auf Grund der Nichtbefassung des Oberlandesgerichts mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs sowie dem Anlagenkonvolut und wegen der damit verbundenen Substantiierungsanforderungen, wegen fehlender Hinweise und des angenommenen Umfangs der Auskunftsverpflichtung in zeitlicher und sachlicher Hinsicht (Negativauskunft, Anforderungen die Fotos, Nachholung zu anderen Zeitpunkten, fehlende Fälligkeit der Auskunftsverpflichtung) rügt.

a. Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) eine Begründung, welche schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die wesentlichen rechtlichen Erwägungen nachvollziehbar dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Es obliegt dem Beschwerdeführer dabei auch, dem Verfassungsgericht alle Gesichtspunkte zu unterbreiten, die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde maßgeblich sind (Beschlüsse vom 11. Dezember 2020 ‌‑ VfGBbg 84/20 ‑,‌ Rn. 9, und vom 9. September 2016 ‌‑ VfGBbg 92/15 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Dazu zählt die Einhaltung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. Beschluss vom 13. Dezember 2019 ‌‑ VfGBbg 68/18 ‑,‌ m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

b. Dies leistet die Verfassungsbeschwerdeschrift vom 2. August 2019 nicht. Aufgrund des Vortrags der Beschwerdeführerin ist das Verfassungsgericht nicht in der Lage, zu überprüfen, ob sie dem aus § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg abgeleiteten Grundsatz der Subsidiarität gerecht geworden ist.

(1) Ein Beschwerdeführer hat nach diesem Grundsatz vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde über die formale Erschöpfung des Rechtswegs hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten zu ergreifen, um eine etwaige Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden Verfahren zu verhindern oder zu beheben. Das ist Ausdruck der Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung zwischen den Fachgerichten und der Verfassungsgerichtsbarkeit. Nach der in der Verfassung angelegten Kompetenzverteilung obliegt es zuvörderst den Fachgerichten, die Grundrechte zu wahren, zu schützen und durchzusetzen. Zweck des Subsidiaritätsprinzips ist dabei nicht allein der vorrangige individuelle Grundrechtsschutz durch die Fachgerichte. Durch die geforderte fachgerichtliche Vorbefassung soll sichergestellt werden, dass sich die verfassungsgerichtliche Prüfung auf möglichst umfassend geklärte Tatsachen stützen kann und auch die Rechtslage durch die Fachgerichte vorgeklärt und aufbereitet worden ist (Beschlüsse vom 5. Mai 2020 ‌‑ VfGBbg 5/20 EA ‑,‌ Rn. 10, und vom 21. Februar 2020 ‌‑ VfGBbg 72/18 ‑,‌ Rn. 17, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

(2) Stützt sich ein Beschwerdeführer im Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO auf den Erfüllungseinwand, ist ein Verfahren nach § 767 ZPO vorrangig vor der Verfassungsbeschwerde (vgl. zum grds. Vorrang einer möglichen Vollstreckungsabwehrklage: Beschlüsse vom 30. November 2018 ‌‑ VfGBbg 144/17 ‑‌, und vom 9. Dezember 2004 ‌‑ VfGBbg 42/04 -‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Der Erfüllungseinwand des (Vollstreckungs-)Schuldners ist zwar auch im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 888 ZPO zu berücksichtigen, jedoch hat der Schuldner die weitere Möglichkeit, die Frage der materiell-rechtlichen Erfüllung im Verfahren nach § 767 ZPO klären zu lassen und korrespondierend gemäß § 769 ZPO um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Denn die Nichterfüllung ist im Zwangsmittelverfahren lediglich Vorfrage für die Anordnung des Zwangsmittels und wird daher nicht von der Rechtskraft des Zwangsmittelbeschlusses erfasst (BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 ‌‑ I ZR 64/16 ‑‌, juris, Rn. 15). Rechtskräftig festgestellt ist nur die Beschlussformel, durch die dem Schuldner ein bestimmtes Zwangsmittel zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung auferlegt wurde (BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 ‌‑ I ZR 64/16 ‑‌, juris, Rn. 1; Gruber, in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2020, § 888 Rn. 11). Zudem sind Einwendungen bzw. Einreden ‌- etwa solche nach § 275 Abs. 2 BGB, § 313 BGB oder § 242 BGB -‌ im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich ausgeschlossen. Sie können nur im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden (BGH, Beschluss vom 7. April 2005 ‌‑ I ZB 2/05 ‑‌, juris, Rn. 9; OLG Bremen, Beschluss vom 26. März 2020 ‌‑ 3 W 7/20 ‑‌, juris, Rn. 17 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VI-U (Kart) 18/13, BeckRS 2015, 9379, Rn. 72; Gruber, in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2020, § 888 Rn. 14).

Die Vollstreckungsabwehrklage ist auch für Einwendungen gegen Titel, die im familiengerichtlichen Verfahren ergangen sind und die in § 95 Abs. 1 FamFG aufgeführte Verpflichtungen betreffen, grundsätzlich statthaft (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21. Dezember 2010 ‌‑ 9 WF 350/10 ‑ ‌juris). § 95 Abs. 1 FamFG verweist auf sämtliche „Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung“, d. h. die §§ 704 bis 915h ZPO einschließlich der dort vorgesehenen Rechtsbehelfe gemäß §§ 765a, 766, 767, 771 ZPO (Althammer, in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 3. Aufl. 2018, § 95 FamFG, Rn. 1 f.; Hammer, in: Prütting/Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 95 FamFG, Rn. 5; Feskorn, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 95 FamFG, Rn. 10; vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 220).

Die genannten Rügen betreffen mit der Frage nach dem Umfang und der Fälligkeit der Auskunftsverpflichtung sowie dem hinreichenden Vortrag zur Übersendung der Entwicklungsberichte und der damit verbundenen etwaigen Hinweispflichten des Gerichts den Einwand der Erfüllung. Dass die Beschwerdeführerin ein ihr hier zumutbares Verfahren entsprechend § 767 ZPO erfolglos durchgeführt hat, hat sie nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Die vorherige Durchführung wäre auch deshalb veranlasst gewesen, da sich die Beschwerdeführerin mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) neben dem Erfüllungseinwand auf Umstände beruft, die im Vollstreckungsverfahren von vornherein nicht gehört werden und im Wege der Zwangsvollstreckungsgegenklage geltend zu machen sind.

3. Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus geltend macht, der Beschluss des Oberlandesgerichts verletze sie in ihren Grundrechten, weil damit auch die Auferlegung des Zwangsgeldes mit Blick auf den Antrag vom 16. April 2018 bestätigt werde, hat sie ‌- wie auch im Hinblick auf die weiteren Rügen, der Einwand des Rechtsmissbrauchs habe keine Beachtung gefunden und am 30. Januar 2018 sei die Auskunftsverpflichtung noch nicht fällig gewesen -‌ dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht genügt.

Die Beschwerdeführerin hat im fachgerichtlichen Verfahren nicht alles getan, um die von ihr nunmehr gerügte Rechtsverletzung zu verhindern oder zu beseitigen. Sie hat es unterlassen, die nunmehr vorgebrachten Einwände bereits mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 2. April 2019 anzubringen. In der Beschwerdeschrift hat sie sich darauf beschränkt, die Daten der übersandten Berichte zu benennen und zu rügen, dass der Beschluss des Amtsgerichts eine Auseinandersetzung mit den übersandten Unterlagen nicht erkennen lasse.

4. Jenseits der Anrufung des Verfassungsgerichts besteht für die Beschwerdeführerin ein einfacherer Weg zur Erreichung ihres Rechtsschutzziels. Der Schuldner kann die Vollstreckung jederzeit durch Vornahme der geschuldeten Handlung abwenden, da Zwangsmittel nach § 888 ZPO keine Sanktionierung bezwecken, sondern allein Beugecharakter haben, d. h. der Durchsetzung der zu vollstreckenden Handlung dienen (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2014 ‌‑ IX ZB 42/14 ‑, Rn. 11, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 1. August 2014 ‌‑ 9 WF 58/14 ‑‌, Rn. 11, juris; Gruber, in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 888 Rn. 28; Seibel, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 888 ZPO, Rn. 13). Der Beschwerdeführerin ist es unbenommen, die Vollstreckung des Zwangsmittelbeschlusses abzuwenden, indem sie schriftsätzlich substantiiert zur Erfüllung der Auskunfts- und Belegpflichten vorträgt und Beweis erbringt.

C.

Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren war nicht zu bewilligen, da die Verfassungsbeschwerde aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (§ 48 VerfGGBbg in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

 

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Müller

Richter

Sokoll

Dr. Strauß