Toolbar-Menü
Hauptmenü

VerfGBbg, Beschluss vom 15. Dezember 2023 - VfGBbg 16/23 EA -

 

Verfahrensart: Organstreit
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 12 Nr. 1; VerfGGBbg, § 30 Abs. 1; VerfGGBbg, § 35; VerfGGBbg, § 36 Abs. 1
- LV, Art. 56 Abs. 1; LV, Art. 67 Abs. 1
- FraktG, § 1 Abs. 1 Satz 1; FraktG, § 16 Abs. 1 Nr. 1
Schlagworte: - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, unbegründet
- Hauptsacheantrag, offensichtlich unbegründet
- Fraktion
- Fraktionsaustritt
- Fraktionsstatus, Fortbestehen
- Fraktionsmindeststärke
- Missbrauchskontrolle
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 15. Dezember 2023 - VfGBbg 16/23 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 16/23 EA




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 16/23 EA

In dem verfassungsgerichtlichen Verfahren

  1. Fraktion BVB / FREIE WÄHLER
    im Landtag Brandenburg,
    vertreten durch den Fraktionsvorsitzenden
    Péter Vida,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,
  2. Ilona Nicklisch
    Mitglied des Landtags,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,
  3. Matthias Stefke
    Mitglied des Landtags,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,
  4. Péter Vida
    Mitglied des Landtags,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,
  5. Christine Wernicke
    Mitglied des Landtags,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigter               Prof. Dr. S.,

gegen

  1. Präsidentin des Landtags Brandenburg,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,

Antragsgegnerin zu 1.,

Verfahrensbevollmächtigter:              Jun.-Prof. Dr. M.,

 

  1. Landtag Brandenburg,
    vertreten durch die Präsidentin,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,

Antragsgegner zu 2.,

Verfahrensbevollmächtigter:              Jun.-Prof. Dr. M.,

 

beteiligt:

Landesregierung Brandenburg
- Staatskanzlei -,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,

 

wegen

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 15. Dezember 2023

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Finck, Heinrich-Reichow, Dr. Koch, Müller, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

 

Gründe:

A.

Die Antragsteller zu 2. bis 5. sind Mitglieder des Landtags Brandenburg. Sie bildeten nach den Landtagswahlen 2019 zusammen mit dem Abgeordneten Dr. Z. bis zu dessen Austritt im Landtag die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER, die Antragstellerin zu 1. Seit dem Austritt wird die Antragstellerin zu 1. im Landtag Brandenburg nicht mehr als Fraktion behandelt; die Antragsteller zu 2. bis 5. werden als fraktionslose Abgeordnete betrachtet.

Mit dem - ursprünglich nur gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichteten - Antrag in der Hauptsache machen die Antragsteller im Wege des Organstreits geltend, in ihren Rechten aus Art. 67 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) und aus Art. 56 LV dadurch verletzt worden zu sein, dass die Präsidentin des Landtags Brandenburg, die Antragsgegnerin zu 1., vom Erlöschen des Fraktionsstatus der Antragstellerin zu 1. ausgegangen sei, diese nicht mehr als vollwertige Fraktion und die Antragsteller zu 2. bis 5. als fraktionslose Abgeordnete behandelt habe.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zielt auf die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegner, die Antragstellerin zu 1. als Fraktion, bestehend aus den Antragstellern zu 2. bis 5., zu behandeln und den Antragstellern zu 2. bis 5. aus der Fraktionszugehörigkeit erwachsende Abgeordnetenrechte zu gewähren.

I.

Die Liste der BVB / FREIE WÄHLER hatte bei den Landtagswahlen 2019 landesweit 5,04% der Zweitstimmen erreicht. Der Antragsteller zu 4. hatte ein Direktmandat errungen, die weiteren vier Listenmandate entfielen auf die Antragsteller zu 2., zu 3. und zu 5. sowie den Abgeordneten Dr. Z.

Am 6. November 2023 erklärte der Abgeordnete Dr. Z. seinen Austritt aus der Antragstellerin zu 1. Die Antragsgegnerin zu 1. teilte mit Schreiben vom 7. November 2023 dem Antragsteller zu 4. mit, der Fraktionsstatus der Antragstellerin zu 1. sei gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Fraktionsgesetz (FraktG) erloschen, die Antragstellerin zu 1. bestehe nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FraktG als Fraktion in Liquidation fort und die Antragsteller zu 2. bis 5. hätten den Status von fraktionslosen Abgeordneten erlangt. Die Landtagsverwaltung nehme die mit dem Verlust des Fraktionsstatus verbundenen notwendigen Veranlassungen vor. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin zu 1. im Schreiben aus:

„(…)

Angesichts des Austritts eines bisherigen Mitglieds sehe ich mich nunmehr gehalten, Sie auf die damit für den Fraktionsstatus der Fraktion BVB/FW verbundenen Rechtsfolgen hinzuweisen.

Da der Zusammenschluss von Abgeordneten in Gestalt der bisherigen Fraktion BVB/FW nicht mehr die durch § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG geforderte Mitgliederstärke von fünf Mitgliedern erreicht, ist mit dem Wirksamwerden des Austritts von Herrn Dr. Z. der Fraktionsstatus gemäß § 16 Abs. 1 Nummer 1 FraktG erloschen.

Der Landesgesetzgeber hat auf der Grundlage seiner ihm durch Art. 67 Abs. 1 Satz 5 der Landesverfassung eingeräumten Befugnis zur autonomen Regelung dieser Fragen im Einklang mit Art 67 der Landesverfassung für die Bildung einer Fraktion (fünf Mitglieder) die im Wahlrecht geltende 5%-Sperrklausel in Bezug auf die Mindestfraktionsstärke gespiegelt (vgl. hierzu BVerfGE 96, 264, 279 f.).

Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG, auf dessen Grundlage eine Fraktion ausnahmsweise mit vier Abgeordneten gebildet werden kann, ist für den Fall des Austritts von Herrn Dr. Z. aus der Fraktion BVB/FW mit bis dahin fünf Mitgliedern nicht einschlägig. Die Bildung einer Fraktion mit nur vier Mitgliedern ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG ausnahmsweise dann möglich, wenn trotz Überschreitens der 5%-Sperrklausel bei der Zahl der Zweitstimmen für eine Landesliste im Rahmen der Verteilung der Stimmen auf die Mandate nur vier Mandate errungen werden. Das ist nur unter extremen Bedingungen rechnerisch denkbar (siehe dazu Gesetzentwurf der Abgeordneten Bischof, Dr. Redmann, Domres, Nonnemacher, Drucksache 6/671, Begründung S. 2). Die in § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG formulierten Bedingungen für die ausnahmsweise Bildung einer Fraktion mit nur vier Mitgliedern lagen zum Zeitpunkt der Gründung der Fraktion der BVB/FW im September 2019 nicht vor. Die Fraktion wurde mit Blick auf die in der Wahl 2019 errungenen Zweitstimmen und die sich daraus rechnerisch ergebende Anzahl von Mandaten seinerzeit auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG gebildet. Auf den Fall des Austritts eines Mitgliedes aus einer nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG mit einer Mitgliederzahl von fünf Mitgliedern gebildeten Fraktion ist § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG weder direkt noch entsprechend anwendbar.

(…).“

Die im Schreiben genannten Vorschriften des Fraktionsgesetzes lauten auszugsweise:

§ 1 
Bildung

(1) Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens fünf Mitgliedern des Landtages, die derselben Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung angehören oder von derselben Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung als Wahlbewerberinnen oder Wahlbewerber aufgestellt worden sind. Erhält eine Partei, politische Vereinigung oder Listenvereinigung bei der Landtagswahl mindestens 5 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen, ohne die für fünf Mitglieder notwendige Zweitstimmenanzahl zu erreichen, kann eine solche Fraktion abweichend von Satz 1 auch aus vier Mitgliedern bestehen. (…)

(…)

§ 16
Wegfall der Rechtsstellung

(1) Die Rechtsstellung nach § 2 entfällt

1.    bei Erlöschen des Fraktionsstatus,

2.    bei Auflösung der Fraktion,

3.    mit dem Ende der Wahlperiode.

(…)

II.

Die Antragsteller haben am 13. November 2023 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt sowie ein Organstreitverfahren eingeleitet. Beide Anträge haben sich zunächst gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichtet.

1. Zur Begründung der Anträge in der Hauptsache führen die Antragsteller aus:

a. Die Antragstellerin zu 1. sei als eine selbstständige und unabhängige Gliederung des Landtags nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV antragsberechtigt. Sie sei in jedem verfassungsgerichtlichen Verfahren, das ihren Bestand zum Gegenstand habe, als fortbestehend zu betrachten. Die Antragsteller zu 2. bis 5. seien als Abgeordnete des brandenburgischen Landtags und Inhaber eines freien Mandats nach Art. 56 LV antragsberechtigt.

Die Antragstellerin zu 1. sei antragsbefugt. Es erscheine möglich, dass sie in eigenen Rechten aus Art. 67 LV bzw. aus Art. 56 LV verletzt sei. Der Antragstellerin zu 1. werde die Existenz als vollwertige Fraktion aberkannt, indem die Antragsgegnerin zu 1. sie als Fraktion in Liquidation betrachte. Ihr würden eigene Rechte und Pflichten gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV vorenthalten. Die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2. bis 5. folge aus ihrem freien Mandat (Art. 56 LV). Sie hätten das Recht, sich zur besseren Wirksamkeit ihrer politischen Positionen mit anderen Abgeordneten zu einer Fraktion zusammenzuschließen, in dieser zu verbleiben und in und durch die Fraktion zu wirken. Indem die Antragsgegnerin die Existenz der Fraktion bestreite, würden die politischen Wirkungsmöglichkeiten der Antragsteller zu 2. bis 5. als Abgeordnete durch und über die Fraktion vernichtet.

b. Der Antrag im Organstreit sei begründet. Das von der Antragsgegnerin zu 1. angenommene Erlöschen des Fraktionsstatus der Antragstellerin zu 1. verstoße gegen deren Recht aus Art. 67 LV und verletze die Antragsteller zu 2. bis 5. in ihrem aus dem freien Mandat fließenden Recht auf Zusammenschluss und Mitwirkung in einer Fraktion aus Art. 56 LV.

Auch nach dem Austritt des Abgeordneten Dr. Z. weise die Antragstellerin zu 1. noch eine hinreichende Anzahl an Mitgliedern auf. Art. 67 LV sei nicht zu entnehmen, dass eine Fraktion stets aus fünf Mitgliedern bestehen müsse. Das Fraktionsgesetz, das gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV das Nähere regele, habe bis zur Anhebung der notwendigen Mitgliederzahl auf fünf durch das Gesetz zur Änderung des Fraktionsgesetzes vom 24. März 2015 (GVBl.I/15, [Nr. 7]) über 21 Jahre unverändert vier Abgeordnete für die Bildung einer Fraktion ausreichen lassen. Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG, wonach eine Fraktion ausnahmsweise auch nur aus vier Mitgliedern bestehen könne, müsse für die Antragstellerin zu 1. Anwendung finden. Bei verfassungskonformer Auslegung im Lichte des Art. 67 LV sei ein Erst-Recht-Schluss (argumentum a minore ad maius) dahin geboten, dass der Antragstellerin zu 1. der Fraktionsstatus auch mit nur vier Mitgliedern zuzubilligen sei.

2. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten.

Erginge die einstweilige Anordnung nicht, verlöre die Antragstellerin zu 1. ihren Fraktionsstatus und würde abgewickelt werden. Im Zuge der Liquidation würden die Ausstattung veräußert und die Mitarbeiter entlassen. Sollte die Antragstellerin zu 1. in dem Hauptsacheverfahren des Organstreits Erfolg haben, wäre unter erheblichem Einsatz finanzieller Mittel eine neue Ausstattung zu beschaffen. Es wären neue Mitarbeiter zu suchen und einzustellen, was sich angesichts der in wenigen Monaten endenden Legislaturperiode als sehr schwierig gestalten dürfte. Für die Antragsteller zu 2. bis 5. würde ein Nichtergehen einer einstweiligen Anordnung trotz späteren Erfolgs im Organstreitverfahren bedeuten, dass sie zahlreiche, ihnen eigentlich zustehende Ausschusssitze für die Zwischenzeit verlören und ihre Auffassungen nicht mehr hinreichend in die Parlamentsarbeit einbringen könnten. Sie könnten, auch wenn sie sich zwischenzeitlich als Gruppe organisierten, nicht in gleicher Weise an der Parlamentsarbeit teilnehmen. Sie verlören Redezeiten im Plenum und könnten ihren Auffassungen mit geringeren finanziellen Mitteln nicht in gleicher Weise organisatorisch Wirksamkeit verschaffen.

Erginge demgegenüber die beantragte einstweilige Anordnung und unterlägen die Antragsteller im Hauptsacheverfahren, wären sie in der Zwischenzeit lediglich genauso zu behandeln wie bisher. Der Landtag bestünde weiterhin aus sechs Fraktionen, was in der Legislaturperiode die Arbeit des Parlaments nicht beeinträchtigt habe. Es bliebe lediglich der bisherige status quo erhalten. Der Antragsgegnerin zu 1. bliebe erspart, über die Neubesetzung von Ausschüssen zu entscheiden, Mittel umzuverteilen und ggf. die Liquidation der Antragstellerin zu 1. in die Wege zu leiten.

III.

Die Antragsteller haben zunächst beantragt,

das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg möge im Wege einer einstweiligen Anordnung der Antragsgegnerin aufgeben, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Antragstellerin zu 1. weiterhin als Fraktion zu behandeln, die aus den Antragstellern zu 2. bis 5. besteht. Die Antragsgegnerin möge insbesondere den Antragstellern zu 2. bis 5. weiterhin das volle Rede-, Antrags- und Stimmrecht im Plenum sowie die Mitgliedschaft in den Ausschüssen des Landtags mit vollem Rede-, Antrags- und Stimmrecht einräumen, die sachliche und personelle Ausstattung der Antragstellerin zu 1. beibehalten sowie davon absehen, die Liquidation der Antragstellerin zu 1. zu betreiben.

IV.

Die Antragsgegnerin zu 1. hält den Antrag für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

Der Antrag sei unbestimmt, weil er auf keine vollstreckungsfähige Entscheidung gerichtet sei. Die Antragstellerin zu 1. sei nicht mehr antragsberechtigt, da mit dem Austritt des Abgeordneten Dr. Z. ihr Fraktionsstatus durch Unterschreiten der Mindeststärke nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG kraft Gesetzes nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 FraktG erloschen sei. Die Antragsteller seien hinsichtlich der im Eilverfahren verfolgten Begehren nicht antragsbefugt. Im Hinblick auf das Antragsbegehren der Einräumung des vollen Rede-, Antrags- und Stimmrechts im Plenum sowie der Mitgliedschaft in den Ausschüssen des Landtags mit vollem Rede-, Antrags- und Stimmrecht fehle es schon an einem Verfassungsrechtsverhältnis. Nicht die Antragsgegnerin zu 1., sondern der Landtag gestalte die parlamentarischen Mitwirkungsrechte im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie aus. Der Antrag müsse gegenüber dem Landtag, nicht gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. geltend gemacht werden, die gegenüber von den Bestimmungen der §§ 73 ff. GOLT nicht abweichen könne.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nicht geboten. Der Antrag könne in der Hauptsache keinen Erfolg haben, weil er offensichtlich unzulässig und offensichtlich unbegründet sei.

Das Schreiben der Antragsgegnerin zu 1. vom 7. November 2023 sei kein tauglicher Antragsgegenstand im Sinne des § 36 Abs. 1 Gesetz über das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg (VerfGGBbg), da es keine rechtserhebliche Maßnahme darstelle. Es handele sich um einen bloßen Hinweis auf die kraft Gesetzes eingetretenen Rechtsfolgen des Fraktionsaustritts des Abgeordneten Dr. Z. Die Antragsteller seien nicht antragsbefugt. Es fehle an einem spezifischen Verfassungsrechtsverhältnis. Streitigkeiten über den Vollzug des Fraktionsgesetzes seien verwaltungsrechtlicher Art. Es sei darüber hinaus von vornherein ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin zu 1. die Antragsteller in Rechtspositionen aus Art. 67 LV oder Art. 56 LV verletzt habe. Die Antragstellerin zu 1. existiere nicht mehr als Fraktion im Sinne des Art. 67 Abs. 1 LV. Art. 56 Abs. 1 LV gewähre den Antragstellern zu 2. bis 5. kein Recht auf Fortexistenz einer erloschenen Fraktion.

Der Antrag in der Hauptsache sei jedenfalls offensichtlich unbegründet. Die Antragsgegnerin zu 1. habe die Rechte der Antragsteller aus Art. 67 LV bzw. Art. 56 LV nicht dadurch verletzt, dass sie den Antragsteller zu 4. mit Schreiben vom 7. November 2023 auf die Rechtsfolgen des Erlöschens des Fraktionsstatus der Antragstellerin zu 1. hingewiesen habe.

Dieser Hinweis entspreche der Rechtslage nach dem Fraktionsgesetz. Werde die in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG bestimmte Mindeststärke durch den Austritt, das Ausscheiden oder den Ausschluss eines Mitgliedes aus der Fraktion unterschritten, erlösche der Fraktionsstatus kraft Gesetzes.

Das Erlöschen des Fraktionsstatus könne nicht durch eine Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG abgewendet werden, wonach ausnahmsweise vier Mitglieder zur Bildung einer Fraktion ausreichten. Die Norm sei weder unmittelbar noch im Wege eines Erst-Recht-Schlusses anwendbar. Das von den Antragstellern vorgebrachte „argumentum a minore ad maius“ widerspreche dem Regelungszweck des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG, der ausweislich der Entwurfsbegründung nur eine äußerst seltene Ausnahmekonstellation bei der Mandatsverteilung erfassen solle. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass eine Partei, die mehr als fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalte, im Regelfall auch mindestens fünf Mandate erhalte, so dass die wahlrechtliche und die parlamentarische Relevanz übereinstimmten. Die Mindestfraktionsstärke solle nach der Begründung des Gesetzesentwurfs die wahlrechtliche 5%-Sperrklausel spiegeln. Der Gesetzgeber habe jedoch auch erkannt, dass es in seltenen Ausnahmekonstellationen dazu kommen könne, dass auf eine Liste, die mehr als fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten habe, nicht zugleich fünf Mandate entfielen. Die Sitzverteilung hänge nicht vom absoluten Zweitstimmenergebnis einer Partei, sondern vom Verhältnis der im Parlament vertretenen Parteien zueinander und zu den unberücksichtigten Parteien ab. Eine Partei, die zwischen 5 und 5,68 Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten habe, erringe nur vier Sitze, wenn neben ihr drei große Parteien im Landtag vertreten seien, die insgesamt mindestens 90 Prozent der Stimmen auf sich vereinten. Der Gesetzgeber habe das Auseinanderfallen von wahlrechtlicher und parlamentarischer Relevanz verhindern wollen und in diesem Ausnahmefall ausnahmsweise vier Mandate für die Fraktionsbildung genügen lassen. Die Vorschrift sei daher keinem Erst-Recht-Schluss zugänglich. Ihr liege kein Minus-/ Maius-Verhältnis zugrunde, sondern sie betrachte Regel- und Ausnahmefall als gleichwertig. Für eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage.

Die Rechtslage nach dem Fraktionsgesetz sei eine zulässige Ausgestaltung des Art. 67 LV durch den Gesetzgeber. Dazu gehöre die Festlegung der Fraktionsmindeststärke, bei der dem Gesetzgeber ein denkbar weiter Gestaltungsspielraum zukomme. § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG sei eine dem materiellen Geschäftsordnungsrecht zuzuordnende Norm, die von der Geschäftsordnungsautonomie als zentralem Element der parlamentarischen Selbstorganisation (Art. 68 LV) erfasst werde.

Die Ausgestaltungsbefugnis nach Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV finde ihre Grenze in den Statusrechten der Abgeordneten nach Art. 56 Abs. 1 LV, insbesondere dem Recht, Fraktionen zu bilden. Diese würden wiederum durch den Schutzzweck des Art. 67 Abs. 1 LV begrenzt, der u. a. in der Optimierung der Funktionsfähigkeit und Responsivität des Parlaments liege. Der Gesetzgeber habe zwischen diesen Positionen einen Ausgleich herzustellen.

Die Festlegung, unter welchen Voraussetzungen die Fraktionsbildung mit der Institutionsgarantie des Art. 67 Abs. 1 LV in Einklang stehe, d. h. welche Anforderungen an Zusammenschlüsse von Abgeordneten zu stellen seien, damit sie ihre Funktionen nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV erfüllen könnten, liege in der Autonomie des Gesetzgebers. Deren Grenze werde erst überschritten, wenn das Recht der Abgeordneten zur Fraktionsbildung aus Art. 56 Abs. 1 LV substantiell infrage gestellt werde. Davon könne bei § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG nicht die Rede sein. Ein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund für die Festsetzung einer Fraktionsmindeststärke sei die Funktionsfähigkeit des Parlaments. Die Ausrichtung der Fraktionsmindeststärke am wahlrechtlichen Relevanzkriterium der 5%-Hürde sei angemessen und in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung wiederholt als zulässig bestätigt worden.

Der Festlegung auf eine Mindeststärke von fünf Abgeordneten liege auch ein kohärentes Regelungskonzept mit gleichmäßigen und nachvollziehbaren Kriterien zugrunde. Die Anhebung der Mindeststärke für die Fraktionsbildung von vier auf fünf Mitglieder des Landtags sei im Zusammenhang mit der Einführung der parlamentarischen Gruppe (§§ 19 ff. FraktG) erfolgt, um den Abstand zwischen Gruppe und Fraktion zu reflektieren.

Im Rahmen einer - mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache - nicht vorzunehmenden Folgenabwägung sei zu berücksichtigen, dass den Antragstellern keine schweren Nachteile drohten, die durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewehrt werden könnten. In einer Folgenabwägung wäre insbesondere zu berücksichtigen, dass eine einstweilige Anordnung in die Rechte der übrigen Fraktionen im Landtag eingriffe, denen infolge des Erlöschens des Fraktionsstatus der Antragstellerin zu 1. nunmehr umfangreichere Rechte (Redezeit, Benennungsrechte für Gremien und Ausschüsse) zustünden.

V.

In Erwiderung auf die Stellungnahme der Antragsgegnerin zu 1. haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 30. November 2023 ihren Vortrag im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 1. vertieft und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch gegen den Landtag als Antragsgegner zu 2. erweitert. Ergänzend haben sie beantragt,

das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg möge im Wege einer einstweiligen Anordnung auch dem Antragsgegner zu 2. aufgeben, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Antragstellerin zu 1. weiterhin als Fraktion zu behandeln, die aus den Antragstellern zu 2. bis 5. besteht. Der Antragsgegner möge insbesondere den Antragstellern zu 2. bis 5. weiterhin das volle Rede-, Antrags- und Stimmrecht im Plenum sowie die Mitgliedschaft in den Ausschüssen des Landtags mit vollem Rede-, Antrags- und Stimmrecht einräumen, die sachliche und personelle Ausstattung der Antragstellerin zu 1. beibehalten sowie davon absehen, die Liquidation der Antragstellerin zu 1. zu betreiben.

Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2023 haben die Antragsteller auch den Antrag in der Hauptsache zusätzlich gegen den Antragsgegner zu 2. gerichtet und nehmen zur Begründung Bezug auf ihren ursprünglichen Antrag auf Einleitung eines Organstreitverfahrens gegen die Antragsgegnerin zu 1.

VI.

Die Landesregierung hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

B.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig.

1. Der Rechtsweg zum Verfassungsgericht ist eröffnet. Das vorliegende Verfahren ist verfassungsrechtlicher Art. Antragsteller und Antragsgegner sind taugliche Beteiligte eines Organstreitverfahrens und streiten im Kern um Positionen aus einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis. Die Antragsteller beantragen in der Hauptsache die Feststellung einer Verletzung organschaftlicher Rechte im Sinne des § 36 Abs. 1 VerfGGBbg und mit ihrem Eilantrag die Verpflichtung der Antragsgegner durch das Verfassungsgericht, die Antragstellerin zu 1. als Fraktion im Landtag, bestehend aus den Antragstellern zu 2. bis 5., zu behandeln und ihr entsprechende Mitwirkungsrechte einzuräumen.

2. Die Antragsteller sind antragsberechtigt. Die Antragsberechtigung im Verfahren über eine einstweilige Anordnung richtet sich nach der Beteiligtenfähigkeit in der Hauptsache.

a. Die Antragstellerin zu 1. ist im Organstreitverfahren antragsberechtigt. Eine Fraktion im Landtag ist ein von der Verfassung anerkannter Teil des Verfassungsorgans Landtag (vgl. Beschluss vom 20. Januar 2023 ‌‑ VfGBbg 67/21 ‑‌, Rn. 32, https://verfassungsgericht.brandenburg.de) und gemäß Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1, § 35 VerfGGBbg in Organstreitigkeiten beteiligtenfähig. Ihre Beteiligtenfähigkeit wird nicht dadurch infrage gestellt, dass sie infolge des Austritts eines Abgeordneten die in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG bestimmte Mindestfraktionsstärke nicht mehr erreicht, denn Gegenstand des Organstreitverfahrens ist gerade das Fortbestehen ihres Fraktionsstatus angesichts des Austritts des Abgeordneten. Würde einem sich gegen den Verlust seiner Rechtsstellung wehrenden Organ im Organstreitverfahren die Beteiligtenfähigkeit von vornherein abgesprochen, wäre Rechtsschutz praktisch nicht mehr zu erlangen. Eine derartige Beschränkung verfassungsgerichtlicher Kontrolle würde der hervorgehobenen Bedeutung der Fraktion in der Landesverfassung und der ihr zugewiesenen Rechte nicht gerecht. Die Antragstellerin zu 1. ist für das Organstreitverfahren insofern als fortbestehend zu behandeln (vgl. zur Bundesversammlung: BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2014 ‌‑ 2 BvE 2/09 ‑‌, BVerfGE 136, 277-323, Rn. 60, juris).

b. Die Antragsteller zu 2. bis 5. sind als Abgeordnete, die sich im freien Mandat dadurch verletzt sehen, dass ihnen der Zusammenschluss in einer Fraktion verwehrt ist, beteiligtenfähig. Jeder einzelne Abgeordnete ist berechtigt, gegen Maßnahmen die seine verfassungsmäßig gewährleistete Rechtsstellung als Abgeordneter beeinträchtigen, das Verfassungsgericht anzurufen (vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2017 ‌‑ VfGBbg 46/16 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; vgl. BVerfG, Urteil vom 16. März 1955 ‌‑ 2 BvK 1/54 ‑‌, BVerfGE 4, 144-156, Rn. 17 f., juris).

3. Mit dem Einwand, die Anträge seien nicht hinreichend bestimmt und nicht vollstreckungsfähig, dringt die Antragsgegnerin zu 1. nicht durch. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung muss kein konkreter Anordnungsinhalt begehrt werden, da das Verfassungsgericht nicht an den gestellten Antrag gebunden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 1991 ‌‑ 1 BvR 454/91 ‑‌, BVerfGE 85, 167-176, Rn. 21 m. w. N., juris). Das Gericht kann das anordnen, was zur vorläufigen Sicherung aus Gründen des Gemeinwohls dringend geboten ist. Der Antrag muss das verfolgte Rechtsschutzziel, die Sicherung des mit dem Hauptsacheverfahren verfolgten Begehrens, benennen und einfordern (vgl. Graßhof, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Stand: Januar 2022, BVerfGG, § 32, Rn. 45 f.). Dem genügt die Antragsschrift. Es wird erkennbar, dass die Antragsteller sich gegen den Wegfall des Fraktionsstatus und den damit verbundenen Verlust der Mitwirkungsrechte im Parlament wenden und einstweilig die Beibehaltung der aus dem Fraktionsstatus folgenden Rechte begehren.

C.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.

I.

Gemäß § 30 Abs. 1 VerfGGBbg kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 VerfGGBbg vorliegen, ist grundsätzlich, soweit sich das Begehren in der Hauptsache nicht als offensichtlich unzulässig oder unbegründet darstellt, nach Maßgabe einer Folgenabwägung zu beurteilen (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 25. August 2023 ‌‑ VfGBbg 6/23 EA ‑‌, Rn. 117 m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Bei der Prüfung der Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 VerfGGBbg ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Beschlüsse vom 25. August 2023 ‌‑ VfGBbg 6/23 EA ‑‌, Rn. 118 m. w. N., und vom 19. März 2021 ‌‑ VfGBbg 3/21 EA ‑‌, Rn. 14 m. w. N., verfassungsgericht.brandenburg.de). Im Organstreitverfahren bedeutet der Erlass einer einstweiligen Anordnung einen Eingriff des Verfassungsgerichts in die Autonomie eines anderen Verfassungsorgans. Der Erlass kann allein der vorläufigen Sicherung des streitigen organschaftlichen Rechts des Antragstellers dienen, damit es nicht im Zeitraum bis zur Entscheidung der Hauptsache durch Schaffung vollendeter Tatsachen überspielt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 5. Juli 2023 ‌‑ 2 BvE 4/23 ‑‌, Rn. 67, und vom 14. Juni 2017 ‌‑ 2 BvQ 29/17 ‑‌, BVerfGE 145, 348-364, Rn. 29, juris). Die Gründe müssen zudem so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabdingbar machen. Das Verfahren nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg ist nicht darauf angelegt, möglichst lückenlosen vorläufigen Rechtsschutz vor dem Eintritt auch endgültiger Folgen zu bieten (vgl. Beschluss vom 25. August 2023 ‌‑ VfGBbg 6/23 EA ‑‌, Rn. 118 m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2023 ‌‑ 2 BvE 4/23 ‑‌, Rn. 67 m. w. N., juris).

Ist aber absehbar, dass der Antrag in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, dann ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht geboten (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2021 ‌‑ VfGBbg 17/21 EA ‑‌, Rn. 16 m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

II.

Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen nicht. Es bestehen erhebliche Bedenken dagegen, dass das Hauptsacheverfahren auf der Grundlage des Vortrags der Antragsteller überhaupt zulässig ist (1.). Die Anträge sind jedenfalls offensichtlich unbegründet (2.).

1. Zweifel bestehen, ob das anhängig gemachte Hauptsacheverfahren - auch in der auf den Antragsgegner zu 2. erweiterten Fassung - ausgehend von dem Vorbringen der Antragsteller derzeit zulässig ist.

Der Organstreit ist gemäß Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1, §§ 35 ff. VerfGGBbg zwar auch in Ansehung des Vorbringens der Antragsgegnerin zu 1. statthaft und betrifft einen tauglichen Antragsgegenstand (dazu a.). Zweifelhaft ist, ob die Antragsgegnerin zu 1. passivlegitimiert ist (dazu b.).

a. Gemäß § 36 Abs. 1 VerfGGBbg ist der Antrag im Organstreitverfahren nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Der Begriff der Maßnahme ist weit auszulegen. Von ihm sind neben Rechtsakten auch Realakte erfasst. Als Maßnahme kommt folglich jedes rechtserhebliche Verhalten des Antragsgegners in Betracht, das geeignet ist, die Rechtsstellung des Antragstellers zu beeinträchtigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. September 2015 ‌‑ 2 BvE 1/11 ‑‌, BVerfGE 140, 115-160, Rn. 59 m. w. N., juris). Der Antragsteller bestimmt mit seinem Antrag und der hierin angeführten Maßnahme oder Unterlassung sowie mit der Benennung der als verletzt behaupteten Verfassungsnorm den Streitgegenstand des Organstreitverfahrens (vgl. Urteil vom 6. September 2023 ‌‑ VfGBbg 78/21 ‑‌, Rn. 65 m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Die Antragsteller haben als Antragsgegenstand das Schreiben der Antragsgegnerin zu 1. vom 7. November 2023 angeführt, in dem diese erklärt habe, der Fraktionsstatus der Antragstellerin zu 1. sei durch den Austritt des Abgeordneten Dr. Z. erloschen. Sie erkennen rechtsverletzende Maßnahmen in dem Bestreiten des fortbestehenden Fraktionsstatus der Antragstellerin zu 1. und in der Infragestellung des Rechts der Antragsteller zu 2. bis 5., als Fraktion zusammenzuwirken. Sie lassen hinreichend erkennen, dass sie sich durch die im Schreiben vom 7. November 2023 kund getane Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG bzw. deren Nichtanwendung verletzt sehen. Im Kern wenden sie sich damit gegen die ausnahmslose Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 FraktG bzw. die Nichtanwendung von § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG, jeweils dem Geschäftsordnungsrecht zuzuordnende Vorschriften (vgl. Urteil vom 10. November 1994 ‌‑ VfGBbg 4/94 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

b. Soweit der Antrag in der Hauptsache die Anwendung von Geschäftsordnungsrecht als rechtsverletzend beanstandet, ist zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin zu 1. passivlegitimiert sein könnte. Richtiger Antragsgegner im Organstreit ist derjenige, der die beanstandete Maßnahme zu verantworten hat (vgl. Lieber, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, 2012, Art. 113, Anm. 1.).

Die Anerkennung als Fraktion sowie Erwerb und Verlust der Rechtsstellung als Fraktion richten sich nach dem Fraktionsgesetz. Dabei handelt es sich um eine der Geschäftsordnungsautonomie des Landtags unterfallende gesetzliche Regelung von Geschäftsordnungsangelegenheiten (vgl. Urteil vom 10. November 1994 ‌‑ VfGBbg 4/94 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Es ist Sache des Landtags - des Antragsgegners zu 2. -, nicht der Landtagspräsidentin - der Antragsgegnerin zu 1. - zu konkretisieren, auf welche Weise seine Mitglieder an der parlamentarischen Willensbildung mitwirken (vgl. Urteil vom 6. September 2023 ‌‑ VfGBbg 78/21 ‑‌, Rn. 96, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Dementsprechend obliegt die Prüfungspflicht, ob die im Fraktionsgesetz festgelegten, dem Geschäftsordnungsrecht zuzuordnenden Voraussetzungen der Fraktionsbildung oder des Verlusts des Fraktionsstatus vorliegen, dem Parlament. Dem verleiht auch § 1 Abs. 1 Satz 3 FraktG Ausdruck, der die Bildung einer Fraktion abweichend von § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG unter den Zustimmungsvorbehalt des Landtags stellt.

Die Bildung der Fraktion wie auch das Ausscheiden eines Mitglieds aus der Fraktion sind der Antragsgegnerin zu 1. anzuzeigen (vgl. § 1 Abs. 2 FraktG), die grundsätzlich als Organwalterin des Parlaments handelt (zur Abgrenzung vgl. VerfGBbg, Urteil vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑‌, Rn. 147 ff., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; vgl. Blum, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 1. Aufl. 2016, § 21, Rn. 15).

2. Dem Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung steht jedenfalls entgegen, dass der Antrag im Hauptsacheverfahren offensichtlich unbegründet ist.

a. Ob das Hauptsacheverfahren offensichtlich unbegründet ist, bestimmt sich maßgeblich danach, ob das Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung über die einstweilige Anordnung zu der Auffassung gelangt, dass kein Gesichtspunkt erkennbar ist, der dem gestellten Antrag zum Erfolg verhelfen könnte.

Der Antrag im Organstreitverfahren wirft keine komplexen klärungsbedürftigen verfassungsrechtlichen Fragen auf.

Die im Organstreitverfahren zu beurteilenden Rechtsfragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt. Dies gilt insbesondere für das Spannungsfeld zwischen der Geschäftsordnungsautonomie des Landtags und den Mitwirkungsrechten von Abgeordneten (vgl. nur Urteile vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑‌, m. w. N., und vom 10. November 1994 ‌‑ VfGBbg 4/94 ‑‌, LVerfGE 2, 201, 211, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Auch die Frage der Zulässigkeit einer Fraktionsmindeststärke ist hinreichend beleuchtet worden (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 17. September 1997 ‌‑ 2 BvE 4/95 ‑,‌ BVerfGE 96, 264‑288, Rn. 62, und Urteil vom 16. Juli 1991 ‌‑ 2 BvE 1/91 ‑‌, BVerfGE 84, 304-341, Rn. 106, juris). Angesichts dessen lässt sich eine zuverlässige Aussage über die Erfolgsaussichten des Antrags im Organstreitverfahren treffen.

b. Die Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG (i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 FraktG) gegenüber der Antragstellerin zu 1. gibt keinen Anlass zu verfassungsgerichtlicher Beanstandung. Weder wird die Antragstellerin zu 1. im Art. 67 Abs. 1 LV noch werden die Antragsteller zu 2. bis 5. in ihren Rechten aus Art. 56 Abs. 1 LV verletzt. Dem Vorbringen der Antragsteller ist keine zu ihren Lasten erfolgte sachwidrige Anwendung des Fraktionsgesetzes zu entnehmen. Eine solche liegt insbesondere nicht darin, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG weder unmittelbar noch analog Anwendung auf die Antragstellerin zu 1. gefunden hat. Es handelt sich insbesondere nicht um eine evident sachwidrige Auslegung.

§ 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 FraktG begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Art. 68 LV räumt dem Landtag zum Erhalt seiner Funktionsfähigkeit die Befugnis ein, seine Geschäftsordnungsangelegenheiten frei zu regeln. Die Verfassung gebietet keine abweichende Auslegung.

aa. Der Verfassungsgeber hat mit Art. 67 LV die Fraktionen als eigenständige Akteure anerkannt (vgl. Urteile vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑‌, m. w. N., und vom 10. November 1994 ‌‑ VfGBbg 4/94 ‑‌, LVerfGE 2, 201, 211, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV wirken sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbstständige und unabhängige Gliederungen an der Arbeit des Landtags mit und unterstützen die parlamentarische Willensbildung. Daraus ergeben sich verschiedene Gewährleistungen nach innen und nach außen; insbesondere ordnet auch die Landesverfassung den Fraktionen verschiedene Rechte zu (vgl. Art. 69 Abs. 1 Satz 4 LV, Art. 70 Abs. 2 Satz 2 LV, vgl. Urteil vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑‌, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Die verfassungsunmittelbare Anerkennung der Fraktion aufgrund von Art. 67 Abs. 1 LV verleiht der einmal konstituierten Fraktion Schutz gegen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Eingriffe in ihre Rechtsstellung bzw. in ihr von der Verfassung originär zugewiesene Rechte.

Für die Bildung und das Erlöschen des Fraktionsstatus beinhaltet die Verfassungsnorm des Art. 67 LV keine konkreten Vorgaben. Die Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen ein Zusammenschluss von Abgeordneten als Fraktion anzuerkennen ist und damit verfassungsrechtlich privilegiert wird, ist Teil der in Form eines Gesetzes (Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV) zu betätigenden Autonomie des Landtags, die dieser wiederum unter Beachtung von Art. 56 Abs. 1 LV, aber auch im Hinblick auf den Schutzzweck des Art. 67 Abs. 1 LV zu konkretisieren hat (vgl. Urteil vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑‌, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Die Rechte der Fraktionen finden ihre Grenze u. a. in den in Art. 56 Abs. 1 LV verankerten Rechten der (anderen) Abgeordneten und deren besonderen Mitwirkungsbefugnissen nach Art. 56 Abs. 2 LV sowie der Funktionsfähigkeit des Landtags. Umgekehrt können aber auch die Rechte der Abgeordneten durch die Fraktionsrechte eingeschränkt werden. In dieser parlamentsrechtlichen Gemengelage sind die kollidierenden Verfassungsrechtspositionen in einen schonenden Ausgleich zu bringen (vgl. Urteil vom 6. September 2023 ‌‑ VfGBbg 78/21 ‑‌, Rn. 95 m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Dies zu gewährleisten obliegt dem Landtag im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie. Es ist daher in erster Linie seine Sache zu konkretisieren, auf welche Weise seine Mitglieder an der parlamentarischen Willensbildung mitwirken. Hierbei kommt dem Landtag ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. Urteile vom 6. September 2023 ‌‑ VfGBbg 78/21 ‑‌, Rn. 96 m. w. N., und vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑, ‌ verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Das Landesverfassungsgericht hat die Autonomie des Landtags zu beachten. Dies hat zur Folge, dass die Anwendung der Geschäftsordnung - hier des Fraktionsgesetzes - durch den Landtag beziehungsweise durch seine hierzu berufenen Organe nur einer eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Insoweit findet lediglich eine am Grundsatz der fairen und loyalen Anwendung der Geschäftsordnung und an den anerkannten Auslegungsmethoden orientierte Kontrolle daraufhin statt, ob die Anwendung evident sachwidrig ist (vgl. Urteile vom 6. September 2023 ‌‑ VfGBbg 78/21 ‑‌, Rn. 103 m. w. N., und vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑, ‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Ausgangspunkt der verfassungsgerichtlichen Überprüfung einer Geschäftsordnungsbestimmung ist deshalb zunächst die Auslegung der Regelung, die sie durch den Landtag erfahren hat (vgl. Urteil vom 6. September 2023 ‌‑ VfGBbg 78/21 ‑‌, Rn. 103, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Verstößt diese Auslegung nicht gegen den Grundsatz der fairen und loyalen Anwendung der Geschäftsordnung, ist zu prüfen, ob ein damit verbundener Eingriff in das Recht der Abgeordneten auf gleichberechtigte Mitwirkung an der parlamentarischen Willensbildung verfassungsrechtlich ausreichend legitimiert ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. März 2022 ‌‑ 2 BvE 2/20 ‑‌, BVerfGE 160, 368-410, Rn. 63, juris). Entscheidend ist, ob die von der Antragsgegnerin zu 1. zugrunde gelegte Auslegung, die der Antragsgegner zu 2. teilt, vertretbar erscheint. Es kommt nicht darauf an, ob diese Auslegung die einzig vertretbare Möglichkeit einer Auslegung dieser Norm darstellt (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. März 2022 ‌‑ 2 BvE 2/20 ‑‌, BVerfGE 160, 368-410, Rn. 93, juris).

bb. Nach diesen Maßstäben wird die Antragstellerin zu 1. durch die Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG nicht in ihren Rechten aus Art. 67 Abs. 1 LV verletzt.

Die Antragsgegner sind aufgrund des Absinkens unter die in § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG bestimmte Fraktionsmindeststärke vom Erlöschen der Antragstellerin zu 1. gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 FraktG ausgegangen. Sie meinen, der Gesetzgeber habe auf der Grundlage seiner ihm durch Art. 67 Abs. 1 Satz 5 LV eingeräumten Befugnis zur autonomen Regelung dieser Fragen im Einklang mit Art. 67 LV für die Bildung einer Fraktion (fünf Mitglieder) die im Wahlrecht geltende 5%-Sperrklausel in Bezug auf die Mindestfraktionsstärke gespiegelt. Sie vertreten die Auffassung, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG für den Fall des Austritts eines Abgeordneten aus einer Fraktion mit bis dahin fünf Mitgliedern nicht einschlägig sei. Die Antragsgegnerin zu 1. betonen unter Verweis auf die Gesetzesbegründung, dass die Bildung einer Fraktion mit nur vier Mitgliedern gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG ausnahmsweise dann möglich sei, wenn trotz Überschreitens der 5%-Sperrklausel bei der Zahl der Zweitstimmen für eine Landesliste im Rahmen der Verteilung der Stimmen auf die Mandate nur vier Mandate errungen werden, was nur unter extremen Bedingungen rechnerisch denkbar sei. Die Antragstellerin zu 1. sei aber seinerzeit mit Blick auf die in der Wahl 2019 errungenen Zweitstimmen und die sich daraus rechnerisch ergebende Anzahl von Mandaten auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG gebildet worden. Auf den Fall des Austritts eines Mitgliedes aus einer nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG mit einer Mitgliederzahl von fünf Mitgliedern gebildeten Fraktion sei § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG weder direkt noch entsprechend anwendbar.

Die Annahme, dass die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 FraktG vorliegen und die Antragstellerin zu 1. deshalb durch Nichterreichen der Mindeststärke von fünf Mitgliedern des Landtags infolge des Austritts eines Abgeordneten aus der Fraktion erloschen ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bedenken ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG weder unmittelbar noch analog auf die Antragstellerin zu 1. Anwendung gefunden hat. Die Auslegung ist weder evident sachwidrig noch ist damit eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Differenzierung verbunden.

Sie entspricht dem Wortlaut der genannten Normen. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 FraktG entfällt die Rechtsstellung der Fraktion mit Erlöschen des Fraktionsstatus. Das Absinken unter die geschäftsordnungsmäßig bestimmte Mindeststärke der Fraktion begründet einen Erlöschenstatbestand (vgl. Waldhoff, in: Austermann/Schmahl, Abgeordnetenrecht, 2. Aufl. 2023, § 62, Rn. 5; Lieber, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, 2012, Art. 67, Anm. 4.1.). § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG sieht als Voraussetzung für die Fraktionsbildung neben der politischen Homogenität eine Mindeststärke von mindestens fünf Mitgliedern des Landtags vor. Die Antragstellerin zu 1. erreicht diese Mindeststärke nicht mehr.

Anderes ergibt sich nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG.

Die Vorschrift bestimmt abweichend von Satz 1, dass eine Fraktion auch aus vier Mitgliedern bestehen kann, wenn eine Partei, politische Vereinigung oder Listenvereinigung bei der Landtagswahl mindestens 5 Prozent der Zweitstimmen erhalten hat, ohne die für fünf Mitglieder notwendige Zweitstimmenanzahl zu erreichen.

Dass die Antragsgegner § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG schon deshalb für nicht anwendbar erachten, weil die Antragstellerin zu 1. sich nicht nach dieser Norm konstituiert hat, ist nachvollziehbar. Sie orientieren den Erlöschenstatbestand an dem Tatbestand, der für die Bildung der Antragstellerin zu 1. einschlägig war. Die Bildung der Antragstellerin zu 1. hatte sich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FraktG, nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG vollzogen.

Die Auslegung der Antragsgegner wird auch durch die weitere Gesetzessystematik, die Entstehungsgeschichte und den Sinn und Zweck der Norm gestützt.

§ 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG ist durch das Gesetz zur Änderung des Fraktionsgesetzes vom 24. März 2015 (GVBl.I/15, [Nr. 7]) (im Folgenden: Änderungsgesetz) eingeführt worden. Mit dem Änderungsgesetz hat der Gesetzgeber zum einen die Gruppe als weitere Organisationsform für Abgeordnete im Parlament anerkannt. Er hat zum anderen die Regelungen zur Bildung der Fraktion grundlegend novelliert. Der Gesetzgeber hat dabei nicht nur - um das Abstandsgebot zur Gruppe zu wahren - die ursprünglich in § 1 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Landtag Brandenburg vom 29. März 1994 (GVBl.I/94, [Nr. 08], S.86) vorgesehene Mindeststärke für die Bildung einer Fraktion von vier Mitgliedern des Landtags auf fünf angehoben. Mit dem Änderungsgesetz hat er vielmehr die Voraussetzungen der Fraktionsbildung konzeptionell neu ausgerichtet. Ausweislich der Gesetzesbegründung zielt der Gesetzgeber darauf ab, mit der Anhebung der Mindestgröße von Fraktionen die im Wahlrecht geltende 5%‑Sperrklausel auf die Mindestfraktionsstärke zu spiegeln (vgl. LT‑Drs. 6/871, Begründung Teil B. zu Nummer 1 a). Der Begründung ist zu entnehmen ist, dass die Überschreitung der 5%-Sperrklausel durch eine Partei bzw. Liste bei gleichzeitigem Erreichen von nur vier Mandaten nur unter ausgesprochen extremen Bedingungen rechnerisch denkbar ist - etwa, wenn maximal drei große Parteien mit insgesamt mindestens 90 % der Stimmen neben einer sehr kleinen Partei mit einem Stimmanteil zwischen 5 % und ca. 5,68 % Einzug ins Parlament halten (vgl. LT‑Drs. 6/871, Begründung Teil B. zu Nummer 1 a). Dies war ausschlaggebend für die Anhebung der Fraktionsmindeststärke von vier auf fünf Abgeordnete. Allein dazu, um diesen vom Gesetzgeber erkannten Ausnahmefall zu erfassen, sollte die Einführung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG dienen. In der Gesetzesbegründung heißt es ausdrücklich:

„Um sicherzustellen, dass auch und ausschließlich in einem soeben unter a) beschriebenen, ausgesprochen seltenen Ausnahmefall eine Fraktionsbildung auch mit vier Abgeordneten möglich ist, obwohl nur vier Abgeordnete einer Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung einen Sitz im Landtag errungen haben, wird nach Satz 1 ein entsprechender Satz eingefügt.“

(vgl. LT‑Drs. 6/871, Begründung Teil B. zu Nummer 1 b).

Die aus dieser Differenzierung folgende Ungleichbehandlung der Abgeordneten dient dem Schutz eines gleichwertigen Verfassungsguts. Die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG stellt sicher, solchen Abgeordneten, denen aufgrund des Überschreitens der Fünf-Prozent‑Hürde wahlrechtlich Relevanz zukommt, auch parlamentarisch Wirksamkeit zu verleihen. Dass der Gesetzgeber eine Fraktionsmindeststärke etabliert hat, die sich konsequent an der wahlrechtlichen Fünf-Prozent‑Hürde orientiert, ist ein tragfähiger Grund. Er dient der Funktionsfähigkeit des Parlaments (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 1997 ‌‑ 2 BvE 4/95 ‑‌, BVerfGE 96, 264‑288, Rn. 62, juris). Mit dieser Grundausrichtung fügt sich § 1 Abs. 1 FraktG in die in der Bundesrepublik geübte, verfassungsrechtlich nicht beanstandete Praxis (vgl. BVerfG, Urteil vom 16. Juli 1991 ‌‑ 2 BvE 1/91 ‑‌, BVerfGE 84, 304‑341, Rn. 107, juris) ein. Zugleich wird mit der Begrenzung von § 1 Abs. 1 Satz 2 FraktG auf einen Ausnahmefall vor dem Hintergrund des Abstandsgebots (kein starres Abstandsgebot, vgl. Urteil vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 ‑‌, m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de) ein angemessener Interessenausgleich zwischen der Funktionsfähigkeit des Parlaments und dem freien Mandat geschaffen.

cc. Art. 56 Abs. 1 LV gebietet keine andere Auslegung.

D.

Der Beschluss ist hinsichtlich des Entscheidungsausspruchs einstimmig und hinsichtlich der Gründe mit einer Gegenstimme ergangen.

 

 

Möller

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Dr. Koch

Müller

Sokoll

Dr. Strauß