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VerfGBbg, Beschluss vom 21. Juni 2024 - VfGBbg 35/23 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 12 Abs. 2
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
- HundehV
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Begründungsanforderungen nicht erfüllt

Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. Juni 2024 - VfGBbg 35/23 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 35/23




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 35/23

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

E.,

Beschwerdeführerin,

wegen

Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 3. Mai 2023 ‌‑ VG 3 K 1235/20 ‑;‌ Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin‑Brandenburg vom 24. August 2023 ‌‑ OVG 5 N 42/23

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 21. Juni 2024

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Dr. Koch, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

            Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

A.

I.

Die Beschwerdeführerin war in der Vergangenheit Halterin verschiedener Hunde.

Im August 2017 zeigte sie den Ordnungsbehörden die Haltung eines circa 18 kg schweren Mischlingshundes mit einer Widerristhöhe von 40 cm, nur drei Beinen und dem Rufnamen „M.“ sowie eines circa 22,5 kg schweren Golden Retriever-Mix mit einer Widerristhöhe von 50 cm und dem Rufnamen „A.“ an. Ein Führungszeugnis als Nachweis der Zuverlässigkeit im Sinne von § 12 Abs. 3 Hundehalterverordnung (HundehV) erbrachte die Beschwerdeführerin zunächst nicht.

Mit Ordnungsverfügung vom 23. Juli 2019 wies der Amtsdirektor des Amts Märkische Schweiz die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Hund „A.“ kraft Gesetzes als gefährlicher Hund gelte (Ziffer 1). Zudem untersagte er der Beschwerdeführerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Haltung der Hunde „A.“ (Ziffer 2), „M.“ (Ziffer 3) und „N.“ (Ziffer 4). Er gab ihr auf, die Hunde binnen einer Woche („A.“) bzw. binnen zwei Wochen („N.“ und „M.“) nach Zustellung der Verfügung auf ihre Kosten wegzugeben sowie unverzüglich einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Außerdem drohte er der Beschwerdeführerin die Wegnahme / Sicherstellung der Hunde für den Fall an, dass sie den genannten Anordnungen nicht fristgerecht und vollständig nachkomme.

Zur Begründung seines Bescheids berief sich der Amtsdirektor auf Vorfälle vom 10. Juni 2019 und vom 1. Juli 2019.

Am 10. Juni 2019 habe die Beschwerdeführerin die Hunde „A.“, „M.“ und „N.“ auf dem Feldweg im Bereich des Flugplatzes S. geführt. Der Hund „A.“ habe dabei eine vorbeifahrende Radfahrerin angegriffen und sie in das linke Fußgelenk gebissen. Die Beschwerdeführerin habe zu dem Vorfall erklärt, dass die Leinen der Hunde gelöst worden seien, um den Hunden Wasser zu geben. Während sie und ihre Begleiterin das Wasser herausgeholt hätten, seien unbemerkt zwei Radfahrer gekommen. „A.“ sei dann vor Schreck aufgesprungen und habe die Frau in die Ferse gebissen. Auf ihren Rückruf habe er aber sofort reagiert. Den Hund „N.“ habe sie am 5. Juli 2018 per E-Mail zur Hundesteuer angemeldet.

Zu einem zweiten Vorfall sei es am 1. Juli 2019 gekommen. Nach Mitteilung der Polizeidirektion seien an diesem Tag zwei Hunde der Beschwerdeführerin von dem Grundstück gelaufen und hätten einen vorbeilaufenden Dackel attackiert. Nachdem die Halterin des Dackels ihren Hund daraufhin auf den Arm genommen habe, sei sie selbst gebissen worden und gestürzt. Zu diesem Vorfall habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass es „A.“ gelungen sei, die Haustür selbstständig zu öffnen. Weil die Geschädigte ihren Hund auf den Arm genommen habe, sei eine Veranlassung für „A.“ zum Beißen entstanden. Die Situation sei binnen Sekunden unter Kontrolle gewesen und sie hätte die Hunde wieder ins Haus gebracht. Inzwischen habe sie den Garten aufwendig mit einem Metallzaun abgesichert und führe „A.“ nur noch mit einem Maulkorb aus.

Aufgrund der genannten Vorfälle stufte der Amtsdirektor „A.“ als gefährlichen Hund im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV ein. Die Beschwerdeführerin besitze nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, weshalb ihr nach § 5 Abs. 1 HundehV das Halten der Hunde schriftlich zu untersagen sei. Das nach § 6 Abs. 1 HundehV erforderliche Führungszeugnis zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit habe die Beschwerdeführerin bisher nicht vorgelegt. Darüber hinaus seien angesichts der Vorfälle vom 10. Juni 2019 und vom 1. Juli 2019 Tatsachen bekannt geworden, nach denen die Beschwerdeführerin die erforderliche Zuverlässigkeit zur Haltung der Hunde „A.“, „M.“ und „N.“ nicht besitze. Sie habe teils wiederholt, teils gröblich gegen Vorschriften der Hundehalterverordnung verstoßen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 HundehV).

Im Zusammenhang mit dem Vorfall am 10. Juni 2019 habe die Beschwerdeführerin gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HundehV verstoßen, wonach der Hundehalter Gewähr dafür bieten müsse, dass ein Hund ständig beaufsichtigt und sicher geführt werde. Ausweislich des Polizeiberichts sei die Beschwerdeführerin auf einen elektrischen Krankenfahrstuhl angewiesen, weshalb es ihr nicht möglich sei, auf die Hunde ungehindert einzuwirken.

Mit Blick auf den Vorfall am 1. Juli 2019 lägen Verstöße gegen § 2 Abs. 6 Satz 1 HundehV und § 1 Abs. 1 HundehV vor, wonach ein befriedetes Besitztum gegen ein unbeabsichtigtes Entweichen des Hundes angemessen gesichert sein müsse und der Hundehalter sicherzustellen habe, dass sich ein Hund nicht unbeaufsichtigt außerhalb des befriedeten Besitztums aufhalte.

Auch habe die Beschwerdeführerin wiederholt ihre Pflicht zur Anzeige einer Hundehaltung nach § 6 Abs. 1 HundehV verletzt. Bereits die Anzeige der Hunde „A.“ und „M.“ sei erst nach einem Vorfall mit einem anderen Hund im Juli 2017 erfolgt. Die Haltung des Hundes „N.“ sei erst im Rahmen der Ermittlungen zum Vorfall am 10. Juni 2019 bekannt geworden. Eine ordnungsgemäße Anzeige dieses Hundes seitens der Beschwerdeführerin sei bisher noch nicht vorgenommen worden. Die abgabenrechtliche Anmeldung des Hundes reiche hierfür nicht aus.

Unter dem 26. Juli 2019 zeigte die Beschwerdeführerin beim Amtsdirektor die Haltung des Hundes „N.“ an. Am 3. August 2019 verkaufte und übergab sie „A.“ an ihren Sohn.

Nach Zurückweisung ihres gegen die Untersagungsverfügung erhobenen Widerspruchs erhob die Klägerin unter dem 7. September 2020 Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) (VG 3 K 1235/20), soweit die Verfügung die Hunde „M.“ und „N.“ betraf. Die beiden Hunde seien bisher in keiner Weise negativ aufgefallen. Von ihnen gingen auch keine Gefahren aus. Soweit die Untersagungsverfügung mit ihrer eigenen Unzuverlässigkeit begründet werde, sei dies rechtswidrig, insbesondere unverhältnismäßig. Das notwendige Führungszeugnis habe sie zwar zu spät beantragt, es nunmehr aber erhalten. Hierdurch werde ihre Zuverlässigkeit bestätigt. Sie habe außerdem erhebliche Investitionen in die Errichtung eines hohen Zauns auf ihrem Grundstück getätigt. Sie sitze auch nicht in einem Rollstuhl, sondern nutze lediglich eine elektrische Bewegungshilfe, da sie größere Strecken nur noch schlecht laufen könne. Soweit sie beim Ausfüllen von Formularen und der Anmeldung der Hunde Fehler gemacht habe, sei dies aufgrund von Irrtümern erfolgt. Die Annahme, dass sie zur Hundehaltung ungeeignet sei, sei allein aufgrund dessen nicht gerechtfertigt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 3. Mai 2023 als unbegründet ab. Der Beklagte habe der Beschwerdeführerin die Haltung der Hunde „N.“ und „M.“ auf Grundlage von § 5 Abs. 1 HundehV zu Recht untersagt. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 HundehV sei die erforderliche Zuverlässigkeit für den Umgang mit Hunden in der Regel bei Personen zu verneinen, die wiederholt oder gröblich gegen die dort genannten Vorschriften der Hundehalterverordnung verstoßen hätten. Der jeweilige Hundehalter müsse ohne Einschränkungen willens und in der Lage sein, seine Pflichten als Halter eines potentiell gefährlichen Hundes jederzeit und überall zu erfüllen. Das erfordere das Bewusstsein einer besonderen Verantwortung gegenüber den Belangen und Rechtsgütern der Allgemeinheit und Dritter. Die Zuverlässigkeit fehle demgegenüber etwa bei einer Person, die ohne Einsicht in die vom jeweiligen Hund ausgehenden Gefahren den durch Gesetz oder Ordnungsverfügung angeordneten Leinen- und Maulkorbzwang missachte oder in sonstiger Weise ordnungsrechtlichen Anforderungen wiederholt oder gröblich zuwiderhandele. Mit dem Begriff der Unzuverlässigkeit sei dagegen keine Aussage über ein Verschulden des jeweiligen Hundehalters bei etwaigen anlassgebenden Vorfällen oder gar einen Charaktermangel verbunden.

Die genannten Voraussetzungen lägen im Falle der Beschwerdeführerin vor, da sie über einen erheblichen Zeitraum mehrere wesentliche Pflichten aus der Hundehalterverordnung zum Teil in gröblicher Weise unbeachtet gelassen habe.

Neben den in der Untersagungsverfügung aufgeführten Vorfällen sei es schon am 15. August 2017 (gemeint ist der 14. Juli 2017) zu einer Situation gekommen, bei der mehrere Hunde der Beschwerdeführerin von ihrem Grundstück hätten entweichen können. Bereits damals habe die Beschwerdeführerin gegen die Pflicht aus § 1 Abs. 1 HundehV verstoßen, ihre Hunde sicher auf ihrem Grundstück zu halten.

Die Beschwerdeführerin habe zudem am 10. Juni 2019 gegen die aus § 2 Abs. 1 HundehV folgende Pflicht verstoßen, ihre Hunde ständig zu beaufsichtigen und sicher zu führen. Dies gelte selbst dann, wenn man ihre eigene Schilderung des Geschehens zugrundlege. Nach dem Verstoß im Jahr 2017 sei hierin bereits ein wiederholter Verstoß gegen die Hundehalterverordnung zu sehen, der seinem Gewicht nach außerdem als gröblich zu bewerten sei. Nach Aussage der geschädigten Radfahrerin, der die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten sei, sei das Anleinen der Hunde erst nach mehrmaliger Aufforderung durch die Rettungssanitäter erfolgt. Hinzu komme, dass „A.“ danach sowohl den Mann der Geschädigten als auch die herbeigerufenen Rettungssanitäter und Polizisten weiterhin aggressiv angebellt haben solle.

Vor dem Hintergrund, dass „A.“ nach diesem Vorfall gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV als gefährlicher Hund gegolten habe, erweise sich auch der Vorfall vom 1. Juli 2019, bei dem zwei der Hunde der Beschwerdeführerin erneut von ihrem Grundstück entwichen seien, als wiederholter und gröblicher Verstoß gegen § 1 Abs. 1 HundehV. Die Beschwerdeführerin habe bereits nach dem ersten Vorfall vom 14. Juli 2017 Veranlassung gehabt, der Frage nachzugehen, ob ihr Grundstück ausreichend gegen ein Entweichen ihrer Hunde gesichert sei.

Mit Recht habe der Beklagte die Unzuverlässigkeit der Beschwerdeführerin zudem darauf gestützt, dass diese die Haltung ihrer Hunde entgegen § 6 Abs. 1 HundehV nicht unverzüglich angezeigt habe. Die Angabe der Beschwerdeführerin, sie sei nach der steuerlichen Anmeldung davon ausgegangen, alles Erforderliche getan zu haben und habe insofern lediglich Fehler beim Ausfüllen von Formularen gemacht, sei angesichts der zeitlichen Abläufe als Schutzbehauptung zu werten. Die Beschwerdeführerin habe die Haltung ihrer Hunde stets erst dann angezeigt, wenn deren Existenz den Ordnungsbehörden wegen vorangegangener Vorfälle ohnehin nicht mehr länger zu verheimlichen gewesen sei.

Die für die Haltungsuntersagung maßgebende Unzuverlässigkeit der Beschwerdeführerin sei schließlich auch nicht anders zu beurteilen, weil seit Juli 2019 keine weiteren Verstöße gegen die Hundehalterverordnung bekannt geworden seien. An der Unzuverlässigkeit der Beschwerdeführerin habe sich nichts geändert. Ihr Verhalten sei bis in das gerichtliche Verfahren hinein davon gekennzeichnet, dass sie ihre Verantwortung für die Hunde nur unzureichend wahrnehme, die daraus folgenden Risiken für Dritte geringschätze und den betroffenen Personen für eingetretene Schäden noch eine Mitverantwortung zuordnen wolle.

Schließlich erweise sich die Beschwerdeführerin auch deshalb als unzuverlässig, weil sie nicht ohne Einschränkungen willens sei, ihre Pflichten als Hundehalterin jederzeit und überall zu erfüllen und dabei etwa auch vollziehbaren Anordnungen Folge zu leisten. Sie habe die Haltung ihrer Hunde „M.“ und „N.“ auch nach dem Erlass der Ordnungsverfügung vom 23. Juli 2019 nicht eingestellt, obwohl sie hierzu unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgefordert worden sei. Der damit zum Ausdruck gekommene Unwillen der Beschwerdeführerin, sich an die Regelungen der Ordnungsverfügung zu halten, trete nicht schon deshalb in den Hintergrund, weil auch der Beklagte keine Anstrengungen unternommen habe, sie etwa im Wege des Verwaltungszwangs zu ihrer Beachtung zu zwingen.

Lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 HundehV vor, so habe die Ordnungsbehörde die Hundehaltung zu untersagen. Ein Ermessen, hiervon im Einzelfall abzuweichen, komme ihr nicht zu. Ebenso wenig von Belang sei, dass es durch die Hunde „M.“ und „N.“ bisher nicht nachweislich zu Bissvorfällen gekommen sei, und dass „M.“ lediglich drei Beine habe. Die Beachtung der in § 12 Abs. 2 Nr. 1 HundehV genannten ordnungsrechtlichen Vorschriften werde auch Haltern von nicht gefährlichen Hunden auferlegt.

Den gegen dieses Urteil von der Antragstellerin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 24. August 2023 (OVG 5 N 42/23) ab.

Gemessen am Vorbringen der Beschwerdeführerin bestünden weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, VwGO) noch weise die Sache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweise, dass sie sowohl ihren am Vorfall im Jahr 2017 beteiligten Hund „L.“ als auch den Hund „A.“ in Erfüllung der ordnungsbehördlichen Vorgaben weggegeben und ihr Grundstück gegen das Entweichen von Hunden gesichert habe, sowie beanstande, dass „N.“ und „M.“ keine gefährlichen Hunde seien, es seit dem 1. Juli 2019 zu keinen weiteren Vorfällen gekommen sei und sie nicht auf einen elektrischen Krankenfahrstuhl angewiesen sei, sondern lediglich für längere Ausflüge ein Elektromobil nutze, zeige sie keine Umstände auf, die die vom Verwaltungsgericht eingehend dargelegten Verstöße gegen die in § 12 Abs. 2 Nr. 1 HundehV genannten Vorschriften in Frage stellen könnten. Insbesondere bedürfe es im Falle der vom Verwaltungsgericht angenommenen Halterunzuverlässigkeit für die Untersagungsverfügung keiner zusätzlichen Feststellung einer Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren. Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme seien ebenfalls nicht erforderlich gewesen. Gehe die Gefahr nicht von einem gefährlichen Hund, sondern von der Unzuverlässigkeit des Halters aus, ziehe dies eine Haltungsuntersagung nach der unmissverständlichen Formulierung in § 5 Abs. 1 Satz 2 HundehV zwingend nach sich.

Nach Abschluss des Gerichtsverfahrens kündigte der Amtsdirektor des Amts Märkische Schweiz, der bis dahin von einer zwangsweisen Durchsetzung der Ordnungsverfügung vom 23. Juli 2019 abgesehen hatte, der Beschwerdeführerin unter dem 6. September 2023 die Wegnahme der Hunde „N.“ und „M.“ am 27. September 2023 für den Fall an, dass bis zum 26. September 2023 15.00 Uhr keine nachweisliche Haltungsaufgabe seitens der Antragstellerin erfolge.

II.

Am 13. September 2023 hat die Beschwerdeführerin beim Verfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, die Wegnahme der Hunde vorläufig zu verhindern. Das Gericht hat diesen Antrag abgelehnt (Beschluss vom 22. September 2023 ‌‑ VfGBbg 10/23 EA ‑,‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

III.

Mit ihrer ebenfalls am 13. September 2023 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts. Sie beruft sich auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Grundgesetz, GG) sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) bzw. das Benachteiligungsverbot wegen einer Behinderung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG).

Zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde führt sie aus, dass ihr während des gesamten gerichtlichen Verfahrens verwehrt worden sei, sich persönlich vor Ort zu äußern. Ihre Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sei durch eine fehlerhafte Kommunikation seitens ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vereitelt worden. Nachdem sie die Ladung zur mündlichen Verhandlung erhalten habe, habe sie dreimal in dessen Kanzlei angerufen, wobei ihr stets mitgeteilt worden sei, dass der Rechtsanwalt sich noch melden werde. Dieser habe ihr aber erst am Abend vor dem 3. Mai 2023 in einem fünfminütigen Telefonat mitgeteilt, dass ihr Erscheinen vor Gericht erwünscht sei. Vorher sei ihr von der Rechtsanwaltsgehilfin am Telefon gesagt worden, dass die Teilnahme an der Verhandlung unüblich sei. So schnell habe sie dann keinen Transport mehr besorgen können. Ohnehin habe ihr Rechtsanwalt nicht viel in den Fall investiert. So zeige sich eine weitere Inkompetenz ihres Anwalts darin, dass er ihr eine Verfügung des Ordnungsamts vom 15. Juni 2023 erst am 30. Juni 2023 weitergeleitet habe.

Auch in der Berufungsinstanz habe sie sich nicht persönlich vor Gericht äußern können, da das Gericht im Beschlusswege entschieden habe. Mit ihrem neuen Rechtsanwalt habe sie nie gesprochen. Alles sei über die Anwaltsgehilfen gelaufen. Im Rahmen des schriftlichen Verfahrens seien Stellungnahmen nur unvollständig möglich gewesen. Gerade vor dem Verwaltungsgericht wäre eine direkte Äußerung ihrerseits sinnvoll gewesen, da falsche Darstellungen so gleich hätten richtiggestellt werden können.

In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdeführerin auf eine der Verfassungsbeschwerde beigefügte Stellungnahme vom 1. Juli 2023, die sie ihrem Anwalt übersandt und in der sie u. a. ausgeführt hatte, dass es zu den Vorfällen am 14. Juli 2017 und am 1. Juli 2019 nur gekommen sei, weil ihre Hunde durch die Nachbarn provoziert worden seien. Bei dem Vorfall am 10. Juni 2019 hätten sich die Fahrradfahrer zudem nicht bemerkbar gemacht oder ihre Fahrt verlangsamt, so dass es ihr nicht möglich gewesen sei, die Hunde wieder an die Leine zu nehmen. „A.“ habe sie nach dem Vorfall augenblicklich angeleint, lediglich die beiden anderen Hunde seien zunächst nicht angeleint worden, weil sie sich um die Wundversorgung der betroffenen Radfahrerin gekümmert habe. Sie habe sich auch sonst immer verantwortungsvoll verhalten. Alle Hunde seien ordnungsgemäß steuerlich angemeldet, kastriert, geimpft und gechipt worden. Bereits vor dem 1. Juli 2019 habe sie zudem veranlasst, dass das Grundstück von allen Seiten gesichert werde. Seit dem 4. Juli 2019 könne es nur noch schleusenmäßig verlassen werden, so dass kein Hund mehr entwischen könne. „N.“ und „M.“ seien liebenswerte Hunde und an keinem der Vorfälle beteiligt gewesen.

Indem das Gericht ihre Unzuverlässigkeit mit der Behinderung und einer fehlerhaften Anmeldung der Hunde begründet habe, habe es gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen. In dem Zeitraum zwischen dem Vorfall am 1. Juli 2019 bis zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts seien weder sie noch ihre Hunde begutachtet worden. Seit 2009 sei sie an ME/CFS erkrankt. Die Erkrankung gehe u. a. mit der Unfähigkeit des Körpers einher, den Kreislauf an eine aufrechte Position anzupassen. Sie sei daher nur wenige Momente in der Lage zu stehen, weshalb sie mit einem Elektromobil unterwegs sei. Die Glaubwürdigkeit ihrer Erkrankung werde auf Seite 5 des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts in Frage gestellt. Nur anhand von Schriftstücken werde dort von nicht ärztlich ausgebildeten Personen eine Einschätzung ihrer Fähigkeiten vorgenommen. Sie habe über die Jahre alle Auflagen vom Ordnungsamt erfüllt und sogar noch einen zusätzlichen Zaun setzen lassen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

Ungeachtet weiterer Zulässigkeitsbedenken insbesondere mit Blick auf die Anforderungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg erfüllt die Verfassungsbeschwerde die Begründungsanforderungen nicht.

Notwendig ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das zu bezeichnende Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert. Dazu bedarf es einer umfassenden einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufarbeitung der Rechtslage. Demnach muss der Beschwerdeführer ausgehend vom Entscheidungsinhalt aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus seiner Sicht im Einzelnen liegt (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 19. Februar 2021 ‌‑ VfGBbg 28/20 ‑,‌ Rn. 9, vom 21. Januar 2022 ‌‑ VfGBbg 57/21 ‑,‌ Rn. 35, und vom 17. November 2023 ‌‑ VfGBbg 70/21 ‑,‌ Rn. 39, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Gemessen daran hat die Beschwerdeführerin die Möglichkeit der Verletzung eines Grundrechts der Landesverfassung nicht aufgezeigt.

Die von der Beschwerdeführerin angeführten Rechte des Grundgesetzes sind vor dem Landesverfassungsgericht nicht rügefähig. Einen Verfassungsverstoß hat die Beschwerdeführerin aber auch dann nicht hinreichend dargelegt, wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass sie die Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen am Maßstab der in der Landesverfassung inhaltsgleich zu den benannten Rechten des Grundgesetzes gewährleisteten Grundrechte begehrt (vgl. Beschluss vom 16. August 2019 ‌‑ VfGBbg 41/19 ‑,‌ https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Soweit sich die Beschwerdeführerin auf einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 Verfassung des Landes Brandenburg, LV) beruft, beschränkt sie sich im Wesentlichen darauf, das Verhalten der von ihr beauftragten Prozessbevollmächtigten zu beanstanden. Etwaige Versäumnisse ihrer Anwälte muss sich nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung aber die Beschwerdeführerin selbst, nicht das Gericht zurechnen lassen. Dass die Gerichte der Beschwerdeführerin rechtliches Gehör verwehrt haben könnten, ist aufgrund des Beschwerdevorbringens auch im Übrigen nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin gibt selbst nicht an, vom Verwaltungsgericht nicht ordnungsgemäß geladen worden zu sein. Dennoch ist sie zur mündlichen Verhandlung weder erschienen noch hat sie insoweit einen ‑ auch noch kurzfristig möglichen ‑ Antrag auf Terminsverlegung gestellt. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ohne mündliche Verhandlung im Beschlusswege entspricht den gesetzlichen Vorgaben für das Berufungszulassungsverfahren (§ 124a Abs. 5 Satz 1 VwGO). Einen Anspruch auf mündliche Verhandlung verleiht in diesem Zusammenhang auch Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV nicht. Die Beschwerdeführerin hat Entsprechendes auch nicht behauptet.

Ebenfalls nicht dargelegt hat die Beschwerdeführerin Verstöße gegen das Willkürverbot (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV) bzw. das Benachteiligungsverbot aufgrund einer Behinderung (Art. 12 Abs. 2 LV). Es fehlt bereits an einer Auseinandersetzung mit dem Gewährleistungsgehalt der genannten Grundrechte. Im Übrigen setzt sich die Beschwerdeschrift insgesamt nicht mit den Erwägungen der Gerichte auseinander, die ihre jeweiligen Entscheidungen weder mit der Behinderung der Beschwerdeführerin noch mit Zweifeln an einer solchen begründet haben. Für das Verwaltungsgericht entscheidend waren ausweislich der Urteilsbegründung die von ihm im Einzelnen aufgeführten Verstöße gegen die Vorgaben der Hundehalterverordnung, wobei es ‑ anders als noch der Amtsdirektor im angegriffenen Bescheid - nicht darauf abgestellt hat, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Erkrankung körperlich nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HundehV in der Lage sei, die Hunde sicher zu führen. Der Entscheidung lässt sich auch nicht etwa entnehmen, dass das Gericht dem Vortrag der Beschwerdeführerin, wonach sie lediglich ein Elektromobil benutze, keinen Glauben geschenkt hat. Vielmehr hat es mit Blick auf den Vorfall vom 10. Juni 2019 ausdrücklich den im dortigen Verfahren von der Beschwerdeführerin geschilderten Sachverhalt zugrunde gelegt. Auch soweit die Beschwerdeführerin meint, das Oberverwaltungsgericht habe die Glaubwürdigkeit ihrer Erkrankung in Frage gestellt, ist dieser Vorwurf anhand der vorliegenden Entscheidungsgründe nicht nachvollziehbar.

Ein Verfassungsverstoß wird schließlich auch nicht hinreichend dargelegt, soweit man der Bezugnahme der Beschwerdeführerin auf ihre Stellungnahme zum Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. Juli 2023 der Sache nach die Rüge entnehmen wollte, das Oberverwaltungsgericht habe die dort erhobenen Einwände nicht hinreichend berücksichtigt. Es bleibt bereits unklar, ob die entsprechende Stellungnahme überhaupt zu den Akten des Berufungszulassungsverfahren gelangt ist. Dies geht zu Lasten der Beschwerdeführerin, der es im Rahmen der Begründungspflicht auch obliegt, dem Verfassungsgericht alle Gesichtspunkte zu unterbreiten, die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde entscheidend sind (vgl. Beschluss vom 17. November 2023 ‌‑ VfGBbg 70/21 ‑,‌ Rn. 39, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Insgesamt kommt in der Beschwerdeschrift zwar zum Ausdruck, dass die Beschwerdeführerin die angegriffenen Entscheidungen für falsch hält und einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung zuführen will. Es ist indes nicht Aufgabe des Verfassungsgerichts, Gerichtsentscheidungen nach Art eines Rechtsmittelgerichts zu überprüfen. Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind vielmehr Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte. Das Verfassungsgericht ist darauf beschränkt, die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts zu korrigieren (vgl. Beschluss vom 18. November 2022 ‌‑ VfGBbg 51/21 ‑,‌ Rn. 20, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Eine solche Verletzung hat die Beschwerdeführerin wie dargelegt nicht aufgezeigt, sondern sich mit Blick auf den Inhalt der gerichtlichen Entscheidungen darauf beschränkt, ihre Würdigung der Umstände derjenigen der Gerichte entgegenzusetzen. Das reicht zur Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht aus.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Dr. Koch

Müller

Richter

Sokoll

Dr. Strauß