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VerfGBbg, Beschluss vom 19. Februar 2021 - VfGBbg 49/20 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 2 Abs. 3; LV, Art. 26 Abs. 1; LV, Art. 27 Abs. 2; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1; LV, Art. 52 Abs. 4
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 45 Abs. 1
- BGB, § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
- HKÜ, Art. 12 Abs. 1; HKÜ, Art. 12 Abs. 2; HKÜ, Art. 13 Abs. 1 lit. b; HKÜ, Art. 19
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde teilweise unzulässig
- Verfassungsbeschwerde unbegründet
- unzureichende Begründung
- Anwendungsbereich Haager Übereinkommen
- alleiniges Sorgerecht
- Elternrecht
- Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindes-entführung
- Kindesentziehung
- Kindeswohl
- Kindeswohlgefährdung
- Prozessstandschaft
- Rückführungsentscheidung
- Sorgerechtsentscheidung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Februar 2021 - VfGBbg 49/20 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 49/20




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 49/20

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

E.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte:               D. Rechtsanwälte Part mbB,
                                                                Rechtsanwalt Prof. Dr. D.,

beteiligt:

  1. E.,


Verfahrensbevollmächtigte:               Rechtsanwältin
                                                                W.,

  1. Präsident
    des Brandenburgischen Oberlandesgerichts,
    Gertrud-Piter-Platz 11,
    14770 Brandenburg an der Havel,
wegen

Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. April 2020 - 13 UF 162/17

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 19. Februar 2021

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Dr. Lammer, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

Die Verfassungsbeschwerde wird teilweise verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, mit dem die alleinige elterliche Sorge für seine Kinder der Mutter (im Folgenden auch „die Äußerungsberechtigte“) zugesprochen wurde, nachdem diese die Kinder nach Japan entführt hatte.

I.

Der Beschwerdeführer und die Äußerungsberechtigte sind getrennt lebende Eheleute und Eltern zweier im Jahr 2013 bzw. 2014 in Deutschland geborener Söhne. Am 23. September 2016 beantragte die Äußerungsberechtigte beim Amtsgericht Nauen die Übertragung des alleinigen Sorgerechts für die beiden Kinder. Zur Begründung trug sie unter anderem vor, mit den Kindern in ihr Heimatland Japan zurückkehren zu wollen. Anfang Juni 2017 verbrachte die Äußerungsberechtigte die Kinder ohne Kenntnis des zu diesem Zeitpunkt gemeinsam sorgeberechtigten Beschwerdeführers nach Japan. Er hat seitdem keinen Kontakt zu seinen Kindern. Das Amtsgericht sprach mit Beschluss vom 20. September 2017 das alleinige Sorgerecht insbesondere wegen fehlender Bindungstoleranz der Äußerungsberechtigten, die sich durch die Kindesentziehung manifestiert habe, dem Beschwerdeführer allein zu. Gegen diesen Beschluss erhob die Äußerungsberechtigte Beschwerde zum Oberlandesgericht.

Der Beschwerdeführer betrieb ein Verfahren zur Rückführung der Kinder nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (Haager Kindesentführungsübereinkommen - HKÜ bzw. „das Abkommen“) und erwirkte in Japan einen gerichtlichen Rückführungstitel. Das erstinstanzlich befasste Tokioter Familiengericht stellte fest, dass eine Rückführungspflicht nach Art. 27 des japanischen Ausführungsgesetzes zum HKÜ (Act for Implementation of the Convention on the Civil Aspects of International Child Abduction, Act No. 48 vom 19. Juni 2013 - japAGHKÜ -, englisch-japanische Fassung abrufbar unter http://www.japaneselawtranslation.go.jp/law/detail/?id=3484&vm=04&re=01, Stand 28. Januar 2021) bestehe und ein Hinderungsgrund für die Rückführung gemäß Art. 28 des gleichen Gesetzes nicht gegeben sei. Das Obergericht Tokio bestätigte zweitinstanzlich mit Urteil vom 13. September 2018 diese Einschätzung. Ein Hinderungsgrund für die Rückführung bestehe nur bei einer schwerwiegenden Gefährdung der Kinder am Rückführungsort in physischer und/oder psychischer Hinsicht. Solche Umstände seien hier mit Hinblick auf eine Rückführung nach Deutschland nicht festzustellen. Der Beschluss wurde rechtskräftig.

Die Vollstreckung des Rückführungstitels scheiterte jedoch an einer fehlgeschlagenen Zustellung des Urteils an die Äußerungsberechtigte und an deren fehlender Mitwirkung. Die Mitwirkung war nach den rechtlichen Ausführungen des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt nach japanischem Recht erforderlich. Seit dem 1. April 2020 habe sich die Rechtslage in Japan geändert. Eine Mitwirkung der Äußerungsberechtigten an der Rückführung sei nunmehr nicht mehr notwendig. Jetzt sei ein Habeas-Corpus-Verfahren möglich, das maßgeblich von der Sorgerechtsentscheidung abhänge. Dieses leitete der Beschwerdeführer ein.

Das Oberlandesgericht als Beschwerdeinstanz erhob in dem Sorgerechtsstreit Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, welche Regelung der elterlichen Sorge dem Kindeswohl am besten entspreche. Der Sachverständige hatte dabei zugrunde zu legen, dass die Äußerungsberechtigte in Japan verbleiben würde, sollten die Kinder zum Beschwerdeführer nach Deutschland ziehen.

Mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 15. April 2020 übertrug das Oberlandesgericht die elterliche Sorge für die Kinder der Äußerungsberechtigten allein. Eine alle maßgeblichen Gesichtspunkte (insbesondere die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens) einbeziehende Abwägung ergebe, dass dies dem Kindeswohl im Sinne von § 1671 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am besten entspreche. Eine konstruktive Zusammenarbeit der Eltern sei nicht möglich; die Mutter habe den Vater aus der Familie vollständig ausgegrenzt. Eine Kommunikation der Eltern über die Kinder betreffende Fragen sei auch künftig nicht zu erwarten. Im Sorgerechtsverfahren gehe es, anders als im Rückholverfahren nach dem HKÜ, nicht darum, eine widerrechtliche Kindesentführung rückgängig zu machen, und auch nicht darum, dem Elternteil, dem die Kinder entzogen worden seien, zu „seinem Recht“ an den Kindern zu verhelfen. Der entziehende Elternteil dürfe zwar in seinem rechtswidrigen Handeln nicht bestärkt werden, dennoch verfolge die Sorgerechtsentscheidung keinen Sanktionszweck. Die Bestimmungen in § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 1697a BGB verlangten vom Gericht, diejenige Entscheidung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspreche. Eine die Antragstellerin maßregelnde und ihr widerrechtliches Fehlverhalten rückgängig machende Entscheidung sei deshalb nicht möglich, da eine solche die Kinder hart treffe. Die Betreuungs- und Förderkompetenz der Elternteile sei vorliegend nicht gewichtig, da sie bei beiden ähnlich ausgeprägt sei. Anhaltspunkte dafür, dass den Kindern im Haushalt eines ihrer Elternteile Gefahren drohen könnten, lägen nicht vor. Das Verhalten der Mutter gegenüber den Kindern sei, mit Ausnahme ihrer Bindungsintoleranz, nicht zu beanstanden. Die Bindungen der Kinder ergäben einen Vorrang für die Mutter, die sie seit ihrer Geburt betreue, und inzwischen seit zweieinhalb Jahren allein. Bei kleineren Kindern - wie hier - lasse die längerfristige Betreuung durch einen Elternteil regelmäßig vermuten, dass dieser zur Hauptbezugsperson des Kindes geworden sei, wenn der andere Elternteil nur geringfügige Kontakte mit dem Kind gepflegt habe. Der Sachverständige habe insoweit ausgeführt, der Kontaktabbruch zum Vater habe dessen Verlust als Bindungsperson zur Folge und beeinträchtige die etablierten positiven Vater-Kind-Beziehungen.

Der Kindeswille habe nicht ermittelt werden könne, sei jedoch wegen des geringen Alters der Kinder ohnehin kein zentraler Anhaltspunkt.

Die Bindungstoleranz spreche zwar für den Vater, da diejenige der Mutter schwere Mängel aufweise, was sich zuletzt in der Kindesentziehung und im vollständigen Kontaktabbruch zum Vater bestätigt habe. Bei diesem sei im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass er anders als die Mutter den Umgang der Kinder mit dem anderen Elternteil gewähren und fördern würde.

Jedoch spreche der Gesichtspunkt der Kontinuität der Lebensumstände der Kinder für ihren Verbleib bei der Mutter. Eine Stetigkeit der personalen Beziehung, welche für Kinder sehr bedeutsam sei, könne nur die Äußerungsberechtigte gewährleisten. Die Kinder hätten in Japan seit zweieinhalb Jahren soziale Bezüge entwickelt und sich nach Auskunft des Internationalen Sozialdienstes gut eingelebt. Sie hätten in Japan durch die mütterliche Familie eine personale Betreuungskontinuität erlebt, die mittlerweile ihren zentralen Erfahrungs- und Erlebnishintergrund darstelle. Die Beibehaltung ihres Lebensmittelpunkts in Japan werde Kontinuität im Hinblick auf personelle, kulturelle und räumliche Erziehungs- und Lebensbedingungen gewährleisten, während ein Wechsel nach Deutschland zu ihrem Vater, zu dem sie seit zweieinhalb Jahren keinen Kontakt hätten, ihnen hohe Anpassungsleistungen abverlangen würde. Der Sachverständige habe nachvollziehbar ausgeführt, dass der Verbleib der Kinder in Japan die Kontinuität der sozialen Beziehungen und der Erziehung gewährleisten könne, innerhalb derer sie die alterstypischen Entwicklungsaufgaben zu bewältigen hätten. Zudem blieben sie in einer Kultur und einem Sprachraum, die ihnen mittlerweile vertraut seien. Eine Rückführung nach Deutschland würde zum Verlust ihrer engsten Bindungsperson sowie weiterer enger sozialer Beziehungen in Japan führen und eine hohe Anpassungsleistung von den Kindern fordern. Sie müssten sich in ein für sie mittlerweile in personeller, sozialer, sprachlicher und kultureller Hinsicht völlig neues Lebensumfeld einfinden. Ihre Integration in neue Institutionen (Kita und Schule) würde durch die kulturellen und sprachlichen Unterschiede erschwert, auch wenn die Bemühungen der Mutter, Einflüsse westlicher Kultur und das Sprachverständnis für die deutsche Sprache im Lebensumfeld der Kinder zu erhalten, begünstigend wirken könnten.

Die Abwägung der Risiken, die mit der Rückführung der Kinder nach Deutschland einhergingen, mit denjenigen, die mit der Ausübung der elterlichen Sorge durch die Äußerungsberechtigte verbunden seien, führe zu dem Ergebnis, dass dem Kindeswohl durch einen Verbleib der Kinder bei der Mutter besser gedient sei. Zwar drohe ihnen in diesem Fall eine fortgesetzte Ausgrenzung des Vaters aus ihrem Leben, was eine schwerwiegende Belastung und erhebliche Gefährdung ihres Wohls darstelle. Ein Wechsel der Kinder in den Haushalt des Vaters wäre jedoch mit einem Verlust der Mutter als maßgeblicher Bezugsperson verbunden, der durch (bild-)‌telefonische Kontakte oder Ferienumgang nicht abzufedern wäre. Die Kinder würden erneut - diesmal ohne Beibehaltung irgendeiner nahen Bindungsperson und unter vollständiger Herauslösung aus ihrem sozialen, kulturellen und sprachlichen Lebensumfeld - alles verlieren, was während der überwiegenden Zeit ihres bewussten Erlebens ihre Lebenswirklichkeit ausgemacht habe. Auf Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen träfe die Trennung von der Mutter die Kinder härter und begründe die größere Kindeswohlgefährdung.

Der drohende Bindungsverlust zur Mutter wiege nicht dadurch weniger schwer, dass die Mutter den Kindern den Vater entzogen habe. Die Bindung der Kinder an die Mutter sei isoliert davon zu betrachten.

Das Oberlandesgericht führt weiter aus, es habe sich einer zuletzt seitens des Sachverständigen ausgesprochenen, von dessen vorherigen Ausführungen abweichenden Empfehlung nicht anzuschließen vermocht. Der Sachverständige habe vorgeschlagen, die elterliche Sorge trotz der für die Kinder durch ihre Rückkehr nach Deutschland mit Sicherheit zu erwartenden traumatischen Belastungen dem Vater zu übertragen. Allerdings finde die vom Sachverständigen zugrunde gelegte Hypothese, die Mutter werde die Kinder in diesem Fall nach Deutschland begleiten, wodurch ein Kontaktabbruch vermieden würde, keine Stütze in dem sich nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten ergebenden Tatsachenstoff. Die Mutter habe wiederholt ausgeführt, welche Gründe sie daran hinderten, nach Deutschland zurückzukehren. Die angeführten Befindlichkeiten - Angst vor dem Vater und vor strafrechtlicher Verfolgung in Deutschland, fehlende Erwerbsmöglichkeit, aufenthaltsrechtliche Schwierigkeiten, fehlende Unterstützung durch ihre Familie und Schutzlosigkeit angesichts des dann fehlenden Sorgerechts für die Kinder, bestärkt durch negative Erfahrungen im Umgang mit Ämtern und Behörden - zeichneten ein hinreichend deutliches Bild nachhaltig verfestigter Ablehnung einer Rückkehr nach Deutschland. Unter Einbeziehung aller übrigen zur Verfügung stehenden Erkenntnisgrundlagen, insbesondere der außergewöhnlichen Ausprägung des zwischen den Eltern erbittert geführten Streits und der von der Mutter gezeigten konsequenten Verweigerungshaltung selbst gegenüber gerichtlichen Anordnungen, bestünden für das Oberlandesgericht keine greifbaren Zweifel an der Ernsthaftigkeit des von ihr nachhaltig geäußerten Willens, unter keinen Umständen nach Deutschland zurückzukehren.

Das Oberlandesgericht sei im Übrigen an die Entscheidung des Tokyo High Court weder gebunden noch habe es die Umsetzung von dessen Entscheidung herbeizuführen.

Der Beschwerdeführer erhob Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 15. April 2020. Diese - wie auch die daneben erhobene Anhörungsrüge der Verfahrensbeiständin der Kinder - wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 22. Juni 2020 als unbegründet zurück. Das Gericht habe keinen Vortrag übergangen und habe nicht auf weiteren hinwirken müssen. Die vorgebrachten Umstände seien zudem nicht entscheidungserheblich. Soweit die Verfahrensbeiständin rüge, der Beschluss berücksichtige nicht hinreichend, dass die Kinder keine rein japanische Abstammung hätten und daher nach japanischem Verständnis Menschen zweiter Klasse seien, sei das Gericht nicht ausdrücklich auf diese Besorgnisse eingegangen, da anhand von allgemein zugänglichen Berichten oder Hinweisen deutscher Behörden keine tatsächlichen Umstände hätten ermittelt werden können, die diese Wertung stützten. Den Kindern drohten aufgrund ihrer Herkunft oder Abstammung in Japan keine größeren Gefahren als in Deutschland. Das Gericht habe davon abgesehen, dies auszuführen, da dieser Umstand die Entscheidung nicht trage.

II.

Mit seiner am 28. Mai 2020 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. April 2020. Er rügt eine Verletzung seiner eigenen Grundrechte aus Art. 27 Abs. 2, Art. 52 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) und seines Anspruchs auf ein faires gerichtliches Verfahren, welchen er auf „Art. 26 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 52 Abs. 4“ stützt, sowie der Grundrechte seiner Söhne aus Art. 27 Abs. 1 LV.

Der Beschwerdeführer trägt vor, dass er ausnahmsweise berechtigt sei, die Grundrechte seiner Söhne geltend zu machen, da ansonsten gar kein Grundrechtsschutz bestünde. Eine Wahrnehmung der Grundrechte durch die Äußerungsberechtigte liege fern.

Die Verfassungsbeschwerde sei bereits vor Entscheidung des Oberlandesgerichts über die erhobene Anhörungsrüge zulässig, da der Beschwerdeführer sie lediglich wegen der Verletzung materieller Grundrechte erhebe.

Die Kinder seien in ihrem Grundrecht aus Art. 27 Abs. 1 LV verletzt. Das Oberlandesgericht habe sich mit der Frage befassen müssen, wie sich die Kontinuität auf ihre Entwicklung in Japan auswirke. Eine Verletzung der Kinderrechte könne auch dadurch eintreten, dass ein Elternteil auf Dauer vom Umgang mit seinen Kindern ausgeschlossen sei.

Der Beschwerdeführer sei in seinem Grundrecht aus Art. 27 Abs. 2 LV verletzt. Das Oberlandesgericht habe entgegen der daraus folgenden Vorgabe die erforderliche Abwägung schematisch zugunsten des Kontinuitätsprinzips durchgeführt und Folgewirkungen vernachlässigt. Es verstoße gegen die Verpflichtung der einzelfallorientierten Abwägung, wenn das Oberlandesgericht diesem Grundsatz folge, ohne sich damit auseinanderzusetzen, welche Anpassungsleistungen den Kindern bei einem Leben in Japan abverlangt würden, vor allem da ihre Stellung als „Fremde“ oder „Halbfremde“ mit massiven Benachteiligungen insbesondere im Bildungssystem einhergehe. Die Frage, ob in Japan eine kindeswohlorientierte Erziehung überhaupt möglich sei, sei nach westlichen Maßstäben zu beantworten.

Das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Umgang mit seinen Kindern wie auch die Grundrechte seiner Kinder auf den Umgang mit ihm seien zudem verletzt, da sich die angegriffene Entscheidung nicht mit den Folgen für das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Söhnen beschäftige. Sie führe dazu, dass nach der Lebenserfahrung dem Beschwerdeführer dauerhaft die Entziehung seiner Kinder und den Kindern ein widerrechtlich erzwungener Zustand zugemutet werde. Bleibe es bei dem Beschluss des Oberlandesgerichts, werde der Beschwerdeführer seine Söhne voraussichtlich niemals wiedersehen. Hätte sie keinen Bestand, sei eine Kindesrückführung wegen der inzwischen geänderten Bestimmungen in Japan hingegen möglich.

Ferner sei das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 27 Abs. 2 LV auch deshalb verletzt, weil sich das Oberlandesgericht in der Abwägung nicht mit der Einschätzung der - örtlich sachnäheren - japanischen Familiengerichte auseinandergesetzt habe, die festgestellt hätten, dass die Rückführung dem Kindeswohl nicht widerspreche. Unbeachtet habe das Gericht u. a. auch die Tatsache gelassen, dass das japanische Urteil der Mutter nicht am angegebenen Wohnort habe zugestellt werden können, und dass sieben (inzwischen wohl sechs) Familienangehörige von der Rente des Großvaters mütterlicherseits lebten. Es habe sich zudem maßgeblich auf Auskünfte des Internationalen Sozialdienstes gestützt, der jedoch die tatsächliche Situation der Kinder nicht habe beurteilen können, da allein die Äußerungsberechtigte mit dem Dienst gesprochen habe.

Die Entscheidung sei auch willkürlich, weil das Oberlandesgericht entgegen Art. 2 Abs. 3 LV seine völkerrechtliche Verpflichtung verkannt habe, Sinn und Zweck bzw. die Regelungen des HKÜ mit dem notwendigen Gewicht in seine Entscheidung einzubeziehen bzw. davon ausgehe, die Urteile der japanischen Gerichte nicht berücksichtigten zu müssen. Soweit ein Gericht am Aufenthaltsort der Kinder feststelle, dass eine Rückführung nicht mit der Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. b HKÜ verbunden sei, könne sich das für das Sorgerecht zuständige Gericht in Deutschland nicht über diese Wertung hinwegsetzen und feststellen, dass eine Rückführung zu unterbleiben habe. Das HKÜ diene gerade dem Kindeswohl. Ihm liege der Gedanke zugrunde, dass die Rückführung dem Wohl des gerade entführten Kindes am besten entspreche. Zudem seien Elterninteressen wie das Interesse, strafrechtlich nicht verfolgt zu werden, im Rahmen des HKÜ nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets nachrangig gegenüber dem Kindeswohl zu berücksichtigen. Die Annahme des Gerichts, die Äußerungsberechtigte würde auf Grund etwaiger strafrechtlicher Verfolgung ihre Kinder unbegleitet nach Deutschland zurückkehren lassen, gebe ihr eine Dispositionsbefugnis über die Rückführungsverpflichtung auf Grundlage des HKÜ, die dessen Zweck widerspräche. Auch könne die Kindesentziehung strafrechtlich in Japan geahndet werden. Da das Oberlandesgericht dem HKÜ lediglich vollstreckungsrechtlichen Gehalt beigemessen, nicht aber berücksichtigt habe, dass es in dieser völkerrechtlichen Übereinkunft auch um das Kindeswohl gehe, habe es den Inhalt des § 1671 BGB im Sinne des Willkürverbots nach Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV krass missdeutet.

Der angegriffene Beschluss sei auch verfassungswidrig, da das Oberlandesgericht völkerrechtliche Verpflichtungen aus dem HKÜ und aus der UN-Kinderrechtskonven­tion entgegen Art. 2 Abs. 3 LV verkannt habe. Es habe auch Art. 9 Abs. 3 UN-Kinderrechtskonvention in den Blick nehmen müssen, wonach ein Kind grundsätzlich das Recht habe, regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen.

Indem das Oberlandesgericht sich mit den Feststellungen der japanischen Gerichte sowie mit dem rechtlichen Gehalt des HKÜ nicht befasst habe, habe es zudem die aus Art. 52 Abs. 4 LV folgenden bzw. aus Art. 26 Abs. 1 LV abgeleiteten verfahrensrechtlichen Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt. Entweder unmittelbar aus Art. 52 Abs. 4 LV oder abgeleitet aus Art. 26 Abs. 1 LV seien entsprechende verfahrensrechtliche Gewährleistungen anzunehmen. Der Grundrechtsschutz beeinflusse die Gestaltung und Anwendung des Verfahrensrechts. Das gerichtliche Verfahren müsse in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein, der Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen wirkungsvoll zu dienen. In Kindschaftssachen müsse das gerichtliche Verfahren insbesondere geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen; letzteres folge aus den Beschlüssen vom 18. März 2011 ‌‑ 56/10 VfGBbg ‑‌, und vom 30. November 2018 ‌‑ VfGBbg 19/18.

Eine uneingeschränkte Orientierung am Kontinuitätsgrundsatz sei auch deshalb nicht zulässig, da die Verfahrenshandhabung des Oberlandesgerichts, das 32 Monate bis zu seiner Beschwerdeentscheidung benötigt habe, zur Verfestigung des Kindesaufenthalts maßgeblich mit beigetragen habe.

III.

Die äußerungsberechtigte Mutter hat zur Verfassungsbeschwerde Stellung genommen, der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hat hiervon abgesehen. Die Verfahrensakte ist beigezogen worden.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Sie ist nur teilweise zulässig.

a. Mangels Beschwerdebefugnis ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, soweit der Beschwerdeführer Grundrechte seiner Söhne im eigenen Namen geltend macht. Die Beschwerdebefugnis im Sinne von § 45 Abs. ‌1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) setzt die Möglichkeit voraus, selbst, unmittelbar und gegenwärtig in einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition beeinträchtigt bzw. verletzt zu sein. Eine Prozessstandschaft, d. h. die Möglichkeit, die Verletzung von Grundrechten eines Dritten im eigenen Namen geltend zu machen - hier die Rechte der nicht am Verfahren beteiligten Kinder durch ihren Vater, den Beschwerdeführer - ist daher im Verfassungsbeschwerdeverfahren ausgeschlossen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann in Sonderfällen in Betracht kommen, in denen ansonsten gar kein Grundrechtsschutz bestünde (zum Ganzen s. Beschluss vom 17. Januar 2020 ‌‑ VfGBbg 13/19 EA ‑,‌ Rn. 6, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, m. w. N.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2013 ‌‑ 1 BvR 372/13 ‑‌, Rn. 8, www.bverfg.de). Diese Voraussetzungen liegen indes für eine Prozessstandschaft in der Person des Beschwerdeführers nicht vor. Die Grundrechte der Söhne des Beschwerdeführers können vorliegend durch die im Fachverfahren bestellte Verfahrensbeiständin geltend gemacht werden.

Ein in familiengerichtlichen Verfahren für ein Kind bestellter Verfahrensbeistand kann Rechtsmittel im eigenen Namen einlegen (Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 158 Rn. 39c, m. w. N.; vgl. zum vergleichbaren Verfahrenspfleger im betreuungsrechtlichen Verfahren BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2013 ‌‑ 1 BvR 372/13 ‑,‌ Rn. 5, www.bverfg.de)‌ sowie im eigenen Namen Verfassungsbeschwerde zur Wahrung der Grundrechte des Kindes erheben (zum Bundesrecht BVerfG, Beschluss vom 3. Februar 2017 ‌‑ 1 BvR 2569/16 ‑,‌ Rn. 35, www.bverfg.de). Die aus der gesetzlichen Prozessstandschaft im Fachverfahren folgende Stellung der im hier zugrundeliegenden Verfahren bestellten Verfahrensbeiständin und die daraus folgende Möglichkeit zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde im Interesse der Kinder geht der vom Beschwerdeführer geltend gemachten, gesetzlich nicht angelegten Prozessstandschaft eines nicht sorgeberechtigten Elternteils vor.

b. Dem Beschwerdeführer fehlt es ferner auch an der Beschwerdebefugnis, soweit er sich unmittelbar auf eine Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Beschlusses wegen eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 3 LV beruft. Mit dieser Vorschrift bekennt sich das brandenburgische Landesvolk zu den Grundrechten u. a. aus bestimmten völkerrechtlichen Vereinbarungen. Die in Art. 2 Abs. 3 LV festgelegten Verfassungsgrundsätze sind jedoch objektiv-rechtliche Strukturprinzipien und begründen keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Bürgers. Ein rügefähiges Grundrecht begründet die Vorschrift nicht (st. Rspr., Urteil vom 23. Oktober 2020 ‌‑ VfGBbg 55/19 ‑,‌ Rn. 140, und Beschluss vom 19. September 2014 ‌‑ VfGBbg 19/14 ‑,‌ https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Der Verfassungsbeschwerde ist jedoch hinsichtlich der gerügten Nichtbeachtung völkerrechtlicher Abkommen die Geltendmachung einer Verletzung der Grundrechte aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV, Art. 27 Abs. 2 LV und Art. 52 Abs. 4 LV zu entnehmen.

c. Soweit der Beschwerdeführer rügt, das Oberlandesgericht habe sich zu Unrecht maßgeblich auf Auskünfte des Internationalen Sozialdienstes gestützt, der die tatsächliche Situation der Kinder in Japan nicht habe einschätzen können, erfüllt die Verfassungsbeschwerde nicht die gesetzlichen Anforderungen an die Begründung. Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche umfassend und aus sich heraus verständlich die mögliche Verletzung der geltend gemachten Grundrechte des Beschwerdeführers hinreichend deutlich aufzeigt. Dies ist hinsichtlich der genannten Rüge nicht der Fall. Der Beschwerdeführer legt bereits nicht dar, dass vom Oberlandesgericht zu beachtende Normen einer Berücksichtigung der Auskünfte des Internationalen Sozialdienstes entgegenstanden. Weiterhin ist nicht dargelegt, warum das Oberlandesgericht nicht den Angaben der Mutter im Fachverfahren folgen durfte, nach denen die Sozialarbeiterin bei einem dreistündigen Hausbesuch auch mit den Großeltern der Kinder gesprochen und nahezu die gesamte Zeit mit den Kindern verbracht habe.

d. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig. Insbesondere hat der Beschwerdeführer den Rechtsweg gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg erschöpft. Die bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde eingelegte, aber noch nicht beschiedene Anhörungsrüge war nicht Bestandteil des zu beschreitenden Rechtswegs. Zwar gehört eine solche dann zum Rechtsweg, wenn mit der Verfassungsbeschwerde (auch) eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird (st. Rspr, z. B. Beschluss vom 21. Februar 2020 ‌‑ VfGBbg 49/18 ‑,‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Der Beschwerdeführer rügt unter anderem, das Oberlandesgericht habe sich mit seinem Vorbringen insbesondere zu drohenden Diskriminierungen seiner Kinder in Japan nicht auseinandergesetzt. Grundsätzlich kann das Schweigen einer gerichtlichen Entscheidung bei zentralem Vorbringen einen Gehörsverstoß indizieren, der dann nur nach vorheriger Durchführung eines Anhörungsrügeverfahrens verfassungsgerichtlich geltend gemacht werden kann. Vorliegend hat der Beschwerdeführer seinen Vortrag aber eindeutig in die Rüge von Verletzungen seiner Grundrechte aus Art. 27 Abs. 2, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV und seines Anspruchs auf ein faires Verfahren eingebunden (hierzu BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2013 ‌- 1 BvR 3057/11 -, ‌BVerfGE 134, 106-121, Rn. 32, juris).

2. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

a. Das Elternrecht des Beschwerdeführers aus Art. 27 Abs. 2 LV ist nicht verletzt.

Art. 27 Abs. 2 LV gewährleistet den Eltern - inhaltsgleich mit Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) - das Freiheitsrecht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder gegenüber dem Staat. Dieses Recht dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist. Der Schutz des Elternrechts, das beiden Elternteilen gleichermaßen zukommt, erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts. Die Einbeziehung beider Elternteile in den Schutzbereich des Art. 27 Abs. 2 LV bedeutet jedoch nicht, dass diesen immer die gleichen Rechte im Verhältnis zum Kind einzuräumen sind. Vielmehr bedarf das Elternrecht einer am Kindeswohl ausgerichteten Ausgestaltung. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Sorge - nicht zuletzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern und ein Mindestmaß an Übereinstimmung - fehlen. Dem trägt § 1671 Abs. 1 BGB Rechnung, der bestimmt, dass einem Elternteil auf Antrag die elterliche Sorge allein zu übertragen ist, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller oder die Antragstellerin dem Wohl des Kindes am besten entsprechen (§ 1671 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 BGB). Der mit der Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 BGB einhergehende Ausschluss des anderen Elternteils von der Sorge muss am Wohl des Kindes ausgerichtet sein. Umgekehrt bedarf es keiner Kindeswohlgefährdung, um einen Elternteil vom Sorgerecht auszuschließen (zum Ganzen Beschluss vom 16. Dezember 2016 ‌‑ VfGBbg 33/16 ‑,‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Die Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erfüllt sind, obliegt den Fachgerichten. Grundsätzlich unterliegt die Nachprüfung einer Gerichtsentscheidung durch das Verfassungsgericht engen Grenzen. Dieses übt keine umfassende Kontrolle der fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts aus. Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands sowie die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlich unbedenklicher Regelungen sind Sache der Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht daher weitgehend entzogen. Das Verfassungsgericht überprüft nur, ob der Entscheidung eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung und Reichweite eines Grundrechts zugrunde liegt (st. Rspr., Beschluss vom 16. Dezember 2016 ‌‑ VfGBbg 33/16 ‑,‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Eine weiterreichende Prüfungsintensität ist auch vorliegend nicht geboten. Etwas anderes gilt nur für gerichtliche Entscheidungen, die Eltern wegen einer Kindeswohlgefährdung das Sorgerecht ganz oder teilweise von Amts wegen entziehen. In solchen Fällen ist es wegen des überragenden Gewichts der Beeinträchtigung der Grundrechte von Eltern und Kindern angezeigt, über den grundsätzlichen Prüfungsumfang hinauszugehen. Dabei kann sich die verfassungsgerichtliche Kontrolle wegen der besonderen Eingriffsintensität ausnahmsweise auch auf einzelne Auslegungsfehler sowie auf deutliche Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts erstrecken.

Dieser erweiterte Prüfungsmaßstab für das Verfassungsgericht gilt jedoch nicht, wenn - wie vorliegend - Fachgerichte nach der Trennung der Eltern auf Antrag eines Elternteils darüber zu entscheiden haben, wer von beiden die elterliche Sorge oder Teile davon wahrnimmt. In solchen Fällen wird der Staat überhaupt nur auf Veranlassung mindestens eines Elternteils und lediglich vermittelnd zwischen den Eltern, nicht jedoch wie bei der Entziehung des Sorgerechts wegen einer Kindeswohlgefährdung von Amts wegen und von außen eingreifend tätig. Der in der vollständigen oder teilweisen Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf der Grundlage von § 1671 Abs. 1 BGB liegende Eingriff in das Elternrecht ist letztlich nur die Kehrseite davon, dass die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht entspräche und dass es sich deswegen nicht vermeiden lässt, dass ein Elternteil in Kontakt und Zuwendung zum Kind beschränkt wird. Die Aufgabe des Verfassungsgerichts beschränkt sich dann darauf zu prüfen, ob die Fachgerichte eine auf das Wohl des Kindes ausgerichtete Entscheidung getroffen und dabei die Tragweite der Grundrechte aller Beteiligten nicht grundlegend verkannt haben (zum Ganzen Beschluss vom 16. Dezember 2016 ‌‑ VfGBbg 33/16 ‑,‌ https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, m. w. N., auch aus der Rechtsprechung des BVerfG).

Nach diesem Maßstab ist die Sorgerechtsentscheidung des Oberlandesgerichts - so tragisch sie für den Beschwerdeführer sein mag - in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

(1) Die Abwägung aller Umstände durch das Oberlandesgericht zur Ermittlung des Kindeswohls, die den Vorrang des Kontinuitätsprinzips und damit den Verbleib der Kinder bei der Mutter zum Ergebnis hatte, erfolgte orientiert am Kindeswohl und ohne grundlegende Verkennung der Grundrechte des Beschwerdeführers. Dass das Oberlandesgericht im Rahmen seiner Abwägung zu einem vom Beschwerdeführer als falsch angesehenen Ergebnis gelangt, verletzt seine Grundrechte nicht.

(2) In der Abwägung setzte sich das Oberlandesgericht umfassend mit den maßgeblichen Kindeswohlkriterien (vgl. dazu z. B. BGH, Beschlüsse vom 16. März 2011 ‌‑ XII ZB 407/10 ‑‌ und vom 6. Dezember 1989 ‌‑ IVb ZB 66/88 ‑,‌ Rn. 8, juris) auseinander. Es maß dem Kontinuitätsprinzip in nachvollziehbarer Weise das ausschlaggebende Gewicht zu. Die besonderen Umstände des Falles, nämlich die Kindesentziehung durch die Äußerungsberechtigte, nahmen in den Erwägungen des Oberlandesgerichts erheblichen Raum ein. Auch die mögliche Folge der Entscheidung, dass die Äußerungsberechtigte den Beschwerdeführer weiterhin und auch dauerhaft aus dem Familienleben ausgrenzen könnte, stellte es als schwerwiegende Belastung und erhebliche Gefährdung des Wohls der Kinder in seine Abwägung mit ein.

(3) Der Einwand des Beschwerdeführers, das Oberlandesgericht verstoße gegen die Verpflichtung der einzelfallorientierten Abwägung, wenn es sich vor allem mit der Stellung der Kinder in der japanischen Gesellschaft als „Fremde“ oder „Halbfremde“ nicht auseinandersetze, greift nicht durch. Eine kindeswohlorientierte Erziehung ist ‌‑ auch unter Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer als zwingend angesehenen westlichen Maßstäbe - keineswegs nur in Deutschland möglich (vgl. bereits OLG Bamberg, Beschluss vom 9. Februar 1988 ‌‑ 7 UF 135/87 ‑,‌ Rn. 18; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13. Juli 2004 ‌‑ 5 UF 47/04 ‑,‌ Rn. 32, juris). Umstände, die die Entwicklungsmöglichkeiten eines Kindes beeinflussen und in verschiedenen Ländern voneinander abweichen können, betreffen zwar das Kindeswohl. Grundsätzlich kann jedoch, soweit von der Erziehungsfähigkeit des wegzugswilligen bzw. wegziehenden Elternteils auszugehen ist, vermutet werden, dass ein Aufwachsen des Kindes im Zielland ohne wesentliche Verschlechterung von dessen äußeren Lebensumständen möglich ist. Etwas anderes gilt nur, wenn im Zielland erkennbar Extremsituationen wie Krieg, Dürren, Hungersnöte oder andere für das Kind gesundheitsgefährdende oder mit erheblichen Risiken für sein Wohlergehen verbundene Zustände, Traditionen u. ä., wie etwa die Beschneidung oder Zwangsheirat von Mädchen, gegeben sind. Damit muss sich das Gericht in familienrechtlichen Verfahren mit Bezug zum Aufenthalt eines Kindes auseinandersetzen, um die familienbezogenen Grundrechte nicht grundlegend zu verkennen. In einem solchen Fall wird in der Regel allerdings ohnehin angesichts des hohen Lebensrisikos im Zielland die Erziehungseignung des wegzugswilligen Elternteils in Frage stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2010 ‌‑ XII ZB 81/09 ‑,‌ Rn. 24, juris, m. w. N.).

Das Oberlandesgericht hat nicht, wie der Beschwerdeführer meint, gegen seine Pflicht zur einzelfallorientierten Abwägung verstoßen, indem es im angegriffenen Beschluss keine umfangreichen Ausführungen zu der Stellung der Kinder als „Fremde“ oder „Halbfremde“ im japanischen Kulturraum und einer daraus folgenden Benachteiligung vor allem im Bildungssystem traf. Das Oberlandesgericht war nicht verpflichtet, in seiner Begründung jedes Vorbringen umfassend zu bescheiden. Es sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die darauf hindeuten würden, dass hier entscheidungsrelevante Tatsachen in verfassungsrechtlich bedeutsamer Weise übersehen wurden. Vielmehr hat sich das Oberlandesgericht unter Einbeziehung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens ausführlich damit befasst, inwieweit die künftigen Lebensumstände der Kinder in Japan dem Kindeswohl förderlich oder abträglich sein könnten. Darüber hinaus durfte das Gericht aufgrund von allgemein zugänglichen Wissensquellen davon ausgehen, dass den Kindern in Japan keine ihre Entwicklung beeinträchtigenden Gefahren drohen.

(4) Bei der der Entscheidung zugrunde liegenden Annahme, die Äußerungsberechtigte werde auch im Falle einer für den Beschwerdeführer günstigen Sorgerechtsentscheidung ohne ihre Kinder in Japan bleiben, hat das Oberlandesgericht ebenfalls keine Grundrechte des Beschwerdeführers verkannt. Es ist nicht erkennbar, dass eine nicht hinreichend plausible bzw. ermittelte Tatsachengrundlage in die Kindeswohlermittlung eingestellt worden wäre. Die Äußerungsberechtigte hatte mit dem Umzug nach Japan ihren Umsiedlungswunsch knapp drei Jahre vor der Entscheidung des Oberlandesgerichts in die Tat umgesetzt. Dass das Gericht als einen von mehreren Gesichtspunkten auch strafrechtliche Konsequenzen berücksichtigt hat, die der Äußerungsberechtigten in Deutschland drohen könnten, begegnet im Sorgerechtsverfahren keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Bereits bei einer Abwägung der Elternrechte im Falle eines wegzugswilligen, aber noch nicht weggezogenen Elternteils kann die allgemeine Handlungsfreiheit des wegzugswilligen Elternteils zu der Annahme führen, dass dieser den Auswanderungswunsch in die Tat umsetzen wird, selbst wenn der Verbleib beider Elternteile im Inland mit dem Kindeswohl am besten zu vereinbaren wäre (BGH, Beschluss vom 28. April 2010 ‌‑ XII ZB 81/09 ‑, Rn. 22, juris). Erst recht ist eine Annahme des Fachgerichts, ein bereits verzogener Elternteil werde nicht nach Deutschland zurückkehren, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Gericht ‑ wie hier ‑‌ nachvollziehbar begründet, dass es der mit mehreren Argumenten untermauerten Aussage eines bereits ins Ausland verzogenen Elternteils Bedeutung beimisst und diese daher der Entscheidung zugrunde legt.

Soweit der Beschwerdeführer anführt, das Interesse der Äußerungsberechtigten, strafrechtlich nicht verfolgt zu werden, sei stets nachrangig gegenüber dem Kindeswohl zu berücksichtigen, da ansonsten der Zweck des HKÜ leer zu laufen drohe, übersieht er zum einen, dass das Oberlandesgericht gerade keine Entscheidung über die Rückführung der Kinder im HKÜ-Verfahren zu treffen hatte, und zum anderen, dass es den künftigen Verbleib der Mutter in Japan als Vorfrage bei der Ermittlung des Kindeswohls, konkret in Bezug auf den Verlust einer aktuell maßgeblichen Bezugsperson, zugrunde legen musste. Anders als der Beschwerdeführer wohl annimmt, besteht kein direkter Zielkonflikt zwischen den Normenkomplexen des HKÜ einerseits und den Sorgerechtsbestimmungen des BGB andererseits.

Im Rahmen einer HKÜ-Entscheidung über die Rückführung eines Kindes kann es dem Zweck des Abkommens widersprechen, wenn der Entführer unter Hinweis auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen seines eigenen widerrechtlichen Verhaltens der dadurch geschaffenen rechtswidrigen Lage dauerhaften Bestand geben will. Das HKÜ sucht gerade zu vermeiden, dass durch eine Entführung vollendete Tatsachen geschaffen werden (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1997 ‌‑ 2 BvR 1126/97 ‑,‌ Rn. 17, juris). Dies gilt jedoch nicht in gleichem Maße im Rahmen des Sorgerechtsverfahrens. Das HKÜ hat unter anderem zum Ziel, Kindesentführungen unattraktiv zu machen und zu unterbinden. Das Sorgerechtsverfahren zielt hingegen auf eine längerfristige, nicht nur vorläufige Regelung und bezweckt weder eine Verfahrenssicherung noch eine Sanktionierung des entführenden Elternteils. Vielmehr bewertet es das Kindeswohl grundsätzlich unabhängig davon, ob die bisherige Aufenthaltssituation des Kindes rechtswidrig herbeigeführt wurde. Eine Sorgerechtsentscheidung hat sich nicht am Fehlverhalten eines Elternteils, sondern vorrangig am Kindeswohl zu orientieren (BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2009 ‌‑1 BvR 142/09 ‑‌, Rn. 18, juris). Dabei besteht im Rahmen des Kriteriums der Bindung zwischen Kind und Elternteil hinreichend Möglichkeit zu prüfen, ob die Bindungen mit dem entführenden Elternteil in nicht billigenswerter Weise hergestellt worden sind und ob daraus Konsequenzen für das Wohlergehen des Kindes folgen. Das hat das Oberlandesgericht getan.

(5) Welche verfassungsrechtliche Bedeutung die von dem Beschwerdeführer gerügte Tatsache haben soll, dass das japanische Urteil der Äußerungsberechtigten nicht am angegebenen Wohnort habe zugestellt werden können, ist aufgrund der Darstellungen in der Beschwerdeschrift nicht erkennbar. Dies gilt auch für seine Angabe, dass mehrere Familienangehörige von der Rente des Großvaters mütterlicherseits lebten. Mangelhafte Lebensverhältnisse oder eine künftig zu erwartende mangelnde Fähigkeit der in der Vergangenheit bereits berufstätigen Äußerungsberechtigten zur finanziellen Versorgung ihrer Kinder ergeben sich daraus jedenfalls nicht.

(6) Eine im Ergebnis ausschlaggebend mit dem Kontinuitätsgrundsatz begründete Entscheidung ist auch nicht wegen der langen Dauer des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht unzulässig. Die Dauer des Verfahrens ist eine verfahrensrechtliche Frage, die in Kindschaftssachen mit speziellen Rechtsbehelfen beanstandet werden kann. Die Sorgerechtsentscheidung ist hingegen am materiellen Maßstab des Kindeswohls auszurichten. Ein gegenteiliges Vorgehen führte dazu, dass eine im Einzelfall lange Verfahrensdauer als sachfremdes Kriterium in die Beurteilung des Kindeswohls einflösse. Die Sorgerechtsentscheidung dient nicht der Korrektur von Verfahrensverzögerungen. Auch wenn die Gewöhnung des Kindes an die neuen Lebensumstände durch eine lange Verfahrensdauer begünstigt wurde, kann die Aufrechterhaltung der Kontinuität dennoch dem Kindeswohl am besten entsprechen.

(7) Das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 27 Abs. 2 LV erforderte keine weitergehende Auseinandersetzung mit den Gründen der Entscheidungen der japanischen Gerichte im Rückführungsverfahren nach dem HKÜ.

Das Oberlandesgericht hat den Normenzusammenhang zutreffend erkannt, indem es die Rückführungsentscheidungen mangels einer sachlich-rechtlichen Reichweite für das Sorgerechtsverfahren nicht für ausschlaggebend hält. Eine auf dem HKÜ basierende Rückführungsentscheidung des Zufluchtsstaates reicht nicht über den sachlichen Anwendungsbereich des HKÜ hinaus. Es fehlt der Rückgabeentscheidung an materiellem Sorgerechtsgehalt. Art. 12 bis 14 HKÜ sehen eine schnelle und vorläufige Regelung für die Rückgabe von widerrechtlich verbrachten oder zurückgehaltenen Kindern vor. Ziel des Abkommens ist die Wiederherstellung des status quo ante, das heißt desjenigen faktischen Zustands, der vor dem Verbringen beziehungsweise dem Zurückhalten des Kindes bestand (Markwardt, in BeckOGK, Stand 1. November 2020, HKÜ, Art. 19 Rn. 5 und Art. 1 Rn. 1, 7). Dabei ist entscheidend, dass Gegenstand und Ziel des HKÜ nicht darin bestehen, mit der Rückführungsanordnung eine neue Sorgerechtsregelung zu schaffen, was in Art. 19 HKÜ ausdrücklich klargestellt wird. Eine materiell-rechtliche Sorgerechtsentscheidung über den endgültigen Verbleib des Kindes, die im deutschen Recht ausschließlich das Kindeswohl zu berücksichtigen hat, bleibt dem Herkunftsstaat vorbehalten. Rückführungsbeschlüsse betreffen nicht selbst das Sorgerecht, sondern sollen erst die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das international zuständige Gericht über das Sorgerecht entscheiden kann und diese Entscheidung auch in anderen Vertragsstaaten tatsächlich beachtet wird (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1997 ‌ ‑ 2 BvR 1126/97 -‌, Rn. 16, juris). Damit korrespondiert das Verbot für den Zufluchtsstaat, eine Sorgerechtsentscheidung zu erlassen (Art. 16 HKÜ). Diese ist dem Herkunftsstaat vorbehalten (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 11. Oktober 2019 ‌- 12 UF 123/19 -‌, Rn. 14, juris). Dementsprechend greift die Rückführungsentscheidung der Sorgerechtsentscheidung nicht vor (Pérez-Vera, Explanatory Report on the 1980 HCCH Child Abduction Convention, Offprint from the Acts and Documents of the Fourteenth Session (1980), tome III, Child Abduction, Rn. 124, abrufbar unter https://www.hcch.net/de/publications-and-studies/details4/?pid=2779, Stand 26. Januar 2021).

Der Vorrang der Sorgerechtsentscheidung des Herkunftsstaates bedeutet auch, dass das Ergebnis einer Sorgerechtsentscheidung im Herkunftsland die Akzeptanz des widerrechtlich verursachten Aufenthalts des Kindes im Zufluchtsstaat zur Folge haben kann und dann als Konsequenz in einem laufenden HKÜ-Verfahren für eine Rückführung kein Raum mehr ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. April 2011 ‌‑ 1 UF 388/10 -‌, BeckRS 2016, 17660).

Darüber hinaus verkennt die Beschwerde, dass für die Entscheidungen der japanischen Gerichte im Rückführungsverfahren und für die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Sorgerechtsverfahren erheblich unterschiedliche Maßstäbe bestimmend sind.

Während sich die Entscheidung im Sorgerechtsverfahren nach § 1671 BGB am umfassend zu prüfenden Kindeswohl zu orientieren hat, ist in dem auf eine vorläufige Wiederherstellung vorheriger Zustände angelegten HKÜ-Verfahren nur zu prüfen, ob ungewöhnlich schwerwiegende Beeinträchtigungen des Kindeswohls einer Rückführung entgegen stehen.

Nach Art. 13 Abs. 1 lit. b HKÜ besteht eine solche Ausnahme nur unter strengen Voraussetzungen. Eine Rückgabe ist nur ausgeschlossen, wenn damit schwerwiegende Gefahren eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden sind oder wenn das Kind auf andere Weise durch die Rückführung in eine unzumutbare Lage gebracht würde (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2016 ‌‑ 1 BvQ 27/16 ‑,‌ Rn. 18, juris). Das von den japanischen Gerichten anzuwendende japanische Ausführungsgesetz setzt diese völkerrechtliche Vorschrift ähnlich streng um und konkretisiert sie. Nach der im Rückführungsverfahren betreffend die Kinder des Beschwerdeführers allein geltend gemachten und geprüften Ausnahmevorschrift des Art. 28 § 1 Abs. 4 japAGHKÜ läge ein Verweigerungsgrund vor, wenn eine schwerwiegende Gefahr dafür bestünde, dass die Rückführung in den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts bei dem Kind physische oder psychische Schäden hervorrufen oder es in anderer Weise einer unerträglichen Lage aussetzen würde. Dabei hatte das Gericht gemäß Art. 28 § 2 japAGHKÜ folgende Umstände zu berücksichtigen: Ob die Gefahr besteht, dass die Kinder im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts körperlicher Gewalt oder Worten oder anderen Handlungen des Antragstellers ausgesetzt wären, die physische oder psychische Schäden verursachen würden (i); ob die Antragsgegnerin Gewalt in dem in (i) definierten Sinne ausgesetzt wäre, falls sie in den Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes mit den Kindern zurückkehrte, und dadurch den Kindern psychische Schäden verursacht würden (ii), und ob Umstände vorliegen, aufgrund derer es dem Antragsteller im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes schwer fallen würde, für die Kinder zu sorgen (iii).

Indem die japanischen Gerichte das Vorliegen von extremen Gefahren einer möglichen Rückführung verneinten, haben sie nicht etwa - im Wege einer Art konkludenten Umkehrschlusses - festgestellt, dass die Rückführung dem Kindeswohl am besten entspräche. Der HKÜ-Beschluss enthält keine Aussage zu Umständen, die im Sorgerechtsverfahren von Bedeutung sind. Entsprechend besteht auch materiell kein Konkurrenzverhältnis zwischen den verschiedenen Regelungskomplexen. Das Oberlandesgericht hatte nicht darüber zu entscheiden, ob Gefahren für die Kinder bei einer Rückführung bestehen. Es musste positive Feststellungen dazu treffen, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl der Kinder am besten entsprechen. Für diese Beurteilung waren die von der Rechtsprechung entwickelten Kindeswohlkriterien zu prüfen und abzuwägen. Die hierfür fallentscheidenden Umstände hat das Oberlandesgericht berücksichtigt.

b. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 LV durch die eigenständige Prüfung von § 1671 BGB liegt aus den genannten Gründen ebenfalls nicht vor.

Soweit sich der Beschwerdeführer im Rahmen seines Vorbringens zur Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren auf eine Zusammenschau von Art. 52 Abs. 4 LV und Art. 26 Abs. 1 LV beruft und meint, dass sich hieraus verfahrensrechtliche Gewährleistungen ergäben, die das Oberlandesgericht zu einer Berücksichtigung der Feststellungen der japanischen Gerichte sowie des rechtlichen Gehalts des HKÜ verpflichteten, findet dies in der vom Beschwerdeführer zitierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung keine Grundlage.

In der angeführten Entscheidung (Beschluss vom 30. November 2018 ‌‑ VfGBbg 19/18 -‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de) hat das Verfassungsgericht mit Bezug auf den Anspruch auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 LV präzisiert, dass das gerichtliche Verfahren in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein muss, der Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen wirkungsvoll zu dienen, insbesondere, um zu einer möglichst zuverlässigen Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu gelangen. Insoweit gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren als allgemeines Prozessgrundrecht, dass der Richter das Verfahren so gestaltet, wie es die Parteien von ihm erwarten dürfen. Er darf sich nicht widersprüchlich verhalten oder aus eigenen, ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen Verfahrensnachteile ableiten und ist allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet (Beschluss vom 30. November 2018 ‌- VfGBbg 19/18 ‑,‌ https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Der Beschwerdeführer hat keine Anhaltspunkte vorgetragen, die nahelegen, dass das Oberlandesgericht diese Anforderungen an ein faires Verfahren verletzt haben könnte. Art. 26 Abs. 1 LV modifiziert nicht in Kindschaftssachen den Inhalt von Art. 52 Abs. 4 LV in einer Weise, dass im Ergebnis ein anderer materiell-rechtlicher Prüfungsmaßstab für eine Sorgerechtsentscheidung anzunehmen wäre. Ebenso wenig schützt das Grundrecht auf ein faires Verfahren den Beschwerdeführer davor, dass das Gericht zu einer abweichenden Rechtsauffassung gelangt.

c. Das Oberlandesgericht hat auch nicht gegen das Verbot objektiver Willkür gemäß Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV verstoßen. Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und daher der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Eine gerichtliche Entscheidung verstößt nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts gegen das Willkürverbot, sondern erst, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist. Sie muss Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Beurteilungsspielraum außer Acht lässt und ganz und gar unverständlich erscheint (Beschluss vom 20. November 2020 ‌- VfGBbg 49/19 -‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de/).

Wenn der Beschwerdeführer meint, diese Voraussetzungen seien erfüllt, da das Oberlandesgericht bei der Auslegung des Inhalts des § 1671 BGB den rechtlichen Gehalt des HKÜ zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, verkennt er die sachlich-rechtliche Reichweite einer Rückführungsentscheidung und die unterschiedlichen Maßstäbe der anwendbaren Vorschriften. Im Übrigen ist auch dem HKÜ der Gedanke nicht fremd, dass eine Kontinuität der Lebensverhältnisse grundsätzlich kindeswohlförderlich ist. Dem Abkommen liegt, wie der Beschwerdeführer zurecht betont, der Gedanke zugrunde, dass die Rückführung dem Wohl eines vor kurzer Zeit entführten Kindes am besten entspreche, was sich etwa in der Fristenregelung des Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2 HKÜ ausdrückt. Es geht zugleich davon aus, dass ein entführtes Kind auch in seiner neuen Umgebung gut aufgehoben sein kann, wenngleich die Lage rechtswidrig herbeiführt wurde (vgl. Art. 12 Abs. 2 a. E. HKÜ).

Eine Willkür der Entscheidung kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das Oberlandesgericht entgegen Art. 2 Abs. 3 LV seine völkerrechtliche Verpflichtung zur Einbeziehung des HKÜ in seine Entscheidung nicht beachtet hätte. Die Frage nach dem Geltungsrang von völkerrechtlichen Abkommen im innerdeutschen Rechtsraum ist vorliegend nicht aufgeworfen, da die Normenkomplexe wie dargestellt unterschiedlichen materiell-rechtlichen Gehalt aufweisen. Das Oberlandesgericht war nicht gehalten, seiner Sorgerechtsentscheidung die Beschlüsse nach dem HKÜ zugrunde zu legen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 9 Abs. 3 UN-Kinderrechtskonvention, da dieser keine weitergehenden bzw. abweichenden Rechte begründet als Art. 26 Abs. 1, Art. 27 Abs. 1 LV.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

Möller

Dr. Becker

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Dr. Lammer

Sokoll

Dr. Strauß