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VerfGBbg, Beschluss vom 5. Mai 2021 - VfGBbg 10/21 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - GG, Art. 21 Abs. 1 Satz 1
- LV, Art. 20 Abs. 3 Satz 2; LV, Art. 21 Abs. 1; LV, Art 22 Abs. 3 Satz 2; LV, Art 22 Abs. 5 Satz 1
- VerfGGBbg, § 30 Abs. 1
- BbgKWahlG, § 28a Abs. 4; BbgKWahlG, § 70 Abs. 5
- BbgKomNotG, § 2 Abs. 3 Nr. 5; BbgKomNotV, § 10
Schlagworte: - Eilantrag abgelehnt
- SARS-CoV-2-Pandemie
- Corona
- Kontaktbeschränkungen
- Kommunalwahl
- Kommunalwahlrecht
- Bürgermeister
- Bürgermeisterwahl
- Einzelkandidat
- Unterstützungsunterschriften
- Unterschriften
- Formerfordernis
- Quorum
- Unterschriftenquorum
- Absenkung
- Anpassung
- Pflicht des Gesetzgebers
- Gesetzgeber
- Gestaltungsspielraum
- Vorwegnahme der Hauptsache
- Folgenabwägung
amtlicher Leitsatz:
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 5. Mai 2021 - VfGBbg 10/21 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfgBbg 10/21 EA




IM NAMEN DES VOLKES



VfGBbg 10/21 EA

In dem verfassungsgerichtlichen Verfahren

1.      S.,

Antragsteller,

2.      Ökologisch-Demokratische Partei,
Landesverband Brandenburg,
vertreten durch den Landesvorstand,
dieser vertreten durch den Landesvorsitzenden Thomas Löb,
Gartenstraße 2,
16798 Fürstenberg,

Antragstellerin,

Verfahrensbevollmächtigter               H.
                                                                Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,

gegen:

Landtag Brandenburg,
vertreten durch die Präsidentin,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,


beteiligt:

Landesregierung Brandenburg,
- Staatskanzlei -,
vertreten durch die Ministerin der Justiz des Landes Brandenburg,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,

 

wegen

Pandemiebedingte Verpflichtung des Landtags zur Herabsetzung des Unterschriftenquorums und zur Lockerung des Formerfordernisses in § 28a Abs. 4 und § 70 Abs. 5 BbgKWahlG;
Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 5. Mai 2021

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Müller, Richter und Sokoll

beschlossen: 

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

 

Gründe:

A.

Der Antragsteller und die Antragstellerin begehren die Anpassung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes an die Bedingungen der SARS-CoV-2-Pandemie in Bezug auf eine bevorstehende Kommunalwahl. 

I.

Im Land Brandenburg fanden die letzten regulären Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 statt. Am 7. März 2021 wurde der seit 2017 amtierende hauptamtliche Bürgermeister der Stadt Königs Wusterhausen durch Bürgerentscheid gemäß § 81 Brandenburgisches Kommunalwahlgesetz (BbgKWahlG) abgewählt.

Der Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald setzte den Termin für die Hauptwahl des neuen Bürgermeisters beziehungsweise der neuen Bürgermeisterin auf Sonntag, den 4. Juli 2021 fest. Laut Bekanntmachung der Wahlleiterin der Stadt Königs Wusterhausen im Amtsblatt für die Stadt Königs Wusterhausen vom 31. März 2021 müssten Wahlvorschläge gemäß § 69 Abs. 2 BbgKWahlG spätestens bis Donnerstag, den 29. April 2021, 12 Uhr, bei der Wahlleiterin schriftlich eingereicht werden. Dem Wahlvorschlag eines Einzelbewerbers, der nicht Mitglied des Kreistags des Landkreises Dahme-Spreewald oder der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Königs Wusterhausen ist, sind mindestens 72 Unterstützungsunterschriften von wahlberechtigten Personen beizufügen, die bei der Wahlbehörde, bei einem ehrenamtlichen Bürgermeister im Land, vor einem Notar oder einer anderen zur Beglaubigung von Unterschiften ermächtigten Stelle auf amtlichen Formblättern zu leisten sind. Eine wahlberechtigte Person, die wegen einer Behinderung nicht in der Lage ist, die Wahlbehörde aufzusuchen, kann auf Antrag die Unterstützungsunterschrift durch Erklärung vor einem Beauftragten der Wahlbehörde ersetzen. Der Antrag konnte bis zum 26. April 2021, 16 Uhr, schriftlich bei der Wahlbehörde gestellt werden. Spätester Zeitpunkt für die Leistung der Unterstützungsunterschrift bei der Wahlbehörde und für das Einreichen der Unterschriftenliste bei der Wahlbehörde, sofern die Unterschrift bei einem ehrenamtlichen Bürgermeister des Landes Brandenburg, vor einem Notar oder bei einer anderen zur Beglaubigung der Unterschrift ermächtigten Stelle geleistet wurde, war der 28. April 2021, 16 Uhr. Die dem zu Grunde liegenden Vorschriften des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes lauten:

§ 28a Abs. 4

„Die persönliche, überprüfbare Unterschrift der wahlberechtigten Personen ist bis 16 Uhr des 67. Tages vor der Wahl bei der Wahlbehörde zu leisten. Die Unterschrift kann auch bei einem ehrenamtlichen Bürgermeister im Land Brandenburg, vor einem Notar oder bei einer anderen zur Beglaubigung der Unterschrift ermächtigten Stelle auf einer Unterschriftenliste geleistet werden; die Unterschriftenliste muss der Wahlbehörde bis 16 Uhr des 67. Tages vor der Wahl vorliegen.“

§ 70 Abs. 5

„In Wahlgebieten mit mehr als 300 Einwohnern sind dem Wahlvorschlag mindestens zweimal so viele Unterstützungsunterschriften beizufügen, wie in dem jeweiligen Wahlgebiet nach § 6 Absatz 2 Vertreter zu wählen sind.“

Der Antragsteller möchte als parteiunabhängiger Bewerber zur Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters kandidieren. Er ist nicht Mitglied des Kreistags des Landkreises Dahme-Spreewald oder der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Königs Wusterhausen. Er legte fristgemäß einen Wahlvorschlag mit 29 Unterstützungsunterschriften bei der Wahlleiterin vor. Die Antragstellerin ist der Landesverband einer politischen Partei. Sie reichte keinen Wahlvorschlag für die am 4. Juli 2021 anstehende Wahl ein.

Mit dem Gesetz zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Brandenburgischen Kommunen in außergewöhnlicher Notlage (Brandenburgisches kommunales Notlagegesetz - BbgKomNotG) vom 15. April 2020 (GVBl. I Nr. 14), geändert durch Gesetz vom 25. September 2020 (GVBl. I Nr. 27), stellte der Antragsgegner, der Landtag Brandenburg, in § 1 aufgrund der sich ausbreitenden Pandemie SARS-CoV-2 eine landesweite außergewöhnliche Notlage fest und ermächtigte mit § 2 Abs. 3 Nr. 5 den Minister des Innern und für Kommunales, eine Verordnung zu erlassen, mit der Abweichungen von der Pflicht ermöglicht wurden, bereits festgelegte kommunale Wahlen und nach gesetzlicher Vorschrift festzusetzende oder festgesetzte Bürgerentscheide vor dem Außerkrafttreten dieses Gesetzes durchzuführen. Der Tag des Außerkrafttretens dieses Gesetzes war ursprünglich der 30. Juni 2020, er wurde auf den 30. September 2020 und schließlich auf den 30. Juni 2021 geändert. Die Verordnung zur Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit der kommunalen Organe in außergewöhnlicher Notlage (Brandenburgische kommunale Notlagenverordnung - BbgKomNotV) vom 17. April 2020 (GVBl. II Nr. 19), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. September 2020 (GVBl. II Nr. 89), machte von dieser Ermächtigung Gebrauch. Gemäß § 10 BbgKomNotV wurden festgelegte kommunale Wahlen und nach gesetzlicher Vorschrift festzusetzende oder festgesetzte Bürgerentscheide bis zum 30. Juni 2020 nicht durchgeführt. Die Verordnung galt ursprünglich bis zum 30. Juni 2020, sie wurde zunächst bis zum 30. September 2020 und zuletzt bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Das Datum in § 10 BbgKomNotV blieb dabei unverändert.

II.

In einem gemeinsamen Schriftsatz hat der Antragsteller am 26. April 2021 Verfassungsbeschwerde erhoben und die Antragstellerin ein Organstreitverfahren anhängig gemacht.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde bzw. im Organstreitverfahren beantragen die Antragsteller

festzustellen, dass der Antragsgegner die Antragsteller in ihrem Recht auf politische Mitgestaltung aus Art. 21 Verfassung des Landes Brandenburg, Recht zur Teilnahme an Wahlen aus Art. 22 Verfassung des Landes Brandenburg und die Antragstellerin zu 2) in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland dadurch verletzt, dass er es unterlassen hat, das Formerfordernis nach § 28a Abs. 4 und das Unterschriftenerfordernis des § 70 Abs. 5 des Gesetzes über die Kommunalwahlen im Land Brandenburg an die anhaltende Sars-CoV-2-Pandemie anzupassen.

Beide Antragsteller begehren wörtlich hilfsweise zum Antrag in der Hauptsache den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Der Antragsteller und die Antragstellerin beantragen,

im Wege der einstweiligen Anordnung zu regeln, dass das Formerfordernis nach § 28a Abs. 4 und das Unterschriftenerfordernis des § 70 Abs. 5 des Gesetzes über die Kommunalwahlen im Land Brandenburg für die Dauer einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen mit den Maßgaben Anwendung finden, dass die Unterstützungsunterschriften nicht vor der Wahlbehörde, einer/einem ehrenamtlichen Bürgermeister:in im Land Brandenburg, vor einer/einem Notar:in oder einer anderen zur Beglaubigung der Unterschrift ermächtigten Stelle geleistet werden müssen und dass für die Wahl einer hauptamtlichen Bürgermeisterin/eines hauptamtlichen Bürgermeisters in Königs Wusterhausen abweichend 18 Unterstützungsunterschriften erforderlich sind.

Sie tragen vor, dass der Landtag Brandenburg dadurch gegen Art. 21 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) und Art. 22 LV sowie Art. 2 LV i. V. m. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) verstoßen habe, dass er die in § 28a Abs. 4 und § 70 Abs. 5 BbgKWahlG vorgesehenen Erfordernisse der Form und Anzahl der Unterstützungsunterschriften für einen Wahlvorschlag nicht durch Gesetzesänderung an die durch die SARS-CoV-2-Pandemie veränderten Verhältnisse angepasst habe.

Das Recht des Antragstellers auf Teilnahme an der Bürgermeisterwahl werde durch die unter den Verhältnissen der Pandemie faktisch erschwerten Zugangsvoraussetzungen für Einzelbewerber behindert und eingeschränkt. Der Landtag Brandenburg habe von Verfassungs wegen eine Pflicht zur Anpassung der Rechtslage an die Bedingungen und Kontaktbeschränkungen in der Pandemie. Durch die Unterlassung des Gesetzgebers werde der politische Wettbewerb verzerrt. Die Wahlbedingungen hätten für den Antragsteller eine erdrückende Wirkung. Seine Teilnahme an der Wahl werde praktisch unmöglich gemacht.

Im Hinblick auf die besondere Eilbedürftigkeit sei eine signifikante Absenkung des Quorums sowie die Aufhebung der Formbedürftigkeit, die mit Vorschriften des Infektionsschutzes und der Abstandsgebote kollidierten, erforderlich.

Die Antragstellerin beruft sich darauf, dass ihr Recht auf Chancengleichheit bei Wahlen beeinträchtigt werde. Die Beschränkungen während der Corona-Pandemie wirkten sich auch gerade auf die Unterschriftensammlung zugunsten von Wahlbewerbern erschwerend aus. Einzelbewerber und kleinere Parteien seien in besonderer Weise auf persönliche Kontakte mit wahlberechtigten Bürgern angewiesen. Es sei während der Pandemie schwieriger, Personen dazu zu bewegen, ein amtliches Formular in der Wahlbehörde, bei einem Notar oder einer anderen zur Beglaubigung bestellten Stelle von Hand auszufüllen und zu unterschreiben. Die Abstandsregel hindere die Bemühungen in ganz erheblicher Weise. Wegen des Gesundheitsrisikos sei der Zugang zu älteren Menschen erschwert. Es sei auch ein Problem, eigene Mitglieder zu finden, die bereit seien, Unterschriftenwerbung zu betreiben.

III.

Der Landtag Brandenburg und die Landesregierung haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Landesregierung trägt vor, dass der Antrag bereits unzulässig sei. Das angestrebte Rechtsschutzziel könne wegen Zeitablaufs für die angestrebte Wahl nicht mehr erreicht werden. Der Antrag der Antragstellerin sei zudem unzulässig, weil sie nicht an der Wahl teilnehme. Der Antragsteller habe nicht substantiiert begründet, warum der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum gerade auf eine Pflicht, die beantragten gesetzgeberischen Maßnahmen vorzunehmen, verengt sei und wie bei diesen die Ordnungsgemäßheit und Ernsthaftigkeit der Unterstützungsunterschriften zu gewährleisten sei. Die Formvorschriften für die Unterstützungsunterschriften sollten ihrerseits sicherstellen, dass die Unterschriften ohne äußeren Druck, Überredung, Bedrängung, Täuschung oder Ähnliches geleistet werden könnten. Sie sollten auch nicht leichtfertig geleistet werden. Selbst unter Pandemiebedingungen seien die Formerfordernisse zumutbar und verhältnismäßig. Es gebe auch andere Bundesländer, die die Leistung von Unterstützungsunterschriften vornehmlich oder ausschließlich bei der Gemeindebehörde vorsähen.

Auch eine Folgenabwägung falle zum Nachteil des Antragstellers aus. Würde der Antragsteller aufgrund einstweiliger Anordnung zur Wahl zugelassen, sich das Verfahren in der Hauptsache aber als erfolglos erweisen, hätte die Wahl unter Bedingungen stattgefunden, die die Ernsthaftigkeit der Kandidaturen nicht hinreichend abgesichert und der Gefahr einer starken Stimmenzersplitterung nicht ausreichend vorgebeugt hätten. Es sollten möglichst ausschließlich Bewerbende zur Direktwahl zugelassen werden, bei denen zumindest die Aussicht bestehe, sich wenigstens für die Stichwahl zu qualifizieren.

B.

Der Antrag, im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Anwendung von § 70 Abs. 5 und § 28a Abs. 4 BbgKWahlG mit den Maßgaben auszusetzen, dass vom Formerfordernis der Unterstützungsunterschriften abgesehen und deren erforderliche Anzahl auf 18 abgesenkt wird, ist sowohl im Hinblick auf die Antragstellerin als auch den Antragsteller abzulehnen.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird als unbedingt gestellter Antrag ausgelegt. Zwar ist er förmlich als Hilfsantrag formuliert. Über ihn wäre daher bei wörtlicher Auslegung nur zu befinden, wenn die Verfassungsbeschwerde und der Organstreitantrag in der Hauptsache keinen Erfolg haben. Der gesamte Vortrag zielt aber darauf ab, dem Antragsteller die Teilnahme an der Bürgermeisterwahl in Königs Wusterhausen am 4. Juli 2021 zu ermöglichen. Zum Ende des Schriftsatzes begehren die Antragsteller, dem Eilantrag bereits jetzt unter Vorwegnahme der Hauptsache stattzugeben, da ihnen nicht zuzumuten sei, die Rechtsverletzung hinzunehmen und erst nachträglich die Wahl anzufechten.

2. Gemäß § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

3. Der Antrag der Antragstellerin ist im Eilverfahren unzulässig. Ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, denn sie verfolgt damit kein rechtlich schützenswertes eigenes Interesse. Die Antragstellerin will ihr Recht auf chancengleiche Teilhabe am politischen Wettbewerb aus Art. 20 Abs. 3 Satz 2 LV nicht zur Wahl am 4. Juli 2021 ausüben. Sie trägt nicht vor, dass sie einen Wahlvorschlag für die Bürgermeisterwahl am 4. Juli 2021 eingereicht hat oder einreichen will. Der Antragsteller ist nicht Kandidat der Antragstellerin. Er will sich erklärtermaßen als parteiunabhängiger Einzelkandidat zur Wahl stellen. Insofern besteht ‌‑ unabhängig davon, ob Erfolgsaussichten des Organstreits in der Hauptsache bestehen - offensichtlich kein Bedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, da sie sich für die Antragstellerin nicht konkret effektiv auswirken, sondern leerlaufen würde. 

4. Der Antrag des Antragstellers hat im Eilverfahren ebenfalls keinen Erfolg.

a) Hinsichtlich der vom Antragsteller in der Hauptsache gegen das Unterlassen des Gesetzgebers, § 70 Abs. 5 und § 28a Abs. 4 BbgKWahlG abzuändern, erhobenen Verfassungsbeschwerde ist der Eilantrag zulässig. Insbesondere hat der Antragsteller im Gegensatz zur Antragstellerin als Wahlbewerber ein Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung.

b) Der Antrag ist aber unbegründet.

Ob der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 30 Abs. 1 VerfGGBbg dringend geboten ist, ist nach Maßgabe einer Folgenabwägung und grundsätzlich unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu beurteilen, es sei denn, der Antrag in der Hauptsache erweist sich von vornherein als offensichtlich unzulässig oder als offensichtlich unbegründet (vgl. Beschluss vom 19. März 2021 ‌‑ VfGBbg 3/21 EA -, Rn. 16, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

aa) Das Verfahren ist in der Hauptsache nicht offensichtlich unzulässig. Es bedarf aber einer genaueren Prüfung in der Hauptsache, ob die Verfassungsbeschwerde, die sich auf eine Verpflichtung des Gesetzgebers richtet, das Brandenburgische Kommunalwahlgesetz an die erschwerenden Bedingungen während der SARS-CoV-2-Pandemie anzupassen, verfristet ist.

Ist eine Verfassungsbeschwerde auf eine Verpflichtung zum Tätigwerden des Gesetzgebers gerichtet, gilt grundsätzlich keine Beschwerdefrist. Ist der Gesetzgeber aber tätig geworden und enthält das Gesetz eine aus Sicht der Antragsteller defizitäre Regelung, dann hat der Gesetzgeber eine Entscheidung nicht unterlassen. Wer diese Norm als unzureichend erachtet, ist gehalten, sie innerhalb eines Jahres zur verfassungsgerichtlichen Nachprüfung zu stellen (vgl. VerfGH NRW, Beschluss vom 30. Juni 2020 - 63/20.VB-2 -, Rn. 39, m. w. N., juris).

Mit § 2 Abs. 3 Nr. 5 BbgKomNotG vom 15. April 2020 ermöglichte der Brandenburgische Gesetzgeber Abweichungen von der Pflicht, bereits festgelegte kommunale Wahlen und nach gesetzlicher Vorschrift festzusetzende oder festgesetzte Bürgerentscheide vor dem 30. Juni 2021 durchzuführen. Gemäß § 10 BbgKomNotV wurden festgelegte kommunale Wahlen und nach gesetzlicher Vorschrift festzusetzende oder festgesetzte Bürgerentscheide bis zum 30. Juni 2020 nicht durchgeführt.

Damit könnte der Gesetzgeber einer möglicherweise bestehenden Handlungspflicht nachgekommen und die dann gegen dieses gegebenenfalls als defizitär zu rügende Gesetz gerichtete Verfassungsbeschwerde verfristet sein (§ 47 Abs. 3 VerfGGBbg). Es ist daher in der Hauptsache zu prüfen, ob dieses Gesetz als ein Untätigbleiben zu werten ist oder einen Fristlauf für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde auslöste und ggf. inwieweit die weiteren Gesetzesänderungen den Fristlauf erneut in Gang gesetzt haben.

bb) Die Verfassungsbeschwerde ist nicht offensichtlich unbegründet. Es muss einer Prüfung und Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob und inwieweit der Landtag Brandenburg als Gesetzgeber verpflichtet war, das Brandenburgische Kommunalwahlgesetz an die erschwerenden Bedingungen während der SARS-CoV-2-Pandemie anzupassen, sowie ob und inwieweit diese Verpflichtung durch das Brandenburgische kommunale Notlagegesetz und eventuell die Brandenburgische kommunale Notlagenverordnung hinreichend erfüllt und umgesetzt wurde.

Dass eine Verpflichtung des Brandenburgischen Gesetzgebers zur Anpassung der Regelungen zur Beibringung von Unterstützerunterschriften nach § 28a Abs. 4 i. V. m. § 70 Abs. 5 BbgKWahlG an die durch die SARS-CoV-2-Pandemie veränderten Verhältnisse bestanden hat und fortbesteht, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht erachtet den Bundesgesetzgeber als verpflichtet, bei neu auftretenden Entwicklungen, die unvorhergesehene Gefahren für die Integrität der Wahl als zentralem demokratischen Legitimationsvorgang mit sich bringen können, die von ihm geschaffenen Regelungen zu überprüfen. Ändern sich die vom Gesetzgeber vorausgesetzten tatsächlichen oder normativen Grundlagen oder erweisen sich die beim Erlass der Norm hinsichtlich ihrer Auswirkungen angestellten Prognosen als irrig, hat er im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich zukommenden Spielraums darüber zu befinden, ob er am bestehenden Wahlrecht festhält oder eine Anpassung desselben vornimmt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. April 2021 - 2 BvE 1/21, 2 BvE 3/21 -, Rn. 32, m. w. N., www.bverfg.de).

Der Antragsteller rügt konkret, dass der Landtag Brandenburg eine Anpassung der § 70 Abs. 5 und § 28a Abs. 4 BbgKWahlG an die Kontaktbeschränkungen während der SARS-CoV-2-Pandemie unterlassen hat. Darüberhinausgehend und darin enthalten rügt er jedoch auch grundsätzlich, dass der Gesetzgeber überhaupt nicht oder jedenfalls nicht hinreichend gehandelt habe, um das Kommunalwahlrecht an die Bedingungen der Pandemie anzupassen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Rechte des Antragstellers auf politische Mitgestaltung, auf Zugang zum Bürgermeisteramt als öffentlichem Wahlamt und auf Teilnahme an der Wahl als Kandidat aus Art. 21 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 3 Satz 2 LV dadurch verletzt sind, dass unter den besonderen Bedingungen der Pandemie durch die unveränderten Regelungen des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes die Teilnahme an der Wahl als Kandidat praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (vgl. zu diesem Maßstab: BVerfG, Beschluss vom 13. April 2021 - 2 BvE 1/21, 2 BvE 3/21 -, Rn. 42, m. w. N., www.bverfg.de).

Es sei angemerkt, dass andere Bundesländer für die in den Jahren 2020 und 2021 stattfindenden Kommunal- und Landtagswahlen die für eine Wahlteilnahme beizubringenden Unterstützungsunterschriften auf 25% bis 60% des Ausgangswerts abgesenkt haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. April 2021 ‑ 2 BvE 1/21, 2 BvE 3/21 -, Rn. 8, www.bverfg.de). Mehrere Verfassungsgerichte haben sich mit der Frage befasst, ob die in ihren jeweiligen Ländern vorgenommenen Änderungen des Kommunalwahlrechts verfassungsrechtlich hinreichend waren. Es wird anerkannt, dass sich die Rahmenbedingungen der Wahlvorbereitung durch die Pandemie in außergewöhnlicher Weise verändert hätten, da durch Verordnungen soziale Kontakte, insbesondere unter unbekannten Personen, im öffentlichen Raum hätten reduziert werden müssen. Durch das Abstandsgebot und die Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen sowie zu einem vorsichtigen Verhalten seien die persönliche und spontane Kontakt- und Gesprächsaufnahme von Wahlwerbern und die politische Kommunikation erheblich erschwert worden (vgl. StGH BW, Urteil vom 9. November 2020 ‑ 1 GR 101/20 -, Rn. 60, juris). Die persönliche Kontaktaufnahme zur Werbung werde auch durch die Angst der potentiellen Gesprächspartner vor Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus erschwert (vgl. VerfGH Berlin, Beschluss vom 17. März 2021 - 20/21, 20 A/21 -, Rn. 29, juris). In diesen Entscheidungen wird die Zumutbarkeit von Unterschriftenquoren sowohl im Hinblick auf die beizubringende Gesamtzahl als auch im Hinblick auf die Prozentzahl aller Wahlberechtigten thematisiert (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 28. Januar 2021 ‑ VGH O 82/20, VGH A 83/20 -, Rn. 29, juris; VerfGH Berlin, Beschluss vom 17. März 2021 ‑ 20/21, 20 A/21 -, Rn. 4, juris).

Im Land Brandenburg bestehen im Hinblick auf Form, Anzahl und Beibringungszeitraum der für einen Wahlbewerber zum Bürgermeisteramt erforderlichen Unterstützungsunterschiften relativ hohe Hürden.

Mit der Anknüpfung an die doppelte Anzahl der im Wahlgebiet zu wählenden Vertreter (§ 6 Abs. 2 BbgKWahlG) wird ein in Bezug auf den Anteil an der Zahl der Wahlberechtigten variables Quorum (zwischen 0,07% bis mehr als 2,29%) verlangt, das im Falle von Königs Wusterhausen mit etwa 0,23% nahe an der vom Bundesverfassungsgericht als für die Bundestagswahl unbedenklich angesehenen Quote von 0,25% liegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. April 2021 ‑ 2 BvE 1/21, 2 BvE 3/21 -, Rn. 45, m. w. N., www.bverfg.de).

Der Zeitraum, der für die Beibringung der Unterstützungsunterschriften zur Verfügung steht, ist in die Betrachtungen zur Zumutbarkeit einzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. April 2021 - 2 BvE 1/21, 2 BvE 3/21 -, Rn. 62, www.bverfg.de).

Dieser ist in Brandenburg knapp bemessen. Nach § 64 Abs. 3 BbgKWahlG macht der Wahlleiter spätestens am 92. Tag vor der Wahl den Wahltag bekannt, gemäß §§ 63, 28a Abs. 4 Satz 1 BbgKWahlG ist die persönliche überprüfbare Unterschrift der wahlberechtigten Person bis 16 Uhr des 67. Tages vor der Wahl bei der Wahlbehörde, bei einem ehrenamtlichen Bürgermeister im Land Brandenburg, vor einem Notar oder bei einer anderen zur Beglaubigung der Unterschrift ermächtigten Stelle auf einer Unterschriftenliste zu leisten. Die Unterschriftenliste muss der Wahlbehörde bis 16 Uhr des 67. Tages vor der Wahl vorliegen.

In der Zusammenschau dieser Umstände erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache ergibt, dass der Gesetzgeber zur Abmilderung der Voraussetzungen für die Zulassung von Wahlvorschlägen zur Bürgermeisterwahl durch Erlass eines Änderungsgesetzes verpflichtet sein könnte, um die pandemiebedingten Erschwernisse angemessen auszugleichen und dem Antragsteller die Ausübung seiner verfassungsmäßigen Rechte weiterhin zu ermöglichen.

cc) Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, sind im Rahmen der Folgenabwägung die nachteiligen Wirkungen, die ohne die einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in der Hauptsache zu erwarten sind, mit den nachteiligen Wirkungen, die sich bei Erlass der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben, zu vergleichen und zu bewerten. Die nachteiligen Folgen, die ohne die einstweilige Anordnung für den Fall des Erfolgs in der Hauptsache zu erwarten sind, müssen im Vergleich zu den nachteiligen Folgen, die sich bei Erlass der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit der Hauptsache ergeben, deutlich überwiegen, weil sie sonst bei vergleichender Betrachtung im Sinne des Gesetzes nicht gewichtig genug sind („schwere Nachteile“) bzw. keinen gleichwertigen „anderen“ Grund im Sinne des Gesetzes darstellen. Bei der Abwägung sind im Allgemeinen nur irreversible Nachteile zu berücksichtigen. Zudem muss die einstweilige Anordnung im Sinne zusätzlicher Voraussetzungen „zum gemeinen Wohl“ und „dringend“ geboten sein (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 26. März 2021 ‌
‑ VfGBbg 5/21 EA -, Rn. 35, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Hinsichtlich der Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Beschluss vom 20. September 2019 - VfGBbg 9/19 EA -, m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Der Maßstab wird weiter geschärft, wenn die einstweilige Anordnung nicht nur bis zur Entscheidung über die Hauptsache einen Zustand vorläufig regelt, sondern das Ergebnis der Hauptsache vorwegnimmt (vgl. Beschluss vom 25. Februar 2020 ‑ VfGBbg 1/20 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Ein besonders strenger Maßstab gilt auch dann, wenn mit der einstweiligen Anordnung ein Gesetz außer Vollzug gesetzt werden soll (vgl. BVerfG, einstweilige Anordnung vom 12. Oktober 1989 - 2 BvF 2/89 -, juris). Durch den Erlass der einstweiligen Anordnung darf zudem grundsätzlich nichts gewährt werden, was nicht Ergebnis des Verfahrens in der Hauptsache sein könnte (vgl. Beschluss vom 25. Februar 2020 ‌‑ VfGBbg 1/20 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Vorliegend ist die begehrte einstweilige Anordnung unter Vorwegnahme der Hauptsache darauf gerichtet, das geltende Kommunalwahlgesetz in Teilen außer Vollzug zu setzen und an dessen Stelle, insbesondere zum Quorum, eine vorläufige gerichtliche Regelung treten zu lassen. Erginge die einstweilige Anordnung mit dem begehrten Inhalt, würde dies voraussichtlich dazu führen, dass der Antragsteller ‑ anders als bei Fortgeltung der gesetzlichen Regelung - zur Wahl zuzulassen wäre.

Es kommt nach den dargestellten Maßstäben jedoch nicht in Betracht, dass das Verfassungsgericht im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung das weite gesetzgeberische Ermessen in dieser Weise an sich zieht und selbst ausübt, denn es ist nicht erkennbar, dass nur eine Entscheidung wie sie der Antragsteller mit der vorläufigen Regelung erstrebt, verfassungsgemäß und das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens sein könnte.

Bei der Erfüllung des dem Gesetzgeber nach § 22 Abs. 5 Satz LV zugewiesenen Regelungsauftrags zur Ausgestaltung des Wahlrechts kommt ihm ein Gestaltungsspielraum zu. Das gilt insbesondere, wenn mit einer einschränkenden Regelung – wie hier mit der Beschränkung der Wahlteilnahme auf ernsthafte Wahlvorschläge und der Sicherung des Charakters der Wahl als Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung des Volkes ‑ wahlrechtsimmanente Zwecke verfolgt werden (vgl. zum Ganzen Urteil vom 23. Oktober 2020 ‑ VfGBbg 55/19 -, Rn. 174ff., und Beschluss vom 19. Februar 2021 ‑ VfGBbg 35/20 -, Rn. 13, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Diese Gestaltungsbefugnis bleibt bestehen, wenn die Anpassung der geschaffenen Regelung an geänderte Verhältnisse im Raume steht. Selbst wenn also dem Grunde nach eine Handlungspflicht des Gesetzgebers zur Anpassung der Regelung auf Grund der durch die SARS-CoV-2-Pandemie veränderten Verhältnisse bestehen sollte, so wäre ihm bei der Wahrnehmung dieser Pflicht in der Regel ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet (so auch BVerfG, Beschluss vom 13. April 2021 ‑ 2 BvE 1/21, 2 BvE 3/21 -, Rn. 28, m. w. N., www.bverfg.de).

Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Vornahme einer bestimmten Wahlrechtsänderung kommt daher regelmäßig nicht in Betracht. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei, die Mittel zu wählen, mit denen er die Erschwernisse durch die Einschränkungen während der Pandemie im Brandenburgischen Kommunalwahlgesetz abmildern will. Einen unbedingten Anspruch auf die vorgeschlagenen Maßnahmen oder auf Maßnahmen, die seine Teilnahme an der Wahl mit den von ihm beigebrachten Unterschriften gewährleisten, hat der Antragsteller voraussichtlich nicht.

Dass die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit hier ausnahmsweise darauf verengt sein könnte, dass allein durch eine bestimmte Maßnahme einer gesetzlichen Normsetzungspflicht Rechnung getragen werden kann, ist weder vorgetragen, noch liegt dies auf der Hand. Der Antragsteller zeigt mit seinem Eilantrag und seiner in der Hauptsache erhobenen Verfassungsbeschwerde, die anders als der Eilantrag auch nicht auf eine konkrete Gestaltung der Vorschriften durch den Gesetzgeber gerichtet ist, eine solche Verpflichtung nicht auf.

Dem Vorbringen des Antragstellers ist schon nicht zu entnehmen, warum das gesetzliche Quorum gerade auf 18 Unterstützungsunterschriften festgelegt werden müsste - das Verfassungsgericht geht zugunsten des Antragstellers davon aus, dass es ihm um eine Absenkung des gesetzlichen Quorums auf 25% und nicht um die Einführung einer allgemein für alle Wahlen nach § 70 Abs. 5 BbgKWahlG geltende Unterschriftenzahl geht - und weshalb tatsächlich keinerlei formale Anforderungen an die Art und Weise der Unterschriftenleistung gestellt werden dürfen.

Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass das Unterschriftenquorum auf 25% abgesenkt werden müsste. Insbesondere bietet auch die neueste verfassungsgerichtliche Rechtsprechung, mit der sich der Antragsteller selbst nicht im Einzelnen auseinandersetzt, keinen zwingenden Anhalt dafür.

Das Bundesverfassungsgericht geht in seinem Beschluss vom 13. April 2021 ‌‑ 2 BvE 1/21, 2 BvE 3/21 - (Rn. 69, www.bverfg.de) nicht ohne weiteres davon aus, dass bei einer Reduzierung des Unterschriftenquorums auf maximal 20% bis 30% die Beschränkung der Wahlteilnahme auf ernsthafte Wahlvorschläge und der Charakter der Wahl als eines Integrationsvorgangs bei der politischen Willensbildung des Volkes noch gesichert sei. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg erachtet in seinem Urteil vom 9. November 2020 ‑ 1 GR 101/20 - (Rn. 72, juris) eine Reduzierung nur um 50% für verfassungsrechtlich geboten. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hält eine weitere Absenkung als auf 60% verfassungsrechtlich nicht für geboten (vgl. Beschlüsse vom 30. Juni 2020 - 63/20.VB-2 -, Rn. 59 f., und vom 25. August 2020 ‑ 126/20.VB-3 -, Rn. 6 und Rn. 14, juris). Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat demgegenüber ohne nähere Begründung eine Absenkung auf 20% bis 30% der ursprünglichen Unterschriften für verfassungsrechtlich geboten erachtet (Beschluss vom 17. März 2021 ‑ VerfGH 20/21, 20 A/21 -, juris).

Ebenso ist nicht ersichtlich, dass zwingend von den kritisierten Formerfordernissen abgesehen werden müsste.

Der Gesetzgeber hätte zur Abmilderung des Quorums angesichts der pandemiebedingten Einschränkungen verschiedene Handlungsoptionen. Er könnte neben den vom Antragsteller begehrten Maßnahmen zum Beispiel die Beibringungsfristen verlängern, kontaktlose elektronische Unterschriftenportale ermöglichen oder die Haustürsammlung von Unterschriften zulassen. Welche Änderungen der Gesetzgeber gegebenenfalls konkret vornimmt, ist nicht vorhersehbar und kann daher mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vorweggenommen werden.

Hinzu kommt, dass der Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung irreversible Folgen nach sich zöge. Würde der Antragsteller infolge der einstweiligen Anordnung zur Wahl zugelassen, könnte er daran teilnehmen und es ist auch zu erwarten, dass er Stimmen für sich gewinnt. Würde sich in der Hauptsache erweisen, dass seine Teilnahme an der Wahl rechtswidrig war, hätte er anderen Kandidaten Stimmen entzogen und das Stimmenbild der Wahl wäre verzerrt (vgl. VerfGH NRW, Beschlüsse vom 7. Juli 2020 - 88/20 -, Rn. 90, vom 22. Juli 2020 - 103/20 -, Rn. 22, und vom 5. August 1999 - 16/99 -, Rn. 20, juris). Eine während der Geltung der einstweiligen Anordnung durchgeführte Wahl behält auf ihrer Grundlage - unbeschadet der Entscheidung in der Hauptsache - rechtlichen Bestand (vgl. BVerfG, einstweilige Anordnung vom 17. Oktober 1990 ‑ 2 BvE 6/90, 2 BvE 7/90 -, Rn. 46, juris). Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG kann ein Wahleinspruch nicht darauf gestützt werden, dass ein Wahlvorschlag oder Bewerber zu Unrecht zugelassen worden ist.

Würde hingegen die einstweilige Anordnung nicht ergehen, sich die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache als erfolgreich erweisen, wäre gegebenenfalls noch eine Verschiebung der Wahl möglich (§ 52 BbgKWahlG) oder könnte dies zum Erfolg eines Wahleinspruches führen und wäre in einem begrenzten Zeitraum gegebenenfalls eine Neuwahl durchzuführen. Insofern würden die Rechte des Antragstellers nicht notwendig irreversibel leerlaufen.

Vor diesem Hintergrund können die nachteiligen Wirkungen, die ohne die einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in der Hauptsache zu erwarten sind, die nachteiligen Wirkungen, die sich bei Erlass der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben, nicht überwiegen und erst Recht nicht dazu führen, dass unter Vorwegnahme der verfassungsmäßig allein dem Landtag zukommenden Befugnis zur Normsetzung in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers eingegriffen werden würde.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist für den Antragsteller unanfechtbar (§ 30 Abs. 3 Satz 2 VerfGGBbg).

 

 

Möller

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Müller

Richter

Sokoll