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VerfGBbg, Beschluss vom 21. April 2023 - VfGBbg 30/22 -

 

Verfahrensart: Organstreit
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 113 Nr. 1; LV, Art. 72 Abs. 3 Satz 3; LV, Art. 72 Abs. 3 Satz 1; LV, Art. 72 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 36 Abs. 2; VerfGGBbg, § 36 Abs. 1; VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2
Schlagworte: - Untersuchungsausschuss
- Qualifizierte Minderheit
- Begründungsanforderungen
- Beweiserhebung
- Ablehnung
- Wertungsspielraum
- Zeugenvernehmung
- Sachverständiger
nichtamtlicher Leitsatz:

1. Auch im Organstreitverfahren müssen neben einem substantiierten Vortrag zum entscheidungserheblichen Sachverhalt die wesentlichen rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Erforderlich ist eine Auseinandersetzung mit den von dem Organstreit-verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen.


2. Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV begründet einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Beweiserhebung. Die Ablehnung eines Beweisantrags der qualifizierten Minderheit durch die Mehrheit bedarf einer hinreichenden Begründung, die sich aus dem Ablehnungsbeschluss ergeben muss.


3. Dem Untersuchungsausschuss steht bei der Entscheidung über Art und Umfang der Beweiserhebung ein Wertungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Das Verfassungsgericht hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Begründung der Mehrheit nachvollziehbar und der durch die Verfahrensautonomie der Mehrheit eröffnete Wertungsrahmen in vertretbarer Weise ausgefüllt worden ist (vgl. zuletzt Beschluss vom 20. Januar 2023 - VfGBbg 67/21 -, Rn. 66, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. April 2023 - VfGBbg 30/22 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 30/22




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

Im Namen des Volkes

Beschluss

 

VfGBbg 30/22

In dem Organstreitverfahren

1.      der parlamentarischen Minderheit des Untersuchungsausschusses 7/1
         der 7. Wahlperiode des Landtags Brandenburg, bestehend aus

a) Dr. Hans-Christoph Berndt, MdL,

b) Lars Günther, MdL,

c) Lars Hünich, MdL,

Antragsteller zu 1.,

Landtag Brandenburg,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

2.      AfD-Fraktion im Landtag Brandenburg,

vertreten durch den Fraktionsvorsitzenden
Dr. Hans-Christoph Berndt,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

Antragstellerin zu 2.,

 

 

 

Verfahrensbevollmächtigter               A.

Rechtsanwälte,

 

gegen

Untersuchungsausschuss 7/1
der 7. Wahlperiode des Landtags Brandenburg,
vertreten durch den Vorsitzenden
Daniel Keller,
Landtag Brandenburg,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

Antragsgegner,

Verfahrensbevollmächtigter               Prof. Dr. B.,

beteiligt:

1.      Landtag Brandenburg,

vertreten durch die Präsidentin,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

2.      Landesregierung Brandenburg

- Staatskanzlei -,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,

wegen
Ablehnung der von der Ausschussminderheit eingebrachten Beweisanträge BA110, BA111, BA113, BA114, BA115, BA117 und BA118

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 21. April 2023

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

1.    Die Anträge zu 1., 3., 6. und 7. werden verworfen. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

2.    Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

A.

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des Organstreitverfahrens gegen die Ablehnung der von den Antragstellern zu 1. gestellten Beweisanträge BA110, BA111, BA113, BA114, BA115, BA117 und BA118 durch den Antragsgegner.

II.

Der Landtag Brandenburg setzte am 23. September 2020 einen Untersuchungsausschuss zur „Untersuchung der Krisenpolitik der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 (UA 7/1)“ - den Antragsgegner - ein.

Der Ausschuss erhielt folgenden Untersuchungsauftrag (vgl. LT-Drs. 7/1991, S. 1 ff.):

„1. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, ob das Handeln (oder Unterlassen) der Brandenburger Landesregierung, der politischen Leitungen der zuständigen Ministerien und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Behörden kurz vor Beginn und während der „SARS‑CoV-2/COVID-19-Pandemie“ geeignet, erforderlich und angemessen waren. Er soll klären, a) ob und inwieweit es dazu beigetragen hat, die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 bzw. der Infektionskrankheit COVID‑19 und deren negative Einwirkung auf die Gesundheit der brandenburgischen Bevölkerung zu minimieren und b) ob es bessere Alternativen zum Regierungshandeln gab. Der Untersuchungsgegenstand bezieht sich insoweit allein auf bereits abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Vorgänge. Maßgebender Zeitpunkt für sämtliche Vorgänge der Untersuchung ist daher der Tag, an dem der Einsetzungsbeschluss gefasst wurde (Stichtag). Alle bis zu diesem Stichtag getätigten Handlungen (oder Unterlassungen) der Landesregierung im Rahmen ihrer Krisenpolitik im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 sollen daher vom Untersuchungsausschuss beleuchtet werden. Die nachfolgenden Konkretisierungen des Untersuchungsgegenstands beziehen sich ausschließlich auf die oben genannte zeitliche Grenze.

2. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend untersuchen, ob die im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie umgesetzten Eingriffe der Landesregierung in die Freiheit der Bürger mit dem grundgesetzlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip und sämtlichen weiteren verfassungsrechtlichen Regelungen zum Schutz von individuellen oder kollektiven Rechtsgütern und gesetzlichen Regelungen in Einklang standen.

3. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, welche gesundheitlichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Wirkungen die von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen verursacht haben, und in welchem Verhältnis diese a) zu den von der Landesregierung zur Einsetzung der Eindämmungsverordnungen zugrunde gelegten Schadensszenarien der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie sowie b) zu den tatsächlich beobachteten Folgen der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie stehen.

4. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, wann der Landesregierung und den ihr unterstehenden Behörden welche Informationen, Erkenntnisse, Hinweise und Daten zur Beurteilung des Gesundheitsrisikos des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie des Krankheitsverlaufs und der Gefahren von COVID-19 vorlagen, wie sie damit umgegangen sind und welche Anstrengungen unternommen wurden, die Entscheidungsgrundlage qualitativ für alle relevanten Stellen, auch die ausführenden Behörden, zu optimieren. Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, ob die Landesregierung alles Erforderliche getan hat, um sich kontinuierlich ein möglichst objektives Lagebild zu verschaffen.

5. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, wann die Landesregierung und die ihr unterstehenden Behörden welche Informationen, Erkenntnisse, Hinweise und Daten zur Beurteilung der Auswirkungen der Maßnahmen für die brandenburgische Wirtschaft und das gesellschaftliche Klima hatten und welche Maßnahmen getroffen wurden, um die diesbezügliche Entscheidungsgrundlage qualitativ für alle relevanten Stellen, auch die ausführenden Behörden zu optimieren.

6. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, welche Teile der Informationen, Erkenntnisse, Hinweise und Daten aus den Punkten 4. und 5. als Grundlage für die jeweilige Lagebewertung und die Entwicklungsprojektionen von der brandenburgischen Landesregierung, den Gesundheitsämtern, den kommunalen Trägern, den Krankenhäusern sowie den Ministerien und angeschlossenen Behörden genutzt wurden und in den Entscheidungsprozess über die zur Eindämmung geplanten Maßnahmen eingeflossen sind.

7. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, welche Handlungen und Unterlassungen die Landesregierung in Handlungsautonomie und welche in Zusammenarbeit und enger Abstimmung mit der Bundesregierung, den Bundesbehörden und anderen Landesregierungen unternommen hat.

8. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, welche Krisen-pläne/Pandemiepläne der Landesregierung vorlagen und welche Tauglichkeit diese Pläne in der Bewältigung der Coronavirus SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie unter Beweis gestellt haben.

9. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, welche Lehren seitens der Landesregierung auch im Zusammenwirken mit der Bundesregierung und anderen Landesregierungen aus der Krisensimulation der Bundesregierung „Kabinett Merkel II“ im Jahr 2010, der Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ aus dem Jahr 2012 (Bundestagsdrucksache 17/12051 vom 03.01.2013) gezogen wurden und welche Maßnahmen aufgrund dessen für das Krisenmanagement im Land Brandenburg ergriffen wurden und welche davon, bezogen auf den oben genannten Untersuchungszeitraum, geholfen, geschadet oder nichts genützt haben.

10. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, ob und inwieweit Mängel in der Organisationsstruktur oder der Ausübung der den Brandenburger Behörden und Ämtern übertragenen Befugnisse im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht sowie im Rahmen eines rechtlich gebotenen und zulässigen Informationsaustausches untereinander dazu beigetragen haben, dass die Folgen der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie oder die Folgen der Eindämmungsmaßnahmen in Brandenburg bis zum für den Untersuchungsausschuss maßgebenden Stichtag schwerer ausgefallen sind.“

Dem Antragsgegner gehören insgesamt elf stimmberechtigte Mitglieder an. Die Antragsteller zu 1. sind Abgeordnete des 7. Brandenburger Landtags und gehören der AfD‑Fraktion, der Antragstellerin zu 2., an, die sie als Mitglieder in den Antragsgegner entsandt hat.

1. Die Antragsteller zu 1. begehrten mit dem Beweisantrag BA110 eine Zeugenvernehmung der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg - Frau Ursula Nonnemacher - zu der Tatsache, 1. welche Teststrategie zur Erlangung umfangreicher und verlässlicher Daten zum Pandemiegeschehen im Zeitverlauf, d. h. bis zum Stichtag 23. September 2020, in Brandenburg eingesetzt worden sei, 2. welche Testverfahren angewendet worden seien und welche Güte diese besessen hätten und 3. welche Testkapazitäten abgerufen und welche Testkapazitäten durch Initiativen der Landesregierung zu welchem Zeitpunkt hätten aufgebaut werden können. Zur Begründung führten die Antragsteller zu 1. aus, die Zeugin sei als Gesundheitsministerin des Landes Brandenburg im Hinblick auf die Erarbeitung der Corona-Teststrategie der Landesregierung im untersuchungsrelevanten Zeitraum federführend tätig gewesen. Von ihr seien daher Auskünfte zu erwarten, welche Teststrategie zur Erlangung umfangreicher und verlässlicher Daten zum Pandemiegeschehen bis zum Stichtag am 23. September 2020 in Brandenburg verfolgt und wie diese umgesetzt worden sei. Insoweit solle die Zeugin dazu befragt werden, welche Testverfahren - nicht zuletzt in welchem prozentualen Verhältnis - in Brandenburg bis zum 23. September 2020 angewendet worden seien und welche Testkapazitäten durch Initiativen der Landesregierung zu welchem Zweck hätten aufgebaut werden können. Die Zeugenvernehmung solle dabei bereits gewonnene Erkenntnisse aus der Vorlage von Akten der Staatskanzlei des Landes Brandenburg und des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz betreffend eine Corona-Teststrategie im Land Brandenburg erhellen und vertiefen sowie einzelne, noch offene Aspekte im Zusammenhang mit der Teststrategie klären.

Den Beweisantrag lehnte die Mehrheit des Antragsgegners ebenso wie die anderen hier streitgegenständlichen Beweisanträge in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 als unzulässig ab.

Im Hinblick auf den Beweisantrag BA110 führte der Antragsgegner ausweislich der umfangreichen „Anmerkungen des Vorsitzenden für die Sitzung des Untersuchungsausschusses 7/1 am 13. Mai 2022 vom 12. Mai 2022“ (im Folgenden: die Ablehnungsbegründung) aus, dieser entspreche nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Außerdem stünden die Tatsachen, die bewiesen werden sollen, bereits als erwiesen fest, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. Gesetz über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtages Brandenburg (Untersuchungsausschussgesetz, UAG, vom 19. Juni 2019, GVBl.I/19, [Nr. 41]). Zuletzt sei das Beweismittel ungeeignet, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG.

2. Mit Beweisantrag BA111 begehrten die Antragsteller zu 1. eine Sachverständigenanhörung zu der Tatsache, 1. wie zuverlässig die Teststrategie der Landesregierung im Hinblick auf SARS-CoV-2 und damit im Zusammenhang stehende Zahlen im untersuchungsrelevanten Zeitraum zwischen März 2020 und dem 23. September 2020 gewesen seien und 2. welche Stärken und Schwächen die Teststrategie der Landesregierung bezüglich ihres statistischen Aussagewerts gehabt habe. In der Begründung von BA111 hieß es, im Rahmen der Teststrategie der Landesregierung hätten zum Nachweis von SARS-CoV-2 zwei Testverfahren zur Anwendung kommen sollen: Der sogenannte PCR-Test (Polymerase-Kettenreaktion) als direkter Erregernachweis durch Abstrich im Nasen- oder Rachenraum und ein Nachweis von Antikörpern als indirekter Erregernachweis aus dem Blut in einem späteren Erkrankungsstadium und zur Feststellung der Immunität bei symptomloser Erkrankung. Die Gesundheitsministerin habe diesbezüglich in einer Pressemitteilung einerseits erklärt: „Die zur Verfügung stehenden Test[s] sind zuverlässig…“ und andererseits eingeräumt: „Tests können negativ ausfallen, obwohl eine Person den Virus bereits hat. Sie sind daher kein zuverlässiges Ausschlussinstrument...“. Diese Aussagen würden Fragen im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Teststrategie im Land Brandenburg aufwerfen. Der Sachverständige solle deshalb darüber Auskunft geben, wie zuverlässig die dargestellte Teststrategie der Landesregierung im Hinblick auf SARS‑CoV‑2 und damit im Zusammenhang stehende Zahlen im untersuchungsrelevanten Zeitraum zwischen März 2020 und dem 23. September 2020 gewesen seien und welche Stärken und Schwächen die Teststrategie insoweit bezüglich ihres statistischen Aussagewerts gehabt habe. Als Sachverständigen benannten die Antragsteller zu 1. Herrn Prof. Dr. C., der Mathematiker und Medizinstatistiker sei, ab 1998 zu den Gründern des D. gehört habe und unter anderem Mitglied der E. gewesen sei.

Diesen Beweisantrag lehnte die Mehrheit des Antragsgegners mit der Begründung ab, dem Beweisantrag mangele es an Bestimmtheit und Schlüssigkeit. Im Übrigen liege die Beweiserhebung außerhalb des Untersuchungsauftrags gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. UAG.

3. Des Weiteren begehrten die Antragsteller zu 1. mit Beweisantrag BA113 eine Sachverständigenanhörung zu der Tatsache, welche Datenerhebung während einer Pandemie notwendig sei, um valide Aussagen zu Entwicklungen und Auswirkungen treffen zu können, und trugen zur Begründung vor, der Vielzahl von Grundrechtsbeschränkungen durch Maßnahmen der Landesregierung im Zeitraum zwischen März 2020 und dem 23. September 2020 lägen modellhafte Annahmen und Prognosen der Gefährlichkeit aufgrund der Ausbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 anhand statistischer Hochrechnungen zugrunde. Die Landesregierung habe keine eigenen Gutachten zur Gefährlichkeit von SARS-CoV-2 in Auftrag gegeben. Stattdessen habe sich die Landesregierung bei ihrer Bewertung des SARS‑CoV-2-Pandemiegeschehens, der davon ausgehenden Gefahr für die Gesundheit der Brandenburger Bevölkerung und der zur Eindämmung dieser Gefahr einzuleitenden Maßnahmen maßgeblich an der internationalen Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der nationalen Bewertung des Deutschen Bundestages sowie den Vorgaben des Bundesgesundheitsministeriums und den Empfehlungen des RKI orientiert. Bei den insoweit zugrunde gelegten Modellrechnungen seien zum Teil dramatische Entwicklungen prognostiziert worden, die am Ende jedoch ausgeblieben seien. Ergebnisse von Zufallsstichproben seien in die durchgeführten Modellrechnungen nicht eingeflossen. Als Sachverständigen benannten sie Herrn Prof. F., Ph. D., der als Wirtschaftswissenschaftler Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des G. und bis zum vergangenen Jahr Präsident des H. gewesen sei.

Dieser Beweisantrag wurde als unzulässig abgelehnt, weil nach Auffassung der Mehrheit des Antragsgegners das Beweismittel ungeeignet im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG sei, die Tatsache, die mit dem Beweisantrag bewiesen werden solle, bereits als erwiesen feststünde (§ 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG) und die beantragte Beweiserhebung für das Untersuchungsergebnis ohne Bedeutung sei, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 3. Alt. UAG.

4. Zudem begehrten die Antragsteller zu 1. mit Beweisantrag BA114 eine Sachverständigenanhörung zu der Tatsache, 1. welche Wirkung von Bildern im Zusammenhang mit bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignissen ausgehen könne und 2. wie die Zugrundelegung von Bildern als Grundlage für politische Entscheidungen zu bewerten sei. Hierzu führten sie zur Begründung aus, die „Bilder von Bergamo“ seien in der Corona-Pandemie zum geflügelten Wort geworden. Dabei sei es von Anfang an nur ein Bild gewesen: Das Handyfoto vom 18. April 2020 zeige einen Konvoi von Militärlastern. Insgesamt würden neun Fahrzeuge hintereinander eine Straße entlangfahren, die durch ein Wohngebiet führe. Der Fotograf selbst habe, so sei in den Medien kolportiert worden, beim Fotografieren geglaubt, die Fahrzeuge würden Material für den Aufbau eines Notkrankenhauses transportieren. Erst nachdem er das Bild ins Internet gestellt habe, seien Meldungen aufgetaucht, dass die LKW Leichen transportiert hätten. Damit sei das Bild zu einem Symbol des Todes geworden. Weiterhin werde den „Bildern von Bergamo“ gemeinhin ein Foto zugerechnet, das mehrere Reihen von Särgen zeige, auf denen eine rote Rose liege. Durch eine Sachverständigenanhörung solle den Fragen nachgegangen werden, welche Wirkung von Bildern im Zusammenhang mit bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignissen ausgehen könne und wie die Zugrundelegung von Bildern als Grundlage für politische Entscheidungen zu bewerten sei. Hintergrund sei insoweit die Aussage des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dr. Dietmar Woidke, im Untersuchungsausschuss am 23. April 2021. Er habe seinerzeit wörtlich gesagt:

„…Mich macht das sehr betroffen, und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht mir auch sehr an die Nieren. Ich habe heute noch die traurigen Bilder aus der italienischen Stadt Bergamo im Kopf, die im März 2020 zu den am schwersten von der Pandemie betroffenen Städten weltweit gehörte. Allein im März 2020 starben in der 120 000-Einwohnerstadt Bergamo 670 Menschen an Covid-19. Sie können sich sicher alle an die Bilder erinnern, an Bilder von Armeefahrzeugen, die Dutzende Särge aus Bergamo fuhren, an die Bilder von überfüllten Leichenhallen und da auch an die Aussagen von Angehörigen und Bestattern, dass für den Abschied, für die Bestattung von Verstorbenen kaum Zeit geblieben ist. Die Angehörigen konnten sich in vielen Fällen nicht angemessen von ihren Großeltern, von ihren Vätern, von ihren Müttern, Geschwistern und Kindern verabschieden. Es dürfte sich von selbst verstehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ich alles dafür tun wollte und weiter will, dass sich kein zweites Bergamo bei uns im Land Brandenburg ereignet, dass ich, so wie ich meinen Amtseid auch verstehe, die Menschen in unserem Land schützen wollte und schützen will…“,

und weiter:

„…Ziel war es - und ich darf hinzufügen: ist es auch weiterhin - die durch die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus entstehenden Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung so nachhaltig wie möglich abzuwehren. Ziel war es und ist es auch weiterhin, sicherzustellen, dass unser Gesundheitssystem eben nicht überlastet wird und wir hier die von mir eingangs geschilderten Bilder aus Bergamo eben nicht bekommen…“

Diesen Aussagen zufolge hätten die „Bilder von Bergamo“ offenbar als Grundlage für Entscheidungen der Landesregierung im Zeitraum zwischen März 2020 und dem für den Untersuchungsausschuss maßgebenden Stichtag gedient. Als Sachverständige benannten die Antragsteller zu 1. Frau Prof. Dr. I.. Diese sei Inhaberin des Lehrstuhls J. an der Universität K.

Die Mehrheit des Antragsgegners lehnte den Beweisantrag BA114 mit der Begründung ab, die Beweiserhebung liege außerhalb des Untersuchungsauftrags, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. UAG. Zudem sei die Tatsache, die erwiesen werden solle, für den weiteren Untersuchungsgegenstand ohne Bedeutung, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 3. Alt. UAG.

5. Darüber hinaus begehrten die Antragsteller zu 1. mit dem weiteren Beweisantrag BA115 eine Zeugenvernehmung von Frau L., einer Mitarbeiterin des M., zu der Tatsache, in welchem Zusammenhang die vom Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg bei den Entscheidungen zu Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 berücksichtigten „Bilder von Bergamo" mit der Corona-Pandemie gestanden hätten. Die Zeugin habe als Journalistin im Auftrag des M. zum Hintergrund der sogenannten „Bilder von Bergamo“ recherchiert. Von ihr dürften daher Angaben dazu erwartet werden können, in welchem Zusammenhang die vom Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg bei den Entscheidungen zu Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 berücksichtigten „Bilder von Bergamo“ mit der Corona-Pandemie stünden. Sie dürfte insoweit Ausführungen dazu machen können, was die „Bilder von Bergamo“ tatsächlich zeigten und woher und von wann sie stammten. Aufgrund dieser Informationen könnten sodann seitens des Untersuchungsausschusses Schlüsse gezogen werden, welcher Wert den „Bildern von Bergamo“ als Entscheidungsgrundlage für Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 beigemessen werden könne.

Auch den Beweisantrag BA115 lehnte die Mehrheit des Antragsgegners als unzulässig ab. Die Beweiserhebung liege außerhalb des Untersuchungsauftrags, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. UAG. Zudem sei die Tatsache, die erwiesen werden solle, für den weiteren Untersuchungsgegenstand ohne Bedeutung, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 3. Alt. UAG.

6. Außerdem begehrten die Antragsteller zu 1. mit Beweisantrag BA117 eine (erneute) Zeugenvernehmung des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dr. Woidke, zu der Tatsache, 1. auf welche Weise die Landesregierung zu ihrer Bewertung des SARS-CoV-2-Pandemiegeschehens, der davon ausgehenden Gefahr für die Gesundheit der Brandenburger Bevölkerung und der zur Eindämmung dieser Gefahr abzuleitenden Maßnahmen gelangt sei, 2. welche spezifisch brandenburgischen Wissensressourcen in die Informationsbeschaffung der Landesregierung einbezogen worden seien, 3. auf wessen Empfehlung sich die Landesregierung bei der Entscheidung über die Strategie im Hinblick auf die Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 verlassen habe und welche Determinanten die Strategie bedingt hätten, 4. ob die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz im Zeitraum zwischen März 2020 und 23. September 2020 für die von der Landesregierung getroffenen Corona-Eindämmungsmaßnahmen handlungsleitend gewesen seien und 5. wie die Umsetzung der „Digitalisierungsstrategie" der Landesregierung unter dem Eindruck der Maßnahmen der Landesregierung bis zum 23. September 2020 erfolgt sei. Ausweislich der Begründung zu BA117 erscheine der Zeuge wegen seiner besonderen Stellung innerhalb der Landesregierung besonders geeignet, dazu befragt zu werden, auf welche Weise, das heißt durch welchen Abwägungsprozess, die Landesregierung zu ihrer Bewertung des SARS-CoV-2-Pandemiegeschehens, der davon ausgehenden Gefahr für die Gesundheit der Brandenburger Bevölkerung und der zur Eindämmung dieser Gefahr abzuleitenden Maßnahmen gelangt sei. Der Zeuge habe zwar bereits in der Vergangenheit im Untersuchungsausschuss zu Fragen der Datengrundlage der Landesregierung ausgesagt, sich jedoch insoweit nicht zu den Abwägungsprozessen hinsichtlich der sodann ergriffenen Maßnahmen geäußert. Weiterhin dürfte der Zeuge darüber Auskunft geben können, welche spezifisch brandenburgischen Wissensressourcen - unabhängig von statistischen Daten der brandenburgischen Gesundheitsämter - in die Informationsbeschaffung der Landesregierung einbezogen worden seien. Gleichfalls dürften vom Zeugen Angaben dazu zu erwarten sein, auf wessen Empfehlung sich die Landesregierung bei der Entscheidung über die Strategie im Hinblick auf die Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 verlassen habe und welche Determinanten die jeweilige Strategie der Landesregierung zur Eindämmung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 bedingt hätten. Letztlich solle der Zeuge auch dazu gehört werden, ob die Beschlüsse der gemeinsam mit der Bundeskanzlerin durchgeführten Ministerpräsidentenkonferenzen zwischen März und dem 23. September 2020 handlungsleitend gewesen seien. Eine handlungsleitende Rolle habe nämlich die Zeugin Britta Ernst bei ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung im Untersuchungsausschuss diesen Beschlüssen zugestanden. Insoweit solle der Zeuge darüber Auskunft geben, ob die Beschlüsse tatsächlich handlungsleitend für die Landesregierung gewesen seien und wie sich diese handlungsleitende Funktion der Beschlüsse in Brandenburg konkret dargestellt habe. Insoweit dürfte auch zu klären sein, wie der offenkundige Widerspruch zwischen der Aussage des Ministerpräsidenten, dass die „Bilder von Bergamo“ für den ersten Lockdown in Brandenburg mitentscheidend gewesen seien, und derjenigen der Ministerin Britta Ernst, dass wesentliche Entscheidungen bereits am 12. März 2020 auf der Ministerpräsidentenkonferenz getroffen worden seien, aufzulösen sei. Nicht zuletzt solle der Zeuge dazu befragt werden, wie die „Digitalisierungsstrategie" der Landesregierung unter dem Eindruck der Maßnahmen der Landesregierung bis zum 23. September 2020 erfolgt sei, insbesondere mit Blick auf die Schulschließungen in Brandenburg.

Den Beweisantrag BA117 lehnte die Mehrheit des Antragsgegners als unzulässig ab, weil die Tatsachen, die erwiesen werden sollten, bereits als erwiesen feststünden, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG.

7. Zuletzt begehrten die Antragsteller zu 1. mit Beweisantrag BA118 eine Sachverständigenanhörung zu der Tatsache, wie belastbar die von der Landesregierung bei ihren Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 zugrunde gelegten Daten bis zum 23. September 2020 gewesen seien. Die brandenburgische Landesregierung habe bei ihren Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 insbesondere Daten der regionalen Gesundheitsämter, des Landesamts für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) und vor allem des RKI zugrunde gelegt. Hierbei habe es sich aber zuweilen um dieselben Daten gehandelt, die lediglich in anderen Darstellungen und statistischen Zusammenhängen wiedergegeben worden seien. Durch eine Sachverständigenanhörung solle die Frage erörtert werden, wie belastbar die von der Landesregierung bei ihren Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 zugrunde gelegten Daten bis zum 23. September 2020 tatsächlich gewesen seien. Als Sachverständigen benannten sie Herrn Prof. Dr. N., Professor an der Universität O., welcher dort das Fachgebiet Biostatistik leite.

Auch diesen Beweisantrag lehnte die Mehrheit des Antragsgegners zuletzt als unzulässig ab. Die Beweiserhebung sei nicht geboten. Das Beweismittel sei ungeeignet im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG. Die Tatsache, die mit dem Beweisantrag bewiesen werden solle, stehe als erwiesen fest, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG. Im Übrigen sei die beantragte Beweiserhebung für das Untersuchungsergebnis ohne Bedeutung, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 3. Alt. UAG.

II.

Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Juni 2022 teilten die Antragsteller zu 1. dem Antragsgegner mit, sie hielten die Beschlüsse, mit denen die Beweisanträge BA110, BA111, BA113, BA114, BA115, BA117 und BA118 zurückgewiesen worden seien, für rechtswidrig. Sie verletzten die Antragsteller zu 1. in ihren Rechten als qualifizierte Minderheit. Die rechtswidrigen Entscheidungen seien in der nächsten Sitzung des Antragsgegners zu berichtigen.

Der Antragsgegner lehnte im Rahmen eines Verfahrens nach § 103 Geschäftsordnung des Landtags am 23. Juni 2022 mehrheitlich eine erneute Befassung mit den Beweisbeschlüssen ab.

III.

Die Antragsteller haben am 6. September 2022 bei dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ein Organstreitverfahren anhängig gemacht und wenden sich gegen die Ablehnung der Beweisanträge BA110, BA111, BA113, BA114, BA115, BA117 und BA118.

Die Anträge seien zulässig und begründet. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge verletze sie in ihrem Recht auf Beweiserhebung aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Verfassung des Landes Brandenburg (LV). Die Antragsteller zu 1. rügen hierbei die Verletzung ihres Beweiserhebungsrechts; die Antragstellerin zu 2. rügt die Verletzung des Beweiserhebungsrechts der Antragsteller zu 1. sowie die Verletzung des Rechts des Landtags auf ordnungsgemäße Durchführung des Untersuchungsauftrags durch den Antragsgegner.

Zu den einzelnen Beweisanträgen führen die Antragsteller Folgendes aus:

1. Die Ablehnung von BA110 sei unzulässig gewesen. Der Beweisantrag sei zunächst hinreichend bestimmt. Während im Strafverfahren die Verwirklichung eines bestimmten, fest umrissenen Tatbestands im Hinblick auf die individuelle Schuld einer Person geprüft werde, gehe es im Untersuchungsausschuss um die Aufklärung eines Sachverhalts zu politischen Zwecken, vor allem um die Wahrnehmung der Kontrollfunktion des Parlaments. Die einzelne Beweiserhebung eines Untersuchungsausschusses müsse daher nicht auf bestimmte Tatsachen bezogen sein, sondern könne darauf abzielen, zunächst „Licht ins Dunkel“ eines Untersuchungskomplexes zu bringen, um auf diese Weise die Aufklärung von politischen Verantwortlichkeiten zu ermöglichen. Im Untersuchungsausschussverfahren sei eine Beweisbehauptung im strafprozessualen Sinne daher nicht Voraussetzung einer Beweiserhebung. Die Grenze sei erst dort erreicht, wo Beweisanträge ohne jegliche tatsächliche Grundlage „völlig ins Blaue hinein“ gestellt würden. Wie sich aus dem Beweisantrag sowie der zur Auslegung des Beweisantrags heranzuziehenden Begründung ergebe, solle der Widerspruch in der dort benannten Pressemitteilung aufgeklärt werden. Konkret solle die Zeugin zudem expressis verbis befragt werden, welche Testverfahren - nicht zuletzt in welchem prozentualen Verhältnis - in Brandenburg bis zum 23. September 2020 angewendet worden seien und welche Testkapazitäten durch Initiativen der Landesregierung zu welchem Zweck aufgebaut worden seien. Die (erneute) Befragung der Zeugin solle dazu dienen, die verschiedenen Sichtweisen nachzuvollziehen und in ein Verhältnis zu setzen, sowie Widersprüche aufzuklären. Dies sei mit Blick auf die Besonderheiten des parlamentarischen Untersuchungsausschusses auch nicht zu beanstanden. Jede weitere (Zeugen-)Anhörung könne die vorausgegangene stützen oder zerstören. Der angelegte Maßstab, dass Fragen einzeln benannt oder ausformuliert sein müssten, sei zu eng. Es liege keine unbegründete Wiederholung vor, sondern es werde erkennbar an die bisherigen Ergebnisse des Untersuchungsausschusses angeknüpft. Soweit der Antragsgegner darüber hinaus darlege, weswegen von der Zeugin Nonnemacher keine abweichende oder neue Stellungnahme zu erwarten sei, handele es sich um eine unzulässige Antizipation des Beweisergebnisses. Der Antragsgegner könne vor der Zeugenvernehmung nicht wissen, welchen Inhalt diese haben werde. Eine Bewertung hinsichtlich der Verwertbarkeit sei erst im Anschluss an die Beweisaufnahme geboten. Zuletzt stelle die Zeugenvernehmung auch kein ungeeignetes Beweismittel dar. Sie solle keine Aussage zur Güte der Tests im wissenschaftlichen Sinne tätigen, was sie mangels Kenntnis auch nicht könne, sondern allein über ihren Kenntnisstand über die Güte der Tests sowie ihre Gedanken darüber aussagen, soweit sie diese Umstände ihren politischen Entscheidungen zugrunde gelegt habe. Dafür sei sie, schon aus ihrer Funktion als Gesundheitsministerin, die richtige Ansprechpartnerin. Anhand dieser Aussage könne der Untersuchungsausschuss Rückschlüsse ziehen und eine politische Bewertung vornehmen.

2. Auch die Ablehnung von BA111 sei unzulässig gewesen. Die Begründung zum Beweisantrag zeige auf, dass der Sachverständige Auskunft darüber geben solle, wie zuverlässig die Teststrategie der Landesregierung gewesen sei und welche Stärken und Schwächen diese gehabt habe, insbesondere bezüglich der statistischen Validität. Denn gerade bezüglich dieser Zuverlässigkeit widerspreche sich die Gesundheitsministerin in der im Beweisantrag benannten Pressemitteilung. Der Wortlaut des Beweisantrags sei bereits hinsichtlich der „Zuverlässigkeit“ nicht unbestimmt, soweit er sich explizit auf die Äußerungen der Gesundheitsministerin beziehe, die in der benannten Pressemitteilung ihrerseits von „zuverlässig“ gesprochen habe: „Die zur Verfügung stehenden Test[s] sind zuverlässig“, sowie: „Tests können negativ ausfallen, obwohl eine Person den Virus bereits hat. Sie sind daher kein zuverlässiges Ausschlussinstrument“. Damit stelle der Beweisantrag bereits einen hinreichenden Kontext bezüglich der (fraglichen) Zuverlässigkeit her. Der Sachverständige könne zudem aufklären, inwieweit in dieser Aussage ein Widerspruch bestehe oder ob diese überhaupt richtigerweise getätigt werden könne. Denn die Ausschussmehrheit scheine dies gleichfalls zu bezweifeln, wenn in der Ablehnungsbegründung vorgetragen werde, dass eine Teststrategie nicht „zuverlässig“ sein könne. Die damit im Zusammenhang stehenden Zahlen bezögen sich offensichtlich auf die Ergebnisse der Teststrategie, d. h. die genutzten Tests, die Ergebnisse dieser Tests und die statistisch möglichen Schlussfolgerungen daraus. Das Beweisziel werde mithin deutlich. Insbesondere sei die Beweiserhebung zulässig, soweit erkennbar an die bisherigen Ergebnisse des Untersuchungsausschusses angeknüpft werde. Das Beweisziel ergebe sich bereits aus dem in Bezug genommenen Untersuchungsgegenstand des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Abwegig sei auch die in der Ablehnungsbegründung aufgeführte Ansicht, der Beweisantrag liege außerhalb des Untersuchungsauftrags. Die zu beweisenden Tatsachen bezögen sich klar auf die Datengrundlage, Informationsbeschaffung und Strategieentwicklung. Der Beweisantrag falle unter Frage 1 und Frage 3 des Einsetzungsbeschlusses. Denn aus der Zuverlässigkeit der Zahlen, die auf der Teststrategie beruhten, ließe sich die Qualität dieser Daten und die Bewertung des Pandemiegeschehens durch die Landesregierung beurteilen. Ferner liege der Beweisantrag im Rahmen des Untersuchungsgegenstands, soweit eine Aufklärung hinsichtlich der Krisenpolitik „im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID‑19“ verfolgt werde. Anzumerken sei, dass der Untersuchungsausschuss gemäß dem Einsetzungsbeschluss insbesondere, indes nicht ausschließlich oder abschließend, die dort genannten Fragen beantworten solle. Insoweit halte sich der Beweisantrag auch innerhalb des dort benannten allgemeinen Untersuchungsfelds. Das restriktive Verständnis des Antragsgegners verbiete sich. Ferner bestünden keine Zweifel an einem Medizinstatistiker als Sachverständigen. Jener könne Auskunft über die Sinnhaftigkeit bzw. Zuverlässigkeit der (Test-)Strategie geben. Der Sachverständige sei im Übrigen ehemaliges Mitglied der P., eines internationalen Forschungsnetzwerks, das durch systematische Übersichtsarbeiten Grundlagen für die evidenzbasierte Gesundheitsversorgung schaffe. Dadurch sei er im Besonderen geeignet, eine fachübergreifende Analyse der Beweistatsache zu tätigen. Die Ausführungen des Sachverständigen wären auch nicht unzulässig, weil sie die eigene Bewertung des Untersuchungsausschusses ersetzten. Sie könnten für die dem Untersuchungsausschuss obliegende Wertung eine Grundlage bilden.

3. Die Ablehnung von BA113 sei ebenfalls nicht rechtmäßig. Der Sachverständige sei ein geeigneter Experte für die Beweisfrage. Als Wirtschaftswissenschaftler besitze er vertiefte Kenntnisse in formal-mathematischer Modellierung und empirischer Analyse. Zudem habe er sich mit der Beweisfrage hinreichend in Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Instituten auseinandergesetzt. Allein diese Tätigkeit qualifiziere ihn schon als Sachverständigen für die im Beweisantrag genannte Beweisfrage. Soweit angeführt werde, mehrere Sachverständige seien bereits zu der fraglichen Beweistatsache angehört worden, lasse sich auch hier entgegnen, dass die dargelegten Ausführungen und Schlussfolgerungen wiederum eine unzulässige Antizipation des Beweisergebnisses darstellten. Die Mehrheit des Antragsgegners könne nicht vorhersagen, wie sich der Sachverständige äußern werde und ob er den bisherigen Sachverständigen zustimmen oder eine andere Sichtweise offenbaren werde. Eine Bewertung hinsichtlich der Verwertbarkeit sei insofern erst im Anschluss an die Beweisaufnahme geboten. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller ihr Beweisantragsrecht missbräuchlich ausübten, seien nicht erkennbar. Aus denselben Gründen sei das angebotene Beweismittel auch nicht ungeeignet. Der Beweisantrag entfalte auch Bedeutung für das Untersuchungsergebnis. Diese bestehe bereits in Anlehnung an die Vorgaben im Strafprozess, wenn ein Zusammenhang zur Tat, hier zum Untersuchungsauftrag, bestehe. Demnach könne es offensichtlich von Bedeutung sein, ob ein weiterer Sachverständiger - neben dem bereits angehörten Prof. Dr. Drosten - dieselbe Ansicht vertrete oder welche Datenerhebung während einer Pandemie von einem anderen Experten als möglich und notwendig erachtet werde. Daraus ließen sich Schlussfolgerungen zu der politischen Entscheidungsfindung ziehen, insbesondere durch die (ggf. einseitige) Beratung oder die (ggf. einseitige) Entscheidungsgrundlage, die eine Bewertung der politischen Verantwortung erst zuließe. Im Rahmen der Bewertungsaufgabe der politischen Verantwortung des Untersuchungsausschusses könne es angemessen sein, mehrere Sachverständige und Zeugen anzuhören, um die Thematik und die Problematiken erst zu durchdringen, die Aussagen gegenüberzustellen und Widersprüche zu erkennen. Der Beweisantrag liege auch im Rahmen des Untersuchungsauftrags. Es sei nicht ersichtlich, weshalb alternative Verfahren zur Prognoseermittlung allein auf Bundesebene Sinn ergeben könnten und nicht auch auf Landesebene hätten angewendet oder von der Landesebene aus hätten forciert werden können.

4. Des Weiteren sei auch die Ablehnung von BA114 zu Unrecht erfolgt. Der Beweisantrag liege im Rahmen der Untersuchungskompetenz des Antragsgegners. Der Untersuchungsgegenstand sei so allgemein formuliert, dass hierunter auch der Beweisantrag BA114 gefasst werden könne. Hierdurch könne bewertet werden, welche Auswirkungen das mehrfache Berufen des Ministerpräsidenten auf die „Bilder von Bergamo“ auf die Bürger gehabt habe; insbesondere in sozialer, gesellschaftlicher oder gar „(psychischer) gesundheitlicher“ Hinsicht. Die Antragsteller verweisen diesbezüglich auf die Diskussion zur Zulässigkeit des sog. staatlichen Nudgings. Darüber hinaus könnten der qualifizierten Ausschussminderheit allgemein auf Aufklärung gerichtete Beweisanträge nicht vorenthalten werden, wenn der Landtag einen allgemein auf „Aufklärung“ gerichteten Untersuchungsausschuss einsetze. Der beschlossene Untersuchungsgegenstand und der Untersuchungsauftrag seien von ihrem Wortlaut ausgehend zudem nicht restriktiv auszulegen. Bereits der Name des Untersuchungsausschusses, aber auch der Untersuchungsgegenstand unter Ziffer A. I. bestimmten die Aufklärung der Regierungstätigkeit „im Rahmen ihrer Krisenpolitik im Zusammenhang“ mit der Pandemie. Es solle nicht lediglich über konkret vorformulierte Beweistatsachen Beweis erhoben werden. Der beschlossene Wortlaut des Untersuchungsgegenstands spreche mehrfach davon, dass der Untersuchungsausschuss „umfassend aufklären“ und „insbesondere“ die dort genannten Fragen beantworten solle. Darunter falle BA114. Die Beweiserhebung könne als Grundlage dafür dienen, welche Auswirkungen und Schlussfolgerungen aus der Zugrundelegung von Bildern als Grundlage für politische Entscheidungen - hier während der SARS-CoV-2-Pandemie - zu bewerten seien. Ferner erscheine es auch offen widersprüchlich, dass eine zu erweisende Tatsache für den Untersuchungsgegenstand ohne Bedeutung sein solle, aber zugleich bereits eine Anhörung zu dieser Beweistatsache erfolgt sei und die Beweistatsache aufgrund dieser Anhörungen erwiesen sei.

5. Darüber hinaus hätte der Antragsgegner auch nicht mehrheitlich den Beweisantrag BA115 ablehnen dürfen, denn dieser liege innerhalb des Auftrags des Untersuchungsausschusses und sei für das Untersuchungsergebnis von Belang. Durch die Zeugenvernehmung bestehe die Möglichkeit, dass eine Bewertung der gegebenenfalls zum Teil unzulänglichen (Daten-)Grundlage vorgenommen werden könne. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zu Frage 1 sowie zu Frage 4 des Einsetzungsbeschlusses. Durch die Begründung des Beweisantrags, wonach von der Zeugin Angaben dazu erwartet werden könnten, in welchem Zusammenhang die vom Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg bei den Entscheidungen zu Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 berücksichtigten „Bilder von Bergamo“ mit der Corona-Pandemie gestanden hätten, werde nicht nur Bezug auf eine vorherige - unstreitig innerhalb des Auftrags des Untersuchungsausschuss liegende - Anhörung genommen, sondern zugleich auch auf den Untersuchungsgegenstand (vgl. Aufgabenfeld des Untersuchungsausschusses Ziffer 1., Ziffer 3., Ziffer 4, Ziffer 6) sowie zu Frage 1 des Fragenkomplexes 1. Das Beweisziel ergebe sich demnach schon aus diesen Bezugnahmen. Es sei durchaus von Belang, ob die „Bilder von Bergamo“ die tatsächlichen Vorkommnisse darstellten. Inwieweit die angenommene Lage der tatsächlichen, objektiven Sachlage entspreche, sei für eine (politische) Bewertung grundlegend. Insbesondere seien die Bilder - auch ausweislich der Anhörung des Ministerpräsidenten - zumindest (teilweise) ein Motiv von Belang für die Abwägungsentscheidung, wenn auch nicht ausschließlich. Jedenfalls sei es nicht so, dass die beantragte Beweiserhebung „offensichtlich nicht im Rahmen des Untersuchungsauftrags“ liege. Setze der Landtag einen allgemein auf „Aufklärung“ gerichteten Untersuchungsausschuss ein, könnten der qualifizierten Ausschussminderheit entsprechend allgemein auf Aufklärung gerichtete Beweisanträge nicht vorenthalten werden. Soweit ausführlich unter Vorwegnahme der Zeugenvernehmung der im Beweisantrag benannten Zeugin dargelegt werde, weswegen eine Anhörung entbehrlich sei, handele es sich um eine unzulässige Antizipation des Beweisergebnisses. Inwieweit neue Erkenntnisse erlangt werden könnten, könne ohne vorherige Anhörung nicht vorhergesagt werden.

6. Der Antragsgegner habe auch den Beweisantrag BA117 zu Unrecht als unzulässig abgelehnt. Es sei bereits widersprüchlich, wenn einerseits dargelegt werde, dass sich die vom Beweisantrag umfassten Tatsachen nicht speziell an den Ministerpräsidenten richten könnten und andererseits vorgetragen werde, dass der Ministerpräsident bereits aufgrund eines ähnlichen Beweisbeschlusses (deutungsfähig) zu diesen Tatsachen Stellung habe nehmen können. Offensichtlich sei der Ministerpräsident also doch möglicher Zeuge für die umfassten Tatsachen. Soweit die Ablehnung damit begründet werde, der Antrag sei unbestimmt, weil es aufgrund der Vielzahl von Zeugen und Sachverständigen, die bisher vernommen worden seien, nicht mehr ausreiche, wenn ins Blaue hinein behauptet würde, „der Ministerpräsident hatte sich insoweit nicht zu den Abwägungsprozessen hinsichtlich der sodann ergriffenen Maßnahmen geäußert“ und aus diesem Grunde eine vertiefte Begründungstiefe nötig sei, könne dem entgegnet werden, dass es irrelevant sei, ob der Zeuge bereits zuvor vernommen worden sei, solange die streitgegenständliche Tatsache des Beweisantrags noch nicht beantwortet worden sei. Zugestimmt werden könne insoweit den Ausführungen, dass die Wiederholung einer schon beantworteten Frage grundsätzlich nicht zur Aufklärung beitragen könne. Für den Zeugenbeweis, der ohnehin ausschließlich zur Aufklärung von Tatsachen geeignet sei, werde man in tatsächlicher Hinsicht ein Mindestmaß an Konkretisierung verlangen können, damit der Zeuge in die Lage versetzt werde, zu erkennen, zu welchem Tatsachenkomplex er vernommen werden solle, und damit beurteilt werden könne, ob gestellte Fragen zum Beweisthema gehörten. Anderes gelte, wenn die erneute Frage, wie hier, dazu diene, Widersprüche aufzuklären, zusätzliche Details zu erfragen oder zu klären, ob eine allgemein getätigte Aussage auch einen noch nicht erörterten Einzelfall betreffe. Ein durchschnittlicher Zeuge könne hier aus dem Beweisantrag erkennen, zu welchen konkreten Tatsachen(komplexen) er sich äußern solle. Im Übrigen begründe das Recht der Einsetzungsminderheit nicht nur einen Anspruch auf Beweiserhebung als solche, sondern dieses Recht umfasse auch grundsätzlich einen Anspruch auf Fortsetzung einer Beweiserhebung. Entgegen der Ablehnungsbegründung sei die Beweistatsache auch noch nicht endgültig bewiesen. Der Beweisantrag selbst führe hierzu aus, dass „der erneuten Zeugenvernehmung des Ministerpräsidenten (…) insofern eine abschließende Bedeutung (…) zukomme“ und somit der Ministerpräsident als Zeuge abschließend bezüglich der verschiedenen Beweistatsachen mit den bisherigen Anhörungen vertieft konfrontiert werden solle. Dies entspreche gerade dem Zweck des Untersuchungsausschusses, welcher keine Schuldfrage absolut klären, sondern eine politische Bewertung der Regierungstätigkeit ermöglichen solle und auf die Aufklärung eines politisch interessierenden und politisch zu bewertenden Sachverhalts bzw. von politischen Verantwortlichkeiten gerichtet sei. Aus diesem Grund seien die Ausführungen zu vorhergehenden Anhörungen - insbesondere anderer Zeugen - sowie die Berichte der Landesregierung zu den Themenkomplexen 1 und 2 irrelevant, da es sich hier um eine erweiterte politische Konfrontation, unter Beachtung der im Untersuchungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse, handele. Aus dem Beweisantrag ergebe sich bereits, dass Widersprüche zwischen vorherigen Anhörungen des Ministerpräsidenten und verschiedenen Zeugenanhörungen (u. a. der Ministerin Britta Ernst) bestünden. Soweit behauptet werde, dass es nicht ausreiche, das Schlagwort „Digitalisierungsstrategie“ in den Raum zu werfen, da hiermit auch das umfassende und seit Jahren verfolgte Projekt der Landesregierung gemeint sein könne, gehe dies offensichtlich fehl, weil aus der Begründung gleichsam hervorgehe, dass offensichtlich die Digitalisierungsstrategie im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie gemeint sei - wie auch die Ablehnungsbegründung überwiegend zu Recht annehme.

7. Zuletzt sei auch die Ablehnung des Beweisantrags BA118 rechtswidrig gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit ein Professor für Biostatistik kein geeigneter Sachverständiger bezüglich Daten und statistischer Zusammenhänge sein könne. Prof. Dr. N. habe offensichtlich Kenntnisse in Statistik sowie über die hier notwendigen biologischen Zusammenhänge. Die weitere Behauptung, dass die Tatsachen bereits bewiesen seien, sei wiederum eine unzulässige Vorwegnahme des beantragten Beweises. Es könne nicht vorhergesagt werden, wie sich der Sachverständige äußere, ob er den bisherigen Sachverständigen zustimme oder eine andere Sichtweise offenbare. Aus diesem Grund entfalte der Beweisantrag auch Bedeutung für das Untersuchungsergebnis. Die Ablehnungsbegründung beziehe sich überwiegend auf die Tatsache, dass „repräsentative Stichproben im untersuchungsrelevanten Zeitraum zwar wünschenswert gewesen wären, sie jedoch nicht realisiert werden konnten“. Der Beweisantrag beziehe sich jedoch nicht darauf, sondern allgemein auf die Belastbarkeit der zugrunde gelegten Daten. Entgegen der Begründung des Antragsgegners handele es sich auch nicht um einen Beweisantrag außerhalb des Untersuchungsauftrags, der darauf abziele, die auf Bundesebene getroffenen Prognosen, die nicht im Verantwortungsbereich der Landesregierung lägen, in Frage zu stellen. Der Antrag beziehe sich allein auf die Tätigkeit der Landesregierung Brandenburgs und habe direkten Bezug zu den im Einsetzungsbeschluss benannten Fragen. Der Antragsgegner habe den ihm bei der Auslegung des Untersuchungsauftrags eröffneten Wertungsrahmen überschritten. Die Ausführungen des Sachverständigen seien zuletzt auch nicht, wie die Ausschussmehrheit andeute, unzulässig, weil sie die eigene Bewertung durch den Untersuchungsausschuss ersetze. Sie könnten für diese dem Untersuchungsausschuss obliegende Wertung eine Grundlage bilden, dessen Wertung jedoch nicht ersetzen.

Die Antragsteller beantragen festzustellen, dass

1.    der Beschluss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 zum Beweisantrag BA110 gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstößt,

2.    der Beschluss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 zum Beweisantrag BA111 gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstößt,

3.    der Beschluss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 zum Beweisantrag BA113 gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstößt,

4.    der Beschluss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 zum Beweisantrag BA114 gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstößt,

5.    der Beschluss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 zum Beweisantrag BA115 gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstößt,

6.    der Beschluss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 zum Beweisantrag BA117 gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstößt,

7.    der Beschluss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 13. Mai 2022 zum Beweisantrag BA118 gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstößt.

IV.

Der Antragsgegner erachtet die Anträge im Organstreitverfahren für unbegründet. Zu den streitgegenständlichen Beweisanträgen führt er aus:

1. Der Antragsgegner habe den Beweisantrag BA110 zu Recht abgelehnt. Die völlig offene Bezeichnung des Beweisgegenstands lasse nicht erkennen, was mit dem Beweisantrag konkret intendiert sei. Die berührten Fragestellungen der Teststrategie seien zuvor mehrmals Gegenstand einer Beweisaufnahme gewesen (Beweisanträge BA48 und BA83). Aufgrund der Beweisanträge BA57 und BA92 sei auch die benannte Zeugin bereits am 11. Juni 2021 und am 14. Januar 2022 vernommen worden. Der Beweisantrag lasse in seiner floskelhaften und pauschalen Begründung in keiner Weise erkennen, welche Fragen damals aufgrund der Beweisbeschlüsse nicht hätten gestellt werden können und daher einen erneuten Beweisantrag erforderlich machten. Eine entsprechende Erläuterung sei von den Antragstellern nicht beigebracht worden. Gerade bei einer wiederholten Zeugenvernehmung bedürfe es in besonderem Maße Vorkehrungen, einen Missbrauch durch wiederholte Vernehmungen zu vermeiden, die nicht der Aufklärung von Tatsachen, sondern billigen Vorführeffekten dienten. Da die Zeugin zu dem konkreten Thema bereits ausgesagt habe, seien die einschlägigen Fragen - unbeschadet der Beweiswürdigung, die dem Antragsgegner im Rahmen seines Abschlussberichts obliege - formal als erwiesen zu behandeln. Hierin liege keine vorweggenommene Beweiswürdigung; die erhobenen Beweise würden erst im Abschlussbericht gewürdigt. Es gehe vielmehr um eine sachgerechte Begrenzung der Beweisaufnahme auf das Beweisnotwendige, was auch § 15 Abs. 1 UAG voraussetze und im Übrigen dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Untersuchungsverfahrens diene. Die Gegenansicht der Antragsteller liefe darauf hinaus, dass zur immer gleichen Beweisfrage beliebig oft und mit beliebigen Mitteln wiederholt Beweis erhoben werden müsste, weil eine Minderheit in einem Untersuchungsausschuss ohne substantiierte Begründung behaupte, sie wolle eine Frage noch genauer, noch verlässlicher oder noch umfassender beantwortet sehen. Dieses eingeforderte Recht zur Disziplinlosigkeit liefe offenkundig Art. 72 Abs. 3 LV zuwider. Das Untersuchungsverfahren würde dann funktionslos und jede Aufklärungsarbeit könnte torpediert werden, weil meist eine Seite mit den Ergebnissen einer Beweisaufnahme unzufrieden sein werde und dann solange „Nachschlag" verlange, bis sie etwas zu hören glaube, das ihrem politischen Anliegen entspreche. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Aussagen könnten die Antragsteller daher gegebenenfalls im Rahmen der hiervon unberührt bleibenden Beweiswürdigung näher ausführen. Dies gelte jedenfalls, solange die Antragsteller nicht plausibilisieren könnten, welche anderen Fragen sie noch an die Zeugin stellen möchten. Die Antragsteller seien mit den Erwägungen des Ausschussvorsitzenden konfrontiert worden, der eingehend dargelegt habe, dass die Zeugin zu den einschlägigen Fragen bereits vernommen worden sei. Gleichwohl sei es den Antragstellern nicht gelungen, konkrete Fragen aufzuzeigen, die noch nicht Gegenstand der bisherigen Beweisaufnahmen gewesen seien und denen eine erneute Zeugenvernehmung dienen könnte. Damit sei das Beweismittel zugleich ungeeignet gewesen (§ 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG).

2. Auch der Beweisantrag BA111 sei auf eine unzulässige Beweiserhebung gerichtet gewesen und zu Recht vom Antragsgegner abgelehnt worden. An der Bestimmtheit mangele es dem Beweisantrag, weil er teilweise völlig konturenlose Begriffe verwende, die auch bei konkretisierender Auslegung keiner hinreichend begrenzenden Deutung mehr zugänglich seien. Was etwa „Zahlen“ meine, sei völlig unklar. Praktisch jede empirische Wissenschaft operiere jedenfalls auch mathematisch, kenne also Zahlenwerke. Hier könnten beispielsweise Infektiologie, Biomathematik, Virologie, Epidemiologie, Biophysik, Soziologie, Volkswirtschaftslehre oder Betriebswirtschaftslehre „Zahlen“ liefern, die in irgendeinem Zusammenhang mit der „Teststrategie“ stünden, und sei es nur mit deren betriebswirtschaftlicher Effizienz oder mit deren gesellschaftlicher Repräsentativität. Hier sei schlichtweg nicht erkennbar, was bewiesen werden solle. Erst recht gelte dies für „Stärken“ und „Schwächen“ der Teststrategie. Eine Stärke oder Schwäche sei keine Tatsache, sondern ein Werturteil, das von vornherein nicht dem Beweis zugänglich sei. Entsprechendes gelte für die Zuverlässigkeit, deren Bezugspunkt hier schon unklar bleibe, die aber begrifflich jedenfalls auf eine relationale Bewertung von probabilistisch zu ermittelnden Wahrscheinlichkeiten ziele. Welche Wahrscheinlichkeitsaussagen, die einem Sachverständigenbeweis zugänglich sein könnten, erfasst sein sollen, ergebe sich aus dem Beweisantrag nicht. Die Zuverlässigkeit, die ein normatives Werturteil bilde, sei als solche keine Tatsachenfrage, mithin dem Beweis ebenfalls nicht zugänglich. Sachverständigenbeweis könne lediglich dazu beitragen, Tatsachen aufzuklären, deren Würdigung dann aber dem politischen Prozess - also dem Untersuchungsausschuss - vorbehalten bleiben müsse. Es dränge sich auf, dass der Beweisantrag nur missbräuchlich gestellt worden sei, um irgendwie öffentlich über die Teststrategie zu diskutieren. Das verfehle aber den Zweck eines Untersuchungsverfahrens, das Instrument der Tatsachenermittlung durch Beweiserhebung sei, nicht Vehikel für politische Aussprachen. Dementsprechend sei auch das angebotene Beweismittel nicht plausibel. Die Antragsteller wollten gerne Sachverständigenbeweis durch einen Medizinstatistiker erheben. Wie dessen Expertise dazu beitragen solle, die Zuverlässigkeit einer Teststrategie zu beurteilen, erschließe sich nicht. Es gehe vor allem um Fragen der Virologie, der Infektiologie und der Immunologie einschließlich der dazugehörenden Verfahren der Bioanalytik. Biostatistik könne erst auf vorhandene Daten aufsatteln, aber nichts dazu beitragen, inwiefern die Methoden der Erhebung der Daten naturwissenschaftlich hinreichend verlässlich seien. Dass der von den Antragstellern angebotene Sachverständige in einem Forschungsnetzwerk tätig gewesen sei, aus dem „Übersichtsarbeiten“ zu evidenzbasierter Medizin hervorgegangen sein mögen, vermittele dem Betroffenen noch nicht selbst Expertise zu dem gegenständlichen Beweisthema, zumal ein Forschungsnetzwerk gerade auf interdisziplinärer Arbeitsteilung gründe.

3. Gleiches gelte für die Ablehnung des Beweisantrags BA113. Der Beweisantrag lasse nicht erkennen, was bewiesen werden solle. „Entwicklungen" und „Auswirkungen“ seien jeweils völlig unbestimmt. Wessen Entwicklung und welche Auswirkungen auf was sachverständig begutachtet werden sollten, bleibe im Diffusen. Von quantitativen Infektionszahlen über die Ansteckungsquellen und -orte oder die Mortalität bis hin zu den Belastungen des Gesundheitssystems könne sehr Unterschiedliches gemeint sein. Auch der zur Aufklärung erforderliche Sachverstand sei entsprechend verschieden. Zugleich sei nicht klar, was mit „valide" gemeint sei. Probabilistische Wahrscheinlichkeitsurteile seien nie „valide" im Sinne von gültig. Sie könnten nur relational Wahrscheinlichkeiten ausweisen. Welche Wahrscheinlichkeiten man als hinreichend erachte, eine Maßnahme zu ergreifen (etwa deren Verhältnismäßigkeit zu begründen oder Ressourceneinsatz zu rechtfertigen), sei keine Tat-, sondern eine normative Wertungsfrage, die aber von vornherein nicht dem Beweis zugänglich sei. Insoweit bleibe auch hier völlig unklar, was letztlich bewiesen werden solle. Selbst wenn man den Beweisantrag mit Blick auf die Begründung insoweit noch für hinreichend deutungsfähig halten wolle, dass es im Wesentlichen um Zufallsstichproben und deren Bedeutung für die Modelle gehen solle, auf die Prognosen des Pandemieverlaufs gestützt würden, bliebe die Beweisaufnahme unzulässig. Denn hierüber sei bereits Beweis erhoben worden, namentlich durch den Sachverständigen Prof. Dr. Drosten und die Zeugin Nonnemacher, wie vom Vorsitzenden des Antragsgegners eingehend dargelegt worden sei. Die Antragsteller hätten Gelegenheit gehabt, durch Fragen an den Sachverständigen oder die Zeugin auf die Beweisaufnahme einzuwirken. Was durch die damalige Beweisaufnahme nicht bewiesen worden sei oder welchen ergänzenden Wert weiterer Sachverständigenbeweis haben solle, werde aus dem Beweisantrag heraus nicht erkennbar. In der Sache - so müsse vermutet werden - möchten die Antragsteller letztlich einen anderen Sachverständigen zu einer Frage, über die bereits Beweis erhoben worden sei. Dieses Recht vermittele ihnen aber weder die Landesverfassung noch das Untersuchungsausschussrecht. Dass die Auswahl der Sachverständigen und Zeugen zu dem maßgeblichen Beweisthema durch die Mehrheit fehlerhaft erfolgt sei, hätten die Antragsteller nicht plausibel geltend gemacht. Schließlich sei der benannte Sachverständige kein geeignetes Beweismittel. Es sei nicht nachvollziehbar, wie sich ein Wirtschaftsmathematiker qualifiziert als Sachverständiger zu einer Datenerhebung äußern solle, die ein von infektionsepidemiologischen, virologischen, biophysikalischen und immunologischen Vorfragen determiniertes Pandemiegeschehen prognostizierbar machen sollten. Die vom Antragsgegner nicht bestrittene Expertise für „formal-mathematische Modellierung" und in „empirischer Analyse" sei hierfür offenkundig unzureichend. Inwiefern ein rein mathematischer Zugang dazu beitragen könne, die hier gegenständlichen biomathematischen und epidemiologischen Tatsachen aufzuhellen, sei von den Antragstellern zu keiner Zeit nachvollziehbar dargetan worden. Sollte es den Antragstellern um die mit der Datenerhebung verbundenen Rechtsfragen (etwa der Kooperation des Landes mit dem RKI) gehen, die namentlich durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sowie das Datenschutzrecht determiniert würden, sei der Beweisantrag seiner Formulierung nach nicht hierauf gerichtet und das Beweismittel hierfür erst recht ungeeignet.

4. Des Weiteren sei auch der Beweisantrag BA114 auf eine unzulässige Beweiserhebung gerichtet gewesen. Die aufgeworfene Frage liege offenkundig außerhalb des Untersuchungszwecks, weil es in dem Beweisantrag nicht um die von der Landesregierung zu verantwortenden Maßnahmen der Pandemiebekämpfung und des Gesundheitsschutzes gehe, sondern letztlich (vermutlich) um sozialpsychologische Beweggründe, über die allenfalls spekuliert werden könne. Gegenstand des Untersuchungsauftrags sei die sachliche Rechtfertigung der ergriffenen Maßnahmen, nicht etwaige emotionale Begleitumstände bei der Entscheidungsfindung durch die Regierung. Der Beweisantrag bleibe zudem völlig unbestimmt und lasse dadurch nicht erkennen, was aus einer - unterstellt möglichen - Beweisaufnahme für den Untersuchungsauftrag folgen solle. Unterstellt, der Topos des zeitgeschichtlichen Ereignisses wäre hinreichend eingrenzbar, so sei nicht nachvollziehbar, was die Antragsteller mit diesem Antrag beweisen wollten. Es sei nicht ermittelbar, was mit Wirkungen und was mit Bildern gemeint sei. Visuelle Darstellungen hätten ganz unterschiedliche Auswirkungen physikalischer, sozialer, psychologischer oder biologischer Provenienz. Auch die Begründung des Beweisantrags lasse nicht erkennen, was genau hiermit gemeint sei. Wenn es darum gehe, dass Bilder zum Anlass für politische Handlungen genommen würden, sei nicht nachvollziehbar, was damit bewiesen werden solle. Natürlich könnten Bilder - wie auch andere Formen der Kommunikation, z. B. Zeitungsartikel, Plakate, Bücher oder Reden - Inhalte vermitteln, die sich politisieren ließen. Das sei denkbar trivial und keiner sinnvollen Beweisführung zugänglich. Wenn die Antragsteller andere Formen visueller Beeinflussung von Verhalten meinen sollten (z. B. sozialpsychologische Verhaltenssteuerung), hätten sie dies jedenfalls nicht deutlich gemacht und auch nicht durch die Fassung des Beweisantrags eingegrenzt. Soweit die Antragsteller nunmehr vortrügen, es ginge um den Einsatz gezielten Nudgings, um Verhalten zu steuern, sei dies schon deshalb unerheblich, weil diese Konkretisierung dem Beweisantrag auch bei wohlwollender Auslegung nicht zu entnehmen gewesen sei und erstmals in der Antragsschrift auftauche. Welche Folgerungen sich für den Untersuchungsgegenstand aus den aufgeworfenen Fragen ergeben sollten, bleibe im Übrigen rätselhaft. Etwaige Zusammenhänge müssten spekulativ bleiben. Wenn die Landesregierung eine sachlich gerechtfertigte und auf naturwissenschaftlich-medizinische Prognose gestützte Maßnahme getroffen habe, sei es unerheblich, ob einzelne Mitglieder der Regierung damit auch persönlich Sorgen und Ängste verbunden hätten, die auch auf der Wahrnehmung von Bildberichterstattung beruht haben mögen. Die Rechtfertigung von Politik etwa daran bemessen zu wollen, ob sich ein Ministerpräsident über Fachinformationen aus seinem Haus hinaus eher aus Tageszeitungen oder aus Fernsehsendungen oder aus beidem informiere, sei absurd und offenkundig keine dem Beweis zugängliche Frage. Hier werde ein vorgeschobenes Beweisthema formuliert, das kein plausibles Beweisziel habe, aber eine Befassung des Antragsgegners ins Blaue hinein anstoßen solle, um suggestiv bizarre Mythen am Leben zu halten, die Pandemiemaßnahmen gründeten auf irrationaler Emotionalisierung durch Bildberichterstattung. Das wäre dann objektiver Missbrauch des Beweisantragsrechts. Lediglich ergänzend sei anzumerken, dass die von den Antragstellern benannte Kunsthistorikerin zwar zu Fragen von „Bildkulturen“ geforscht habe, aber von vornherein ungeeignet sei, hier vermutlich im Mittelpunkt stehende Fragen der Sozialpsychologie oder der Verhaltenssteuerung sachverständig zu beurteilen. Dass es den Antragstellern nicht gelinge, zu ihrem unplausiblen Beweisthema eine geeignete Sachverständige zu benennen, sei kein Zufall. Es gehe eben um keine dem Beweis mit wissenschaftlichen Methoden zugängliche Tatsachenfrage, zu deren Beantwortung wissenschaftliche Expertise zur Verfügung stehe. Im Übrigen brächen hier Widersprüche auf, wenn die Antragsteller nunmehr behaupteten, sie wollten eigentlich nur mögliches Nudging untersuchen, für das aber eine Kunsthistorikerin ganz offenkundig und erst recht nicht über Expertise verfüge.

5. Darüber hinaus sei auch der Beweisantrag BA115 auf eine unzulässige Beweiserhebung gerichtet gewesen. Der Antragsgegner nimmt diesbezüglich Bezug auf seine Ausführungen zur Irrelevanz des Beweisthemas von BA114 und trägt ergänzend vor, eine Mitarbeiterin des M. könne von vornherein keine Zeugin dafür sein, welche Zusammenhänge zwischen vermeintlich von der Landesregierung „berücksichtigten (?)“ Bildern einerseits und der Pandemie bestünden. Die Mitarbeiterin habe offenkundig keinen Einblick in die Willensbildung der Landesregierung von Brandenburg. Es sei nicht nachvollziehbar, wie - jenseits des Umstands, dass Erscheinungen der Pandemie abgebildet werden sollten - ein Zusammenhang zwischen medienwirksamen Bildern (soziale Kommunikation) und der Pandemie (biologisch-kausales Geschehen) bestehen solle. Selbst wenn man unterstellte, die als Zeugin benannte Mitarbeiterin könne als Journalistin aufgrund ihrer Recherchearbeit etwas zu Quelle und Hintergrund der Bilder sagen, die im Kontext der Pandemie der besonders betroffenen Region Bergamo zugeordnet würden, sei nicht erkennbar, was hieraus für den Untersuchungsauftrag folgen solle. Der Antragsgegner habe den Auftrag, das Handeln der Landesregierung zu kontrollieren, indem es deren Maßnahmen der Pandemiepolitik sowie deren Rechtfertigung untersuche. Die Frage der Herkunft und der abgebildeten Inhalte, die von Presse und Fernsehen gezeigt würden, stehe damit in keinem erkennbaren Zusammenhang.

6. Der Antragsgegner habe auch den Beweisantrag BA117 zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil die Tatsachen, die erwiesen werden sollen, bereits als erwiesen feststünden (§ 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG). Der Ministerpräsident des Landes Brandenburg Dr. Woidke sei bereits aufgrund des Beweisbeschlusses B47 am 23. April 2021 vom Antragsgegner als Zeuge vernommen worden. Die Fragen des Beweisantrags BA117 seien inhaltsgleich mit den Fragen des damals zugrundeliegenden Beweisbeschlusses B47. Der Zeuge habe zu den Fragen ausgiebig ausgesagt. Thematische Lücken seien nicht erkennbar und auch von den Antragstellern nicht dargelegt. Das habe der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses in seinem vorbereitenden Memorandum vom 12. Mai 2022 den Antragstellern auch synoptisch aufgeschlüsselt sowie ergänzend inhaltlich detailliert entgegengehalten, ohne dass sich letztere durch diese Konfrontation zu einer Klarstellung oder Präzisierung eines abweichenden Ziels der Zeugenvernehmung veranlasst gesehen hätten. Die Antragsteller hätten seinerzeit Gelegenheit gehabt, sämtliche Fragen an den Zeugen zu stellen, die ihnen wichtig erschienen seien. Der Untersuchungszeitraum habe vor der Zeugenvernehmung geendet, sodass auch keine neuen Tatsachen hätten hinzukommen können, über die der Zeuge hätte aussagen können. Fehler in der damaligen Beweisaufnahme, die die Mitglieder des Antragsgegners daran gehindert hätten, den Zeugen ordnungsgemäß zu befragen, machten nicht einmal die Antragsteller geltend. Auf eine Wiederholung der Zeugenvernehmung hätten die Antragsteller keinen Anspruch. Soweit damit das Vernehmungsrecht auch für die Antragsteller „verbraucht“ sei, liege die Entscheidung, einen Zeugen erneut zu vernehmen, um die Beweisaufnahme zu vertiefen, als Verfahrensmodalität allein in der Hand des Ausschusses und damit seiner Mehrheit. Dass eine erneute Vernehmung notwendig wäre, um Widersprüche aufzuklären oder zusätzliche Details aufzuklären, hätten die Antragsteller in keiner Weise dargetan. Sie wären im Übrigen in diesem Rahmen auch verpflichtet, substantiiert darzulegen, was sie gehindert haben sollte, diese Fragen bei der ersten und ausführlichen Zeugenvernehmung zu stellen. Es entstehe der Eindruck, man wolle prominente Zeugen mehrmals befragen, um künstlich öffentliche Aufmerksamkeit für die eigenen politischen Anliegen zu generieren, und hoffe darauf, bei mehrmaliger Zeugenvernehmung in zeitlich gestreckten Abständen auf vermeintliche Widersprüche oder Inkohärenzen zu stoßen. Das sei ein Missbrauch des Beweisantragsrechts zu beweisfremden Zwecken. Im Übrigen sei der Antragsgegner hier an einer Zeugenvernehmung auch deshalb gehindert, weil die Zeugenladung Ausübung öffentlicher Gewalt und ein Grundrechtseingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Zeugen sei, der nur aufgrund einer sachlichen Rechtfertigung verpflichtet werden könne und aussagen müsse. Eine Plauderstunde, die eine mit Blick auf seine Person längst abgeschlossene Vernehmung zur schlichten Unterhaltung der Antragsteller fortsetzen möchte, sei kein rechtlich tragfähiger Grund für eine Zeugenladung. Mangelnde Professionalität bei der konzentrierten Vorbereitung der Zeugenvernehmung durch die Antragsteller könne nicht zu Lasten aussagebereiter Zeugen gehen, die nicht auf Abruf bereitstehen müssten, um immer wieder Fragen zum gleichen Themenkomplex zu beantworten, bis die Antragsteller persönlich zufrieden seien. Das in das Beweisthema einbezogene Projekt der Digitalisierungsstrategie des Landes sei schon Jahre vor Ausbruch der Pandemie verfolgt worden, habe auch mit den Pandemiemaßnahmen unmittelbar nichts zu tun und liege daher offenkundig außerhalb des Untersuchungsauftrags. Dass sich der Stand der Digitalisierung mittelbar auch auf die Leistungsfähigkeit der Verwaltungs- und Versorgungsstrukturen in der Pandemie ausgewirkt haben möge, verleihe dem Thema keinen spezifischen Untersuchungsbezug.

7. Zuletzt habe der Antragsgegner auch den Beweisantrag BA118 als unzulässig ablehnen dürfen, da auch dieses Beweisthema unter einer unzureichenden Bestimmtheit leide. Ob Daten „belastbar" seien, sei keine Tatsachenfrage, sondern ein Werturteil, das bei den - hier allein in Betracht zu ziehenden - probabilistischen Risikobeurteilungen voraussetze, normativ einen Wahrscheinlichkeitsgrad zu bestimmen, den man z. B. als Gradmesser für das Risiko oder als hinreichende Erfolgschance für eine Maßnahme akzeptiere. Das könne unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch rechtlich prädeterminiert sein, sei im Übrigen aber eine Frage gesellschaftlich-politischer Risikoabwägung. Eine Tatfrage, die dem Beweis zugänglich wäre, werde hieraus aber nicht. Die Verantwortung für die politische Bestimmung einer angemessenen Risikoschwelle lasse sich daher auch nicht auf Sachverständige delegieren. Den Antragstellern stehe es vielmehr frei, aus den Ergebnissen der Beweisaufnahme selbst politische Schlüsse zu ziehen. Über die dem Beweisantrag wohl zugrundeliegenden Tatsachenfragen, unter welchen Voraussetzungen repräsentative Stichproben im untersuchungsrelevanten Zeitraum hätten realisiert werden und zu verlässlicheren Datengrundlagen hätten beitragen können, sei bereits eingehend Beweis erhoben worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Drosten sei hierzu angehört worden und habe sich zu den Fragen ausführlich sowie unmissverständlich geäußert. Er habe dargelegt, dass solche Stichproben aus seiner Sicht zwar wünschenswert gewesen wären, sie jedoch seinerzeit nicht hätten realisiert werden können. Damit seien die Antragsteller durch den Vorsitzenden des Antragsgegners durch das vorbereitende Memorandum vom 12. Mai 2022 auch konfrontiert worden. Gleichwohl sei es nicht gelungen, plausibel darzulegen, welche Beweisfrage hierbei noch offengeblieben sei, zu der sie seinerzeit keine Fragen hätten stellen können. Eine Untersuchungsrelevanz einer zusätzlichen Hinzuziehung eines Biostatistikers als Sachverständigen lasse der Beweisantrag nicht erkennen. Schließlich sei schlichtweg nicht nachvollziehbar, wie der von den Antragstellern als Sachverständiger benannte Biostatistiker geeignete Expertise haben solle, um zu beurteilen, inwiefern die in Rede stehenden Stichprobentests praktikabel durchführbar seien und zu verlässlicheren Aussagen führten oder nicht. Die dazu notwendigen infektionsepidemiologischen, labordiagnostischen und virologischen Kenntnisse ließen sich insoweit nicht ersetzen. Eine spezifisch biostatistische Tatsachenfrage, die dem Beweis zugänglich wäre und von dem benannten Sachverständigen beantwortet werden könne, hätten die Antragsteller weder durch den Tenor noch durch die Begründung des Beweisantrags nachvollziehbar formuliert.

V.

Der Landtag Brandenburg und die Landesregierung Brandenburg haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

B.

I.

Die die Beschlüsse des Antragsgegners vom 13. Mai 2022 zu den Beweisanträgen BA110, BA113, BA117 und BA118 betreffenden Anträge zu 1., 3., 6. und 7. sind unzulässig. Im Übrigen sind die Anträge im Organstreitverfahren zulässig.

Gemäß Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) entscheidet das Verfassungsgericht über die Auslegung der Landesverfassung aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch diese Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind.

1. Die Antragsteller und der Antragsgegner sind beteiligtenfähig im Sinne von Art. 113 Nr. 1 LV, § 12 Nr. 1, § 35 VerfGGBbg (st. Rspr., vgl. z. B. Urteil vom 16. Oktober 2003 ‌‑ VfGBbg 95/02 ‑‌, und Beschluss vom 19. Februar 2009 ‌‑ VfGBbg 44/08 ‑;‌ für die Fraktion vgl. zuletzt Beschluss vom 20. Januar 2023 ‌‑ VfGBbg 67/21 -, Rn. 32, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Die Verfahrensbeteiligten sind prozessführungsbefugt; die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 1. folgt unmittelbar aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV, die Antragstellerin zu 2. kann als ständige Gliederung des Landtags grundsätzlich die diesem zustehenden Kontrollrechte prozessstandschaftlich wahrnehmen, soweit - wie vorliegend - die Möglichkeit einer Verletzung des Rechts des Landtags auf ordnungsgemäße Durchführung des Untersuchungsauftrags durch eine Verletzung des Beweisantragsrechts der qualifizierten Minderheit im Untersuchungsausschuss durch die Ausschussmehrheit besteht (vgl. Beschluss vom 20. Januar 2023 - VfGBbg 67/21 -, Rn. 34 ff., https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Ihrer Konfrontationsobliegenheit - als Ausfluss des Rechtsschutzbedürfnisses - sind die Antragsteller vor Anhängigmachung eines Organstreitverfahrens nachgekommen, indem die Antragsteller zu 1. vor Anrufung des Verfassungsgerichts mit Schreiben vom 17. Juni 2022 die Ablehnung der Beweisanträge BA110, BA111, BA113, BA114, BA115, BA117 und BA118 zunächst gegenüber dem Antragsgegner gerügt haben.

Auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller ist gegeben. Dass die Antragsteller zu 1. es unterlassen haben, die streitgegenständlichen Beweisanträge nach der ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners vom 13. Mai 2022 „nachzubessern“ und erneut einzubringen, steht dem nicht entgegen. Die Antragsteller zu 1. machen eine Verletzung ihres Beweiserhebungsrechts aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV geltend, die Antragstellerin zu 2. rügt die Verletzung des Beweiserhebungsrechts der Antragsteller zu 1. sowie die Verletzung des Rechts des Landtags auf ordnungsgemäße Durchführung des Untersuchungsauftrags durch den Antragsgegner. Die insoweit im Organstreit begehrte Klärung des Minderheitenschutzes im Rahmen einer Beweiserhebung gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV kann in Bezug auf die Beweisanträge BA110, BA111, BA113, BA114, BA115, BA117 und BA118 nicht dadurch erreicht werden, dass die Antragsteller zu 1. auf die Möglichkeit verwiesen werden, auf Bedenken des Antragsgegners einzugehen und ihre Beweisanträge nachzubessern. Dies stellt keinen einfacheren Weg zur Durchsetzung der von den Antragstellern geltend gemachten Rechte als den des Organstreitverfahrens dar, sondern ein „aliud“.

2. Die Anträge zu 1., 3., 6. und 7. genügen jedoch nicht den Begründungsanforderungen der § 20 Abs. 1, § 36 Abs. 1, Abs. 2 VerfGGBbg. In Bezug auf die Anträge zu 2., 4. und 5., die die Ablehnung der Beweisanträge BA111, BA114 und BA115 zum Gegenstand haben, sind die Begründungsanforderungen erfüllt.

Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg sind Anträge, die das Verfahren einleiten, zu begründen. Die Norm beansprucht als allgemeine Verfahrensvorschrift auch im Organstreitverfahren Geltung (vgl. z. B. Urteile vom 19. Februar 2016 ‌‑ VfGBbg 57/15 -‌, und vom 22. Juli 2016 ‌‑ VfGBbg 70/15 -‌, zuletzt: Beschluss vom 20. Januar 2023 ‌‑ VfGBbg 67/21 -, Rn. 46, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; zu § 23 Abs. 1 BVerfGG: vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Oktober 1968 ‌‑ 2 BvE 2/67 ‑‌, BVerfGE 24, 252‑259, Rn. 29, juris). Der Antrag im Organstreitverfahren ist gemäß § 36 Abs. 1 VerfGGBbg nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Die Bestimmung der Verfassung, gegen die durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners verstoßen wird, ist nach § 36 Abs. 2 VerfGGBbg zu bezeichnen. Über die bloße Bezeichnung der Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus ist auch im Organstreitverfahren eine nähere Substantiierung der Begründung der behaupteten Rechtsverletzung erforderlich (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Oktober 1968 ‌‑ 2 BvE 2/67 ‑‌, BVerfGE 24, 252‑259, Rn. 29, juris). Gefordert ist dabei eine Begründung, welche die mögliche Verletzung der Rechte der Antragsteller aufzeigt und die dem Antragsgegner zugeordnete rechtserhebliche Maßnahme benennt. Mit der Begründung müssen neben einem substantiierten Vortrag des entscheidungserheblichen Sachverhalts die wesentlichen rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen (vgl. Beschluss vom 21. September 2019 ‌‑ VfGBbg 58/18 ‑‌, Urteile vom 22. Juli 2016 ‌‌‑ VfGBbg 70/15 ‑‌, und vom 19. Februar 2016 ‌‑ VfGBbg 57/15 ‑‌, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Hierzu muss der Vortrag des Antragstellers die Verletzung der geltend gemachten verfassungsmäßigen Rechte schlüssig darlegen und als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 ‌‑ 2 BvR 2436/10, 2 BvE 6/08 ‑‌, BVerfGE 134, 141‑202, 195, Rn. 161 m. w. N., juris). Erforderlich ist eine Auseinandersetzung mit den von dem Organstreitverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen. Der Antragsteller darf sich nicht auf den Gedanken des iura novit curia zurückziehen (vgl. Urteil vom 19. Februar 2016 ‌‑ VfGBbg 57/15 -, m. w. N.‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

a. Dies zugrunde gelegt, haben die Antragsteller die Möglichkeit einer Verletzung ihrer Rechte durch die Ablehnung des Beweisantrags BA110 nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt.

Sie rügen zunächst, der Antragsgegner habe durch die Ablehnung des Beweisantrags BA110, der auf die (erneute) Zeugenvernehmung der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Frau Nonnemacher, gerichtet war, gegen ihr verfassungsmäßig gewährleistetes Beweiserhebungsrecht aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstoßen.

Art. 72 Abs. 3 LV verleiht den Untersuchungsausschüssen die hoheitliche Befugnis, zur Durchführung des Untersuchungsauftrags Beweise zu erheben, insbesondere auch durch eine Zeugenvernehmung, vgl. Art. 72 Abs. 5 LV i. V. m. §§ 17 ff. UAG.

Der Antragsgegner hat seine ablehnende Entscheidung - neben einer nach seiner Auffassung fehlenden hinreichenden Bestimmtheit des Beweisantrags BA110 - damit begründet, dass die Tatsachen, die bewiesen werden sollen, bereits als erwiesen im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG feststünden. Zum Thema „Test und Teststrategie“ seien bereits mehrere Zeugen und Sachverständige angehört worden, wie z. B. Herr Q., Prof. Dr. Wieler und Prof. Dr. Drosten. Überdies sei auch die Zeugin Nonnemacher bereits am 11. Juni 2021 und 14. Januar 2022 hierzu vom Antragsgegner vernommen worden. Die im Beweisantrag benannten Akten hätten dem Antragsgegner bereits seit dem 7. Mai 2021 vorgelegen. Es stelle sich daher die Frage, warum die Antragsteller die „offenen Fragen" nicht bereits in den vergangenen Vernehmungen gestellt hätten. Es könne sich nicht um neue Tatsachen handeln, die eine erneute Befassung mit dem Thema rechtfertigen würden. Die Antragsteller könnten nicht konkret darlegen, welche Fragen genau offengeblieben seien, so dass die Beweiserhebung auch unter Berücksichtigung der individuellen Rechte der Zeugin als unzulässig zu bewerten sei. Die Anforderungen an die Begründungstiefe des Beweisantrags seien umso höher, desto öfter eine Zeugin oder ein Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen solle. Denn die Zeugenpflicht beinhalte gerade auch, sich mit dem Untersuchungsthema hinreichend vertraut zu machen, was unmöglich sei, wenn aus dem Beweisbeschluss nicht erkennbar werde, wozu die Zeugin zusätzlich noch Auskunft geben solle. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass eine unbegründete Wiederholung einer bereits beantworteten Frage dann unzulässig sei, wenn sich die vorangegangene Antwort als erschöpfend und widerspruchsfrei darstelle. In diesem Fall fehle es bereits an einer die Aussagepflicht des Zeugen konkretisierenden Frage. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass es in einem politischen Untersuchungsverfahren zur Erstellung des rechtsfolgenlosen Berichts keines Maßes an Überzeugungsbildung bedürfe, der in einem Strafprozess - insbesondere bei Entscheidungen zu Lasten Angeklagter - notwendig sei. Die Elastizität, die bei der politischen Bewertung bestehe, müsse daher auch auf den Grad der Überzeugungsbildung rückprojiziert werden, weshalb die Auswahl der Beweismittel im Untersuchungsverfahren von vornherein selektiver bleiben könne. Auch insoweit hätten die Antragsteller konkret und nicht nur floskelhaft darlegen müssen, welche Fragen nach den Vernehmungen der Zeugin und der übrigen Regierungsmitglieder offengeblieben seien.

Gemessen an der detaillierten, elf Seiten umfassenden Ablehnungsbegründung des Antragsgegners zu BA110 sieht sich das Gericht durch den Vortrag der Antragsteller nicht im Sinne von § 20 Abs. 1, § 36 Abs. 1, 2 VerfGGBbg in die Lage versetzt, überprüfen zu können, inwiefern das Beweisthema „Test und Teststrategie“ im entscheidungserheblichen Untersuchungszeitraum insbesondere durch die beiden vorangegangenen Zeugenbefragungen der Frau Nonnemacher am 11. Juni 2021 und am 14. Januar 2022 noch nicht erschöpfend behandelt worden sein soll. Die Antragsteller haben dem Gericht für eine nähere Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren weder die Beweisbeschlüsse bezüglich der vorangegangenen Zeugenbefragung der Frau Nonnemacher noch die dazugehörigen Protokolle der Sitzungen des Antragsgegners vom 11. Juni 2021 und 14. Januar 2022, auf die auch der Antragsgegner in seiner Ablehnungsbegründung mehrfach Bezug nimmt, dargereicht. Die Antragsteller lassen substantiierten Vortrag vermissen, inwieweit ihr Beweisbegehren auf der Grundlage der bisherigen Beweisergebnisse für eine weitere Sachaufklärung geeignet sein könnte. Ob der von den Antragstellern vorgetragene Widerspruch einer Äußerung der Zeugin Nonnemacher in der Pressemitteilung Nr. 265/2020 bislang nicht ausgeräumt ist, lässt sich daher für das Gericht ebenfalls nicht beurteilen.

Es mangelt des Weiteren auch an rechtlichen Erwägungen zu den Grenzen des Beweiserhebungsrechts im Sinne von Art. 72 Abs. 5 LV i. V. m. § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG, soweit nach dem Wortlaut der Vorschrift eine Beweiserhebung unzulässig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, bereits bewiesen ist. Dies betrifft insbesondere auch das Spannungsfeld zu der von dem Antragsgegner ebenfalls bemängelten Bestimmtheit von BA110. Es ist zwar zutreffend, wenn die Antragsteller ausführen, dass eine Beweiserhebung darauf abzielen dürfe, zunächst „Licht ins Dunkel” eines Untersuchungskomplexes zu bringen, um auf diese Weise die Aufklärung von politischen Verantwortlichkeiten zu ermöglichen, und dass die Beweiserhebung regelmäßig auf die Aufklärung eines politisch interessierenden und politisch zu bewertenden Sachverhalts bzw. von politischen Verantwortlichkeiten gerichtet und die Grenze zulässiger Ausforschung erst dort erreicht sei, wo Beweisanträge ohne jegliche tatsächliche Grundlage „völlig ins Blaue hinein” gestellt würden. Die Antragsteller setzen sich jedoch nicht in der gebotenen Begründungstiefe damit auseinander, ob dieser Maßstab auch auf die Fälle einer erneuten Zeugenbefragung ohne Weiteres übertragbar ist. In diesem Fall geht es nicht mehr darum, „Licht ins Dunkel“ zu einem Beweisthema zu bringen. Ob und wenn ja in welchem Umfang eine weitere Zeugenvernehmung daher in einem inneren Zusammenhang mit der bereits durchgeführten Beweiserhebung steht und dazu führt, umso höhere Anforderungen an die Begründungstiefe eines erneuten Beweisantrags zu stellen, je öfter ein Zeuge vor einem Untersuchungsausschuss vernommen werden soll - so die Auffassung des Antragsgegners -, behandeln die Antragsteller nicht. Sie gehen auch nicht darauf ein, ob die Tatbestandsvoraussetzungen von § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG unter Berücksichtigung vorangegangener Beweiserhebungen etwa dann als erfüllt anzusehen sind, wenn sich aufgrund einer Ansammlung von Beweisergebnissen Tatsachen als erwiesen im Sinne der Norm „verdichten“. Vielmehr wiederholen die Antragsteller lediglich pauschal die Begründung aus dem Beweisantrag BA110, wonach die erneute Zeugenbefragung der Frau Nonnemacher bereits gewonnene Erkenntnisse erhellen und vertiefen und einzelne, noch offene Aspekte im Zusammenhang mit der Teststrategie klären solle. Auch der weitere Vortrag, die Zeugin Nonnemacher solle „expressis verbis“ befragt werden, welche Testverfahren - nicht zuletzt in welchem prozentualen Verhältnis - in Brandenburg bis zum 23. September 2020 angewendet worden seien und welche Testkapazitäten durch Initiativen der Landesregierung zu welchem Zweck hätten aufgebaut werden können, berücksichtigt nicht ansatzweise die umfangreichen bisherigen Beweisergebnisse, vgl. hierzu insbesondere Seite 10 und 11 der Ablehnungsbegründung des Antragsgegners zur Darlegung der Teststrategie. Gleiches gilt in Bezug auf die weiteren Zeugen- und Sachverständigenanhörungen des Herrn Q., des Prof. Dr. Wieler und Prof. Dr. Drosten sowie das den Antragstellern zu 1. - nach dem Vortrag des Antragsgegners - seit dem 7. Mai 2021 diesbezüglich vorliegende Aktenmaterial; auch hier lassen die Antragsteller die Frage unbeantwortet, inwieweit für die im Beweisantrag BA110 angesprochenen Tatsachenfragen noch weiterer Aufklärungsbedarf besteht und es sich nicht lediglich um eine wiederholende Zeugenbefragung „ins Blaue hinein“ handelt.

Eine weitergehende verfassungsgerichtliche Prüfung zur Frage der Geeignetheit der Zeugin Nonnemacher bezüglich ihrer „Wahrnehmung zur Güte der Testverfahren“ erübrigt sich vor diesem Hintergrund.

b. Auch soweit sie sich mit ihrem Antrag zu 3. gegen die Ablehnung des Beweisantrags BA113 wenden, haben die Antragsteller die Möglichkeit einer Verletzung in den von ihnen geltend gemachten Rechten nicht hinreichend dargelegt.

Sie rügen mit ihrem Antrag zu 3., der Antragsgegner habe auch mit der Ablehnung des Beweisantrags BA113 gegen ihr verfassungsmäßig gewährleistetes Beweiserhebungsrecht aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV verstoßen. BA113 war auf die Frage gerichtet, welche Datenerhebung während einer Pandemie notwendig sei, um valide Aussagen zu Entwicklungen und Auswirkungen treffen zu können.

Zwar verleiht Art. 72 Abs. 3 LV den Untersuchungsausschüssen die hoheitliche Befugnis, zur Durchführung des Untersuchungsauftrags selbst Beweise zu erheben, insbesondere auch durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens, vgl. Art. 72 Abs. 5 LV i. V. m. § 22 UAG.

Der Antragsgegner hatte eine Sachverständigenanhörung von Herrn Prof. F., Ph. D., mit der Begründung abgelehnt, der benannte Sachverständige sei mangels Fachkompetenz als ungeeignet im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG anzusehen. Es mache einen Wirtschaftswissenschaftler nicht zu einem Sachverständigen für Datenerhebung, weil dieser im März 2020 vorgeschlagen habe, repräsentative Stichprobentests durchzuführen. Er besitze als Wirtschaftswissenschaftler nicht die notwendige Fachkompetenz um einzuschätzen, ob eine derart angelegte Erhebung überhaupt durchführbar sei.

Dem sind die Antragsteller in ihrer Begründung des Organstreits lediglich mit der Aussage entgegengetreten, der Sachverständige sei ein geeigneter Experte für die Beweisfrage; er besitze als Wirtschaftswissenschaftler vertiefte Kenntnisse in formal-mathematischer Modellierung und empirischer Analyse. Zudem habe er sich mit der Beweisfrage hinreichend - wie aus dem Beweisantrag sowie aus der Ablehnungsbegründung ersichtlich sei - in Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Instituten auseinandergesetzt.

 

Mit diesem Vortrag genügen die Antragsteller erneut nicht den zuvor dargestellten Begründungsanforderungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 2, § 36 Abs. 2 VerfGGBbg.

Es fehlt bereits in tatsächlicher Hinsicht an einer substantiierten Darstellung der von dem Antragsgegner in Abrede gestellten fachspezifischen Expertise des Herrn Prof. F., Ph. D., die nötig wäre, um als Wirtschaftswissenschaftler sachverständige Ausführungen zu einer pandemiespezifischen Datenerhebung - wie in BA113 begehrt - tätigen zu können. Die Antragsteller haben nicht in der für eine nähere Auseinandersetzung erforderlichen Begründungstiefe dargetan, inwiefern sich der benannte Sachverständige konkret in Zusammenarbeit mit welchen Wissenschaftlern und welchen wissenschaftlichen Instituten mit der Beweisfrage bereits auseinandergesetzt habe. Zu einer über formal-mathematische Modellierung und empirische Analyse hinausgehenden fachlichen Expertise des Herrn Prof. F., Ph. D., insbesondere im Zusammenspiel mit pandemiebedingten Sachverhalten, ist nichts vorgetragen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ergibt sich die Expertenstellung des benannten Sachverständigen auch nicht aus der Begründung zum Beweisantrag BA113. Darin heißt es lediglich, Hintergrund des Beweisantrags sei,

„…dass das H. bereits im Frühjahr 2020 zusammen mit dem R.-Institut und anderen Institutionen der Bundesregierung ein Konzept für ein Corona-Screening vorgelegt hatte, welches aber letztlich nicht umgesetzt wurde…“.

Abgesehen davon, dass ein (nicht umgesetztes) Konzept für ein Corona-Screening nicht gleichzusetzen sein dürfte mit sachverständigen Ausführungen zu einer notwendigen Datenerhebung während einer Pandemie, ist aus der funktionalen Stellung des Herrn Prof. F., Ph. D., als (vormaligem) Präsidenten des H. nicht per se ein Rückschluss auf seine persönlich-fachliche Expertise für die begehrte Anhörung als Sachverständiger zu ziehen. Zuletzt lässt sich auch aus seiner in BA113 aufgeführten formalen Stellung als Mitglied des G. keine weitergehende beweisrelevante Fachkompetenz ableiten.

Der Vortrag der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2022, in dem diese erstmalig darauf abstellen, dass sich der Sachverständige als Wirtschaftswissenschaftler explizit zur Datenerhebung äußern solle und darüber hinausgehend kumulativ eine infektionsepidemiologische, virologische, biophysikalische und immunologische Expertise unerfüllbar und abwegig sei, widerspricht insoweit dem vorangegangenen Vortrag der Antragsteller und bleibt zudem als verspätet im Sinne von § 36 Abs. 3 VerfGGBbg unberücksichtigt. Danach muss der Antrag im Organstreitverfahren binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden. Diese Frist ist eine gesetzliche Ausschlussfrist, die auch für die wesentliche Begründung des Antrags gilt. Eine nach Fristablauf eingehende Begründung kann daher nur Berücksichtigung finden, soweit sie sich als Ergänzung oder Vertiefung zu einem Vortrag darstellt, der seinerseits den Anforderungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg entspricht (st. Rspr., vgl. zuletzt Beschluss vom 21. September 2019 ‌‑ VfGBbg 58/18 ‑‌, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Das ist hier nicht der Fall.

Des Weiteren mangelt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den in Bezug auf den Beweisantrag BA113 aufgeworfenen Rechtsfragen zu den Grenzen des Beweiserhebungsrechts im Sinne von Art. 72 Abs. 5 LV i. V. m. § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG, wonach eine Beweiserhebung unzulässig ist, wenn das Beweismittel ungeeignet ist. Die Antragsteller setzen sich weder mit dem Anwendungsbereich von § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG noch mit der Frage auseinander, ob § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG eine verfassungskonforme Begrenzung des Minderheitenschutzes parlamentarischer Untersuchungsausschüsse darstellt. Es fehlen substantiierte Erwägungen, unter welchen Voraussetzungen in der Person eines Sachverständigen liegende Gründe zu einer Ungeeignetheit im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 5. Alt. UAG führen.

Ob hinsichtlich der weiteren Begründung der Ablehnungsentscheidung des Antragsgegners die Möglichkeit einer Verletzung der von den Antragstellern geltend gemachten Rechte hinreichend dargetan ist - insbesondere bezüglich der Argumentation, dass die Tatsache, die mit dem Beweisantrag BA113 bewiesen werden soll, bereits als erwiesen im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG feststeht sowie die Auffassung, dass die beantragte Beweiserhebung für das Untersuchungsergebnis ohne Bedeutung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1, 3. Alt. UAG sei -, kann unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Erwägungen zu den Begründungsanforderungen im Organstreitverfahren offen bleiben. Die Antragsteller müssen den Substantiierungsanforderungen zu jedem selbstständig tragenden Grund genügen, auf den der Antragsgegner seine Ablehnungsentscheidung stützt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

c. Auch in Bezug auf ihren Antrag zu 6. genügen die Antragsteller nicht den Begründungsanforderungen von § 20 Abs. 1 Satz 2, § 36 Abs. 2 VerfGGBbg.

Sie rügen, der Antragsgegner habe ihre Minderheitenrechte aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV durch die Ablehnung des Beweisantrags BA117 - mit dem die Antragsteller zu 1. eine erneute Zeugenvernehmung des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Herrn Dr. Woidke, begehren - verletzt.

Der Antragsgegner erachtet eine Beweiserhebung entsprechend dem Antrag BA117 für unzulässig, da die Tatsachen, die erwiesen werden sollen, bereits als erwiesen feststünden, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG. Dr. Woidke sei aufgrund des Beweisbeschlusses B47 bereits am 23. April 2021 von dem Antragsgegner als Zeuge vernommen worden. Die Fragen des Beweisantrags BA117 seien mit den Fragen des damaligen Beweisbeschlusses ausweislich einer beigefügten Gegenüberstellung nahezu identisch. Dabei sei zu bedenken, dass die vom Beweisantrag umfassten Tatsachenfragen sich nicht speziell an den Ministerpräsidenten richten könnten, da die Landesregierung arbeitsteilig in Ressorts arbeite. Der Zeuge Dr. Woidke könne daher nichts im Speziellen über die Arbeit der einzelnen Ressorts aussagen, weil er die einzelnen Arbeitsprozesse in diesen nicht selbst wahrgenommen habe und weil die der exekutiven Eigenverantwortung zuzurechnenden Vorgänge, nicht von der Aussagepflicht des Ministerpräsidenten gedeckt seien.

Vor diesem Hintergrund genügen die Antragsteller auch in Bezug auf ihren Antrag zu 6. nicht den Begründungsanforderungen von § 20 Abs. 1 Satz 2, § 36 Abs. 2 VerfGGBbg.

Soweit sie zum einen vortragen, das Recht der Einsetzungsminderheit umfasse nicht nur einen Anspruch auf Beweiserhebung als solche, sondern grundsätzlich auch einen „Anspruch auf Fortsetzung einer Beweiserhebung“, ist bereits nicht dargetan, ob sich Herr Dr. Woidke aufgrund der vorangegangenen Zeugenvernehmung vom 23. April 2021 noch im Zeugenstand befindet. Zwar begründet das Recht der Einsetzungsminderheit aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV nicht nur einen Anspruch auf Beweiserhebung als solche, sondern dieses Recht kann auch einen Anspruch auf Fortsetzung der Beweisaufnahme umfassen, allerdings nur, soweit die Beweisaufnahme noch nicht abgeschlossen und der Zeuge noch nicht entlassen ist (vgl. HessStGH, Urteil vom 16. November 2011 - P.St. 2323 -, Rn. 214 ff., juris). So bestimmt auch § 21 Abs. 4 Satz 1 UAG, dass der Untersuchungsausschuss entscheidet, ob die Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist. Nach Satz 2 der Vorschrift darf die Entscheidung erst ergehen, wenn nach der Bekanntgabe der Möglichkeit zur Einsichtnahme in das Protokoll der Vernehmung gegenüber der Zeugin oder dem Zeugen zwei Wochen verstrichen sind oder die Zeugin oder der Zeuge auf die Einhaltung dieser Frist verzichtet hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugenbefragung des Herrn Dr. Woidke vom 23. April 2021 aufgrund des Beweisbeschlusses B47 noch nicht im Sinne von § 21 Abs. 4 UAG abgeschlossen sein soll, vermag das Gericht mangels jeglichen Vortrags hierzu nicht zu erkennen.

Ungeachtet dessen fehlt es zum anderen - wie bereits bezüglich Beweisantrag BA110 - an rechtlichen Erwägungen zu den Grenzen des Beweiserhebungsrechts im Sinne von Art. 72 Abs. 5 LV i. V. m. § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG, soweit nach dem Wortlaut der Vorschrift eine Beweiserhebung unzulässig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, bereits bewiesen ist. Wiederum legen die Antragsteller nicht dar, ob und wenn ja in welchem Umfang eine erneute Zeugenvernehmung in einem inneren Zusammenhang mit der bereits durchgeführten Beweiserhebung steht und welche Anforderungen an die Begründungstiefe eines erneuten Beweisantrags daraus folgen. Sie zeigen auch in Bezug auf BA117 nicht auf, ab welchem Zeitpunkt die Tatbestandsvoraussetzungen von § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG unter Berücksichtigung vorangegangener Beweiserhebungen als erfüllt anzusehen sind, sodass aufgrund einer Ansammlung von Beweisergebnissen sich Tatsachen als erwiesen im Sinne der Norm „verdichten“.

Die Antragsteller tragen vor, die Ausführungen zu vorhergehenden Anhörungen, insbesondere zu anderen Zeugen, sowie die Berichte der Landesregierung zu den Themenkomplexen 1 und 2 seien irrelevant, da es sich bei der begehrten erneuten Zeugenbefragung des Herrn Dr. Woidke um eine „erweiterte politische Konfrontation, unter Beachtung der im Untersuchungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse“ handele. Gleichzeitig stimmen sie der Ablehnungsbegründung des Antragsgegners insoweit zu, dass die Wiederholung einer schon beantworteten Frage grundsätzlich nicht zur Aufklärung beitragen könne; etwas anderes gelte jedoch, wenn die erneute Frage dazu diene, Widersprüche aufzuklären, zusätzliche Details zu erfragen oder zu klären, ob eine allgemein getätigte Aussage auch einen noch nicht erörterten Einzelfall betreffe. Mit diesem Vortrag zeigen die Antragsteller nicht in der gebotenen Begründungstiefe auf, welche Widersprüche durch eine erneute Zeugenbefragung aufgeklärt werden sollen. Auf die Tatsache, dass es sich bei Antrag BA117 um nahezu identische Beweisfragen im Vergleich zu Beweisbeschluss B47 handelt, gehen die Antragsteller nicht ein. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Ablehnungsbegründung des Antragsgegners zu den einzelnen Beweisfragen fehlt.

Unter Berücksichtigung der ausführlichen Ablehnungsbegründung des Antragsgegners, die insbesondere die Beweisfragen der vorangegangenen Zeugenvernehmung des Ministerpräsidenten aufgrund des Beweisbeschlusses B47 aufführt und umfangreich aus dem diesbezüglichen Sitzungsprotokoll vom 23. April 2021 zitiert, folgt die unzureichende Substantiierung des Vortrags der Antragsteller für die fünf Beweisfragen von BA117 im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:

aa. Zu der ersten Beweisfrage, auf welche Weise die Landesregierung zu ihrer Bewertung des SARS-CoV-2-Pandemiegeschehens, der davon ausgehenden Gefahr für die Gesundheit der Brandenburger Bevölkerung und der zur Eindämmung dieser Gefahr abzuleitenden Maßnahmen gelangte, haben die Antragsteller in der Begründung des BA117 ausgeführt, der Zeuge habe zwar bereits in der Vergangenheit im Untersuchungsausschuss zu Fragen der Datengrundlage der Landesregierung ausgesagt, sich jedoch insoweit nicht zu den Abwägungsprozessen hinsichtlich der sodann ergriffenen Maßnahmen geäußert.

Dem ist der Antragsgegner in seiner Ablehnungsbegründung ausführlich entgegengetreten und hat die Beweisergebnisse der Zeugenbefragung des Herrn Dr. Woidke vom 23. April 2021 diesbezüglich zusammengefasst.

Enthalten sind Ausführungen zur Strategieentwicklung der Landesregierung unter Berücksichtigung aller relevanten wissenschaftlichen Publikationen, insbesondere der Empfehlungen des RKI, sowie eines evidenzbasierten Konsenses durch einschlägige Literatur und mit Hilfe einschlägiger Fachgesellschaften (vgl. Ablehnungsbegründung, Seite 31 f.).

Die in drei Bereiche unterteilte Strategie - Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich, wirtschaftliche Unterstützungsleistungen sowie Maßnahmen für das Betreuungs- und Bildungswesen - ist laut Ablehnungsbegründung in den bereits erfolgten Zeugenbefragungen ausführlich beschrieben und erörtert worden.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Antragsteller in tatsächlicher Hinsicht nicht in der gebotenen Begründungstiefe mit den bei der Zeugenbefragung am 23. April 2021 gewonnenen Beweisergebnissen zu der ersten Beweisfrage auseinandergesetzt, insbesondere auch nicht mit Aussagen des Zeugen Dr. Woidke zu „Abwägungsprozessen“ hinsichtlich der ergriffenen Maßnahmen. Das Sitzungsprotokoll haben die Antragsteller nicht dargereicht; die Ablehnungsbegründung des Antragsgegners gibt nur Auszüge der Zeugenbefragung wieder. Die Antragsteller lassen mangels Vortrags die Frage unbeantwortet, inwiefern eine erneute Befragung des Herrn Dr. Woidke gemäß Frage 1 von Beweisbeschluss BA117 keine beliebige Wiederholung der nahezu inhaltsgleichen Beweisfragen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 von Beweisbeschluss B47 darstellt und welche konkreten Widersprüche, zusätzlichen Details oder welche Erörterung von Einzelfällen einer weiteren Sachaufklärung durch eine erneute Zeugenbefragung bedürften.

bb. Hinsichtlich der zweiten Beweisfrage von BA117 tragen die Antragsteller zu 1. zur Begründung des Beweisantrags vor, der Zeuge dürfte darüber Auskunft geben können, welche spezifisch brandenburgischen Wissensressourcen - unabhängig von statistischen Daten der brandenburgischen Gesundheitsämter - in die Informationsbeschaffung der Landesregierung einbezogen worden seien. Es dürften von dem Zeugen Angaben dazu zu erwarten sein, auf wessen Empfehlung sich die Landesregierung bei der Entscheidung über die Strategie im Hinblick auf die Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 verlassen habe und welche Determinanten die jeweilige Strategie der Landesregierung zur Eindämmung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 bedingt hätten.

Auch hierzu führt der Antragsgegner in seiner Ablehnungsbegründung aus, dass sich der Zeuge Dr. Woidke bereits bei seiner Befragung am 23. April 2021 zu dieser Frage geäußert habe (vgl. Seite 37 der Ablehnungsbegründung).

Es seien ausweislich des Berichts der Landesregierung zum Themenkomplex 1 vom 9. Februar 2021, Seite 19, auch brandenburgische Wissensressourcen wie Verbände und Gewerkschaften in die Informationsbeschaffung zur Entscheidungsfindung miteinbezogen worden. Im Koordinierungsstab seien die Fachabteilungen der betroffenen Ministerien regelmäßig angehört und intensiv in die Entscheidungsprozesse mit eingebunden worden. Zu diversen Themen im Zusammenhang mit den Maßnahmen und Konsequenzen aus den pandemiebedingten Regelungen seien wiederholt Vertreter von verschiedensten Verbänden und Interessenvertretungen angehört worden. Darüber hinaus seien Fachärztinnen und Fachärzte für Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie und Virologie/lnfektiologie aus Schwerpunktkliniken sowie Vertreterinnen und Vertreter aus dem Öffentlichen Gesundheitsdienst aus dem Land Brandenburg in fachliche Diskussionen und Einschätzungen der pandemischen Lage einbezogen worden. Mit ärztlichen Vertretern aus mikrobiologischen Fachlaboratorien habe es einen regelmäßigen Austausch zu Testkapazitäten und Verfahren gegeben.

Hieran gemessen zeigen die Antragsteller nicht ansatzweise auf, inwiefern ausgehend von diesen bereits gewonnenen Erkenntnissen eine erneute Befragung des Herrn Dr. Woidke gemäß Frage 2 von Antrag BA117 keine beliebige Wiederholung der nahezu inhaltsgleichen Beweisfrage Nr. 2 von Beweisbeschluss B47 darstellt und welche konkreten Widersprüche einer weiteren Sachaufklärung bedürfen.

cc. Gleiches gilt für die dritte Beweisfrage von Antrag BA117, mit der die Antragsteller zu 1. den Zeugen Dr. Woidke zu der Tatsache vernehmen möchten, auf wessen Empfehlung sich die Landesregierung bei der Entscheidung über die Strategie im Hinblick auf die Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 verlassen habe und welche Determinanten die Strategie bedingt hätten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die vorstehenden Ausführungen zur zweiten Beweisfrage von BA117 sinngemäß Bezug genommen.

dd. Im Hinblick auf die vierte Beweisfrage begehren die Antragsteller zu 1. - nahezu wortgleich zu Beweisfrage Nr. 6 von Beweisbeschluss B47 - eine weitere Zeugenbefragung zu der Tatsache, ob die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz im Zeitraum zwischen März 2020 und 23. September 2020 für die von der Landesregierung getroffenen Corona-Eindämmungsmaßnahmen handlungsleitend gewesen seien, und führen zur Begründung von BA117 aus, eine handlungsleitende Rolle habe die Zeugin Britta Ernst bei ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung im Untersuchungsausschuss diesen Beschlüssen zugestanden. Insoweit solle der Zeuge darüber Auskunft geben, ob die Beschlüsse tatsächlich handlungsleitend für die Landesregierung gewesen seien und wie sich diese handlungsleitende Funktion der Beschlüsse in Brandenburg konkret dargestellt habe. Es solle geklärt werden, wie der offenkundige Widerspruch zwischen der Aussage des Ministerpräsidenten, dass die „Bilder von Bergamo“ für den ersten Lockdown in Brandenburg mitentscheidend gewesen seien, und derjenigen der Ministerin Britta Ernst, wonach wesentliche Entscheidungen bereits am 12. März 2020 auf der Ministerpräsidentenkonferenz getroffen worden seien, aufzulösen sei.

Hierzu hat der Antragsgegner in seiner Ablehnungsbegründung erneut auf die vorangegangene Zeugenvernehmung vom 23. April 2021 (vgl. Ablehnungsbegründung, Seite 38) Bezug genommen. Damals habe der Zeuge bereits ausführlich darüber berichtet, unter welchen Vorzeichen die Beratungen in der Ministerpräsidentenkonferenz erfolgt seien und welche Bedeutung sie für die Beschlussfassungen der Landesregierung gehabt hätten.

Ausgehend von diesen bisherigen Untersuchungsergebnissen haben die Antragsteller die von ihnen behaupteten „Widersprüche zwischen vorherigen Anhörungen des Ministerpräsidenten und verschiedener Zeugenanhörungen (u. a. der Ministerin Britta Ernst)“ nicht hinreichend dargetan im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 2, § 36 Abs. 2 VerfGGBbg. Zum einen dürfte die von den Antragstellern behauptete - und ebenfalls nicht näher konkretisierte - Aussage der Ministerin Frau Ernst, wonach wesentliche Entscheidungen bereits am 12. März 2020 auf der Ministerpräsidentenkonferenz getroffen worden seien, mit den zuvor dargestellten Aussagen des Herrn Dr. Woidke im Gleichklang stehen. Zum anderen lassen die Antragsteller jegliche Ausführungen dazu vermissen, woraus sie herleiten, der Ministerpräsident habe ausgesagt, die „Bilder von Bergamo“ seien für den ersten Lockdown in Brandenburg „mitentscheidend“ gewesen. Einen „offenkundigen Widerspruch“ haben sie damit jedenfalls nicht dargelegt.

ee. Soweit die Antragsteller zu 1. zuletzt hinsichtlich der fünften Beweisfrage von Beweisantrag BA117 eine Zeugenbefragung dazu begehren, wie die Umsetzung der „Digitalisierungsstrategie" der Landesregierung unter dem Eindruck der Maßnahmen der Landesregierung bis zum 23. September 2020 erfolgte, insbesondere mit Blick auf die Schulschließungen in Brandenburg, mangelt es ebenfalls bereits an substantiierten Ausführungen der Antragsteller, inwieweit diese Frage auf tatsächlicher Ebene noch nicht durch die bisherige Beweisaufnahme, insbesondere durch die Ausführungen der Ministerin Britta Ernst hierzu, als erwiesen im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 4. Alt. UAG angesehen werden kann. Wie der Antragsgegner in seiner Ablehnungsbegründung in Zusammenfassung der bisherigen Beweisergebnisse hierzu ausführt, habe sich die Ministerin Britta Ernst in der Sitzung am 12. November 2021 dazu geäußert, wie im Bildungsbereich der Digitalpakt umgesetzt worden sei, um Distanzunterricht zu ermöglichen; des Weiteren seien die Schulträger aufgefordert worden, Hygienekonzepte sowie Notfallpläne zur Umstellung auf einen zeitnahen Distanzunterricht auszuarbeiten.

Darüber hinaus legt der Antragsgegner seiner Ablehnungsbegründung Ausführungen des Berichts der Landesregierung zum Themenkomplex 4 vom 12. Januar 2021 (Seite 29) zugrunde. In diesen wird das im Zuge der weltweiten COVID-19-Pandemie vom Bund - in Ergänzung des DigitalPakts Schule - beschlossene zusätzliche Ausstattungsprogramm in Höhe von 500 Mio. Euro erklärt, das dazu diente, die Schulen beim digitalen Unterricht zu unterstützen.

Die Antragsteller legen nicht konkret dar, welche Fragen in Ansehung dieser Beweisergebnisse noch offengeblieben sind und inwiefern der Zeuge Dr. Woidke zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung beitragen kann. Auch in diesem Zusammenhang ist den Substantiierungsanforderungen des Organstreitverfahrens nicht Genüge getan worden.

d. Zuletzt ist auch der Antrag zu 7., den Beweisantrag BA118 betreffend, bereits unzulässig. Die Antragsteller lassen auch hier die erforderliche Begründungstiefe vermissen. Insbesondere führen sie nicht aus, inwiefern Prof. Dr. N. entgegen der Auffassung des Antragsgegners geeignet im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 5 UAG ist, um im Rahmen einer Sachverständigenanhörung Expertise zu der Frage beizusteuern, wie belastbar die von der Landesregierung bei ihren Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 zugrunde gelegten Daten bis zum 23. September 2020 waren.

Der Antragsgegner hat zur Begründung seiner diesbezüglichen Ablehnungsentscheidung ausgeführt, das Fachgebiet Biostatistik im Rahmen des Arbeitsgebiets des Sachverständigen beschäftige sich mit der Analyse großer genomischer und phänotypischer Datensätze, insbesondere im Zusammenhang mit der Genomanalyse in der Tier- und Pflanzenzüchtung. Hierbei stehe die Anwendung und Weiterentwicklung von Verfahren auf Basis gemischter Modelle im Vordergrund. Ziel sei es, die Assoziation von phänotypischen Leistungsmerkmalen mit Daten über den Genotyp und dessen Expression auf der Grundlage statistischer Modelle zu erfassen und nutzbar zu machen. Als Biostatistiker besitze Prof. Dr. N. nicht die notwendige Fachkompetenz einzuschätzen, ob eine derart angelegte Erhebung überhaupt durchführbar sei.

Dem stellen die Antragsteller schlicht entgegen, der benannte Sachverständige habe offensichtlich Kenntnisse in Statistik sowie über die hier notwendigen biologischen Zusammenhänge. Eine substantiierte Begründung der Antragsteller in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 2, § 36 Abs. 2 VerfGGBbg liegt damit nicht ansatzweise vor. Gleiches gilt für die Ausführungen der Antragsteller im Schriftsatz vom 6. Dezember 2022.

II.

Die zulässigen Anträge zu 2., 4. und 5. sind unbegründet.

Der Antragsgegner hat durch die Ablehnung der Beweisanträge BA111, BA114 und BA115 nicht die Minderheitsrechte der Antragsteller aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV (hierzu unter 1.) verletzt (hierzu unter 2.).

1. Gemäß Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV hat der Landtag das Recht und auf Antrag eines Fünftels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Der Untersuchungsauftrag ist nach Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV in einem Beschluss festzulegen und darf gegen den Willen der Antragsteller nicht verändert werden. Die Untersuchungsausschüsse haben das Recht, Beweise zu erheben, vgl. Art. 72 Abs. 3 Satz 1 LV. Sie sind nach Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV dazu verpflichtet, wenn dies von einem Fünftel der Ausschussmitglieder beantragt wird.

Dem Untersuchungsausschussrecht im Allgemeinen und den darin verbürgten Minderheitenrechten im Besonderen kommt in der parlamentarischen Demokratie herausragende Bedeutung zu. Neben dem Zitierungsrecht aus Art. 66 Abs. 1 LV, der Unterrichtungspflicht der Regierung gemäß Art. 94 LV und dem Frage- und Informationsrecht der Abgeordneten nach Art. 56 Abs. 2 und Abs. 3 LV erhält das Parlament über Art. 72 Abs. 3 LV die Möglichkeit, sich ohne Mitwirkung von Regierung und Verwaltung über Sachverhalte zu informieren, die es zur Vorbereitung seiner Entscheidungen und zur Wahrung seiner Kontrollfunktion gegenüber der ihm verantwortlichen Regierung benötigt (vgl. insoweit zu Art. 44 GG z. B.: BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009 ‌‑ 2 BvE 3/07 ‑‌, BVerfGE 124, 78‑161, Rn. 105, juris). Diese Kontrolle der Regierung wird naturgemäß vor allem von der Opposition und folglich in der Regel von einer Minderheit wahrgenommen. Dementsprechend stellt Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV das Kernstück des Minderheitenschutzes im Untersuchungsausschussrecht dar und begründet einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Beweiserhebung (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2003 ‌‑ VfGBbg 95/02 ‑‌, m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Das Untersuchungsverfahren wird dadurch gesteuert, dass der Untersuchungsausschuss die durch den Untersuchungsauftrag gebotenen Beweise aufgrund von Beweisbeschlüssen erhebt, vgl. Art. 72 Abs. 5 LV i. V. m. § 15 Abs. 1 UAG, oder aber beantragte Beweiserhebungen ablehnt.

Den Beweisanträgen der qualifizierten Minderheit der Ausschussmitglieder ist grundsätzlich Folge zu leisten, soweit das Antragsrecht nicht sachwidrig oder missbräuchlich ausgeübt wird. Mit einem Beweisbeschluss wird Klarheit geschaffen, was zum Aufklärungsprogramm des Ausschusses gehört. Gleiches gilt für die förmliche Ablehnung eines Beweisantrags. Die Ablehnung eines Beweisantrags der qualifizierten Minderheit durch die Mehrheit darf nicht allein auf das Mehrheitsprinzip gestützt sein; sie bedarf der Begründung (vgl. hierzu: BVerfG, Urteil vom 8. April 2002 ‌‑ 2 BvE 2/01 ‑‌, BVerfGE 105, 197-235, Rn. 107, juris). Diese muss die wesentlichen Erwägungen für die Entscheidung erkennen lassen und nachvollziehbar aufzeigen, inwiefern ein Ablehnungsgrund geprüft und bejaht wurde (vgl. z. B. VerfG MV, Urteil vom 25. Februar 2016 ‌‑ LVerfG 9/15 ‑‌, Rn. 71, juris). Entbehrlich ist eine substantiierte Begründung der Ablehnung nur dann, wenn der Ablehnungsgrund evident ist. Eine substantiierte Begründung stellt nicht nur ein Instrument kritischer Selbstkontrolle dar. Vielmehr soll sie der Ausschussminderheit die Berechtigung der Ablehnung plausibel machen und ihr die Prüfung ermöglichen, ob rechtliche Schritte angezeigt sind. Darüber hinaus ist sie unentbehrliche Voraussetzung einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle, die anderenfalls weitgehend zur Disposition der Ausschussmehrheit stünde (vgl. Beschluss vom 20. Januar 2023 ‌‑ VfGBbg 67/21 -, Rn. 63, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; VerfGH NRW, Urteil vom 14. Juli 2020 ‌‑ 6/20 ‑‌, Rn. 161 m. w. N., juris).

Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Beweiserhebungsrecht aus Art. 72 Abs. 3 LV werden durch das Untersuchungsausschussgesetz weiter präzisiert und konkretisiert. Danach darf die Ausschussmehrheit Beweisanträge der qualifizierten Minderheit nur dann zurückweisen, wenn die Beweiserhebung unzulässig ist. Das ist gemäß § 15 Abs. 3 UAG der Fall, wenn sie nicht im Rahmen des Untersuchungsauftrags liegt, wenn sie wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Untersuchung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel ungeeignet oder auch im Fall der Anwendung der nach dem UAG zulässigen Zwangsmittel unerreichbar ist oder wenn der Antrag ersichtlich zum Zwecke der Verschleppung des Verfahrens gestellt ist.

Die für die Ablehnung des Beweisantrags wesentlichen Erwägungen müssen sich aus dem dazugehörigen Ablehnungsbeschluss ergeben.

Dabei steht dem Untersuchungsausschuss bei der Entscheidung über Art und Umfang der Beweiserhebung ein Wertungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle - im Hinblick auf die Einhaltung seiner Grenzen -unterliegt (vgl. Beschluss vom 20. Januar 2023 ‌‑ VfGBbg 67/21 -, Rn. 66, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2006 ‌- Vf. 19-VIa-06 -‌, Rn. 43, juris; SächsVerfGH, Beschluss vom 3. Dezember 2020 ‌- Vf. 176-I-20 -‌, Rn. 35, juris; StGH BW, Urteil vom 21. Oktober 2002 ‌- 11/02 -‌, Rn. 90f., juris). Auch vor dem Hintergrund des Beweiserhebungsrechts der qualifizierten Ausschussminderheit aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 LV hat sich das Verfassungsgericht mit Rücksicht auf die parlamentarische Autonomie und die besondere Natur des Untersuchungsverfahrens als Aufklärungsinstrument auf die Prüfung zu beschränken, ob die Begründung der Mehrheit nachvollziehbar und der durch die Verfahrensautonomie der Mehrheit eröffnete Wertungsrahmen in vertretbarer Weise ausgefüllt worden ist. Daran kann es fehlen, wenn die Begründung der Ablehnung den Beleg der Sachwidrigkeit der abgelehnten Beweisanträge nicht erkennen lässt oder wenn eine Auslegung des Untersuchungsauftrags mit juristischen Auslegungsmethoden nicht mehr nachvollziehbar ist (BVerfG, Urteil vom 8. April 2002 ‌‑ 2 BvE 2/01 ‑‌, BVerfGE 105, 197‑235, Rn. 108, juris).

2. Gemessen an diesen Vorgaben ergibt sich für die Beweisanträge BA111 (a.), BA114 (b.) und BA115 (c.) Folgendes:

a. Die Ablehnungsbegründung des Antragsgegners bezüglich des Antrags BA111 ist nicht zu beanstanden. Der Beweisantrag war auf eine Sachverständigenanhörung des Herrn Prof. Dr. C. gerichtet, in Bezug auf die Frage, wie zuverlässig die Teststrategie der Landesregierung im Hinblick auf SARS-CoV-2 und damit im Zusammenhang stehende Zahlen im untersuchungsrelevanten Zeitraum zwischen März 2020 und dem 23. September 2020 gewesen sei und welche Stärken und Schwächen die Teststrategie der Landesregierung bezüglich ihres statistischen Aussagewerts gehabt habe. Der Antragsgegner hat die Antragsteller durch seine Ablehnung des Beweisantrags nicht in ihren durch die Landesverfassung in Art. 72 Abs. 3 Satz 2 verbürgten Minderheitsrechten verletzt.

Dass der Antragsgegner die Ablehnung von BA111 bereits darauf stützt, es mangele dem Beweisantrag an Bestimmtheit und Schlüssigkeit, ist unter Berücksichtigung des dem Antragsgegner anzuerkennendem Wertungsspielraums verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Gemäß § 15 Abs. 1 UAG erhebt der Untersuchungsausschuss die durch den Untersuchungsauftrag gebotenen Beweise aufgrund von Beweisbeschlüssen. In dem Beweisantrag müssen die Beweismittel und die Beweistatsachen grundsätzlich in einer für die Vollziehbarkeit des Beschlusses hinreichend bestimmten Weise angegeben werden; das Beweisziel muss erkennbar, die jeweiligen Beweismittel müssen abgrenzbar sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009 ‌‑ 2 BvE 3/07 ‑‌, BVerfGE 124, 78-161, Rn. 110, juris; Brocker, in: Glauben/Brocker, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, 3. Aufl. 2016, Kapitel 16, Rn. 3).

Der Antragsgegner erkennt in seiner Ablehnungsbegründung zunächst an, dass in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss keine überhöhten Anforderungen an die Abfassung eines Beweisantrags gestellt werden dürfen. In Bezug auf BA111 führt er gleichwohl aus, der Beweisantrag sei in Gänze nicht verständlich und aufgrund seiner Unbestimmtheit auch nicht auslegungsfähig. Die Wörter „Zahlen“, „Zuverlässigkeit“ und „Teststrategie“ würden in einem unklaren Zusammenhang benutzt, so dass völlig offenbleibe, was bewiesen werden und welches Ziel die Beweiserhebung haben solle. Mit „Zahlen" im Zusammenhang mit der Teststrategie könnten die absoluten Infektionszahlen im Land Brandenburg gemeint sein oder die Infektionszahlen, die in den Bereichen erlangt worden seien, in denen nach der Teststrategie priorisiert getestet worden sei (medizinische Einrichtungen, Rettungsdienst, stationäre Pflegeeinrichtungen, Bildungseinrichtungen). Aufgrund der Beschreibung im Zusammenhang mit dem PCR-Test könnten darunter auch die Zahlen von falsch positiven Tests verstanden werden. Ebenso könnte auch die Güte der Tests gemeint sein. „Zuverlässigkeit“ könnte im Sinne der Geeignetheit der Strategie verstanden werden, das angestrebte Ziel zu erreichen. Oder der Begriff könnte sich auf die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung oder die Zuverlässigkeit der Umsetzung der Strategie beziehen. Darüber hinaus sei es unmöglich, den statistischen Aussagewert einer Strategie zu bemessen. Denn eine Strategie allein könne keinen statistischen Aussagewert haben. Vor allem nicht, wenn mit ihr nicht bezweckt werde, einen bestimmten statistischen Wert zu erreichen, sondern wie hier, das bestmögliche Ergebnis bei Früherkennung und Eindämmung des Virus. Einen Aussagewert könne nur das Ergebnis einer Strategie haben. Dieser Aussagewert könne darin gesehen werden, ob die Strategie aufgegangen oder das Ziel erreicht worden sei oder nicht. Das sei eine Bewertung der Strategie. Eine statistische Berechnung könne nur anhand einer Nullhypothese erreicht werden. Dabei stelle sich die Frage, wie diese Nullhypothese aussehen solle. Eine Vergleichsgröße sei im Untersuchungszeitraum nicht erhoben worden.

Mit dieser Begründung bringt der Antragsgegner in nachvollziehbarer Weise zum Ausdruck, dass die in den Beweisfragen verwendeten Begriffe „Zahlen“, „Zuverlässigkeit“ und „Teststrategie“ bereits in formaler Hinsicht nicht hinreichend bestimmt genug sind, um BA111 vollziehbar und die unter Beweis zu stellenden Tatsachen einer Sachverständigenanhörung zugänglich zu machen. Darüber hinaus legt der Antragsgegner in seiner Ablehnungsbegründung mögliche Differenzierungen und Konkretisierungen dar und beschreibt verschiedene, teils sehr unterschiedliche Deutungsweisen der maßgeblichen Begriffe, wie sich besonders eindringlich an dem Wort „Zahlen“ in der ersten Beweisfrage zeigt. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Antragsgegners, der Beweisantrag sei zu unbestimmt, nicht zu beanstanden. Den Antragstellern gelingt es auch nicht, durch ihre Ausführungen in der Begründung des Organstreitverfahrens zu einer klaren Auslegung des Beweisantrags beizutragen. Sie greifen keine der vom Antragsgegner erwogenen Auslegungsmöglichkeiten für eine Klarstellung auf, sondern verwenden neue, ebenso konturlose und undifferenzierte Begrifflichkeiten, indem sie ausführen, die „Zahlen bezögen sich offensichtlich (!) auf die Ergebnisse der Teststrategie, d. h. die Ergebnisse dieser Tests und die statistisch möglichen Schlussfolgerungen daraus“. Was mit „Ergebnissen dieser Tests“ gemeint sein soll, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Weitere Darlegungen der Antragsteller hierzu fehlen sowohl in der Begründung zum Beweisantrag als auch im späteren Konfrontationsschreiben und ihrer Antragsschrift im hiesigen Organstreitverfahren. Es bleibt damit offen, ob Beweis erhoben werden soll bezüglich der Infektionszahlen, die in den priorisierten Bereichen (medizinische Einrichtungen, Rettungsdienst, stationäre Pflegeeinrichtungen, Bildungseinrichtungen) erlangt worden sind oder bezüglich der Testergebnisse im Zusammenhang mit PCR-Tests allgemein oder gegebenenfalls Zahlen von sogenannten falsch positiven Tests. Zur Konkretisierung nehmen die Antragsteller ausschließlich Bezug auf die Pressemitteilung 265/2020 des Gesundheitsministeriums und die dort wiedergegebene Aussage der Gesundheitsministerin Nonnemacher. Hierbei verkennen sie jedoch, dass Bezugsobjekte dieser Aussage dort „Tests“ sind, nicht jedoch die „Teststrategie“ als solche. Zu den Einwendungen des Antragsgegners bezüglich eines statistisch möglichen Aussagewerts einer Strategie verhalten sich die Antragsteller gar nicht.

Somit hat der Antragsgegner damit den ihm eröffneten Wertungsspielraum nicht verletzt, wenn er den BA111 bereits wegen mangelnder Bestimmtheit und Schlüssigkeit als unzulässig ablehnt. Er hat detailliert und nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen er sich nicht in die Lage versetzt sieht, aufgrund des unbestimmt umschriebenen Arbeitsprogramms in die Beweisaufnahme durch eine Sachverständigenanhörung einzutreten.

Die verfassungsrechtliche Prüfung, ob die darüber hinausgehende Begründung der Ablehnungsentscheidung des Antragsgegners auch deshalb trägt, weil die begehrte Beweiserhebung außerhalb des Untersuchungsauftrags im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. UAG liegt, erübrigt sich vor dem Hintergrund der zuvor dargestellten Erwägungen.

b. Auch die Begründung des Antragsgegners, der Beweisantrag BA114 liege außerhalb des Untersuchungsauftrags im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. UAG, überschreitet nicht den für den Antragsgegner anzuerkennenden Wertungsspielraum. BA114 war auf eine Sachverständigenanhörung von Frau Prof. Dr. I. gerichtet in Bezug auf die Frage, welche Wirkung von Bildern im Zusammenhang mit bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignissen ausgehen könne und wie die Zugrundelegung von Bildern als Grundlage für politische Entscheidungen zu bewerten sei.

Diese Begründung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Im Gegensatz zum Strafverfahren, welches auf die Feststellung zielt, ob eine Person einen fest umrissenen Straftatbestand verwirklicht und eine individuelle Schuld hat, geht es im Untersuchungsausschuss um die Aufklärung eines Sachverhalts zu politischen Zwecken und damit vor allem um die Wahrnehmung der Kontrollfunktion des Parlaments (vgl. z. B. VerfG MV, Urteil vom 25. Februar 2016 ‌‑ LVerfG 9/15 ‑‌, Rn. 60, juris; Peters, Untersuchungsausschussrecht, 2. Aufl. 2020, Rn. 113). Was zur konkreten Beweiserhebung im Sinne von Art. 72 Abs. 3 LV gehört, ist nach dem Sinn und Zweck der Regelung und nach dem Rechtsgedanken von Art. 72 Abs. 3 Satz 4 LV - die Beweiserhebung ist unzulässig, wenn sie nicht im Rahmen des Untersuchungsauftrags liegt - an dem durch Beschluss des Landtags festzulegenden „Gegenstand der Untersuchungen“ bzw. dem „Untersuchungsauftrag“ (vgl. Art. 72 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 3 LV) zu messen (vgl. z. B. Urteil vom 16. Oktober 2003 ‌‑ VfGBbg 95/02 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Nach seinem Einsetzungsbeschluss soll der Antragsgegner umfassend aufklären, ob das Handeln (oder Unterlassen) der Brandenburger Landesregierung, der politischen Leitungen der zuständigen Ministerien und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Behörden kurz vor Beginn und während der „SARS CoV 2/COVID-19-Pandemie“ geeignet, erforderlich und angemessen war (vgl. Ziffer I. A. 1. des Einsetzungsbeschlusses). Er soll klären, ob und inwieweit es dazu beigetragen habe, die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 bzw. der Infektionskrankheit COVID-19 und deren negative Einwirkung auf die Gesundheit der brandenburgischen Bevölkerung zu minimieren und ob es bessere Alternativen zum Regierungshandeln gegeben hätte. Alle bis zum Stichtag getätigten Handlungen (oder Unterlassungen) der Landesregierung im Rahmen ihrer Krisenpolitik im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 sollten daher vom Untersuchungsausschuss beleuchtet werden (vgl. Ziffer I. A. 1. des Einsetzungsbeschlusses). Des Weiteren soll der Antragsgegner umfassend aufklären, welche gesundheitlichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Wirkungen die von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen verursacht haben, und in welchem Verhältnis diese zu den von der Landesregierung zur Einsetzung der Eindämmungsverordnungen zugrunde gelegten Schadensszenarien der SARS‑CoV‑2/COVID-19-Pandemie sowie zu den tatsächlich beobachteten Folgen der SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie stehen (vgl. Ziffer I. A. 3. des Einsetzungsbeschlusses).

Der Antragsgegner wahrt in seiner Ablehnungsentscheidung den Rahmen des ihm eingeräumten Wertungsspielraums. Bereits aus einer Wortlautauslegung des Einsetzungsbeschlusses ergibt sich, dass ausschließlich von der Landesregierung zu verantwortende Maßnahmen, nicht jedoch - womöglich rein spekulative und einem Beweis nicht zugängliche - Begleitumstände, die einer Entscheidungsfindung der Landesregierung zugrunde lagen, vom Untersuchungsauftrag gedeckt sind. Zu Recht weist der Antragsgegner in seiner Ablehnungsbegründung daher darauf hin, dass es für den hiesigen Untersuchungsgegenstand irrelevant ist, welche Wirkung von Bildern im Zusammenhang mit bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignissen ausgehen kann. Soweit die Antragsteller dem entgegenhalten, unter den Beweisantrag BA114 sei auch zu fassen, welche Auswirkungen das mehrfache Berufen des Ministerpräsidenten auf die „Bilder von Bergamo“ in sozialer, gesellschaftlicher oder gar (psychischer) gesundheitlicher Hinsicht auf die Bürger gehabt habe und hierzu - außerhalb der Begründungsfrist des § 36 Abs. 3 VerfGGBbg - auf die Diskussion zur Zulässigkeit sog. staatlichen Nudgings Bezug nehmen, verkennen sie, dass es nach dem Wortlaut des Einsetzungsbeschlusses ausschließlich auf den Zusammenhang zwischen den von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen und den hieraus resultierenden Auswirkungen auf die Bürger ankommt. Auch wenn den Antragstellern insoweit zuzustimmen ist, dass der Untersuchungsgegenstand des Antragsgegners auf eine umfassende Aufklärung gerichtet ist und insoweit auch darauf abzielen darf, „Licht ins Dunkel“ zu bringen, um auf diese Weise die Aufklärung von politischen Verantwortlichkeiten zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2003 ‌‑ VfGBbg 95/02 ‑‌, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009 ‌‑ 2 BvE 3/07 ‑‌, BVerfGE 124, 78‑161, Rn. 111, juris), ist eine Beweiserhebung „ins Blaue hinein“ unzulässig. Zuletzt vermag die von den Antragstellern zitierte Verwendung des Begriffspaares „im Zusammenhang“ (vgl. Seite 102 ihrer Antragsschrift) nicht als Beleg dafür zu dienen, dass der Untersuchungsauftrag von seinem Wortlaut her nicht restriktiv auszulegen ist; Bezugsobjekt für das Begriffspaar „im Zusammenhang“ ist jeweils das „Coronavirus SARS-CoV-2“ bzw. die „Pandemie“.

Soweit die Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 6. Dezember 2022 erstmalig zur Geeignetheit der benannten Sachverständigen Frau Prof. Dr. I. vortragen, bleibt dies nach § 36 Abs. 3 VerfGGBbg als verspätet unberücksichtigt (vgl. Beschlüsse vom 20. Januar 2023 - VfGBbg 67/21 -, Rn. 51, und vom 21. September 2019 ‌‑ VfGBbg 58/18 ‑‌, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Überdies hat der Antragsgegner seine ursprüngliche Ablehnungsentscheidung nicht auf eine vermeintliche Ungeeignetheit der Sachverständigen gestützt.

Auf die verfassungsrechtliche Prüfung, ob die darüber hinausgehende Begründung der Ablehnungsentscheidung des Antragsgegners auch deshalb trägt, weil die Tatsache, die mit dem Beweisantrag BA114 bewiesen werden soll, für das Untersuchungsergebnis gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3. UAG ohne Bedeutung ist, kommt es unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Erwägungen nicht mehr entscheidungserheblich an.

c. In Bezug auf den Beweisantrag BA115 sind die Ausführungen des Gerichts zu BA114 sinngemäß übertragbar. Auch hier ist die Entscheidung des Antragsgegners nicht zu beanstanden.

Der Antragsgegner hat seine Ablehnungsentscheidung bezüglich der Zeugenvernehmung der Mitarbeiterin des M. Frau L. zu der Frage, in welchem Zusammenhang die vom Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg bei den Entscheidungen zu Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 und der Erkrankung Covid-19 berücksichtigten „Bilder von Bergamo“ mit der Corona-Pandemie standen, in verfassungsgemäßer Weise damit begründet, die Beweiserhebung liege außerhalb des Untersuchungsauftrags im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. UAG. In welchem Zusammenhang die „Bilder von Bergamo“ stünden, sei für den Untersuchungsauftrag unerheblich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die entsprechenden Ausführungen zu Beweisantrag BA114 Bezug genommen.

Soweit die Antragsteller darüber hinaus - im Gegensatz zu ihren Ausführungen zu Antrag BA114 - vortragen, es bestünde ein unmittelbarer Zusammenhang zu Frage 1 („Auf welche Weise gelangte die Landesregierung zu ihrer Bewertung des SARS-CoV-2-Pandemiegeschehens, der davon ausgehenden Gefahr für die Gesundheit der Brandenburger Bevölkerung und den zur Eindämmung dieser Gefahr abzuleitenden Maßnahmen?“) sowie zu Frage 4 („Welche Prognosen und Szenarien wurden zur Beurteilung der Lage und zur Abwägung der zu beschließenden bzw. beschlossenen Maßnahmen zugrunde gelegt?“) des Einsetzungsbeschlusses, ist festzustellen, dass die benannte Zeugin als Mitarbeiterin des M. keinen Einblick in die Willensbildung der Landesregierung von Brandenburg hat. Einen unmittelbaren Zusammenhang vermag das Gericht daher nicht zu erkennen.

C.

Die notwendigen Auslagen der Beteiligten sind nicht zu erstatten.

 

D.

Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich gehalten, vgl. § 22 Abs. 1 VerfGGBbg.

E.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

 

Möller

Dresen

 

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

 

Kirbach

Richter

 

Sokoll

Dr. Strauß