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VerfGBbg, Beschluss vom 26. August 2022 - VfGBbg 36/21 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2;
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 50 Abs. 1 Satz 1;
- StGB, § 73c
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde, unzulässig
- Begründungserfordernisse
- Rechtliches Gehör
- Einziehung von Taterträgen
- Jugendstrafrecht
- Vermögensabschöpfung
- Recht auf Resozialisierung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 26. August 2022 - VfGBbg 36/21 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 36/21




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 36/21

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

G.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:              Rechtsanwalt
                                                                 Dr. N.,

 

wegen            Urteil des Landgerichts Cottbus vom 3. März 2021 - 24 Ns 1/21

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 26. August 2022

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Finck,
Heinrich-Reichow, Kirbach, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.


Gründe:

A.

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die im Urteil des Landgerichts Cottbus vom 3. März 2021 (24 Ns 1/21) enthaltene Anordnung einer Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen.

Mit Urteil des Amtsgerichts Cottbus ‑ Jugendschöffengericht - vom 7. Oktober 2019 (Az.: 100 Ls 19/19) wurde der im Jahr 1998 geborene Beschwerdeführer wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 28 Fällen und des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Gericht ordnete daneben insbesondere gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 Jugendgerichtsgesetz (JGG) in Verbindung mit § 73 Abs. 1, § 73c, § 73d Strafgesetzbuch (StGB) die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 92.058,00 EUR an.

Auf die diesbezügliche Berufung des Beschwerdeführers änderte das Landgericht Cottbus mit Urteil vom 11. Juni 2020 (Az.: 23 Ns 17/19) das Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 7. Oktober 2019 teilweise ab und sprach den Beschwerdeführer des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen schuldig und verhängte gegen ihn eine Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Von einer Einziehung des Wertersatzes der Taterträge sah die Kammer ab. Hierbei vertrat sie die Ansicht, dass die Vorschriften der §§ 73ff. StGB, die dem Gesetzeswortlaut nach bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zwingend seien, im Bereich des Jugendstrafrechts keine uneingeschränkte Anwendung fänden. Vielmehr sei der Kammer als Jugendgericht hinsichtlich der Anordnung der Einziehung von Taterträgen ein Ermessen eingeräumt. Hierfür spreche nicht nur der Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG, nach dem der Richter neben der Jugendstrafe auf die nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen könne. Auch spreche die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 JGG aufgrund der vorrangigen Ausrichtung an spezialpräventiven Zwecken für ein entsprechendes Ermessen hinsichtlich der Einziehungsentscheidung. Darüber hinaus sei sämtlichen Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes immanent, dass Geldzahlungen sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Jugendlichen zu orientieren hätten. Der auf Vollstreckungsebene anwendbare § 459g Abs. 5 Satz 1 Strafprozessordnung (StPO) biete keinen hinreichenden Schutz für den Jugendlichen, da die Vollstreckung jederzeit wieder aufleben könne. Diese Unsicherheit sei mit dem Zweck des Jugendstrafrechts, eine Resozialisierung des jugendlichen bzw. heranwachsenden Täters zu erreichen, unvereinbar. Vielmehr sei hierdurch eine erzieherisch negative Einwirkung zu besorgen. Der Beschwerdeführer habe zum Urteilszeitpunkt als Student nur über ein geringes Einkommen verfügt und vornehmlich finanzielle Unterstützung durch seine Eltern erhalten, was nicht erwarten lasse, dass er alsbald über größere finanzielle Mittel verfüge. Vorliegend sei insbesondere zu beachten, dass die abzuschöpfende Summe als realer Gewinn im Vermögen des Beschwerdeführers tatsächlich nie vorhanden gewesen sei, da die Vermögensabschöpfung gemäß § 73d Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz StGB nach dem sog. Bruttoprinzip zu erfolgen habe, also bei der Berechnung des Erlangten ein Abzug von Aufwendungen grundsätzlich nicht stattfinde. Aber auch eine nur den tatsächlich erzielten Gewinn der Verkaufsgeschäfte berücksichtigende Einziehungsanordnung würde zu einer schädlichen, resozialisierungsfeindlichen Belastung des Beschwerdeführers führen, die ihn unter Umständen zu erneuten Straftaten animieren könnte.

Gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 11. Juni 2020 legte die Staatsanwaltschaft Cottbus Revision zum Brandenburgischen Oberlandesgericht ein. Sie rügte die Verletzung materiellen Rechts und beschränkte das Rechtsmittel auf die Nichtanordnung der Einziehung von Taterträgen bzw. des Wertersatzes gemäß
§§ 73ff. StGB. Im Wesentlichen führte sie aus, das vom Landgericht Cottbus angenommene Ermessen zur Einziehungsanordnung im Bereich des Jugendstrafrechts finde keinerlei Stütze im Gesetz und entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe die Ermessensanordnung und die damit verbundene Verhältnismäßigkeitsprüfung bewusst vom Erkenntnis- ins Vollstreckungsverfahren (§ 459g Abs. 5 StPO) verlagert, was bis zur Grenze der Verfassungswidrigkeit von der Judikative hinzunehmen sei. Das gesetzgeberische Konzept könne nicht durch ein eigenes ersetzt werden. Der Beschwerdeführer erwiderte auf die Revisionsbegründung mit einer Gegenerklärung und schloss sich vollumfänglich den Ausführungen des Landgerichts Cottbus an. Zudem führte er aus, der durch die Straftaten erzielte Gewinn sei zu keiner Zeit in Höhe des eingezogenen Wertersatzes verwertbar im Vermögen des Heranwachsenden vorhanden gewesen. Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Einziehung hätte gerade nicht nur die (nachträgliche) Abschöpfung entsprechender illegal erlangter Vermögenswerte zur Folge, sondern würde den heranwachsenden Angeklagten durch die Einziehungsentscheidung darüber hinaus sanktionieren, was dem Jugendstrafrecht, welches nur die den Einkommensverhältnissen des Jugendlichen bzw. Heranwachsenden entsprechende Zahlungsauflage (§ 14 JGG) kenne, evident widerspreche.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hob das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 11. Juni 2020 mit den dazugehörigen Feststellungen mit Beschluss vom 3. Dezember 2020 (Az.: (2) 53 Ss 119/20 (55/20)) auf, soweit es von der Einziehung von Taterträgen bzw. des Wertersatzes abgesehen hatte, und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts Cottbus zurück. In seiner Argumentation folgte es der Revision der Staatsanwaltschaft Cottbus.

Das Landgericht Cottbus ergänzte mit Urteil vom 3. März 2021 (Az.: 24 Ns 1/21) das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 11. Juni 2020 dahingehend, dass ein Betrag in Höhe von 65.616,24 EUR als Wertersatz der Taterträge einzuziehen sei. Zur Begründung führte die Kammer aus, sie sei gemäß § 358 Abs. 1 StPO an den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. Dezember 2020 und die darin vertretene Rechtsauffassung gebunden. Die Bindungswirkung entfalle nicht durch den vorgelegten Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, da es sich dabei noch nicht um eine Gesetzesänderung oder die hinreichende Absicht einer Gesetzesänderung handele. Ferner beschreibe der Referentenentwurf lediglich die Absicht des Gesetzgebers, weiterhin zu schweigen und eine höchstrichterliche Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofes abzuwarten. Eine Intention zur Änderung der Rechtslage könne dem nicht entnommen werden. Zwar sei aufgrund des Streits zwischen den Senaten, die das Schweigen des Gesetzgebers unterschiedlich interpretierten, eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zu erwarten, die Bindungswirkung der Revisionsentscheidung bleibe jedoch auch bei einer anderslautenden nachträglichen höchstrichterlichen Entscheidung und sogar bei einer Änderung der Rechtsauffassung des gleichen Senats am Revisionsgericht bestehen.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 14. April 2021 bei dem Landgericht Cottbus Anhörungsrüge und rügte die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz, GG; Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 Verfassung des Landes Brandenburg, LV) sowie eine Verletzung des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 2 Abs. 1 LV), aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 LV) und aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 10 LV) abzuleitenden Rechts auf Resozialisierung.

Über die Anhörungsrüge hatte das Landgericht Cottbus bei Erhebung der hiesigen Verfassungsbeschwerde noch nicht entschieden. Zum weiteren Fortgang des Anhörungsrügeverfahrens hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen.

II.

Mit seiner am 7. Juni 2021 erhobenen Verfassungsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 3. März 2021 (24 Ns 1/21), Zugang der schriftlichen Urteilsgründe am 7. April 2021, wegen Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 2. Alt. LV) sowie Verletzung des aus dem Rechtsstaats- und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 LV) sowie aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 10 LV) abgeleiteten Rechts des Beschwerdeführers auf Resozialisierung als unvereinbar mit Art. 52 Abs. 3 Alt. 2, Art. 2 Abs. 1 LV sowie Art. 10 LV zu erklären und aufzuheben.

Hinsichtlich der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör führt der Beschwerdeführer zur Begründung aus, das Landgericht Cottbus habe trotz entsprechenden Vortrags des Beschwerdeführers bei seiner Annahme, es sei an die obergerichtliche Entscheidung im Sinne des § 358 Abs. 1 StPO gebunden, nicht ausreichend beachtet, dass aufgrund des Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums „zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften" eine veränderte Sachlage eingetreten sei, die eine Bindungswirkung im genannten Sinne entfallen lasse. Aus der Formulierung auf Seite 33 des Referentenentwurfes, wonach sich der Referentenentwurf zu dieser auch zwischen den Senaten des Bundesgerichtshofs strittigen Frage ausdrücklich nicht verhalte, „um insbesondere einer höchstrichterlichen Klärung nicht vorzugreifen", ergebe sich deutlich, dass der (Bundes-)Gesetzgeber im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 hinsichtlich dieser Frage keinen eindeutigen Regelungswillen zum Ausdruck bringen wollte. Damit aber werde das zentrale Argument der Befürworter der uneingeschränkten Anwendbarkeit des Abschöpfungsrechts im Jugendstrafrecht hinfällig, woraus im Sinne des § 358 Abs. 1 StPO eine Veränderung der Sachlage resultiere, welche wiederum zum Wegfall der Bindungswirkung habe führen müssen.

Zudem verletze die Entscheidung des Landgerichts Cottbus den Beschwerdeführer auch in seinem aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 10 LV) sowie aus dem Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 LV) abgeleiteten Recht auf Resozialisierung, soweit das Gericht eine Einziehung in Höhe von 66.616,24 EUR angeordnet habe. Diese habe gerade nicht nur die nachträgliche Abschöpfung illegal erlangter Vermögenswerte zur Folge, sondern sanktioniere den heranwachsenden Beschwerdeführer pekuniär in erheblichem Maße, was dem Jugendstrafrecht, welches keine Geldstrafe, sondern nur die den Einkommensverhältnissen des Jugendlichen bzw. Heranwachsenden entsprechende Zahlungsauflage (§ 15 JGG) kenne, die an den Jugendlichen ausdrücklich gerade keine unzumutbaren Anforderungen stellen dürfe, evident widerspreche. Zahlungspflichten blieben bis zur Verjährungsgrenze bestehen und könnten den Jugendlichen/Heranwachsenden sogar ins Insolvenzverfahren zwingen. Eine über Jahre und möglicherweise sogar Jahrzehnte über die Leistungsfähigkeit hinausgehende finanzielle Belastung lasse sich nicht mit dem Erziehungsgedanken in Einklang bringen, da sie zu einer Perspektivlosigkeit des Jugendlichen/Heranwachsenden führe, welche ihn unter Umständen sogar zu neuen Straftaten animieren könne. Er sei in der Planung und Gestaltung seiner Zukunft durch massive finanzielle Forderungen derart eingeschränkt, dass negative Auswirkungen auf die weitere Lebensentwicklung ernsthaft zu befürchten seien.

B.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1, § 50 Abs. 1 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf den vorgetragenen Gehörsverstoß im Sinne von Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV bereits unzulässig. Ungeachtet der Frage, ob der Beschwerdeführer zur Wahrung der Anforderungen, die sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg ergeben, vor einer Anrufung des Verfassungsgerichts erst das Ergebnis der von ihm mit Schriftsatz vom 14. April 2021 bei dem Landgericht Cottbus erhobenen Anhörungsrüge (vgl. § 33a StPO) hätte abwarten müssen, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg) in Bezug auf eine geltend gemachte Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör.

Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche schlüssig die mögliche Verletzung der geltend gemachten Grundrechte des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die wesentlichen rechtlichen Erwägungen nachvollziehbar dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die Entscheidung kollidiert. Es bedarf einer umfassenden einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufarbeitung der Rechtslage. Demnach muss der Beschwerdeführer ausgehend vom Entscheidungsinhalt aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus seiner Sicht im Einzelnen liegt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 19. Februar 2021 ‑ VfGBbg 28/20 -, Rn. 9, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Dies leistet die Beschwerdeschrift nicht. Sie zeigt eine mögliche Verletzung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV nicht auf.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts gewährt Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den für diese erheblichen Sach- und Rechtsfragen zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und rechtzeitiges, möglicherweise erhebliches Vorbringen bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. Beschluss vom 16. März 2018 - VfGBbg 56/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das ihm unterbreitete Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Betracht zieht. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jeglichem Vortrag in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen, sondern kann sich auf die Bescheidung der ihm wesentlich erscheinenden Punkte beschränken. Insbesondere verwehrt es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht, den Vortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts, zum Beispiel wegen sachlicher Unerheblichkeit, ganz oder teilweise außer Betracht zu lassen (vgl. Beschluss vom 10. Mai 2007 ‑ VfGBbg 8/07 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV ergibt sich kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Das Grundrecht schützt die Verfahrensbeteiligten nicht davor, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt und zu einer abweichenden Rechtsauffassung gelangt (vgl. Beschluss vom 16. März 2018 - VfGBbg 56/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur verletzt, wenn die Nichtberücksichtigung von Vortrag oder von Beweisanträgen im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr, vgl. Beschluss vom 17. Januar 2020 - VfGBbg 68/19 -, Rn. 17, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Gemessen hieran ist für eine Gehörsverletzung kein Raum.

a. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift vorträgt, das Landgericht Cottbus habe sich nicht hinreichend mit der Argumentation auseinandergesetzt, aus dem vorgelegten Referentenentwurf ergebe sich, dass mit der damaligen gesetzlichen Neuregelung im Erwachsenenbereich gerade nicht bewusst und gewollt eine unmodifizierte Anwendung dieser Neuregelung auch im Anwendungsbereich des Jugendgerichtsgesetzes beabsichtigt gewesen sei, ist ein Gehörsverstoß nicht substantiiert dargetan. Das Landgericht Cottbus hat in seinem Urteil vom 3. März 2021 ausgeführt, der Referentenentwurf beschreibe lediglich die Absicht des Gesetzgebers, weiterhin zu schweigen und eine höchstrichterliche Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofes abzuwarten; die Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts stütze sich im Wesentlichen auf die Rechtsansicht des 5. Senats des Bundesgerichtshofs, der eine zwingende Anwendung der Einziehungsregeln des Strafgesetzbuchs auch im Jugendstrafrecht für gegeben erachte und eine im Ermessen des Jugendrichters stehende Entscheidung ablehne. Insofern hat das Landgericht Cottbus die Argumentation des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem Referentenentwurf gesehen und gewürdigt, sich im Ergebnis aber nicht seiner Rechtsauffassung und den diesbezüglichen Schlussfolgerungen angeschlossen.

b. Der weitere Vortrag des Beschwerdeführers, die entsprechende Passage im Referentenentwurf hätte das Landgericht dazu veranlassen müssen zu prüfen, ob die (vermeintliche) Bindung an die oberlandesgerichtliche Entscheidung einen Verstoß gegen die Grundrechte des Beschwerdeführers zur Folge habe oder ob sich die Sachlage durch den Referentenentwurf derart verändert habe, dass die Bindungswirkung deswegen entfalle, vermag ebenfalls keine Gehörsverletzung zu begründen. Auch mit diesem Vorbringen hat sich das Landgericht Cottbus in seinem Urteil vom 3. März 2021 auseinandergesetzt und ausgeführt, die Bindungswirkung entfalle nicht durch den vorgelegten Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, da es sich dabei noch nicht um eine Gesetzesänderung oder die hinreichende Absicht einer Gesetzesänderung handele; die Bindungswirkung der Revisionsentscheidung bleibe jedoch auch bei einer anderslautenden nachträglichen höchstrichterlichen Entscheidung und sogar bei einer Änderung der Rechtsauffassung des gleichen Senats am Revisionsgericht bestehen.

2. Hinsichtlich der weiteren (materiellen) landesverfassungsrechtlichen Einwände in Bezug auf das von dem Beschwerdeführer aus Art. 10 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 LV abgeleitete Recht auf Resozialisierung hat die Verfassungsbeschwerde ebenfalls keinen Erfolg.

Ungeachtet der Frage, inwieweit die Anwendung von § 73c StGB als materielles Bundesrecht am Maßstab von Grundrechten der Landesverfassung unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997 - 2 BvN 1/95 -, BVerfGE 96, 345 - 375, juris) einen tauglichen Prüfungsgegenstand für das (Landes-)Verfassungsgericht darzustellen vermag, verbleibt jedenfalls im Hinblick auf die durch den Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs der Sache nach bestätigte Auslegung des Bundesrechts durch das Brandenburgische Oberlandesgericht kein Raum für eine mögliche Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Resozialisierung.

Denn mit Beschluss vom 20. Januar 2021 (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2021 - GSSt 2/20 -, BGHSt 65, 242 - 257, juris) hat der Große Senat für Strafsachen entschieden, die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung durch Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) rechtfertige nicht die Annahme, Einziehungsanordnungen nach § 73c Satz 1 StGB stünden bei der Anwendung von Jugendstrafrecht - anders als im allgemeinen Strafrecht - im Ermessen der Jugendgerichte. Eine Statuierung von Ermessensentscheidungen finde im Gesetz keine Stütze. Vielmehr rechne der zwingend ausgeformte § 73c Satz 1 StGB zu den „allgemeinen Vorschriften“, die nach § 2 Abs. 2 JGG unverändert auch im Jugendstrafrecht anzuwenden seien, sofern nichts anderes bestimmt sei. Der Entscheidung des Gesetzgebers liege ersichtlich die Auffassung zugrunde, dass erzieherischen sowie resozialisierenden Belangen - wie im allgemeinen Strafrecht - künftig im Vollstreckungsverfahren (vgl.
§ 459g Abs. 5 StPO) statt wie bisher im Erkenntnisverfahren (vgl. § 73c StGB a. F.) Rechnung getragen werden könne. Der Gesetzgeber verfolge mit §§ 73ff. StGB das auch im Jugendstrafrecht legitime Ziel, möglichen Beeinträchtigungen des Vertrauens der Rechtsgemeinschaft in die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung zu begegnen, die sich ergeben könnten, wenn Straftäter deliktisch erlangte Vermögenswerte dauerhaft behalten dürften, sog. „positive“ Generalprävention. Mit der Entziehung des deliktisch Erlangten oder dessen Wertes werde dem Täter ebenso wie der Rechtsgemeinschaft vor Augen geführt, dass strafrechtswidrige Bereicherungen nicht geduldet würden. Angesichts dessen wohne der Einziehung von Taterträgen und deren Wert zugleich eine spezialpräventive Funktion inne, welche sich im Einzelfall unschwer mit dem Erziehungsgedanken vereinbaren lasse.

Nach alldem kann die Verfassungsbeschwerde unter keinem rechtlichen Aspekt Erfolg haben, denn die damit verbindliche Auslegung des Bundesrechts lässt keinen Raum für eine abweichende Entscheidung.

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

Möller

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Müller

Richter

Sokoll

Dr. Strauß