VerfGBbg, Beschluss vom 10. Mai 2007 - VfGBbg 8/07 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 - VerfGGBbg, § 45 Abs. 1 |
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Schlagworte: | - rechtliches Gehör - faires Verfahren - Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts |
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Fundstellen: | - LKV 2008, 271 (nur LS d. Red.) - LVerfGE 18, 150 |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 10. Mai 2007 - VfGBbg 8/07 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 8/07
IM NAMEN DES VOLKES |
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In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
S., Beschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Dezember 2006 sowie vom 25. Oktober 2006 hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dr. Dombert, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Dr. Schöneburg und Prof. Dr. Schröder am 10. Mai 2007 b e s c h l o s s e n :
G r ü n d e : A. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen gerichtliche Entscheidungen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, mit dem er gegen die sofortige Vollziehung des Widerrufs eines ihm erteilten Fördermittel-Bescheides vorging und zudem die Auszahlung ihm bewilligter Fördermittel erreichen wollte. I. Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer Firma für Gesundheitstechnik. Aufgabe dieser Firma ist die Realisierung eines Patents, welches die Sensorik und Bearbeitung der Störungen durch Außengeräusche, Volumenänderung und Innengeräusche bei der mobilen nichtinvasiven Blutdruckmessung zum Gegenstand hat. Die Finanzierung des Vorhabens sollte durch Eigenmittel und einen Zuschuß der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) erfolgen. Das Vorhaben wird - nach Darstellung des Beschwerdeführers - von drei Förderprogrammen, nämlich 1. „Produkt- und Verfahrensinnovation“, 2. „Beratungsrichtlinie“ und 3. „Wissentransfer“, erfaßt. Daher beantragte der Beschwerdeführer im September 2001 für die Entwicklung der mobilen nichtinvasiven Blutdruckmessung durch den Patienten außerhalb des stationären Bereiches bei der ILB die Gewährung einer Zuwendung aus dem Programm „Förderung von Produkt- und Verfahrensinovation“. Mit Zuwendungsbescheid vom 06. Dezember 2002 bewilligte die ILB dem Beschwerdeführer für das Vorhaben „Produkt- und Verfahrensinnovation“ (P&V) einen Zuschuß in Höhe von 156.800,00 Euro. Grundlage des Zuwendungsbescheides waren u. a. die Allgemeinen und Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des Ministeriums für Wirtschaft des Landes Brandenburg zur Projektförderung (ANBest-Kost) sowie der Finanzierungsplan des Beschwerdeführers. Dieser sah u. a. vor, daß die ILB-Fördermittel der anteiligen Finanzierung von 56,98 % der berücksichtigungsfähigen Personalkosten dienen sollen. Das Vorhaben war vom 12. Dezember 2001 bis zum 11. Oktober 2005 durchzuführen. In diesem Zeitraum wurden 120.661,00 Euro der bewilligten Fördermittel an den Beschwerdeführer ausgezahlt. Für den Zeitraum vom 01. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2004 bewilligte die Agentur für Arbeit Neuruppin dem Beschwerdeführer für den Mitarbeiter G. anläßlich dessen Einstellung einen Eingliederungszuschuß in Höhe von 1.800,00 Euro monatlich. Mit Widerrufs- und Leistungsbescheid vom 23. März 2005 widerrief die ILB den Zuwendungsbescheid vollständig. Zur Begründung führte sie an, der Zuwendungsempfänger sei gemäß Ziffer 5.1.1 der ANBest-Kost verpflichtet gewesen, dem Zuwendungsgeber unverzüglich anzuzeigen, wenn sich eine Ermäßigung der Gesamtausgaben oder eine Änderung der Finanzierung um mehr als 1.000,00 DM ergebe. Durch den Eingliederungszuschuß für den Mitarbeiter G. habe der Beschwerdeführer weitere Deckungsmittel in Höhe von 21.600,00 Euro für die Finanzierung der abgerechneten Personalkosten erhalten. Demgegenüber hätten der Beschwerdeführer und sein Steuerberater erklärt, daß für die geförderten Arbeitnehmer keine weiteren Zuschüsse in Anspruch genommen worden seien. Seinen gegen den Widerrufs- und Leistungsbescheid eingelegten Widerspruch begründete der Beschwerdeführer damit, daß eine Doppelförderung nicht vorliege, weil der Eingliederungszuschuß einen unternehmensbezogenen, frei verwendbaren Zuschuß darstelle, die Fördermittel dagegen auf das konkrete Projekt mit einer entsprechenden Zweckbindung bezogen seien. Die ILB wies den Widerspruch des Beschwerdeführers zurück. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Widerrufs- und Leistungsbescheid der ILB vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Klage. Darüber hinaus beantragte er am 17. Dezember 2005 beim Verwaltungsgericht Potsdam, die ILB im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm noch ausstehende Fördermittel auszuzahlen. Nachdem die ILB am 02. Januar 2006 die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs- und Leistungsbescheides vom 23. März 2005 insoweit anordnete, als daß bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Auszahlung aus dem Zuwendungsbescheid vom 06. Dezember 2002 mehr beansprucht werden könne, beantragte der Beschwerdeführer am 12. Januar 2006 beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Widerrufs- und Leistungsbescheid durch das Verwaltungsgericht wiederherstellen zu lassen. Mit Beschlüssen vom 10. April 2006 lehnte das Verwaltungsgericht die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gestellten Anträge ab. Zur Begründung führte es an, nach der im Rahmen von § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorzunehmenden summarischen Prüfung erweise sich der Widerrufsbescheid vom 23. März 2005 als offensichtlich rechtmäßig. Rechtsgrundlage des Widerrufs sei § 49 Abs. 3 Nr. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz Brandenburg. Der Beschwerdeführer habe die in Nummer 5.1.1 ANBest-Kost enthaltene Auflage zum Zuwendungsbescheid nicht erfüllt. Denn er habe der ILB nicht angezeigt, daß er für seinen Mitarbeiter G. eine öffentliche Förderung, nämlich einen Eingliederungszuschuß in Höhe von 21.600,00 Euro erhalten hat. Herr G. sei ab dem 01. Juni 2003 als Entwicklungsingenieur mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche angestellt worden. Ausweislich § 9 des Arbeitsvertrages habe zu dessen Aufgaben die Entwicklung eines mobilen nichtinvasiven Blutdruckmeßgerätes gehört. Ausgehend von den Stundennachweisen habe dieser Arbeitnehmer auch 8 Stunden täglich an dem geförderten Projekt „Produkt- und Verfahrensinnovation“ gearbeitet. Da die Firma des Beschwerdeführers in dem maßgeblichen Zeitraum vom 01. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2004 ausschließlich an dem geförderten Vorhaben gearbeitet habe, habe der Eingliederungszuschuß der Finanzierung des P&V-Projektes gedient. Die weiteren im Zusammenhang mit der Entwicklung des Patents erforderlichen Vorhaben seien zeitlich vor bzw. nach dem maßgeblichen Zeitraum gewesen. Die Argumentation des Beschwerdeführers, er habe den Eingliederungszuschuß nicht für denselben Zweck erhalten, sei nicht überzeugend. Zwar diene der Eingliederungszuschuß grundsätzlich dazu, die betreffende Person wieder in das Erwerbsleben zu bringen und dem Arbeitgeber insoweit einen Anreiz zur Einstellung zu schaffen sowie gewisse, zu Beginn auftretende Minderleistungen auszugleichen, könne aber nicht losgelöst vom Einsatz des Arbeitnehmers betrachtet werden, der ausschließlich mit dem streitgegenständlichen Vorhaben beschäftigt gewesen sei. Unabhängig davon sei auch eine Änderung der Finanzierung um mehr als 1.000,00 DM im Sinne von Nr. 5.1.1 ANBest-Kost erfolgt. Die Finanzierung bestehe – so der Finanzierungsplan - nur aus Eigenmitteln des Antragstellers und dem Zuschuß der Antragstellerin. Der Erhalt öffentlicher Fördermittel in der vorliegenden Höhe für einen mit dem Projekt beschäftigten Arbeitnehmer stelle einen weiteren Finanzierungsbaustein dar, der der Anzeigepflicht unterliege. Dies gelte auch und vor allem mit Blick darauf, daß sich die Antragsgegnerin an den Kosten für das Personal mit einem Anteil von 56,98 % beteilige. Die in beiden Verfahren vom Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg jeweils durch Beschluß vom 25. Oktober 2006 zurückgewiesen. Im Rahmen der Begründung führte das Oberverwaltungsgericht insbesondere aus, daß die Richtigkeit des vom Beschwerdeführer angeführten Einwands - der Eingliederungszuschuß stelle keine Überschneidung mit dem Zweck der Förderung durch die Antragsgegnerin dar, da der Eingliederungszuschuß personenbezogen, die Fördermittel aber projektbezogen seien und deshalb auch eine Anzeigepflicht nach Ziff. 5.1.1 ANBest-Kost nicht bestanden habe - offen bleiben könne. Denn das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung selbständig tragend außerdem darauf gestützt, daß auch die weitere Tatbestandsvariante der Ziff. 5.1.1 ANBest-Kost „Änderung der Finanzierung um mehr als 1.000 DM“ verwirklicht worden sei. Der vom Beschwerdeführer hierzu erhobene Einwand - eine solche Änderung der Finanzierung sei nicht eingetreten, weil der Eingliederungszuschuß nur dazu diene, die „gegebenenfalls geminderte Leistungsfähigkeit des älteren Langzeitarbeitslosen zu kompensieren“ greife nicht durch. Dem Einwand fehle schon die erforderliche Substantiierung, da nicht konkret dargetan worden sei, inwieweit der Mitarbeiter G. einer Leistungsminderung unterlag. Mit seiner Anhörungsrüge vom 13. November 2006 machte der Beschwerdeführer geltend, daß er im Einzelnen dargelegt habe, daß der Eingliederungszuschuß gerade nicht für das geförderte Vorhaben „Mobile nichtinvasive Blutdruckmessung durch den Patienten außerhalb des stationären Bereichs“, Zuwendungsbescheid „Produkt- und Verfahrensinnovation“, Verwendung gefunden habe, sondern für die zusätzlich erforderlich gewordene Lösung des Problems „Artefakte der inneren Geräusche“ und die in diesem Zusammenhang in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie bei der TU Dresden eingesetzt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei nach wie vor nicht ersichtlich, inwieweit die Tatbestandsvariante der Ziffer 5.1.1 ANBest-Kost „Änderung der Finanzierung um mehr als 1.000,00 DM“ verwirklicht worden sein soll. Der Sachvortrag des Beschwerdeführers hierzu sei nicht berücksichtigt worden. Das Oberverwaltungsgericht Berlin - Brandenburg wies mit Beschlüssen vom 15. Dezember 2006 die Anhörungsrügen zurück. Zur Begründung verwies das Oberverwaltungsgericht darauf, daß es sich bei dem Problem der „Artefakte der inneren Geräusche“ nach dem Beschwerdevorbringen um ein technisches Problem innerhalb des geförderten Projekts „Mobile nichtinvasive Blutdruckmessung durch den Patienten außerhalb des stationären Bereichs“ handele. Ohne Lösung diese Problems - so das Beschwerdevorbringen - sei das Projekt insgesamt nicht durchführbar gewesen. Entsprechend habe der Senat die Verwendung des Eingliederungszuschusses als Teil der Projektfinanzierung angesehen. Der Einwand des Beschwerdeführers, der Eingliederungszuschuß sei nicht für das Projekt verwendet worden, greife lediglich diese gerichtliche Würdigung an, ohne damit eine Gehörsverletzung darzutun. II. Am 19. Februar 2007 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben. Sowohl die im Rahmen des Beschwerdeverfahrens als auch die im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens ergangenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts verletzten ihn in seinen Rechten auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren. Das Oberverwaltungsgericht habe sich erstmals und völlig überraschend im Rahmen der Anhörungsrügeverfahren dazu geäußert, daß der Eingliederungszuschuß als Teil der Projektfinanzierung anzusehen sei, wobei das Zuwendungsverfahren „Wissenstransfer“ für das Förderprojekt „Artefakte der inneren Geräusche“ sich als Teil und innerhalb des geförderten Projekts „Mobile nichtinvasive Blutdruckmessung durch den Patienten außerhalb des stationären Bereichs“, welches über den Zuwendungsbescheid vom 06. Dezember 2002 zum Förderprogramm „Produkt- und Innovationsförderung“ gefördert worden sei, darstelle. Auch vom Verwaltungsgericht und der Antragsgegnerin sei dies zu keiner Zeit so vertreten worden. Auch sei die vom Oberverwaltungsgericht in dem Beschluß über die Anhörungsrüge enthaltene Behauptung, der Beschwerdeführer sei mit seiner Beschwerde der entsprechenden Feststellung des Verwaltungsgerichts zur Verwirklichung der Tatbestandsvariante „Änderung der Finanzierung um mehr als 1.000,00 DM“ allein mit dem Einwand entgegengetreten, der Eingliederungszuschuß diene nur zur Kompensation einer gegebenenfalls geminderten Leistungsfähigkeit, offenkundig falsch. Denn es sei insbesondere in der Beschwerdebegründung aber auch in weiteren Schriftsätzen ausdrücklich vorrangig dargestellt worden, daß eine Änderung der Finanzierung nicht eingetreten sein könne, da der Eingliederungszuschuß für das streitgegenständliche, widerrufene Förderleistungsverfahren gerade nicht verwendet worden sei. Er habe vielmehr der Eigenkapitalausstattung für die erforderliche Machbarkeitsstudie gedient. Das Oberverwaltungsgericht nehme den Sachvortrag des Beschwerdeführers offensichtlich bewußt nicht zur Kenntnis. Es verkenne auch, daß es sich um drei eigenständige, gesonderte und unterschiedlichen Förderbedingungen unterfallende Fördervorhaben handele, von denen nur bei einem der zu Grunde liegende Zuwendungsbescheid wegen angeblicher Auflagenverletzung widerrufen wurde. Auch wenn die unterschiedlichen Fördervorgänge insgesamt der Umsetzung eines Patentes dienten, könne die Verwendung von öffentlichen, unstreitig nicht zweckgebundenen Geldern für die erforderliche weitere Eigenkapitalausstattung für ein später bewilligtes Fördervorhaben keine Verletzung einer Auflage nach 5.1.1 ANBest-Kost darstellen. Die ANBest-Kost sei jedoch nur als Nebenbestimmung zum Zuwendungsbescheid vom 06. Dezember 2002 vereinbart worden, nicht für ein sich als erforderlich herausstellendes weiteres Fördervorhaben. B. Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. I. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. 1. Insbesondere steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen, daß sie sich gegen Entscheidungen des (gemeinsamen) Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg richtet. Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ist gemäß Art. 6 Abs. 2 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), § 45 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) für Verfassungsbeschwerden, die sich gegen Akte der öffentlichen Gewalt des Landes Brandenburg richten, zuständig. Zwar trifft der Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg (FachogStV) vom 26. April 2004 (GVBl Bbg I S. 283 ff.) keine Regelung zu der Frage, welches Verfassungsgericht zuständig ist für Individual-Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen der gemeinsamen Fachobergerichte. Als Zuweisungsnorm dient jedoch § 45 Abs. 1 VerfGGBbg, da es sich bei den angegriffenen Beschlüssen um Akte der öffentlichen Gewalt des Landes Brandenburg im Sinne der Norm handelt. Insoweit verkörpert das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sowohl die öffentliche Gewalt des Landes Brandenburg als auch die des Landes Berlin. Mit der Bildung gemeinsamer Fachobergerichte - haben die Länder Berlin und Brandenburg von ihrer aus Art. 92 Halbsatz 2 und Art. 30 Grundgesetz (GG) i. V. m. §§ 2, 3 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) resultierenden Errichtungskompetenz Gebrauch gemacht (vgl. § 3 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung, § 28 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, § 33 Satz 2 i. V. m. § 14 Abs. 3 Arbeitsgerichtsgesetz). Das gemeinsame Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist im Ergebnis dieses Prozesses „das“ Oberverwaltungsgericht i. S. d. § 2 VwGO sowohl für das Land Brandenburg als auch für das Land Berlin (Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 3 Rdnr. 18). Untermauert wird dies durch die dem Staatsvertrag zu Grunde liegenden Erwägungen (LT-Drucksache 3/7444, Allgemeiner Teil):
Mit den in Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und Art. 6 FachogStV getroffenen Regelungen, daß die Richter der gemeinsamen Fachobergerichte im Dienste beider Länder stehen und ihren Eid auf beide Landesverfassungen zu leisten haben, wird die erklärte Absicht der Länder, durch das gemeinsame Oberverwaltungsgericht Rechtsprechungstätigkeit für beide Länder auszuüben, verdeutlicht (BVerfG, Beschluß vom 14. Juli 2006 - 2 BvR 1058/05 -; VerfGH Berlin, Beschluß vom 19. Dezember 2006 - VerfGH 45/06 -; Begründung zu Art. 2 und 6 des FachogStV, LT-Drucksache 3/7444). Vor diesem Hintergrund sind die Entscheidungen des gemeinsamen Oberverwaltungsgerichts in den sog. "Brandenburger Fällen" - bei denen das Ausgangsgericht ein Brandenburger Gericht war - Akte der öffentlichen Gewalt des Landes Brandenburg und begründen für die dagegen gerichteten Individualverfassungsbeschwerden - wie bereits bisher - gemäß § 45 Abs. 1 VerfGGBbg die Zuständigkeit des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg. 2. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht entgegen, daß die Verletzung von Landesgrundrechten im Rahmen eines bundesrechtlich - hier durch die Verwaltungsgerichtsordnung - geordneten Verfahrens gerügt wird. Die als verletzt in Betracht kommenden landesverfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren vor Gericht sind inhaltsgleich mit den entsprechenden grundrechtsgleichen Rechten des Grundgesetzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. dazu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 28. September 2006 - VfGBbg 17/06 - und vom 16. Juni 2005 - VfGBbg 2/05 -). II. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die Ausführungen des Beschwerdeführers lassen nicht erkennen, daß das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 (rechtliches Gehör) bzw. Art. 52 Abs. 4 (faires Verfahren) LV verkannt oder unberücksichtigt gelassen hat. Das Landesverfassungsgericht ist nicht nach Art eines Rechtsmittelgerichtes zur Beurteilung von Entscheidungen der Fachgerichte nach „richtig“ oder „falsch“ berufen. Die Anwendung und Überprüfung des einfachen (Verwaltungs- und Verwaltungsprozeß-) Rechts obliegt den Verwaltungsgerichten. Das Landesverfassungsgericht hat allein zu überprüfen, ob gegen die Landesverfassung verstoßen worden ist. Dafür ist nichts ersichtlich. Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV gewährt den Prozeßbeteiligten das Recht, sich zu den entscheidungserheblichen Fragen einer rechtlichen Streitigkeit vor Erlaß der Entscheidung zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichtes, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Gericht das ihm unterbreitete Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Betracht zieht. Es ist aber nicht verpflichtet, sich mit jeglichem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen, sondern kann sich auf die Bescheidung der ihm wesentlich erscheinenden Punkte beschränken. Insbesondere verwehrt es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht, den Vortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts, zum Beispiel wegen sachlicher Unerheblichkeit, ganz oder teilweise außer Betracht zu lassen. Deshalb muß sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände ergeben, daß das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht mit in Betracht gezogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so läßt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern das Vorbringen nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder unsubstantiiert war (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in st. Rspr., zuletzt u. a. Beschluß vom 28. September 2006 - VfGBbg 17/06 -). Nach diesen Maßgaben ist es zunächst verfassungsrechtlich unbedenklich, daß das Oberverwaltungsgericht in seinen Beschlüssen vom 25. Oktober 2006 die Richtigkeit des vom Beschwerdeführer erhobenen Einwands gegen die erste Tatbestandsvariante der Ziffer 5.5.1 ANBest-Kost - der Eingliederungszuschuß sei ein personenbezogener Zuschuß, die Zuwendungen der ILB dagegen eine projektbezogene Förderung, weshalb keine Überschneidung vorliege - offenließ. Denn es sah, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise, die erste und zweite Tatbestandsvariante als selbständig tragende Widerrufsgründe an, und stellte auf das Vorliegen der zweiten Tatbestandsvariante „Änderung der Finanzierung um mehr als 1.000 DM“ ab. Zudem war es verfassungsrechtlich nicht geboten, daß der Senat seinerseits nochmals das tatbestandliche Vorliegen der von ihm herangezogenen zweiten Tatbestandsvariante im Einzelnen darlegt, wenn er - wie hier - die erstinstanzlichen Beschlüsse nicht nur im Ergebnis, sondern auch hinsichtlich der tragenden Gründe - insbesondere zur zweiten Tatbestandsvariante - bestätigt und sich sodann „nur“ mit den Einwendungen des Beschwerdeführers dagegen befaßt. Bereits dadurch gab der Senat zu erkennen, daß er grundsätzlich vom Vorliegen einer „Änderung der Finanzierung“ ausging. Soweit der Senat in seinen Beschlüssen vom 15. Dezember 2006 auf das Anhörungsrügevorbringen hin dann zusätzlich eine Wertung des Beschwerdevorbringens dahingehend vornahm, daß es sich bei dem technischen Problem „Artefakte der inneren Geräusche“ - nach dem vom Oberverwaltungsgericht so verstandenen Beschwerdevorbringen - um ein technisches Problem innerhalb des geförderten Projekts „Mobile nichtinvasive Blutdruckmessung durch den Patienten außerhalb des stationären Bereichs“ handele, ohne dessen Lösung das Projekt insgesamt nicht durchführbar gewesen sei, und darlegte, daß der Senat die Verwendung des Eingliederungszuschusses (daher) als Teil der Projektfinanzierung angesehen habe, ist auch dies verfassungsrechtlich unbedenklich. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV scheidet schon deshalb aus, weil das Oberverwaltungsgericht mit dieser Darlegung gerade auf das Anhörungsrügevorbringen des Beschwerdeführers eingeht. Soweit es bei der rechtlichen Würdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt als der Beschwerdeführer, stellt dies keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Auch sind die Ausführungen des
Oberverwaltungsgerichts nicht in verfassungsrelevanter Weise „völlig
überraschend“. Zwar ergänzt des Oberverwaltungsgericht mit seinen
Ausführungen in den Anhörungsrügebeschlüssen zugleich seine rechtliche
Argumentation aus den Beschwerdebeschlüssen. Verfassungsrechtlich bedenklich
ist dies jedoch nicht. Die Darstellungen des Oberverwaltungsgerichts sind
vielmehr das Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem Anhörungsrüge- sowie
Beschwerdevorbringen. Weder hat das Oberverwaltungsgericht damit seine, die
Beschlüsse zur sofortigen Beschwerde tragenden Entscheidungsgründe geändert,
noch hat es seine Rechtsauffassung erstmals in einer Weise kundgetan, die
dem Beschwerdeführer die weitere Rechtsverfolgung in verfassungswidriger
Weise erschwert. |
Weisberg-Schwarz | Prof. Dr. Dombert |
Havemann | Dr. Jegutidse |
Dr. Knippel | Dr. Schöneburg |
Prof. Dr. Schröder |