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VerfGBbg, Beschluss vom 17. Januar 2020 - VfGBbg 68/19 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 12 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2
- ZPO, § 286 Abs. 1 Satz 2; ZPO, § 313 Abs. 2 Satz 2; ZPO, § 313 Abs. 3; ZPO, § 329; ZPO, § 765a
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- rechtliches Gehör
- faires Verfahren
- Willkürverbot
- Zwangsversteigerung
- Einstellung
- Sachverständigengutachten
- Einwendungen
- Beweiswürdigung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 17. Januar 2020 - VfGBbg 68/19 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 68/19




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 68/19

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

1.      B.,

2.      B.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter              Rechtsanwalt

                                                                N.,

 

beteiligt:

Präsident des Landgerichts Neuruppin,
Feldmannstraße 1,
16816 Neuruppin,

wegen

Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 25. Juni 2019 (4 T 94/19)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 17. Januar 2020

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dresen, Dr. Finck, Heinrich-Reichow, Kirbach, Dr. Lammer, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

Gründe:

 

          A.

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen einen Beschluss des Landgerichts Neuruppin.

I.

Beim Amtsgericht Neuruppin ist ein Verfahren anhängig, mit dem die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts der Beschwerdeführer betrieben wird. Einen (erneuten) Antrag der Beschwerdeführer auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung gemäß § 765 a Zivilprozessordnung (ZPO) wies das Amtsgericht Neuruppin mit Beschluss vom 25. Januar 2019 zurück. Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer sofortige Beschwerde mit der Begründung, dass das vom Gericht zugrunde gelegte psychologische Sachverständigengutachten, das eine gesundheitliche Gefährdung oder Suizidgefahr der Beschwerdeführerin verneine, mangelhaft sei. Die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen räume die Einwendungen nicht aus. Die Beschwerdeführer beantragten, einen anderen Sachverständigen mit der Erstellung eines neuen neurologisch-psychiatrischen Gutachtens zu beauftragen.

Das Landgericht Neuruppin wies die sofortige Beschwerde mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 25. Juni 2019 (4 T 94/19), zugestellt am 1. Juli 2019, zurück.

Die gegen den Beschluss erhobene Gehörsrüge hatte keinen Erfolg.

II.

Gegen den Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 25. Juni 2019 haben die Beschwerdeführer am Montag, den 2. September 2019 Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügen die Verletzung des Anspruchs auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), des Anspruchs auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 LV und des Willkürverbots aus Art. 12 Abs. 1, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV.

Die Beschwerdeführer tragen vor, das Landgericht verletze das rechtliche Gehör, indem es die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen das Sachverständigengutachten nicht erwogen habe. Denn der Sachverständige habe nicht alle körperlichen Untersuchungen und Befragungen durchgeführt und dokumentiert, die im Gutachten enthalten seien. Dafür habe die zur Verfügung gestandene Zeit von einer halben Stunde nicht ausgereicht. Das Landgericht habe dieses Argument nicht in Erwägung gezogen, denn es sei nicht darauf eingegangen. Der Beweisantritt der Beschwerdeführer sei übergangen worden. Das Gericht dürfe nicht einfach der Stellungnahme des Sachverständigen vom 18. September 2018 Glauben schenken. Das Unterlassen einer weiteren Beweiserhebung verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör. Auch aus dem Justizgewährungsanspruch folge ein Recht auf Beweiserhebung. Den Beweisantritt der Beschwerdeführer übergangen zu haben, sei zudem willkürlich.

Das Landgericht habe das rechtliche Gehör auch dadurch verletzt, dass es den Vortrag nicht beachtet habe, der Sachverständige habe entgegen dem Stand der Wissenschaft begutachtet und dadurch offenbart, nicht hinreichend qualifiziert zu sein. Die Beschwerdeführer hätten dargelegt, dass die Annahme des Sachverständigen, es gebe zwischen akutem psychischem Stress und dem Risiko eines Schlaganfalls keinen Zusammenhang, unzutreffend sei. Sie hätten hierzu auf eine Internetseite verwiesen. Der Sachverständige, der diesen Zusammenhang leugne, sei nicht hinreichend sachverständig. Die Beschwerdeführer hätten auch hier Beweis durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Der Sachverständige habe nicht nachgewiesen, dass die Schlaganfälle der Beschwerdeführerin stressunabhängig aufgetreten seien.

Das Landgericht habe den Vortrag nicht gewürdigt, dass der Sachverständige Äußerungen der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt oder unzutreffend bewertet habe und dadurch die Gefahr eines Suizids oder eines sogenannten Bilanzselbstmords verneint habe.

Auch habe es dem Vorbringen keine Beachtung geschenkt, dass die testpsychologischen Untersuchungen des Sachverständigen zum kognitiven Leistungsvermögen der Beschwerdeführerin ungeeignet seien, da sie für hirnorganisch geschädigte Patienten entwickelt worden seien. Hierzu hätten die Beschwerdeführer ebenfalls Beweis durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens angeboten.

Es sei auch übergangen worden, dass die Beschwerdeführerin ihre Lesebrille nicht dabeigehabt habe. Sie sei wegen des langen Aufenthalts in der Praxis des Sachverständigen, der vielen zu beantwortenden Fragen und ihres hohen Blutdrucks zu erschöpft gewesen. Die Testergebnisse seien deswegen unbrauchbar.

Das Landgericht habe nicht beachtet, dass der Sachverständige konfrontativ-aggressiv aufgetreten sei, Suggestivfragen gestellt, in verzerrender Weise auf andere ärztliche Berichte Bezug genommen und die Anwesenheit einer Bezugsperson nicht zugelassen habe. Das Gutachten sei auch aufgrund dieser Einflüsse nicht verwertbar. Dies sei unter Beweis gestellt worden.

Der Beschluss beruhe auf diesen Verfahrensverstößen. Es sei nicht auszuschließen, dass das Landgericht zu einem für die Beschwerdeführer günstigen Ergebnis gekommen wäre, wenn die sich aus dem Gebot des rechtlichen Gehörs und der Fairness des Verfahrens vor Gericht ergebenden Anforderungen beachtet worden wären.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig, da sie nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung genügt.

1. Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts der Beschwerdeführer aufzeigt. Sie muss umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die wesentlichen rechtlichen Erwägungen nachvollziehbar dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die Entscheidung kollidiert (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 22. März 2019 - VfGBbg 38/18 -, https://verfassungsgericht.branden-burg.de).

2. Die Beschwerdeschrift zeigt eine mögliche Verletzung der geltend gemachten Grundrechte nicht auf.

a) Das Vorbringen der Beschwerdeführer lässt es nicht möglich erscheinen, dass das rechtliche Gehör verletzt sein könnte.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts gewährt Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den für diese erheblichen Sach- und Rechtsfragen zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und rechtzeitiges, möglicherweise erhebliches Vorbringen bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. ausführlich Beschluss vom 16. März 2018
- VfGBbg 56/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das ihm unterbreitete Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Betracht zieht. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jeglichem Vorbringen ausdrücklich zu befassen, sondern kann sich auf die Bescheidung der ihm wesentlich erscheinenden Punkte beschränken. Insbesondere verwehrt es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht, den Vortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts, zum Beispiel wegen sachlicher Unerheblichkeit, ganz oder teilweise außer Betracht zu lassen (vgl. Beschluss vom 10. Mai 2007 - VfGBbg 8/07 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV ergibt sich kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Das Grundrecht schützt die Verfahrensbeteiligten nicht davor, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt und zu einer abweichenden Rechtsauffassung gelangt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur verletzt, wenn die Nichtberücksichtigung von Vortrag oder von Beweisanträgen im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. Beschluss vom 16. März 2018 - VfGBbg 56/16 -, https://verfassungs-gericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Gutachten gerichtlich bestellter Sachverständiger hat das Gericht sorgfältig und kritisch zu würdigen und gegebenenfalls Unvollständigkeiten, Unklarheiten und Zweifel von Amts wegen auszuräumen. Das Gericht hat sich mit den Einwendungen einer Partei sorgfältig auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986
- III ZR 245/84 -, Juris, Rn. 40). Es hat die Gründe, warum es dem Gutachten trotz der Einwendungen folgt, darzulegen (vgl. bezüglich eines Zweitgutachtens: BGH, Urteil vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 -, Juris, Rn. 7). Gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind in dem Urteil nur die Gründe darzulegen, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. Die Entscheidungsgründe sollen gemäß § 313 Abs. 3 ZPO nur eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, enthalten.

bb) Die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen gegen das Gutachten werden im angegriffenen Beschluss des Landgerichts behandelt. Der Tatbestand führt die wesentlichen Einwendungen auf und verweist im Übrigen gemäß § 329, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässigerweise auf den Schriftsatz vom 28. Februar 2019. In den Entscheidungsgründen führt das Landgericht aus, dass es die Feststellungen des Sachverständigen eingehend und eigenständig geprüft habe. Der Sachverständige habe die Fragen vollständig und ausführlich beantwortet, seine Vorgehensweise dargestellt und die seiner Untersuchung zugrundeliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Unterlagen bezeichnet und ausgewertet. Die von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen habe er in einer ergänzenden Stellungnahme ausführlich und auch in für das Gericht nachvollziehbarer Weise erörtert. Er habe den von den Beschwerdeführern erhobenen Vorwurf, dass er eine Vielzahl von Untersuchungen nicht vorgenommen habe, widerlegt. Seine Stellungnahme erläutere, inwieweit psychische und soziale Faktoren das Risiko von Schlaganfällen und Herzinfarkten steigern könnten, und erörtere in nachvollziehbarer Weise, welche Schlussfolgerungen daraus für die konkrete Situation der Beschwerdeführerin zu ziehen seien. Mit der Gefahr eines Suizids setze er sich in hinreichender Tiefe auseinander. Die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die vom Sachverständigen angeführten wissenschaftlichen Grundlagen und testpsychologischen Untersuchungen griffen nicht durch. Im Ergebnis könne nicht die Zwangsversteigerung, sondern allenfalls eine spätere Räumung und der damit einhergehende tatsächliche Verlust des Wohnbereichs zu einer konkreten Suizidgefährdung führen. An der fachlichen Eignung des Sachverständigen bestünde unter Berücksichtigung der fundierten Darstellungen und Erörterungen seiner Untersuchungen und Ergebnisse kein Zweifel. Das Landgericht hat sich daher mit den wesentlichen Einwendungen der Beschwerdeführer befasst, diese gewürdigt, aber nicht als durchgreifend erachtet. Damit ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör genügt. Die Rüge der Beschwerdeführer erschöpft sich letztlich darin, dass das Landgericht nicht auf ihre Argumente „gehört“ hat, das heißt, ihrer Auffassung nicht gefolgt ist, und daher die Erhebung weiterer Beweise für nicht erforderlich gehalten hat. Dieses Vorbringen vermag die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht zu begründen.

b) Die Darlegungen in der Beschwerdeschrift lassen auch die Verletzung des Willkürverbots gemäß Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV nicht als möglich erscheinen.

aa) Für das gerichtliche Verfahren ist das Grundrecht auf Gleichheit vor Gericht in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür gemäß Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV spezieller und damit vorrangig vor dem allgemeinen Willkürverbot gemäß Art. 12 Abs. 1 LV.

Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht entzogen; nur bei einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts durch diese kann das Verfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde hin eingreifen. Auch die Beweiswürdigung kann im Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde nicht schlechthin auf ihre Richtigkeit, sondern nur daraufhin überprüft werden, ob sie spezifisches Verfassungsrecht verletzt, ob also die Beweise willkürlich oder sonst unter Verletzung von Verfassungsrecht gewürdigt worden sind. Willkürlich ist ein Richterspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Eine willkürfreie richterliche Überzeugungsbildung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingenden Erfahrungssätze beachten. Das Verfassungsgericht überprüft die Beweiswürdigung des Fachgerichts nur darauf, ob es sich mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, ob die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze, Naturgesetze
oder Erfahrungssätze verstößt. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt nicht die Annahme eines Verstoßes gegen das Willkürverbot (vgl. Beschluss vom 21. Juni 2019 - VfGBbg 30/18 -, https://verfassungs-gericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Folgt das Gericht einem Sachverständigengutachten trotz Einwendungen einer Partei, ist die Grenze zur Willkür dann überschritten, wenn die in der Entscheidung dargelegten Gründe dafür nicht mehr nachvollziehbar, sondern sachfremd sind (vgl. bezüglich eines Zweitgutachtens: BGH, Urteil vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 -, Juris, Rn. 7), oder wenn das Gericht eigene Sachkunde für sich in Anspruch nimmt, ohne diese darzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1997 - VI ZR 86/96 -, Juris, Rn. 12).

bb) Die Beschwerdeschrift macht nicht geltend, dass die Begründungen des Gerichts nicht nachvollziehbar, sondern sachfremd gewesen sein sollen. Die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, inwieweit die Beweiswürdigung des Gerichts unvollständig, widersprüchlich oder rechtlich nicht möglich gewesen sei oder gegen Denkgesetze, Naturgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen habe. Insbesondere soweit die Beschwerdeführer vortragen, die im Gutachten enthaltenen körperlichen Untersuchungen und Befragungen durch den Sachverständigen hätten nicht in der zur Verfügung stehenden halben Stunde durchgeführt werden können, haben sie mit dieser Behauptung noch keinen zwingenden Erfahrungssatz aufgestellt. Es wurde nicht dargetan, warum die einfachen körperlichen Untersuchungen und Fragen nicht von einem erfahrenen Arzt innerhalb einer halben Stunde durchgeführt und dokumentiert werden könnten.

c) Die Beschwerdeschrift legt die Möglichkeit der Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren nicht dar.

aa) Der Anspruch auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gemäß Art. 52 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 LV verbietet es, Menschen zum bloßen Objekt eines Verfahrens zu machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. März 1984 - 2 BvR 275/83 -, BVerfGE 66, 313, 318). Im Zivilprozess folgt daraus, dass sich der Richter nicht widersprüchlich verhalten darf. Er darf aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen keinen Verfahrensnachteil ableiten und muss allgemein Rücksicht gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. April 1988
- 1 BvR 669, 686, 687/87 -, BVerfGE 78, 123, 126, m. w. N.). Ein wesentliches Element ist der Grundsatz der Waffen- und Chancengleichheit, d. h. die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74 -, BVerfGE 52, 131, 156). Den Parteien muss ausreichende, angemessene und gleiche Gelegenheit zur Stellungnahme in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegeben werden, und keine Partei darf benachteiligt werden (vgl. Ernst in: Lieber/Iwers/Ernst, LV, Art. 52 Anm. 5). Über diesen Grundsatz der prozessualen Waffen- und Chancengleichheit hinaus lassen sich für das zivilprozessrechtliche Erkenntnisverfahren keine verfassungsrechtlichen Folgen ableiten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74 -, BVerfGE 52, 131, 157). Dass sich das Gericht eine Rechtsauffassung bildet und in deren Folge etwa Beweise nicht erhebt, stellt keine „unfaire“ Verfahrensweise dar (vgl. Beschluss vom 12. Oktober 2000 - VfGBbg 35/00 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

bb) Die Beschwerdeschrift leistet keine Auseinandersetzung mit den genannten Voraussetzungen und enthält keine Ausführungen dazu, inwieweit der Anspruch auf ein faires Verfahren durch den Beschluss des Landgericht Neuruppin verletzt sein soll.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dr. Becker

 

Dresen

Dr. Finck

 

Heinrich-Reichow

Kirbach

 

Dr. Lammer

Sokoll

 

Dr. Strauß