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VerfGBbg, Urteil vom 21. Juni 2024 - VfGBbg 22/23 -

 

Verfahrensart: abstrakte Normenkontrolle
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 103 Abs. 1; LV, Art. 103 Abs. 2 Satz 2; LV, Art. 105; LV, Art. 113 Nr. 2
- VerfGGBbg, § 12 Nr. 2; VerfGGBbg, § 39 Nr. 1
- Haushaltsgesetz 2023/2024, § 2 Abs. 1 Nr. 3; Haushaltsgesetz 2023/2024, § 10
Schlagworte: - abstrakte Normenkontrolle begründet
- Beschluss über die Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation
- Landesrecht
- Haushaltsgesetz
- Neufassung des Gesetzes
- Nachtragshaushaltsgesetz
- objektives Klarstellungsinteresse
- Veranlassungszusammenhang
- Darlegungslast
- Kreditaufnahme
- notlagebedingten Kreditaufnahmen
- Außergewöhnliche Notsituation
- Budgetrecht des Parlaments
- Spezialität
nichtamtlicher Leitsatz: 1. Die Regelungen in § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 in der Fassung vom 16. Dezember 2022, wonach das Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg ermächtigt wird, in Ausnahme vom so genannten Neuverschuldungsverbot (Art. 103 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg, LV) aufgrund einer vom Landtag festgestellten außergewöhnlichen Notsituation (Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV) Kredite von insgesamt bis zu 2 Milliarden Euro in den Haushaltsjahren 2023 und 2024 aufzunehmen und in Mehrausgaben zur Bekämpfung der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in entsprechender Höhe einzuwilligen, stehen nicht im Einklang mit Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV.

2. Der Beschluss über die Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation im Sinne des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV ist kein zulässiger Gegenstand einer abstrakten Normenkontrolle, weil es sich dabei nicht um überprüfbares „Landesrecht“ im Sinne von Art. 113 Nr. 2 LV handelt.

3. Die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) zu Art. 109 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG entwickelt hat, gelten auch für die Auslegung des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV.
Fundstellen: DÖV, September 2024, Heft 18
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Urteil vom 21. Juni 2024 - VfGBbg 22/23 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 22/23




IM NAMEN DES VOLKES

U r t e i l

VfGBbg 22/23

In dem abstrakten Normenkontrollverfahren

der Mitglieder des Landtags Brandenburg

Dr. Hans-Christoph Berndt, Dennis Hohloch, Lars Günther, Lars Hünich, Sabine Barthel, Birgit Bessin, Andreas Galau, Michael Hanko, Rolf-Peter Hooge, Steffen John, Lena Kotré, Daniel Freiherr von Lützow, Daniel Münschke, Volker Nothing, Lars Schieske, Felix Teichner, Peter Drenske, Steffen Kubitzki, Wilko Möller, Kathleen Muxel, Dr. Daniela Oeynhausen, Marianne Spring-Räumschüssel, Andreas Kalbitz,


Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigte                H.
                                                                Rechtsanwälte,

 

beteiligt:

  1. Landtag Brandenburg,
    vertreten durch die Präsidentin,
    Alter Markt 1,
    14467 Potsdam,

Verfahrensbevollmächtigter               Prof. Dr. W.,

  1. Landesregierung Brandenburg,
    - Staatskanzlei -,
    Heinrich-Mann-Allee 107,
    14473 Potsdam,

Verfahrensbevollmächtigter               Prof. Dr. K.

  1. Landesrechnungshof Brandenburg,
    vertreten durch den Präsidenten,
    Graf-von-Schwerin-Straße 1,
    14469 Potsdam,

                                                                                         

wegen

Beschluss des Landtags Brandenburg in der 77. Sitzung vom 14. und 15. Dezember 2022 (BePr 7/77, S. 22 ff.), mit dem das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz 2 Landesverfassung in Verbindung mit § 18b Landeshaushaltsordnung festgestellt wurde; § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 (Haushaltsgesetz 2023/2024 ‑ HG 2023/2024) vom 16. Dezember 2022 (GVBl.I/22, [Nr. 35], S. 1; GVBl.I/22, [Nr. 35], S. 16)

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 17. Mai 2024

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Finck, Heinrich-Reichow, Kirbach, Dr. Koch, Richter und Sokoll

f ü r  R e c h t  e r k a n n t:

  1. Der Antrag zu 1. wird verworfen.
  2. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 in der Fassung vom 16. Dezember 2022 (Gesetz- und Verordnungsblatt I/22, [Nr. 35], S. 1; GVBl. I/22, [Nr. 35], S. 16) ist nichtig.
  3. § 10 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 in der Fassung vom 16. Dezember 2022 (Gesetz- und Verordnungsblatt I/22, [Nr. 35], S. 1; GVBl. I/22, [Nr. 35], S. 16) ist nichtig.

G r ü n d e :

A.

Das abstrakte Normenkontrollverfahren von 23 Mitgliedern des Landtags Brandenburg richtet sich gegen § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 (Haushaltsgesetz 2023/2024) in der Fassung vom 16. Dezember 2022.

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 ermächtigt das Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg (das Finanzministerium) in Ausnahme vom so genannten Neuverschuldungsverbot (Art. 103 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg, LV) aufgrund einer vom Landtag festgestellten außergewöhnlichen Notsituation (Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV) Kredite von insgesamt bis zu 2 Milliarden Euro in den Haushaltsjahren 2023 und 2024 aufzunehmen. § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 ermächtigt das Finanzministerium, in „Mehrausgaben zur Bekämpfung der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine“ in entsprechender Höhe einzuwilligen.

I.

1. Die zur Überprüfung gestellten Bestimmungen sind in Reaktion auf die Auswirkungen des seit dem 24. Februar 2022 andauernden Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine entstanden. Anlass war die Beobachtung grundlegender Veränderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen durch den Ukraine-Krieg (u. a. Energieknappheit, Vervielfachung der Energiepreise, Inflation, Flüchtlingsbewegungen). Es bestand die Befürchtung, die nach der Corona-Pandemie einsetzende wirtschaftliche Erholung werde gefährdet (vgl. LT‑Drs. 7/6685, S. 2). Die Kreditaufnahmen in Höhe von bis zu 2 Milliarden Euro sollen der Finanzierung von Maßnahmen des Landes zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs in sechs Maßnahmenbereichen dienen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen, LT‑Drs. 7/6783, S. 3 sowie Anlage 3, S. 4 f.; Begründung zur Feststellung der außergewöhnlichen Notsituation, LT‑Drs. 7/6685). Die Finanzierung für die sechs Maßnahmenbereiche wird auch als Brandenburg-Paket bezeichnet.

Die angegriffenen Bestimmungen - § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 - lauten:

§ 2
Kreditermächtigungen

(1) Das für Finanzen zuständige Ministerium wird ermächtigt, zur Deckung von Ausgaben nachfolgend aufgeführte Kredite aufzunehmen:

1.    gemäß § 18 Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit § 18 Absatz 4 Nummer 1 der Landeshaushaltsordnung zur Umsetzung finanzieller Transaktionen

a.    bis zur Höhe von 330 434 400 Euro im Haushaltsjahr 2023,

b.    bis zur Höhe von 24 213 600 Euro im Haushaltsjahr 2024.

2.    gemäß § 18 Absatz 3 Nummer 1 in Verbindung mit § 18a Absatz 2 Satz 2 der Landeshaushaltsordnung infolge der von der wirtschaftlichen Normallage negativ abweichenden konjunkturellen Entwicklung

a.    bis zur Höhe von 70 153 100 Euro im Haushaltsjahr 2023,

b.    bis zur Höhe von 1 249 400 Euro im Haushaltsjahr 2024,

3.    gemäß § 18 Absatz 3 Nummer 2 in Verbindung mit § 18b der Landeshaushaltsordnung zur Bekämpfung der vom Landtag gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz 2 Landesverfassung festgestellten außergewöhnlichen Notsituation aufgrund der infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine eingetretenen Energieknappheit, der damit einhergehenden Vervielfachung der Energiepreise und der allgemeinen Inflation sowie der als Kriegsfolge aber auch aus anderen Gründen erneut angewachsenen Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine als auch aus anderen Herkunftsländern

a.    bis zur Höhe von 1 200 000 000 Euro im Haushaltsjahr 2023,

b.    bis zur Höhe von 800 000 000 Euro im Haushaltsjahr 2024.

Soweit die Ermächtigung gemäß Buchstabe a bis zum endgültigen Jahresabschluss des Haushaltsjahres 2023 nicht in Anspruch genommen wird, steht sie im Haushaltsjahr 2024 abweichend von § 18 Absatz 5 Satz 3 der Landeshaushaltsordnung zusätzlich zur Deckung von Ausgaben für die Bekämpfung der vom Landtag festgestellten außergewöhnlichen Notsituation zur Verfügung.

(…).

§ 10
Mehrausgaben zur Bekämpfung der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine

Zur Bekämpfung der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird das für Finanzen zuständige Ministerium abweichend von § 9 sowie von § 37 der Landeshaushaltsordnung ermächtigt, in über- und außerplanmäßige Ausgaben einzuwilligen:

1.    bis zur Höhe von 1 200 000 000 Euro im Haushaltsjahr 2023,

2.    bis zur Höhe von 800 000 000 Euro im Haushaltsjahr 2024.

Soweit die Ermächtigung nach Satz 1 Nummer 1 im Haushaltsjahr 2023 nicht in Anspruch genommen wird, steht sie im Haushaltsjahr 2024 zusätzlich für Einwilligungen zur Verfügung. Ausgaben nach Satz 1 sind nachrangig zu entsprechenden Maßnahmen des Bundes, der Europäischen Union oder bestehenden regulären Hilfesystemen zu gewähren und müssen in Entsprechung der vom Landtag gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz 2 Landesverfassung festgestellten außergewöhnlichen Notsituation darauf gerichtet und geeignet sein, wesentliche Beeinträchtigungen infolge der eingetretenen Energieknappheit, der damit einhergehenden Vervielfachung der Energiepreise und der allgemeinen Inflation sowie der erneut angewachsenen Flüchtlingsbewegungen abzumildern. Überschreiten die Ausgaben nach Satz 1 im Einzelfall Landesmittel in Höhe des Betrages von 7 500 000 Euro, ist die Einwilligung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen des Landtages einzuholen. Im Übrigen ist der Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Landtages unverzüglich über die Einwilligungen nach Satz 1 zu unterrichten.

2. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Landesregierung für den Doppelhaushalt 2023/2024 vom 27. September 2022 (LT-Drs. 7/6352 Neudruck) hatte die zur Prüfung gestellten Bestimmungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024) noch nicht enthalten. Der Landtag überwies den Gesetzentwurf in seiner 73. Sitzung am 12. Oktober 2022 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und zur Mitberatung an alle Fachausschüsse.

Mit Änderungsanträgen vom 22. November 2022 beantragten Abgeordnete der Fraktionen SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzesentwurf u. a. dahingehend abzuändern, dass § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2023/2024 um die - hier angegriffenen - Kreditermächtigungen (Nr. 3) ergänzt werden solle und die Ermächtigung zu Mehrausgaben zur Bekämpfung der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine (§ 10 Haushaltsgesetz 2023/2024) eingefügt werde.

Die Begründung des Änderungsantrags zu § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 lautet:

Voraussetzung für die Kreditaufnahme ist zunächst, dass der Landtag gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz der Verfassung des Landes (LV) in Verbindung mit § 18b LHO eine außergewöhnliche Notsituation feststellt. Durch den mit einfacher Mehrheit zu fassenden Beschluss über das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation wird die Rechtsgrundlage für eine Kreditaufnahme auf Grundlage der Ausnahmeregelung des § 18 Absatz 3 Nummer 2 LHO „außergewöhnliche Notsituation“ geschaffen. Die Höhe der Kreditermächtigung ist wie in § 18 Absatz 4 LHO vorgegeben in § 2 Absatz 1 Nummer 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 für das Haushaltsjahr 2023 mit 1.200.000.000 Euro und das Haushaltsjahr 2024 mit 800.000.000 Euro bestimmt. Das Erfordernis der Kreditaufnahme wird entsprechend § 18 Absatz 5 Satz 1 LHO wie folgt dargelegt:

Die in § 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a und b vorgesehene jährliche Kreditermächtigung dient der Finanzierung der Auswirkungen und Folgen der in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine eingetretenen Energieknappheit, der inflationären Preisentwicklungen sowie der angewachsenen Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine und anderen Herkunftsländern in den Jahren 2023 und 2024.

In Folge der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bestehenden außerordentlichen gesamtgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen muss von einem über das Jahr 2023 hinausgehenden Zeitraum ausgegangen werden. Die Wahl dieses Zeitraums als auch der Kreditermächtigung für die Jahre 2023 und 2024 berücksichtigt dabei insbesondere die finanzielle Beteiligung des Landes an den Maßnahmen des Bundes, welcher drei Entlastungspakete mit einem Volumen von insgesamt ca. 95 Milliarden Euro mit umfangreichen Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht hat, deren Wirkungen bis 2024 reichen. Insbesondere das dritte Entlastungspaket umfasst neben kurzfristigen Hilfen auch strukturelle Veränderungen (z. B. Wohngeldreform), Maßnahmen zur Vermeidung schleichender Steuererhöhungen im Zusammenhang mit der Inflation sowie einen umfassenden Abwehrschirm zur Deckelung der gestiegenen Gas- und Strompreise für nahezu alle Verbraucherinnen und Verbraucher.

Die Ermächtigung zur Kreditaufnahme im Haushaltsjahr 2023 ist zudem in § 2 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 ergänzt um den Zusatz, dass abweichend von § 18 Absatz 5 Satz 3 LHO im Haushaltsjahr 2023 nicht ausgeschöpfte Teile der Ermächtigung im Haushaltsjahr 2024 zusätzlich zur Deckung entsprechender Mehrausgaben zur Verfügung stehen.

Auf diese Weise wird zur Krisenbewältigung für die Jahre 2023 und 2024 insgesamt ein stabiler und zugleich flexibler Planungsrahmen geschaffen.

Für die Jahre 2023 und 2024 entstehen in den folgenden Bereichen die nachfolgend dargestellten Bedarfe für Entlastungs-, Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen des Landes. Deren Umsetzung und Wirksamwerden hat dabei nur ergänzenden Charakter und beschränkt sich auf Bereiche, die durch Maßnahmen Dritter, wie der EU und des Bundes, nicht oder nicht ausreichend abgedeckt werden. Mit den benannten Maßnahmen werden auch Unterstützungen für die Kommunen im Umfang von mindestens 500.000.000 Euro gewährt und damit auch die kommunale Ebene bei der Planung abgesichert. Ebenfalls sind die notwendigen finanziellen Beteiligungen des Landes an Bundesmaßnahmen enthalten (zum Beispiel die Ausweitung der Wohngeldleistungen oder auch die notwendige Landesbeteiligung zur Finanzierung des 49‑Euro-Tickets).

Ergänzende Entlastungsmaßnahmen für Bürgerinnen und Bürger insbesondere mit geringem und mittlerem Einkommen                             

230.000.000 Euro

Insbesondere Bürgerinnen und Bürger im geringen und mittleren Einkommensbereich sind von den inflationsbedingten Preisanstiegen in den verschiedensten Bereichen des täglichen Lebens außerordentlich betroffen - zum Beispiel auf Grund steigender Kosten für die Kinderbetreuung im Bereich der Krippen, Kindertagesstätten sowie schulischen und außerschulischen Betreuung und Versorgung. Die seitens des Bundes mit seinen Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahmen in dieser Hinsicht nicht abgedeckten Bedarfe werden durch ergänzende landesseitige Maßnahmen berücksichtigt und damit eine Lücke geschlossen.

Maßnahmen zur Aufrechterhaltung öffentlicher Aufgaben, der Funktionsfähigkeit und Aufgabenwahrnehmung der privaten Wirtschaft sowie von Einrichtungen, Institutionen, Vereinen und Verbänden in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Kultur, Sport, Gesundheit sowie im Sozialbereich

600.000.000 Euro

Berücksichtigt sind unter anderem Unterstützungsmaßnahmen auf Grund gestiegener Energie- und Gaskosten bei öffentlichen oder privaten Institutionen, Einrichtungen und Unternehmen, soweit die Kostensteigerungen nach Einbeziehung der Entlastungsmaßnahmen des Bundes noch die Aufgabenwahrnehmung und Funktionsfähigkeit gefährden. Auch erfasst werden Unterstützungsmaßnahmen auf Grund gestiegener Sozialausgaben (z. B. Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege), die in Folge der Energie- und Gaspreisentwicklung durch zunehmende Fallzahlen und Fallzahlkosten angewachsen sind.

Maßnahmen zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen, für einen Transformationsprozess hin zu einer CO₂-armen Produktionsweise sowie den Ausbau [d]er Erneuerbaren Energien

400.000.000 Euro

Die hohe Abhängigkeit von fossilen Energiequellen stellt ein erhebliches Risiko für die Bürgerinnen und Bürger sowie die brandenburgische Wirtschaft dar, welches in Folge der aktuellen Energieknappheit und veränderter Lieferketten in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine noch stärker und dringlicher zu Tage getreten ist. Dieses Risiko gilt es abzubauen. Um dies zu erreichen, sind Maßnahmen für einen Transformationsprozess der Energieversorgung hin zu einer CO₂-armen Produktionsweise (z. B. im Bereich der Wasserstoffinfrastruktur), den Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie Maßnahmen im Bereich von Energieeffizienz- und Energiesparvorhaben im Land erforderlich.

Maßnahmen zur Aufnahme, Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Integration von Geflüchteten

150.000.000 Euro

Im Bereich der Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten sind unter anderem Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeits- und Ausbildungsangebote für Geflüchtete, die Ermöglichung des Zugangs zu Sprachkursen, die Schaffung von Kita- und Schulplätzen sowie die Ermöglichung des Zugangs zu einer medizinischen und psychologischen Versorgung erforderlich.

Maßnahmen zur Aufrechterhaltung, zum Ausbau und zur Modernisierung kritische[r] Infrastrukturen aufgrund veränderter Risiko- und Gefahrenlagen, insbesondere in Krisen- und Katastrophenfällen

120.000.000 Euro

Abgebildet ist der erforderliche Bedarf zum Ausbau und der Modernisierung der kritischen Infrastruktur, welcher auf Grund der aktuellen Krise eine gesteigerte Bedeutung zuzumessen ist. Berücksichtigt sind insbesondere Maßnahmen zur Stärkung der Krisenfestigkeit und Krisenreaktionsfähigkeit des Landes in Katastrophenfällen im Bereich der kritischen Infrastruktur (insbesondere der Versorgungsinfrastruktur im Energiebereich).

Pauschale Vorsorge für weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Energieknappheit, der inflationären Preisentwicklung und deren Folgen sowie zur zusätzlichen Stärkung der zuvor benannten Bereiche

500.000.000 Euro

Die pauschale Vorsorge orientiert sich an den Erfahrungen mit den Rettungsschirmen des Landes zur Coronapandemiebekämpfung. Sie ist zur Stärkung der zuvor benannten Bereiche sowie für weitere Maßnahmen vorgesehen, bei denen der sachliche und zeitliche Verursachungs- und Wirkungszusammenhang zu den die Notsituation auslösenden Ereignissen feststellbar ist und die darauf gerichtet und geeignet sind, unter Berücksichtigung der Bedürftigkeit sowie der Entlastungsmaßnahmen Dritter, wesentliche Beeinträchtigungen der Energieknappheit sowie der inflationären Preisentwicklung und deren Folgen auf ein vertretbares Niveau abzumildern.

(LT-Drs. 7/6783, Anlage 3 zu § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2023/24, dort S. 4 f.).

Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen nahm die Änderungsanträge zu § 2 Abs. 1 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 an und empfahl dem Landtag, den geänderten Gesetzentwurf in 2. Lesung anzunehmen (vgl. LT-Drs. 7/6783, S. 1 ff.).

Ferner beantragte der Ausschuss, der Landtag möge gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV i. V. m. § 18b Landeshaushaltsordnung (LHO) feststellen, dass aufgrund der infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine eingetretenen Energieknappheit, der damit einhergehenden Vervielfachung der Energiepreise und der allgemeinen Inflation sowie der als Kriegsfolge, aber auch aus anderen Gründen erneut angewachsenen Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine als auch aus anderen Herkunftsländern eine außergewöhnliche Notsituation im Land Brandenburg für die Jahre 2023 und 2024 bestehe, die sich der Kontrolle des Staates entziehe und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtige, um die Voraussetzungen für eine Kreditermächtigung in Höhe von 2 Milliarden Euro zur Finanzierung der Auswirkungen und Folgen der außergewöhnlichen Notsituation im Haushaltsgesetz 2023/2024 zu schaffen (vgl. Antrag vom 6. Dezember 2022, LT‑Drs. 7/6685, S. 1 f.).

In der Antragsbegründung heißt es:

(…) Nachdem sich die Wirtschaftsleistung und damit auch die finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte nach dem coronabedingten Einbruch im Jahr 2021 und zunächst auch noch in 2022 wieder deutlich erholt hatte, veränderte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Februar 2022 in kurzer Zeit abermals die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen in grundlegender Weise und bremste die weitere wirtschaftliche Erholung erneut deutlich ab.

Insgesamt steht Deutschland nach aktuellen Einschätzungen im kommenden Jahr eine Rezession sowie eine anhaltend hohe Inflation bevor. In 2023 wird mit einem Abschwung des Bruttoinlandsprodukts um circa 0,2 Prozent und einer allgemeinen Preissteigerung von 7,4 Prozent gerechnet. Seit Mitte des Jahres 2022 haben die hohen Preise für Energie und Lebensmittel die Kaufkraft deutlich geschwächt und den privaten Konsum gedämpft. Zugleich haben sich die wirtschaftlichen Aussichten in Deutschland in den letzten Monaten substanziell eingetrübt.

Die Bewältigung dieser Krise ist eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der es auf den Zusammenhalt und ein schnelles, koordiniertes und zielgerichtetes Handeln ankommt. Sie hat weitreichende politische und gesellschaftliche Auswirkungen und führt zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen für Bürgerinnen und Bürger, von Unternehmen, von sozialen wie kulturellen Institutionen und Einrichtungen, aber auch der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann die Tragweite und Dauer des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht abschließend bemessen werden. Festhalten lässt sich jedoch, dass es bislang keinerlei Anzeichen für ein baldiges Ende des Krieges und der damit einhergehenden Verwerfungen gibt. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Auswirkungen aufgrund ihrer enormen gesamtgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Tragweite über das Jahr 2023 hinausgehen. Auch eine weitere Eskalation des Konflikts kann nicht ausgeschlossen werden. Diese Grundannahme spiegelt sich auch in den auf Bundesebene beschlossenen Maßnahmen wider, deren Entlastungswirkungen bis 2024 reichen.

Die Bundesregierung hat angesichts der stark steigenden Preise drei Entlastungspakete mit einem Volumen von insgesamt ca. 95 Milliarden Euro mit umfangreichen Maßnahmen zur Entlastung und sozialen Unterstützung auf den Weg gebracht. Insbesondere das dritte und umfangreichste Entlastungspaket umfasst neben kurzfristigen Hilfen auch strukturelle Veränderungen (Reformen bei Wohngeld, Grundsicherung/Bürgergeld, Erhöhung des Kindergeldes). Dazu kommen Maßnahmen zur Vermeidung schleichender Steuererhöhungen im Zusammenhang mit der Inflation (Inflationsausgleichsgesetz). Mit einem umfassenden Abwehrschirm im Umfang von 200 Milliarden Euro werden darüber hinaus die gestiegenen Gas- und Strompreise für Verbraucherinnen und Verbraucher in nahezu allen Bereichen gedeckelt. Über die substantielle Beteiligung der Länder an diesen Maßnahmen haben sich der Bundeskanzler und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am 2. November 2022 verständigt. Deren Umsetzung und Wirksamwerden steht deshalb als gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern zur Bewältigung der Krise im Vordergrund.

Neben der finanziellen Beteiligung an den Maßnahmen des Bundes sind ergänzend Entlastungs-, Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen des Landes in Bereichen erforderlich, die durch Maßnahmen Dritter wie der EU und des Bundes nicht oder nicht ausreichend abgedeckt werden. Dies gilt vor allem auch für Maßnahmen zur Abkehr von fossilen Brennstoffen oder den Ausbau und die Modernisierung der kritischen Infrastruktur, die bereits zuvor aus anderen Gründen (Klimaschutz, veränderte Bedrohungslage) eine hohe Bedeutung besaßen, deren Dringlichkeit sich aber mit der aktuellen Krise nochmals potenziert hat. Nach vorläufiger Einschätzung sind in den Jahren 2023 und 2024 für die Beteiligung an den Maßnahmen des Bundes sowie für ergänzende Maßnahmen des Landes Brandenburg insbesondere die nachfolgend benannten Maßnahmen und Bedarfe erforderlich:

1.   Ergänzende Entlastungsmaßnahmen für Bürgerinnen und Bürger insbesondere mit geringem und mittlerem Einkommen

230.000.000 Euro

2.   Maßnahmen zur Aufrechterhaltung öffentlicher Aufgaben, der Funktionsfähigkeit und Aufgabenwahrnehmung der privaten Wirtschaft sowie von Einrichtungen, Institutionen, Vereinen und Verbänden in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Kultur, Sport, Gesundheit sowie im Sozialbereich

600.000.000 Euro

3.   Maßnahmen zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen, für einen Transformationsprozess hin zu einer CO₂-armen Produktionsweise sowie den Ausbau der Erneuerbaren Energien

400.000.000 Euro

4.   Maßnahmen zur Aufnahme, Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Integration von Geflüchteten                                                     

150.000.000 Euro

5.   Maßnahmen zur Aufrechterhaltung, zum Ausbau und zur Modernisierung kritischer Infrastrukturen aufgrund veränderter Risiko- und Gefahrenlagen, insbesondere in Krisen- und Katastrophenfällen                      

120.000.000 Euro

6.   Pauschale Vorsorge für weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Energieknappheit, der inflationären Preisentwicklung und deren Folgen sowie zur zusätzlichen Stärkung der Maßnahmebereiche 1. - 5.     

500.000.000 Euro

Mit den benannten Maßnahmen werden auch Bedarfe auf der kommunalen Ebene im Umfang von mindestens 500.000.000 Euro unterstützt. Ebenfalls ist darin die notwendige finanzielle Beteiligung des Landes an Bundesmaßnahmen enthalten. Dies umfasst beispielsweise die Ausweitung der Wohngeldleistungen oder auch die notwendige Landesbeteiligung zur Finanzierung des 49-Euro-Tickets.

Um für diese zusätzlichen krisenbedingten Bedarfe insgesamt die weitere finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes zu gewährleisten, muss auf der Grundlage des vorliegenden Beschlusses von der Veranschlagung einer notlagenbedingten Kreditermächtigung Gebrauch gemacht werden. Die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Notsituation nach Artikel 103 Absatz 2 Satz 2 Landesverfassung in Verbindung mit § 18 Absatz 3 Nummer 2 Landeshaushaltsordnung liegen vor. Das Haushaltsgesetz 2023/2024 wird zur Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen die Aufnahme von Krediten bis zur Höhe von insgesamt 2.000.000.000 Euro gemäß § 18 Absatz 3 Nummer 2 in Verbindung mit § 18b Landeshaushaltsordnung vorsehen; im Haushaltsjahr 2023 bis zur Höhe von 1.200.000.000 Euro, im Haushaltsjahr 2024 bis zur Höhe von 800.000.000 Euro. Die Ermächtigung zur Kreditaufnahme im Haushaltsjahr 2023 wird im Haushaltsgesetz 2023/2024 zudem ergänzt um den Zusatz, dass abweichend von § 18 Absatz 5 Satz 3 Landeshaushaltsordnung im Haushaltsjahr 2023 nicht ausgeschöpfte Teile der Ermächtigung im Haushaltsjahr 2024 zusätzlich zur Deckung entsprechender Mehrausgaben zur Verfügung stehen. Auf diese Weise wird zur Krisenbewältigung für die Jahre 2023 und 2024 insgesamt ein stabiler und zugleich flexibler Planungsrahmen bereitgestellt.

Angesichts der enormen, bereits jetzt absehbaren zusätzlichen Bedarfe wären alternativ zur Finanzierung in Betracht zu ziehende weitreichende Ausgabenkürzungen kontraproduktiv. Sie wären nicht ohne substantielle Eingriffe in den Bereichen möglich, die krisenbedingt gerade gestärkt werden müssen, sodass am Ende auf diesem Wege die zusätzlich erforderlichen Mittel nicht bereitgestellt werden könnten. Ebenso scheidet die Nutzung der Allgemeinen Rücklage als Finanzierungsinstrument für die zusätzlichen Bedarfe aus, da diese bereits vollständig mit dem Haushaltsplanentwurf 2023/2024 einschließlich eines für 2022 prognostizierten Überschusses verplant ist. Eine Nutzung der aktuell in der Allgemeinen Rücklage noch befindlichen Mittel für die zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen käme daher weitreichenden Ausgabenkürzungen gleich. Auch aus dem Ergebnis der Steuerschätzung vom Oktober 2022 ergeben sich trotz inflationsbedingter Mehreinnahmen keine zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten für die krisenbedingten Mehrbedarfe. Das Ergebnis auf Landesebene berücksichtigt bereits die Anteile des Landes von ca. einer halben Milliarde Euro jährlich an den steuerlichen Entlastungsmaßnahmen des Bundes, weshalb nach Einberechnung des kommunalen Finanzausgleichs für das Land insgesamt in 2023/2024 keine Mehreinnahmen verbleiben. Zusammengefasst ist deshalb festzustellen, dass zur Krisenbewältigung keine Alternativen zur Verfügung stehen, um auf eine notlagenbedingte Kreditaufnahme verzichten zu können.

Infolgedessen sind sowohl Konsolidierungspotentiale als auch die Allgemeine Rücklage und steuerliche Mehreinnahmen bei der Umsetzung der Tilgungsverpflichtung der notlagenbedingten Kreditaufnahme in den Folgejahren zu berücksichtigen, um eine Tilgung in angemessener Zeit zu bewerkstelligen. Die gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz 3 Landesverfassung in Verbindung mit § 18b Landeshaushaltsordnung erforderliche Tilgungsregelung ist bereits im Haushaltsgesetz enthalten und wird um die Tilgungsleistungen aufgrund der zusätzlichen notlagenbedingten Kreditaufnahme in 2023/2024 ergänzt. Die Zins- und Tilgungsleistungen erfolgen aus dem Landeshaushalt. Für die vollständige Tilgung der aufgenommenen Kredite wird wiederum ein Zeitraum von 30 Jahren angesetzt, beginnend ab dem Jahr 2026 und endend am 31. Dezember 2055. Die Höhe der jährlichen Tilgungsraten und der Zeitraum der Tilgung sind angemessen im Hinblick auf den Umfang der Kreditaufnahme.

(vgl. LT‑Drs. 7/6685, S. 2-4).

In seiner 77. Sitzung am 15. Dezember 2022 stellte der Landtag per Beschluss das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV i. V. m. § 18b LHO fest (vgl. BePr 7/77 i. V. m. LT‑Drs. 7/6685, LT‑Drs. 7/6685-B) und nahm den vom Ausschuss für Finanzen und Haushalt empfohlenen Gesetzentwurf in 2. Lesung an (vgl. LT-Drs. 7/6783, BePr 7/77).

In seiner 78. Sitzung am 16. Dezember 2022 beschloss der Landtag Brandenburg das Haushaltsgesetz 2023/2024, das am selben Tag verkündet wurde (GVBl.I/22, [Nr. 35], Seite 1).

Eine - über die Beschreibung der Maßnahmenbereiche im „Brandenburg-Paket“ (LT‑Drs. 7/6783 bzw. BePr 7/77 i. V. m. LT‑Drs. 7/6685) hinausgehende - Konkretisierung der zu finanzierenden Maßnahmen obliegt einer Pressemitteilung des Finanzministeriums zufolge den einzelnen Fachministerien, die dazu aufgerufen seien, passende konkrete Maßnahmen zu identifizieren, mit einer Begründung zu versehen und dem Finanzministerium zu unterbreiten (vgl. Pressemitteilung Nr. 72/2022 des Finanzministeriums vom 16. Dezember 2022, „Brandenburg-Paket zielt auf nachhaltige Entlastungswirkung“, S. 4 f.). Das Finanzministerium prüfe die Vereinbarkeit mit der vom Landtag beschlossenen Notlagenerklärung. Es müsse sich um Maßnahmen handeln, die im Zusammenhang mit der aktuellen Krisensituation und der darauf beruhenden Notlagenerklärung stünden (vgl. § 10 Satz 2 Haushaltsgesetz 2023/2024). Überschritten die Ausgaben für die beantragten Maßnahmen einen Betrag von 7,5 Millionen Euro, sei die Einwilligung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen des Landtags einzuholen. Im Übrigen sei der Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Landtags unverzüglich über die nach § 10 Satz 1 Haushaltsgesetz 2023/2024 vom Finanzministerium erteilten Einwilligungen zu unterrichten (vgl. § 10 Sätze 3 und 4 Haushaltsgesetz 2023/2024).

Mit Beschluss vom 25. August 2023 lehnte das Verfassungsgericht den von den Antragstellern gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (VfGBbg 6/23 EA, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Der Landtag Brandenburg fasste am 20. Dezember 2023 einen weiteren Beschluss über das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV in Verbindung mit § 18b LHO, mit dem er das Fortbestehen einer außergewöhnlichen Notsituation im Land Brandenburg auch für das Jahr 2024 gesondert feststellte (LT‑Drs. 7/8968, S. 1-2). Dieser Beschluss zielte vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) insbesondere darauf ab, aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit die Feststellung der außergewöhnlichen Notsituation unter Würdigung des bisherigen Krisenverlaufs sowie der Wirkung der bisher eingeleiteten Maßnahmen für das Jahr 2024 zu erneuern (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen vom 18. Dezember 2023, LT-Drs. 7/8968, S. 2).

Am 23. Februar 2024 beschloss der Landtag Brandenburg das Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2023/2024 (Nachtragshaushaltsgesetz 2024 ‑ vgl. LT‑Drs. 7/9239 (Neudruck), das am 26. Februar 2024 verkündet wurde (GVBl. I/24 [Nr. 7], S. 1) und mit Blick auf den getroffenen Notlagenbeschluss für das Jahr 2024 entsprechende Anpassungen enthält. Es trat am 27. Februar 2024 in Kraft.

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 erhielten folgende Fassung:

§ 2 Absatz 1 Nummer 3 wird wie folgt geändert:

a) Der Satzteil vor Satz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Die Wörter „der damit einhergehenden Vervielfachung der Energiepreise und der allgemeinen Inflation sowie der als Kriegsfolge aber auch aus anderen Gründen erneut angewachsenen Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine als auch aus anderen Herkunftsländern“ werden durch die Wörter „des damit einhergehenden Anstiegs der Energiepreise und der allgemeinen Inflation sowie der als Kriegsfolge aber auch aus anderen Gründen erneut angewachsenen Fluchtbewegungen aus der Ukraine als auch aus anderen Herkunftsländern sowie der durch die russische Aggression erheblich vor allem für Kritische Infrastrukturen verschärften Sicherheitslage“ ersetzt.

bb) In Buchstabe b wird die Angabe „800 000 000“ durch die Angabe „1 060 000 000“ ersetzt.

b) Satz 2 wird aufgehoben.

§ 10 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 Nummer 2 wird die Angabe „800 000 000“ durch die Angabe „1 060 000 000“ ersetzt.

b) Satz 2 wird aufgehoben.

c) Im neuen Satz 2 werden die Wörter „der damit einhergehenden Vervielfachung der Energiepreise und der allgemeinen Inflation sowie der erneut angewachsenen Flüchtlingsbewegungen“ durch die Wörter „des damit einhergehenden Anstiegs der Energiepreise und der allgemeinen Inflation sowie der erneut angewachsenen Fluchtbewegungen und der verschärften Sicherheitslage“ ersetzt.

II.

Mit dem am 16. Mai 2023 eingeleiteten Normenkontrollverfahren beantragen die Antragsteller:

1. Der Beschluss des Brandenburger Landtags in der 77. Sitzung vom 14. und 15. Dezember 2022 (BePr 7/77, S. 22 ff.), mit dem das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV in Verbindung mit § 18b LHO festgestellt wurde, ist mit Artikel 103 Abs. 2 Satz 2 LV unvereinbar und nichtig.

2. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 in der Fassung vom 16. Dezember 2022 (Gesetz- und Verordnungsblatt I/22, [Nr. 35], S. 1; GVBl. I/22, [Nr. 35], S. 16) ist mit Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV unvereinbar und nichtig.

3. § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 in der Fassung vom 16.12.2022 (Gesetz- und Verordnungsblatt I/22, [Nr. 35], S. 1; GVBl. I/22, [Nr. 35], S. 16) ist mit Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV unvereinbar und nichtig.

Sie halten die gestellten Anträge für zulässig und begründet.

Die Antragsteller sind der Ansicht, der Beschluss des Landtags, mit dem dieser eine außergewöhnliche Notlage im Sinne des Art. 103 Abs. 2 LV festgestellt hat, stelle im Wege der abstrakten Normenkontrolle rügefähiges Landesrecht dar. Dies ergebe sich daraus, dass Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV eine Beschlussfassung des Landtags als gesetzesersetzenden Rechtsakt vorsehe und der Beschluss die dogmatische Basis der angegriffenen Gesetzesregelungen darstelle. Die Überprüfung müsse aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes möglich sein.

Der Normenkontrollantrag sei begründet. „§ 2 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 i. V. m. § 18b LHO“ erwiesen sich als materiell verfassungswidrig. Sie entsprächen nicht dem Ausnahmetatbestand des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV. Gleiches gelte für den Landtagsbeschluss, mit dem die außergewöhnliche Notlage im Sinne des Art. 103 Abs. 2 LV festgestellt worden sei.

Nach Art. 103 Abs. 1 LV sei der Landeshaushalt grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen. Davon könne im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen (Art. 103 Abs. 2 LV) abgewichen werden. Bei der Konkretisierung der Krisenbegriffe komme dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der allerdings nicht grenzenlos sei. Rechtsfolgenseitig komme es zu einer strikten Bindung der zusätzlichen Kredite an diejenigen Finanzbedarfe, die in unmittelbarem Veranlassungszusammenhang mit der tatbestandlichen Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation stünden und nicht anderweitig gedeckt werden könnten.

Die Antragsteller sind der Auffassung, die Beurteilung und Einschätzung des Gesetzgebers, ob eine Notlage im Sinne des Art. 103 Abs. 2 LV vorliege, müsse nachvollziehbar und vertretbar sein und korrespondiere mit einer erhöhten Darlegungslast, die ihn dazu zwinge, sich für die Inanspruchnahme des Ausnahmevorbehalts (Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV) zu rechtfertigen.

Der Haushaltsgesetzgeber habe bei der Beurteilung, ob eine außergewöhnliche Notsituation vorliege, den ihm zustehenden Spielraum überschritten. Der entsprechende Beschluss des Landtags sei daher verfassungswidrig. Das tatsächliche Bestehen einer außergewöhnlichen Notsituation in Brandenburg werde nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere enthalte der Beschluss über die Feststellung der außergewöhnlichen Notsituation keine nachvollziehbare und vertretbare Darlegung der Notsituation. Die Antragsbegründung enthalte nur rudimentäre Einschätzungen in Bezug auf die ganze Bundesrepublik Deutschland. Ein konkreter Bezug zu Brandenburg fehle. Die Ausführungen zur Wirtschaftslage seien pauschal; spezifische Fakten würden nicht genannt. Es werde nicht annähernd ersichtlich, ob und welche Auswirkungen durch die Krise tatsächlich bestehen könnten; die Aussagen dazu blieben abstrakt. Des Weiteren werde nicht ersichtlich, weshalb ergänzende Entlastungs-, Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen des Landes erforderlich seien und diese nicht oder nicht ausreichend durch Maßnahmen Dritter wie der Europäischen Union (EU) und des Bundes abgedeckt seien. Der Haushaltsgesetzgeber setze sich nicht hinreichend mit den bereits vorliegenden Hilfsprogrammen von Bund und EU auseinander. Die Begründung offenbare, dass Maßnahmen bezweckt würden, die bereits zuvor aus anderen Gründen (Klimaschutz, veränderte Bedrohungslage) eine hohe Bedeutung besessen, mithin gerade keinen unmittelbaren Bezug zur behaupteten Notlage hätten. Auch werde nicht begründet, welche absehbaren zusätzlichen Bedarfe bestünden und weshalb diese nicht durch Ausgabenkürzungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden könnten. Es bestünden weitere Rücklagen und Finanzierungsmöglichkeiten als Alternativen.

Die Antragsteller halten ferner § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 für unbestimmt. Sie sind der Ansicht, dass - unabhängig von der „Rechtmäßigkeit des Beschlusses“ - die Regelungen und die bezweckten Maßnahmen umso detaillierter bestimmt sein müssten, je größer das Finanzvolumen für durch „ein Sondervermögen zu finanzierende Maßnahmen“ sei.

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 erachten die Antragsteller insbesondere deshalb als unbestimmt, weil der Tatbestand nicht näher definierte Begriffe enthalte („Ausgaben“, „Energieknappheit“, „allgemeine Inflation“, „<die> [als Kriegsfolge aber] auch aus anderen Gründen erneut angewachsenen Flüchtlingsbewegungen“). Auch die Ermächtigung zur Einwilligung in über- und außerplanmäßige Ausgaben gemäß § 10 Satz 1 Haushaltsgesetz 2023/2024 sei unbestimmt. Sie enthalte keine konkreten Voraussetzungen und lasse keinen konkreten Zweck, keine konkrete Zielrichtung und insbesondere keine konkret zu fördernden Maßnahmen erkennen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung von § 10 Satz 3 Haushaltsgesetz 2023/2024. Dieser sei ebenfalls unbestimmt; er wiederhole lediglich die Formulierung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024.

Der Zweck der Kreditaufnahme sowie der Ausgabenermächtigung sei allein in abstrakter Weise dargelegt. Wozu die Kreditaufnahme bestimmt sei und welche Ausgaben oder zu fördernde Maßnahmen konkret gefördert werden sollten, sei völlig unbestimmt. Aus diesem Grund seien die Ermächtigung zur Kreditaufnahme und die Ausgabenermächtigung verfassungswidrig.

Eine hinreichend konkrete Zweckbestimmung folge auch nicht aus den in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Finanzen und Haushalt (LT‑Drs. 7/6783, S. 80-82) bezeichneten Maßnahmenbereichen, in denen Bedarfe für Entlastungs-, Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen bestehen sollen (Maßnahmenpakete des so genannten Brandenburg-Pakets). Die Beschlussempfehlung habe nur mittelbar im Gesetzgebungsverfahren Wirkung entfaltet, aber keinen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden. Mangels Verpflichtungswirkung gegenüber der Exekutive könne sie nicht ausreichen; im Übrigen sei sie ebenfalls nicht hinreichend bestimmt. Die Antragsteller meinen, den sechs Maßnahmenbereichen des Brandenburg-Pakets könne nicht entnommen werden, welche konkreten Maßnahmen in den einzelnen Bereichen bezweckt würden. Insbesondere seien deren Beschreibungen zu allgemein und pauschal.

Eine derart unbestimmte Zwecksetzung der Maßnahmen entspreche nicht der Gewährleistung einer durch das Budgetrecht garantierten Regierungskontrolle. Die Maßnahmenpakete ermächtigten die Exekutive zu weitreichenden Ausgaben sowie dazu, etwaige Defizite im Haushalt auszugleichen, die in irgendeinem (fernen) Bezug zur Ukraine-Krise stünden. Dies sei mit der restriktiven Ausnahmeregelung des Art. 103 Abs. 2 LV nicht in Einklang zu bringen.

Weiter sind die Antragsteller der Ansicht, es bedürfe eines konkreten Veranlassungszusammenhangs zwischen dem die Notlage auslösenden Ereignis und der erhöhten Kreditaufnahme. Sowohl die Kreditaufnahme als solche als auch die durch die Kreditaufnahme finanzierten Maßnahmen müssten final auf die Überwindung der außergewöhnlichen Notlage bezogen sein. Dies setze nach der zutreffenden ‑ mit Blick auf Sondervermögen entwickelten ‑ Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen (Urteil vom 27. Oktober 2021 ‌‑ P.St. 2783, P.St. 2827 ‑‌, juris) einen konkreten Veranlassungszusammenhang für jeden wesentlichen Ausgabenposten und für jedes Maßnahmenpaket voraus. Ein solcher Zusammenhang bestehe überwiegend nicht.

Der Haushaltsgesetzgeber habe nach Ansicht der Antragsteller bei der Beurteilung der krisenbedingten erheblichen Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage auch zu prüfen, ob er über Spielräume - wie etwa Ausgabenkürzungen, Einnahmeerhöhungen oder aber auch die Auflösung gebildeter Rücklagen - verfüge, um eine Neuverschuldung zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Es sei substanziell zu begründen, weshalb zur Verfügung stehende Spielräume nicht oder nicht in vollem Umfang ausgenutzt würden. Eine dahingehende Darlegung fehle insbesondere im Hinblick auf die Auflösung von Rücklagen. Die im Gesetzgebungsverfahren erfolgten Ausführungen genügten nicht.

Kreditaufnahme und Mittelvergabe stünden nicht im Zusammenhang mit der Notsituation, sondern seien als allgemeines Wirtschaftspaket zu bewerten. Art. 103 Abs. 2 LV diene nicht der Finanzierung allgemeiner politischer Maßnahmen. Die Antragsteller verweisen auf verschiedene Dokumente im Zusammenhang mit dem Brandenburg-Paket, unter anderem die Vereinbarung der Landesregierung Brandenburg mit dem Landkreistag Brandenburg und dem Städte- und Gemeindebund Brandenburg über die Umsetzung der Maßnahmen des Brandenburg-Pakets zur Unterstützung der kommunalen Bedarfe (Brandenburg-Paket - Kommunalteil).

III.

Der Landesrechnungshof hat zu dem Antrag Stellung genommen.

Zu der Frage, ob § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Satz 1 Haushaltsgesetz 2023/2024 mit Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV vereinbar seien, führt der Landesrechnungshof aus:

Die Beurteilung des Gesetzgebers, es habe eine außergewöhnliche Notlage vorgelegen, sei vertretbar. Die zahlreichen, im Antrag angeführten Gründe ‌‑ Energieknappheit, Inflation, Flüchtlingskrise aufgrund der ukrainischen als auch anderen Flüchtlingsbewegungen - legten nahe, dass zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt im Dezember 2022 von einer sich rapide verschärfenden und nach Art und Maß unvorhersehbaren Krise habe ausgegangen werden können. Angesichts der sich als ernsthaft und dringlich darstellenden Bedrohungsszenarien habe der Gesetzgeber seinerzeit sogar von einem komplexen, multiplen Krisengeschehen ausgehen dürfen.

Nicht zu beanstanden sei, dass die Notlagenbegründung auf die gesamtdeutschen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abgestellt habe. Auswirkungen gesamtdeutscher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und die Entwicklung der Inflation machten naturgemäß nicht vor innerdeutschen Ländergrenzen und damit auch nicht vor Brandenburg Halt. Bei dem im Beschluss dargestellten Krisenszenario aus Energieknappheit, steigenden Energiepreisen und allgemein hoher Teuerungsrate handele es sich gerade nicht um eine regional begrenzte Krise.

Ob § 2 Abs. 1 Satz 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 angesichts der in der Norm verwendeten, nicht näher definierten Begriffe (Energieknappheit, allgemeine Inflation) hinreichend bestimmt sei, erscheine als fraglich. § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 wiederhole lediglich die zur Begründung einer außergewöhnlichen Notsituation angeführten Gründe, ohne diese näher zu bestimmen. Konkrete Maßnahmen würden nicht benannt; die Auslegung der aufgeführten unbestimmten Rechtsbegriffe werde dadurch der Exekutive überlassen.

Der Haushaltsgesetzgeber müsse darlegen, welche Erwägungen für seine Beurteilung der krisenhaften Situation und die zu ihrer Bewältigung ergriffenen Maßnahmen maßgeblich gewesen seien. Dies betreffe insbesondere die Gesamtsumme von Krediten, die kreditfinanzierten Projekte und Maßnahmenpakete, ihre Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit zur Krisenbekämpfung sowie die Dauer des kreditfinanzierten Krisenbewältigungsprogramms. Ihm stehe ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der einer Vertretbarkeitskontrolle unterliege.

Nach Ansicht des Landesrechnungshofs bestehen Zweifel daran, ob die Maßnahmen hinreichend bestimmt seien. Der Wortlaut der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen (LT-Drs. 7/6783), in der in sechs Ziffern die einzelnen Maßnahmenpakete aufgeführt und begründet worden seien, die zusammen das Brandenburg-Paket bildeten, spreche gegen eine hinreichende Bestimmtheit. Anhand der Begründungen könne weder die Geeignetheit der kreditfinanzierten Maßnahmen zur Bewältigung der Krise überprüft werden noch deren Erforderlichkeit. Aufgrund der Verwendung nicht näher definierter Begriffe bei der Beschreibung der Maßnahmenpakete und Beispielsaufzählungen für Maßnahmen sei eine Begrenzung der Anwendungsbereiche nicht möglich. Konkrete Maßnahmen, wie die in den Überschriften der Maßnahmenpakete angeführte Zielstellung erreicht werden solle, würden nicht genannt. Welche Schritte zur Zielerreichung erforderlich seien, bleibe offen.

Darüber hinaus werfe die Veranschlagungspraxis des „Brandenburg-Pakets“ weitere verfassungsrechtliche Fragen auf.

Dass im Haushaltsplan 2023/2024 lediglich eine Gesamtmittelveranschlagung für das Brandenburg-Paket mit der jeweils für das Haushaltsjahr geltenden Höchstgrenze für Ausgaben vorgenommen werde, berühre die Grundsätze der Vollständigkeit und der Einheit gemäß Art. 101 Abs. 2 Satz 1 LV. Der Grundsatz der Vollständigkeit verlange, dass alle Einnahmen und Ausgaben des Landes in den Haushaltsplan einzustellen seien. Es solle erkennbar sein, aus welchen Quellen sich das Land finanziere und wofür und in welcher Höhe diese Einnahmen verausgabt würden. Daher müssten die im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben mit Zweckbestimmungen und Beträgen versehen sein. Nach dem Grundsatz der Einheit dürfe es nur einen Haushaltsplan, ein einziges „Rechenwerk“ für den Haushaltsgesetzgeber geben. Die Durchbrechung dieser Grundsätze führe jedoch nicht zwingend zu einer Beeinträchtigung des Budgetrechts des Parlaments.

Es sei fraglich, ob dem Parlament eine substanzielle Einflussmöglichkeit auf die Art und Weise der Mittelverausgabung verbleibe. Bei der beschriebenen Konstruktion im Haushaltsgesetz 2023/2024 kenne der Haushaltsgesetzgeber lediglich den rechtlichen sowie finanziellen Rahmen. Er wisse, bis zu welcher maximalen Höhe Kredite tatsächlich aufgenommen werden könnten, und kenne die grobe allgemeine Zweckrichtung. Mangels Kenntnis konkreter Projekte und dafür vorgesehener Budgetansätze würden Entscheidungen zur jeweiligen Kreditaufnahme und der konkreten Mittelverwendung, mithin die Budgetverantwortung, weitestgehend der Exekutive übertragen. Der vorgesehene Antrags- und Bewilligungsmechanismus für die einzelnen, konkretisierten Maßnahmen bis zu einer Höhe von 7,5 Millionen Euro lege die Entscheidung über ihre Bewilligung in das alleinige Ermessen des Finanzministeriums. In der Folge sei für eine Vielzahl von Mitteln eine parlamentarische Mitwirkung ausgeschlossen. Die in § 10 Satz 4 Haushaltsgesetz 2023/2024 vorgesehene Berichtspflicht ermögliche lediglich eine Kenntnisnahme bewilligter Mittel. Sie ersetze weder eine Mitwirkung noch eine Kontrolle der bereits stattgegebenen Mittel.

IV.

Die Landesregierung hält den Antrag für unzulässig und unbegründet.

Das Antragsbegehren sei unklar. Während die Antragstellung auf eine Erklärung der Unvereinbarkeit des Notlagenbeschlusses des Landtags und von § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Haushaltsgesetz 2023/2034 abziele, erweitere die Antragsbegründung den Gegenstand, indem diese Vorschriften „i. V. m. § 18 Abs. 3 Nr. 2, § 18b Landeshaushaltsordnung (LHO)" genannt würden.

Soweit sich der Antrag zu 1. gegen den Beschluss richte, mit dem der Landtag das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation im Sinne des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV festgestellt habe, fehle es an einem statthaften Antragsgegenstand, da es sich nicht um „Landesrecht“ handele.

Zudem fehle es aufgrund widersprüchlichen Verhaltens der Antragsteller an der Antragsbefugnis. Die Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) habe im Landtag selbst notlagenbezogene Unterstützungsmaßnahmen gefordert und ausdrücklich beantragt. Auch wenn eine Zustimmung im Gesetzgebungsverfahren eine spätere Normenkontrolle nicht ausschließe und vorliegend keine Zustimmung erfolgt sei, ließen die parlamentarischen Ausführungen der Mitglieder der AfD-Fraktion keine Anhaltspunkte für Zweifel an der förmlichen oder sachlichen Vereinbarkeit des jetzt angegriffenen Landesrechts erkennen. Gerade umgekehrt habe die AfD-Fraktion die Notwendigkeit einer krisenbedingten Kreditaufnahme und krisenbedingter Notlagenmaßnahmen sowie deren Verfassungsmäßigkeit bejaht.

Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet. Die geschriebenen und ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV seien erfüllt.

Der Angriffskrieg auf die Ukraine mit seinen Folgen sei für nichtbeteiligte Staaten eine von außen wirkende Tatsache, die monokausal eine Kette negativer Folgen in Gang gesetzt habe, die sich der Kontrolle des Landes entzögen. Die wirtschaftlichen Folgen für Deutschland wirkten auch in Brandenburg, weil es ein Land der Bundesrepublik sei, das gesamte Bundesgebiet eine einheitliche Volkswirtschaft umfasse und die Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen des Bundes, der Länder und der Kommunen in vielfacher Weise miteinander verbunden seien. Der Angriffskrieg mit seinen unmittelbaren Folgen in Brandenburg habe auch die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigt. Die Energiekrise löse, noch unabhängig von konkreten Gegenmaßnahmen des Landes, erhebliche Ausgabensteigerungen aus. Gleiches gelte für die Folgen der Migrationsbewegungen und die Mitfinanzierung der vom Bund beschlossenen Entlastungspakete. Da man davon ausgegangen sei, dass der Krieg und die dadurch ausgelöste außergewöhnliche Notsituation nicht kurzfristig beendet sein würde, sei es geboten gewesen, die Erklärung der Notlage nicht auf das Haushaltsjahr 2023 zu beschränken, sondern das Jahr 2024 einzubeziehen.

Die ergriffenen Maßnahmen und Projektbündel seien auch nicht zu unbestimmt. Der Notlagenbeschluss des Landtags benenne sechs Maßnahmenbereiche, die zur Krisenbewältigung und zur Abwehr weiterer Folgen beschlossen worden seien. Bereits am 2. November 2022 habe die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit dem Bundeskanzler beschlossen, einen wirtschaftlichen Abwehrschirm zu errichten. Mit den wechselseitigen Verpflichtungen sei klar gewesen, dass alle 17 staatlichen Gebietskörperschaften Abwehrmaßnahmen mit teils erheblichen finanziellen Belastungen konzertiert starten würden. Dies sei einer der Gründe für den zeitlich nachfolgenden Beschluss des Landtags zur Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation und die sechs in der Begründung genannten Maßnahmenbereiche gewesen. Der Beschluss nehme ausdrücklich Bezug auf das Zusammenwirken von Bund und Ländern. Hieraus und sodann aus eigenständigen Initiativen des Landes im Rahmen seiner Kompetenzen seien „Entlastungs-, Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen" in den Bereichen, die „durch Maßnahmen Dritter wie der EU und des Bundes nicht oder nicht ausreichend abgedeckt“ würden, entwickelt worden. Sie stünden allesamt in einem Veranlassungszusammenhang mit der Krise. Sie seien zudem geeignet und erforderlich, um den Krisenfolgen entgegenzuwirken.

Die Einschätzung der Antragsteller, es handele sich nicht um Maßnahmen zur notlagenbedingten Krisenbewältigung, sondern um ein „allgemeines Wirtschaftspaket" oder eine unzulässige Kreditfinanzierung allgemeiner Staatsaufgaben, erweise sich vor diesem Hintergrund als unzutreffend. Gleiches gelte für die ohne Berücksichtigung der Konkretisierungen des „Brandenburg-Pakets" erhobene Behauptung, die Maßnahmenbereiche seien zu unbestimmt. Im Nachgang insbesondere zu dem Haushaltswirtschaftsrundschreiben der Ministerin der Finanzen und für Europa seien sie in einer Verständigung der Landesregierung vom 27. Januar 2023 zu insgesamt 70 Handlungsbereichen des „Brandenburg-Pakets" konkretisiert worden. Nur auf diese Weise könne der Vielfalt der Einzelsituationen Rechnung getragen werden. Es handele sich um die haushaltsrechtlich übliche Steuerungstechnik, die auch bei der Inanspruchnahme von anderen Haushaltstiteln Anwendung finde. Bei der Auszahlung der Mittel im Einzelfall müsse die Einhaltung der vorgegebenen und im Haushaltswirtschaftsrundschreiben genannten Kriterien gewährleistet sein. Kontrolliert werde dies durch den Ausschuss für Haushalt und Finanzen (§ 10 Satz 4 und 5 Haushaltsgesetz 2023/2024). Der Gesetzgeber habe sich mit seinem Notlagenbeschluss auch die zugrundeliegende Begründung zu eigen gemacht. Die dort formulierten Kriterien und Felder bestimmten den Rahmen, in dem einzelne Maßnahmen durch die Landesregierung umzusetzen seien. Da sämtliche Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen dazu in einem zentralen Titel im Einzelplan „Allgemeine Finanzverwaltung" (Kapitel 20 020, Titel 971 20) veranschlagt seien, könnten die Fachressorts darauf nur mit einem besonderen Antrag gemäß § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 zugreifen. Auf dieser Grundlage habe das Ministerium der Finanzen und für Europa bis zum 1. September 2023 in 57 Anträge mit einem Volumen von 979,5 Millionen Euro eingewilligt, von denen 19 Anträge mit einem Umfang von 882,45 Millionen Euro (= 90,1 Prozent) zuvor dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Einwilligung vorgelegt worden seien. Über die Entscheidungen zu den übrigen 38 Anträgen mit einem Gesamtumfang von 97,15 Millionen Euro habe das Finanzministerium den Ausschuss unverzüglich nach der Einwilligung gemäß § 10 Satz 5 Haushaltsgesetz 2023/2024 unterrichtet. Die Landesregierung setze die vom Gesetzgeber für die Bewältigung der außergewöhnlichen Notsituation bereitgestellten Mittel in den vom Landtag bestimmten Handlungsfeldern und den vorgegebenen Kriterien gemäß ein. Die Landesregierung unterliege zudem hinsichtlich der Einzelmaßnahmen einer umfassenden, unverzüglichen und permanenten Kontrolle. Das zeige sich auch daran, dass die vorherige Zustimmung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen zu mehr als 90 Prozent des bisherigen Ausgabevolumens erforderlich gewesen sei.

Die Landesregierung teilt nicht die Auffassung des Landesrechnungshofs zur mangelnden Bestimmtheit der sechs Maßnahmenbereiche. Soweit der Landesrechnungshof meine, es würden bei den Entlastungsmaßnahmen allein Regelbeispiele ohne vollständige Aufzählung genannt, hänge dies zusammen mit unvermeidbaren Prognoseunschärfen im maßgeblichen Zeitpunkt, dem Dezember 2022. Hier wie in den anderen Bereichen des „Brandenburg-Pakets" sei es möglich, dass im Zeitverlauf weitere Untermaßnahmen dringlich würden, die der generellen Zielsetzung entsprächen. Angesichts der Gesetzgebungsprozesse des Bundes sei auch unklar gewesen, welche Maßnahme der Bund (mit)finanziere und welche Deckungslücke vom Land geschlossen werden müsse. Zudem ergebe sich die Krisenkonnexität aller Maßnahmenbereiche aus einem Hinwegdenken der Ukrainekrise.

Zur Höhe der erforderlichen Kreditmittel führt die Landesregierung aus, dass sich aus der erforderlichen Krisenkonnexität zwischen der Notlage, den Abwehrmaßnahmen und der Kreditaufnahme Rahmenbedingungen für die Höhe der zulässigen Kreditaufnahme ergäben, für die es nach Art. 103 Abs. 2 LV keine absolute, in Beträgen oder Quoten bemessene Höchstgrenze gebe. Die zulässige relative Verschuldung müsse strikt auf die Kosten der Abwehrmaßnahmen bezogen sein. Für die Abschätzung der erforderlichen Kredithöhe gelte das Verfassungsgebot der Haushaltswahrheit. Aus ihm folge vor allem das Gebot der Schätzgenauigkeit. Sie müsse stets nur aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen. Die den Haushalt aufstellende Landesregierung und der Haushaltsgesetzgeber hätten als Notlagenkreditbedarf 2 Milliarden Euro angesetzt, daraus 1,2 Milliarden Euro für das Jahr 2023 und 800 Millionen Euro für des Jahr 2024. Angesichts der bereits eingetretenen Folgen des Ukrainekriegs, dessen unabsehbarer Dauer und der zahlreichen zu ergreifenden Krisenabwehrmaßnahmen sei nicht erkennbar, dass die Höhe der Kreditermächtigung einen der genannten Prognosefehler aufweisen könnte.

Auch die haushaltsverfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalte seien eingehalten. Die Ermächtigung zur Aufnahme von Notlagenkrediten sei in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024, einem Gesetz im Sinne des Art. 103 Abs. 3 Satz 2 LV, der Höhe nach bestimmt und mit der festgestellten Notlage verknüpft. Damit sei dem staatsschuldenrechtlichen Gesetzesvorbehalt entsprochen.

§ 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 ordne die notlagenbedingten und kreditfinanzierten Ausgaben als über- und außerplanmäßige Ausgaben im Sinne des Art. 105 LV ein, wobei die Regularien des § 37 LHO nach § 10 Satz 1 Haushaltsgesetz 2023/2024 nicht zur Anwendung kämen. Solche Ausgaben unterfielen definitionsgemäß nicht den Haushaltsgrundsätzen, die für die Ausgabenseite des Haushaltsplans gelten würden. Die Ausführungen der Antragsteller in der Antragsschrift gingen völlig daran vorbei, dass ein Fall des Art. 105 LV vorliege.

Die unabhängig davon nötige Bestimmtheit für Ausgaben werde materiell durch die normative Ausformung des Ausgabenzwecks und der Ausgabenbereiche durch die Vorgaben des § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 und die dazu ergangenen Ausführungs- und Konkretisierungsbestimmungen gewährleistet. Daneben und zusätzlich gelte die verfahrensrechtliche Einbindung der außer- und überplanmäßigen Ausgaben. Art. 105 Satz 1 LV verlange für einzelne Ausgaben zu bestimmten Maßnahmen die Zustimmung des für Finanzen zuständigen Mitglieds der Landesregierung. Diese Zustimmung dürfe „nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden", das sich im Fall der über Notlagekredite vermittelten Finanzierung nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV aus dem Notlagenbezug und der Krisenbedingtheit ergebe. Hinzu trete die ‑ im Rahmen des Haushaltsvollzugs grundsätzlich sonst nicht vorgesehene ‑ unmittelbare Mitwirkung des Landtags gemäß § 10 Satz 4 Haushaltsgesetz 2023/2024. Danach sei bei im Einzelfall beabsichtigten Ausgaben über 7,5 Millionen Euro die Einwilligung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen erforderlich, der im Übrigen über alle Einwilligungen des für Finanzen zuständigen Ministeriums zu unterrichten sei.

Nach Auffassung der Landesregierung entspreche es dem Ausnahmecharakter der Notlagenverschuldung, von dieser Finanzierungsquelle nur Gebrauch zu machen, wenn andere Finanzierungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stünden. Nur dann sei eine Notlagenkreditaufnahme erforderlich. Allerdings gebe es keine verfassungsrechtliche Pflicht, vorrangig vor einer Kreditaufnahme alle innerhalb des Haushalts denkbaren Möglichkeiten zur Konsolidierung vollständig auszuschöpfen. Es bestehe in diesem Sinne keine „Subsidiarität der Kreditaufnahme".

Nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) hat die Landesregierung ergänzend ausgeführt, er habe am 20. Dezember 2023 das Fortbestehen einer außergewöhnlichen Notsituation für das Jahr 2024 festgestellt, um mögliche Zweifel im Hinblick auf das Prinzip der Jährigkeit auszuräumen. Damit entspreche der Haushaltsgesetzgeber auch bei strengster Auslegung der seit dem 15. November 2023 bekannten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts allen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Im Übrigen bestätige das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts, soweit es die für Bund und Länder geltenden Voraussetzungen der Notlagenverschuldung nach Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG konkretisiere, die Verfassungsmäßigkeit der im vorliegenden Verfahren angegriffenen Normen. Der Antragsteller verkenne die Anforderungen an die Darlegungslast. Verlangt seien nicht ökonomische Gutachten und ausgearbeitete Berechnungen, sondern begründete Einschätzungen.

V.

Der Landtag hält den Antrag zu 1. für unzulässig und sämtliche Anträge für unbegründet.

Es fehle hinsichtlich des mit dem Antrag zu 1. angegriffenen Notlagenbeschlusses an einem tauglichen Antragsgegenstand. Die formellen und materiellen Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV seien erfüllt. Ebenso würden die sich daraus ergebenden Grenzen der zulässigen Neuverschuldung eingehalten.

Materiell verlange Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV zunächst, dass eine Naturkatastrophe oder außergewöhnliche Notsituation vorliege, die sich der Kontrolle des Staates entziehe und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtige. Fraglich sei, ob das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen verfassungsgerichtlich voll überprüfbar sei. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und dessen vielfältige Folgen erfüllten offensichtlich die Voraussetzungen für die Annahme einer außergewöhnlichen Notsituation im Sinne des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV. Dies habe der Landtag in seinem Notlagenbeschluss vom 15. Dezember 2022 dargelegt und begründet. Diese Darlegungen und Begründungen erwiesen sich auch als nachvollziehbar und vertretbar. Es sei zu einem explosionsartigen Anstieg der Energiepreise gekommen. Zugleich seien die Verbraucherpreise in Deutschland seit dem Kriegsausbruch massiv gestiegen, und das deutlich jenseits des üblichen Schwankungsrahmens. Der Verbraucherpreisindex habe das höchste Niveau seit den 1980er Jahren erreicht. Neben den wirtschaftlichen Folgen seien auch humanitäre Folgen zu erwarten gewesen. Der herannahende Winter habe zu der Annahme geführt, weitere 2 bis 3 Millionen Menschen würden ihre Heimat verlassen. Die Flüchtlingszahlen im Land Brandenburg hätten sich jederzeit innerhalb kürzester Zeit massiv verschärfen können. Auch sicherheitspolitische Folgen hätten Maßnahmen erforderlich gemacht. Ein Brandenburg-Bezug habe nicht dargelegt werden müssen. Es sei vielmehr offensichtlich, dass die Kriegsfolgen wie die in der Begründung für 2023 deutschlandweit erwartete Rezession (Rückgang des Bruttoinlandprodukts um circa 0,2 Prozent) und Inflation (7,4 Prozent) auch das Land Brandenburg beträfen.

Zu klären sei, ob sich das Merkmal des Kontrollentzugs in Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV auf das Land Brandenburg, den Bund oder beide Körperschaften beziehe. Die vom Bund getroffenen Sanktionsmaßnahmen stünden dem jedenfalls nicht entgegen, denn die Voraussetzungen hinsichtlich der Folgen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine seien für beide staatlichen Ebenen erfüllt. Die EU und der Bund seien zu einer entsprechenden Reaktion zumindest aus tatsächlichen und sittlichen Gründen, die mit Zwangsläufigkeit aus rechtlichen Gründen gleichzusetzen seien, angehalten.

Die für die zu treffenden Maßnahmen erforderlichen Ausgaben beeinträchtigten die Finanzlage des Landes Brandenburg auch erheblich. Der Finanzbedarf sei dann erheblich, wenn er im Rahmen der planmäßigen Haushaltswirtschaft nicht mehr gedeckt werden könne. Der Haushaltsgesetzgeber dürfe und müsse auch die gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der in Betracht kommenden Maßnahmen einschätzen und bewerten. Die gebotene Gesamtabwägung sei primär eine politische Aufgabe. Dem Einwand der Antragsteller, es könne nicht nachvollzogen werden, ob und inwieweit die Maßnahmen des Bundes oder der EU nicht bereits ausreichen könnten, entgegnet der Landtag, es gebe bei Krisen, die sich auf alle staatlichen Ebenen auswirkten, keinen Vorrang bundesstaatlicher oder europäischer Krisenbewältigungsmaßnahmen vor länderseitigen Maßnahmen. Alle staatlichen Ebenen seien gleichermaßen berufen, das ihrerseits Mögliche zur Krisenbewältigung zu tun.

Auch die Grenzen der zulässigen Neuverschuldung seien nicht überschritten. Eine absolute Grenze ziehe Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV für die zulässige Neuverschuldung nicht. Die in § 10 Haushaltsgesetz 2023/204 vorgesehenen Maßnahmen seien weder zu unbestimmt noch seien sie zur Krisenbewältigung ungeeignet. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang zwischen festgestellter außergewöhnlicher Notsituation und den ergriffenen Maßnahmen sei gegeben. Die Kreditaufnahme müsse geeignet sein, die Notsituation abzuwehren, zu beheben oder deren Folgen zu lindern. Die mit dem Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers korrespondierenden Darlegungs- und Begründungslasten im Gesetzgebungsverfahren seien erfüllt. Insgesamt seien nur die Nachvollziehbarkeit und Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Darlegungen und Begründungen hinsichtlich des Gesamtpakets der ergriffenen oder beabsichtigten Maßnahmen verfassungsgerichtlich überprüfbar.

Insbesondere enthielten der Notlagenbeschluss (LT-Drs. 7/6685) sowie die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen (LT-Drs. 7/6783) tragfähige Darlegungen dazu und Begründungen dafür, dass die geplanten kreditfinanzierten Maßnahmen einen finalen Veranlassungszusammenhang zur außergewöhnlichen Notsituation (völkerrechtswidriger Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und dessen vielfältige Folgen) aufwiesen. Die Kreditaufnahme ziele auf die Bewältigung dieser Notlage. Sie erfolge nicht nur anlässlich der außergewöhnlichen Notsituation (Kausalität), sondern auch zu deren Überwindung (Finalität). Dies gelte für alle sechs Bereiche, die der Landtag in seinem Notlagenbeschluss identifiziert habe. Weiter nimmt der Landtag zu den einzelnen Maßnahmenbereichen Stellung. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang sei in allen Bereichen plausibel dargelegt und begründet.

Die sich aus Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV ergebenden Bestimmtheitsanforderungen seien eingehalten worden. Die zu Sondervermögen ergangene Rechtsprechung des Hessischen Staatsgerichtshofs (vgl. HessStGH, Urteil vom 27. Oktober 2021 ‌‑ P.St. 2783, P.St. 2827 -‌, Rn. 259 ff., juris) die für die Rechtslage in Brandenburg ohnehin nicht unmittelbar herangezogen werden könne, sei entgegen der Auffassung der Antragsteller und des Landesrechnungshofs nicht unbesehen auf die Veranschlagung der Mittel im Kernhaushalt übertragbar und überzeuge auch in der Sache nicht. Der Haushaltsgesetzgeber schulde nur diejenige Bestimmtheit, die ihm im Zeitpunkt des Erlasses des Haushaltsgesetzes möglich sei. Insbesondere dürften die Bestimmtheitsanforderungen nicht dazu führen, dass sie dem Zweck von Art. 109 Abs. 3 Satz 3 GG und Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV zuwiderliefen, die finanziellen Handlungsspielräume des Staates in Krisensituationen zu erweitern. An die Bestimmtheit der Maßnahmen seien daher niedrigere Anforderungen zu stellen als nach dem allgemeinen haushaltsverfassungsrechtlichen Spezialitätsgebot. Soweit eine Konkretisierung der Mittelverwendung im Haushaltsvollzug unter Beteiligung und Information des Landtags (§ 10 Sätze 3 und 4 Haushaltsgesetz 2023/2024) erfolge, sei dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil insofern die unbestimmten Rechtsbegriffe des § 10 Satz 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 bestimmbar seien. Die entsprechende Auslegung von § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 sei in erster Linie der Exekutive überantwortet, die nach § 10 Satz 1 Haushaltsgesetz 2023/2024 zur Bekämpfung der Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abweichend von § 9 Haushaltsgesetz 2023/2024, § 37 LHO dazu ermächtigt werde, in über- und außerplanmäßige Ausgaben bis zu der dort bestimmten Höhe einzuwilligen. Der Haushaltsgesetzgeber habe sich nicht dadurch seines Budgetrechts entäußert, dass er der Exekutive weitreichende Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt habe. Das gelte schon angesichts des relativen Volumens der Ermächtigungen, das bei voller Ausschöpfung einen Anteil von 6,1 Prozent des Gesamthaushalts für die Haushaltsjahre 2023/2024 ausmache und damit zwar von struktureller Bedeutung sei, nicht aber dazu führe, dass der Haushaltsgesetzgeber seinen haushaltsrechtlichen Gestaltungsauftrag nicht mehr wahrnehme.

Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sei angesichts des Wortlauts des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV nicht vorzunehmen. Selbst wenn dies der Fall wäre, seien die sich daraus ergebenden Voraussetzungen erfüllt. Die allgemeine Rücklage sei bereits verplant und stehe für die Deckung zusätzlicher Bedarfe im Zusammenhang mit der festgestellten außergewöhnlichen Notsituation nicht zur Verfügung.

Entgegen der Auffassung des Landesrechnungshofs seien aus den Grundsätzen der Haushaltsvollständigkeit und -einheit keine weitergehenden Anforderungen an die Bestimmtheit der Mittelansätze abzuleiten. Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Ausgabeermächtigungen in Haushaltsgesetz und Haushaltsplan ergäben sich aus dem Haushaltsgrundsatz der sachlichen Spezialität, dessen Anforderungen im Falle der Notlagenverschuldung wegen tatsächlicher Unklarheit der Situation abgesenkt werden müssten, vorliegend aber auch bei Zugrundelegung strenger Maßstäbe eingehalten würden.

VI.

Die Antragsteller haben auf die Stellungnahmen des Landtags, der Landesregierung und des Landesrechnungshofs repliziert. Sie stellen klar, dass der Notlagenbeschluss vom 15. Dezember 2022, die Kreditermächtigung gemäß § 2 Haushaltsgesetz 2023/2024 und die Ermächtigung gemäß § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 Gegenstand des Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle seien. Hierfür bedürften sie keiner subjektiven Antragsbefugnis, da das Normenkontrollverfahren ein „objektives Verfahren“ sei.

Der Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers zur Inanspruchnahme des Ausnahmevorbehalts werde anerkannt. Jedoch erwachse aus dem unbestimmten Tatbestand des Art. 103 Abs. 2 LV eine erhöhte Darlegungs- und Begründungslast des Gesetzgebers. Ihr sei der Haushaltsgesetzgeber nicht hinreichend nachgekommen. Die von der Landesregierung in Bezug genommene Billigkeitsrichtlinie (ABl. 2023 [Nr. 20], S. 483) oder das Haushaltswirtschaftsrundschreiben des Ministeriums der Finanzen und Europa vom 28. Dezember 2022 könnten keine hinreichende Bestimmtheit und Krisenkonnexität begründen. Es werde verkannt, dass eine nachträgliche Konkretisierung und Bestimmung nicht zulässig sei. Die Maßnahmen des Brandenburg-Pakets seien nicht durch die außergewöhnliche Notlage begründet. Es handele sich um allgemein-politische Projekte, denen es überwiegend am Veranlassungszusammenhang fehle. Offen bleibe, inwieweit die behaupteten „Finanzierungslücken (…) nicht durch Steuermittel oder andere Finanzierungsquellen abgedeckt werden können“. Relevant sei dabei auch, dass die angebliche „Finanzierungslücke“ unzulässigen Zwecken diene. Es müsse dargelegt werden, welche konkreten zulässigen Projekte deshalb nicht finanziert werden könnten. Gleiches gelte für Maßnahmen, die solche des Bundes und der EU ergänzen sollen. Dies werde nicht dargelegt.

Zudem sei in Anbetracht der Annexion der Krim im Jahr 2014 eine weitere Eskalation vorhersehbar gewesen. Sofern sich politische Entscheidungsträger dennoch bewusst dafür entschieden hätten, weiterhin auf russisches Gas zu setzen und nebenher von altbekannten, alternativen Möglichkeiten der Energiegewinnung abzurücken, habe sich das vorhersehbare Risiko einer Energieknappheit und hieraus resultierender Preissteigerungen verwirklicht. Der Konflikt um die (Ost-)Ukraine habe sich bereits seit Anfang 2021 zugespitzt. Zudem sei die Gefahr erkannt worden, dass die Gasversorgung durch die „Nord Stream 2“-Pipeline als politische Waffe genutzt werden könne. Diese doppelte Vorhersehbarkeit und die bewusste politische Entscheidung, den Bezug von Energieleistungen aus Russland einzustellen, führe dazu, dass sich die außergewöhnliche Notsituation nicht der Kontrolle des Staates entziehe.

B.

Der Normenkontrollantrag ist im Umfang seiner Zulässigkeit begründet. Während der auf die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses des Brandenburger Landtags über das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV i. V. m. § 18b LHO vom 15. Dezember 2022 gerichtete Antrag zu 1. unzulässig ist, sind die auf die Feststellung der Nichtigkeit von § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 in der Fassung vom 16. Dezember 2022 gerichteten Anträge zu 2. und zu 3. zulässig und begründet.

I.

1. Der Antrag zu 1. ist unzulässig. Es fehlt bereits an einem statthaften Antragsgegenstand.

Der Beschluss über die Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation im Sinne des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV kann nicht isoliert im Wege der abstrakten Normenkontrolle zur Überprüfung gestellt werden.

Bei dem Beschluss handelt es sich nicht um überprüfbares „Landesrecht“ im Sinne von Art. 113 Nr. 2 LV, § 39 Nr. 1 Gesetz über das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg (VerfGGBbg), das auf seine sachliche Vereinbarkeit mit der Verfassung überprüft werden könnte. Als Antragsgegenstand kommen alle formellen und materiellen Landesgesetze in Betracht (vgl. Lieber, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, 2012, Art. 113 LV, Anm. 2.2, S. 693). Hierzu zählen auch Haushaltsgesetze (zum Bundesrecht: BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 -‌, Rn. 92 m. w. N., juris).

Gegenstand eines abstrakten Normenkontrollverfahrens können darüber hinaus schlichte Parlamentsbeschlüsse sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie funktionell an die Stelle eines Gesetzes treten, wie etwa die Zustimmung zu Staatsverträgen zwischen Ländern, die in einigen Ländern lediglich per Parlamentsbeschluss erfolgt (vgl. zur Umsetzung von Staatsverträgen in Landesrecht durch einen gesetzesersetzenden Zustimmungsbeschluss des Landtags BVerfG, Urteil vom 22. Februar 1994 ‌‑ 1 BvL 30/88 ‑‌, BVerfGE 90, 60-107, Rn. 136, juris; ebenso Voßkuhle, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 93, Rn. 121; Rozek, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG-Kommentar, Stand: 63. EL (Juni 2023), § 76 Rn. 30). Angenommen wird dies in der Literatur auch für die vom Deutschen Bundestag zu treffende Feststellung des Verteidigungsfalls nach Art. 115a Abs. 1 Satz 1 GG (Epping, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand: 102. EL (August 2023), Art. 115a, Rn. 126).

Der von den Antragstellern angegriffene Feststellungsbeschluss ist indessen kein „Landesrecht“ im Sinne von Art. 113 Nr. 2 LV, § 39 Nr. 1 VerfGGBbg. Er tritt nicht funktionell an die Stelle eines Gesetzes. Dieser Beschluss bildet zwar die Basis der angegriffenen Gesetzesregelungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024). Der Beschluss löst aber noch keine Rechtsfolgen aus. Das unterscheidet ihn etwa von der Feststellung des Verteidigungsfalls nach Art. 115a Abs. 1 Satz 1 GG (zu den Rechtswirkungen dieser Feststellung vgl. Grote/Schemmel, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 115a, Rn. 26). Er ersetzt auch kein Gesetz. Der Beschluss ist lediglich eine Tatbestandsvoraussetzung für ein Haushaltsgesetz, das die notlagebedingte Kreditaufnahme ermöglicht. Erst § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 (Kreditermächtigung) und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 (Einwilligungsermächtigung) schaffen die Ermächtigung und verleihen dem Finanzministerium die Befugnisse für die Kreditaufnahme und die Verwendung der im Haushaltsgesetz vorgesehenen Finanzmittel von insgesamt 2 Milliarden Euro (vgl. zum Beschluss nach Art. 115 Abs. 6 Satz 2 GG Wendt, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 115, Rn. 102).

Dass es sich bei dem eigenständigen Beschluss zur Feststellung der Notlage nicht um ein Gesetz handeln muss, wird durch die Entstehungsgeschichte des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV bestätigt. Nach den Gesetzesmaterialien zur entsprechenden Regelung im Grundgesetz kann die für die Anwendung von Art. 109 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) notwendige Entscheidung entweder ein Gesetzesbeschluss oder ein Parlamentsbeschluss sein, der in der Regel im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über das Haushaltsgesetz erfolgt, mit dem Kreditaufnahmen über die Regelgrenzen hinaus ermöglicht werden (vgl. BT-Drs. 16/12410, S. 13). Dieser Befund kann auf die Verfassungsrechtslage in Brandenburg übertragen werden, denn diese sollte dem Bundesrecht weitestgehend nachgebildet werden (dazu LT‑Drs. 6/10391, Begründung S. 2 ff.). Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV schreibt demzufolge die Beschlussfassung des Landtags nicht in Form eines Gesetzes vor.

Es besteht schließlich kein Bedürfnis, den vorgelagerten Notlagenbeschluss im Wege der abstrakten Normenkontrolle anzugreifen, wenn er nur die Basis der dann im Normenkontrollverfahren angreifbaren Gesetzesregelung darstellt. Ob die Voraussetzungen für eine Notlagenerklärung vorlagen, kann in diesem Rahmen überprüft werden.

2. Die Anträge zu 2. und 3. sind zulässig.

a) § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 sind taugliche Antragsgegenstände im Sinne von Art. 113 Nr. 2 LV, § 39 VerfGGBbg.

Das nach Antragstellung am 23. Februar 2024 beschlossene Nachtragshaushaltsgesetz 2024 ist indessen nicht Gegenstand des vorliegenden Normenkontrollverfahrens.

Eine Norm wird nur dann in ihrer Neufassung Gegenstand eines bereits eingeleiteten Normenkontrollverfahrens, wenn ihr Inhalt im Zuge der Gesetzesänderung im Wesentlichen gleich bleibt (vgl. BVerfG, Urteile vom 23. Januar 1957 ‌‑ 2 BvF 3/56 ‑‌, BVerfGE 6, 104-120, Rn. 25, und vom 3. November 1982 ‌‑ 1 BvL 4/78 ‑‌, BVerfGE 61, 291-319, Rn. 45, sowie Beschlüsse vom 8. November 1983 ‌‑ 1 BvL 8/81 ‑‌, BVerfGE 65, 237-248, Rn. 23, und vom 3. März 2004 ‌‑ 1 BvF 3/92 -‌, BVerfGE 110, 33-76, Rn. 68, juris).

Daran fehlt es hier. Die auf einer neuen Notlagenerklärung für das Jahr 2024 beruhenden Änderungen des Haushaltsgesetzes 2023/2024 haben zu erheblichen Änderungen der Rechtslage geführt, die in ihren Wirkungen einer gesetzlichen Neuregelung gleichstehen und deshalb nicht von Amts wegen in das vorliegende Verfahren einzubeziehen sind. So wurde die Übertragungsmöglichkeit der Kreditermächtigung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und § 10 Satz 2 Haushaltsgesetz 2023/2024 aufgehoben, um den sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) ergebenden Maßgaben Rechnung zu tragen. Bereits diese Streichung führte zu einer wesentlichen Änderung des Regelungsgehalts. Darüber hinaus wurde die für das Haushaltsjahr 2024 vorgesehene Kreditermächtigung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe b Haushaltsgesetz 2023/2024 auf einen Betrag von 1.060.000.000 Euro angehoben. Im Gefolge dieser Änderung ist auch die in § 10 Satz 1 Nr. 2 Haushaltsgesetz 2023/2024 enthaltene Ermächtigung zur Einwilligung in über- und außerplanmäßige Ausgaben entsprechend angepasst worden.

Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des Nachtragshaushaltsgesetzes 2024 kommt mithin nur dann in Betracht, wenn es durch einen Antrag der Antragsteller in das Verfahren einbezogen worden ist. Maßgeblich für die Festlegung des Antragsgegenstands ist der im Antrag zum Ausdruck gebrachte Wille der Antragsteller (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 ‌‑ 1 BvF 3/92 -‌, BVerfGE 110, 33-76, Rn. 70, juris).

b) Die 23 Antragsteller sind antragsberechtigt. Sie erfüllen das erforderliche Quorum von einem Fünftel des 88 Abgeordnete umfassenden Landtags.

c) An der Klärung der Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschriften in der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung besteht ein objektives Interesse.

aa) Ein objektives Klarstellungsinteresse an der verfassungsgerichtlichen Überprüfung wird durch den wie hier gestellten Antrag eines Fünftels der Mitglieder des Landtags grundsätzlich indiziert (Beschluss vom 17. Februar 2023 ‌‑ VfGBbg 10/21 -‌, Rn. 38 m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

bb) Das objektive Klarstellungsinteresse entfällt nicht deshalb, weil die Fraktion der AfD am 6. Dezember 2022 einen Antrag auf Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation nebst Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten in Höhe von 3.000.000.000 Euro in den Landtag eingebracht hat (LT-Drs. 7/6690). Auch wenn die AfD-Fraktion von den Antragstellern gebildet wird, hat sie selbst im vorliegenden Verfahren keinen Antrag gestellt und ist damit auch keine Antragstellerin. Darüber hinaus steht ein ursprünglich gegenteiliges parlamentarisches Verhalten von Antragstellern einem späteren Meinungswandel im Rahmen des objektiven Normenkontrollverfahrens nicht entgegen. In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass selbst eine Zustimmung im Gesetzgebungsverfahren das Betreiben einer späteren Normenkontrolle nicht ausschließt (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. November 1999 ‌‑ 2 BvF 2/98, 2 BvF 3/98, 2 BvF 1/99, 2 BvF 2/99 ‑‌, BVerfGE 101, 158-238, Rn. 257, juris).

cc) Das objektive Klarstellungsinteresse für das abgelaufene Jahr 2023 besteht weiterhin. Das mit dem Antrag eines Fünftels der Mitglieder des Landtags entstandene Indiz für dieses Interesse (Urteil vom 21. März 1996 ‌‑ VfGBbg 18/95 ‑‌, LVerfGE 4, 114, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, m. w. N.) entfällt nicht schon deshalb, weil die zum Prüfungsgegenstand erhobene Norm außer Kraft getreten oder auf andere Weise gegenstandslos geworden ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Oktober 2010 ‌‑ 2 BvF 1/07 ‑‌, BVerfGE 127, 293, Rn. 100, vom 15. Januar 2008 ‌- 2 BvF 4/05 ‌, BVerfGE 119, 394, Rn. 48, und vom 28. Januar 1998 ‌‑ 2 BvF 3/92 ‑‌, Rn. 78, BVerfGE 97, 198, www.bverfg.de). Ein objektives Klarstellungsinteresse ist in solchen Fällen nur dann zu verneinen, wenn von der zur Überprüfung gestellten Norm unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr Rechtswirkungen ausgehen können (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2023 ‑ VfGBbg 10/21 -, Rn. 39, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 ‌‑ 2 BvF 1/07 ‑‌, Rn. 100, BVerfGE 127, 293, www.bverfg.de). Das Haushaltsgesetz 2023/2024 hat aber in Bezug auf das Jahr 2023 jedenfalls so lange Bedeutung, bis die Entlastung nach Art. 106 LV abgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Urteile vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 -‌, Rn. 92, und vom 19. Juli 1966 ‌- 2 BvF 1/65 -‌, Rn. 106, BVerfGE 20, 56 (94), juris), was vorliegend nicht der Fall ist.

Auch für das Haushaltsjahr 2024 besteht ein objektives Klarstellungsinteresse. Das am 27. Februar 2024 in Kraft getretene Nachtragshaushaltsgesetz 2024 ersetzt zwar zusammen mit der Notlagenerklärung des Landtags für das Jahr 2024 die im ursprünglichen Haushaltsgesetz getroffenen Regelungen für das Jahr 2024. Es bemisst sich indessen keine Rückwirkung bei, so dass von den hier zu prüfenden Regelungen jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Nachtragshaushaltsgesetzes 2024 noch Rechtswirkungen ausgehen, weil die bis dahin vorgenommenen Ausgaben in dem Haushaltsgesetz 2023/2024 und den hier zur Überprüfung gestellten Bestimmungen eine Ermächtigung finden.

II.

Der Antrag zu 2. betreffend die Kreditermächtigung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 und der Antrag zu 3. betreffend die Einwilligungsermächtigung in § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 sind begründet.

1. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 verstößt gegen Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV.

Art. 103 Abs. 1 LV ordnet für den Haushalt des Landes an, dass dieser grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen ist. Davon lässt Art. 103 Abs. 2 LV zwei Ausnahmen zu. Nach Art. 103 Abs. 2 Satz 1 LV kann von dem in Art. 103 Abs. 1 LV genannten Grundsatz zur Berücksichtigung einer von der Normallage abweichenden negativen konjunkturellen Entwicklung abgewichen werden. Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV sieht vor, dass im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, aufgrund eines Beschlusses des Landtags von dem Verbot der Kreditaufnahme abgewichen werden kann. Ein solcher Beschluss ist nach Art. 103 Abs. 2 Satz 3 LV mit einem Tilgungsplan zu verbinden. Die ausnahmsweise zulässige Kreditaufnahme selbst bedarf nach Art. 103 Abs. 3 Satz 2 LV einer der Höhe nach bestimmten Ermächtigung durch Gesetz.

Diese Vorschriften wurden durch das 7. Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg vom 16. Mai 2019 (GVBl. I/19 [Nr. 16]) geschaffen. Sie gelten seit dem 1. Januar 2020 und dienen der Umsetzung der in Art. 109 Abs. 3 GG enthaltenen Vorgaben, die sich an den Bund und die Länder richten.

Nach der in Art. 109 Abs. 3 GG verankerten Schuldenregel müssen Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgleichen. Nur für bestimmte, eng umrissene Ausnahmefälle sieht Art. 109 Abs. 3 GG die Möglichkeit einer Kreditaufnahme vor, nämlich bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung und bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Die nähere Ausgestaltung dieser Ausnahmeregelungen ist den Ländern überlassen (vgl. Art. 109 Abs. 3 Satz 5 GG). Hierauf beruhen die entsprechenden Änderungen in Art. 103 LV. Mit ihnen haben die grundgesetzlichen Regelungen der Kreditaufnahme in Art. 109 Abs. 3 GG Eingang in die Landesverfassung gefunden und sind damit unmittelbar geltendes Landesrecht geworden (LT‑Drs. 6/10391, Gesetzesentwurf, S. 1).

Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat die beschriebenen grundgesetzlichen Regelungen zur so genannten „Schuldenbremse“ nahezu wortgleich übernommen. Vor diesem Hintergrund können für die hier anzuwendenden landesverfassungsrechtlichen Vorschriften keine anderen bzw. allenfalls strengere Maßstäbe gelten als diejenigen, die das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 15. November 2023 ‌(2 BvF 1/22) mit Blick auf Art. 109 Abs. 3 i. V. m. Art. 115 Abs. 2 Sätze 6 bis 8 GG entwickelt hat. Damit sind auch die in dieser Entscheidung aufgestellten Anforderungen an die Darlegungsdichte des Parlaments und den damit korrespondierenden differenzierten gerichtlichen Prüfungsmaßstab auf die Anwendung des Landesverfassungsrechts im vorliegenden Verfahren zu übertragen.

Mit dem Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 -‌, Rn. 99, juris) geht auch das Verfassungsgericht für die brandenburgische Verfassungslage davon aus, dass neben den geschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV (a) ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Notsituation und der Überschreitung der Kreditobergrenzen erforderlich ist (b).

a) Wie in Art. 115 Abs. 2 Satz 6 bis 8 GG werden auch in Art. 103 Abs. 2 Satz 2 und 3 LV formelle (aa) und materielle (bb) Voraussetzungen für die Überschreitung der Kreditobergrenze bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen formuliert, deren Einhaltung einer abgestuften verfassungsgerichtlichen Überprüfungsdichte unterliegt (cc).

aa) In formeller Hinsicht erfordert Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV für die Überschreitung der Kreditobergrenze bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen einen Beschluss des Landtags, der mit einfacher Mehrheit gefasst wird (dazu LT‑Drs. 6/10391, Begründung, S. 3). Er ist nach Art. 103 Abs. 2 Satz 3 LV mit einem Tilgungsplan zu verbinden (zu diesen formellen Voraussetzungen siehe bereits Beschluss vom 25. August 2023 ‌- VfGBbg 6/23 EA -,‌ Rn. 139, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

bb) In materieller Hinsicht setzt Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV eine Naturkatastrophe oder eine außergewöhnliche Notsituation voraus (1), die sich der Kontrolle des Staates entzieht (2) und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt (3).

(1) Der Anlass für die Ausnahme von der regelmäßigen Kreditobergrenze muss in einer Naturkatastrophe oder einer außergewöhnlichen Notsituation liegen.

Der Begriff der "Naturkatastrophe" bezeichnet dabei nach dem Willen des Verfassungsgebers unmittelbar drohende Gefahrenzustände oder Schädigungen von erheblichem Ausmaß, die durch Naturereignisse ausgelöst werden, wie etwa Erdbeben, Hochwasser, Unwetter, Dürre oder Massenerkrankungen (vgl. LT-Drs. 6/10391, Begründung, S. 3; ebenso zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 103, juris).

Unter den Terminus der „außergewöhnlichen Notsituation" können nach den Vorstellungen des verfassungsändernden Gesetzgebers etwa besonders schwere Unglücksfälle im Sinne des Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG fallen, d. h. Schadensereignisse von großem Ausmaß und von Bedeutung für die Öffentlichkeit, die durch Unfälle, technisches oder menschliches Versagen ausgelöst oder von Dritten absichtlich herbeigeführt werden (LT-Drs. 6/10391, Begründung, S. 3). Ferner kann darunter ausweislich der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 6/10391, Begründung, S. 4) eine plötzliche Beeinträchtigung der Wirtschaftsabläufe in einem extremen Ausmaß aufgrund eines exogenen Schocks fallen, die aus Gründen des Gemeinwohls aktive Stützungsmaßnahmen des Staates zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung der Wirtschaftsabläufe gebietet. Dieses Begriffsverständnis entspricht demjenigen zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG (vgl. BT-Drs. 16/12410, S. 11; siehe dazu auch BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 106, juris). Durch das Attribut der Außergewöhnlichkeit der Notsituation kommt zugleich zum Ausdruck, dass nicht jede Beeinträchtigung der Wirtschaftsabläufe vom Anwendungsbereich der Ausnahmeklausel des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV erfasst wird. Insbesondere sind Beeinträchtigungen der Finanz- und Wirtschaftslage nicht schon dann ein Anwendungsfall dieser Norm, wenn es sich um bloße Auf- und Abschwungbewegungen eines zyklischen Konjunkturverlaufs handelt (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 107, juris, unter Hinweis auf BT-Drs. 16/12410, S. 11). Derartige Entwicklungen sind im Rahmen von Art. 103 Abs. 2 Satz 1 LV zu berücksichtigen (vgl. LT-Drs. 6/10391, Begründung, S. 2).

(2) Die Naturkatastrophe oder außergewöhnliche Notsituation, die den Anlass für die Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der strukturellen Neuverschuldung geben soll, muss sich nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV der Kontrolle des Staates, d. h. des Landes Brandenburg, entziehen. Dieses auch in Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG enthaltene zusätzliche Merkmal findet eine unionsrechtliche Entsprechung in Art. 122 Abs. 2 AEUV, wonach die Europäische Union einem Mitgliedstaat im Fall von Schwierigkeiten aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, finanziellen Beistand leisten kann. Maßgeblich ist insoweit ein Moment der Unbeherrschbarkeit des Ereignisses, wodurch mittel- oder längerfristige Entwicklungen, etwa eine schleichende Anhäufung von Staatsschulden, ausgeschlossen werden sollen. Die Folgen von Krisen, die lange absehbar waren oder gar von der öffentlichen Hand verursacht worden sind, dürfen nicht mit Notkrediten finanziert werden (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 109, juris).

(3) Darüber hinaus muss die Naturkatastrophe oder außergewöhnliche Notsituation gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV eine "erhebliche Beeinträchtigung" der staatlichen Finanzlage zur Folge haben. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt einen Bezug zwischen dem von der Notlage ausgelösten Finanzbedarf und der staatlichen Haushaltswirtschaft her. Nach dem vorbildgebenden Verständnis der Fraktionen im Deutschen Bundestag zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG soll sich der relevante Finanzbedarf aus dem Aufwand für die Schadensbeseitigung wie auch aus dem etwaigen Aufwand für vorbeugende Maßnahmen ergeben können (siehe dazu BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 110, juris; BT-Drs. 16/12410, S. 11).

(a) Zwischen der Notsituation und dem Neuverschuldungsbedarf muss eine kausale Beziehung bestehen. Erforderlich ist, dass die Notsituation ursächlich zu einer Reaktion des Staates führt, die sich in einer erheblichen Weise auf die "Finanzlage" des Landes auswirkt und gerade deshalb die Rechtfertigung für eine Neuverschuldung bietet. Der Finanzbedarf, der durch die Reaktion des Staates auf die Naturkatastrophe oder die außergewöhnliche Notlage sowie durch mögliche vorbeugende Maßnahmen entsteht, muss den Gesamthaushalt spürbar belasten (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 111 m. w. N., juris).

(b) Eine Notsituation, die nur „unerhebliche" Folgen für die Finanzlage des Staates mit sich bringt, kann keine notlagenbedingte Neuverschuldung tragen. In solchen Fällen muss ein plötzlich auftretender Finanzbedarf ohne zusätzliche Kreditaufnahme, beispielsweise durch Haushaltsumschichtungen, Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen, gedeckt werden. Das Tatbestandsmerkmal der „erheblichen" Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage stellt damit in allgemeiner Weise auf den Einfluss der äußeren Krise auf die staatlichen Finanzen in ihrer Gesamtheit ab. Weitere Anforderungen ergeben sich aus dem Merkmal der Erheblichkeit nicht (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 112 m. w. N., juris).

cc) Die geschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen für die notlagenbedingte Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der strukturellen Neuverschuldung nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV sind grundsätzlich verfassungsgerichtlich voll überprüfbar (1). Einschränkungen der Überprüfungsdichte gelten allerdings für das Erfordernis einer erheblichen Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage (2).

(1) Ob eine Naturkatastrophe oder außergewöhnliche Notsituation vorliegt, die sich der Kontrolle des Staates entzieht, unterliegt vollumfänglicher verfassungsgerichtlicher Prüfung. Durchgreifende Gründe für eine Einschränkung der Justiziabilität dieser Voraussetzungen sind nicht ersichtlich. Obschon die denkbaren Anwendungsfälle von Naturkatastrophen und Notsituationen äußerst vielfältig sind, handelt es sich um Rechtsbegriffe, deren Auslegung und Anwendung nach den oben dargestellten Maßstäben gerichtlicher Kontrolle zugänglich sind (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 116 ff. m. w. N., juris).

(2) Das in Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV weiter vorgesehene Erfordernis einer "erheblichen Beeinträchtigung" der staatlichen Finanzlage ist demgegenüber nur eingeschränkt verfassungsgerichtlich kontrollierbar. Zwar hat das Verfassungsgericht zu prüfen, ob die außergewöhnliche Notsituation zu einem außerordentlich - also nicht nur unerheblich - erhöhten Finanzbedarf geführt hat und damit grundsätzlich geeignet war, die staatliche Finanzlage erheblich zu beeinträchtigen. Für die Frage, ab welcher konkreten Höhe des finanziellen Mehrbedarfs eine erhebliche Beeinträchtigung der Finanzlage vorliegt, kommt dem Gesetzgeber aber ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 122 m. w. N., juris).

b) Sind die geschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, kann von dem in Art. 103 Abs. 1 LV geregelten Grundsatz, nach dem der Haushalt des Landes grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen ist, abgewichen werden (Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV). Dem Wortlaut der Vorschrift ist - jedenfalls unmittelbar - keine quantitative oder qualitative, absolute oder relative Grenze der zulässigen Neuverschuldung zu entnehmen (vgl. zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 124 m. w. N., juris).

Über den Wortlaut hinaus ist jedoch - unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem als Vorbild des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV dienenden Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 125 ff. m. w. N., juris) - ein sachlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation und der Überschreitung der Kreditobergrenzen erforderlich (aa), bei dessen Beurteilung dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zukommt (bb). Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der notlagenbedingten Kreditaufnahme scheidet dagegen aus, insbesondere eine Überprüfung von deren Erforderlichkeit und Angemessenheit (cc). Allerdings ergeben sich Darlegungslasten des Gesetzgebers, um eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Nachvollziehbarkeit und Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Entscheidungen über die Kreditaufnahme zu ermöglichen (dd).

aa) Bereits nach dem geschriebenen Tatbestand des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV ist zu prüfen, ob gerade die Naturkatastrophe oder außergewöhnliche Notsituation die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt, ob also eine Kausalbeziehung zwischen der Notlage, dem erhöhten Finanzbedarf und der Störung der Lage der staatlichen Finanzen besteht. Die Verfassungsmäßigkeit der Überschreitung der Kreditobergrenzen ist jedoch weitergehend davon abhängig, dass die konkreten Verschuldungsermächtigungen in einem sachlichen Veranlassungszusammenhang mit der Notsituation stehen. Während das Tatbestandsmerkmal der erheblichen Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage in allgemeiner Weise auf den Einfluss der äußeren Krise auf die staatlichen Finanzen abstellt, verlangt das Erfordernis des sachlichen Veranlassungszusammenhangs einen konkreten Bezug zu den außerregulären Kreditermächtigungen und fragt inhaltlich danach, ob diese - auch der Höhe nach - gerade auf die Notlage als Anlass rückführbar sind (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 126 f. m. w. N., juris).

(1) Dieses zusätzliche Erfordernis eines Veranlassungszusammenhangs findet keine ausdrückliche Stütze im Wortlaut von Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG und auch nicht in dem von Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV. Gleichwohl lässt sich insoweit an die Präposition "für" ("Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen") in Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG anknüpfen, der die bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung für die Regelung in Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV enthält. Hinzu kommt, dass diese Norm der Landesverfassung - wie das Vorbild in Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG - die notlagenbedingte Überschreitung der Kreditobergrenze ausdrücklich nur „im Fall" der Notsituation zulässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 128 m. w. N., juris).

(2) Das Erfordernis eines Veranlassungszusammenhangs ergibt sich zudem im Wege der systematischen Auslegung des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV unter Berücksichtigung seines Regelungsumfelds. Der Systematik von Art. 103 LV lässt sich das allgemeine Verbot der strukturellen Neuverschuldung gemäß Art. 103 Abs. 1 LV als Grundsatz und im Falle außergewöhnlicher Notlagen nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV eine tatbestandlich klar konturierte Ausnahme entnehmen, die eine gewichtige Grundentscheidung des Haushaltsverfassungsrechts durchbricht. Daraus folgt, dass ‌‑ selbst wenn die geschriebenen Voraussetzungen von Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV vorliegen - eine grenzen- und maßstabslose Kreditaufnahme verfassungsrechtlich nicht zulässig ist. Es bestehen zwar keine absoluten betragsmäßigen Grenzen der Kreditaufnahme, wohl aber relative sachliche Grenzen. Um den Charakter von Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV als notlagenspezifische Ausnahmevorschrift zu wahren, muss die Kreditaufnahme im Einzelnen sachlich gerade auf die konkrete Notsituation und den Willen des Gesetzgebers, diese zu bewältigen, rückführbar sein (so zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 129 ff. m. w. N., juris).

(a) Ausgangspunkt dieser Begrenzung ist die parlamentarische Feststellung (Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV), welche die Kreditüberschreitung mit den Kosten der zur Bewältigung der außerordentlichen Notlage notwendigen Maßnahmen verknüpft. Zugleich definiert diese Feststellung diejenige Notlage, die aus Sicht des Landtags die Handlungsfähigkeit des Staates herausfordert und als Krise bewältigt werden muss. Mit der genauen Bezeichnung der Notlage wird, wie die Antragsteller zutreffend formulieren, für die Öffentlichkeit die „Identität des geschichtlichen Vorgangs" klargestellt und zugleich in transparenter Weise verdeutlicht, zur Bewältigung welcher Krise von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht wird. Aus dem Beschluss des Landtags folgt damit eine Umgrenzungsfunktion, die der demokratischen Öffentlichkeit eine Kontrolle ermöglicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 130 m. w. N., juris).

(b) Zudem führt der Beschluss dem Landeshaushaltsgesetzgeber den Ausnahmecharakter der Überschreitung der Kreditobergrenzen vor Augen und veranlasst ihn damit, sowohl die Feststellung der Notlage als auch die Überschreitung der Kreditobergrenzen im Blick zu behalten und mit besonderer Sorgfalt zu prüfen. An der mit dieser Regelungssystematik eingerichteten "Warnfunktion" wird nicht zuletzt der hohe Stellenwert erkennbar, der einer grundsätzlichen Einhaltung der Kreditobergrenze aus Sicht des verfassungsändernden Gesetzgebers zukommt (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 131 m. w. N., juris).

(3) Bereits zu der nach der alten Verfassungsrechtslage bestehenden staatsschuldenrechtlichen Ausnahmevorschrift bei Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GG a.F. hatte das Bundesverfassungsgericht ein dem Veranlassungszusammenhang bei Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG n.F. strukturähnliches Erfordernis statuiert und dabei das Element der Finalität gefordert. Die ausnahmsweise erhöhte Kreditaufnahme musste demzufolge "nach Umfang und Verwendung geeignet sein, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren", wobei es gerade nicht ausreichte, "dass eine erhöhte Kreditaufnahme durch eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts veranlasst" war; sie musste darüber hinaus auch final auf die Abwehr dieser Störung bezogen sein. Ein solcher Veranlassungszusammenhang muss nach der nunmehr geltenden strengeren Regelungssystematik erst recht vorliegen. Überschreitungen der regulären Kreditobergrenze können verfassungsrechtlich nur gedeckt sein, wenn der Haushaltsgesetzgeber mit ihnen zweckgerichtet Maßnahmen zur Überwindung oder Vorbeugung einer Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation finanziert. Nicht erfasst sind dagegen Neukredite für allgemeinpolitische Maßnahmen, die allenfalls anlässlich der vermeintlich günstigen Gelegenheit des Aussetzens der Schuldenbremse ergriffen werden, aber nicht auf die Überwindung der Krisensituation zielen (zu alledem BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 132 f. m. w. N., juris).

(4) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG müssen die kreditfinanzierten Maßnahmen als Folge des zu überprüfenden Veranlassungszusammenhangs geeignet sein, den Zweck der Überwindung oder Vorbeugung einer Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation zu fördern. Die Eignung bezieht sich dabei auf die Gesamtheit der Maßnahmen und nicht auf jede einzelne Maßnahme, denn die einzelnen Maßnahmen können sich gegenseitig verstärken, unterstützen oder überhaupt erst zur Wirkung bringen. Es ist daher nicht Aufgabe der Eignungsprüfung, einzelne Ausgabenansätze aus diesem Gefüge herauszubrechen und isoliert auf ihre Eignung, auf gegebene Einsparungsmöglichkeiten o.ä. zu untersuchen (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 134 m. w. N., juris). Diese Maßgaben gelten auch für Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV.

(5) Welche Anforderungen an die Kreditermächtigungen aus diesem Erfordernis eines Veranlassungszusammenhangs im Einzelnen abzuleiten sind, ist von der Art der Notsituation und den zu ihrer Bekämpfung sowie zur Anpassung und Nachsorge gebotenen Maßnahmen abhängig. Denn die Überschreitung der regulären Kreditaufnahmegrenzen ist nur im Hinblick auf diese spezifisch notlagenbezogenen Maßnahmen zulässig (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 135, juris).

(6) Noch strengere Anforderungen sind an das Erfordernis des Veranlassungszusammenhangs hingegen nicht zu stellen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die notlagenbedingte Kreditaufnahme auf die Beseitigung der unmittelbaren Folgen einer etwaigen Notlage beschränkt sein könnte. Dem verfassungsändernden Gesetzgeber stand bei der Neufassung der Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV als „Notlage" - wie bereits erwähnt - auch eine „plötzliche Beeinträchtigung der Wirtschaftsabläufe in einem extremen Ausmaß aufgrund eines exogenen Schocks, wie beispielsweise der aktuellen Finanzkrise" vor Augen, „die aus Gründen des Gemeinwohls aktive Stützungsmaßnahmen des Staates zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung der Wirtschaftsabläufe gebietet" (vgl. LT-Drs. 6/10391, Begründung, S. 4). Die in der Gesetzesbegründung genannte Finanz- und Bankenkrise der Jahre 2008 bis 2009 führte mittelbar zu einer weltweiten Wirtschaftskrise mit weitreichenden Folgen. Eine randscharfe Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Krisenfolgen dürfte überdies praktisch nicht durchführbar sein (vgl. mit Blick auf Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 136, juris).

bb) Sowohl für die Diagnose der Art und des Ausmaßes der Notsituation als insbesondere auch für die Ausgestaltung der Maßnahmen zur Bekämpfung, Anpassung und gegebenenfalls Nachsorge kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu. Dies gilt namentlich für die Höhe der für die finanzielle Absicherung dieser Maßnahmen vorgesehenen Kreditermächtigungen. Dem Verfassungsgericht obliegt die Prüfung, ob die Beurteilung des Gesetzgebers auch vor dem Hintergrund der Auffassungen in Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft nachvollziehbar und vertretbar ist (zur Rechtslage auf Bundesebene BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 137 m. w. N., juris).

Je weiter allerdings das auslösende Ereignis in der Vergangenheit liegt, je mehr Zeit zur Entscheidungsfindung gegeben ist und je entfernter die Folgen sind, desto stärker wird sich der Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers verengen, weil die Folgen seines Handelns mit der Zeit besser abzuschätzen sind und so verhindert werden kann, dass die Ausnahme der Überschreitung der Kreditobergrenzen zur Regel wird, wie es bei der grundgesetzlichen Vorgängerregelung bemängelt wurde (siehe dazu mit näherer Begründung BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 138-143, juris).

cc) Die Vorschrift des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV sieht darüber hinaus keine weiteren materiellen Beschränkungen für eine krisenbedingte Kreditaufnahme des Landes vor. Insbesondere ist der Haushaltsgesetzgeber nicht - wie die Antragsteller hingegen meinen - an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Vielmehr ist die konkrete Abwägung zwischen den geeigneten Mitteln zur Abwehr der außergewöhnlichen Notsituation eine Aufgabe des Haushaltsgesetzgebers, die er auch politisch zu verantworten hat. Für politisches Handeln räumen Grundgesetz wie Landesverfassung dem Gesetzgeber, soweit es sich nicht um - hier nicht gegebene - Eingriffe in Rechts- oder Freiheitsbereiche handelt, einen Gestaltungsspielraum ein, dem sie nur einen Rahmen setzen. Innerhalb dieses Rahmens ist der Gesetzgeber frei, politische Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet im vorliegenden Zusammenhang, dass die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers zwar geeignet zur Krisenbewältigung sein muss, unter mehreren geeigneten Mitteln jedoch keine Abstufung im Sinne einer Erforderlichkeit oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu treffen ist (vgl. zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 144 f. m. w. N., juris).

Vor der Inanspruchnahme einer notlagenbedingten Kreditaufnahme nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV ist der Gesetzgeber - anders als die Antragsteller meinen - insbesondere nicht von Verfassungs wegen zur Ausschöpfung anderer Konsolidierungsspielräume gehalten (Erforderlichkeit der notlagenbedingten Kreditaufnahme). Es ist allein Sache des Parlaments, entsprechende (politische) Grundentscheidungen zu treffen und hierbei alternativ bestehende Finanzierungsmöglichkeiten wie Steuererhöhungen, andere haushaltspolitische Schwerpunktsetzungen und eventuelle Rücklagen in die Abwägung miteinzubeziehen. Eine „Subsidiarität der Kreditaufnahme" lässt sich Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV gerade nicht entnehmen (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 146, juris; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. April 2022 ‌- VGH N 7/21 -‌, Rn. 113, juris).

dd) Dem Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers entspricht eine Darlegungslast im Gesetzgebungsverfahren. Dies ermöglicht dem Verfassungsgericht im Streitfall die Prüfung, ob die entsprechende Beurteilung und Einschätzung des Gesetzgebers anhand der von ihm gegebenen Begründung nachvollziehbar und vertretbar ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 149 m. w. N., juris).

(1) Im Gesetzgebungsverfahren darzulegen sind die Diagnose der Naturkatastrophe oder der außergewöhnlichen Notsituation sowie ihrer Ursachen, die Absicht, durch die erhöhte Kreditaufnahme diese Notlage abzuwehren oder zu überwinden, und die begründete Prognose, dass und wie durch die erhöhte Kreditaufnahme dieses Ziel erreicht werden kann, sie also zur Beseitigung der Notlage geeignet erscheint. Dabei wird gegebenenfalls die Koordination der Haushaltsplanung mit flankierenden gesetzgeberischen Maßnahmen und der längerfristigen Politik darzulegen sein. Welche Anforderungen an die im Einzelfall geforderten Darlegungspflichten des Gesetzgebers bestehen, bestimmt sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls und ist insbesondere von der Art der jeweiligen Krisensituation - und der Vielschichtigkeit von Lösungen zur Krisenüberwindung - abhängig. Dabei müssen stets Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV im Blick behalten werden, denn diese soll die Handlungsfähigkeit des Staates zur Krisenbewältigung gewährleisten (so zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 150 m. w. N., juris).

(2) Macht der Gesetzgeber wiederholt innerhalb eines Haushaltsjahrs oder innerhalb aufeinander folgender Haushaltsjahre von der Möglichkeit notlagenbedingter Kreditmittel Gebrauch, so wachsen auch die Anforderungen an seine Darlegungslasten. Je länger die Krise dauert und je umfangreicher der Gesetzgeber notlagenbedingte Kredite in Anspruch genommen hat, desto detaillierter hat er die Gründe für das Fortbestehen der Krise (Krisendiagnose) und die aus seiner Sicht weiter gegebene Geeignetheit der von ihm geplanten Maßnahmen zur Krisenbewältigung darzulegen (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 151 m. w. N., juris).

(3) Besondere Anforderungen an die Darlegungslast des Gesetzgebers ergeben sich vor dem Hintergrund der notwendigen Abgrenzung einer notlagenbedingten Kreditaufnahme gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV vom Anwendungsbereich der erweiterten Kreditaufnahmemöglichkeiten gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 1 LV wegen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung, bei der die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen sind. Der Verfassungstext verdeutlicht damit, dass nicht schon jede wirtschaftliche Krisensituation mit einer außergewöhnlichen Notsituation gleichzusetzen ist. Demgemäß hat auch der Haushaltsgesetzgeber diese Abgrenzung nachvollziehbar darzulegen (vgl. zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 153, juris).

(4) Für die Darlegung und Begründung sieht die Landesverfassung keine bestimmte Form vor. Sie können im Gesetz und in Haushalts- und Gesetzesvorlagen enthalten sein, aber auch in den Plenarsitzungen des Landtags erfolgen. Bloße Äußerungen von Mitgliedern des Landtags und der Landesregierung genügen allerdings nicht. Die Darlegungen müssen erkennbar machen, dass die parlamentarische Mehrheit mit der Beschlussfassung nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV die Verantwortung auch für die Begründung der erhöhten Kreditaufnahme übernimmt (vgl. zu Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GG a.F. BVerfG, Urteil vom 18. April 1989 ‌‑ 2 BvF 1/82 -‌, BVerfGE 79, 311, Rn. 96, juris; siehe auch HessStGH, Urteil vom 27. Oktober 2021 ‌‑ P.St. 2783, P.St. 2827 ‑‌, Rn. 258, juris).

(5) Die insoweit im Gesetzgebungsverfahren dargelegte Beurteilung und Einschätzung des Gesetzgebers ist verfassungsgerichtlich daraufhin zu überprüfen, ob sie nachvollziehbar und vertretbar ist. Diese Aufgabenverteilung zwischen parlamentarischer Gesetzgebung und verfassungsgerichtlicher Kontrolle ist bei der Wahrnehmung der verfassungsrechtlichen Ermächtigung und Verpflichtung zu einer situationsgebundenen, auf dynamische Entwicklungen reagierenden Kreditaufnahme sachlich geboten (BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 ‌‑ 2 BvF 1/22 ‑‌, Rn. 154 m. w. N., juris).

c) § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 ist zwar in formeller Hinsicht verfassungsgemäß (dazu aa)), entspricht aber nicht den materiell-rechtlichen Anforderungen, die nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV zu stellen sind (dazu bb)).

aa) Die formellen verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Kreditaufnahme im Sinne von Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV sind erfüllt. Dem dafür in Art. 103 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 LV normierten Gesetzesvorbehalt, wonach die Kreditaufnahme einer „der Höhe nach“ bestimmten Ermächtigung durch ein formelles Gesetz bedarf, hat der Gesetzgeber durch die ausdrückliche Ermächtigung zur Kreditaufnahme in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 genügt. Der nach Art. 103 Abs. 2 Satz 3 LV erforderliche Tilgungsplan ist in § 3 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2023/2024 enthalten. Auch hat der Landtag mit Beschluss vom 15. Dezember 2022 das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV i. V. m. § 18b LHO festgestellt (LT‑Drs. 7/6685-B).

bb) Die Kreditermächtigung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 steht nicht im Einklang mit den materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV. Zwar sind die geschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm verwirklicht; der Haushaltsgesetzgeber hat zutreffend angenommen, dass eine außergewöhnliche Notsituation vorlag, die sich der Kontrolle des Staates entzog und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigte (dazu (1)). Aus den Darlegungen des Gesetzgebers ergibt sich hingegen nicht das Bestehen eines Veranlassungszusammenhangs (dazu (2)).

(1) Die geschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV sind erfüllt. Für die Prüfung ist dabei auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Landtags Brandenburg am 15. Dezember 2022, mit dem das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Artikel 103 Absatz 2 Satz 2 LV in Verbindung mit § 18b LHO festgestellt wurde, abzustellen.

(a) Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und die daraus erwachsenen vielfältigen krisenhaften Folgen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht stellten für das Land Brandenburg eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne von Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV dar (ebenso zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG Schmidt, Öffentliches Finanzrecht, 2023, S. 206; Krönke, NVwZ 2022, 1606, 1610; Heintzen, NVwZ 2022, 1506; Henneke, Die Verwaltung 2022, 399, 427 f.; zu dieser Einordnung siehe auch BT-Drs. 20/2036, S. 1; BT-Drs. 20/4058, S. 1). Der Krieg beeinflusste seit seinem Beginn am 24. Februar 2022 bis zum Zeitpunkt der Feststellung der außergewöhnlichen Notsituation durch den Landtag die Wirtschaftsabläufe in der Bundesrepublik Deutschland und in Brandenburg im Sinne eines von außen einwirkenden Schocks, der insbesondere im Energiebereich zu Störungen mit Folgen u. a. für die Preisentwicklung geführt und Flüchtlingsbewegungen ausgelöst hat. Seit Februar 2022 waren grundlegende Veränderungen der politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen zu verzeichnen, die sich von gewöhnlichen Entwicklungen insbesondere in der Wirtschaft mit einem normal verlaufenden Konjunkturzyklus deutlich abhoben.

Die zuvor beschriebene Situation wird durch die Einschätzungen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bestätigt. Dieser hat in seinem im Dezember 2022 erschienenen Jahresgutachten 2022/2023 „Energiekrise solidarisch bewältigen, Neue Realität gestalten“ (im Folgenden: Jahresgutachten) ‑ auf welches der Landtag mit Schriftsatz vom 27. September 2023 Bezug nimmt ‑ festgestellt, dass Deutschland aufgrund der bisherigen starken Abhängigkeit von russischem Erdgas in besonderem Maße von der Energiekrise betroffen sei. Die Industrie sei mit deutlich gestiegenen Energiekosten konfrontiert. Die sukzessive Überwälzung der Energiepreise auf die Verbraucherinnen und Verbraucher belaste im Prognosezeitraum den privaten Konsum deutlich. Darüber hinaus sei zu erwarten, dass die privaten Haushalte entsparen würden, was den Rückgang der realen Konsumausgaben dämpfen würde. Insgesamt erwartete der Sachverständigenrat ein reales Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts von -0,2 Prozent im kommenden Jahr. Die Verbraucherpreisinflation werde nach der Prognose des Sachverständigenrates im Jahr 2023 bei 7,4 Prozent liegen. Die Prognose sei zudem mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet. Sollte es in Deutschland im Prognosezeitraum zu einer Gasmangellage kommen, sei mit einer tiefen Rezession und nochmals höherer Inflation zu rechnen (Jahresgutachten, S. 15, online abrufbar unter: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/gutachten/‌jg202223/JG202223_Gesamtausgabe.pdf; zuletzt abgerufen am 17. Mai 2024). Der Energiepreisanstieg wurde zum relevanten Zeitpunkt Ende 2022 als ein Haupttreiber der gegenwärtig hohen Inflationsraten ausgemacht (Monatsbericht der Deutschen Bundesbank - November 2022, S. 55, online abrufbar unter: https://www.bundesbank.de/resource/blob/900674/01e956edca43d4cf7b0302a74192ae31/mL/2022-11-konjunktur-data.pdf; zuletzt abgerufen am 17. Mai 2024).

Mit den durch den Ukrainekrieg ausgelösten Flüchtlingsbewegungen ist in dem zu betrachtenden Zeitpunkt der Feststellung der Notlagensituation auch das Land Brandenburg in einem spürbaren Maße betroffen worden. Nach einer Auswertung des Bundesinnenministeriums wurden bis zum Ende Dezember 2022 1.045.185 Flüchtlinge in Deutschland erfasst, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflüchtet sind. Demnach waren im März 2022 ca. 370.000 Flüchtlinge, im April ca. 610.000, im Mai 814.000, im Juni 896.000, im Juli 941.000 und im August 2022 bereits 998.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland offiziell registriert (Statista GmbH, online abrufbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1294820/umfrage/kriegsfluechtlinge-aus-der-ukraine-in-deutschland/; zuletzt abgerufen am 17. Mai 2024). Am 31. Dezember 2022 befanden sich im Land Brandenburg insgesamt 30.281 ukrainische Staatsangehörige, während es zum 31. Dezember 2021 noch 4.194 gewesen sind (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, online abrufbar unter: https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/schwerpunkte/ukraine; zuletzt abgerufen am 17. Mai 2024).

(b) Der Ukrainekrieg und die damit verbundenen Folgen haben sich der Kontrolle des Landes Brandenburg entzogen (vgl. zu Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG Schmidt, Öffentliches Finanzrecht, 2023, S. 206; Krönke, NVwZ 2022, 1606, 1610; Heintzen, NVwZ 2022, 1506; Henneke, Die Verwaltung 2022, 399, 427 f.; BT-Drs. 20/2036, S. 1; BT-Drs. 20/4058, S. 1). Sie haben das staatliche Gemeinwesen in Brandenburg seit Kriegsbeginn vor große Herausforderungen gestellt, die gerade durch die Unbeherrschbarkeit der für die Krise maßgeblichen Ereignisse und damit ausgelösten Entwicklungen gekennzeichnet waren. Die konkreten krisenhaften Verwerfungen waren für das Land Brandenburg weder absehbar noch wurden sie von ihm verursacht.

(c) Die vom Landesgesetzgeber im Zeitpunkt der Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation getroffene Annahme, dass die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Krise zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Haushaltslage des Landes Brandenburg führen wird, überschreitet die Grenzen des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums nicht. Er konnte vertretbar davon ausgehen, dass die Bekämpfung der wirtschaftlichen, sozialen und humanitären Folgen der kriegsbedingten Krise mit einem außerordentlichen Bedarf an Haushaltsmitteln und daraus resultierenden spürbaren Folgen für den Gesamthaushalt verknüpft sein würde. Der vom Landesgesetzgeber angenommene Neuverschuldungsbedarf für die Jahre 2023 und 2024 in Höhe von insgesamt 2.000.000.000 Euro erscheint auch angesichts der Dimension der Herausforderungen für das Land Brandenburg im Rahmen der Krisenbewältigung nicht unplausibel. Mit Blick darauf, dass dieser Bedarf einem Anteil von ca. sechs Prozent des brandenburgischen Gesamthaushalts für die besagten Haushaltsjahre entspricht, konnte der Gesetzgeber auch annehmen, dass die Beeinträchtigung der Haushaltslage von erheblicher Natur ist (vgl. Schmidt, Öffentliches Finanzrecht, 2023, S. 207, der eine erhebliche Beeinträchtigung bereits bei einer Belastung von deutlich unter einem Prozent des Haushaltsvolumens annimmt).

(2) Der Haushaltsgesetzgeber ist jedoch seiner - mit Blick auf den bereits seit Beginn des Ukraine-Kriegs vergangenen Zeitraum von nahezu zehn Monaten ohnehin erhöhten - Darlegungslast zum notwendigen Veranlassungszusammenhang zwischen der außergewöhnlichen Notsituation und den notlagenbedingten Kreditermächtigungen bzw. den ergriffenen Maßnahmen zur Krisenbewältigung nicht in dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang gerecht geworden.

(a) Bereits die im Gesetzgebungsverfahren angestellten Erwägungen zur Diagnose der außergewöhnlichen Notsituation und zu ihren Ursachen erweisen sich als teilweise defizitär.

(aa) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass die von der Mehrheit des Landtags getragene Begründung der Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation auf die gesamtgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland abstellt (vgl. LT‑Drs. 7/6685, S. 2 und Anlage 3, S. 3). Der Landesrechnungshof weist in seiner Stellungnahme vom 26. Juni 2023 zutreffend darauf hin, dass diese Auswirkungen „naturgemäß vor innerdeutschen Ländergrenzen und damit auch nicht vor Brandenburg Halt machen.“ Ihm ist auch darin zuzustimmen, dass es sich bei der in dem Feststellungsbeschluss des Landtags beschriebenen Situation nicht um eine allein regionale, sondern internationale Krise handelt, welche die ökonomische Entwicklung im gesamten Bundesgebiet zu beeinflussen vermag. Ungeachtet dessen lassen sich in der Begründung des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen zu den einzelnen Maßnahmenpaketen auch Darlegungen mit Bezug zur wirtschaftlichen und sozialen Situation im Land Brandenburg entnehmen (siehe im Einzelnen LT‑Drs. 7/6685, Anlage 3, S. 4 f.), die der Sache nach als Diagnose der Notlage verstanden werden können.

Aus den Erwägungen des Landtags lässt sich auch noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass die mit dem Ukraine-Krieg verbundenen Folgen eine Ausnahmesituation bewirken, die sich der Kontrolle des Staates entzieht. Diese Annahme wird vertretbar mit der Begründung gestützt, dass Deutschland nach den (seinerzeit) aktuellen Einschätzungen für das Jahr 2023 eine Rezession sowie eine anhaltend hohe Inflation bevorstehe (vgl. LT-Drs. 7/6685, S. 2). Wie der Landesrechnungshof in seiner Stellungnahme vom 26. Juni 2023 zu Recht hervorhebt, spricht jedenfalls die in der Begründung erwähnte, für 2023 prognostizierte anhaltend hohe Inflationsrate von über sieben Prozent (LT-Drs. 7/6685, S. 2) für eine solche Einschätzung, zumal diese Rate seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts ohne Beispiel ist. Es erscheint danach auch plausibel, dass diese Situation im Zeitpunkt der Feststellung der Notlage für ein Bundesland wie Brandenburg nicht kontrollierbar gewesen ist.

(bb) Eine verfassungsgerichtliche Plausibilitätskontrolle ist hingegen nicht möglich im Hinblick auf die Erwägungen in der für die Feststellung maßgeblichen Begründung zu den „erneut angewachsenen Flüchtlingsbewegungen … aus anderen Herkunftsländern“ (siehe Ziff. 1. des Beschlusses vom 16. Dezember 2022 über das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation), soweit sie nicht als Folge des Ukraine-Krieges beschrieben, sondern mit „anderen Gründen“ motiviert werden. Diese Gründe werden nicht erläutert. Soweit die Landesregierung die Verwendung der Formulierung „andere Gründe“ damit zu erklären versucht, dass auch Flüchtlingsbewegungen aus „Regionen anwachsen können, die der Ukraine benachbart sind“, überzeugt dies nicht. Diese Interpretation findet weder im Beschlusstext noch in der Begründung eine hinreichende Stütze, weil die „anderen Gründe“ ausdrücklich neben die Kriegsfolgen als Ursache der Flüchtlingsbewegungen gestellt werden.

(b) Die Darlegungen des Haushaltsgesetzgebers zu der erforderlichen Prognose, dass und wie durch die erhöhte Kreditaufnahme die Notsituation beseitigt oder abgemildert werden soll, vermögen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht zu genügen; sie erlauben dem Verfassungsgericht keine hinreichende Vertretbarkeits- bzw. Plausibilitätskontrolle.

(aa) Aus den für die Feststellung der Notlage nach Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV maßgeblichen Erwägungen und aus der Begründung des Haushaltsgesetzes 2023/2024 erschließt sich schon nicht, ob die Kreditermächtigungen auch der Höhe nach auf die angenommene außergewöhnliche Notsituation rückführbar sind. Das gilt nicht nur für die zu den einzelnen Maßnahmen angegebenen Beträge, sondern jedenfalls mittelbar auch für den Gesamtbetrag der beabsichtigten Krediteinnahmen, der sich rechnerisch aus den Einzelbeträgen zusammensetzt.

Der Haushaltsgesetzgeber weist in seiner Begründung für den im Landeshaushalt zu berücksichtigenden zusätzlichen Finanzbedarf darauf hin, dass die Umsetzung der zur Krisenbewältigung erforderlichen Entlastungs-, Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen des Landes in den vorgesehenen Maßnahmenbereichen nur ergänzenden Charakter habe und sich auf Bereiche beschränke, die durch Maßnahmen Dritter, wie der Europäischen Union und des Bundes, nicht oder nicht ausreichend abgedeckt würden. In den Beträgen für die einzelnen Maßnahmenbereiche enthalten seien zudem die notwendigen Beteiligungen des Landes an Bundesmaßnahmen, wie zum Beispiel die Ausweitung der Wohngeldleistungen oder auch die notwendige Landesbeteiligung zur Finanzierung des 49-Euro-Tickets (vgl. LT‑Drs. 7/6685, Anlage 3, S. 4).

Angesichts dieser Begründung wäre es erforderlich gewesen, die angenommenen Lücken zwischen den durch die Europäische Union sowie durch den Bund zur Verfügung gestellten Mitteln und dem auf Landesebene für notwendig befundenen tatsächlichen Finanzbedarf aufzuzeigen. Dies ist unterblieben. In den maßgeblichen Begründungen fehlt es nicht nur an nachvollziehbaren Darlegungen zur Ermittlung der Höhe der Beträge für die einzelnen Maßnahmenpakete. Die Begründung enthält auch keine Angaben zu den für die einzelnen Maßnahmenbereiche einsetzbaren Mitteln der Europäischen Union und des Bundes. Für eine Prüfung der Vertretbarkeit des vom Haushaltsgesetzgebers vertretenen Ansatzes zur Bedarfsbestimmung mangelt es mithin an belastbaren Informationen.

(bb) Den maßgeblichen Darlegungen lässt sich ferner nicht im hinreichenden Maße plausibel entnehmen, ob die kreditfinanzierten Maßnahmen geeignet sind, die Überwindung der außergewöhnlichen Notsituation zu fördern. Dabei kommt es zwar auf die Gesamtheit der Maßnahmen und nicht auf jede einzelne Maßnahme an. Um die Eignung des Gesamtpakets beurteilen zu können, muss aus der Begründung des Landesgesetzgebers erkennbar werden, welche einzelnen Maßnahmen Bestandteil des Gesamtpakets sein sollen. Daran fehlt es hier.

Die Beschreibung der einzelnen Maßnahmen erschöpft sich zumeist in pauschal formulierten „Schlagwörtern“ und einer regelmäßig nicht abschließenden Aufzählung von Sektoren, in denen Entlastungs-, Unterstützungs- und Anpassungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen. Welche konkreten Umsetzungsmaßnahmen sich dahinter verbergen, wird - wovon auch der Landesrechnungshof in seiner Stellungnahme vom 26. Juni 2023 ausgeht - lediglich für das vierte Maßnahmenpaket („Maßnahmen zur Aufnahme, Unterbringung, Versorgung, Unterbringung und Integration von Geflüchteten“) angegeben. Sie lassen sich auch nicht aus der Beschreibung der Maßnahmenbereiche ableiten. Vor diesem Hintergrund ist eine Vertretbarkeitskontrolle der Eignung der Maßnahmenpakete und deren Zielgenauigkeit im Rahmen der angestrebten Krisenbewältigung nicht möglich. Das gilt umso mehr, als der Haushaltsgesetzgeber die Möglichkeiten und die Reichweite in Frage kommender Maßnahmen bewusst offen formuliert hat, wie die der Regelbeispielsmethode entlehnten Wendungen „insbesondere“ (Maßnahmenbereiche 1 und 5) und „unter anderem“ (Maßnahmenbereich 2) zeigen.

Nicht nachvollziehen lässt sich die Höhe der für die Kommunen in Aussicht genommenen Unterstützungsmittel „im Umfang von mindestens 500.000.000 Euro“. Sie wird weder in der Höhe substantiiert noch nach den einzelnen Maßnahmenpaketen aufgeschlüsselt. Konkrete Umsetzungsmaßnahmen werden auch diesbezüglich nicht plausibilisiert.

Soweit in dem Maßnahmenbereich 3 („Maßnahmen zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen, für einen Transformationsprozess bis zu einer CO2-armen Produktionsweise sowie den Ausbau  der Erneuerbaren Energien“) auch im Zusammenhang mit dem Klimaschutz stehende Maßnahmen angesprochen werden, fehlt es an hinreichenden Darlegungen, die es erlauben, diese von allgemeinpolitisch motivierten Maßnahmen abzugrenzen, die nicht über notlagenbedingte Kreditermächtigungen finanziert werden dürfen.

(cc) Bei alledem verkennt das Gericht nicht, dass das Ausmaß der Notsituation und die Höhe der erforderlichen Mittel Ende 2022 für das gesamte Jahr 2023 und darüber hinaus nicht im Detail bestimmbar gewesen sind. So konnte eine konkrete Entwicklung der Energiepreise - etwa wegen möglicher Beschaffung aus anderen Quellen (z. B. Flüssiggas) oder auch eines etwaigen erhöhten Bedarfs (z. B. wegen eines strengen Winters) - nicht im Einzelnen vorhergesehen werden. Dieser Umstand rechtfertigt es jedoch nicht, davon abzusehen, den Inhalt der Maßnahmenpakete näher zu umreißen sowie den Zusammenhang mit der Notlage und deren Geeignetheit zur Krisenbewältigung zu begründen.

Stellt der Haushaltsgesetzgeber aufgrund bestimmter Umstände das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation einschließlich der erheblichen Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage fest, kann er auf der anderen Seite nicht davon entbunden werden zu erläutern, wie er gedenkt, mit den Mitteln aus der außerplanmäßigen Kreditaufnahme der Notlage zu begegnen bzw. deren Folgen abzumildern. Die Überlegungen, die zur Rechtfertigung der außergewöhnlichen Notsituation und deren Auswirkungen auf die staatliche Finanzlage herangezogen werden, müssen sich in der Begründung des Plans, der dem die Kreditermächtigung enthaltenden Haushaltsgesetz zugrunde liegt, widerspiegeln und eine Abgrenzung zu allgemeinpolitischen Maßnahmen erlauben.

Soweit die Beteiligten zu 1. und 2. auf die in der Folge durch das Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg vorgenommene Konkretisierung der Maßnahmenpakete abstellen, ist dies ohne Bedeutung, weil sie sich nicht dem Haushaltsgesetzgeber zurechnen lässt. Eine im Feststellungszeitpunkt bestehende und später verwirklichte Konkretisierungsmöglichkeit genügt jedenfalls nicht, um den verfassungsrechtlich gebotenen Darlegungsanforderungen mit Blick auf das Bestehen eines Veranlassungszusammenhangs zu genügen. Für die hier anzustellende Beurteilung ebenso unergiebig bleiben die Hinweise der Beteiligten zu 1. und 2. auf Stellungnahmen und Äußerungen von Mitgliedern der Landesregierung nach der Feststellung der Notlage zu konkreten Maßnahmen in Umsetzung des Brandenburg-Pakets. Sie waren für den Haushaltsgesetzgeber nicht bestimmend und können deshalb nicht berücksichtigt werden.

(dd) Die aufgezeigten Darlegungsdefizite führen im Ergebnis dazu, dass sich auch für das Gesamtpaket nicht plausibel feststellen lässt, ob es geeignet ist, den verfolgten Ausgabenzweck zu fördern.

2. Die Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 schlägt auf § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 durch, da ihm neben der ausgabenrechtlichen Umsetzung der Kreditermächtigung kein eigenständiger Gehalt beigemessen werden kann. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 dem haushaltsrechtlichen Spezialitätsgrundsatz genügt. Es bestehen jedoch auch insofern verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf die Ausgestaltung der Norm.

Das Spezialitätsgebot ist Ausdruck der parlamentarischen Budgethoheit. Es gebietet, die Einnahmen nach dem Entstehungsgrund sowie die Ausgaben und die Verpflichtungsermächtigungen nach Zwecken getrennt zu veranschlagen und, soweit erforderlich, zu erläutern. Dieses Prinzip ist mit den Grundsätzen der Haushaltsklarheit und -wahrheit eng verbunden. Danach müssen die Ermächtigungen des Haushaltsplans so genau gefasst sein, dass sie das Finanzgebaren der Exekutive durchsichtig machen, nicht verschleiern und wirksam zu steuern vermögen (VerfGH NRW, Urteil vom 28. Januar 1992 ‌- 1/91 -,‌ Rn. 34, juris). Durch unbestimmte haushaltspolitische Ermächtigungen darf das Parlament seine Budgetverantwortung nicht auf andere Akteure übertragen. Es muss „Herr seiner Entschlüsse“ bleiben (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. März 2014‌‑ 2 BvE 6/12 ‑,‌ BVerfGE 135, 317-433, Rn. 163, 164, juris).

Dem Spezialitätsgrundsatz dürfte es nicht genügen, wenn der Haushaltsgesetzgeber vom Grundsatz der Einzelveranschlagung abweicht und ganz erhebliche Mittel für weitgespannte, über die verschiedenen Einzelpläne verteilte oder gar noch gänzlich unbenannte Aufgaben in einem einzelnen Titel veranschlagt. In einem solchen Fall erfüllt der Haushaltsplan weder die ihm zugedachte Steuerungsfunktion, noch lässt er hinreichende Kontrollmöglichkeiten zu.

Indem der Haushaltsplan 2023/2024 den gesamten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 zulässigen Kreditbetrag im Einzelplan 20, Allgemeine Finanzverwaltung, nach Jahren getrennt, ausgabenseitig im Titel 971 20 veranschlagt, räumt er womöglich der Exekutive eine solche unangemessene Verfügungsmacht ein.

Die nach § 10 Satz 4 Haushaltsgesetz 2023/2024 erforderliche Einwilligung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen für Mittelbewilligungen über 7.500.000 Euro, dürfte mögliche Defizite bei der Einhaltung des Spezialitätsgebots nicht zu heilen vermögen.

Art. 105 LV ist auf § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich vorliegend nicht um Haushaltsüberschreitungen handelt.

C.

Die Unvereinbarkeit von § 2 Abs. 1 Nr. 3 Haushaltsgesetz 2023/2024 in der Fassung vom 16. Dezember 2022 mit Art. 103 Abs. 2 Satz 2 LV, die sich auch auf § 10 Haushaltsgesetz 2023/2024 in der Fassung vom 16. Dezember 2022 erstreckt, führt zur Nichtigkeit der Vorschriften gemäß § 41 Satz 1 VerfGGBbg. Gründe für eine bloße Unvereinbarkeitserklärung der genannten Normen mit der Landesverfassung sind nicht ersichtlich. Eine solche Erklärung kommt in Betracht, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, einen verfassungsgerichtlich festgestellten Verfassungsverstoß zu beseitigen, wie etwa bei Gleichheitsverstößen (BVerfG, Urteil vom 6. März 2002 ‌‑ 2 BvL 17/99 ‑‌, BVerfGE 105, 73-135, Rn. 219-220, juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass mit einer Nichtigerklärung der verfassungswidrigen Vorschriften ein Zustand entstünde, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt wäre als der bisherige (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 ‌‑ 2 BvR 2258/09 ‑,‌ Rn. 85, juris).

Aus der Nichtigkeitsfolge ergeben sich ungeachtet des Umstands, dass es im Verfassungsgerichtsgesetz an einer mit § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG vergleichbaren Bestimmung fehlt, keine Rückabwicklungspflichten. Die Regelung des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG wie auch ähnliche andere Normen des Prozessrechts (vgl. § 183 VwGO, § 157 FGO) sind Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, wonach unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt nicht rückwirkend aufgehoben und die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangenen Wirkungen nicht beseitigt werden. Er beansprucht auch für das brandenburgische Verfassungsprozessrecht Geltung.

D.

Das Urteil ist einstimmig ergangen. Es ist unanfechtbar.

 

 

 

 

 

 

Möller

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Dr. Koch

Richter

Sokoll