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VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2022 - VfGBbg 5/22 EA -

 

Verfahrensart: sonstige Verfahren
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 30 Abs. 1
- BGB, § 1666
- FamFG, § 49 Abs. 1; FamFG, § 111 Nr. 2; FamFG, § 151
- GVG, § 23b Abs. 1
Schlagworte: - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, unzulässig
- Subsidiarität
- Vorrangigkeit fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes
- Rechtsschutzbedürfnis, fehlend
- Dringlichkeit, fehlend
- Kindeswohlgefährdung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2022 - VfGBbg 5/22 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 5/22 EA




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 5/22 EA

In dem verfassungsgerichtlichen Verfahren

Dr. K.,

Antragstellerin,

wegen

Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Beschulung und medizinischer Versorgung des Kindes u. a.

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 20. Mai 2022

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich-Reichow, Kirbach, Müller, Richter und Sokoll

beschlossen: 

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

 

Gründe:

A.

Die Antragstellerin ist die Mutter von zwei minderjährigen Söhnen. Für den jüngeren, bei dem Vater lebenden Sohn („das Kind“) ist sie nicht sorgeberechtigt.

Mit ihrem am 30. April 2022 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beanstandet die Antragstellerin Schulversäumnisse des Kindes in den Jahren 2021 und 2022. Das Jugendamt und die Schulaufsicht deckten die soziale Isolation dieses Kindes. Sie behauptet, das schwer kranke Kind erhalte seit dem Jahr 2018 keine kinderärztliche Behandlung und hausärztliche Versorgung. Die Antragstellerin rügt eine Verletzung des Rechts auf Bildung ihres Kindes, seines Rechts auf medizinische Versorgung, auf seine Mutter, seinen Bruder, seine Großmutter, sein Elternhaus sowie auf Sozialkontakte.

Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2022 trägt die Antragstellerin vor, es handele sich um einen Kinderschutzfall, den das Amtsgericht Brandenburg an der Havel unter dem Aktenzeichen 42 F 250/18 vom 21. September 2018 bis zum 31. August 2021 geführt und verschleppt habe. Das Jugendamt Potsdam-Mittelmark habe 22 Kinderschutzanzeigen unterschlagen, was nun verwaltungsgerichtlich aufzuarbeiten sei.

B.

1. Das Antragsbegehren ist dahingehend zu verstehen, dass die Antragstellerin die Anordnung von Maßnahmen durch das Verfassungsgericht zur Sicherung der Beschulung und medizinisch-ärztlichen Versorgung des Kindes begehrt.

2. Der Antrag hat keinen Erfolg; er ist unzulässig.

Dabei bleibt ausdrücklich offen, ob die Antragstellerin, die die Grundrechte ihres Kindes unter dem Gesichtspunkt der Kindeswohlgefährdung als verletzt rügt, antragsberechtigt sein kann.

Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) kommt jedenfalls wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses nicht in Betracht. Dieses besteht nur dann, wenn der erstrebte Rechtsschutz nicht auf anderem, einfacherem Wege erreichbar ist (vgl. Beschlüsse vom 19. Mai 2020 ‌‑ VfGBbg 6/20 EA ‑‌, Rn. 4, vom 5. Mai 2020 ‌‑ VfGBbg 5/20 EA ‑‌, Rn. 5, und vom 15. Juni 2018 ‌‑ VfGBbg 2/18 EA ‑‌, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de). Ein Tätigwerden des Verfassungsgerichts ist in aller Regel nicht erforderlich, solange und soweit Rechtsschutz durch die Fachgerichtsbarkeit in Anspruch genommen oder das Anliegen auf andere Weise erreicht werden kann. Insoweit gilt auch im Verfahren nach § 30 VerfGGBbg der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. vom 19. Mai 2020 ‌‑ VfGBbg 6/20 EA ‑‌, Rn. 4 m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

Es ist nicht erkennbar, dass sich die Antragstellerin an das gemäß § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 23a Abs. 1 Nr. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), § 23b Abs. 1 GVG, § 111 Nr. 2 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), § 151 FamFG zuständige Familiengericht gewandt hat. Es ist die vornehmliche Aufgabe der Familiengerichte, von Amts wegen eine mögliche Kindeswohlgefährdung aufzuklären und die zur Abwehr erforderlichen und - bei dringendem Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten (§ 49 Abs. 1 FamFG) - vorläufigen Maßnahmen zu treffen. Dass diese Inanspruchnahme des fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes der Antragstellerin nicht zumutbar sein könnte, ist nicht ersichtlich.

Sollte der Schriftsatz vom 11. Mai 2022 dahingehend zu verstehen sein, dass das Amtsgericht in dem Verfahren 42 F 250/18 den gerügten Sachverhalt - sei es in der Hauptsache oder einstweilig - einer Überprüfung unterzogen hat, wären auch in diesem Fall vor einer Anrufung des Verfassungsgerichts die zuständigen fachgerichtlichen Beschwerdegerichte zu ersuchen.

Im Übrigen ist eine Dringlichkeit der Angelegenheit nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin nicht erkennbar. Sie beruft sich auf seit dem Jahr 2021 andauernde Schulversäumnisse bzw. eine seit 2018 unzureichende ärztliche Behandlung. Den bis in das Jahr 2015 zurückgehenden Anlagen ist zu entnehmen, dass die Behörden und Hilfeträger mit den Anliegen der Antragstellerin engmaschig befasst sind.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Müller

Richter

Sokoll