VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2020 - VfGBbg 6/20 EA -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde EA |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 30 Abs. 1; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 2 - ZPO, § 850k |
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Schlagworte: | - einstweilige Anordnung - einstweilige Anordnung abgelehnt - Kontenpfändung - Rechtsschutzbedürfnis - Subsidiarität - Pfändungsschutzkonto - Rechtswegerschöpfung - Vollstreckungsschutz - aufschiebende Wirkung |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2020 - VfGBbg 6/20 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 6/20 EA
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
VfGBbg 6/20 EA
In dem verfassungsgerichtlichen Verfahren
F.,
Antragsteller,
Pfändung eines Bankkontos
Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 19. Mai 2020
durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow und Dr. Strauß
beschlossen:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe:
A.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Pfändung seines Girokontos. Er trägt vor, er habe am 10. März 2020 festgestellt, dass sein Girokonto gepfändet sei. Auf dieses Konto gehe nur seine pfändungsfreie gesetzliche Altersrente ein. Erst in der Bank sei ihm eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Landrats vom 18. Februar 2020 übergeben worden. Die Auszahlung der äußerst dringend benötigten Rente sei ihm verweigert worden. Von der Bank und vom aufgesuchten Amtsgericht sei er an den Gläubiger verwiesen worden. Auf sein per Telefax übermitteltes Schreiben vom 10. März 2020 habe der Landrat bislang ebenso wenig reagiert wie auf weitere Schreiben. Der Antragsteller und seine Ehefrau seien auf die Rente angewiesen. Außer der pfändungsfreien Altersrente erziele er keine weiteren Einkünfte.
Der Antragsteller hat am 10. Mai 2020 beantragt,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kontenpfändung aufzuheben.
B.
Der Antrag hat keinen Erfolg; er ist unzulässig.
Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) kommt wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses nicht in Betracht. Dieses besteht nur dann, wenn der erstrebte Rechtsschutz nicht auf anderem, einfacherem Wege erreichbar ist (vgl. Beschlüsse vom 5. Mai 2020 - VfGBbg 5/20 EA -, vom 15. Juni 2018 - VfGBbg 2/18 EA - und vom 11. Juli 2016 - VfGBbg 9/16 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.). Ein Tätigwerden des Verfassungsgerichts ist in aller Regel nicht erforderlich, solange und soweit Rechtsschutz durch die Fachgerichtsbarkeit in Anspruch genommen werden kann oder das Anliegen auf andere Weise erreicht werden kann. Insoweit gilt auch im Verfahren nach § 30 VerfGGBbg der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. Beschluss vom 16. September 2011 - VfGBbg 5/11 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
Vorliegend kann der Antragsteller den Schutz der pfändungsfreien Anteile seiner Rente für die Zukunft durch die Beantragung eines Pfändungsschutzkontos gemäß § 850k Zivilprozessordnung (ZPO) bei seiner Bank erreichen. Er kann gemäß § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO jederzeit verlangen, dass das Kreditinstitut sein Girokonto als Pfändungsschutzkonto führt. Ist das Guthaben des Girokotos bereits gepfändet worden, so kann er die Führung des Pfändungsschutzkontos zum Beginn des vierten auf seine Erklärung folgenden Geschäftstages verlangen, § 850k Abs. 7 Satz 3 ZPO. Hinsichtlich der bereits gepfändeten Anteile muss zunächst der Rechtsweg beschritten werden. Dass der Antragsteller letzteres getan hätte, ist gleichfalls nicht dargetan.
Eine Entscheidung ist auch nicht ausnahmsweise in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg geboten. Nach dieser Vorschrift kann das Verfassungsgericht im Ausnahmefall über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen wird. Dies gilt auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Beschluss vom 5. Mai 2020 ‑ VfGBbg 5/20 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Jedoch sind die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Dass dem Antragsteller, der immerhin zwei Monate hat verstreichen lassen, ehe er um gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht hat, durch die vorangehende Anrufung der Fachgerichte ein solcher Nachteil drohen könnte, der eine sofortige Entscheidung des Verfassungsgerichts rechtfertigen könnte, ist nicht erkennbar.
Tatsächlich legt der Antragsteller auch keine Unterlagen vor, mit denen er seine finanzielle Notlage sowie das Fortbestehen der behaupteten Pfändungsmaßnahmen glaubhaft macht. Dass an verschiedenen Tagen die Auszahlung einer bestimmten (größeren) Geldsumme am Geldautomaten nicht möglich war, sagt darüber nichts aus.
Es kann daher schon aus diesem Grund offen bleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen weiteren Voraussetzungen der Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Verfassungsgericht überhaupt geboten sein könnte, um eine Pfändung aufzuheben. Dagegen spricht grundsätzlich, dass das Verfassungsgericht nicht als eine Art Vollstreckungsschutzgericht tätig wird (vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 1997 ‑ VfGBbg 21/97 - und vom 20. Januar 2000 - VfGBbg 43/99 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Der einstweiligen Anordnung darf im Ergebnis keine vom Gesetz im Einklang mit der Verfassung nicht vorgesehene aufschiebende Wirkung gegen Vollstreckungsmaßnahmen zukommen (vgl. Beschluss vom 20. Januar 2000 ‑ VfGBbg 43/99 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar (§ 30 Abs. 3 Satz 2 VerfGGBbg).
Möller |
Dr. Becker |
Dresen |
Dr. Finck |
Heinrich-Reichow |
Dr. Strauß |