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VerfGBbg, Beschluss vom 15. März 2024 - VfGBbg 49/23 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1; LV, Art. 6 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 1 Satz 2; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1; LV, Art. 7; LV, Art. 53 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
- ZPO, § 802g Abs. 1
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe einer Vermögensauskunft
- Begründungsanforderungen nicht erfüllt

Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 15. März 2024 - VfGBbg 49/23 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 49/23




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 49/23

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

S.,

Beschwerdeführer,

wegen

Beschluss des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 16. Juni 2023 ‌‑ 6 M 134/23 ‑;‌ Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 21. November 2023 ‌‑ 2 T 52/23

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 15. März 2024

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Finck, Kirbach, Dr. Koch, Müller, Richter und Sokoll

beschlossen: 

      1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

      2. Auslagen werden nicht erstattet.


Gründe:

A.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe einer Vermögensauskunft.

I.

Mit Beschluss vom 16. Juni 2023 (6 M 134/23) erließ das Amtsgericht Schwedt/Oder einen Haftbefehl nach § 802g Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) gegen den Beschwerdeführer, um die Abgabe einer Vermögensauskunft wegen einer Forderung in Höhe von 141,48 Euro zuzüglich Zinsen und Kosten zu erzwingen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts war der Beschwerdeführer zuvor in dem zur Abgabe einer Vermögensauskunft bestimmten Termin am 8. Juni 2023 vor dem zuständigen Gerichtsvollzieher trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne ausreichende Entschuldigung nicht erschienen.

Der hiergegen seitens des Beschwerdeführers erhobenen sofortigen Beschwerde half das Amtsgericht mit Beschluss vom 8. November 2023 nicht ab.

Mit Beschluss vom 21. November 2023 (2 T 52/23) wies das Landgericht Neuruppin die sofortige Beschwerde mit der Begründung zurück, alle Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen lägen vor. Die zu vollstreckende Kostenforderung finde ihre Grundlage in einem rechtskräftig abgeschlossenen Ordnungswidrigkeitsverfahren. Mit seinen Einwänden, er sei zu Unrecht verurteilt worden und habe eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt, könne der Beschwerdeführer keinen Erfolg haben. Die Rechtmäßigkeit der Verurteilung werde im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht geprüft und einem Wiederaufnahmeantrag komme keine aufschiebende Wirkung zu. Die Entscheidung bleibe bis zu einer erfolgten Wiederaufnahme wirksam und vollstreckbar. Auch die übrigen Einwendungen des Beschwerdeführers zur Wirksamkeit des Haftbefehls teile das Gericht nicht. Der Haftbefehl sei von der Richterin im Original unterzeichnet worden, wovon der Beschwerdeführer sich hätte vergewissern können, wenn er von der ihm eingeräumten Möglichkeit der Akteneinsicht Gebrauch gemacht hätte. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung habe es nach § 802g Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 ZPO nicht bedurft. An der Wirksamkeit der dem Erlass des Haftbefehls zugrundeliegenden Gesetze habe das Gericht ebenfalls keine Zweifel.

II.

Am 24. November 2023 hat der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 16. Juni 2023 und den Beschluss des Landgerichts vom 21. November 2023 Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt eine Verletzung seiner Ansprüche auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 Verfassung des Landes Brandenburg, LV), auf effektiven Rechtschutz (Art. 6 Abs. 1 LV), auf ein faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 LV) und auf den gesetzlichen Richter (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV) sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV), die Menschenwürde (Art. 7 LV) und die Unschuldsvermutung (Art. 53 Abs. 1 LV).

Das Landgericht habe sich mit seinen Einwänden nicht auseinandergesetzt. Insbesondere die Rechtsstellung des Gerichtsvollziehers sei nicht hinreichend berücksichtigt worden. Eine von ihm eingelegte „Untätigkeitsbeschwerde“ sei nicht beachtet worden. Akteneinsicht sei ihm verwehrt worden. Das Landgericht hätte zudem die Rechtsbeschwerde zulassen müssen. Es verstoße gegen die Menschenwürde und die Unschuldsvermutung, dass er in Haft solle, obwohl er die Tat nicht verübt habe. Zu Unrecht habe in der Beschwerdeinstanz die Kammer anstelle der Einzelrichterin entschieden.

III.

Gleichzeitig mit der Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer beantragt, die Vollziehung des vom Amtsgericht Schwedt/Oder mit Beschluss vom 16. Juni 2023 erlassenen Haftbefehls im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig auszusetzen. Diesen Antrag hat das Gericht abgelehnt (Beschluss vom 19. Januar 2024 ‌‑ VfGBbg 17/23 EA ‑, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) als unzulässig zu verwerfen. Sie genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung.

Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche umfassend und aus sich heraus verständlich die mögliche Verletzung der geltend gemachten Grundrechte des Beschwerdeführers hinreichend deutlich aufzeigt. Mit der Begründung müssen der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die wesentlichen rechtlichen Erwägungen nachvollziehbar dargelegt werden, um dem Verfassungsgericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es zudem einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert. Dazu bedarf es einer umfassenden Aufarbeitung der einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Rechtslage. Demnach muss der Beschwerdeführer ausgehend vom Entscheidungsinhalt aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus seiner Sicht im Einzelnen liegt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 16. Juni 2023 ‌‑ VfGBbg 24/23 ‑,‌ Rn. 25 m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Der Beschwerdeführer stellt zwar die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zum Gewährleistungsgehalt der von ihm gerügten Grundrechte weitestgehend dar, führt aber sodann nicht substantiiert aus, inwieweit die angegriffenen Entscheidungen diesen Maßstäben nicht gerecht geworden sein sollen.

Dies gilt zunächst, soweit der Beschwerdeführer meint, die gerichtlichen Entscheidungen verstießen gegen die Menschenwürde und das Willkürverbot, weil er im Ausgangsverfahren zu Unrecht verurteilt worden sei. Insoweit fehlt es sowohl an einer Auseinandersetzung mit den gerichtlichen Erwägungen zum (eingeschränkten) Prüfungsmaßstab im Vollstreckungsverfahren als auch an einer Aufbereitung der einfachrechtlichen Rechtslage.

Auch soweit der Beschwerdeführer der Auffassung ist, die Gerichte hätten sein Vorbringen nicht berücksichtigt, setzt er sich mit den angegriffenen Beschlüssen nicht hinreichend auseinander. Insbesondere das Landgericht hat sich in seinem Beschluss vom 21. November 2023 mit zahlreichen Einwänden des Beschwerdeführers ausdrücklich befasst. Es erfüllt die Begründungsanforderungen im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht, wenn der Beschwerdeführer dem lediglich seine eigene Rechtsauffassung entgegensetzt. Der Beschwerdeführer hat auch nicht aufgezeigt, warum weitergehende Ausführungen ‑ etwa zur Rechtsstellung von Gerichtsvollziehern ‑ von Verfassungs wegen erforderlich gewesen sein sollen. Weder das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs noch der Anspruch auf ein faires Verfahren verpflichten ein Gericht dazu, sich zu jeglichem Vorbringen ausdrücklich zu verhalten. Vielmehr kann es sich in der Entscheidung auf die ihm wesentlich erscheinenden Punkte beschränken. Allein der Umstand, dass einzelne Aspekte in den angegriffenen Entscheidungen keine Erwähnung gefunden haben, lässt deshalb noch nicht darauf schließen, dass das entsprechende Vorbringen vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen worden ist (vgl. Beschluss vom 22. September 2023 ‌‑ VfGBbg 18/23 ‑,‌ Rn. 5, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de).

Soweit der Beschwerdeführer meint, seine „Untätigkeitsbeschwerde“ sei nicht bearbeitet worden, ist dies ersichtlich unzutreffend, nachdem der Beschwerdeführer gegen die diesbezüglich ergangene Entscheidung des Amtsgerichts Schwedt/Oder eine weitere Verfassungsbeschwerde (VfGBbg 1/24) anhängig gemacht hat.

Ausweislich der Gründe des landgerichtlichen Beschlusses ist dem Beschwerdeführer auch die beantragte Akteneinsicht eingeräumt, von ihm aber nicht wahrgenommen worden. Insofern erschließt sich der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Recht auf ein faires Verfahren nicht.

Einen Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter hat der Beschwerdeführer schon deshalb nicht aufgezeigt, weil der Beschluss des Landgerichts vom 21. November 2023 nicht ‑ wie vom Beschwerdeführer beanstandet ‑ von der Kammer, sondern nach § 568 Satz 1 ZPO von der Einzelrichterin getroffen worden ist.

Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass die gerichtlichen Entscheidungen gegen das aus dem Rechtstaatsgebot i. V. m. Art. 10 LV abgeleitete Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoßen haben könnten. Insbesondere legt der Beschwerdeführer nicht dar, aus welchen Gründen das Landgericht die Rechtsbeschwerde hätte zulassen müssen.

C.

Die beantragte Auslagenerstattung kommt nicht in Betracht. Billigkeitsgründe, die im Fall einer nicht begründeten Verfassungsbeschwerde nach § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg eine Auslagenerstattung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dr. Finck

Kirbach

Dr. Koch

Müller

Richter

Sokoll