VerfGBbg, Beschluss vom 13. September 2024 - VfGBbg 4/24 EA -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde EA |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 30 Abs. 1; VerfGGBbg, § 50 Abs. 1 | |
Schlagworte: | - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig - Rechtsschutzziel nicht erreichbar |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 13. September 2024 - VfGBbg 4/24 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 4/24 EA

IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
VfGBbg 4/24 EA
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
R.
Antragsteller,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
E.
Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 13. September 2024
durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Dr. Koch, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß
beschlossen:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe:
Der mit einer Verfassungsbeschwerde verbundene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 15. August 2024,
den Beschwerdeführer bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde aus der Strafhaft zu entlassen,
hat keinen Erfolg. Der Antrag ist unzulässig.
1. Gemäß § 30 Abs. 1 VerfGGBbg kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
a) Beantragt ein Beschwerdeführer im Wege der einstweiligen Anordnung Maßnahmen, die über das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache hinausgehen, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. November 2021 ‑ 2 BvR 962/21 -, Rn. 3 m. w. N., juris)
b) Ebenfalls erfolglos bleibt ein Antrag auf einstweilige Anordnung, wenn mit ihm ein Rechtsschutzziel verfolgt wird, das in der Hauptsache nicht erreicht werden könnte (vgl. Beschluss vom 11. März 2022 ‑ VfGBbg 1/22 EA ‑, Rn. 25 m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung genügt diesen Anforderungen nicht.
a) Die mit der einstweiligen Anordnung begehrte, zumindest vorübergehende Entlassung aus der Strafhaft geht über das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache hinaus, soweit der Antragsteller mit seiner Verfassungsbeschwerde die Aufhebung der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Cottbus sowie der Beschlüsse des Landgerichts Neuruppin und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts über die Ablehnung einer Kompensation für eine mögliche rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung begehrt. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts über diesen Gegenstand der Verfassungsbeschwerde hätte nicht die unmittelbare Freilassung des Antragstellers zur Folge, sondern nur die erneute fachgerichtliche Entscheidung über die begehrte Kompensation (vgl. zur Aussetzung des Strafrests bei lebenslanger Freiheitsstrafe BVerfG, Beschluss vom 11. November 2021 ‑ 2 BvR 962/21 -, Rn. 6, juris). Entsprechendes gilt im Verhältnis des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu dem mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Hilfsantrag, der auf eine Neubescheidung seines Kompensationsantrags durch die Staatsanwaltschaft Cottbus und die zuständigen Fachgerichte gerichtet ist.
b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erweist sich auch mit Blick auf die in der Hauptsache zudem begehrte Feststellung als unzulässig, dass „auf die zu verbüßende Strafzeit weitere 18 Monate als verbüßt anzurechnen sind“. Eine Sicherung dieses Begehrens im hiesigen Verfahren kommt nicht in Betracht, weil damit ein Rechtsschutzziel verfolgt wird, das in der Hauptsache nicht erreicht werden könnte. Über die konkrete Anrechnung von Zeiten einer Verfahrensverzögerung auf die gegen den Antragsteller verhängte Strafe hat das Verfassungsgericht nicht zu befinden, sondern allein die Fachgerichte auf der Grundlage des entsprechenden Fachrechts (vgl. zu den unterschiedlichen Funktionen der Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit Beschluss vom 15. März 2024 ‑ VfGBbg 4/22 ‑, Rn. 34 m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller |
Dr. Finck |
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Heinrich-Reichow |
Dr. Koch |
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Müller |
Richter |
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Sokoll |
Dr. Strauß |