VerfGBbg, Beschluss vom 30. September 2010 - VfGBbg 42/10 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 - StPO, § 33a |
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Schlagworte: | - Rechtswegerschöpfung - Gehörsrüge - Fachgerichtlicher Rechtsweg |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 30. September 2010 - VfGBbg 42/10 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 42/10
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren sowie in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
S.,
Beschwerdeführer und Antragsteller,
wegen des Beschlusses des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Mai 2010 – Geschäftszeichen 21 Qs 37/10
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Prof. Dawin, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Möller, Nitsche und Partikel
am 30. September 2010
b e s c h l o s s e n :
1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Widerruf der im Urteil des Amtsgericht Fürstenwalde vom 08. Februar 2007 bestimmten Strafaussetzung zur Bewährung.
Der damals 22jährige Beschwerdeführer war durch dieses Urteil unter anderem wegen Betruges zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr verurteilt worden, deren Vollstreckung für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Am 23. September 2009 wurde er wegen Betruges in 6 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 2 Monaten verurteilt, nachdem er in der Hauptverhandlung die Tatvorwürfe gestanden hatte. Gegen dieses Urteil legte er Berufung ein und widerrief in der Hauptverhandlung am 16. März 2010 sein Geständnis. Die Berufungskammer vertagte sich, das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Zwischenzeitlich war - nach einer Anhörung des Beschwerdeführers persönlich - mit Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 26. Oktober 2009 die Bewährung aus der Jugendstrafe widerrufen worden. Mit seiner sofortigen Beschwerde rügte der Beschwerdeführer, der Widerruf sei unzulässig, weil sein Verteidiger nicht zur Anhörung geladen worden sei. Wäre dieser beteiligt worden, hätte er sich anders zur Sache eingelassen. Am 25. Mai 2010 verwarf das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss das Rechtsmittel als unbegründet.
Unter dem 17. August 2010 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Er rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil dem Widerruf der Bewährung keine weitere Anhörung vorangegangen sei.
Die Akten im Verfahren Amtsgericht Fürstenwalde 4 VR Js 207/09 sowie Landgericht Frankfurt (Oder) 27 Ns 98/10 (alt: 28 Ns 112/09; AG Fürstenwalde 1 Ds 281 Js 6444/09 [48/09]) waren beigezogen.
B.
I. Die Verfassungsbeschwerde ist zu verwerfen. Sie ist unzulässig, weil der Beschwerdeführer den nach § 45 Abs. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde zu beschreitenden Rechtsweg nicht erschöpft hat. Der Beschwerdeführer ist nämlich verpflichtet, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Dinge ihm gegebenenfalls zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zur Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu ergreifen, insbesondere den fachgerichtlichen Rechtsweg auszuschöpfen (Beschluss vom 21. April 2005 – VfGBbg 20/05 - www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Zwar ist gegen den Beschluss des Landgerichts, mit dem die Bewährung aus der Einheitsjugendstrafe widerrufen worden ist, keine weitere Beschwerde möglich (§ 2 Jugendgerichtsgesetz, § 310 Strafprozessordnung, StPO). Hinsichtlich der Beanstandung des Beschwerdeführers, das Landgericht habe seinen verfassungsgemäß verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 LV) verletzt, steht ihm aber der Rechtsbehelf nach § 33a StPO zur Verfügung. Es gehört zur Erschöpfung des Rechtswegs im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg, dass ein Beschwerdeführer im strafgerichtlichen Beschlussverfahren bei einer Gehörsrüge den nicht fristgebundenen Rechtsbehelf nach § 33a StPO nutzt, bevor er Verfassungsbeschwerde erhebt (Beschluss vom 18. November 2004 – VfGBbg 11/04 –, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts kommt eine einstweilige Anordnung dann nicht in Betracht, wenn sich das Begehren in der Hauptsache als erfolglos erweist.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Postier Prof. Dawin
Dielitz Dr. Fuchsloch
Möller Nitsche
Partikel