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VerfGBbg, Beschluss vom 30. September 2010 - VfGBbg 41/10 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3; LV, Art. 6 Abs. 1
Schlagworte: - Willkürverbot
- Rechtschutzgarantie
- Vorsitzendenverfügung
- Zustellung in Strafsachen
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 30. September 2010 - VfGBbg 41/10 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 41/10



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 R.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt R.,

gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 15. Februar 2010 – Geschäftszeichen 24 Cs 237 Js 11630/08 (221/08) - sowie den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Juni 2010 – Geschäftszeichen 22 Qs 25/10 -

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Prof. Dawin, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Möller, Nitsche und Partikel

am 30. September 2010

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Verwerfung ihres Einspruchs gegen einen Strafbefehl.

Mit Strafbefehl des Amtsgericht Eisenhüttenstadt vom 05. November 2009 wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe wegen Betrugs festgesetzt. Der Strafbefehl wurde ihr persönlich am 07. November 2009 übergeben und die Übergabe mit Postzustellungsurkunde beurkundet. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses erfolgte die Zustellung des Strafbefehls an den Verteidiger am 09. November 2009. Unter dem 18. Januar 2010 legte die Beschwerdeführerin Einspruch gegen den Strafbefehl ein, der mit dem angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt am 15. Februar 2010 wegen Nichteinhaltung der zweiwöchigen Einspruchsfrist als unzulässig verworfen wurde. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde wies das Landgericht Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 16. Juni 2010 als unbegründet zurück. Eine Gegenvorstellung blieb erfolglos.

Mit ihrer am 16. August 2010 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Artikel 6 (Verbot der Willkür) und 12 (Rechtschutzgarantie) der Landesverfassung. Sie ist der Auffassung, die Verwerfung des Einspruches sei willkürlich. Die Einspruchsfrist habe nicht zu laufen begonnen, weil die Verfügung des Vorsitzenden zur Zustellung des Strafbefehls nicht wirksam sei. Dieser habe nicht bestimmt, wem der Strafbefehl zuzustellen sei, sondern lediglich den Vordruck für die Begleitverfügung unterschrieben; den Zustellungsadressaten habe die Geschäftsstelle ausgewählt, die zwei von den drei möglichen Adressaten mit einem Häkchen kenntlich gemacht habe. Im Ergebnis sei die Zustellung deshalb nicht durch einen Richter angeordnet worden. Der ihr zustehende Rechtsschutz werde willkürlich verkürzt, wenn ihr Einspruch unter diesen Umständen als verfristet verworfen werde.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist als offensichtlich erfolglos zurückzuweisen. Weder das Willkürverbot noch die Rechtsschutzgarantie sind verletzt. Willkürlich ist eine Entscheidung erst dann, wenn sie unter keinem rechtliche Gesichtpunkt vertretbar ist und sich deshalb der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen (Beschluss vom 15. Dezember 2008 – VfGBbg 1/08 – www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Die Rechtsschutzgarantie ist verletzt, sofern der Zugang zu einem gesetzlich eröffneten Rechtmittel in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl. zum Bundesrecht Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27. Mai 2010 – 1 BvR 2643/07 -, FamRZ 2010, 1235, 1236).

Die Entscheidung des Landgerichts ist unter Zugrundelegung dieser Kriterien nicht zu beanstanden. Zwar setzt die wirksame Zustellung in Strafsachen voraus, dass der Richter nicht nur anordnet, dass die Entscheidung zuzustellen ist, sondern auch, wie das zu geschehen habe. Eine für einen Einzelfall getroffene, wenn auch allgemein gehaltene Anordnung reicht aber aus, wenn kein Zweifel darüber besteht, wann und wem zugestellt werden soll (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Dezember 1982, AnwSt(B) 20/82 –, NStZ 1983, 325). Diesen Anforderungen entsprechend hat der Vorsitzende durch seine Unterschrift verfügt, den Strafbefehl an alle im Vordruck Genannten zuzustellen. Dass der Strafbefehl dem im Vordruck aufgeführten Zustellungsbevollmächtigten nicht übermittelt werden konnte, weil ein solcher nicht existiert, hindert die Wirksamkeit der Verfügung nicht. Die Anordnung im Übrigen bleibt davon unberührt.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
 

Postier Prof. Dawin
      
Dielitz Dr. Fuchsloch
    
Möller Nitsche
    
Partikel