In dem Verfahren über
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
S.,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte H.,
gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 09. Juni 2009
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Prof. Dawin und Dielitz
am 26. August 2009
gemäß § 30 Abs. 7 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg
b e s c h l o s s e n :
Die Wirksamkeit des Beschlusses des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 09. Juni 2009 wird einstweilen bis zur
Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg.
Gemäß § 30 Abs. 1 VerfGGBbg kann das Verfassungsgericht einen Zustand
durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwendung
schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem
anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Insoweit
ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts ein strenger Maßstab
anzulegen. Die Frage, ob die Landesverfassung verletzt ist, bleibt im
Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung weitgehend
ungeprüft; die Gründe, die für eine Verfassungsrechtsverletzung
sprechen, müssen grundsätzlich ebenso außer Betracht bleiben wie die
Gegengründe, es sei denn, der Antrag bzw. das Begehren in der Hauptsache
erwiese sich als von vornherein unzulässig oder als offensichtlich
unbegründet. Ansonsten ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung
allein eine Abwägung der Folgen vorzunehmen, die sich ergeben, wenn eine
einstweilige Anordnung nicht ergeht, das Verfahren in der Hauptsache
aber Erfolg hat, gegen diejenigen Nachteile, die eintreten, wenn die
einstweilige Anordnung erlassen wird, der Antrag in der Hauptsache aber
ohne Erfolg bleibt. Dabei müssen die nachteiligen Folgen, die ohne die
einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in der Hauptsache zu
vergegenwärtigen sind, im Vergleich zu den nachteiligen Folgen, die sich
bei Erlass der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit
in der Hauptsache ergeben, deutlich überwiegen, weil sie sonst bei
vergleichender Betrachtungsweise nicht schwer genug im Sinne des
Gesetzes sind (‚schwerer Nachteil’) bzw. keinen gleichwertigen ‚anderen’
Grund im Sinne des Gesetzes darstellen. Unbeschadet der nach diesen
Vorgaben vorzunehmenden Folgenabwägung muss, und zwar im Sinne
zusätzlicher Voraussetzungen, die einstweilige Anordnung ‚zum gemeinen
Wohl’ und ‚dringend’ ‚geboten’ sein (vgl. dazu Beschluss des
Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 11. Oktober 2005 - VfGBbg
9/05 EA – m.w.N.).
Nach der hier nur möglichen vorläufigen Prüfung erweist sich die
Verfassungsbeschwerde nicht als unzulässig oder offensichtlich
unbegründet. Insbesondere steht der Verfassungsbeschwerde nicht der
Gesichtspunkt der mangelnden Rechtswegerschöpfung entgegen. Die
Beschwerdeführerin hat die Gehörsrüge gemäß § 29 a FGG fristgerecht
erhoben. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat darüber mit
Beschluss vom 13. August 2009 abschlägig entschieden.
Die Folgenabwägung ergibt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung
geboten ist. Würde die einstweilige Anordnung erlassen, ohne dass der
Antrag in der Hauptsache Erfolg hätte, könnte die Tochter zunächst die
Schule in M. weiterhin besuchen, um dann an die Schule nach B. zu
wechseln. Erginge die einstweilige Anordnung hingegen nicht und hätte
die Verfassungsbeschwerde Erfolg, würde die Tochter der Antragstellerin
– aller Voraussicht nach - zunächst aus ihrem vertrauten schulischen
Umfeld in M. herausgerissen, um die vom Vater befürwortete Schule in B.
zu besuchen, bevor sie dann – bei einem Erfolg in der Hauptsache – an
die Schule nach M. zurückkehren könnte. Die zweimalige Veränderung des
schulischen Umfeldes beeinträchtigt das Kindeswohl nicht unerheblich und
gibt letztlich den Ausschlag für den Erlass einer einstweiligen
Anordnung. Allerdings wird dadurch der Vater J.s in seinem Elternrecht,
auf die Wahl der Schule seiner Tochter Einfluss zu nehmen, zeitweise
beschnitten. Da jedoch das Verfassungsgericht anstrebt, Mitte des
nächsten Monats in der Hauptsache eine Entscheidung zu treffen, würde J.
an die bilinguale Schule in Berlin und damit an die vom Vater
ausgewählte Schule bereits kurz nach Beginn des neuen Schuljahres
wechseln. Der Gerichtshof geht davon aus, dass sowohl der Schulbesuch in
M. zunächst weiterhin möglich ist, als auch, dass ein um einige Wochen
verspäteter Schulwechsel durchführbar ist.
II.
Gemäß § 30 Abs. 7 Sätze 2 und 3 VerfGGBbg tritt die einstweilige
Anordnung nach einem Monat außer Kraft, es sei denn, sie wird durch das
Verfassungsgericht bestätigt.
III.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
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