VerfGBbg, Beschluss vom 25. Februar 2011 - VfGBbg 44/10 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 6 Abs. 2 S. 1 - VerfGGBbg, § 46 |
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Schlagworte: | - Darlegung | |
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 25. Februar 2011 - VfGBbg 44/10 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 44/10
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
L.
Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt H.,
wegen des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Oktober 2007 (Az.: S 5 VG 119/04) und des Beschlusses des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. März 2010 (Az.: L 13 VG 1/08)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg durch die Verfassungsrichter Postier, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Möller, Nitsche
und Schmidt
am 25. Februar 2011
b e s c h l o s s e n :
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
A.
Der Beschwerdeführer war in den Jahren 1997 und 2002 Opfer von Straftaten geworden, die u. a. zu Kopfverletzungen geführt haben. Mit seiner Verfassungsbeschwerde vom 13. September 2010 wendet er sich gegen Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts, durch welche seine Klage auf Bewilligung einer Grundrente, eines Berufsschadensausgleichs und einer Ausgleichsrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) abgewiesen bzw. die Berufung zurückgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten beantragt.
Er rügt die Verletzung „seiner verfassungsmäßigen Rechte insbesondere als Opfer einer Straftat“. Durch das Land Brandenburg und die Gerichte sei ihm Unrecht geschehen, weil die Straftaten ungesühnt geblieben seien. Mit Schreiben vom 21. September 2010 hat das Verfassungsgericht auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde hingewiesen. Daraufhin rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1 GG (Menschenwürde) und Art. 3 GG (Gleichheit) durch das Land Brandenburg. Zu keiner Zeit hätten ihn die Gerichte als Opfer, sondern nur als lästigen Antragsteller gesehen. Die Kausalitätsfrage zwischen dem Angriff im Jahre 1997 und seiner Berufsunfähigkeit sei seit dem Urteil des Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2003 geklärt. Durch Akte öffentlicher Gewalt werde ihm eine Entschädigung jedoch unmöglich gemacht. Nach einem Schreiben des St. Joseph-Krankenhauses Berlin-Weißensee vom 8. Dezember 2010 seien die Einschränkungen auf die Überfälle zurückzuführen.
B.
I. Die beantragte Prozesskostenhilfe ist zu versagen, da die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 48 VerfGGBbg in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung).
II. Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. September 2010 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden ist und er diese Bedenken nicht, auch nicht durch seine Schreiben vom 29. Oktober und 17. Dezember 2010, ausgeräumt hat.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit der Beschwerdeführer mit Blick auf das Grundgesetz (GG) die Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 GG), des Grundrechts auf Gleichbehandlung (Art. 3 GG) und seiner „verfassungsmäßigen Rechte als Opfer einer Straftat“ durch das Verhalten des Landesversorgungsamtes und der Gerichte rügt. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) eröffnet die Verfassungsbeschwerde ausschließlich gegen behauptete Verletzungen der in der Verfassung des Landes Brandenburg gewährleisteten Grundrechte.
Selbst wenn das Verfassungsgericht davon ausginge, dass der Beschwerdeführer die Verletzung der den zitierten Grundrechtsvorschriften entsprechenden Garantien der Verfassung des Landes Brandenburg rügen möchte, bliebe die Verfassungsbeschwerde unzulässig, denn die Darstellungen werden nicht den gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 , § 46 VerfGGBbg an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde zu stellenden Anforderungen gerecht. Danach sind in der Begründung das (Landes-)Grundrecht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen. Dabei ist im Einzelnen darzulegen, welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme nicht genügt und inwieweit dadurch das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. Beschluss vom 28. September 2006 – VfGBbg 19/06 -, www.verfassungsgericht. brandenburg.de). Der Beschwerdeführer macht allgemein geltend, dass er weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren als Opfer einer Straftat, sondern „lediglich als lästiger Antragsteller“ wahrgenommen worden sei. Konkrete Handlungen von Richtern oder Verwaltungsbeamten, die ihn in seiner Menschenwürde herabwürdigen, ihn zum bloßen Gegenstand eines ihn betreffenden Verfahrens machen würden (vgl. hierzu Jarass/Pieroth, GG, Kommentar, 10. Auflage, Art. 1 Rdnr. 11) oder sein Recht auf Gleichbehandlung verletzten könnten, benennt er jedoch nicht. Solches wird aus den eingereichten Unterlagen auch nicht erkennbar. Allein der Umstand, dass dem Beschwerdeführer - der ein schweres Schicksal erlitten hat und Opfer mehrerer Straftaten geworden ist - die begehrten Ansprüche nicht zugesprochen wurden, führt noch nicht zu einer menschenrechtswidrigen Behandlung. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 21. September 2010 wird ergänzend Bezug genommen.
2. Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Oktober 2007 (Az.: S 5 VG 119/04) sowie den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. März 2010 (Az.: L 13 VG 1/08) und die darin enthaltene Feststellung wendet, dass die Angriffe auf den Beschwerdeführer in den Jahren 1997 und 2002 nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich für seine Gesundheitsstörungen seien, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig. Auch hier fehlt es an der nach § 20 Abs. 1 Satz 2 , § 46 VerfGGBbg erforderlichen Darlegung des Grundrechtsverstoßes. Das Verfassungsgericht ist nicht nach Art eines Rechtsmittelgerichts zur Beurteilung der Richtigkeit fachgerichtlicher Entscheidungen berufen. Eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts durch die angegriffenen Entscheidungen ist – auch was die Feststellungen der Gerichte zur Kausalität der Straftaten zur Berufsunfähigkeit des Beschwerdeführers betrifft - weder in materieller noch verfahrensrechtlicher Hinsicht dargetan oder sonst erkennbar. Die Gerichte haben Beweis in Form von medizinischen Gutachten erhoben und bewertet. An das Urteil des Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2003 (Az.: L 1 RJ 51/00) waren sie dabei nicht gebunden, weil dies schon keine Feststellungen zur Frage der Kausalität enthält.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Postier | Dr. Becker |
Dielitz | Dr. Fuchsloch |
Dr. Lammer | Möller |
Nitsche | |
Schmidt |