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VerfGBbg, Beschluss vom 24. März 2017 - VfGBbg 8/16 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Satz 1
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
Schlagworte: - Begründung
- Auseinandersetzung mit angegriffener Entscheidung
- Willkür
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 24. März 2017 - VfGBbg 8/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 8/16




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

K.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt
Q.,

gegen            Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 10. Dezember 2015 und vom 11. Januar 2016 (9 U F 289/14)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 24. März 2017

durch die Verfassungsrichter Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Entscheidung in einem familiengerichtlichen Verfahren.

 

I.

Der Beschwerdeführer stritt mit seiner geschiedenen Ehefrau über die Zahlung von Trennungsunterhalt für den Zeitraum September 2011 bis einschließlich März 2013 vor dem Amtsgericht Cottbus - Familiengericht. Mit Beschluss vom 7. Oktober 2014 wies das Amtsgericht den Antrag der geschiedenen Ehefrau (nachfolgend: Antragstellerin) auf Zahlung von Trennungsunterhalt mit der Begründung zurück, diese sei nicht bedürftig, sondern könne ihren den ehelichen Verhältnissen entsprechenden Bedarf aus ihrem anrechenbaren monatlichen Einkommen selber decken. Die Antragstellerin legte gegen diesen Beschluss Beschwerde zum Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) ein und führte aus, das Familiengericht habe das Einkommen des Beschwerdeführers fehlerhaft ermittelt, da dieser im Scheidungsverfahren seine Einkünfte mit monatlich etwa 4.000,- Euro beziffert habe. Das Familiengericht habe jedoch nur monatliche Einkünfte für den Auskunftszeitraum in Höhe von 1.116,23 Euro zugrunde gelegt. Das OLG erteilte den Parteien am 10. September 2015 den rechtlichen Hinweis, dass „ausgehend von dem Zugeständnis im Ehescheidungsverfahren […] derzeit mindestens 4.000,- Euro monatlich anzusetzen“ seien. Der Beschwerdeführer trat dem insoweit entgegen, dass er im Ehescheidungsverfahren irrtümlich lediglich sein damalig aktuelles Einkommen angegeben habe. Steuern, Ausgaben für Altersvorsorge, Krankenversicherung und Kindesunterhalt habe er nicht berücksichtigt. Es sei auch ein Durchschnittseinkommen für die letzten drei Jahre zu bilden. Maßgeblich sei das vom Amtsgericht zugrunde gelegte Einkommen. Ein Geständnis im Sinne von § 288 ZPO aus einem anderen Rechtsstreit könne diesem Verfahren nicht zugrunde gelegt werden. Er habe lediglich zugestanden, im Ehescheidungsverfahren ein Einkommen von 4.000,- Euro gehabt zu haben. Die Verhandlung vor dem Familiengericht habe vor dem Auskunftszeitraum stattgefunden, so dass diese Angaben keine Grundlage für den vorliegenden Fall bilden könnten.

In der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2015 wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen und erklärte nochmals, es habe sich bei seinem Einkommen um eine Momentaufnahme gehandelt. Als Selbstständiger könne er zu seinen Einkünften keine konkreten Angaben machen. Mit Beschluss vom 10. Dezember 2015 änderte das OLG den Beschluss des Familiengerichts insoweit ab, dass der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, der Antragstellerin 4.348,83 Euro zu zahlen. Die am 4. Januar 2016 unter Wiederholung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren erhobene Anhörungsrüge wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 11. Januar 2016 als unbegründet zurück. Die Zurechnung der Einkünfte beruhe auf den eigenen - den streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum betreffenden - Angaben des Beschwerdeführers und sei umfangreich in beiden Terminen vor dem Senat erörtert worden. Eine davon abweichende Rechtsauffassung könne eine Gehörsverletzung nicht rechtfertigen.

 

II.

Mit seiner am 18. Februar erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 52 Abs. 3, 4 LV. Das OLG habe mit seiner Entscheidung gegen das Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür verstoßen. Die Entscheidung sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar, da das Gericht zu Unrecht auf die Geständniswirkung von § 288 ZPO abgehoben habe. Das OLG habe die Erkenntnisse aus dem Ehescheidungsverfahren nicht der Ermittlung des Trennungsunterhaltes zugrunde legen dürfen.

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

1. Die Beschwerde genügt nicht den Begründungserfordernissen aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg, die voraussetzen, dass der die Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird. Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer sich mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen. Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 15. April 2016 - VfGBbg 86/15 - und vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Stützt das Fachgericht seine Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Erwägungen, muss der Beschwerdeführer jede von ihnen angreifen und deren Unvereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht darlegen. Denn eine Grundrechtsverletzung vermag der Verfassungsbeschwerde nur dann zum Erfolg zu verhelfen, wenn die angegriffene Entscheidung auch auf ihr beruht. Ist aber das Fachgericht mit einer anderen in seiner Entscheidung herangezogenen und vom Beschwerdeführer nicht weiter angegriffenen Erwägung zum selben Ergebnis gekommen, fehlt es an der Kausalität des Verfassungsverstoßes für das Ergebnis des fachgerichtlichen Verfahrens (vgl. Beschluss vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 65/15 -, www.verfassungsgericht.branden­burg.de; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 92 Rn. 18). Das Oberlandesgericht führt in seiner Entscheidung aus, dass der Beschwerdeführer bis zur mündlichen Verhandlung vom 10. September 2015 seine selbst im Scheidungsverfahren getätigten Angaben nicht bestritten habe und aus diesem Grund die Voraussetzungen für ein Geständnis nach § 288 ZPO vorlägen, die Voraussetzungen für einen Widerruf des Geständnisses nach § 290 ZPO jedoch nicht vorlägen. Das Gericht lässt es jedoch dabei nicht bewenden, sondern stützt seine Entscheidung noch auf eine weitere Erwägung, vor deren Hintergrund die Frage des Geständnisses nach Auffassung des Gerichts im Ergebnis offen bleiben kann. Das Oberlandesgericht geht im Weiteren davon aus, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine vormals eingeräumten Einkommenshöhe nach den Grundsätzen der gestuften Darlegungslast verpflichtet gewesen sei, im Einzelnen die Gründe für das Zustandekommen des zunächst eingeräumten Einkommens und andererseits tatsächlich vorhandenen Einkommens substantiiert darzulegen habe. Insoweit bestehe eine Ausnahme von der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast, die regelmäßig den Unterhaltsgläubiger - hier die Antragstellerin - treffe.

 

Aus welchen Gründen diese Annahme des Oberlandesgerichts willkürlich erscheint, hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend begründet, da er ausschließlich auf die vermeintliche Geständniswirkung seiner Angaben aus dem Scheidungsverfahren eingegangen ist. Die Notwendigkeit, auf die übrigen tragenden Gründe des Beschlusses einzugehen, musste sich dem Beschwerdeführer auch aufdrängen, da das Gericht weitere Ausführungen dazu macht, aus welchen Gründen die weiteren Angaben zu vermeintlichen Abzugsposten weder die mit den gerichtlichen Hinweisen aufgeworfenen Fragen angemessen beantwortet noch im Übrigen hinreichend substantiiert vorgetragen worden sind. Mit diesem Begründungsansatz setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Aus diesen Gründen erweist sich die mit der Beschwerde angegriffene Begründung des Beschlusses als nicht allein tragfähig für die Annahme eines Grundrechtsverstoßes.

 

2. Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Dr. Becker Dielitz
   
Dresen Dr. Fuchsloch
   
Dr. Lammer Partikel
   
Schmidt