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VerfGBbg, Beschluss vom 24. Januar 2014 - VfGBbg 16/13 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 1 Satz 2
- ZPO, § 554
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1
Schlagworte: - gesetzlicher Richter
- Anschlussrevision
- unselbständiger Rechtsbehelf
- Subsidiarität
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 24. Januar 2014 - VfGBbg 16/13 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 16/13




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 

   D.,

       

Beschwerdeführer,

 

 

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt H.,

                       

 

 

wegen des Urteils des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 6. Februar 2013 und des Beschlusses des Brandenburgischen Ober­landesgerichts vom 5. März 2013 (7 U 6/12)

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

 

am 24. Januar 2014

 

b e s c h l o s s e n :

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

 

G r ü n d e :

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen Entscheidungen des Bran­­­denburgischen Oberlandesgerichts (Oberlandesgericht) in einem Rechtsstreit nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG).

 

I.

1. Der Beschwerdeführer nahm im Ausgangsverfahren die T-GmbH (im Folgenden: Beklagte), aus § 1, § 4 UKlaG darauf in Anspruch, künftig die Verwendung einer bestimm­­ten Klau­sel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen. Ferner beantragte er u. a. die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, 4 % Zinsen auf die Gerichts­kosten von der Zeit deren Vorverauslagung bis zum Ein­gang des Kostenfestset­zungsantrages bei Gericht an ihn zu zah­­len. Auf die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Cottbus ver­­urteilte das Oberlandesgericht die Beklagte mit dem angegrif­­­fenen Urteil antragsgemäß zur Unter­lassung, während es den Fest­­­­­stel­­lungsantrag zurückwies. Hinsichtlich des Unterlassungs­­­aus­­spruchs ließ es die Revision zu, im Übrigen – entgegen der im Einzelnen begründeten Anregung des Beschwerdeführers - nicht. Auf die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin stellte das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 5. März 2013 fest, es habe geprüft, ob die Revision auch bezüglich des Feststellungs­antrages zuzulassen sei, jedoch die grundsätzliche Bedeutung der die­­sem Antrag zugrunde liegenden Rechtsfrage verneint.

 

2. Die Beklagte legte gegen ihre Verurteilung durch das Ober­­­­landesgericht Revision zum Bundesgerichtshof ein (III ZR 93/13). Der Beschwer­deführer macht dort den zurückgewiesenen Zins­anspruch im Wege der Anschlussrevision geltend. Das Revisionsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

 

II.

Der Beschwerdeführer rügt mit seiner am 19. März 2013 erhobenen Verfassungsbeschwerde, durch die Nichtzulassung der Revisi­on in seinen Grundrechten auf den gesetzlichen Richter (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Landesverfassung – LV -), auf Gleichheit vor Gericht in der Ausprägung als Willkürverbot (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV) und auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV) verletzt zu sein.

 

Mit der Nichtzulassung der Revision habe das Oberlandesgericht ihm den Zugang zur nächst höheren Instanz in unzumutba­rer, aus Sach­­gründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Ob der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs einen materiell-recht­­lichen Anspruch auf Verzinsung der von ihm vorausbezahlten Gerichtskosten bis zum Einsetzen der gesetz­lichen Verzinsung nach § 104 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) habe, sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeu­­tung im Sinne von     § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, die vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden sei. Sie betreffe eine Vielzahl von Fällen, nament­lich alle Unterlassungsklageverfahren nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wett­bewerb und dem Unterlassungsklagegesetz. Darüber hinaus sei auch der Zulassungsgrund des  § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO gegeben gewesen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine höchstrichter­liche Entscheidung, nachdem das Oberlandesgericht mit der Zurückweisung des Zinsanspruchs von der Rechtsprechung anderer Ober­­­lan­desgerichte abgewichen sei. Schließlich sei er in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt, weil das Oberlan­­desgericht seinen Vortrag zur Zulassung der Revision ersichtlich übergangen habe.

 

III.

Der Präsident des Oberlandesgerichts und die Beklagte des Ausgangsverfahrens hat­ten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beklagte hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Der Prä­­sident des Oberlandesgerichts weist darauf hin, dass die vom Beschwerdeführer angeführten Entscheidungen anderer Oberlan­­desgerichte keine Unterlassungsansprüche nach dem Unterlassungs­klagegesetz betreffen.

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) als unzulässig zu verwerfen.

 

Als juristische Person des Privatrechts ist der Beschwerdeführer auch bezogen auf den als verletzt gerügten Gleichheitssatz unein­geschränkt Grundrechtsträger und zwar ungeachtet des­sen, dass er möglicherweise auch in öffentlichem Interesse Belange des Verbraucherschutzes vertritt. Ferner hat er den Rechts­weg im engeren Sinne erschöpft, weil gegen die ange­griffene Nichtzu­­­­las­sungsentscheidung des Oberlandesgerichts die Nichtzulas­sungs­­beschwerde nicht statthaft war (vgl. § 26 Nr. 8 Satz 1 Ein­führungsgesetz zur Zivilprozessordnung). Einer Sachentschei­­­dung des Verfassungsgerichts steht jedoch der Grund­satz der Subsidiarität der Ver­fassungsbe­schwerde entgegen. Diesem Grund­­satz zufolge muss der Beschwer­deführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde über die formale Erschöpfung des Rechtswegs hin­­­­aus (§ 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg) alle nach Stand der Dinge zur Ver­­fügung ste­henden und zumut­­­­baren prozessualen Möglich­­­kei­ten ergreifen, um die gerügte Grundrechtsverletzung bereits im fachgerichtli­chen Aus­gangsverfahren zu verhindern  oder zu besei­tigen (ständige Rspr., zuletzt Beschluss vom   29. November 2013 – VfGBbg 48/13 -, www.verfassungsgericht. bran­­­den­­­­­burg.de). Eine sol­­che Möglich­keit ist vorliegend die - nicht von einer Zulas­sung durch das Beru­fungsgericht abhängige - Anschluss­­re­vi­sion zum Bundesgerichtshof nach § 554 ZPO, mit wel­cher der Beschwerdeführer, wie er vorträgt, seinen Zins­an­spruch im Rahmen des von der Beklag­ten angestrengten Revi­sions­­­­­verfahrens weiter­­­­ver­folgt (vgl. zur parallelen Situation bei der Anschlussberufung nach § 524 ZPO: Bundesverfassungsgericht – BVerfG -, Beschluss vom 9. Januar 2006 – 1 BvR 2483/05 -, NJW 2006, 1505). Da das Revisionsverfahren noch nicht abge­­schlos­sen ist, kommt in Betracht, dass der Beschwerdeführer auf diesem Wege eine Entschei­dung des Bundesgerichtshofs über den von ihm rekla­­­­­mierten Zin­s­anspruch erwirkt und die mit der Ver­­­­fas­sungs­be­­schwerde behauptete Grundrechts­verletzung gegen­stands­­los wird.

 

Den Ausgang des Revisionsverfahrens abzuwarten, ist dem Beschwer­­­deführer auch zumutbar. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Anschlussrevision um ein unselbständiges Rechts­mit­­tel handelt, das etwa bei Rücknahme oder Verwerfung der (Haupt-)Revision nach § 554 Abs. 4 ZPO seine Wirkung verliert. Wäre in einem solchen Fall zwischenzeitlich die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde gegen die mit der Anschluss­revision (ver­geblich) ange­griffene Entscheidung abgelau­fen, so könnte der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bean­­­tragen; die Fristversäumung wäre ihm nicht vor­werfbar, weil er nach dem Subsidiaritätsgrundsatz den Versuch unternehmen musste, die geltend gemachte Grundrechtsverlet­zung durch Einlegung der Anschlussrevision zu beheben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Januar 2006, a. a. O.). Auch ist die Anschlussrevision nicht offenkundig unzulässig. Die höchstrich­­­­ter­liche Rechtspre­­­chung verlangt über den Wortlaut von    § 554 ZPO hinaus für die Zulässigkeit der Anschlussrevision, dass ihr Gegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirt­­schaft­lichen Zusammen­­­­­­hang mit demjenigen der (Haupt-)Revi­si­on steht (Bundesgerichts­­­hof – BGH -, Urteil vom 18. September 2009 – V ZR 75/08 -, NJW 2009, 3787, 3789). Ob ein solcher Zusam­­­menhang zwischen einem Unterlassungsanspruch und im Rahmen von dessen Durch­­­­­set­zung etwa entstandener Aufwendungs-  oder Scha­­densersatzansprüche existiert, hat der Bun­­des­ge­richts­­­­hof – soweit ersichtlich - bis­­her nicht entschie­­­den (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Beschluss vom 26. September 2009 – VI ZR 208/11 -, NJW 2013, 875). Danach bestehen allenfalls Zweifel, ob die Anschlussrevision des Beschwerdeführers zulässig ist. Über ungeklärte einfachrecht­liche Zulässigkeitsfragen haben jedoch zunächst die Fach­­ge­­richte zu entscheiden; zuvor ist ein Einschreiten des Verfas­­sungsgerichts nicht angezeigt (vgl. Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleib­­treu/Klein/Bethge, Kommentar zum Bundes­ver­fas­sungs­­­ge­­richts­­gesetz, Loseblatt, Band II, Stand Juli 2013, § 90 Rn. 388).

 

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt