VerfGBbg, Beschluss vom 22. Februar 2013 - VfGBbg 33/12 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2; VerfGGBbg, § 46 - ZPO, § 321a - BerHG, § 2 Abs. 2 |
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Schlagworte: | - Begründungserfordernis - Subsidiarität - Anhörungsrüge - nachträglich |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 22. Februar 2013 - VfGBbg 33/12 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 33/12
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
Rechtsanwalt H.,
Beschwerdeführer,
wegen der Beschlüsse des Amtsgerichts Cottbus vom 9. Februar 2012 und vom 2. März 2012 (Az.: 62 UR II 1214/11)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche und Partikel
am 22. Februar 2013
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 31. Mai 2012 und vom 30. November 2012 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden ist. Diese sind durch die Schriftsätze des Beschwerdeführers vom 27. Juni 2012 und 4. Januar 2013 nicht ausgeräumt worden.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen genügt, die sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergeben. Das in § 45 Abs. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) verankerte Prinzip der Subsidiarität verlangt von einem Beschwerdeführer, dass dieser - über eine bloße Rechtswegerschöpfung hinaus - alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende getan hat, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder von vornherein zu verhindern; vor Anrufung des Verfassungsgerichts muss er alle ihm gegebenenfalls zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung ergreifen (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg, vgl. etwa Beschluss vom 21. Januar 2011 – VfGBbg 28/10 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
Daran fehlt es hier. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde war das vom Beschwerdeführer eingeleitete Anhörungsrügeverfahren nach § 321a Zivilprozessordnung noch nicht abgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde nicht nur in Bezug auf eine etwaige Gehörsverletzung, sondern auch hinsichtlich weiterer gerügter Verstöße gegen Grundrechte aus der Landesverfassung unzulässig ist. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die im Erfolgsfalle zur Fortsetzung des fachgerichtlichen Verfahrens führende Anhörungsrüge auch bezogen auf die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung der Berufsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 LV zur fachgerichtlichen Abhilfe geführt hätte (vgl. hierzu Beschluss vom 17. August 2012 – VfGBbg 36/12 -, www.verfassungs gericht.brandenburg.de; Beschluss vom 21. Januar 2011 – VfGBbg 28/10 -, a. a. O.).
Auf den Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens konnte auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die Anhörungsrüge offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg gewesen wäre. Dem steht schon entgegen, dass der Beschwerdeführer selbst von einer Gehörsverletzung ausgegangen ist und dies gegenüber dem Amtsgericht Cottbus ausführlich dargelegt hat (vgl. Schriftsatz vom 27. März 2012, Anlage BF 17 der Verfassungsbeschwerde).
Dass das Amtsgericht Cottbus die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 1. November 2012 zurückgewiesen hat, führt nicht nachträglich zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde. Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 VerfGGBbg ergibt, kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtsweges erhoben werden. Durch diese Bestimmung soll vermieden werden, dass ein auf eine Grundrechtsverletzung gestützter Rechtsstreit überhaupt an das Verfassungsgericht gelangt, wenn ein Fachgericht damit noch befasst ist oder werden kann; eine nachträgliche Rechtswegerschöpfung hat im Verfassungsbeschwerdeverfahren deshalb keine heilende Wirkung (vgl. Beschluss vom 21. Januar 2010 – VfGBbg 49/09 -, NJW 2010, 1947). Für den aus § 45 Abs. 2 VerfGG herzuleitenden Subsidiaritätsgrundsatz gilt nichts anderes. Die sich aus diesem Grundsatz ergebenden Anforderungen müssen bereits bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde erfüllt sein.
Schließlich bleibt es auch dabei, dass die Verfassungsbeschwerde nicht dem Begründungserfordernis gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, § 46 VerfGGBbg genügt. Der Beschluss vom 2. März 2012 ist auch auf die Erwägung gestützt, dass der Beschwerdeführer bereits die Verteidigung übernommen hatte, ein Verteidigungsauftrag aber über eine Beratung i. S. d. § 2 Abs. 2 Beratungshilfegesetz (BerHG) hinausgeht. Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, inwiefern er durch diese selbständig tragende Begründung in seinen Grundrechten verletzt sein kann. Dass ein Verteidigungsauftrag erteilt wurde, wird durch den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 2. Mai 2011 (Anlage BF 2 der Verfassungsbeschwerde) bestätigt; zudem ist nach § 147 Abs. 1 Strafprozessordnung nur der Verteidiger zur Akteneinsicht befugt. Auch gegen die weitere Annahme des Amtsgerichts, dass für Verteidigertätigkeiten keine Beratungshilfe gewährt werden kann, ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Sie steht in Übereinstimmung mit dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 BerHG, wonach in Angelegenheiten des Strafrechts Beratungshilfe nur für die Beratung eines Rechtsuchenden – und damit gerade nicht für seine Vertretung (vgl. § 2 Abs. 1 BerHG) - gewährt wird. Als Bundesgesetz ist diese Vorschrift im Übrigen der Prüfung durch das Landesverfassungsgericht entzogen (vgl. Beschluss vom 18. November 2011 – VfGBbg 40/11 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
II.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dresen |
Dr. Lammer | Nitsche |
Partikel | |