VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 60/12 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 15 - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46 |
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Schlagworte: | - Unverletzlichkeit der Wohnung - Rechtsschutzbedürfnis - Kosteninteresse - Wiederholungsgefahr - Begründungserfordernis |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 60/12 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 60/12
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
M.,
Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin D.,
wegen des Urteils des Amtsgerichts Potsdam vom 5. August 2011 (23 C 409/10) und des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 6. Juni 2012 (4 S 162/11),
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt
am 21. Dezember 2012
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg als unzulässig zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. September 2012 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde hingewiesen wurde und diese mit seinem Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 nicht ausgeräumt hat. Es bleibt dabei, dass die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist. Der Schriftsatz gibt lediglich zu den folgenden Ausführungen Veranlassung:
Soweit der Beschwerdeführer Grundrechtsverstöße rügt, die sich aus der Auffassung von Amts- und Landgericht ergeben könnten, die Klage auf Duldung sei zulässig und begründet (gewesen), fehlt es der Verfassungsbeschwerde aus den im Schreiben vom 19. September 2012 genannten Gründen von Anbeginn am Rechtsschutzbedürfnis. Die vom Beschwerdeführer angesprochenen Fallgestaltungen (Klärung grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen, Wiederholungsgefahr), bei denen trotz Erledigung des Verfahrensgegenstandes ausnahmsweise ein Rechtsschutzinteresse oder Rechtsschutzbedürfnis für die Verfassungsbeschwerde in Betracht kommt (vgl. hierzu Beschluss vom 21. Oktober 2011 – VfGBbg 35/11 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; Bundesverfassungsgericht – BVerfG - BVerfGE 109, 309, 317), sind vorliegend nicht einschlägig.
Das Verfahren betrifft keine verfassungsrechtliche Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung, deren Vorliegen trotz Wegfall der subjektiven Beschwer allein unter dem Gesichtspunkt des objektiven Rechtsschutzinteresses (= Klärungsinteresses) eine Sachentscheidung des Gerichts erfordern würde (vgl. Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Kommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG -, 32. Lfg., Stand März 2010, § 90 Rn. 438; zu dieser objektiven Funktion der Verfassungsbeschwerde BVerfGE 33, 247, 258 f.). Dass der Wohnungsmieter im Verhältnis zum Vermieter bestimmte Einschränkungen seiner Grundrechte aus Art. 15 Abs. 1 und 41 der Landesverfassung (LV) hinnehmen muss, ergibt sich unmittelbar aus seiner in § 554 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) normierten und hier einschlägigen Pflicht, die zum Erhalt der Mietsache erforderlichen Maßnahmen zu dulden; zu diesen gehört der Zugang des Vermieters zur Mietsache zwecks Planung und Ausführung der notwendigen Arbeiten (Weidenkaff, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 71. Aufl. 2012, § 554 Rn. 6). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 554 Abs. 1 BGB und dessen Auslegung macht der Beschwerdeführer auch nicht geltend. Die Frage, wie vielen vom Vermieter benannten Personen und für welche Dauer etc. der Mieter den Zutritt zu seiner Wohnung im Rahmen von § 554 Abs. 1 BGB gewähren muss, hat keinen grundsätzlichen Charakter; sie ist zuvörderst von den Fachgerichten nach den Umständen des Einzelfalls unter Beachtung von Bedeutung und Tragweite insbesondere des Grundrechts aus Art. 15 Abs. 1 LV zu beantworten (vgl. zur mittelbaren Drittwirkung von Art. 13 Grundgesetz BVerfGE 89, 1, 12 f.).
Die Wiederholungsgefahr ist ein Moment des subjektiven Rechtsschutzbedürfnisses (Bethge, a. a. O.). Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein anerkennenswertes Interesse des Beschwerdeführers an einer Sachentscheidung des Gerichts (vgl. BVerfGE 119, 309, 317). Der Beschwerdeführer hätte gegen eine etwaige Zwangsvollstreckung beim Landgericht deren einstweilige Einstellung nach § 707, § 719 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung erwirken können; dies hat er nicht getan. Ist dem Beschwerdeführer die Erledigung seiner Beschwer und damit das Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Verfassungsbeschwerde zuzurechnen, so kann ihm ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichts mit Blick auf etwaige Wiederholungen dieser Beschwer nicht zugestanden werden.
Aus den Gründen des Schreibens vom 19. September 2012 ist die die Kostenentscheidung betreffende Rüge der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör weiterhin unzulässig. Ergänzend ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer auch nach wie vor nicht den Schriftsatz eingereicht hat, mit dem er gegen das Urteil des Landgerichts die Anhörungsrüge erhoben hatte.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dr. Fuchsloch |
Dr. Lammer | Nitsche |
Partikel | Schmidt |