VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 38/12 -
Verfahrensart: |
Organstreit Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2 - AbgG, § 6 |
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Schlagworte: | - Abgeordneter - Amtsausstattung - Abgeordnetenbüro - parlamentarischer Beratungsdienst - richtiger Antragsgegner |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 38/12 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 38/12
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Organstreitverfahren
Christoph Schulze, MdL,
Antragsteller,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt G.,
gegen
den Landtag Brandenburg,
vertreten durch den Präsidenten des Landtags,
Am Havelblick 8,
14473 Potsdam,
Antragsgegner,
wegen der Amtsausstattung des Antragstellers
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt
am 21. Dezember 2012
b e s c h l o s s e n :
Der Antrag wird verworfen.
G r ü n d e:
A.
I.
Der Antragsteller ist Mitglied des Brandenburger Landtags und gehörte zunächst der Fraktion der SPD an. Am 16. Dezember 2011 erklärte er seinen Austritt aus der SPD-Fraktion und ist seitdem fraktionslos.
Mit Schreiben vom 6. Januar 2012 informierte der Präsident des Landtags den Antragsteller über seine Ansprüche als fraktionsloser Abgeordneter. Dem Antragsteller wurde u. a. mitgeteilt, dass für ihn ein Raum mit Telefonanschluss eingerichtet werde. Ferner stehe ihm in der Poststelle des Landtags ein separates Postfach zur Verfügung, dort könne er auch seinen Postausgang abgeben.
Mit Schreiben an den Antragsgegner vom 23. März 2012 rügte der Antragsteller, dass er als fraktionsloser Abgeordneter benachteiligt werde. Die Fraktionen würden für ihre Abgeordneten Geld erhalten, um Büroausstattung, Mitarbeiter u. a. zu finanzieren. Er halte die Ungleichbehandlung für verfassungsrechtlich bedenklich und bitte um Mitteilung, wie gesichert werde, dass er eine angemessene Ausstattung erhalte.
Daraufhin teilte der Präsident des Landtags dem Antragsteller mit Schreiben vom 5. Juni 2012 mit, dass nach dem sog. „Wüppesahl-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts fraktionslose Angeordnete keinen Anspruch auf finanzielle Gleichstellung mit den Fraktionen hätten. Soweit fraktionsangehörigen Abgeordneten aus der Arbeit der Fraktionen Vorteile zuflössen, seien diese gegenüber dem fraktionslosen Abgeordneten auszugleichen. Die Landtagsverwaltung stehe dem Antragsteller im Rahmen ihrer Möglichkeiten für juristischen Rat oder Hilfestellung bei der Formulierung von Anträgen und Initiativen zur Verfügung. Die im Schreiben vom 6. Januar 2012 beschriebene Ausstattung werde den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts gerecht.
II.
Mit dem am 18. Juni 2012 eingeleiteten Organstreitverfahren rügt der Antragsteller, dass sich in seinem Büro weder ein Drucker noch ein Kopierer, Faxgerät oder Scanner befinde; ferner, dass seine Personalausstattung am Sitz des Landtags unzureichend sei und ihm Einrichtungen des Landtags, die andere Abgeordnete über ihre Fraktionen in Anspruch nehmen könnten, insbesondere der parlamentarische Beratungsdienst, nicht zur Verfügung stünden.
Fraktionsangehörige Abgeordnete könnten über ihre Fraktionen zeitgemäße Kommunikationsmittel nutzen. Daneben beschäftigten die Fraktionen Referenten, die Themen für die Abgeordneten fachlich aufbereiteten und die Arbeit in den jeweiligen Ausschüssen unterstützten. Von diesen Möglichkeiten sei er abgeschnitten und dadurch unangemessen benachteiligt.
Seine gegenwärtige Ausstattung verstoße gegen Art. 22 Abs. 3 und Art. 56 Abs. 2 LV. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich für ihn ein Anspruch auf zeitgemäße Kommunikationsmöglichkeiten sowie personelle Verstärkung. Immerhin erhielten auch die Fraktionen Zuschläge für jedes einzelne ihrer Mitglieder, so dass es nur folgerichtig wäre, ihm zumindest einen vergleichbaren Zuschlag zur Verfügung zu stellen. Dass die Fraktionen nach der Landesverfassung Anspruch auf eine angemessene Ausstattung haben, bedeute nicht, dass im Umkehrschluss der fraktionslose Abgeordnete keinen Anspruch auf Unterstützung durch die Landtagsverwaltung habe oder nicht angemessen ausgestattet werden dürfe. Darüber hinaus verstoße die Verweigerung der für die Ausübung des Mandats notwendigen Kommunikationsmittel gegen Art. 55 Abs. 2 LV. Mit seinem Austritt aus der die Regierung mittragenden SPD-Fraktion sei er automatisch Opposition im Landtag geworden. Dabei sei er nochmals schlechter gestellt als die fraktionsangehörigen Oppositionsabgeordneten, da diese über den Oppositionszuschlag für die Fraktionen zumindest einen teilweisen Ausgleich der mit der Stellung als Opposition verbundenen Nachteile erreichen.
Der Antragsteller beantragt
festzustellen, dass seine Ausstattung durch den Antragsgegner gegen Art. 22 Abs. 3, Art. 55 Abs. 2 und Art. 56 Abs. 2 LV verstößt.
Der Antragsgegner hat keine Stellungnahme abgegeben.
III.
Die Landesregierung hat gemäß § 37 Abs. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) von dem Organstreitverfahren Kenntnis erhalten.
B.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Er ist unzulässig.
1. Der Antrag ist gegen den falschen Antragsgegner gerichtet.
a. Gegen wen die Organklage zu richten ist, hängt davon ab, wer für die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung die „rechtliche Verantwortung“ trägt (vgl. Urteil vom 28. Juni 1999 – VfGBbg 2/98 -, DVBl 1999, 708; Beschluss vom 20. Februar 2003 – VfGBbg 112/02 -, LVerfGE 14, 139, 145; zum Bundesrecht vgl. Umbach, a. a. O., §§ 63, 64 Rn. 153 ff.). Hiernach kommt der vom Antragsteller in Anspruch genommene Landtag Brandenburg als Antragsgegner offensichtlich nicht in Betracht.
Der Landtag Brandenburg hat die streitgegenständliche Amtsausstattung des Antragstellers rechtlich nicht zu vertreten. § 6 Abs. 7 Abgeordnetengesetz (AbgG) bestimmt, dass einem Abgeordneten die Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeitern (Nr. 1) und die Kosten für die Ausstattung eines Abgeordnetenbüros (Nr. 3) nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes und von Richtlinien des Präsidiums (§ 31 AbgG) ersetzt werden. Auf der Grundlage dieser Bestimmung hat das Präsidium eine Richtlinie über Zuschüsse zur Ausstattung von Abgeordnetenbüros sowie eine Richtlinie für den Ersatz von Aufwendungen, die den Mitgliedern des Landtags Brandenburg durch die Beschäftigung von Mitarbeitern entstehen, erlassen (jeweils in der Fassung des Beschlusses des Präsidiums vom 30. September 2009). Der Umfang der vom Antragsteller vorliegend beanstandeten Amtsausstattung bestimmt sich nach diesen Richtlinien, die das Präsidium in eigener Kompetenz verantwortet. So sieht die Richtlinie über Zuschüsse zur Ausstattung von Abgeordnetenbüros vor, dass Abgeordneten tatsächlich entstandene Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 2.000 Euro je Wahlperiode erstattet werden (§ 1 Abs. 1); Abgeordneten, die in der vorhergehenden Wahlperiode bereits einen Zuschuss zur Ausstattung ihres Abgeordnetenbüros erhalten haben, wird ein Zuschuss in Höhe von 500 Euro je Wahlperiode gewährt (§ 1 Abs. 2). Ähnlich verhält es sich mit der Nutzung des parlamentarischen Beratungsdienstes, bei dem es sich um eine eigenständige Arbeitseinheit innerhalb der Landtagsverwaltung handelt, deren Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise durch die Richtlinie des Präsidenten des Landtags vom 28. Februar 2007 geregelt worden sind. Diese Richtlinie legt in § 4 auch fest, wer dem parlamentarischen Beratungsdienst Aufträge erteilen darf (der Präsident, das Präsidium, die Fraktionen, mindestens zehn Mitglieder des Landtags gemeinsam, die Ausschüsse, der Rat für sorbische (wendische) Angelegenheiten über den Präsidenten).
In beiden Fällen (Amtsausstattung und Nutzung des parlamentarischen Beratungsdienstes) scheidet der Landtag mithin als Antragsgegner aus, ein Organstreitverfahren müsste sich vielmehr gegen das Präsidium bzw. den Präsidenten des Landtags als Unterorgane des Landtags richten (vgl. Beschluss vom 20. Februar 2003, a. a. O.).
b. Eine Umdeutung des Antrags ist nicht möglich. Die Bezeichnung des Antragsgegners in der Antragsschrift ist eindeutig. Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2012 hat der Antragsteller – nach gerichtlicher Bitte um Klarstellung des Antragsgegners – nochmals bekräftigt, dass Gegner im Organstreitverfahren der Landtag des Landes Brandenburg sein solle. Das Gericht darf einen klar bezeichneten Antragsgegner nicht gegen einen anderen austauschen, zumal eine versehentliche Falschbezeichnung vorliegend ausgeschlossen werden kann. Der – anwaltlich vertretene – Antragsteller ist seit 1990 Landtagsabgeordneter und folglich mit der parlamentarischen Arbeit und der Organisation des Landtags umfassend vertraut. Eine Prozessstandschaft käme allein auf Seiten des Antragstellers, nicht jedoch auf Seiten des Antragsgegners in Betracht (vgl. Bethge, BVerfGG Kommentar, Stand: Februar 2012, § 64 Rn. 93).
2. Der Antrag ist zudem unzulässig, weil die Begründung nicht den Anforderungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg genügt.
a. Der Antragsteller macht sinngemäß geltend, dass er einer weiteren sachlichen und finanziellen Ausstattung bedürfe, um seine in der Landesverfassung beschriebenen Aufgaben und Rechte als Abgeordneter wahrzunehmen. Zu den Mindestanforderungen an die Begründung des Antrags hätte dabei die Darlegung gehört, dass die Amtsausstattung, die ihm im Rahmen der Aufwandsentschädigung nach § 6 AbgG zusteht, insbesondere nach Abs. 7 und den hierzu ergangenen Richtlinien des Präsidiums, nicht ausreichend ist. Trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts hat der Antragsteller hierzu aber nichts vorgetragen. Seine Ausführungen zu den Zuschüssen, die die Fraktionen nach § 3 Abs. 1 Fraktionsgesetz (FraktG) erhalten, sind im vorliegenden Zusammenhang von vornherein unergiebig. Die Leistungen an die Fraktionen sind zweckgebunden und dürfen nur für Aufgaben verwendet werden, die den Fraktionen nach der Landesverfassung, den Gesetzen und der Geschäftsordnung des Landtags obliegen (§ 4 Abs. 1 FraktG); Aufwendungen von Abgeordneten dürfen aus Mitteln der Fraktionen nur erstattet werden, sofern diese durch die Fraktion veranlasst werden und nicht bereits durch die gesetzliche Aufwandsentschädigung für Abgeordnete abgegolten sind (§ 4 Abs. 3 FraktG). Der Verweis auf die den Fraktionen zu gewährenden Mittel vermag eine Minderausstattung des Antragstellers deshalb schon vom Ansatz her nicht aufzuzeigen.
b. Auch hinsichtlich der Nutzung des parlamentarischen Beratungsdienstes fehlt es an einer hinreichenden Begründung. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, inwiefern die Nutzung dieses Dienstes seine verfassungsrechtlichen Statusrechte als Abgeordneter betrifft, sondern sich auf den (in der Sache zudem unzutreffenden) Hinweis beschränkt, der Beratungsdienst dürfe nach einer internen Richtlinie nur von den Fraktionen in Anspruch genommen werden. Weshalb die im Schreiben des Präsidenten des Landtags vom 5. Juni 2012 angebotene Unterstützung durch die Landtagsverwaltung nicht ausreicht, um etwaige Nachteile gegenüber fraktionszugehörigen Abgeordneten auszugleichen, hat der Antragsteller nicht dargetan. Dies genügt nicht für die Begründung eines Antrags im Organstreitverfahren.
C.
Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich gehalten (§ 22 Abs. 1 VerfGGBbg).
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dr. Fuchsloch |
Dr. Lammer | Nitsche |
Partikel | Schmidt |