VerfGBbg, Beschluss vom 21. Oktober 2011 - VfGBbg 24/11 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 3 - VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 S. 1; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 48 - ZPO, § 114; ZPO, § 321 a |
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Schlagworte: | - Darlegung - Prozesskostenhilfe - Rechtliches Gehör - Rechtswegerschöpfung - Anhörungsrüge |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 21. Oktober 2011 - VfGBbg 24/11 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 24/11
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
B.
Beschwerdeführer,
wegen des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 25. Mai 2011 (Az.: 5 S 40/10) u. a.
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Möller, Nitsche, Partikel und Schmidt
am 21. Oktober 2011
b e s c h l o s s e n :
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
A.
I.
Der Beschwerdeführer war Beklagter in einem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Liebenwerda (12 C 294/08). Dort wurde die auf Zahlung von 3.283,17 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage mit Urteil vom 23. April 2010 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers verurteilte das Landgericht Cottbus den Beschwerdeführer am 25. Mai 2011 zu einer Zahlung von 1.280,78 Euro nebst Zinsen und wies die Klage im Übrigen ab. Die Forderung setze sich aus 500,00 Euro Mietzins für eine Lagerhalle sowie aus 780,78 Euro Wertersatz für die rechtsgrundlose Nutzung eines weiteren Lagerraums durch den Beschwerdeführer zusammen.
Gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus hat der Beschwerdeführer gegenüber dem Landgericht Cottbus mit Schreiben vom 3. Juni 2011 ein als Revision bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt und hierzu weiteren Schriftverkehr mit dem Landgericht Cottbus geführt.
II.
Mit seiner am 30. Juni 2011 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 25. Mai 2011.
In einem an den Präsidenten des Landgerichts Cottbus gerichteten und der Verfassungsbeschwerde unmittelbar angeschlossenen Schreiben macht der Beschwerdeführer geltend, dass er sich durch die Entscheidung diskriminiert fühle. Er habe den Verdacht, dass der Präsident des Landgerichts bei der Entscheidung nicht neutral gewesen sei und beschuldigt ihn der Rechtsbeugung. Das Urteil könne keinen Bestand haben. Er macht die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend. Das Gericht habe Schriftsätze seines Prozessbevollmächtigten, von ihm gefertigte Fotos und ein Kündigungsschreiben des damaligen Klägers nicht berücksichtigt. Die Aussagen der vom Landgericht Cottbus vernommenen Zeugen seien zu 99 % falsch, dies würde ein Vergleich mit den Aussagen vor dem Amtsgericht Bad Liebenwerda ergeben. Auch sei die Forderungsaufstellung des Landgerichts in dessen Hinweis- und Beweisbeschluss unzulässig.
Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2011 erweitert der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde gegen den Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg, die Staatsanwaltschaft Cottbus und gegen die „Petition des Landes Brandenburg“.
Er beantragt ferner, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen, damit er einen Rechtsanwalt beauftragen könne.
III.
Die Verfahrensakten des Landgerichts Cottbus (Az.: 5 S 40/10) waren beigezogen.
B.
I.
Die beantragte Prozesskostenhilfe ist zu versagen, da die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 48 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg – VerfGGBbg - in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -).
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 VerfGGBbg zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Juli 2011 auf Bedenken gegen ihre Zulässigkeit hingewiesen worden ist und diese Bedenken nicht ausgeräumt hat.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sich der Beschwerdeführer damit gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 25. Mai 2011 wendet.
Der Rechtsweg ist nicht erschöpft. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Der Beschwerdeführer hat vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Dinge ihm gegebenenfalls zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung ohne Inanspruchnahme des Verfassungsgerichtes zu erreichen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss vom 21. Januar 2011 – VfGBbg 63/10 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Hinsichtlich der Beanstandung des Beschwerdeführers, das Landgericht Cottbus habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 LV) verletzt, steht ihm aber der Rechtsbehelf nach § 321 a ZPO zur Verfügung. Es gehört zur Erschöpfung des Rechtswegs im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg, dass ein Beschwerdeführer im Zivilprozess die Möglichkeit einer Anhörungsrüge nutzt, bevor er Verfassungsbeschwerde erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss vom 21. Januar 2011, a. a. O.). Dies hat der Beschwerdeführer versäumt. Mit den innerhalb der Zweiwochenfrist des § 321 a ZPO an das Landgericht Cottbus gerichteten Schreiben vom 3. und 5. Juni 2011 hat er zwar Rechtsbehelfe eingelegt. Dieses war aber ausdrücklich als Revision bezeichnet und nahm auf § 544 und § 547 Nr. 1 bis 4 sowie § 551 ZPO Bezug. Der Beschwerdeführer meinte, es liege ein absoluter Revisionsgrund vor, weil der Berichterstatter befangen gewesen sei. Er bat weiter um Aufnahme der Zeugenaussagen ins Protokoll und – „falls dieses Schreiben für das Berufungsgericht nicht ausreichend“ sein sollte - erneut um Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Für eine Auslegung als Anhörungsrüge im Sinne vom § 321 a ZPO bieten diese Schriftsätze wegen der ausdrücklichen Bezeichnung als Revision und der Benennung der entsprechenden Vorschriften keinen Raum. Die nach Hinweisen des Landgerichts Cottbus auf die Unzulässigkeit einer Revision eingegangenen weiteren Schriftsätze des Beschwerdeführers vom 21., 24. und 28. Juni 2011 lassen keine andere Bewertung zu. In den beiden erstgenannten – nach Verstreichen der Zweiwochenfrist des § 321 a ZPO - verfassten Schreiben findet sich zwar die Rüge eines Gehörsverstoßes und mittelbar der Verweis auf § 321 a ZPO. Das Landgericht Cottbus hat aber mit Verfügung vom 27. Juni 2011 auf die Unzulässigkeit einer etwaigen Gehörsrüge wegen Fristversäumnis und mangelnder anwaltlicher Vertretung hingewiesen; es gehe im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer geäußerte Bitte um Geduld, bis er einen neuen Prozessbevollmächtigten beauftragt habe, davon aus, dass der Rechtsbehelf (noch) nicht geltend gemacht werde. Der Beschwerdeführer ist dem mit seinem Schreiben vom 28. Juni 2011 nicht entgegengetreten, meint vielmehr, es habe eine Weiterleitung an das Revisionsgericht erfolgen müssen. Vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde wurde die Anhörungsrüge daher – ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit – durch den Beschwerdeführer nicht erhoben und das entsprechende Verfahren nicht durchgeführt.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unzulässig, soweit sie mit Schriftsatz vom 4. Juli 2011 auf die Untätigkeit des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg, der Staatsanwaltschaft Cottbus und die Tätigkeit des Petitionsausschusses erweitert wurde. Die Darstellungen des Beschwerdeführers werden nicht den gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde zu stellenden Anforderungen gerecht.
a. Danach sind in der Begründung das (Landes-)Grundrecht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen. Im Einzelnen ist darzulegen, welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme nicht genügt und inwieweit dadurch das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll.
b. Der Beschwerdeführer nennt kein Grundrecht, welches verletzt sein könnte. Darüber hinaus wird der Sachverhalt nicht hinreichend deutlich.
Der Beschwerdeführer rügt mit seinem Schreiben vom 4. Juli 2011 in Bezug auf die Staatsanwaltschaft Cottbus und die Generalstaatsanwaltschaft, dass dort Sachen schon seit fast einem Jahr liegen würden, ohne dass er ein Aktenzeichen oder eine Eingangsbestätigung erhalten hätte. Im Februar 2011 habe er einen Strafantrag bei dem Generalbundesanwalt in Leipzig gestellt, der an die Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg weitergeleitet worden sei. Dies betreffe eine Anzeige gegen eine Richterin und eine Oberstaatsanwältin bezüglich eines strafgerichtlichen Urteils aus Februar 2011. Bisher habe er keine Nachricht erhalten. Diese Darstellungen sind schon in zeitlicher Hinsicht widersprüchlich.
In Bezug auf die Petition legt der Beschwerdeführer nicht einmal umrisshaft einen Sachverhalt dar, aus dem sich eine Rechtsverletzung ergeben soll. Der Schriftverkehr mit dem Petitionsausschuss des Landtags Brandenburg ist dem Schriftsatz vom 4. Juli 2011 kommentarlos beigefügt.
c. Die konkrete Darlegung des gerügten Sachverhalts und der angegriffenen Maßnahmen sowie wenigstens die inhaltliche Umschreibung der Grundrechte, in denen sich der Beschwerdeführer dadurch verletzt fühlt, ist ihm auch ohne anwaltliche Vertretung, die er erst mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erlangen möchte, zuzumuten. Sie ist für die nach § 48 VerfGGBbg in Verbindung mit § 114 ZPO erforderliche Bewertung der Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde durch das Verfassungsgericht unentbehrlich.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Postier | Dr. Becker |
Dielitz | Dr. Fuchsloch |
Dr. Lammer | Möller |
Nitsche | Partikel |
Schmidt |