VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2012 - VfGBbg 52/11 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 47 Abs. 1; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2; VerfGGBbg, § 30 | |
Schlagworte: | - Begründungserfordernis - Verfassungsbeschwerdefrist - Rechtswegerschöpfung - einstweilige Anordnung |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2012 - VfGBbg 52/11 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 52/11
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
B.
Beschwerdeführer,
wegen des Bescheides des Landrates des Landkreises Oder-Spree - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - vom 24. November 1993, Az. 1202400757192, und des Beschlusses des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 4. November 2008, Az. 16 M 2022/08,
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Partikel und Schmidt
am 21. September 2012
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden verworfen.
G r ü n d e :
A.
Der 79 Jahre alte Beschwerdeführer bewohnt mit seiner Ehefrau das Grundstück W.-Straße in S.
Seit 1939 stand dieses Grundstück im Eigentum der Frau K. (Alteigentümerin). Nachdem diese die DDR verlassen hatte, gelangte es unter staatliche Verwaltung. 1969 überließ der staatliche Verwalter das Grundstück dem Beschwerdeführer und dessen damaliger Ehefrau zu Wohnzwecken nach Maßgabe eines Überlassungsvertrages. Im Jahre 1974 bebaute der Beschwerdeführer das Grundstück mit einem Wohnhaus. Zur Sicherung der hierdurch eingetretenen Grundstückswerterhöhung wurden zu seinen und seiner Ehefrau Gunsten eine Hypothek in Höhe von 140.000,- Mark der DDR und ein Vorkaufsrecht eingetragen, 1981 wurde der Überlassungsvertrag auf die Söhne des Beschwerdeführers übertragen. Im Mai 1986 erklärte der Beschwerdeführer in einem Schreiben an das staatliche Notariat, er „übereigne“ das Einfamilienhaus „auf fremdem Boden“ seinen Söhnen. Kurze Zeit darauf verließ der Beschwerdeführer die DDR. Im September 1987 überführte der Rat des Kreises Fürstenwalde das Grundstück in Volkseigentum, die Hypothek zu Gunsten des Beschwerdeführers wurde im Grundbuch gelöscht.
Im Jahre 1990 beantragten sowohl der Beschwerdeführer als auch die Kinder der Alteigentümerin als deren Alleinerben jeweils die Rückübertragung des Grundstücks nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG). Im Herbst 1990 nahm der Beschwerdeführer das Grundstück wieder in Besitz und wohnt seitdem dort.
Mit Bescheid vom 24. November 1993 übertrug der Landrat des Landkreises Oder-Spree (ARoV) das Grundstück auf die Erben der Alteigentümerin und wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Übertragung des Grundstücks an sich zurück. Die Alteigentümerin sei entschädigungslos und unlauter enteignet worden, während der Beschwerdeführer nie Eigentümer des Grundstücks oder Wohnhauses oder Inhaber dinglicher Nutzungsrechte gewesen sei; der Überlassungsvertrag aus dem Jahre 1969 habe nur schuldrechtliche Wirkungen entfaltet. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht hatte nur insoweit Erfolg, als dass der Beschwerdeführer mit Blick auf den Überlassungsvertrag nicht als unredlicher Grundstücksnutzer im Sinne der § 17 Satz 2, § 4 Abs. 3 VermG anzusehen sei, so dass Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz in Betracht kämen.
Derartige Ansprüche (auf Ankauf des Grundstücks oder Bestellung eines Erbbaurechts hieran) verneinte das Landgericht Frankfurt (Oder) mit rechtskräftigem Urteil vom 29. Mai 2008 und verurteilte den Beschwerdeführer zu Räumung und Herausgabe des Grundstücks an die seit September 1998 im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Erben der Alteigentümerin (Az. 13 O 256/07). Der Beschwerdeführer beantragte in der Folgezeit unter Hinweis auf sein Alter und seinen Gesundheitszustand Vollstreckungsschutz beim Amtsgericht Fürstenwalde. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen, nachdem der Beschwerdeführer ein angefordertes Attest nicht eingereicht hatte (Beschluss vom 4. November 2008, Az. 16 M 2022/08). Derzeit befindet sich das Verfahren in der Beschwerdeinstanz beim Landgericht Frankfurt (Oder). Das Landgericht (9. Zivilkammer) ordnete zuletzt eine medizinische Begutachtung des Beschwerdeführers an und stellte die Zwangsvollstreckung einstweilen ein (Az. 19 T 538/08). Das Gutachten liegt noch nicht vor.
Am 24. August 2011 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er rügt mit der Verfassungsbeschwerde eine permanente, seit 20 Jahren praktizierte Verletzung der Grundrechte aus Art. 2, 6, 12, 24, 41 und 52 Landesverfassung (LV), namentlich eine entschädigungslose Enteignung und die Missachtung des Grundrechts auf rechtliches Gehör. Die Entscheidungen des ARoV und des Verwaltungsgerichts beruhten auf kriminellen Stasi-Machenschaften, Fälschungen und Unterschlagungen von Grundbuchblättern, Rechtsträgernachweisen und Erbscheinen und dergleichen. Das Vermögensgesetz sei zudem grob fehlerhaft angewendet worden. Die Alteigentümerin etwa sei nie enteignet worden, sondern habe das Grundstück gegen Entschädigung freiwillig aufgegeben.
Der Beschwerdeführer beantragt, das Zwangsvollstreckungsverfahren samt Zwangsräumung einzustellen – insoweit „zur Abwendung weiterer Gesundheitszerstörung“ auch im Wege einer einstweiligen Anordnung -, den Rückübertragungsbescheid vom 24. November 1993 aufzuheben, seine Löschung im Grundbuch zu annullieren, seine bzw. seiner Söhne Eigentumsrechte im Grundbuch einzutragen, die Erbengemeinschaft nach der Alteigentümerin im Grundbuch zu löschen und deren Ansprüche abzuweisen, die Staatsanwaltschaft mit der strafrechtlichen Klärung stasipsychiatrischer Verfälschungen sogenannter Gutachten zu beauftragen, ihm den im Rückübertragungsbescheid festgesetzten verzinsten Ablösebetrag als erster Rate seiner Zeitwertentschädigung auszuzahlen und den von ihm vorübergehend beauftragten Verfahrensbevollmächtigten zur Rückzahlung eines Gebührenvorschusses in Höhe von 2.000,- € zu verurteilen.
B.
Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg als unzulässig zu verwerfen.
I.
Mit Ausnahme der Anträge auf Aufhebung des Rückübertragungsbescheides vom 24. November 1993 und auf Einstellung des Zwangsvollstreckungsverfahrens ist das Begehren des Beschwerdeführers bereits unzulässig, weil es auf von vornherein beim Verfassungsgericht nicht erreichbare Rechtsschutzziele gerichtet ist.
II.
Darüber hinaus mangelt es der Verfassungsbeschwerde wie auch dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt an einer hinreichenden Begründung nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg. Hiernach muss der Beschwerdeführer im Einzelnen dartun, welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffenen hoheitlichen Maßnahmen nicht genügen und inwieweit welche Grundrechte hierdurch verletzt sein sollen.
Diesem Erfordernis werden die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gerecht. Der Beschwerdeführer zählt zwar seiner Auffassung nach verletzte Grundrechte auf, insbesondere die auf Eigentum (Art. 41 Abs. 1 LV) und rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 LV) sowie das Gleichheitsgrundrecht (Willkürverbot; Art. 12 Abs. 1 LV). Eine geordnete Darstellung, dass und warum der seit vielen Jahren bestandskräftige Restitutionsbescheid, das ihn im Wesentlichen bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts und das laufende Zwangsvollstreckungsverfahren diese Grundrechte verletzt haben bzw. verletzen, fehlt indes. Ein solche erübrigt sich auch nicht etwa mit Blick auf die vom Beschwerdeführer behaupteten Grundbuchfälschungen etc. Der diesbezügliche Vortrag ist weitgehend nicht nachvollziehbar, ebenso wie die vom Beschwerdeführer hieraus gezogenen rechtlichen Schlüsse. Der Beschwerdeführer hat damit nicht die Möglichkeit aufgezeigt, dass der Landrat des Landkreises Oder-Spree und das Verwaltungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht berücksichtigt (Grundrecht auf rechtliches Gehör), willkürlich entschieden oder sich über Bedeutung und Tragweite des Eigentumsgrundrechts geirrt haben könnten. Die Verfassungsbeschwerde bietet auch keinerlei Anhaltspunkte für eine Verletzung der Rechtsweggarantie (Art. 6 LV) und des Petitionsrechts (Art. 24 LV), während der vom Beschwerdeführer ebenfalls aufgeführte Art. 2 LV bereits ein Grundrecht nicht verbürgt.
III.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Restitutionsbescheid und gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wendet, ist sie ferner unzulässig, weil die Frist von zwei Monaten zu ihrer Erhebung nach § 47 Abs. 1 VerfGGBbg nicht eingehalten ist.
IV.
Da das Räumungsschutzverfahren beim Landgericht Frankfurt (Oder) noch nicht abgeschlossen ist, ist die Verfassungsbeschwerde gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Mai 2008 auch mangels Rechtswegerschöpfung (§ 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg) unzulässig. Im Hinblick darauf, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil derzeit eingestellt ist, liegen ferner weder die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Entscheidung des Verfassungsgerichts vor Erschöpfung des Rechtswegs nach § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg noch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg vor. Ergänzend wird auf das gerichtliche Schreiben vom 29. August 2011 Bezug genommen.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dr. Fuchsloch |
Partikel | Schmidt |