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VerfGBbg, Beschluss vom 21. Juli 2017 - VfGBbg 4/17 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 30 Abs. 1
Schlagworte: - Einstweilige Anordnung
- Kein unzumutbarer Nachteil
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. Juli 2017 - VfGBbg 4/17 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 4/17 EA




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

S.,

Antragsteller,

wegen            Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 21. Juli 2017

durch die Verfassungsrichter Möller, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Nitsche, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

 

Der Antrag wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Der Antragsteller strebt vorläufigen verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz im Hinblick auf mehrere sozialgerichtlichen Verfahren der gesetzlichen Krankenversicherung und Sozialhilfe an.

 

I.

Der Antragsteller begehrte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Potsdam (S7 KR 68/17 ER) die Gewährung von Leistungen für Verbandsmaterial, Behandlungspflege und Mobilitätshilfen im Rahmen eines persönlichen Budgets gegen die AOK Nordost. Das Sozialgericht Potsdam lehnte mit Beschluss vom 13. April 2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

 

Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 13. Juni 2017 als unbegründet zurück. Zutreffend habe das Sozialgericht angeführt, dass es in Bezug auf Verbandsmaterial und Mobilitätshilfe bereits an der nötigen Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) fehle. Mit Verbandsmaterial sei der Beschwerdeführer aufgrund der ärztlichen Verordnung vom 7. März 2017 versorgt. Er habe nicht dargelegt, welche Nachteile ihm ohne die Versorgung mit einer nicht näher bezeichneten Mobilitätshilfe drohten. Schließlich liege in Bezug auf die begehrte Behandlungspflege keine ärztliche Verordnung vor.

 

In dem Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht hat die Kammer einen Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. August 2017 anberaumt.

 

II.

Am 14. Juli 2017 hat der Antragsteller Verfassungsbeschwerde erhoben, über die noch nicht entschieden ist und mit Datum vom gleichen Tage einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gem. Art. 52 Abs. 2 Alt. 2 Landesverfassung (LV). Das Gericht habe ihm das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung lediglich freigestellt. Daraus ergebe sich, dass das Gericht nicht bereit sei, seine zahlreichen Stellungnahmen und Beweisfragen zu berücksichtigen.

 

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

 

das Sozialgericht Potsdam zu verpflichten, sein persönliches Erscheinen zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. August 2017 anzuordnen.

 

B.

I.

Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit des Antrags sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

 

Insoweit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts ein strenger Maßstab anzulegen. Die nachteiligen Folgen, die ohne die einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in der Hauptsache zu erwarten sind, müssen im Vergleich zu den nachteiligen Folgen, die sich bei Erlass der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben, deutlich überwiegen, weil sie sonst bei vergleichender Betrachtungsweise nicht schwer genug im Sinne des Gesetzes sind („schwerer Nachteil") bzw. keinen gleichwertigen „anderen" Grund im Sinne des Gesetzes darstellen. Bei der Abwägung sind im Allgemeinen nur irreversible Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 2015 - VfGBbg 20/15 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.). Hierüber hinaus muss die einstweilige Anordnung „zum gemeinen Wohl" und „dringend geboten" sein (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 20. Dezember 2015 - VfGBbg 20/15 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.).

 

Danach kommt der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Aus welchen Gründen dem Antragsteller ein unzumutbarer Nachteil entstünde, wenn er zunächst den von ihm befürchteten Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör im fachgerichtlichen Verfahren zu beseitigen versucht, hat der Antragsteller nicht dargetan. Ohnehin spricht nichts für die Annahme des Antragstellers, das Gericht werde sich nur mit seinen Stellungnahmen befassen, wenn er in der mündlichen Verhandlung persönlich anwesend ist. Zudem hat der Antragsteller nicht dargelegt, warum er nur bei Anordnung des persönlichen Erscheinens an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass bei der vorliegenden Einzelfallentscheidung Auswirkungen auf das „gemeine Wohl“ zu erwarten wären.

 

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dielitz
   
Dresen Dr. Fuchsloch
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt