VerfGBbg, Beschluss vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 43/10 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 3 - BGB, § 814 - ZPO, § 296 a |
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Schlagworte: | - rechtliches Gehör - Beschwerdebefugnis |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 43/10 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 43/10
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
H.,
Beschwerdeführer,
gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Juni 2010 (Az.: 2.5 C 1037/08)und die Beschlüsse des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. Juli 2010 (Az.: 6a S 72/10; 6a T 39/10)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Prof. Dawin, Dielitz, Dr. Lammer, Möller, Nitsche, Partikel und Schmidt
am 21. Januar 2011
b e s c h l o s s e n:
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Abweisung seiner auf Rückzahlung einer Maklerprovision gerichteten Klage.
Der Beschwerdeführer hatte im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Wohnraummietvertrages am 1. Oktober 2008 einen „Immobilienservice-Vertrag“ unterzeichnet und an die Beklagte des Ausgangsverfahrens eine Maklerprovision in Höhe von 243,95 € gezahlt. Nach Auszug aus der Wohnung erhob er Klage auf Erstattung des gezahlten Betrages. Das Amtsgericht hielt seine Aussage, er sei bereits zum Zeitpunkt der Zahlung der Maklerprovision der Auffassung gewesen, zur Leistung nicht verpflichtet zu sein, im Protokoll der mündlichen Verhandlung fest, allerdings ohne diese genehmigen zu lassen, und bestimmte einen Verkündungstermin. Mit dem angefochtenen Urteil wies es die Klage sodann zurück. Ein Anspruch des Klägers sei gem. § 814 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen, da er nach seiner eigenen Einlassung in Kenntnis seiner Nichtschuld gezahlt habe. Einen noch am Tag der mündlichen Verhandlung eingegangenen Antrag des Beschwerdeführers, seine Aussage dahingehend zu berichtigen, dass er nicht gewusst habe, dass keine Zahlungspflicht bestand, ließ das Amtsgericht gem. § 296a ZPO unberücksichtigt.
Die gegen das Urteil erhobenen Berufung verwarf das Landgericht Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 28. Juli 2010 als unzulässig, unter dem gleichen Datum wies es eine Beschwerde des Klägers gegen die Zurückweisung seiner gegen das amtsgerichtliche Urteil erhobenen Gehörsrüge als unzulässig zurück.
Mit der am 30. August 2010 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Art. 6 Abs. 1, Art. 52 Abs. 4 Satz 1 und Art. 52 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1, 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Er sei in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt, weil das Amtsgericht Frankfurt (Oder) vor der Entscheidung nicht auf seine Rechtsauffassung hingewiesen habe. Außerdem sei sein Anspruch auf effektiven Rechtschutz beeinträchtigt, weil über die am 18. Dezember 2008 eingereichte Klage erst am 10. Mai 2010 verhandelt worden sei. Die Missachtung seiner zivilrechtlichen Ansprüche verletze sein Recht auf Eigentum (Art. 41 Abs. 1 LV, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG). Sein Persönlichkeitsrecht sowie seine Menschenwürde seien berührt (Art. 7, Art. 8 Satz 1 LV, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG), weil der Richter seine Anträge nicht aufgenommen habe und das Urteil seinem Sachvortrag widerspreche. Schließlich verstoße das Urteil gegen das Willkürverbot und verletze den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 12 Abs. 1 LV , Art. 3 Abs. 1 GG.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6. September 2010 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden ist und diese nicht, insbesondere nicht mit seinem Schreiben vom 19. September 2010, ausgeräumt hat.
Der Beschwerdeführer hat auch in seinen ergänzenden Ausführungen die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht aufgezeigt, so dass es an seiner Beschwerdebefugnis fehlt. Soweit er eine Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör darin sieht, dass das Amtsgericht Frankfurt (Oder) vor seiner Entscheidung nicht auf seine Rechtsauffassung zu § 814 BGB hingewiesen habe, ist dies bereits durch den nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 25. Mai 2010 widerlegt. Hierin nimmt der Beschwerdeführer auf die in der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts zu § 814 BGB geäußerte Rechtauffassung Bezug.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kommt auch insoweit nicht in Betracht, als der Beschwerdeführer rügt, das Amtsgericht Frankfurt (Oder) habe ihm das Wort verwehrt, als er die Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld mit einer Nötigung seitens der Beklagten sowie einer Zwangslage seinerseits habe erklären wollen. Zwar steht den Parteien eines Gerichtsverfahrens ein Äußerungsrecht zu, so dass ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden muss, in tatsachlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen und Anträge zu stellen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist aber nur dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des Fachgerichts auf der mangelnden Berücksichtigung des Parteivortrages beruht (vgl. dazu: Beschluss vom 18. März 2010 – VfGBbg 21/09 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Eine Nötigung oder das Vorliegen einer Zwangslage kann zwar die Ausschlusswirkung des § 814 BGB beseitigen. Die Behauptungen des Beschwerdeführers sind allerdings so wenig konkret, dass nichts für eine auf die Beklagte zurückzuführende Zwangslage spricht. Der Beschwerdeführer hatte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er an dem Tag des Vertragsabschlusses keine weitere Wohnung besichtigen wollte, weil er schon genug gesucht hatte.
Auch soweit das Amtsgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Berichtigung seiner Aussage im Urteil beschieden hat, kommt eine Grundrechtsverletzung nicht in Betracht. Sein Antrag ist kein Protokollberichtigungsantrag im Sinne des § 164 ZPO. Der Beschwerdeführer hatte nicht behauptet, das Gericht habe das von ihm Erklärte unrichtig protokolliert, sondern wollte seine Sachverhaltsdarstellung zurücknehmen, um das Amtsgericht zu veranlassen, dem Urteil das Gegenteil des von ihm bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung Behaupteten zugrunde zu legen. Das Vorgehen des Amtsgerichts, diesen nach Schluss der mündlichen Verhandlung neuen Vortrag gem. § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Auf das Hinweisschreiben des Gerichts vom 6. September 2010 wird ergänzend verwiesen.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Postier | Prof. Dawin |
Dielitz | Dr. Lammer |
Möller | Nietsche |
Partikel | Schmidt |