VerfGBbg, Beschluss vom 21. Januar 2010 - VfGBbg 54/09 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 34 Abs. 2 und 3 - VerfGGBbg, § 45 Abs. 1 |
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Schlagworte: | - Erst-Thälmann-Gedenkstätte - Denkmal - Grundrecht - Staatsziel |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 21. Januar 2010 - VfGBbg 54/09 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 54/09
IM NAMEN DES VOLKES |
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren sowie in dem Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung 1. Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte e.V., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden, 2. R., Beschwerdeführer und Antragsteller, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. W. GbR, wegen Sicherung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte im Sporthaus Ziegenhals hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg am 21. Januar 2010 b e s c h l o s s e n : 1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. G r ü n d e : A. Die Beschwerdeführer erstreben den Erhalt der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Königs-Wusterhausen, Ortsteil Niederlehme/Ziegenhals. I. Im Jahr 1958/59 wurde in der wiederaufgebauten ehemaligen Gaststätte Sporthaus Ziegenhals, dem Versammlungsort der Kommunistischen Partei Deutschlands bei ihrer letzten Tagung unter Leitung des Vorsitzenden Ernst Thälmann im Jahr 1933, die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte errichtet. Sie ist in der Denkmalliste des Landes Brandenburg als Denkmal verzeichnet. Von 1990 bis Ende 2002 nutzte der Beschwerdeführer zu 1. die Gedenkstätte aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen mit dem jeweiligen Eigentümer. Der jetzige Eigentümer beabsichtigt den Abriss des Gebäudes. Er ist nach einem im Mai 2009 mit dem Landkreis Dahme-Spreewald vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg geschlossenen Vergleich berechtigt, die Gedenkstätte von ihrem Standort zu entfernen. II. Mit ihrer am 22. Dezember 2009 bei Gericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 34 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV). Sie sind der Ansicht, Art. 34 Abs. 2 LV gewährleiste den Schutz und die Förderung des kulturellen Erbes als umfassendes und vorbehaltloses Grundrecht. In dieses Grundrecht sei eingegriffen worden, da es nur unzulänglich im Brandenburgischen Denkmalschutzgesetz und der Verwaltungspraxis umgesetzt worden sei. Der Eingriff sei nicht durch entgegenstehende Eigentümerinteressen gerechtfertigt. Jedenfalls hätte die Gedenkstätte im Wege der Enteignung als Ort des Erinnerns an den Beginn des Widerstandes gegen den Faschismus und an das DDR-Kulturleben erhalten werden können. Der Beschwerdeführer zu 1. werde durch die Grundrechtsverletzung betroffen, da er an der ihm durch seine Satzung vorgegebenen Erhaltung der Gedenkstätte gehindert sei. Dadurch werde zugleich die Beschwerdeführerin zu 2. an ihrem durch Art. 34 Abs. 3 LV gewährleisteten Zugangsrecht gehindert. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei erforderlich, um den drohenden Verlust der Gedenkstätte abzuwehren. B. Die Anträge haben keinen Erfolg. I. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeführer sind nicht beschwerdebefugt. Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung von Art. 34 Abs. 2 und 3 LV. Bei diesen Verfassungsbestimmungen handelt es sich jedoch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht um in der Verfassung gewährleistete Grundrechte im Sinne des § 45 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg. Nach Art. 34 Abs. 2 Satz 1 LV werden das kulturelle Leben in seiner Vielfalt und die Vermittlung des kulturellen Erbes öffentlich gefördert. Gemäß Satz 2 dieser Bestimmung stehen Kunstwerke und Denkmale der Kultur unter dem Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände. Absatz 3 bestimmt, dass das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände die Teilnahme am kulturellen Leben unterstützen und den Zugang zu den Kulturgütern ermöglichen. Die danach weitgehend unbestimmte Fassung beider Absätze lässt keinen Raum für die Annahme, die Regelung beabsichtige, subjektive Rechte des Einzelnen oder einer gesellschaftliche Gruppe (vgl. Art. 5 Abs. 1 LV) gegen den Staat etwa auf Schutz der Kunst und/oder der Kulturdenkmäler zu begründen. Vielmehr handelt es sich um Staatszielbestimmungen, d.h. um Verfassungsnormen, die dem Staat lediglich eine objektivrechtliche Verpflichtung auferlegen, sein Handeln (auch) an dem betreffenden Staatsziel auszurichten (so zu Art. 34 Abs. 2 LV bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 14. Dezember 2000 VfGBbg 62/00 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; vgl. zu Art. 34 Abs. 2 und 3 LV auch Ernst, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, EL 2008, 4.-6. zu Art. 34 und Iwers, Entstehung, Bindungen und Ziele der materiellen Bestimmungen der Landesverfassung Brandenburg (II), S. 543). Subjektive Rechtspositionen Dritter könnten daher erst nach Maßgabe der Vorschriften entstehen, die der Gesetzgeber aufgrund der Staatszielbestimmungen des Art. 34 Abs. 2 und 3 LV erlassen hat, nicht aber durch die Verfassungsnormen selbst. II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Eine einstweilige Anordnung kommt nicht in Betracht, wenn das Begehren in der Hauptsache erfolglos ist. |
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