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VerfGBbg, Beschluss vom 20. September 2013 - VfGBbg 67/12 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 12 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Satz 2
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1
- ZPO, § 511 Abs. 2
- BGB, § 535
Schlagworte: - Willkürverbot
- rechtliches Gehör
- Rechtswegerschöpfung
- Subsidiarität
- offensichtlich unzulässige Berufung
- Befangenheit
- Umlegung von Nebenkosten auf den Mieter
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 20. September 2013 - VfGBbg 67/12 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 67/12




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdevefahren

 

     P.,

 

                                          Beschwerdeführerin,

 

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt M.,

                           

 

wegen des Urteils des Amtsgerichts Cottbus vom  19. April 2012 und des Beschlusses des Amtsgerichts Cottbus vom 12. September 2012 (43 C 434/11)

 

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

am 20. September 2013 

 

 

b e s c h l o s s e n:

 

 

1. Soweit in dem Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom    19. April 2012 - 43 C 434/11 – die Beschwerdeführerin verurteilt wird, an die Klägerin 401,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. September 2011 sowie weitere 3,- € zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen, und soweit in dem Urteil der widerklagend gestellte Antrag der Beschwer­­­de­füh­re­rin auf Zahlung von 102,49 € nebst Pro­zess­­­­­zinsen abgewiesen wird, verstößt es gegen Art. 12 Abs. 1 der Ver­fas­sung des Landes Brandenburg. Insoweit wird das Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Ent­schei­dung an das Amtsgericht Cottbus zurückverwie­sen. Der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 12. September 2012 - 43 C 434/11 - ist damit gegen­stands­los.

 

2. Das Land Brandenburg hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

 

3. Der Verfahrenswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

 

 

G r ü n d e:

 

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen eine Ver­­urteilung zur Nach­­zahlung von Heizkosten und gegen die Abweisung ihrer auf die Erstattung von Heizkostenvorauszahlungen gerichteten Wider­­­­­­­klage.

 

I.

Die Beschwerdeführerin ist Mieterin von Wohnraum in C. Ihre Ver­mieterin (Klä­­­ge­rin) ver­klagte sie vor dem Amtsgericht auf Nach­­zahlung von Heizkosten in Höhe von insgesamt 401,50 € zuzüg­lich 3,- € Mahnkosten, wobei sie eine Nachforderung für den Abrech­nungs­zeit­raum Oktober 2007 bis September 2008 mit einem Guthaben der Beschwerdeführerin aus dem Abrech­nungs­zeit­raum Oktober 2008 bis Mai 2009 (119,66 €) saldierte.

 

Die Beschwerdeführerin hatte gegenüber der Klägerin bereits vor­prozessual die Abrech­nung ihrer Ansicht nach zu hoher Preise beanstandet. Sie bean­tragte Klageabweisung und im Wege der Wider­klage zusätz­lich als Schadensersatz die Freihaltung von einem Teil (342,47 €) der auf den Zeit­raum 2007/2008 ent­fal­­lenden Heiz­ko­stennach­for­­derung sowie die Zah­lung eines die rest­liche Heiz­ko­sten­nach­­for­de­rung über­stei­gen­den Betra­ges in Höhe von 102,49 €, der aus der Errech­­nung eines um 161,52 € höhe­­ren Guthabens für den Zeit­raum 2008/2009 resul­tierte; hin­sicht­­lich des Betra­­ges von 161,52 € beantragte die Beschwer­de­füh­rerin zudem Frei­­­hal­tung. Die Klä­­gerin habe gegen die ver­­­­trag­liche Neben­pflicht ver­­­­­­­­­stoßen, das Wirt­schaf­t­­lich­­keits­ge­­bot zu beach­ten. Sie hätte Preis­­­­­­­­er­hö­hun­gen abweh­ren müs­­sen, wel­che die Stadt­werke, Streithelferin im Aus­gangs­­ver­fah­ren (nach­fol­gend: Stadtwerke), für ihre (der Klägerin) Belie­fe­rung mit Fern­­­wärme seit dem 1. Jan­uar 2008 vorgenommen habe. Grund­lage die­­ser Preis­er­­­­­­­­­hö­­­­hun­­­gen sei – dies war zwischen den Par­teien im Aus­­­gangs­­­ver­­­fah­ren unstrei­tig – jedenfalls auch eine durch All­­ge­­meine Geschäfts­­­be­din­gungen der Stadtwerke vor­ge­nom­­mene Umstel­­­­­­­lung des bis­herigen ver­­­trag­­­­­­lich ver­ein­bar­­ten Men­­­­­gen­­­­preis­­­­­systems auf ein Grund­­preis- und Arbeits­preis­­­­system. Diese sei, so die Beschwerdeführerin, jedoch unwirksam gewe­sen, weil die Klä­ge­­­rin ihr nicht zuge­stimmt habe, wie es der Ver­­­trag mit den Stadtwerken aber ver­lange.

 

Das Amtsgericht verurteilte die Beschwerdeführerin unter dem 19. April 2012 antrags­gemäß, wies die Wider­klage – soweit auf Freihaltung gerichtet - mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzu­­läs­sig und im Übrigen als unbegründet ab und legte der Beschwerdeführerin die Kosten des Rechts­­­­­streits sowie die den Stadt­werken ent­stan­de­nen Kosten auf; eine ausdrückliche Ent­schei­dung über die Zulassung der Beru­­fung erging nicht.

 

Im Tat­­­­­be­stand des Urteils führte das Amts­gericht zum Fern­wär­me­­lie­­fe­rungs­ver­trag zwischen der Klä­­gerin und den Stadtwerken aus:

 

„Zum 1.01.2008 ist ein neues Preissystem einge­führt worden   unter anderem mit einer Preisan­pas­sungs­klau­sel wie folgt:     …   § 5 Absatz 1: … Das zu zahlende Entgelt setzt sich wie folgt zusam­men: … wird für die gelieferte Wärmemenge ein   Mengenpreis (MP) berechnet. Die Grundpreisberechnung ent­    fällt“.

 

Die Klä­ge­rin, so das Amtsgericht zur Begründung der Entschei­dung, habe nicht gegen das Wirt­­­­­­­­schaft­lich­keits­gebot verstoßen. Die Preis­ge­staltung der Stadt­­­werke sei nicht so offensichtlich rechts­widrig gewesen, dass sie hier­gegen hätte vorgehen und die Kosten eines Rechts­streits ri­s­kieren müssen. Den Streit­wert für das Ver­­fahren setzte das Amtsgericht auf bis zu 600,00 € fest, wobei es der Wider­­­klage einen Wert von 102,49 € bei­maß.

 

Gegen das Urteil erhob die Beschwer­­deführerin einige Tage nach des­­­­sen Zustellung Anhörungsrüge, lehnte zugleich (erfolglos) die Amtsrichterin ab und legte wenig später außer­dem Berufung ein, wobei sie das den Abrechnungszeitraum 2007/2008 betref­fen­de Freihaltungsbegehren (342,47 €) nicht wei­ter ver­folgte. Nachdem das Land­­­­­gericht Beden­ken gegen die Zuläs­sigkeit der Beru­­fung mit Blick auf das Fehlen einer Beschwer von mehr als 600,- € gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 Zivil­pro­zessordnung (ZPO) geäußert hatte - zwi­­­schen Klage und Wider­klage bestehe wirt­schaft­­liche Iden­­tität, so dass deren Werte nicht zu addieren seien -, nahm die Beschwerdeführerin die Berufung zurück.

 

Mit Beschluss vom 12. September 2012 wies das Amtsgericht die Anhö­­rungsrüge zurück. Diese sei schon wegen der Berufung und deren Rücknahme unzulässig und im Übrigen auch unbegründet.

 

II.

Mit der am 12. November 2012 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin, ihre Verurteilung und die Abwei­sung des mit der Widerklage erhobenen Rückzahlungsanspruchs ver­­stoße gegen das Willkürverbot und verletze sie in ihrem Grund­­­recht auf recht­liches Gehör.

 

Die Amtsrichterin habe ausweislich des Urteils­tat­­­­bestandes ihren Vortrag geradezu in sein Gegen­teil verkehrt. Dass die Stadt­­werke zum 1. Januar 2008 ohne Zustimmung der Klägerin eine Umstellung der Abrech­nung auf ein Grundpreis­system hätten ein­­­führen wollen, sei unstrei­­­tig gewesen. Auf die zentrale Frage der Unwirksam­keit die­­­­­ser Preissystemum­stel­­lung sowie auf die sich hieraus erge­ben­­den Folgen sei das Gericht nicht ein­mal ansatz­weise ein­­­gegangen. Ausgehend von der tatbestand­li­chen Verkehrung ihres Vor­­­­­­­­­trages verstoße das Urteil zudem gegen das Will­kür­ver­bot, weil das Amtsgericht, wenn für die Fernwärmelieferung ein Grundpreis nicht abzurechnen gewesen wäre, die Klage zwin­gend hätte abweisen müssen; denn dann wären die Heizkostenabrechnungen der Kläge­rin, die einen Grund­­­preis enthielten, schon im Ansatz offen­sicht­lich falsch gewe­sen, und die Klä­gerin hätte sich zudem ohne nen­nenswertes Pro­zessrisiko der Abrech­­nung eines Grundpreises durch die Stadt­werke erweh­ren können.

 

III.

Die Klägerin und die Stadtwerke als Beteiligte des Aus­gangs­ver­fahrens sowie der Direktor des Amtsgerichts Cottbus hat­ten Gele­­genheit zur Stellungnahme. Die Klägerin hält die Ver­fas­sungs­­beschwerde für unzulässig und unbegründet. Die Akten des Aus­­­gangsverfahrens wurden beigezogen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet.

 

I.

1. Die Beschwerdeführerin hat den Rechtsweg ausgeschöpft. Die Ver­­­fassungsbeschwerde ist nicht nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Ver­fas­­­­­sungs­­­gerichtsge­setz Brandenburg (VerfGGBbg) unzulässig. Zwar hat die Beschwerdeführerin die Berufung zurück­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­ge­­nommen. Diese hätte jedoch offen­­­­­­­kundig keinen Erfolg gehabt. Das Land­ge­­­­richt hat mit Verfügung vom 13. Juli 2012 völlig zu Recht darauf hin­ge­wie­sen, dass der Gegenstand der Berufung nicht die erfor­­­­­derliche Beschwer von mehr als 600,- € aufweise (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und das Amts­ge­richt die Berufung nicht aus­drück­lich zugelassen habe.

 

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist in diesem Zusam­men­hang irrelevant, dass das angegriffene Urteil einen Tat­be­stand enthält. Nach § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO bedarf es des Tat­­bestandes nicht, wenn ein Rechtsmittel unzwei­­­­felhaft nicht zuläs­sig ist. Daraus kann aber nicht geschlos­­sen werden, dass ein Urteil nur dann einen Tatbestand haben darf, wenn ein Rechtsmittel gegeben ist. Vielmehr kann ein Urteil stets in voll­ständiger Form abgefasst werden, etwa um den Umfang der Rechtskraft deutlich zu machen. Ein Urteil mit einem Tat­be­stand zu versehen, ist daher mit der Zulassung eines Rechts­mit­tels nicht gleichzusetzen.

 

Dass aus­nahmsweise das Beru­­­fungs­­gericht die Beru­fung zulassen konnte, war hier ebenfalls ausgeschlossen. Dies kommt in Betracht, wenn das erst­in­stanz­li­che Gericht – anders als vor­lie­­­­­­gend das Amtsgericht - erkennbar vom Errei­chen der erfor­der­­­­li­chen Beschwer nach § 511 Abs. 2 Nr. 1  ZPO aus­ge­gan­gen ist und des­halb eine Ent­­schei­dung darüber nicht getroffen hat, ob die Vor­­aus­setzungen für die Zulassung der Berufung nach    § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO erfüllt sind; diese Ent­­schei­dung hat dann das Beru­­­fungs­gericht nachzuholen, sofern es sei­­­ner­seits eine für die Berufung ausreichende Beschwer ver­neint (vgl. Bun­­desgerichtshof – BGH -, Urteil vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06 -, NJW 2008, 218, 219).

 

Im Übri­gen hat die Beschwerdeführerin dem Gebot der Rechts­weg­er­­­­schöpfung entsprochen, indem sie gegen das angegriffene Urteil die - wegen der Unzulässigkeit der Berufung statthafte - Anhörungsrüge nach § 321a ZPO erhoben hat.

 

2.a. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht der in § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg ver­­ankerte Sub­si­dia­ri­­­­täts­grund­satz entgegen. Da die Beschwer­de­führerin mit der Ver­­­fassungsbeschwerde nicht die Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter rügt, war für die prozessuale Zuläs­sig­­keit der Verfassungsbeschwerde ihr mit der Erhebung der Anhö­­­­­rungs­rüge zusätzlich gestell­ter Befangenheitsantrag ent­behr­­lich; erst recht musste sie gegen den hierzu ergangenen Beschluss nicht weiter vor­ge­hen. Ein Beschwer­de­füh­rer ist unter Subsidiari­täts­­­gesichts­punk­ten grund­sätz­lich nicht gehal­ten, (vermeint­li­che) Verstöße gegen andere Grund­rechte als das des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV durch Stel­lung eines Befan­gen­heits­­antrages zu behe­­­ben oder abzu­­wen­­den.

 

b. Schließlich ist die Verfassungsbeschwerde nicht deshalb unzu­­­­läs­sig, weil das angegriffene Urteil auf der Grund­lage von Ver­­­­­­­­­­­fahrensrecht des Bundes ergangen ist. Die inso­weit für eine Sach­­­­­­­­­entscheidung des Verfassungsgerichts erforderlichen Vor­aus­­­setzungen sind gegeben (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2010 – VfGBbg 18/10 -, LKV 2011, 124 f).

 

II.

Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg. Das Urteil des Amts­ge­richts vom 19. April 2012 verletzt im tenorierten Umfang die Beschwer­­deführerin in ihrem Grund­recht auf Gleichheit vor dem Gesetz aus Art. 12 Abs. 1 LV in seiner Ausprägung als Verbot objek­­­­tiver Willkür.

 

1. Eine Entscheidung verstößt gegen das Willkürverbot, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 17. September 1998 – VfGBbg 18/98 -, LVerfGE 9, 95, 100; zu Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 21. Nov­em­ber 2012 - 1 BvR 1711/09 -, zitiert nach juris Rn. 12). Sie muss Ausdruck einer objektiv fal­schen Rechtsanwendung sein, die jeden Aus­le­gungs- und Beur­­­tei­­lungs­spielraum außer Acht lässt und ganz und gar und unver­­ständ­­lich erscheint (Beschluss vom 15. März 2013 – VfGBbg 42/12 -, www.verfas­sungs­­­­­gericht.brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezem­ber 2011 – 1 BvR 2490/10 -, FamRZ 2012, 431, 432).

 

2. Hiernach hat das Amtsgericht eine objektiv nicht mehr ver­ständ­liche Entscheidung getrof­­fen.

 

a. Schon die Annahme im Tatbestand seines Urteils, die Stadt­werke hätten zum 1. Januar 2008 ein Preis­system ohne Grund­preis­­berechnung ein­ge­führt, verkennt den Vortrag sämtlicher Ver­­fahrensbeteiligter grund­­­­­legend. Die Feststellung kann auch nicht etwa als eine offen­­­­­bare Unrich­­­tig­­keit nach § 319 Abs. 1 ZPO inter­pre­­­­tiert wer­­den, die eine Unstimmigkeit zwischen dem im Urteil Erklär­­ten von dem vom Gericht Gewollten vor­aus­setzt (vgl. Voll­­­­kom­mer, in: Zöl­ler, Kommentar zur ZPO, 29. Aufl. 2012, § 319 Rn. 4). Spä­te­stens auf die Anhö­rungs­­­rüge hin, in wel­­­­­­­cher die Beschwerdeführerin die Unrich­­tig­­keit der Fest­­­­stel­lung mit deutlichen Worten als Gehörs­verstoß gerügt hatte, bestand für das Amts­ge­richt Ver­an­lassung, seine Sach­ver­halts­er­­­fassung zu überprüfen.

 

 

b. Das Amtsgericht hat überdies den fehlerhaft fest­­­­­ge­stellten Sach­verhalt in unver­­­­tretbarer Weise gewür­digt. Unter keinem recht­lichen Gesichts­­­­­­­punkt konnte es der Klage auf Heiz­­­­­­­­­ko­sten­nach­­­zahlung stattgeben, wenn es gleichzei­tig die Mög­­­­­­­lich­­keit der Stadtwerke verneint, gegen­über der Klä­­­­­­­ge­rin im Rah­­­­­men des Fer­n­­­­­­­­wär­­me­lie­fe­rungs­ve­r­tra­ges für das Berei­­­t­halten der Fern­­­wärme einen Grundpreis abzu­rech­nen.

 

Soweit vertraglich vereinbart, darf der Vermieter von Wohn- oder Gewerberaum Betriebs­ko­sten, zu denen auch Heizkosten zäh­len, auf den Mieter um­le­gen (vgl. die ausdrückliche Rege­lung für Wohn­mietraum in § 556 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -). Hierbei muss er jedoch den als vertragliche Nebenpflicht gegen­über dem Mieter aus­­gestalteten Grundsatz der Wirt­schaft­lich­keit beachten. Er darf nur solche Kosten umlegen, die er­for­­­­­­­der­lich und angemessen sind, über­flüs­sige oder unwirt­schaft­­­liche Kosten hingegen nicht (einhellige Meinung, vgl. etwa BGH, Urteil vom 6. Juli 2011 – VIII ZR 340/10 -, NJW 2011, 3028; Wei­denkaff, in: Palandt, Kommentar zum BGB,     73. Aufl. 2013, § 535 Rn. 88, § 556 Rn. 9). Hiernach war die Klä­­ge­rin offen­­­k­undig nicht berech­­­tigt, mit ihren Heiz­ko­st­en­ab­rech­­nungen Grund­­­­­­­preis­­kosten für die Fern­wär­melieferung der Stadt­­werke auf die Beschwer­­­­de­füh­re­rin umzulegen, wenn die Stadt­­werke ihr einen Grundpreis gar nicht in Rechnung stel­­len durften, wie das Amts­­gericht im Tatbestand des Urteils vom 19. April 2012 aber ange­nom­men hat.

 

c. Das angegriffene Urteil beruht auf dem vor­ste­­hend auf­ge­zeig­­­­­­ten Grundrechtsverstoß (vgl. zu diesem Erfor­dernis Beschluss vom 15. März 2013, a. a. O.). Es ist nicht aus­­ge­schlo­­­s­­­­sen, dass das Amtsgericht ohne den fest­ge­stell­ten Ver­stoß gegen die Landesverfassung eine für die Beschwer­de­füh­re­rin günstigere Ent­scheidung getroffen hätte.

 

3. Nachdem die Verfassungsbeschwerde bereits wegen eines Ver­stoßes gegen das Willkürverbot Erfolg hat, bedarf es keiner Ent­­­­­scheidung, ob die Beschwer­­de­füh­­rerin auch in ihrem Grund­recht auf recht­liches Gehör ver­­­letzt ist.

 

C.

Das Urteil vom 19. April 2012 ist hiernach im tenorierten Umfang gemäß § 50 Abs. 3 VerfGGBbg auf­­­z­u­­he­­ben. Die Sache wird zur erneuten Ent­schei­­­­­dung an das Amts­ge­richt zurück­­­­­ver­­­­wie­sen. Der Beschluss über die Anhö­rungs­rüge vom 19. Sep­tem­­­ber 2012 ist, da gegen­stands­­los, keine Grundlage für die Erhebung einer Gerichts­­ge­­bühr des Amtsgerichts nach Nr. 1700 der Anlage 1 (Kost­en­­­verzeichnis) zum Gerichts­ko­sten­gesetz.

 

Die Auslagenerstattung beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 1 VerfGGBbg. Der Gegenstandswert ist nach § 33 Abs. 1, § 37  Abs. 2 Satz 2 Rechts­­­­an­waltsvergütungsgesetz auf 5.000,00 € fest­­­­­­­zu­set­­­zen.

 

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt