In dem
Verfassungsbeschwerdeverfahren
R.,
Beschwerdeführer,
gegen die Urteile des Sozialgerichts Cottbus
vom 22. März 2006 und die Beschlüsse des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg
vom 16. Juli 2008
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Dielitz, Dr. Fuchsloch,
Möller, Nitsche, Partikel, Schmidt
und Dr. Schöneburg
am 20. August 2009
b e s c h l o s s e n :
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 22.
März 2006 im Verfahren ... verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht
auf Gleichheit vor Gericht (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 Verfassung des Landes
Brandenburg) und wird aufgehoben, soweit dem Beschwerdeführer Verschuldenskosten
auferlegt worden sind.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.
Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu
erstatten.
G r ü n d e :
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen Urteile des Sozialgerichts Cottbus zur
Höhe der ihm bewilligten Arbeitslosenhilfe sowie gegen Beschlüsse des
Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, mit denen seine Beschwerden gegen die
Nichtzulassung der Berufung in den angegriffenen Urteilen des Sozialgerichts
Cottbus zurückgewiesen wurden.
I.
Der Beschwerdeführer erhielt bis März 2001 Arbeitslosenhilfe nach einem
wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1289,40 DM und im Anschluss während
der Teilnahme an einer Umschulung Unterhaltsgeld auf der Grundlage eines
Bemessungsentgelts von zuletzt 685 ¬. Nach Abschluss der Weiterbildung
bezog er ab Juni 2003 erneut Arbeitslosenhilfe, und zwar basierend auf
einem Bemessungsentgelt von 685 €. Im Dezember 2003 senkte die
Bundesagentur für Arbeit das Bemessungsentgelt auf 665 € und setzte die
Arbeitslosenhilfe ab Januar 2004 auf dieser Grundlage neu fest. Nach
Anhörung des Beschwerdeführers nahm die Bundesagentur für Arbeit den
Bewilligungsbescheid von Juni 2003 ab März 2004 teilweise zurück, da der
Berechnung der Arbeitslosenhilfe ein Bemessungsentgelt von nur 645 €
zugrunde zu legen sei, und kürzte die Arbeitslosenhilfe ab Juni 2004
ausgehend von einem nunmehr auf 630 € herabgesetzten
Bemessungsentgelt erneut. Der Beschwerdeführer erhob nach erfolglos
durchgeführten Widerspruchsverfahren Klagen beim Sozialgericht Cottbus,
mit denen er Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis
zum 17. Juni 2004 nach einem Bemessungsentgelt von 685 € (Az:...)
und für den Zeitraum vom 18. Juni 2004 bis zum 31. Dezember 2004 unter
Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 665 € (Az:...)
begehrte. Er trug vor, das Bemessungsentgelt habe nicht abgesenkt werden
dürfen, da er erfolgreich an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme
teilgenommen habe.
Auf die mündlichen Verhandlungen vom 22. März 2006 wies das
Sozialgericht Cottbus die Klagen ab, da die Arbeitslosenhilfe zutreffend
berechnet worden und im Verfahren ... die Klagefrist versäumt sei. Es
ließ weiter die Berufung nicht zu und erlegte dem Beschwerdeführer im
Verfahren ... Verschuldenskosten in Höhe von 200 € auf. Die
Missbrauchsgebühr sei gerechtfertigt, da dem Beschwerdeführer in der
mündlichen Verhandlung die Aussichtslosigkeit seines Klagebegehrens
dargelegt und er auf die Möglichkeit der Anwendung von § 192
Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden sei. Das
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die Beschwerden des
Beschwerdeführers gegen die Nichtzulassung der Berufung nach
Durchführung von zwei Erörterungsterminen und Einholung einer
Stellungnahme der Beklagten des Ausgangsverfahrens durch Beschlüsse vom
16. Juli 2008 zurück.
II.
Mit der am 13. August 2008 bei Gericht eingegangenen
Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner
Rechte auf ein faires Verfahren und auf Gewährung rechtlichen Gehörs
nach Art. 52 Abs. 3 und 4 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) sowie
Verstöße gegen das Eigentumsgrundrecht gemäß Art. 41 Abs. 1 LV und das
Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Die
angegriffenen Urteile des Sozialgerichts Cottbus verletzten den
Grundsatz rechtlichen Gehörs, da das Gericht sich weder hinsichtlich der
Absenkung der Bemessungsgrundlage noch bezogen auf die Verfristung der
Klage im Verfahren ... mit den vorgetragenen Argumenten
auseinandergesetzt habe. Dies sei erst in der Verhandlung über die
Nichtzulassungsbeschwerden erfolgt und damit zu spät. Zudem seien ihm
Schriftstücke und Beschlüsse nicht bekannt gegeben und die Verfahren
nicht zügig geführt worden. Die Anwendung des § 192 SGG sei
rechtsstaatswidrig und verstoße gegen den Grundsatz des fairen
Verfahrens und sein Eigentumsrecht.
III.
Das Sozialgericht Cottbus und das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Verfahrensakten sind beigezogen worden.
B.
Die Verfassungsbeschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
Erfolg.
I.
Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Auferlegung der
Verschuldenskosten in Höhe von 200,00 € im Urteil des Sozialgerichts
Cottbus vom 22. März 2006 ... wendet, ist die Verfassungsbeschwerde
zulässig und begründet.
1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass
der Beschwerdeführer vor Anrufung des Verfassungsgerichts keine
Anhörungsrüge nach § 178a SGG vor dem Landessozialgericht erhoben hat.
Der Beschwerdeführer war dazu nicht mit Blick auf das Erfordernis der
Rechtswegerschöpfung nach § 45 Abs. 2 S. 1 Verfassungsgerichtsgesetz (VerfGGBbg)
verpflichtet, da die Anhörungsrüge offensichtlich aussichtslos gewesen
wäre. Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsbehelfs nach § 178a SGG ist
die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Gericht, das die
mit einem Rechtsmittel nicht mehr angreifbare Entscheidung getroffen hat
(Bundessozialgericht, Beschluss vom 7. April 2005 – B 7a AL 38/05 B -,
NJW 2005, 2798). Diese Voraussetzung hätte eine gegen die Entscheidung
des Landessozialgerichts vom 16. Juli 2008 erhobene Anhörungsrüge nicht
erfüllt, da der Beschwerdeführer das rechtliche Gehör allein durch das
Sozialgericht Cottbus verletzt sieht.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet, soweit sie sich gegen
die Auferlegung der Verschuldenskosten richtet.
a. Die Kostenregelung im angefochtene Urteil des Sozialgerichts Cottbus
verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 52 Abs. 3
Alt. 1 LV. Danach sind alle Menschen vor Gericht gleich. Eine
Ungleichbehandlung liegt vor, wenn gegen das allgemein Willkürverbot
verstoßen worden ist. Nach der landesverfassungsgerichtlichen
Rechtsprechung ist eine Entscheidung dann willkürlich im Sinne des Art.
52 Abs. 3 Alt. 1 LV, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
vertretbar ist und sich deshalb der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf
sachfremden Erwägungen (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts
des Landes Brandenburg, vgl. etwa Beschlüsse vom 17. September 1998 –
VfGBbg 18/98 -, LVerfGE 9, 95, 100, vom 20. Januar 1997 – VfGBbg 45/96
-, NJ 1997, 307 und vom 16. April 1998 – VfGBbg 1/98 -, LVerfGE 8, 82,
86 f.). Die Entscheidung muss ganz und gar unverständlich erscheinen und
das Recht in einer Weise falsch anwenden, die jeden Auslegungs- und
Bewertungsspielraum überschreitet (vgl. Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Beschlüsse vom 20. Dezember 2001 – VfGBbg 50/01 -,
www.verfassungsgericht. brandenburg.de, und vom 14. August 1996 – VfGBbg
23/95 -, LVerfGE 5, 67, 72, m. w. N.). So liegt es hier. Die Auferlegung
von Verschuldenskosten ist unter Zugrundelegung des einschlägigen
materiellen Rechts und des aus den beigezogenen Unterlagen ersichtlichen
Sachverhalts unvertretbar und damit willkürlich.
Nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht einem Beteiligten ganz
oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden,
dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem
Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und
er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des
Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dabei wird ein Missbrauch von der
fachgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur in Anlehnung an die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu der entsprechenden
Regelung in § 34 Bundesverfassungsgerichtsgesetz u.a. dann angenommen,
wenn eine Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder unbegründet
ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen
werden muss (Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 29. Mai 2008 – L
2 R 1100/06 -, juris, Rn. 35; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil
vom 31. März 2005 -, L 2 U 124/04 -, juris Rn. 39; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz, Rn. 9 zu § 192 m.w.N.). Ob ein solcher Fall
gegeben ist, ist jeweils bezogen auf die konkrete Situation zu prüfen,
insbesondere danach, ob die Gesetzeslage einfach und eindeutig ist und
die maßgeblichen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind (Thüringer
Landessozialgericht, Urteil vom 29. Mai 2008, aaO, Rn. 36; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz, aaO). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe und
der Umstände des Ausgangsrechtsstreits erscheint die Annahme des
Sozialgerichts Cottbus, die Fortführung der Klage ... sei
rechtsmissbräuchlich gewesen, völlig unverständlich: Maßgeblich für den
Ausgang des Verfahrens war die Frage, ob der Berechnung der
Arbeitslosenhilfe des Beschwerdeführers im streitgegenständlichen
Zeitraum das zutreffende Bemessungsentgelt zugrunde gelegt worden war.
Ihre Beantwortung bestimmte sich nach den Vorschriften über die
Entgeltersatzleistungen im Sozialgesetzbuch Drittes Buch unter
Berücksichtigung der sich aus dem Bezug des Unterhaltsgeldes und der
Bestimmungen über die dynamische Anpassung des Bemessungsentgelts
ergebenden Besonderheiten. Angesichts dieser detailreichen
Spezialmaterie, die zudem infolge von Gesetzesänderungen im
entscheidungserheblichen Zeitraum noch unübersichtlicher wurde, kann von
einer einfachen und eindeutigen Gesetzeslage nicht die Rede sein. Diese
Einschätzung wird im Übrigen dadurch bestätigt, dass das
Landessozialgericht im Beschwerdeverfahren zur Klärung der Rechtslage
zwei Erörterungstermine durchgeführt und weitere Erläuterungen eingeholt
hat. Auch die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 24. Oktober 2006
Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihres Bescheides geäußert. Nimmt ein
Kläger in einer solchen nur schwer überschau- und nachvollziehbaren
rechtlichen Situation die Klage nicht zurück, ist dies auch dann nicht
missbräuchlich, wenn das Gericht ihn über die seiner Auffassung nach
eindeutige Rechtslage belehrt hat und die Klage sich im Ergebnis als
erfolglos erweist.
b. Ob die Kostenregelung zugleich auch den Anspruch des
Beschwerdeführers auf ein faires Verfahren nach Art. 52 Abs. 4 1. Alt.
LV verletzt hat, kann dahinstehen.
II.
Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.
1. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung seines Anspruchs auf
ein zügiges Verfahren rügt, fehlt der Verfassungsbeschwerde das
Rechtsschutzbedürfnis. Die Verfassungsbeschwerde dient in erster Linie
dem subjektiven Rechtsschutz des Bürgers; sie will dem Bürger bei der
Durchsetzung seines Anliegens die Hilfe des Verfassungsgerichts zuteil
werden lassen. Demgemäß liegt das Rechtsschutzbedürfnis für eine auf die
Verletzung des Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV gestützte Verfassungsbeschwerde
vor allem dann vor, wenn die Untätigkeit oder zögerliche Verfahrensweise
des Fachgerichts andauert und ein Eingreifen des Verfassungsgerichts
deshalb geboten ist. Ist demgegenüber der zu beurteilende Verfahrensteil
abgeschlossen und damit eine Behebung der dort etwa eingetretenen
Verletzung des Grundrechts auf ein zügiges Verfahren nicht mehr möglich,
ist ein Interesse an einem - insoweit nachträglichen - Tätigwerden des
Verfassungsgerichts nur ausnahmsweise anzuerkennen (Verfassungsgericht
des Landes Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2009 – VfGBbg 12/08 -,
www.verfassungsgericht.brandenburg.de m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass
eine solche Ausnahme hier geboten sein könnte, sind weder vorgetragen
noch ersichtlich.
2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner
Verfahrensgrundrechte nach Art. 52 Abs. 3 und Art. 52 Abs. 4 1. Alt. LV
geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde mangels Beschwerdebefugnis
unzulässig. Die angegriffenen Entscheidungen lassen die Möglichkeit
einer Verletzung der durch die Landesverfassung verbürgten Ansprüche auf
rechtliches Gehör und ein faires Verfahren nicht erkennen (§ 45
VerfGGBbg).
a. Die Rüge des Beschwerdeführers, das Sozialgericht Cottbus habe ihm
kein rechtliches Gehör gewährt, da er nicht alle Schriftstücke erhalten
habe, ist unbegründet. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat
dazu zutreffend ausgeführt, die Schriftstücke seien Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen. Dies ergibt sich aus der
Beschwerdebegründung des Beschwerdeführers vom 18. April 2006. Sollte
dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung – wie er vorträgt –
deren Inhalt nicht bekannt gegeben worden sein, kann er auch damit im
verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht durchdringen. Der Grundsatz der
Subsidiarität verlangt von einem Beschwerdeführer, dass er vor der
Anrufung des Verfassungsgerichts alles im Rahmen seiner Möglichkeiten
stehende unternommen haben muss, um eine etwaige Grundrechtsverletzung
zu verhindern oder zu beseitigen (Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2006 – VfGBbg 72/05 -,
www.verfassungsgericht. brandenburg.de). Der Beschwerdeführer musste
daher bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht
Cottbus Einsicht in die Unterlagen verlangen, deren Inhalt ihm seiner
Meinung nach nicht bekannt war.
b. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist auch nicht im
Hinblick auf den Vortrag des Beschwerdeführers anzunehmen, das
Sozialgericht Cottbus habe sich mit seinen Argumenten zur Absenkung der
Bemessungsgrundlage und zur Verfristung der Klage ... nicht
auseinandergesetzt. Allerdings folgt aus der Verfassungsbestimmung des
Art. 52 Abs. 3 LV die Pflicht des entscheidenden Gerichts, die
Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei
seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Beschluss vom 28. September 2006 – VfGBbg 17/06 -, LVerfGE
17, 137, 144 m. w. N.). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass
das Gericht dieser Verpflichtung nachkommt. Es ist auch nicht dazu
verpflichtet, sich mit jeglichem Vorbringen in der Begründung seiner
Entscheidung ausdrücklich zu befassen, sondern kann sich auf die
Bescheidung der ihm wesentlich erscheinenden Punkte beschränken. Geht
das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer
Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den
Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf Nichtberücksichtigung
des Vortrags schließen, sofern das Vorbringen nicht nach dem
Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder unsubstantiiert war (vgl.
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 28. September
2006, aaO). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sind die
angegriffenen Entscheidungen Inhalt und Tragweite des Anspruchs auf
rechtliches Gehör gerecht geworden.
aa. Das Sozialgericht Cottbus ist in dem Beschluss vom 15. Juli 2004
–...- über den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung, auf den das Urteil
im Verfahren ... verweist, auf die Absenkung des Bemessungsentgelts im
Anschluss an eine Weiterbildungsmaßnahme – wenn auch knapp - eingegangen
und hat sie für zulässig erachtet, da die Korrektur nicht nach § 200
Abs. 4 SGB III erfolgt sei. Damit hat es den aus Art. 52 Abs. 3 LV
folgenden Anforderungen Genüge getan. Dass es das Vorbringen des
Beschwerdeführers in der Sache nicht für beachtlich gehalten hat, ist in
diesem Zusammenhang nicht maßgeblich. Es liegt auf der Hand, dass das
Gericht zwar verpflichtet ist, sich mit wesentlichem Vorbringen der
Beteiligten auseinander zu setzen, nicht aber, den vorgebrachten
Argumenten zu folgen. Unbeachtlich ist mit Blick auf die Anforderungen
des rechtlichen Gehörs auch, ob die Rechtsauffassung des Gerichts sich
als zutreffend erweist.
bb. Im Verfahren ... hat das Sozialgericht Cottbus die Anforderungen des
Art. 52 Abs. 3 LV ebenfalls beachtet. Es hat die Verfristungsproblematik
sowohl vor der mündlichen Verhandlung schriftlich als auch in der
mündlichen Verhandlung angesprochen und im Urteil ausgeführt, der
Beschwerdeführer habe berechtigte Zweifel am Zugang des
Widerspruchsbescheides nicht vorgetragen.
c. Schließlich ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf ein faires
Verfahren (Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV) nicht verletzt. Das
Verfassungsgebot der fairen Verfahrensführung beinhaltet, dass das
Gericht das Verfahren so gestalten muss, wie es auch die Beteiligten von
ihm erwarten dürfen. Das Gericht darf sich nicht widersprüchlich
verhalten, insbesondere aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern oder
Versäumnissen keine Verfahrensnachteile für die Beteiligten ableiten.
Allgemein ist es zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten
in ihrer konkreten Situation verpflichtet (Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Beschluss vom 15. Januar 2009 - VfGBbg 52/07 –,
www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Soweit die Verfassungsbeschwerde
nicht bereits Erfolg hat, ergeben sich weder aus dem Vorbringen des
Beschwerdeführers noch aus den beigezogenen Verfahrensakten
Anhaltspunkte dafür, dass die Gerichte diese Anforderungen missachtet
haben könnten. Die Dauer der Verhandlungen von jeweils zwischen 45 und
60 Minuten spricht bereits dafür, dass sowohl das Sozialgericht Cottbus
als auch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg der Bedeutung der
Verfahren für den Beschwerdeführer Rechnung getragen haben.
III.
Soweit die Verfassungsbeschwerde Erfolg hat, ist das angegriffene
Urteil des Sozialgerichts Cottbus nach § 50 Abs. 3 VerfGGBbg aufzuheben.
IV.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 32 Abs. 7 Satz
2 VerfGGBbg.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
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