VerfGBbg, Beschluss vom 20. Juni 2014 - VfGBbg 10/14 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 - StVollzG, § 114 Abs. 2 |
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Schlagworte: | - Strafvollzug - Sicherungsverlegung - Eilrechtsschutz - Hauptsacheverfahren - Subsidiarität |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 20. Juni 2014 - VfGBbg 10/14 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 10/14
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
D. N.,
Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. G.,
wegen des Beschlusses des Landgerichts Potsdam vom 19. Dezember 2013 (Az.: 20 Vollz 46/13)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt
am 20. Juni 2014
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
A.
I.
Der Beschwerdeführer ist wegen schwerer Straftaten mehrfach zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden, zuletzt mit Urteil des Landgerichts Leipzig vom 27. September 2000 zu einer 14-jährigen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Diese Freiheitsstrafe verbüßte er seit April 2001 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) B. Am 13. Dezember 2013 wurde er im Wege einer sog. Sicherungsverlegung in die JVA C. verlegt. Dies wurde damit begründet, dass die Verlegung in eine andere Anstalt erforderlich sei, um Gefahren für den Beschwerdeführer und andere Strafgefangene abzuwehren und die Anstaltsordnung aufrechtzuerhalten.
Gegen die Sicherungsverlegung stellte der Beschwerdeführer am 17. Dezember 2013 beim Landgericht Potsdam einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 Strafvollzugsgesetz (StVollzG), den er mit einem einstweiligen Rechtsschutzantrag verband. Die Voraussetzungen für eine Sicherungsverlegung lägen nicht vor. Er stelle keine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der JVA Brandenburg dar. Darüber hinaus sei die Sicherungsverlegung auch unverhältnismäßig, insbesondere im Hinblick auf die von ihm im November 2013 begründete Lebenspartnerschaft mit dem in der JVA B. sicherungsverwahrten R. N.
Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Dezember 2013 wies das Landgericht Potsdam den Eilrechtsschutzantrag zurück. Nach § 114 Abs. 2 StVollzG könne der Vollzug einer Maßnahme ausgesetzt werden, wenn die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers gefährdet oder vereitelt werde und kein überwiegendes Vollzugsinteresse entgegenstehe. Daran fehle es hier. Eine Eilentscheidung sei bereits deshalb nicht geboten, da dem Beschwerdeführer durch die Verlegung keine über die angefochtene Entscheidung hinausgehenden Nachteile drohten und sich die Maßnahme bei der gebotenen summarischen Prüfung des Sach- und Streitstandes auch nicht als offensichtlich rechtswidrig darstelle. Die dazu erforderlichen Feststellungen ließen sich erst im Hauptsacheverfahren treffen.
II.
Der Beschwerdeführer hat am 6. Februar 2014 Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt eine Verletzung der Art. 7 (Menschenwürde), Art. 8 Abs. 3 (Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung), Art. 12 Abs. 1 (Gleichheitssatz) sowie des Art. 17 (Freizügigkeit) der Verfassung des Landes Brandenburg (LV). Die Verlegung in die JVA C. sei rechtswidrig gewesen. Die Voraussetzungen für eine Sicherungsverlegung nach § 87 Brandenburgisches Justizvollzugsgesetz hätten nicht vorgelegen. Danach könnten Gefangene u. a. dann in eine andere Anstalt verlegt werden, wenn ihr Verhalten oder ihr Zustand eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt darstelle. Vorliegend sei nicht erkennbar, weshalb seine Unterbringung in der JVA B. nicht möglich sei. Eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt gehe von ihm nicht aus. Unter diesen Umständen verletze die Verlegung in die JVA C. seine Menschenwürde. Dort sei er im Übrigen einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung unterworfen, weil er sich seit seiner Verlegung in sog. Absonderung und damit in einer Isolation von den anderen Strafgefangenen befinde. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 LV vor. Bei der Verlegungsentscheidung sei die von ihm eingegangene Lebenspartnerschaft nicht berücksichtigt worden. Darin liege eine Ungleichbehandlung gegenüber verheirateten Strafgefangenen. Schließlich sei die Verlegung in eine andere JVA auch unverhältnismäßig. Es hätten weniger einschneidende Mittel zur Verfügung gestanden, um etwaigen Gefährdungen zu begegnen. Die Behauptung, er betreibe mit Herrn R. N. ein „subkulturelles Netzwerk“ in der JVA B. entbehre ohnehin jeder Grundlage. Ein solches Netzwerk könne schon deshalb nicht mehr bestehen, weil er von seinem Lebenspartner seit dessen Überführung in die Sicherungsverwahrung Ende November 2013 räumlich getrennt sei.
B.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.
1. Soweit der Beschwerdeführer die Art seiner Unterbringung in der JVA C. beanstandet, kann dies seine Beschwerdebefugnis im vorliegenden Verfahren nicht begründen. Gegenstand des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts Potsdam war allein die Frage, ob dem Beschwerdeführer einstweiliger Rechtsschutz gegen die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt zu gewähren ist.
2. Im Übrigen steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde jedenfalls der in § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Dieser verlangt von einem Beschwerdeführer, dass er über das Gebot der Rechtswegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der gerügten Grundrechtsverletzung ohne Inanspruchnahme des Verfassungsgerichts zu erwirken. Eine Verfassungsbeschwerde ist daher nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität unzulässig, wenn trotz Erschöpfung des Rechtsweges im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in zumutbarer Weise Rechtsschutz im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren erlangt werden kann (vgl. etwa Beschlüsse vom 16. November 2000 – VfGBbg 49/00 -, LKV 2001, 215; vom 19. Juni 2003 – VfGBbg 1/03 -, LKV 2003, 469, und vom 21. Oktober 2011 – VfGBbg 34/11 -, www.verfassungs-gericht.brandenburg.de).
Dies ist hier der Fall. Die vom Beschwerdeführer gerügten Grundrechtsverstöße beziehen sich nicht in spezifischer Weise auf die Entscheidung im Eilrechtsschutzverfahren, sondern ausschließlich auf die erfolgte Sicherungsverlegung. Die Überprüfung dieser Maßnahme im Rahmen des vom Beschwerdeführer gestellten Antrags auf gerichtliche Entscheidung steht noch aus. Damit besteht die Möglichkeit, dass der vorgetragenen verfassungsrechtlichen Beschwer im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren abgeholfen wird.
Gründe für eine nur im Ausnahmefall zulässige Sofortentscheidung des Verfassungsgerichts in analoger Anwendung des § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, wenn er darauf verwiesen wird, das Hauptsacheverfahren durchzuführen. Hierfür müsste eine Grundrechtsverletzung im Raum stehen, die auch nur zeitweise hinzunehmen ganz und gar unerträglich wäre (vgl. LVerfGE 17, 146, 151 f). Diese Schwelle wird vorliegend nicht erreicht, zumal der Beschwerdeführer – wie er selbst vorträgt – auch in der JVA B. von seinem in die Sicherungsverwahrung überführten Lebenspartner räumlich getrennt wäre.
II.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Dielitz | Dresen |
Dr. Fuchsloch | Dr. Lammer |
Partikel | Schmidt |