VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2010 - VfGBbg 10/10 EA -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde EA |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 34 Abs. 2 und 3 - VerfGGBbg, § 45 Abs. 1 |
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Schlagworte: | - Ernst-Thälmann-Gedenkstätte - Denkmal - Grundrecht - Staatsziel |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 20. Mai 2010 - VfGBbg 10/10 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 10/10 EA
IM NAMEN DES VOLKES |
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren sowie in dem Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung 1. Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte e. V., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden..., 2. R., Beschwerdeführer und Antragsteller, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. W. GbR, wegen Sicherung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte im Sporthaus Ziegenhals hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg am 20. Mai 2010 b e s c h l o s s e n : 1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. G r ü n d e : A. Die Beschwerdeführer erstreben den Erhalt der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Königs Wusterhausen, Ortsteil Niederlehme. I. Am 7. Februar 1933 traf sich die Spitze der KPD zu einer letzten illegalen Tagung unter dem Vorsitz Thälmanns in Niederlehme (heute Ortsteil der Stadt Königs Wusterhausen). Die Gaststätte Sporthaus Ziegenhals, in der das Treffen stattfand, ist nach Ende des Zweiten Weltkriegs abgerissen worden; in einem an gleicher Stelle neuaufgebauten Gebäude wurde im Jahr 1958/59 eine Ernst-Thälmann-Gedenkstätte eingerichtet. Diese ist in der Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen. Von 1990 bis Ende 2002 nutzte der Beschwerdeführer zu 1. die Gedenkstätte aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen mit dem jeweiligen Eigentümer. Der jetzige Eigentümer ist nach einem im Mai 2009 mit der Unteren Denkmalbehörde vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg geschlossenen Vergleich berechtigt, die Gedenkstätte von ihrem Standort zu entfernen. Zur Sicherung der Gedenkstätte wandten sich die Beschwerdeführer erstmals am 22. Dezember 2009 mit einer Verfassungsbeschwerde an das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg und beantragten zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie rügten eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 34 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV). Als Grundrecht gewährleiste Art. 34 Abs. 2 LV den Schutz und die Förderung des kulturellen Erbes. In dieses Grundrecht sei eingegriffen worden. Der von der Verfassung gebotene Schutz sei in dem Brandenburgischen Denkmalschutzgesetz und der Verwaltungspraxis unzulänglich umgesetzt worden sei. Der Eingriff sei nicht durch entgegenstehende Eigentümerinteressen gerechtfertigt. Jedenfalls hätte die Gedenkstätte enteignet werden können. Die Anträge hatten keinen Erfolg. Die Beschwerdeführer seien nicht beschwerdebefugt, so das Verfassungsgericht in seinem Beschluss vom 21. Januar 2010 (VfGBbg 54/09 und VfGBbg 12/09 EA, NVwZ-RR 2010, 337 = www.verfassungsgericht.branden- burg.de). Art. 34 Abs. 2 und 3 LV gewährleiste kein Grundrecht. Die weitgehend unbestimmte Formulierung der Verfassung lasse keinen Raum für die Annahme, der Zweck gehe dahin, subjektive Rechte des Einzelnen oder einer gesellschaftlichen Gruppe gegen den Staat etwa auf Schutz der Kunst und der Kulturdenkmäler zu begründen. Vielmehr liege eine Staatszielbestimmung vor. II. Nachdem (nach Auslagerung des Inventars der Gedenkstätte) der Eigentümer mit dem Abriss des Hauses begonnen hat, haben die Beschwerdeführer am 5. Mai 2010 erneut Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Erhalt des bedrohten Gebäudes beantragt. Sie tragen vor, die unter Denkmalschutz stehende Gedenkstätte werde entgegen der Gewährleistung des Art. 34 LV nicht geschützt. Die Änderung des Denkmalschutzgesetzes und die Berücksichtigung der Interessen des Grundstückseigentümers stünden mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht im Einklang. Der Stopp der Abrissarbeiten sei erforderlich, um eine Prüfung der Beseitigungsvoraussetzungen zu ermöglichen. B. Die Anträge haben keinen Erfolg. I. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeführer sind nach wie vor nicht beschwerdebefugt. Es bleibt dabei, dass Art. 34 Abs. 2 LV eine Staatszielbestimmung enthält, nicht aber ein Grundrecht auf Schutz des kulturellen Erbes. Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von Staatszielbestimmungen aber nicht gerügt werden (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 LV). Die Abrissarbeiten als solche ändern an der Verfassungsrechtslage nichts. Eine für die Beschwerdeführer günstigere Beurteilung ist indes nicht mit Blick auf den von ihnen herangezogenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Verhältnis von Denkmalschutz und Eigentumsgarantie geboten (Entscheidung vom 14. April 2010 1 BvR 2140/08 -, juris). Unabhängig von ihrer Bedeutung für die einfachgesetzliche Rechtslage besagt die Entscheidung nichts zu der Frage, ob Art. 34 LV Grundrecht oder Staatsziel ist. II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Eine einstweilige Anordnung kommt nicht in Betracht, wenn das Begehren in der Hauptsache erfolglos ist. C. Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar. |
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