VerfGBbg, Beschluss vom 20. März 2015 - VfGBbg 5/15 EA -
Verfahrensart: |
sonstige Verfahren EA |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 30 Abs. 1 - FamFG, § 116 Abs. 3 Satz 3 |
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Schlagworte: | - Schwerer Nachteil - Unterhaltspflicht - Wirksamkeit Scheidungsfolgesache |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 20. März 2015 - VfGBbg 5/15 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 5/15 EA
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
R.,
Antragsteller,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte A.,
wegen Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 31. Dezember 2014 (35 F 181/11)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch und Partikel
am 20. März 2015
b e s c h l o s s e n :
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
G r ü n d e:
A
Der Antragsteller wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen die nachträgliche Anordnung der sofortigen Wirksamkeit einer im Scheidungsfolgeverfahren ergangenen Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt.
Die Ehe des Antragstellers wurde am … 2014 mit Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg geschieden. Zugleich sprach das Amtsgericht der früheren Ehefrau nachehelichen Unterhalt in Höhe von zunächst X € monatlich zu. Während der Ausspruch zur Ehescheidung rechtskräftig wurde, legten die geschiedene Ehefrau Beschwerde und der Antragsteller Anschlussbeschwerde wegen der Folgesache Unterhalt ein. Da der Antragsteller die Unterhaltszahlungen einstellte, beantragte die geschiedene Ehefrau beim Beschwerdegericht eine Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des erstinstanzlichen Beschlusses zum nachehelichen Unterhalt, die dieses an das Amtsgericht weiterleitete. Das Amtsgericht hörte den Antragsteller zu dem Antrag an und ergänzte mit Beschluss vom 31. Dezember 2014, dem Antragsteller am 19. Februar 2015 zugegangen, den Tenor des Beschlusses vom … 2014 zum Unterhalt um den Ausspruch „Der Beschluss ist sofort wirksam gem. § 111 III FamFG“. Eine dagegen erhobene Gehörsrüge wies das Amtsgericht am 6. März 2015 zurück. Inzwischen hat die frühere Ehefrau angekündigt, die Zwangsvollstreckung einleiten zu wollen.
Der Antragsteller hat am 13. März 2015 Verfassungsbeschwerde erhoben (VfGBbg 17/15) und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Der Antragsteller beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 30 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg vorläufig, bis zur Entscheidung in der Hauptsache, die Wirksamkeit des Beschlusses vom 31. Dezember 2014 zu suspendieren.
B.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Die begehrte einstweilige Anordnung ist nicht zu erlassen, denn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) sind nicht gegeben. Danach kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
Insoweit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts ein strenger Maßstab anzulegen. Die nachteiligen Folgen, die ohne die einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in der Hauptsache zu erwarten sind, müssen im Vergleich zu den nachteiligen Folgen, die sich bei Erlass der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben, deutlich überwiegen, weil sie sonst bei vergleichender Betrachtungsweise nicht schwer genug im Sinne des Gesetzes sind („schwerer Nachteil“) bzw. keinen gleichwertigen „anderen“ Grund im Sinne des Gesetzes darstellen. Bei der Abwägung sind im Allgemeinen nur irreversible Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Beschlüsse vom 24. Februar 2015 - VfGBbg 3/15 EA -; 22. Februar 2013 - VfGBbg 1/13 EA -; vom 06. Juli 2012 - VfGBbg 5/12 EA -; vom 20. Mai 2010 - VfGBbg 9/10 EA - und vom 30. September 2010 - VfGBbg 8/10 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Zudem muss die einstweilige Anordnung im Sinne zusätzlicher Voraussetzungen „zum gemeinen Wohl“ und „dringend geboten“ sein (vgl. Beschlüsse vom 24. Februar 2015 - VfGBbg 3/15 EA; 22. Februar 2013 - VfGBbg 1/13 EA -, vom 06. Juli 2012 - VfGBbg 5/12 EA -, vom 20. Februar 2003 - VfGBbg 1/03 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; sowie Urteil vom 4. März 1996 - VfGBbg 3/96 EA -, LVerfGE 4, 109, 112 f m. w. Nachw.).
Davon ausgehend kommt der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Nicht zu erkennen ist bereits, dass dem Antragsteller durch die ihm drohende Vollstreckung aus dem noch nicht rechtskräftigen Unterhaltstitel ein derart schwerer, irreversibler, die Interessen der auch nach Darstellung des Antragstellers auf den Unterhalt zur Deckung des Lebensunterhalts angewiesenen geschiedenen Ehefrau deutlich übersteigender Nachteil entsteht. Dass die Gefahr der Einschränkung der persönlichen Lebensführung entstehen soll, wie der Antragsteller geltend macht, lässt jedenfalls ebenso wenig einen schweren Nachteil erkennen wie die möglicherweise wegen der wirtschaftlichen Lage der geschiedenen Ehefrau unsichere Aussicht, unter Umständen überzahlte Beträge zurückzuerhalten. Zudem zeigt die Argumentation des Antragstellers, dass es vorliegend nicht um Auswirkungen auf das gemeine Wohl geht, die abzuwenden dringend geboten wären. Vielmehr verdeutlicht sein Vortrag, dass es ihm ausschließlich um die in seinem Interesse liegende Aufschiebung der ihn treffenden Unterhaltszahlungspflicht geht.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dresen |
Dr. Fuchsloch | Partikel |