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VerfGBbg, Beschluss vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 3/13 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 31 Abs. 1; LV, Art. 32 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 30 Abs. 1
Schlagworte: - Wissenschaftsfreiheit
- Selbstverwaltung der Hochschulen
- Aussetzung des Inkrafttretens eines Gesetzes
- Folgenabwägung
- Erfordernis besonders wichtiger Gründe
Fundstellen: - NVwZ 17/2013 S. 1149 f.
- LKV 8/2013 S. 365f.
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 3/13 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 3/13 EA




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

 

Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus,
vertreten durch den Präsidenten,
Platz der Deutschen Einheit 1,
03046 Cottbus,

 

 Antragstellerin,

 

Verfahrensbevollmächtigte:  Rechtsanwälte D.,

             

 

wegen des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz vom 11. Februar 2013 (GVBl 2013 I Nr. 4)

 

  

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

am 19. Juni 2013

 

b e s c h l o s s e n:

 

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

 

 

G r ü n d e:

 

A.

I.

Die Antragstellerin ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Bran­den­bur­gi­sches Hochschulgesetz (BbgHG) eine staatliche Hochschule. Durch das am 12. Feb­ruar 2013 verkündete und am 1. Juli 2013 in Kraft tre­tende Geset­­­­z zur Neustrukturierung der Hoch­schul­re­gion Lausitz vom 11. Februar 2013 (GVBl 2013 I Nr. 4 – Hoch­schul­­neu­strukturierungs­ge­setz) sollen die Antrag­­stel­­lerin und die Hochschule Lau­sitz (FH) zum 1. Juli 2013 in der neu errich­­teten Bran­den­bur­gi­schen Tech­ni­schen Uni­ver­sität Cottbus-Senf­­tenberg auf­gehen (BTUCS); die Fakul­­täten, die Studien­gänge, das Hoch­­schul­per­so­­nal und die Stu­­denten der zusam­­men­ge­leg­­ten Hoch­­schu­len werden von der BTUCS über­nom­­men.

 

II.

Die Antragstellerin hat am 25. Februar 2013 den Erlass einer einst­weiligen Verfügung beim Verfassungsgericht beantragt. Sie will erreichen, dass Teile des Hochschulneustrukturierungs­ge­setzes bis zu einer Entscheidung über die bereits erhobene Ver­fassungsbeschwerde (VfGBbg 10/13) nicht in Kraft treten. Die Antragstellerin sieht sich durch ihre Auflösung in ihrem Grund­recht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 31 Abs. 1 der Lan­­­des­ver­fassung (LV) sowie in ihrem Recht der Selbst­ver­wal­tung aus Art. 32 Abs. 1 LV verletzt. Der Landes­ge­setzgeber habe gegen Anhö­­rungs-, Auf­klärungs- und Abwä­­gungs­pflichten ver­­­­stoßen. Ihre Selbst­ver­wal­tungs­organe hätten sich im Gesetz­ge­­­­bungs­­verfahren nicht ange­mes­sen äußern können. Zudem seien die Mehr­heit des Land­ta­­ges und die Landesregierung schon vor der Anhörung auf ihre Auf­lö­sung festgelegt und daher „blind“ für Alternativen gewesen. Ferner habe der Gesetzgeber man­gels hinreichender Sachaufklärung die durch seine Ent­schei­dung entstehenden strukturellen Prob­leme verkannt.

 

Die ihr durch den Voll­­zug der ange­­­grif­fenen Vor­­schriften drohenden Nachteile seien im Gegen­satz zu den aus dem Erlass der einstweiligen Anord­nung fol­gen­den Nach­teilen schwer­wiegend und irreparabel:

 

So könnten infolge ihrer Auflösung die derzeit bestehenden For­­­­­­schungskooperationen mit ande­­­ren Universitäten im In- und Aus­­­­land irreparabel zerstört wer­­­den. Die Kooperationen erfolg­ten profilbezogen auf Univer­si­­­täts­niveau und seien gefährdet, ginge sie in einer Gesamthochschule auf. Die neue Gesamt­hoch­schule hätte geringere Chancen als sie, For­­schungs­­koope­ra­tio­nen auf Universitätsniveau zu begrün­den, zu ver­­­län­gern oder aus­­zu­bauen. Wäre sie bis zu einer statt­­­­ge­ben­­den Haupt­sa­che­ent­schei­­dung aufgelöst und lebte sie in deren Folge wieder auf, wären ihre Forschungsprojekte ohne ihre Betei­­ligung abge­schlos­sen oder nicht verlängert worden.

 

Irreparabel sei auch der Ansehensverlust, der durch die Ableh­nung ihres Antrages auf Aufnahme in die Deutsche For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) entstünde. Diese Ablehnung drohe, wenn sich ab dem 1. Juli 2013 die für die Aufnahmeentscheidung maß­geblichen Kenn­­ziffern dadurch verschlechterten, dass sie – als Folge der Fusion mit der Hochschule Lausitz (FH) – auf der Grundlage einer mehr als doppelt so großen Anzahl von Pro­fes­suren berech­­­net werden müssten.

 

Schwere Nachteile erlitte sie auch durch Maßnahmen des Lehr- und Forschungsbetriebs der BTUCS, die für sie nach einem Erfolg in der Hauptsache verbindlich blieben und ihre Gestal­tungs­­­spielräume einschränkten. So müsse sie von der BTUCS imma­­­trikulierten Studenten in neu aufgelegten Stu­dien­­gängen die satzungsmäßigen Abschlussmöglichkeiten gewähr­­lei­sten und die Ergebnisse von Zwischenprüfungen sowie Zulas­­sungsent­schei­dun­gen hinsichtlich Promovierender und Habi­­­li­tan­den aner­ken­nen. Ein irreparabler Nachteil immaterieller Natur sei die Ver­­­­­­­leihung der Hochschulgrade Bachelor und Master unter dem Namen BTUCS an die Studenten der von der Hoch­­­schule Lau­sitz (FH) übernommenen Fachhochschulstudien­gänge. Potentielle Arbeit­­­­­­­­­­­­geber könnten an dem Abschluss nicht erken­nen, ob er sich auf einen Hochschul- oder Fach­hoch­schul­stu­diengang beziehe. Wegen dieser Verwässerung ihres universitären Profils ver­­­­­­­­­­­­löre sie an Attraktivität bei Studier­willigen. Nach einem Erfolg der Verfassungsbeschwerde dauere es mindestens drei bis fünf Jahre, ehe der Verlust an Stu­­­dienanfängern wieder aus­ge­gli­­chen sei. Auch habe sie bei Erfolg der Ver­fas­sungs­be­schwerde von der BTUCS berufene Hoch­schul­lehrer zu übernehmen.

 

Schwere und nicht wiedergutzumachende Nachteile resultierten fer­ner daraus, dass ihre Hochschullehrer mit Inkrafttreten des Geset­zes bis zu einem Erfolg in der Hauptsache nicht mehr adä­quat an der Selbstverwaltung ihrer Ange­le­gen­­hei­ten mitwir­ken könn­­ten. Der Gründungssenat und erwei­terte Gründungssenat der BTUCS, die bis zum 31. Oktober 2013 zu wählen seien, gewähr­lei­steten keine hin­rei­ch­ende „gruppendemokratische“ Ver­tre­­­tung ihrer Hoch­­­schul­­lehrer in ihren Selbst­ver­wal­tungs­ange­le­­gen­­hei­ten. Die BTUCS verfüge zudem ab dem 1. Juli 2013 auf unbe­­­stimmte Zeit (bis zur Bestellung eines Grün­dungs­prä­si­den­ten) nicht über eine demokratisch legitimierte Hoch­schul­lei­tung; der Grün­dungs­­­­be­auf­­tragte werde vom für Hoch­schu­len zustän­­digen Mit­­glied der Lan­­­des­re­gie­­rung bestellt und sei kein Organ der BTUCS. Wegen der wis­sen­schaftsrelevanten Ent­schei­dun­gen des Grün­­­­dungs­be­auf­trag­ten hätte ihren Hochschullehrern die Mög­lich­­­keit der Ein­fluss­nahme auf dessen Bestellung ein­ge­räumt wer­­­den müssen.

 

Dem Gesetzgeber sei eine Aussetzung des Gesetzesvollzugs bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zumutbar, weil hier­durch irreparable nachteilige Folgen nicht bewirkt würden. Auch sei der Vollzug der angegriffenen Vorschriften noch nicht ins Werk gesetzt. Eine Beeinträchtigung sonstiger Grund­rechts­po­­­si­tio­nen durch die Aussetzung des Vollzugs der angegriffenen Vor­­­schrif­ten sei nicht erkennbar.

 

Wichtige Gründe des Gemeinwohls erforderten den Erlass der einst­weiligen Anordnung. Die Verletzung ihrer Grund­rechts­po­si­tio­nen und die ihrer Mitglieder stelle wegen der weitgehend irreparablen Vollzugsfolgen einen schweren Nachteil für das Gemein­wohl dar. Zudem könne die offenkundige Verletzung der Selbst­­verwaltungsgarantie aus Art. 32 Abs. 1 LV auch für eine Über­­­gangszeit nicht hingenommen werden.

 

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

 

im Wege der einstweiligen Anordnung anzuordnen, dass     Art. 1, §§ 1, 5, 7, 8, 9, 12, 18, 20, 21 sowie Art. 2 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lau­­sitz vom 11. Februar 2013 (GVBl 2013 I Nr. 4) solange aus­ge­­setzt sind, bis das Ver­­fassungsgericht über die Verfas­sungs­­­­be­­­schwerde der Antrag­stellerin ent­schieden hat.

 

III.

Der Landtag und die Landesregierung hatten Gelegenheit zur Stel­­lungnahme.

 

Die Landesregierung hält den Antrag für unbegründet. Die Ver­fas­­­­sungs­­beschwerde in der Hauptsache sei mangels Beschwer­de­be­fug­­nis (Verletzung in eigenen Rechten) unzulässig, soweit mit ihr die Verfasstheit der neuen Hochschule angegriffen werde (etwa die Bestel­­lung des Gründungsbeauftragten und Wahl des Grün­­dungs­senats sowie des erweiterten Gründungssenats), und im Übrigen offen­­sichtlich unbegründet. Der Schutzbereich der Wis­sen­schafts­­­freiheit aus Art. 31 Abs. 1 LV und das Recht der Selbst­­­­verwaltung aus Art. 32 Abs. 1 LV erstreckten sich nicht auf den Fort­bestand der einzelnen Hochschule. Ob die von der Antrag­­stellerin angeführten verfassungsrechtlichen Anhö­rungs-, Auf­­­­klä­rung- und Abwägungspflichten überhaupt exi­st­ier­ten, könne dahin­stehen, weil der Landesgesetzgeber diese Pflich­­­­ten jeden­­­falls nicht ver­letzt habe.

 

Darüber hinaus verbiete die Folgenabwägung den Erlass der begehr­­ten einstweiligen Anordnung:

 

Die Auflösung der Antragstellerin wäre nach einem Erfolg der Ver­­­­fassungsbeschwerde keineswegs unumkehrbar. Die Übernahme von Studenten, Doktoranden etc. und der vorü­ber­ge­­hende Wei­ter­betrieb von Studiengängen führten nach einem Erfolg in der Haupt­­­sache nicht zu einer – von der Antrag­stel­le­­rin nicht kon­­kret vorgetragenen – Beschränkung ihrer Gestal­tungs­­­spiel­räume. Die BTUCS werde keine grund­le­gend andere Fächer­­­­struktur haben als die Antragstellerin und die Hoch­schule Lau­sitz (FH); deren Stu­dien- und Prüfungsord­nun­gen wür­den jeden­falls bis zum     31. Dezember 2014 weiter gelten und könn­­­­ten erst nach diesem Zeit­­­punkt geändert werden. Die Antrag­­­­­stel­le­rin könne ohnehin nicht nach Belieben Studiengänge ein­­­richten, ändern oder abschaf­­fen, sondern bedürfe hierfür der Geneh­mi­gung durch die für die Hoch­schulen zuständige oberste Lan­des­be­hörde. Die Antrag­­stel­le­rin habe kein rechtlich geschütztes Interesse, dass an den von der BTUCS verliehenen Abschlussgraden (Bache­lor, Master) abzulesen sein müsse, ob diese in einem Fach­­­hoch­schul- oder in einem universitären Studiengang erwor­ben wur­den.

 

Dieser Gesichtspunkt gelte auch hinsichtlich der angeblich unzu­­reichenden Mög­lich­keiten der Professoren der Antrag­stel­le­rin, an der uni­ver­si­tären Selbstverwaltung der BTUCS mit­zu­wir­ken, wie sie sich auf­grund der gesetzlichen Regelungen zum Grün­­­dungssenat und erwei­­terten Gründungssenat der BTUCS dar­stell­­­ten. Zudem könne Gegenstand der Betrachtung nur sein, ob die Auflösung der Antragstellerin verfassungsgemäß ist und nicht, ob die Errichtung der neuen Hochschule ver­fas­sungs­recht­lichen Anfor­­­­­­­­de­rungen genügt.

 

Die Nachteile, die bei Erlass der einstweiligen Anordnung und Erfol­­g­losigkeit der Hauptsache durch das verzögerte Inkraft­tre­­­­ten des Hochschulneustrukturierungsgesetzes einträten, wären demgegenüber gravierend. Die mangelhafte Auslastung vie­ler Stu­dien­gänge, Doppelangebote der gleichen Studiengänge set­z­ten sich fort. Es entstünde ein Schwe­be­zu­stand, der befürch­­ten ließe, dass sich viele Studienanfänger im Win­ter­se­me­­ster 2013/2014 gegen ein Studium in der Region entscheiden. Pro­­fes­so­ren­be­ru­fun­gen müssten zurück­­ge­stellt werden, weil es an hin­län­g­lich ver­­lässlichen Rah­men­be­­­din­­gungen fehlte. Zwei neue Präsidenten, für die Antrag­stel­lerin und die Hochschule Lausitz (FH), wären zu bestellen, nachdem die Amtszeiten der bisherigen Prä­si­den­ten ausgelaufen seien. Ob in Anbetracht des nur vorläufigen Fort­­­­be­ste­hens der Antrag­stellerin und der Hoch­schule Lausitz (FH) adäquate Bewerber zu finden wären, sei zwei­felhaft. Die Hochschule Lau­sitz (FH) unterstütze die Gründung der BTUCS und würde gegen ihren Willen ihren jetzigen Status als Fach­hoch­schule behal­ten. Der zwi­schen dem Land und den Gewerkschaften Ver.di und GEW aus­ge­han­delte Tarifvertrag zur sozialverträg­li­chen Beglei­tung der Neu­struk­turierung der Hochschulregion Lau­sitz liefe leer.

Im Verhältnis zu diesen konkreten Nachteilen würden die pauschal vor­ge­tra­genen und teilweise nicht über Befürch­tun­gen hinausgehenden Beein­trächtigungen der Antrag­stel­lerin, die sich bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung und anschließendem Erfolg der Verfassungsbeschwerde ergä­ben, nicht über­wiegen.

 

B.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg; er ist als unbegründet zurückzuweisen.

Gemäß § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anord­nung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nach­teile, zur Verhinderung dro­hen­der Gewalt oder aus einem ande­ren wichtigen Grund zum gemei­­­nen Wohl drin­gend geboten ist. Soweit sich das Begehren in der Hauptsache nicht von vorn­herein als unzulässig oder als offen­­­kundig unbe­grün­det erweist (I.), ist über die Begrün­detheit des Eil­an­trags nach Maßgabe einer Folgenabwägung zu ent­­schei­den (II.).

I.

Unzulässig bzw. offensichtlich unbegründet ist die in der Haupt­sache erhobene Verfassungsbeschwerde, die sich gegen die Auf­lösung der Antragstellerin richtet, nach der gebotenen sum­­ma­rischen Prüfung nicht. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Verfassungsbeschwerde unzulässig sein könnte, weil Organe der Antragstellerin sich in derselben Sache an das Bun­des­verfassungsgericht gewendet haben, § 45 Abs. 1 VerfGGBbg.

Das Grund­­recht der Wis­sen­schafts- und For­schungsfreiheit aus Art. 31 Abs. 1 LV ist auch den Hoch­schulen – vermittelt über das ihnen in Art. 32 Abs. 1 LV als lex specialis garan­tierte Selbst­ver­wal­tungs­recht – insoweit ver­bürgt, wie es der freien wis­­sen­­­schaft­li­chen Betä­ti­gung die­nt (Ernst, in: Lieber/ Iwers/Ernst, Kom­men­tar zur Lan­des­ver­fassung, 2012, Art. 31 Nr. 1.2, Nr. 1.3, Art. 32 Nr. 1). Diese können daher staat­liche Ein­­griffe in ihre orga­­ni­sa­to­ri­schen Strukturen, die den für die Ent­­­fal­tung wis­sen­schaft­­licher Tätig­keit not­wen­­­­­digen Frei­raum gewähr­­­lei­­sten, abwehren. Zwar kommt nach einhelliger Ansicht der ein­zel­nen Hoch­schule grundsätzlich kein Anspruch auf ihren Fort­b­­­e­­stand als solcher zu, weil dies vom Schutz­be­reich des Grund­rechts nicht umfasst ist (vgl. Bun­des­­ver­fas­sungs­gericht – BVerfG - BVerfGE 85, 360, 384 f; Per­nice, in: Dreier, Kom­men­tar zum Grundgesetz, 2. Aufl. 2004, Art. 5 Rn. 35; Bethge, in: Sachs, Kommentar zum Grund­gesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 5 Rn. 215 f; Mager, in Hand­buch des Staats­rechts, Band VI, 3. Auf­lage 2009, § 166 Rn. 22); auch dürf­ten den Hochschulen nach der Landesverfassung aus ihrem Selbst­ver­­wal­tungs­recht wohl keine über den Schutz­­­be­reich von Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz hin­­­­aus­­ge­he­nden Rechts­po­si­ti­o­­nen zuwach­sen (Ernst, a. a. O., Art. 32 Nr. 1). Allerdings wird ver­­­­treten, dass es für die Auf­­­­lö­sung einer Hochschule oder ande­­­ren der Wis­­sen­schaft die­nen­­den öffen­t­­­­lichen Einrichtung deren Anhörung (Starck, in: von Man­­goldt/Klein/Starck, Kom­men­tar zum Grund­gesetz, Band I, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Rn. 381; Lind­ner, in: Lind­­ner/Möstl/Wolff, Kommentar zur Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 108 Rn. 57 Fn. 96) und sach­li­cher Gründe bedarf, damit sich die Auflösung nicht als will­kür­­li­che Maß­nahme dar­­stellt (StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. August 1981 – GR 1/81 -, NVwZ 1982, 32, 33; Braun, Kom­men­tar zur Ver­fas­sung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Art. 20 Rn. 14; Löwer, in: Löwer/Tet­­tinger, Kommentar zur Verfassung des Lan­des Nor­d­rhein-West­fa­len, 2002, Art. 16 Rn. 28: Abwägung auf der Grund­lage will­kür­­­freier Prognose; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 11. März 2005 – 1 BvR 2298/04 -, NVwZ-RR 2005, 442, 443: Anspruch auf will­­­­­­kürfreie Ent­scheidung einer juri­sti­­schen Fakul­­­­­tät hin­sicht­­­lich Aufhebung des rechts­wis­sen­schaft­­­lichen Stu­­­­­dien­gangs).

 

II.

1. Im Rahmen der Folgenabwägung sind die nach­tei­li­gen Wir­kun­gen, die ohne die einst­­wei­lige Anordnung für den Fall des Obsie­­­gens in der Hauptsache zu erwarten sind, mit den nach­tei­li­gen Wirkungen, die sich bei Erlass der einst­wei­li­gen Anord­nung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Haupt­sache erge­ben, zu vergleichen und zu bewerten. Dabei ist in Anbetracht der weitreichenden Fol­gen einer einstweiligen Anordnung und vor dem Hintergrund, dass die Verfassungsbeschwerde eine auf­schie­­bende Wirkung nicht entfaltet, sondern sich für gewöhn­lich auf die nach­träg­liche Feststellung der Verf­as­sungs­wi­drig­keit eines Hoheits­aktes beschränkt, ein strenger Maßstab anzu­le­gen (Beschluss vom 21. Oktober 2011 – VfGBbg 3/11 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de); hiernach sind in die Fol­­­genabwägung auf Seiten des Antrag­­stellers regel­mäßig nur irre­­­­­­ver­sible Nachteile ein­zu­stel­­­len (st. Rechtsprechung: (Beschluss vom 21. Oktober 2011 – VfGBbg 3/11 EA -; Beschluss vom 17. August 2012 – VfGBbg 6/12 EA -; zuletzt Beschluss vom 22. Februar 2013 – VfGBbg 1/13 EA -, www.verfas­sungs­­ge­richt.de). Diese müssen zudem in Ausmaß und Schwere deut­lich aus­­­­geprägter sein als die Nachteile, die bei Erlass der einst­wei­­ligen Anordnung und Erfolglosigkeit der Hauptsache ein­tre­ten können.

 

Müssen demnach bereits im Regelfall die Gründe für die begehrte einstweilige Anordnung so schwer wie­gen, dass deren Erlass unabdingbar ist, so sind an einen Eil­an­trag, der darauf gerich­­tet ist, das Inkrafttreten eines Gesetzes zu ver­hin­dern bzw. des­sen Vollzug aus­­zu­setzen, noch stren­gere Anfor­de­run­gen zu stel­len; denn einem solchen Antrag statt­zu­ge­ben, ist mit einem erheb­­lichen Ein­­griff in die Gestal­tungs­frei­heit des Gesetz­­­­ge­bers ver­bun­den (Beschluss vom 21. Oktober 2011, a. a. O.; Urteil vom 30. November 1993 – VfGBbg 3/93 -, LVerfGE 1, 205, 206 f; zum Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2012 – 1 BvR 367/12 -, zitiert nach juris Rn. 50). Es müssen daher beson­­­ders wichtige Gründe vor­lie­gen, wenn das Gericht einem Anlie­­gen zum – jeden­­falls vor­läu­­fi­gen - Erfolg verhelfen soll, das dem erklär­ten Willen des Gesetz­­ge­bers widerspricht; ins­be­son­­­dere sind in einem der­ar­ti­gen Fall in der Fol­gen­ab­wä­gung außer den Interessen des Antrag­­­­­stellers die Aus­wir­kungen auf alle von dem Gesetz Betrof­­­­fenen sowie alle in Frage kom­menden und ggf. wider­strei­ten­­den Belange zu berücksichtigen (Beschluss vom 21. Oktober 2011, a. a. O.; zum Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2012, a. a. O.; BVerfGE 122, 63, 85; 121, 1, 17 f). Schließ­lich muss im Sinne einer weiteren Vor­­aus­­­­set­zung für ihren Erlass die einst­­weilige Anord­nung nach  § 30 Abs. 1 VerfGGBbg zum „gemeinen Wohl drin­­gend gebo­ten“ sein (Beschlüsse vom 17. August 2012 und 22. Februar 2013, a. a. O.).

2. Danach kann der Antrag keinen Erfolg haben. Beson­ders wich­tige Gründe, wel­­­­­­che das Nichtinkrafttreten des Hochschul­neu­stru­­k­­­tu­rierungs­ge­­setzes bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache recht­fer­ti­gen könnten, sind nicht fest­­­stellbar.

a. Mit dem Vollzug des Ge­set­zes bis zu einem Erfolg in der Haupt­­­­­sache gehen besonders schwere und nicht revidierbare Nach­teile für die Antrag­­­­­­stellerin nicht einher.

Das folgt im Wesentlichen bereits daraus, dass für den Fall der Begründetheit der Ver­fas­­­sungsbeschwerde eine Entflechtung bzw. Wiederherstellung der zusammengeführten und ggf. teil­weise modifizierten Struk­tu­­ren der Antragstellerin und der Hoch­schule Lausitz (FH) rechtlich, wenn auch unter Schwie­rig­kei­ten, aber doch möglich wäre. Ferner erscheint mit Blick auf die begrenzte Dauer des Haupt­sa­­­che­ver­fah­­rens auch die Annahme fernliegend, bis zu einer Ent­­­schei­dung über die Ver­­fas­sungs­­beschwerde werde die Neu­­­ordnung der Hoch­­schul­re­gion Lau­sitz einen Grad der organi­sa­­t­or­i­­schen Ver­fe­stigung errei­cht haben, dass sie in ihrem tat­säch­­lichen und poli­­ti­schen Gewicht nicht mehr rück­­gän­gig gemacht werden könnte (vgl. zu diesem Gesichts­­­­punkt BVerfGE 29, 318, 324). In diesem Zusammenhang ist auch zu berück­sich­ti­­gen, dass die Neu­­struk­­turierung der Fächer, Stu­dien­gänge und Hoch­schul­ver­wal­tung der BTUCS nicht bereits am 1. Juli 2013 vollzogen sein wird, sondern – beginnend mit diesem Tag - schrittweise erfolgt und bis zum 31. Dezember 2014 dauern kann (vgl. § 14 Hoch­­­­­schul­neu­strukturierungs­ge­­setz)

Vor diesem Hintergrund lässt der Vortrag der Antrag­stellerin den Ein­tritt schwerer und irre­ver­sibler Nachteile ins­­besondere bis zu einer - unterstellten - Wie­­­dererrichtung nicht erken­nen. Die von ihr ange­führ­ten Fol­gen, die sie nach einem Erfolg in der Haupt­sache zu gewärtigen hätte (Übernahme von Studenten aus neuen Stu­dien­gän­gen der BTUCS, Über­nahme durch die BTUCS neu beru­fener Pro­fes­soren, Vakant­blei­­ben von Lehr­stüh­len wegen Aus­­laufen von Stu­­dien­gän­gen der Antrag­stel­lerin bei der BTUCS, Rück­­gang der Stu­dien­an­fän­ger­­zah­­len), wür­den den wie­derauf­ge­nom­­­menen Uni­ver­sitäts­betrieb der Antrag­stel­­lerin unzwei­felhaft bela­­sten und vor organi­sa­to­ri­­sche Heraus­for­de­run­­gen stellen, nicht jedoch nach­haltig lähmen oder gar unmöglich machen. Dies gilt auch und erst recht für die son­stigen von der Antrag­stel­le­rin rekla­­­­­­mier­ten Nach­tei­le. Auch die Beeinträchtigung oder der Verlust von For­­­­­sch­ungs­­­ko­­op­e­ra­­ti­o­nen oder der Wegfall von För­­­­­der­­­­gel­dern können kom­­pensiert werden.

b. Selbst wenn die Antragstellerin durch das Inkrafttreten des Gesetzes schwere Nachteile erlitte, so überwögen diese jeden­falls nicht deutlich die Nachteile, die bei einem Aufschub des Inkraft­­tretens des Gesetzes einträten, wenn die Hauptsache erfolg­­­los bliebe.

Es widerspräche dem Gebot der Rechts­sicher­heit und beein­träch­tigte das allgemeine Ver­­­trauen der Bevöl­ke­rung in den Bestand for­mell gültig erlas­se­ner Gesetze, stellte sich heraus, dass durch eine einst­wei­lige Anord­­nung das Inkrafttreten eines ver­fas­­­­sungs­ge­mäßen Geset­­zes unte­rbunden wurde, ohne dass dafür beson­ders wich­tige Gründe vorgelegen hätten (vgl. Beschluss vom 21. Oktober 2011, a. a. O.).

Die Landesregierung hat nachvollziehbar dargetan, dass von einer einst­weiligen Anord­nung in ihren Pla­nungen und Dis­po­si­ti­­­o­­nen unmit­tel­bar auch Dritte betroffen wären, etwa Stu­dien­an­­fänger, die sich für ein Stu­dium an der BTUCS zum Win­ter­se­me­­ster 2013/2014 ent­­­­schie­­den haben, aber nicht auf­neh­men könn­ten, würde die Errich­­­­tung der BTUCS auf unbestimmte Zeit hin­aus­­ge­schoben. Ebenso könnten bei Erlass der begehrten einst­­wei­ligen Anordnung Ver­­fah­ren zur Berufung neuer Pro­fes­so­ren an die BTUCS erst mit Zurück­­­­weisung der Ver­fas­sungs­be­schwerde eröff­­­­­net werden.

c. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin infolge der bis zu einer Ent­scheidung in der Hauptsache währenden Geltung des Hoch­schulneustrukturierungsgesetzes besonders schwere Nach­­­­teile nicht erleiden wird bzw. die ihr drohenden Nachteile jeden­­falls nicht deutlich gewichtiger wären als die Einbußen, wel­­­che den von einem vorläufigen Aufschub des Gesetzesvollzugs Betrof­fenen entstünden, ist der Erlass der beantragten einst­wei­­ligen Anordnung zum gemeinen Wohl nicht dringend geboten.

C.

Der Beschluss ist mit 7 zu 1 Stimmen ergangen. Er ist unan­fecht­­bar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Lammer Dr. Nitsche
   
Partikel Schmidt