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VerfGBbg, Beschluss vom 19. Februar 2021 - VfGBbg 39/20 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
- StPO, § 172 Abs. 3 Satz 1
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- unzureichende Begründung
- Antrag auf gerichtliche Entscheidung
- Klageerzwingungsverfahren
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Februar 2021 - VfGBbg 39/20 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 39/20




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 39/20

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

P.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte:               Rechtsanwälte
                                                                Dr. Z.,

beteiligt:

Präsident
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts,
Gertrud-Piter-Platz 11,
14770 Brandenburg an der Havel,

wegen

Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. März 2020 - 2 Ws 32/20

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 19. Februar 2021

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Dr. Lammer, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

A.

I.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines bewaldeten Grundstücks in H./T., sowie Miteigentümer eines bewaldeten Grundstückes in R./T. („das/die Waldgrundstück(e)“). Die Berufsgenossenschaft S. setzte für die Waldgrundstücke Unfallversicherungsbeiträge für das Jahr 2018 fest, für das im Miteigentum stehende Waldgrundstück zusätzlich einen Beitragsvorschuss für das Jahr 2019. Die hiergegen erhobenen Widersprüche des Beschwerdeführers, die sich u. a. gegen die Beitragspflicht als solche richteten, wies ein Widerspruchsausschuss der Berufsgenossenschaft S. im August 2019 zurück.

Der Beschwerdeführer stellte bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder im September 2019 gegen die Mitglieder des Widerspruchsausschusses Strafantrag wegen Rechtsbeugung durch den Erlass der Widerspruchsbescheide.

Die Staatsanwaltschaft lehnte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mangels Anhaltspunkten für ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitglieder des Widerspruchsausschusses mit Bescheid vom 27. September 2019 ab.

Die gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft gerichtete Beschwerde wies die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg mit Bescheid vom 8. Januar 2020 unter Bezugnahme auf die Gründe des Einstellungsbescheids als unbegründet zurück. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft entspreche der Sach- und Rechtslage. Neue Tatsachen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, seien weder vorgebracht noch ersichtlich.

Der Beschwerdeführer stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung („der Klageerzwingungsantrag“) beim Brandenburgischen Oberlandesgericht. In der in diesem Verfahren eingeholten Stellungnahme vom 19. Februar 2020 äußerte die Generalstaatsanwaltschaft, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung genüge nicht den Form-erfordernissen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO. Danach müsse die Antragsschrift die angebliche Tat, den Gang des Verfahrens und der Ermittlungen, deren Ergebnis, die vom Antragsteller angegriffenen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft und die zu ihrer Widerlegung geltend gemachten Gesichtspunkte und Erwägungen einschließlich der Beweismittel so wiedergeben, dass über die Berechtigung des Antrages ohne Rückgriff auf die Akten oder weitere Schriftstücke entschieden werden könne. Im Hinblick auf den Klageerzwingungsantrag fehle es an einer in sich geschlossenen Schilderung des Sachverhalts einschließlich der Benennung der geeigneten Beweismittel, die bei Unterstellung ihrer Richtigkeit die Erhebung der öffentlichen Klage rechtfertigen würden. Aus der Antragsschrift ergäben sich keine Anhaltspunkte für einen elementaren Rechtsbruch, der zudem vorsätzlich begangen werden müsse. Auch seien keinerlei Beweismittel benannt, die einen solchen Rechtsbruch nahelegten und die Mitglieder des Widerspruchsausschusses als taugliche Täter qualifizierten. Die in den Verwaltungsverfahren angesprochene Rechtsfrage sei strittig. Die Antragsschrift stelle nicht den konkreten Inhalt der die strittige Rechtsfrage behandelnden Entscheidungen dar. Dessen ungeachtet könne aus der Nichtbeachtung der vom Beschwerdeführer angeführten Gerichtsentscheidungen allein nicht auf einen vorsätzlich begangenen, elementaren Rechtsbruch geschlossen werden. Zu der den Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden Frage der Beitragspflicht in einer Berufsgenossenschaft herrschten unterschiedliche Rechtsansichten, die auf dem einschlägigen Rechtsweg auszutragen seien.

Mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 19. März 2020 verwarf das Oberlandesgericht den Klageerzwingungsantrag. Aus den von der Generalstaatsanwaltschaft in der Stellungnahme vom 19. Februar 2020 angeführten Gründen genüge die Antragsschrift nicht den gemäß § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO geltenden formalen Begründungsanforderungen. Warum die beanstandete Widerspruchsentscheidung auf einer unvertretbaren Rechtsaufassung beruhen und darüber hinaus ein beweisbarer, bewusster Rechtsbruch vorliegen solle, werde nicht verständlich dargelegt. Die genauen Inhalte der zitierten gerichtlichen Entscheidungen seien nicht näher ausgeführt.

II.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. März 2020 ‌‑ 2 Ws 32/20. Er rügt eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2 Verfassung des Landes Brandenburg. Das Oberlandesgericht habe ihm den Zugang zu einer gesetzlich eingeräumten Instanz in unzumutbarer Weise erschwert. Es habe die Anforderungen an die verständliche und hinreichend substantiierte Darstellung der Tatsachen überspannt, die den erhobenen Tatvorwurf der Rechtsbeugung in objektiver Hinsicht tragen könnten. Der Beschwerdeführer habe den Sachverhalt in der Antragsschrift ausführlich dargestellt und eindeutig Bezug auf den im Widerspruchsverfahren und dem späteren Anzeigeverfahren maßgeblichen Sachverhalt genommen. Die Entscheidungen von Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwalt seien wie ergangen wiedergegeben worden. Nicht nachvollziehbar sei, dass angegebene Verwaltungsakten nicht als Beweismittel erkannt worden seien. Auch die Tätigkeit der beschuldigten Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft sei mit dem Inhalt des Widerspruchsbescheids „vom 13. September 2017“ dargestellt worden. Die Begründung dieses Bescheids sei auch so dargestellt worden, dass es für eine Beurteilung eines strafrechtlichen Handelns der Beschuldigten ausreiche.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1, § 50 Abs. 1 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung. Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche umfassend und aus sich heraus verständlich die mögliche Verletzung der geltend gemachten Grundrechte des Beschwerdeführers hinreichend deutlich aufzeigt. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem Begehren zu ermöglichen. Dabei ist darzulegen, inwieweit die bezeichneten Grundrechte durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein sollen und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die Entscheidung kollidiert. Dazu bedarf es einer umfassenden Aufarbeitung der einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Rechtslage. Demnach muss der Beschwerdeführer ausgehend vom Entscheidungsinhalt aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus seiner Sicht im Einzelnen liegt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 19. Juni 2020 ‌‑ VfGBbg 10/19 ‑,‌ Rn. 7, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, m. w. N.).

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdeschrift nicht, auch nicht unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 19. Mai 2020. Sie setzt sich nicht mit der rechtlichen Begründung des Oberlandesgerichts im angegriffenen Beschluss auseinander, der aufzeigt, aus welchen Gründen der Klageerzwingungsantrag nicht den Begründungsanforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügt. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich vielmehr im Wesentlichen auf den Vortrag, dass der Sachverhalt im Klageerzwingungsantrag vollständig, nachvollziehbar und unter Verweis auf die Verwaltungsakten der Berufsgenossenschaft aufgezeigt worden sei. Auf die rechtliche Wertung des Oberlandesgerichts, wonach der Klageerzwingungsantrag eine den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügenden Darlegung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Rechtsbeugung vermissen lasse, geht die Verfassungsbeschwerde hingegen nicht ein.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dr. Becker

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Dr. Lammer

Sokoll

Dr. Strauß