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VerfGBbg, Beschluss vom 19. Januar 2006 - VfGBbg 280/03 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97; LV, Art. 98 Abs. 1
Schlagworte: - kommunale Selbstverwaltung
- Gemeindegebietsreform
- Verhältnismäßigkeit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Januar 2006 - VfGBbg 280/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 280/03



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren

Gemeinde Münchhausen,
vertreten durch das Amt Sonnewalde,
dieses vertreten durch die Amtsdirektorin,
Markt 26,
03249 Sonnewalde,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.,

wegen: kommunale Neugliederung;
hier: Auflösung der Gemeinde Münchhausen (Amt Sonnewalde) durch Eingliederung in die amtsfreie Stadt Sonnewalde

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Will

am 19. Januar 2006

b e s c h l o s s e n :

Die kommunale Verfassungsbeschwerde wird teils verworfen, im übrigen zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem Amt Sonnewalde angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Auflösung durch Eingliederung in die amtsfreie Stadt Sonnewalde.

I.

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gemeinde im äußeren Entwicklungsraum des Landes Brandenburg, gehörte zum nach dem sogenannten Modell 1 gebildeten Amt Sonnewalde. Das im Süden Brandenburgs, im Landkreis Elbe-Elster, gelegene Amt Sonnewalde grenzte im Osten, Süden und Westen an die zu diesem Landkreis gehörenden Ämter Kleine Elster, Doberlug-Kirchhain und Umland sowie Schlieben und die amtsfreie Stadt Finsterwalde. Der Landkreis Dahme-Spreewald begrenzte das Amt im Norden. Von den 4.010 Einwohnern des Amtes lebten ca. 3.000 in der Stadt Sonnewalde, ca. 640 in der Beschwerdeführerin und ca. 370 in Breitenau. Nach statistischen Erhebungen soll die Einwohnerzahl bis zum Jahr 2015 auf ca. 3.700 zurückgehen. Die Besiedlungsdichte im 118,53 km² großen Amt ist mit ca. 34 Einwohnern je km² unterdurchschnittlich für den äußeren Entwicklungsraum.

2.  Ende April/Anfang Mai 2002 versandte das Ministerium des Innern Anhörungsunterlagen für eine Anhörung der Beschwerdeführerin zu der beabsichtigten kommunalen Neugliederung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. In den ersten beiden Maiwochen wurden auch die Anhörungsunterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den Landrat des Landkreises Elbe-Elster versandt.

3. Das Amt Sonnewalde war 1992 aus ursprünglich elf Gemeinden und der Stadt Sonnewalde gebildet worden. Im Rahmen der Freiwilligkeitsphase der Gemeindegebietsreform wurden in allen Gemeinden des Amtes Bürgerentscheide durchgeführt. Eine Mehrheit von ca. 76 % in neun der elf Gemeinden entschied sich für einen Zusammenschluß mit den anderen Gemeinden des Amtes zu einer amtsfreien Gemeinde; die Bürger der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Breitenau lehnten dies ab. Den Gebietsänderungsvertrag der neun amtsangehörigen Gemeinden über den Zusammenschluß zur neuen Stadt Sonnewalde genehmigte das Ministerium des Innern mit Wirkung zum 1. Mai 2002. Den beabsichtigten Zusammenschluß der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Breitenau, dem ein Wechsel der neuen Gemeinde in das östlich des Amtes Sonnewalde angrenzende Amt Kleine Elster folgen sollte, lehnte das Ministerium des Innern im Oktober 2002 ab.

4.  Im September/Oktober desselben Jahres brachte die Landesregierung sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. Art. 1 § 13 des Entwurfs zum Sechsten Gemeindegebietsreformgesetz, zugleich Art. 1 § 13 des Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße (6. GemGebRefGBbg) sah die Eingliederung der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Breitenau in die Stadt Sonnewalde, bei gleichzeitiger Auflösung des Amtes Sonnewalde, vor. Der Innenausschuß des Landtages, an den die Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung verwiesen worden waren, führte am 23. Oktober 2002 vorab eine Anhörung zu grundsätzlichen Fragen durch. Zur Anhörung der Beschwerdeführerin vor dem Innenausschuß am 16. Januar 2003 wurde deren ehrenamtlicher Bürgermeister eingeladen. Das Gesetz wurde sodann im Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. Art. 1 § 13 des 6. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003 (GVBl. I S. 96), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober 2003) in Kraft getreten (s. Art. 6 des Artikelgesetzes), lautet:
 

§ 13
Verwaltungseinheit Amt Sonnewalde

(1) Die Gemeinden Münchhausen und Breitenau werden in die Stadt Sonnewalde eingegliedert.

(2) Das Amt Sonnewalde wird aufgelöst. Die Stadt Sonnewalde ist amtsfrei.

 

II.

Die Beschwerdeführerin hat am 10. November 2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht geltend, die Neugliederungsmaßnahme sei schon deshalb verfassungswidrig, weil weder die Bevölkerung des unmittelbar betroffenen Gebietes noch sie selbst (als Gemeinde) ordnungsgemäß angehört worden seien. Die Anhörungsfehler seien „absolute Nichtigkeitsgründe“. Auf Fragen der Kausalität komme es nicht an. Daß sich von 302 Gemeinden, die der Gesetzgeber aufzulösen versucht habe, 250 mit kommunalen Verfassungsbeschwerden dagegen zur Wehr setzten, sei bereits ein „ernstes Indiz für die verfassungswidrige Gewalt der gesetzlichen Regelung“. Es fehle am Nachweis, daß die Beschwerdeführerin ungeeignet sei, den Anforderungen moderner Selbstverwaltung zu entsprechen. Der Abwägungsvorgang sei fehlerhaft.

Die Beschwerdeführerin beantragt festzustellen:

§  13 des Sechsten Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und Spree-Neiße vom 24. März 2003 verletzt die Beschwerdeführerin in ihren verfassungsmäßigen Rechten und ist deshalb nichtig.

III.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie die Stadt Sonnewalde hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Stadt Sonnewalde hält die Beschwerdeführerin bereits nicht für beschwerdebefugt, da die kommunale Verfassungsbeschwerde erst nach der Kommunalwahl vom 26. Oktober 2003 erhoben worden ist. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdeführerin aber bereits in die Stadt Sonnewalde eingegliedert gewesen. Diese Fristversäumnis habe die Beschwerdeführerin selbst verschuldet.

B.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.

I.

 Sie ist nur in begrenztem Umfang zulässig.

1.  Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist insofern unzulässig, als sie sich auch gegen die - hier in Art. 1 § 13 Abs. 1 des 6. GemGebRefGBbg geregelte - Eingliederung der Gemeinde Breitenau in die Stadt Sonnewalde richtet. Die Beschwerdeführerin ist insoweit nicht beschwerdebefugt. Gesichtspunkte für eine Beschwer sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Auch soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die in Art. 1 § 13 Abs. 2 Satz 1 des 6. GemGebRefGBbg bestimmte Auflösung des bisherigen Amtes Sonnewalde wendet, ist sie nicht beschwerdebefugt. Eine amtsangehörige Gemeinde kann nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichtes, die wegen der (bloßen) verwaltungsmäßigen Hilfsfunktion des - wie auch immer zustandegekommenen bisherigen - Amtes für jedwede spätere Änderung der Amtszuordnung zu gelten hat, lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine geeignete (Amts-)Verwaltung, nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form und in dem bisherigen Zuschnitt zur Verfügung steht (Beschluß vom 16. Mai 2002 - VfGBbg 57/01 -, LKV 2002, 515 sowie Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116 = LKV 2002, 573, 574 = NJ 2002, 642). Soweit sich die kommunale Verfassungsbeschwerde einer amtsangehörigen Gemeinde als begründet erweist und sie (folglich) als amtsangehörige Gemeinde fortbesteht, hat das Land dafür zu sorgen, daß ihr eine Verwaltung – durch Zuordnung zu einem Amt oder Bildung eines neuen Amtes, notfalls auch unter Wiederbelebung der früheren Amtsmodelle 2 oder 3 - zur Verfügung steht. Je nach Art der dann getroffenen Regelung, die also gegebenenfalls abzuwarten bleibt, mag Anlaß für eine darauf bezogene gerichtliche Überprüfung bestehen. Festhalten an dem einmal gefundenen Zuschnitt der Amtsverwaltung kann die einzelne Gemeinde das Land aber grundsätzlich nicht.

2.  Im übrigen ist die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als fortbestehend. Insoweit ist es daher unerheblich, dass die kommunale Verfassungsbeschwerde erst nach in Krafttreten der angegriffenen gesetzlichen Neugliederungsregelung erhoben wurde (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u. a. Beschlüsse vom 27. Mai 2004 – VfGBbg 224/03 und vom 24. Februar 2004 – VfGBbg 150/03). Ebenso wird die Beschwerdeführerin im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren weiter durch das bisherige Amt vertreten.
 

II.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die dafür nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen Grenzen sind hier nicht verletzt.

1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind eingehalten worden. Im Hinblick auf die insoweit von der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in einer Vielzahl von Verfahren kommunaler Verfassungsbeschwerden im wesentlichen gleichlautend vorgebrachten Einwände wird auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg (vgl. u.a. Urteile vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, LVerfGE 14, 203, sowie vom 16. Juni 2005 - VfGBbg 48/03 -, und Beschlüsse vom 16. September 2004 - VfGBbg 102/03 und 118/03 - www.verfassungsgericht.brandenburg.de) Bezug genommen.

2.  Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde bleibt auch in der Sache selbst im Einklang mit der Landesverfassung.

a)  In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des Begriffes „öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber auszufüllen, dem in dieser Hinsicht grundsätzlich – in dem von der Verfassung gesteckten Rahmen – ein Beurteilungsspielraum und politische Gestaltungsfreiheit in dem Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und Maßstäbe selbst festlegen kann.

Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat. Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, ständige Rechtsprechung, u. a. Beschluß vom 27. Mai 2004 - VfGBbg 138/03 - [Königsberg]; Bundesverfassungsgericht - BVerfG - , BVerfGE 50, 50, 51 [Laatzen]).

Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber den ermittelten Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrundegelegt und die mit ihr einhergehenden Vor- und Nachteile in vertretbarer Weise gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat.<I> </I>Hierbei darf sich das Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen, Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft, lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der Wertordnung der Verfassung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen, als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, ständige Rechtsprechung, u. a. Urteile vom 18. Juni 1998 – VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N., vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –,[Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116 = LKV 2002, 573, 574, und vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, a.a.O., sowie Beschlüsse vom 22. April 2004 – VfGBbg 182/03 –und vom 15. September 2005 - VfGBbg 113/03 -).

b)   In Anwendung dieser Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, und auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen:

aa) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend mit den tatsächlichen Verhältnissen befaßt.

(1) Die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten des Amtes, der Beschwerdeführerin wie auch der Nachbargemeinden sind in den Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (s. sog. Neugliederungssachverhalt in LT-Drucksache 3/5021, S. 275 ff.). Der Gesetzgeber erfaßte, daß die Stadt Sonnewalde nicht nur Sitz der Amtsverwaltung ist, sondern nach dem Teilregionalplan „Zentralörtliche Gliederung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald als Kleinzentrum im äußeren Entwicklungsraum ausgewiesen ist. Als solches sichert sie zum Teil die Versorgung für den umliegenden ländlichen Raum, insbesondere für den ihr zugewiesenen Nahbereich, zu dem die Beschwerdeführerin und die Gemeinde Breitenau gehören. Nicht nur zahlreiche Betriebe und Einrichtungen, z. B. eine Sparkassenfiliale, eine Postfiliale, eine Arztpraxis, eine Apotheke, eine Tankstelle und Lebensmittelmärkte hat der Gesetzgeber in der Stadt Sonnewalde gesehen, sondern auch eine Grundschule, eine Kinderbetreuungseinrichtung, eine Mehrzweckhalle sowie ein Jugendzentrum. Bauliche Verflechtungen der beiden eingegliederten Gemeinden zu anderen Siedlungsstrukturen - etwa zur Stadt Sonnewalde - bestehen nicht. Die im Gebiet der Beschwerdeführerin lebenden Schüler und ein Teil der Breitenauer Schüler besuchen die Grundschule in Sonnewalde. Die weiterführenden Schulen in Finsterwalde, Massen-Niederlausitz und Doberlug-Kirchhain werden von beiden Gemeinden in Anspruch genommen. Die Beschwerdeführerin verfügt über eine Kindertagesstätte. Die zwischen den drei ehemals amtsangehörigen Gemeinden bestehenden Verkehrsverbindungen hat der Gesetzgeber ermittelt. Er hat auch gesehen, daß die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung im Gebiet der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Breitenau durch den TAZ Sonnewalde gesichert wird. Die Ortsteile Schönewalde und Ossak der Beschwerdeführerin gehören zur evangelischen Kirchgemeinde der Stadt Sonnewalde. Berücksichtigt hat der Gesetzgeber auch die Haushaltslage: Die Steuerkraft der Beschwerdeführerin liegt bei knapp der Hälfte des Landesdurchschnitts dieser Gemeindegrößenklasse. Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit ist bei geringem Steuereinkommen und erheblichen Umlageverpflichtungen stark von Investitionszuweisungen des Landes abhängig. Eine entsprechende Abhängigkeit hat der Gesetzgeber auch bei der Gemeinde Breitenau dargestellt. In der Stadt Sonnewalde konnten bedeutende Investitionen über 250 TDM trotz einer im Landesdurchschnitt liegenden Steuerkraft teilweise nur durch hohe Investitionszuweisungen realisiert werden.

(2) Diese Sachverhaltsermittlung begegnet keinen verfassungsrelevanten Bedenken. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig erfaßt und gewürdigt hat. Wie verbunden die Gemeinden im Detail jetzt sind, ist bei der Prognoseentscheidung zur Gemeindegebietsneugliederung von untergeordneter Bedeutung. Ins Gewicht fällt vielmehr nur, ob er die für die Durchführung des gewählten Leitbildes bestimmenden Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt richtig erkannt und daraus sachgerechte Folgerungen gezogen hat. Nur wenn die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten wird und es möglich ist, daß die Neugliederung bei Zugrundelegung des behaupteten abweichenden Sachverhalts anders ausgefallen wäre, besteht eine Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl. SächsVerfGH, LVerfGE 10, 375, 398 „[mit-]entscheidend“; VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, EA S. 25; StGH BW, NJW 1975, 1205, 1213). Derartige Tatsachen sind weder von der Beschwerdeführerin vorgetragen noch sonst ersichtlich.

bb)  Dem Gesetzgeber stehen im Sinne von Art. 98 Abs. 1 LV Gründe des öffentlichen Wohls zur Seite. Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde verbunden mit der Auflösung des Amtes Sonnewalde erstrebt eine Stärkung der Verwaltungskraft. Nachvollziehbar beruft der Gesetzgeber sich darauf, daß Ämter nicht weniger als 5.000 und amtsangehörige Gemeinden regelmäßig nicht weniger als 500 Einwohner haben sollen. Zwar wäre die Erhaltung eines Amtes als örtliche Verwaltungseinheit im äußeren Entwicklungsraum bei Fehlen eines Zentralortes nach dem vom Gesetzgeber selbst gewählten Reformleitbild grundsätzlich möglich (vgl. Leitbild unter I. 2. a) bb) und b), LT-Drucksache 3/5021, S. 24 f.). Zugleich aber steht nach dem Leitbild die deutlich unter dem Richtwert von 5.000 für Ämter liegende Einwohnerzahl des bisherigen Amtes Sonnewalde (4.010) einer Beibehaltung der Amtsstrukturen entgegen (vgl. Leitbild unter I. 2. b) bb) Satz 1 des Leitbildes, LT-Drucksache 3/5021, S. 25, 43 f.).

(1) Daß die Stärkung der Verwaltungskraft sowie die Straffung und Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltungen durch die Bildung von Einheitsgemeinden Gründe des öffentlichen Wohls sind, welche eine kommunale Neugliederung zu rechtfertigen vermögen, hat das Landesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden, insbesondere zum Unterfall der Behebung von Strukturproblemen im Stadtumland (Urteile vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, a.a.O., und - VfGBbg 97/03 -) aber auch für den äußeren Entwicklungsbereich (zuletzt Beschluß vom 20. Oktober 2005 - VfGBbg 277/03 -) sowie zum vorausgegangenen Gesetz zur Reform der Gemeindestruktur und zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden im Land Brandenburg vom 13. März 2001 (vgl. Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116 = LKV 2002, 573, 574). Eine kommunale Neugliederung setzt nicht voraus, daß Mängel in der bisherigen Aufgabenerfüllung bestehen oder eine Gemeinde keine ausreichende Verwaltungs- und Leistungskraft besitzt. Vielmehr kann auch eine weitere Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Urteil vom 26. August 2004 - VfGBbg 230/03 - und Beschluß vom 18. November 2004 - VfGBbg 167/03 -). Einer solchen Verbesserung dient hier die Umsetzung der Leitbildbestimmungen.

(2)  Auch die Vorgabe einer Mindesteinwohnerzahl für das Amt als Verwaltungseinheit im Leitbild (I. 2. b) bb), LT-Drucksache 3/5021, a.a.O.) des Gesetzgebers ist ein dem öffentlichen Wohl dienendes Neugliederungsziel. Eine leistungsfähige Verwaltung setzt eine gewisse Einwohnerzahl voraus, die ein Mindestmaß an finanzieller Leistungskraft sicherstellt. Erst ab einer bestimmten Größe der Verwaltung ist es möglich, daß das hauptamtliche Personal spezialisierte Tätigkeitsbereiche erhält und die Behörde zeitgemäß ausgestattet wird. Dementsprechend sind auch in anderen Bundesländern bei Gemeindegebietsreformen je nach Bevölkerungsdichte und Siedlungsstruktur Mindestgrößen für die einzelne Verwaltungseinheit zugrunde gelegt worden. So wurde z.B. in Nordrhein-Westfalen für ländliche Orte eine Größe von 8.000, in Niedersachsen von 5.000, in Rheinland-Pfalz von 7.500 und in Schleswig-Holstein von 5.000 Einwohnern angestrebt (vgl. von Unruh/Thieme/Scheuner, Die Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 110). Auch in Bayern ist seinerzeit bei der Gemeindegebietsreform nicht nur der Richtwert von 5.000 Einwohnern pro Verwaltungseinheit (Einheitsgemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft), sondern auch ein Richtwert von 1.000 Einwohnern für die einzelne Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft zugrunde gelegt worden. Derartige Vorgaben sind verfassungsgerichtlich jeweils unbeanstandet geblieben (siehe etwa VerfGH Sachsen, Urteil vom 18. November 1999 – Vf. 174-VIII-98 -; StGH Bad.-Württ., DVBl 1975, 385, 391; vgl. auch BayVGH, BayVBl 1979, 146, 148). Auch im Schrifttum werden Vorgaben nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen (s. etwa Hoppe/Stüer, DVBl 1992, S. 641, 652: Bildung von Verwaltungsgemeinschaften/Ämterverwaltungen mit „numerischen Vorgaben insbesondere für akzeptable Mindestzahlen von Einwohnern“), wenngleich zu der exakten zahlenmäßigen Fixierung der Mindestgröße unterschiedliche Auffassungen bestehen mögen. Wenn der Gesetzgeber sich in seinem Leitbild auf den hier in Rede stehenden Richtwert von 5.000 Einwohnern festgelegt hat, dann sind seine diesbezüglichen Wertungen und Erwägungen nicht offensichtlich fehlerhaft oder widerlegbar (so bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002, a.a.O. sowie u.a. Beschluß vom 26. Februar 2004 - VfGBbg 150/03 -, S. 17 f. des Entscheidungsabdrucks). Es ist daher leitbildgerecht, daß der Gesetzgeber das diesen Richtwert unterschreitende Amt Sonnewalde auflöste und die ihm bislang angehörenden Gemeinden die amtsfreie Stadt Sonnewalde bilden. Dabei liegt in dem Vorteil, daß sich durch die Bildung einer amtsfreien Stadt die Anzahl der Verwaltungseinheiten reduziert, ein zulässiger Differenzierungsgrund dafür, daß das Leitbild des Gesetzgebers bei amtsfreien Gemeinden - bzw. hier bei einer amtsfreien Stadt - in nur dünn besiedelten Landesteilen unter Beachtung der Raum- und Siedlungsstruktur Unterschreitungen der Mindestzahl von 5.000 Einwohnern zuläßt (I. 2. a) Satz 3 nach dd) des Leitbildes, LT-Drucksache 3/5021, S. 25), nicht aber bei Ämtern vergleichbarer Einwohnerzahl. Darauf stützt sich der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise, indem er anführt, daß das Amt Sonnewalde mit 34 Einwohnern pro km² bei einem Durchschnitt von 49 Einwohnern pro km² im äußeren Entwicklungsraum ein sehr dünn besiedeltes Amt ist.

cc) Zur Erreichung dieser Reformziele ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde nicht offensichtlich ungeeignet. Das Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß das Ziel einer Bereinigung der Klein- und Kleinstgemeindestruktur durch die Eingliederung der Beschwerdeführerin eindeutig verfehlt würde.

dd) Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde ist auch nicht unverhältnismäßig.

Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für den Fortbestand der einzugliedernden Gemeinde sprechenden Gründen erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW 1975, 1205, 1211). Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls kann der Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, a.a.O.).

Der Gesetzgeber hat die Vor- und Nachteile seines Neugliederungsvorhabens hier in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen und ist zu einem verfassungsrechtlich vertretbaren Ergebnis gelangt. Danach besitzen die für eine Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde sprechenden Gründe das größere Gewicht.

(1)  Die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung war dem Gesetzgeber gegenwärtig. Er hat die Belange der Einwohner im Blick gehabt und sich damit auseinandergesetzt, ablesbar aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (s. LT-Drucksache 3/5021, S. 270 ff.). Auf der anderen Seite hat er als gegenläufige Belange in zulässiger und vertretbarer Weise die niedrige Einwohnerzahl des Amtes Sonnewalde sowie der Gemeinde Breitenau berücksichtigt und eine für alle drei amtsangehörigen Gemeinden leitbildgerechte Regelung getroffen. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung von der Notwendigkeit der Bildung einer größeren Verwaltungseinheit durch Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde ausging.

(2) Der Gesetzgeber durfte seiner Entscheidung auch die Strukturaussage I. 2. a) dd) seines Leitbildes zugrundelegen, wonach die Bildung einer amtsfreien Gemeinde mit geringer Einwohnerzahl eine Alternative zur Bildung größerer Ämter aus derzeitigen Ämtern mit geringer Einwohnerzahl sein kann (LT-Drucksache 3/5021, S. 39, 279). Nachvollziehbar ist, daß diese Leitbildvorgabe die Bildung amtsfreier Gemeinden im äußeren Entwicklungsraum auch dann ermöglichen soll, wenn Ämter und damit zugleich die entstehenden amtsfreien Gemeinden weniger als 5.000 Einwohner aufweisen. Mit der Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde bei gleichzeitiger Auflösung des Amtes verfolgt der Gesetzgeber systemkonform das von ihm selbst gesetzte Ziel, die innerhalb des bisher bestehenden Amtes gewachsenen Verflechtungen und Synergien zu erhalten und zu verstärken, sofern der überwiegende Wille der dem Amt bislang angehörenden Gemeinden hierauf gerichtet ist (LT-Drucksache 3/5021, a.a.O.). Einen derartigen Sachverhalt fand der Gesetzgeber hier vor.

(3) Auch begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß der im Rahmen der Freiwilligkeitsphase der Gemeindegebietsreform abgeschlossene Gebietsänderungsvertrag mit Wirkung zum 1. Mai 2002 genehmigt wurde, bevor die nunmehr angegriffene Gebietsneugliederung in Kraft trat. Vielmehr resultiert aus Art. 97 Abs. 1 Satz 1 LV und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG der Vorrang freiwilliger Gebietsänderungen als Bestandteil der Selbstverwaltungsgarantie. Zu deren historisch gewachsenem Bild gehört, daß der freiwillige Zusammenschluß die Regel, der zwangsweise Eingriff dagegen die Ausnahme bildet (Ule, VerwArch Bd. 60, 101, 121; Scholtissek, DVBl. 1968, 825, 829). Dieser Grundsatz der Subsidiarität des gesetzgeberischen Eingreifens gebietet dem Gesetzgeber, nur dann Gebietskörperschaften - wie hier die Beschwerdeführerin - gegen deren Willen einzugemeinden, wenn eine freiwillige Lösung entsprechend dem Reform-Leitbild bis zum Abschluß der Freiwilligkeitsphase nicht zustande gekommen ist (BVerfG, BVerfGE 50, 50, 50; 86, 90, 107; LVerfG SA, LVerfGE 2, 227, 266).

(4) Eine vorzugswürdige leitbildgerechte Alternative ist nicht gegeben. Der Gesetzgeber hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, die Ämter Sonnewalde und Kleine Elster zusammenzulegen (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S. 280). Zwar wäre so die Amtsstruktur und mit ihr die kommunale Existenz der Beschwerdeführerin als Gemeinde erhalten geblieben. Der Gesetzgeber durfte aber ein solches Amt unter Hinweis auf das Überwiegen der damit einhergehenden Nachteile ablehnen. Er hat zur Begründung seiner Neugliederungsentscheidung Vor- und Nachteile eines Ämterzusammenschlusses nachvollziehbar dargelegt und gegeneinander abgewogen. Hierbei legte er zunächst zugrunde, daß beide Gestaltungsmöglichkeiten - amtsfreie Stadt Sonnewalde bzw. Zusammenschluß der Ämter Sonnewalde und Kleine Elster - mit Blick auf die Grundaussage I. 2. a) dd) des Leitbildes als gleichwertig anzusehen sind (LT-Drucksache 3/5021, S. 279). Als vorteilhaft bei einer Ämterzusammenlegung bewertete er, daß den anfangs durch die organisatorische Zusammenlegung beider Amtsverwaltungen verursachten höheren Kosten langfristig höhere Einsparungen entgegenstehen könnten. Dagegen beurteilte er es als überwiegend nachteilig, daß ein großes Amt erhebliche Entfernungen zum Amtssitz in Sonnewalde - bis zu 24 km - zur Folge hätte. Hinzu kommt, dass eine Konzentration der Haushalte und damit die Möglichkeit schwerpunktbezogener Investitionen ausgeschlossen wäre. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Erwägung des Gesetzgebers, dass bei der Bildung eines großen Amtes die Übereinstimmung mit der landesplanerischen Zuordnung nicht mehr gegeben wäre: Wesentliche Gebiete, die zum Nahbereich Finsterwalde gehören, würden von einem Amt Sonnewalde - Kleine Elster (Niederlausitz) verwaltet werden, wodurch in raumordnerischen Fragen eine Verschärfung des Gegensatzes Stadt – Land nicht ausgeschlossen werden könnte.

(5) Es ist nicht verfehlt, wenn der Gesetzgeber bei seiner Neugliederungsentscheidung auch berücksichtigt, daß zwischen der Beschwerdeführerin und der Stadt Sonnewalde umfangreiche Verbindungen im Personennahverkehr und im Bereich der Kirchenarbeit bestehen sowie eine Zusammenarbeit auch bisher schon im Rahmen des Trink- und Abwasserzweckverbandes Sonnewalde erfolgte.

ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen.

(1) Der Gesetzgeber war nicht durch die finanziellen Folgen an einer Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde gehindert. Für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich oder auch nur in erster Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner der einzelnen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den Interessen des gesamten neu zu gliedernden Verwaltungsraumes und seiner Bevölkerung sowie darüber hinaus der Gesamtbevölkerung des Landes am besten entspricht. Erfahrungsgemäß kann der Wohlstand einer Gemeinde auf Lagevorteilen - etwa einer verkehrsgünstigen Lage an der Schnittstelle zwischen Autobahn und Bundesstraße - beruhen, wenn auch die sich aus der günstigen Lage ergebenden Chancen genutzt werden müssen. Umgekehrt kann Verschuldung jedenfalls teilweise aus Lagenachteilen herrühren, etwa wenn Infrastruktureinrichtungen unterhalten werden müssen, die zugleich den Menschen aus Nachbargemeinden zugute kommen, und gleichzeitig günstige Entwicklungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind oder durch bestehende (Wohn-)Bebauung nicht lohnend genutzt werden können. Unabhängig davon ist die Finanzlage und damit auch der Beitrag, den die Einwohner mit einem neu zugeschnittenen Gebiet und Ressourcen zu leisten vermögen, naturgemäß nicht von Dauer, sondern veränderlich. Die wirtschaftliche Entwicklung des Gesamt-Neugliederungsgebietes ist so oder so nicht sicher einschätzbar.

(2)  Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich auch, wie der Gesetzgeber den geäußerten Willen der Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der Anhörung der Bevölkerung der Beschwerdeführerin resultierenden Stellungnahmen (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S. 270 ff.) zur beabsichtigten Neugliederung lagen im Landtag vor und sind damit in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. Das Ergebnis des Bürgerentscheids war dem Gesetzgeber bekannt. An das sich daraus ergebende Stimmungsbild ist der Gesetzgeber aber nicht gebunden. Das Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers von Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum, größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche Gegebenheiten - wie etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde - ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der Landtag in den Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er nicht dem Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung der Beschwerdeführerin gefolgt ist, sondern den für die Eingliederung in die Stadt Sonnewalde sprechenden Umständen mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit der nunmehr amtsfreien Stadt Sonnewalde zu erhöhen, das höhere Gewicht beigemessen hat.

C.

Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt. VerfGGBbg.
 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
   
Prof. Dr. Harms-Ziegler Dr. Jegutidse
   
Dr. Knippel Prof. Dr. Will