In dem kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren
Gemeinde Münchhausen,
vertreten durch das Amt Sonnewalde,
dieses vertreten durch die Amtsdirektorin,
Markt 26,
03249 Sonnewalde,
Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin
M.,
wegen: |
kommunale Neugliederung;
hier: Auflösung der Gemeinde Münchhausen (Amt Sonnewalde) durch
Eingliederung in die amtsfreie Stadt Sonnewalde |
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr.
Will
am 19. Januar 2006
b e s c h l o s s e n :
Die kommunale Verfassungsbeschwerde wird
teils verworfen, im übrigen zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem
Amt Sonnewalde angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Auflösung durch
Eingliederung in die amtsfreie Stadt Sonnewalde.
I.
1. Die Beschwerdeführerin, eine Gemeinde
im äußeren Entwicklungsraum des Landes Brandenburg, gehörte zum nach dem
sogenannten Modell 1 gebildeten Amt Sonnewalde. Das im Süden Brandenburgs,
im Landkreis Elbe-Elster, gelegene Amt Sonnewalde grenzte im Osten, Süden
und Westen an die zu diesem Landkreis gehörenden Ämter Kleine Elster,
Doberlug-Kirchhain und Umland sowie Schlieben und die amtsfreie Stadt
Finsterwalde. Der Landkreis Dahme-Spreewald begrenzte das Amt im Norden. Von
den 4.010 Einwohnern des Amtes lebten ca. 3.000 in der Stadt Sonnewalde, ca.
640 in der Beschwerdeführerin und ca. 370 in Breitenau. Nach statistischen
Erhebungen soll die Einwohnerzahl bis zum Jahr 2015 auf ca. 3.700
zurückgehen. Die Besiedlungsdichte im 118,53 km² großen Amt ist mit ca. 34
Einwohnern je km² unterdurchschnittlich für den äußeren Entwicklungsraum.
2. Ende April/Anfang Mai 2002 versandte das Ministerium des Innern
Anhörungsunterlagen für eine Anhörung der Beschwerdeführerin zu der
beabsichtigten kommunalen Neugliederung mit der Gelegenheit zur
Stellungnahme. In den ersten beiden Maiwochen wurden auch die
Anhörungsunterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den Landrat des
Landkreises Elbe-Elster versandt.
3. Das Amt Sonnewalde war 1992 aus ursprünglich elf Gemeinden und der Stadt
Sonnewalde gebildet worden. Im Rahmen der Freiwilligkeitsphase der
Gemeindegebietsreform wurden in allen Gemeinden des Amtes Bürgerentscheide
durchgeführt. Eine Mehrheit von ca. 76 % in neun der elf Gemeinden entschied
sich für einen Zusammenschluß mit den anderen Gemeinden des Amtes zu einer
amtsfreien Gemeinde; die Bürger der Beschwerdeführerin und der Gemeinde
Breitenau lehnten dies ab. Den Gebietsänderungsvertrag der neun
amtsangehörigen Gemeinden über den Zusammenschluß zur neuen Stadt Sonnewalde
genehmigte das Ministerium des Innern mit Wirkung zum 1. Mai 2002. Den
beabsichtigten Zusammenschluß der Beschwerdeführerin und der Gemeinde
Breitenau, dem ein Wechsel der neuen Gemeinde in das östlich des Amtes
Sonnewalde angrenzende Amt Kleine Elster folgen sollte, lehnte das
Ministerium des Innern im Oktober 2002 ab.
4. Im September/Oktober desselben Jahres brachte die Landesregierung
sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag
ein. Art. 1 § 13 des Entwurfs zum Sechsten Gemeindegebietsreformgesetz,
zugleich Art. 1 § 13 des Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform
betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster,
Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße (6. GemGebRefGBbg) sah die
Eingliederung der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Breitenau in die Stadt
Sonnewalde, bei gleichzeitiger Auflösung des Amtes Sonnewalde, vor. Der
Innenausschuß des Landtages, an den die Gesetzentwürfe nach der ersten
Lesung verwiesen worden waren, führte am 23. Oktober 2002 vorab eine
Anhörung zu grundsätzlichen Fragen durch. Zur Anhörung der
Beschwerdeführerin vor dem Innenausschuß am 16. Januar 2003 wurde deren
ehrenamtlicher Bürgermeister eingeladen. Das Gesetz wurde sodann im Frühjahr
2003 vom Landtag verabschiedet. Art. 1 § 13 des 6. GemGebRefGBbg vom 24.
März 2003 (GVBl. I S. 96), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26.
Oktober 2003) in Kraft getreten (s. Art. 6 des Artikelgesetzes), lautet:
§ 13
Verwaltungseinheit Amt Sonnewalde
(1) Die Gemeinden Münchhausen und
Breitenau werden in die Stadt Sonnewalde eingegliedert.
(2) Das Amt Sonnewalde wird aufgelöst. Die Stadt Sonnewalde ist amtsfrei.
II.
Die Beschwerdeführerin hat am 10. November
2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht geltend, die
Neugliederungsmaßnahme sei schon deshalb verfassungswidrig, weil weder die
Bevölkerung des unmittelbar betroffenen Gebietes noch sie selbst (als
Gemeinde) ordnungsgemäß angehört worden seien. Die Anhörungsfehler seien
„absolute Nichtigkeitsgründe“. Auf Fragen der Kausalität komme es nicht an.
Daß sich von 302 Gemeinden, die der Gesetzgeber aufzulösen versucht habe,
250 mit kommunalen Verfassungsbeschwerden dagegen zur Wehr setzten, sei
bereits ein „ernstes Indiz für die verfassungswidrige Gewalt der
gesetzlichen Regelung“. Es fehle am Nachweis, daß die Beschwerdeführerin
ungeeignet sei, den Anforderungen moderner Selbstverwaltung zu entsprechen.
Der Abwägungsvorgang sei fehlerhaft.
Die Beschwerdeführerin beantragt
festzustellen:
§ 13 des Sechsten Gesetzes zur
landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise
Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und
Spree-Neiße vom 24. März 2003 verletzt die Beschwerdeführerin in ihren
verfassungsmäßigen Rechten und ist deshalb nichtig.
III.
Der Landtag Brandenburg, die
Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie die Stadt
Sonnewalde hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Stadt Sonnewalde hält die Beschwerdeführerin bereits nicht für
beschwerdebefugt, da die kommunale Verfassungsbeschwerde erst nach der
Kommunalwahl vom 26. Oktober 2003 erhoben worden ist. Zu diesem Zeitpunkt
sei die Beschwerdeführerin aber bereits in die Stadt Sonnewalde
eingegliedert gewesen. Diese Fristversäumnis habe die Beschwerdeführerin
selbst verschuldet.
B.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt
ohne Erfolg.
I.
Sie ist nur in begrenztem Umfang
zulässig.
1. Die kommunale
Verfassungsbeschwerde ist insofern unzulässig, als sie sich auch gegen die -
hier in Art. 1 § 13 Abs. 1 des 6. GemGebRefGBbg geregelte - Eingliederung
der Gemeinde Breitenau in die Stadt Sonnewalde richtet. Die
Beschwerdeführerin ist insoweit nicht beschwerdebefugt. Gesichtspunkte für
eine Beschwer sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Auch soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die in Art. 1 § 13 Abs. 2 Satz
1 des 6. GemGebRefGBbg bestimmte Auflösung des bisherigen Amtes Sonnewalde
wendet, ist sie nicht beschwerdebefugt. Eine amtsangehörige Gemeinde kann
nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichtes, die wegen der
(bloßen) verwaltungsmäßigen Hilfsfunktion des - wie auch immer
zustandegekommenen bisherigen - Amtes für jedwede spätere Änderung der
Amtszuordnung zu gelten hat, lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine
geeignete (Amts-)Verwaltung, nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form
und in dem bisherigen Zuschnitt zur Verfügung steht (Beschluß vom 16. Mai
2002 - VfGBbg 57/01 -, LKV 2002, 515 sowie Urteil vom 29. August 2002 -
VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116 = LKV 2002,
573, 574 = NJ 2002, 642). Soweit sich die kommunale Verfassungsbeschwerde
einer amtsangehörigen Gemeinde als begründet erweist und sie (folglich) als
amtsangehörige Gemeinde fortbesteht, hat das Land dafür zu sorgen, daß ihr
eine Verwaltung – durch Zuordnung zu einem Amt oder Bildung eines neuen
Amtes, notfalls auch unter Wiederbelebung der früheren Amtsmodelle 2 oder 3
- zur Verfügung steht. Je nach Art der dann getroffenen Regelung, die also
gegebenenfalls abzuwarten bleibt, mag Anlaß für eine darauf bezogene
gerichtliche Überprüfung bestehen. Festhalten an dem einmal gefundenen
Zuschnitt der Amtsverwaltung kann die einzelne Gemeinde das Land aber
grundsätzlich nicht.
2. Im übrigen ist die kommunale Verfassungsbeschwerde der
Beschwerdeführerin gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§
12 Nr. 5, 51 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg)
statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin
ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung
beteiligtenfähig. Eine Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für
die Dauer des gegen ihre Auflösung gerichteten
Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als fortbestehend. Insoweit ist es
daher unerheblich, dass die kommunale Verfassungsbeschwerde erst nach in
Krafttreten der angegriffenen gesetzlichen Neugliederungsregelung erhoben
wurde (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u. a. Beschlüsse vom 27.
Mai 2004 – VfGBbg 224/03 und vom 24. Februar 2004 – VfGBbg 150/03). Ebenso
wird die Beschwerdeführerin im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren
weiter durch das bisherige Amt vertreten.
II.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst
als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich
unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein
ausgeschlossen. Die dafür nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen
Grenzen sind hier nicht verletzt.
1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind
eingehalten worden. Im Hinblick auf die insoweit von der
Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in einer Vielzahl von
Verfahren kommunaler Verfassungsbeschwerden im wesentlichen gleichlautend
vorgebrachten Einwände wird auf die ständige Rechtsprechung des
Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg (vgl. u.a. Urteile vom 18.
Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, LVerfGE 14, 203, sowie vom 16. Juni 2005 -
VfGBbg 48/03 -, und Beschlüsse vom 16. September 2004 - VfGBbg 102/03 und
118/03 - www.verfassungsgericht.brandenburg.de) Bezug genommen.
2. Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde
bleibt auch in der Sache selbst im Einklang mit der Landesverfassung.
a) In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre
körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen
des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des Begriffes
„öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber auszufüllen,
dem in dieser Hinsicht grundsätzlich – in dem von der Verfassung gesteckten
Rahmen – ein Beurteilungsspielraum und politische Gestaltungsfreiheit in dem
Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und Maßstäbe selbst festlegen kann.
Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den
entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat.
Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, ständige Rechtsprechung, u. a.
Beschluß vom 27. Mai 2004 - VfGBbg 138/03 - [Königsberg];
Bundesverfassungsgericht - BVerfG - , BVerfGE 50, 50, 51 [Laatzen]).
Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber den ermittelten
Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrundegelegt und die mit ihr
einhergehenden Vor- und Nachteile in vertretbarer Weise gewichtet und in die
Abwägung eingestellt hat.<I> </I>Hierbei darf sich das Verfassungsgericht
nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine Nachprüfung darauf
zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen, Wertungen und
Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft, lückenhaft oder
eindeutig widerlegbar sind oder der Wertordnung der Verfassung
widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige
Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen,
als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene
Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig
ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer
Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen
ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der
Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, ständige Rechtsprechung, u. a.
Urteile vom 18. Juni 1998 – VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N.,
vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –,[Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd.
13, 116 = LKV 2002, 573, 574, und vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -,
a.a.O., sowie Beschlüsse vom 22. April 2004 – VfGBbg 182/03 –und vom 15.
September 2005 - VfGBbg 113/03 -).
b) In Anwendung dieser
Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt
gestellt, daß für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt
Sonnewalde Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, und auf dieser Grundlage
eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im
einzelnen:
aa) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend
mit den tatsächlichen Verhältnissen befaßt.
(1) Die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten des Amtes, der
Beschwerdeführerin wie auch der Nachbargemeinden sind in den
Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (s. sog.
Neugliederungssachverhalt in LT-Drucksache 3/5021, S. 275 ff.). Der
Gesetzgeber erfaßte, daß die Stadt Sonnewalde nicht nur Sitz der
Amtsverwaltung ist, sondern nach dem Teilregionalplan „Zentralörtliche
Gliederung“ der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald als
Kleinzentrum im äußeren Entwicklungsraum ausgewiesen ist. Als solches
sichert sie zum Teil die Versorgung für den umliegenden ländlichen Raum,
insbesondere für den ihr zugewiesenen Nahbereich, zu dem die
Beschwerdeführerin und die Gemeinde Breitenau gehören. Nicht nur zahlreiche
Betriebe und Einrichtungen, z. B. eine Sparkassenfiliale, eine Postfiliale,
eine Arztpraxis, eine Apotheke, eine Tankstelle und Lebensmittelmärkte hat
der Gesetzgeber in der Stadt Sonnewalde gesehen, sondern auch eine
Grundschule, eine Kinderbetreuungseinrichtung, eine Mehrzweckhalle sowie ein
Jugendzentrum. Bauliche Verflechtungen der beiden eingegliederten Gemeinden
zu anderen Siedlungsstrukturen - etwa zur Stadt Sonnewalde - bestehen nicht.
Die im Gebiet der Beschwerdeführerin lebenden Schüler und ein Teil der
Breitenauer Schüler besuchen die Grundschule in Sonnewalde. Die
weiterführenden Schulen in Finsterwalde, Massen-Niederlausitz und
Doberlug-Kirchhain werden von beiden Gemeinden in Anspruch genommen. Die
Beschwerdeführerin verfügt über eine Kindertagesstätte. Die zwischen den
drei ehemals amtsangehörigen Gemeinden bestehenden Verkehrsverbindungen hat
der Gesetzgeber ermittelt. Er hat auch gesehen, daß die Trinkwasserver- und
Abwasserentsorgung im Gebiet der Beschwerdeführerin und der Gemeinde
Breitenau durch den TAZ Sonnewalde gesichert wird. Die Ortsteile Schönewalde
und Ossak der Beschwerdeführerin gehören zur evangelischen Kirchgemeinde der
Stadt Sonnewalde. Berücksichtigt hat der Gesetzgeber auch die Haushaltslage:
Die Steuerkraft der Beschwerdeführerin liegt bei knapp der Hälfte des
Landesdurchschnitts dieser Gemeindegrößenklasse. Ihre finanzielle
Leistungsfähigkeit ist bei geringem Steuereinkommen und erheblichen
Umlageverpflichtungen stark von Investitionszuweisungen des Landes abhängig.
Eine entsprechende Abhängigkeit hat der Gesetzgeber auch bei der Gemeinde
Breitenau dargestellt. In der Stadt Sonnewalde konnten bedeutende
Investitionen über 250 TDM trotz einer im Landesdurchschnitt liegenden
Steuerkraft teilweise nur durch hohe Investitionszuweisungen realisiert
werden.
(2) Diese Sachverhaltsermittlung begegnet keinen verfassungsrelevanten
Bedenken. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber sämtliche
tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig erfaßt und gewürdigt
hat. Wie verbunden die Gemeinden im Detail jetzt sind, ist bei der
Prognoseentscheidung zur Gemeindegebietsneugliederung von untergeordneter
Bedeutung. Ins Gewicht fällt vielmehr nur, ob er die für die Durchführung
des gewählten Leitbildes bestimmenden Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt
richtig erkannt und daraus sachgerechte Folgerungen gezogen hat. Nur wenn
die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten wird
und es möglich ist, daß die Neugliederung bei Zugrundelegung des behaupteten
abweichenden Sachverhalts anders ausgefallen wäre, besteht eine
Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl. SächsVerfGH, LVerfGE
10, 375, 398 „[mit-]entscheidend“; VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 -
VerfGH 39/74 -, EA S. 25; StGH BW, NJW 1975, 1205, 1213). Derartige
Tatsachen sind weder von der Beschwerdeführerin vorgetragen noch sonst
ersichtlich.
bb) Dem Gesetzgeber stehen im Sinne von Art. 98 Abs. 1 LV Gründe des
öffentlichen Wohls zur Seite. Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in
die Stadt Sonnewalde verbunden mit der Auflösung des Amtes Sonnewalde
erstrebt eine Stärkung der Verwaltungskraft. Nachvollziehbar beruft der
Gesetzgeber sich darauf, daß Ämter nicht weniger als 5.000 und
amtsangehörige Gemeinden regelmäßig nicht weniger als 500 Einwohner haben
sollen. Zwar wäre die Erhaltung eines Amtes als örtliche Verwaltungseinheit
im äußeren Entwicklungsraum bei Fehlen eines Zentralortes nach dem vom
Gesetzgeber selbst gewählten Reformleitbild grundsätzlich möglich (vgl.
Leitbild unter I. 2. a) bb) und b), LT-Drucksache 3/5021, S. 24 f.).
Zugleich aber steht nach dem Leitbild die deutlich unter dem Richtwert von
5.000 für Ämter liegende Einwohnerzahl des bisherigen Amtes Sonnewalde
(4.010) einer Beibehaltung der Amtsstrukturen entgegen (vgl. Leitbild unter
I. 2. b) bb) Satz 1 des Leitbildes, LT-Drucksache 3/5021, S. 25, 43 f.).
(1) Daß die Stärkung der Verwaltungskraft
sowie die Straffung und Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltungen durch
die Bildung von Einheitsgemeinden Gründe des öffentlichen Wohls sind, welche
eine kommunale Neugliederung zu rechtfertigen vermögen, hat das
Landesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden, insbesondere zum
Unterfall der Behebung von Strukturproblemen im Stadtumland (Urteile vom 18.
Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, a.a.O., und - VfGBbg 97/03 -) aber auch für
den äußeren Entwicklungsbereich (zuletzt Beschluß vom 20. Oktober 2005 -
VfGBbg 277/03 -) sowie zum vorausgegangenen Gesetz zur Reform der
Gemeindestruktur und zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden im Land
Brandenburg vom 13. März 2001 (vgl. Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg
34/01 - [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116 = LKV 2002, 573,
574). Eine kommunale Neugliederung setzt nicht voraus, daß Mängel in der
bisherigen Aufgabenerfüllung bestehen oder eine Gemeinde keine ausreichende
Verwaltungs- und Leistungskraft besitzt. Vielmehr kann auch eine weitere
Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Urteil vom 26. August 2004
- VfGBbg 230/03 - und Beschluß vom 18. November 2004 - VfGBbg 167/03 -).
Einer solchen Verbesserung dient hier die Umsetzung der
Leitbildbestimmungen.
(2) Auch die Vorgabe einer
Mindesteinwohnerzahl für das Amt als Verwaltungseinheit im Leitbild (I. 2.
b) bb), LT-Drucksache 3/5021, a.a.O.) des Gesetzgebers ist ein dem
öffentlichen Wohl dienendes Neugliederungsziel. Eine leistungsfähige
Verwaltung setzt eine gewisse Einwohnerzahl voraus, die ein Mindestmaß an
finanzieller Leistungskraft sicherstellt. Erst ab einer bestimmten Größe der
Verwaltung ist es möglich, daß das hauptamtliche Personal spezialisierte
Tätigkeitsbereiche erhält und die Behörde zeitgemäß ausgestattet wird.
Dementsprechend sind auch in anderen Bundesländern bei
Gemeindegebietsreformen je nach Bevölkerungsdichte und Siedlungsstruktur
Mindestgrößen für die einzelne Verwaltungseinheit zugrunde gelegt worden. So
wurde z.B. in Nordrhein-Westfalen für ländliche Orte eine Größe von 8.000,
in Niedersachsen von 5.000, in Rheinland-Pfalz von 7.500 und in
Schleswig-Holstein von 5.000 Einwohnern angestrebt (vgl. von Unruh/Thieme/Scheuner,
Die Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 110). Auch in Bayern
ist seinerzeit bei der Gemeindegebietsreform nicht nur der Richtwert von
5.000 Einwohnern pro Verwaltungseinheit (Einheitsgemeinde oder
Verwaltungsgemeinschaft), sondern auch ein Richtwert von 1.000 Einwohnern
für die einzelne Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft zugrunde
gelegt worden. Derartige Vorgaben sind verfassungsgerichtlich jeweils
unbeanstandet geblieben (siehe etwa VerfGH Sachsen, Urteil vom 18. November
1999 – Vf. 174-VIII-98 -; StGH Bad.-Württ., DVBl 1975, 385, 391; vgl. auch
BayVGH, BayVBl 1979, 146, 148). Auch im Schrifttum werden Vorgaben nicht
grundsätzlich in Zweifel gezogen (s. etwa Hoppe/Stüer, DVBl 1992, S. 641,
652: Bildung von Verwaltungsgemeinschaften/Ämterverwaltungen mit
„numerischen Vorgaben insbesondere für akzeptable Mindestzahlen von
Einwohnern“), wenngleich zu der exakten zahlenmäßigen Fixierung der
Mindestgröße unterschiedliche Auffassungen bestehen mögen. Wenn der
Gesetzgeber sich in seinem Leitbild auf den hier in Rede stehenden Richtwert
von 5.000 Einwohnern festgelegt hat, dann sind seine diesbezüglichen
Wertungen und Erwägungen nicht offensichtlich fehlerhaft oder widerlegbar
(so bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August
2002, a.a.O. sowie u.a. Beschluß vom 26. Februar 2004 - VfGBbg 150/03 -, S.
17 f. des Entscheidungsabdrucks). Es ist daher leitbildgerecht, daß der
Gesetzgeber das diesen Richtwert unterschreitende Amt Sonnewalde auflöste
und die ihm bislang angehörenden Gemeinden die amtsfreie Stadt Sonnewalde
bilden. Dabei liegt in dem Vorteil, daß sich durch die Bildung einer
amtsfreien Stadt die Anzahl der Verwaltungseinheiten reduziert, ein
zulässiger Differenzierungsgrund dafür, daß das Leitbild des Gesetzgebers
bei amtsfreien Gemeinden - bzw. hier bei einer amtsfreien Stadt - in nur
dünn besiedelten Landesteilen unter Beachtung der Raum- und
Siedlungsstruktur Unterschreitungen der Mindestzahl von 5.000 Einwohnern
zuläßt (I. 2. a) Satz 3 nach dd) des Leitbildes, LT-Drucksache 3/5021, S.
25), nicht aber bei Ämtern vergleichbarer Einwohnerzahl. Darauf stützt sich
der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise, indem er anführt, daß das
Amt Sonnewalde mit 34 Einwohnern pro km² bei einem Durchschnitt von 49
Einwohnern pro km² im äußeren Entwicklungsraum ein sehr dünn besiedeltes Amt
ist.
cc) Zur Erreichung dieser Reformziele ist die Eingliederung der
Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde nicht offensichtlich
ungeeignet. Das Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß
das Ziel einer Bereinigung der Klein- und Kleinstgemeindestruktur durch die
Eingliederung der Beschwerdeführerin eindeutig verfehlt würde.
dd) Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde ist
auch nicht unverhältnismäßig.
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der
Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für den
Fortbestand der einzugliedernden Gemeinde sprechenden Gründen erkennbar
überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH
OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW 1975, 1205, 1211). Da die kommunale
Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den Menschen
ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu vermitteln und damit die Grundlagen
der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur nicht
ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der
Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne
Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der
Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls kann der Eingriff in die
Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der
örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten
(vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002
- VfGBbg 34/01 -, a.a.O.).
Der Gesetzgeber hat die Vor- und Nachteile seines Neugliederungsvorhabens
hier in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen und ist zu
einem verfassungsrechtlich vertretbaren Ergebnis gelangt. Danach besitzen
die für eine Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde
sprechenden Gründe das größere Gewicht.
(1) Die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung war dem Gesetzgeber
gegenwärtig. Er hat die Belange der Einwohner im Blick gehabt und sich damit
auseinandergesetzt, ablesbar aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs
(s. LT-Drucksache 3/5021, S. 270 ff.). Auf der anderen Seite hat er als
gegenläufige Belange in zulässiger und vertretbarer Weise die niedrige
Einwohnerzahl des Amtes Sonnewalde sowie der Gemeinde Breitenau
berücksichtigt und eine für alle drei amtsangehörigen Gemeinden
leitbildgerechte Regelung getroffen. Es begegnet keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber zur Steigerung der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung von der Notwendigkeit der
Bildung einer größeren Verwaltungseinheit durch Eingliederung der
Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde ausging.
(2) Der Gesetzgeber durfte seiner Entscheidung auch die Strukturaussage I.
2. a) dd) seines Leitbildes zugrundelegen, wonach die Bildung einer
amtsfreien Gemeinde mit geringer Einwohnerzahl eine Alternative zur Bildung
größerer Ämter aus derzeitigen Ämtern mit geringer Einwohnerzahl sein kann
(LT-Drucksache 3/5021, S. 39, 279). Nachvollziehbar ist, daß diese
Leitbildvorgabe die Bildung amtsfreier Gemeinden im äußeren Entwicklungsraum
auch dann ermöglichen soll, wenn Ämter und damit zugleich die entstehenden
amtsfreien Gemeinden weniger als 5.000 Einwohner aufweisen. Mit der
Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Sonnewalde bei
gleichzeitiger Auflösung des Amtes verfolgt der Gesetzgeber systemkonform
das von ihm selbst gesetzte Ziel, die innerhalb des bisher bestehenden Amtes
gewachsenen Verflechtungen und Synergien zu erhalten und zu verstärken,
sofern der überwiegende Wille der dem Amt bislang angehörenden Gemeinden
hierauf gerichtet ist (LT-Drucksache 3/5021, a.a.O.). Einen derartigen
Sachverhalt fand der Gesetzgeber hier vor.
(3) Auch begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß der im
Rahmen der Freiwilligkeitsphase der Gemeindegebietsreform abgeschlossene
Gebietsänderungsvertrag mit Wirkung zum 1. Mai 2002 genehmigt wurde, bevor
die nunmehr angegriffene Gebietsneugliederung in Kraft trat. Vielmehr
resultiert aus Art. 97 Abs. 1 Satz 1 LV und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG der
Vorrang freiwilliger Gebietsänderungen als Bestandteil der
Selbstverwaltungsgarantie. Zu deren historisch gewachsenem Bild gehört, daß
der freiwillige Zusammenschluß die Regel, der zwangsweise Eingriff dagegen
die Ausnahme bildet (Ule, VerwArch Bd. 60, 101, 121; Scholtissek, DVBl.
1968, 825, 829). Dieser Grundsatz der Subsidiarität des gesetzgeberischen
Eingreifens gebietet dem Gesetzgeber, nur dann Gebietskörperschaften - wie
hier die Beschwerdeführerin - gegen deren Willen einzugemeinden, wenn eine
freiwillige Lösung entsprechend dem Reform-Leitbild bis zum Abschluß der
Freiwilligkeitsphase nicht zustande gekommen ist (BVerfG, BVerfGE 50, 50,
50; 86, 90, 107; LVerfG SA, LVerfGE 2, 227, 266).
(4) Eine vorzugswürdige leitbildgerechte Alternative ist nicht gegeben. Der
Gesetzgeber hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, die Ämter
Sonnewalde und Kleine Elster zusammenzulegen (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S.
280). Zwar wäre so die Amtsstruktur und mit ihr die kommunale Existenz der
Beschwerdeführerin als Gemeinde erhalten geblieben. Der Gesetzgeber durfte
aber ein solches Amt unter Hinweis auf das Überwiegen der damit
einhergehenden Nachteile ablehnen. Er hat zur Begründung seiner
Neugliederungsentscheidung Vor- und Nachteile eines Ämterzusammenschlusses
nachvollziehbar dargelegt und gegeneinander abgewogen. Hierbei legte er
zunächst zugrunde, daß beide Gestaltungsmöglichkeiten - amtsfreie Stadt
Sonnewalde bzw. Zusammenschluß der Ämter Sonnewalde und Kleine Elster - mit
Blick auf die Grundaussage I. 2. a) dd) des Leitbildes als gleichwertig
anzusehen sind (LT-Drucksache 3/5021, S. 279). Als vorteilhaft bei einer
Ämterzusammenlegung bewertete er, daß den anfangs durch die organisatorische
Zusammenlegung beider Amtsverwaltungen verursachten höheren Kosten
langfristig höhere Einsparungen entgegenstehen könnten. Dagegen beurteilte
er es als überwiegend nachteilig, daß ein großes Amt erhebliche Entfernungen
zum Amtssitz in Sonnewalde - bis zu 24 km - zur Folge hätte. Hinzu kommt,
dass eine Konzentration der Haushalte und damit die Möglichkeit
schwerpunktbezogener Investitionen ausgeschlossen wäre. Verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden ist auch die Erwägung des Gesetzgebers, dass bei der
Bildung eines großen Amtes die Übereinstimmung mit der landesplanerischen
Zuordnung nicht mehr gegeben wäre: Wesentliche Gebiete, die zum Nahbereich
Finsterwalde gehören, würden von einem Amt Sonnewalde - Kleine Elster
(Niederlausitz) verwaltet werden, wodurch in raumordnerischen Fragen eine
Verschärfung des Gegensatzes Stadt – Land nicht ausgeschlossen werden
könnte.
(5) Es ist nicht verfehlt, wenn der Gesetzgeber bei seiner
Neugliederungsentscheidung auch berücksichtigt, daß zwischen der
Beschwerdeführerin und der Stadt Sonnewalde umfangreiche Verbindungen im
Personennahverkehr und im Bereich der Kirchenarbeit bestehen sowie eine
Zusammenarbeit auch bisher schon im Rahmen des Trink- und
Abwasserzweckverbandes Sonnewalde erfolgte.
ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine
Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen.
(1) Der Gesetzgeber war nicht durch
die finanziellen Folgen an einer Eingliederung der Beschwerdeführerin
in die Stadt Sonnewalde gehindert. Für die Beurteilung am Maßstab des
öffentlichen Wohls im Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich
oder auch nur in erster Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner
der einzelnen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist
vielmehr, welche Lösung den Interessen des gesamten neu zu gliedernden
Verwaltungsraumes und seiner Bevölkerung sowie darüber hinaus der
Gesamtbevölkerung des Landes am besten entspricht. Erfahrungsgemäß kann der
Wohlstand einer Gemeinde auf Lagevorteilen - etwa einer verkehrsgünstigen
Lage an der Schnittstelle zwischen Autobahn und Bundesstraße - beruhen, wenn
auch die sich aus der günstigen Lage ergebenden Chancen genutzt werden
müssen. Umgekehrt kann Verschuldung jedenfalls teilweise aus Lagenachteilen
herrühren, etwa wenn Infrastruktureinrichtungen unterhalten werden müssen,
die zugleich den Menschen aus Nachbargemeinden zugute kommen, und
gleichzeitig günstige Entwicklungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind oder
durch bestehende (Wohn-)Bebauung nicht lohnend genutzt werden können.
Unabhängig davon ist die Finanzlage und damit auch der Beitrag, den die
Einwohner mit einem neu zugeschnittenen Gebiet und Ressourcen zu leisten
vermögen, naturgemäß nicht von Dauer, sondern veränderlich. Die
wirtschaftliche Entwicklung des Gesamt-Neugliederungsgebietes ist so oder so
nicht sicher einschätzbar.
(2) Verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden ist schließlich auch, wie der Gesetzgeber den geäußerten Willen
der Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der Anhörung der Bevölkerung der
Beschwerdeführerin resultierenden Stellungnahmen (vgl. LT-Drucksache 3/5021,
S. 270 ff.) zur beabsichtigten Neugliederung lagen im Landtag vor und sind
damit in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. Das Ergebnis des
Bürgerentscheids war dem Gesetzgeber bekannt. An das sich daraus ergebende
Stimmungsbild ist der Gesetzgeber aber nicht gebunden. Das Ergebnis der
Anhörung der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren
Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen
Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers von
Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum,
größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche Gegebenheiten - wie
etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde -
ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der Landtag in den Grenzen
seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er nicht dem Ergebnis der Anhörung
der Bevölkerung der Beschwerdeführerin gefolgt ist, sondern den für die
Eingliederung in die Stadt Sonnewalde sprechenden Umständen mit dem Ziel,
die Leistungsfähigkeit der nunmehr amtsfreien Stadt Sonnewalde zu erhöhen,
das höhere Gewicht beigemessen hat.
C.
Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung nicht
für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt. VerfGGBbg.
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