VerfGBbg, Beschluss vom 18. Oktober 2013 - VfGBbg 1/13 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 21 S. 1; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 S. 1; VerfGGBbg, § 47 Abs. 1 - ZPO, § 47 Abs. 1 |
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Schlagworte: | - Rechtsschutzbedürfnis - Erledigung des Begehrens - Subsidiarität |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 18. Oktober 2013 - VfGBbg 1/13 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 1/13
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
M.,
Beschwerdeführer,
wegen der Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 1. November 2012 (Az.: 15 UFH 3/12), vom 27. Juli 2011 und 27. Juni 2011 (Az.: 15 UF 168/11) sowie des Beschlusses des Amtsgerichts Potsdam vom 26. Mai 2011 (Az.: 43 F 71/11)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Dr. Fuchsloch, Partikel und Schmidt
am 18. Oktober 2013
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
A.
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diverse familiengerichtliche Beschlüsse.
Das Amtsgericht Potsdam ordnete mit Beschluss vom 26. Mai 2011 an, dass dem Beschwerdeführer nur noch begleiteter Umgang mit seinem Sohn zustehe und der Umgang jeden zweiten Samstag von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr stattfinde (Az. 43 F 71/11).
Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde zum Brandenburgischen Oberlandesgericht (Az. 15 UF 168/11) und beantragte gleichzeitig, die Vollziehung des Beschlusses vorläufig auszusetzen. Das Oberlandesgericht fasste am 27. Juni 2011 einen Beweisbeschluss zur Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die Frage, ob in der Person des Beschwerdeführers Gründe vorliegen, die zu einer erheblichen, das Kindeswohl gefährdenden Einschränkung seiner Eignung führen, einen unbegleiteten Umgang mit seinem Sohn zu haben. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses vom 26. Mai 2011 wurde zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 27. Juli 2011 hat das Oberlandesgericht den Beweisbeschluss vom 27. Juni 2011 dahingehend abgeändert, dass nunmehr eine andere Gutachterin beauftragt werde, weil die ursprünglich ausgewählte Sachverständige mitgeteilt habe, sich wegen Arbeitsüberlastung außerstande zu sehen, das Gutachten kurzfristig zu erstatten.
Am 29. Juni 2012 stellte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht erneut den Antrag, die Vollziehung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 26. Mai 2011 auszusetzen (Az. 15 UFH 3/12). Zu diesem Antrag fand am 1. November 2012 eine mündliche Verhandlung des 3. Familiensenats des Oberlandesgerichts statt. Nachdem der Beschwerdeführer die Richter dieses Senats (auch) in diesem Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, war Gegenstand der mündlichen Verhandlung nur die Frage, ob unaufschiebbare Maßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) im Interesse des Kindeswohls zu veranlassen seien. Hierzu nahmen der Antragsteller, der Verfahrensbeistand, die Vertreterin des Jugendamtes und die Kindesmutter Stellung. Am Ende der Sitzung beschloss der 3. Familiensenat, die mündliche Verhandlung zu vertagen, weil unaufschiebbare Maßnahmen nicht zu treffen seien. Ein neuer Termin werde bestimmt, sobald über die Ablehnungsgesuche des Beschwerdeführers abschließend entschieden sei.
II.
Am 2. Januar 2013 beantragte der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der das Oberlandesgericht u. a. angewiesen werden sollte, unverzüglich über die Aussetzung der Vollziehung des amtsgerichtlichen Beschlusses zu entscheiden. Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 22. Februar 2013 (VfGBbg 1/13 EA) zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2013 hat der Antragsteller sinngemäß erklärt, dass mit dem Antrag vom 2. Januar 2013 auch eine Verfassungsbeschwerde erhoben werden sollte, die sich gegen die Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 1. November 2012 im Verfahren 15 UFH 3/12, vom 27. Juli 2011 und 27. Juni 2011 im Verfahren 15 UF 168/11 und gegen den Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 26. Mai 2011 im Verfahren 43 F 71/11 richte.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verweigerung einer Entscheidung nach § 47 Abs. 1 ZPO verletze seinen Justizgewährungsanspruch und seinen Anspruch auf ein faires Verfahren. Die fortschreitende Entfremdung seines Sohnes sei ein gravierender Nachteil, der eine Entscheidung geboten hätte.
Der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 26. Mai 2011 sei unverhältnismäßig und stelle einen schweren Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht dar, da er den Eindruck vermittle, er könne ohne Betreuung nicht mit seinem Kind umgehen. Das Vorhaben des 3. Familiensenats des Oberlandesgerichts, ihn zwangsweise einer psychologischen/psychiatrischen Untersuchung zu unterwerfen, verstoße ebenfalls gegen seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte. Die Vermutung, dass erst abgeklärt werden müsse, ob er wieder unbegleiteten Umgang mit seinem Sohn haben könne, sei realitätsfremd, willkürlich und unverhältnismäßig.
B.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.
1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss vom 1. November 2012 im Verfahren 15 UFH 3/12 richtet, erscheint bereits fraglich, ob die Zweimonatsfrist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg gewahrt worden ist. Innerhalb der am 2. Januar 2013 abgelaufenen Frist hat der Beschwerdeführer nur den Erlass einer einstweiligen Anordnung und eine „vorläufige Rechtsschutzregelung“ beantragt. Ob dies zur Wahrung der Frist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg ausreicht, kann vorliegend allerdings dahinstehen. Denn die Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ergibt sich jedenfalls aus dem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers. Das ursprüngliche Begehren des Beschwerdeführers – die Vornahme unaufschiebbarer Handlungen i. S. d. § 47 Abs. 1 ZPO – hat sich zwischenzeitlich erledigt. Aus dem Vortrag des Beschwerdeführers in den Verfassungsbeschwerdefahren VfGBbg 9/13 und VfGBbg 21/13 geht hervor, dass seine Ablehnungsgesuche gegen die dem 3. Familiensenat angehörenden Richter mit Beschluss vom 13. Februar 2013 zurückgewiesen worden sind. Damit stellt sich die Frage, ob die betreffenden Richter nach § 47 Abs. 1 ZPO zu unaufschiebbaren Amtshandlungen berechtigt oder – nach Auffassung des Beschwerdeführers – sogar verpflichtet sind, nicht mehr. Mit der – wie hier – rechtskräftigen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch endet der zeitliche Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 ZPO. Daran ändert auch die nachfolgende Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs durch den Beschwerdeführer nichts (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09 -, juris).
Erledigt sich im Verlauf des verfassungsgerichtlichen Verfahrens das eigentliche Rechtsschutzanliegen des Beschwerdeführers, kommt ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis nur bei Vorliegen besonderer Umstände - etwa einer konkreten Wiederholungsgefahr - in Betracht (vgl. Beschluss vom 25. Februar 2011 – VfGBbg 46/10 -, www.verfassungs-gericht.brandenburg.de). Hierfür ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2. Ebenfalls unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen die weiteren Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. Juni 2011 und 27. Juli 2011 sowie gegen den Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 26. Mai 2011 wendet. Dies ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg, wonach die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden kann. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der genannten Beschlüsse, die im Rahmen eines noch nicht abgeschlossenen umgangsrechtlichen Verfahrens ergangen sind, nicht erfüllt. Im Übrigen wäre, selbst wenn man von selbständig mit der Verfassungsbeschwerde angreifbaren Entscheidungen ausginge, jeweils die Zweimonatsfrist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg nicht eingehalten worden.
II.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dresen |
Dr. Fuchsloch | Dr. Lammer |
Partikel | Schmidt |